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Wohnen & Flüchtlinge

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INTERVIEW*Stefan Frey (62) begann seine berufliche Laufbahn mit einer kaufmännischen Ausbildung, derspäter die Weiterbildung zum Journalisten folgte. Nach seiner Tätigkeit als Kommunikationschefbei einer grossen internationalen Umweltorganisation war er 25 Jahre lang Programmchef undschliesslich Initiator und Projektleiter eines privaten Entwicklungsprojektes in Madagaskar. Seit2012 ist er Mediensprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH).verfahren feststeckt und während dieser Zeitüberhaupt nichts machen kann, nichts gelernthat, wurde am Ende nur ein unglaublicherAufwand betrieben und die Personkann nichts mitnehmen. Das ist falsch undkostet nur viel Geld. Diese Sichtweise übernimmtzum Glück langsam auch die offizielleSchweiz und es laufen Pilotprojekte an,zum Beispiel in der Landwirtschaft oder imBaugewerbe. Dort werden gezielt vorläufigaufgenommene und anerkannte <strong>Flüchtlinge</strong>beschäftigt.Der Strom von <strong>Flüchtlinge</strong>n nach Europascheint noch zuzunehmen. EU-Mitgliedstaatenwie Italien oder Griechenland habengrösste Probleme bei der Bewältigungder Aufgaben. Viele Menschen in unseremLand sind erschüttert von den Tragödien,die sich abspielen. Was erwarten Sie indieser Situation von Europa?Die Flüchtlingsproblematik ist die grosseHerausforderung für Europa, gar keineFrage. Wenn die Europäer jetzt nicht zusammenstehenund sich solidarisch zeigen,spielt das nur den rechten Populisten in dieHände. Es braucht darum einen gerechtenVerteilschlüssel und die Aufnahmeverfahrenmüssen harmonisiert werden. Es geht dochnicht, dass einzelne Länder gut arbeiten undandere, wie Ungarn zum Beispiel, plötzlichwieder von Mauern reden. Im Irak und in Syrienherrschen offene Kriege, da leuchtet esauch noch dem Dümmsten ein, dass dieMenschen das Land verlassen. Wer flüchtet,ist verzweifelt, und das humanitäre Europamuss gemeinsam eine Antwort darauf finden.Schauen wir nochmals auf die Schweiz.Wie beurteilen Sie die Wohnsituation der<strong>Flüchtlinge</strong> hier?<strong>Flüchtlinge</strong> sind immer die Letzten in derganzen Reihe und werden somit auch zuletztbedient. Sie müssen nehmen, was übrigbleibt. Sogar wenn sie einen anerkanntenFlüchtlingsstatus haben, ist es für viele extremschwierig, eine angemessene Wohnungzu finden. Das hat auch damit zu tun, dass dieMenschen schlecht integriert sind, achtzigProzent der anerkannten <strong>Flüchtlinge</strong> sind vonder Sozialhilfe abhängig. Das ist ein extremhoher Wert und ein eigentlicher Skandal. Dienicht erfolgte Integration ist das grösste Problemim ganzen Flüchtlingswesen. Allein derTitel «vorläufig aufgenommen» ist ein Stigmabei der Arbeitssuche. Viele Eritreer zum Beispielsind junge Leute – die muss man ausbilden,in Lehren schicken. So werden sie eherbereit sein, zurückzukehren, wenn es in ihremLand menschenwürdig zugeht.Die private Aufnahme von <strong>Flüchtlinge</strong>nwird in letzter Zeit wieder vermehrt diskutiertund ist ebenfalls ein gutes Integrationsinstrument.Welche Erfahrungen machtdie Schweizerische Flüchtlingshilfe damit?Wir sind sehr optimistisch, dass man hiereinen Beitrag leisten kann. Natürlich wirddas nicht die grosse Masse sein, aber es kanngute Beispiele geben, die andere motivieren,Ähnliches zu machen. Hunderte von Leutenhaben uns schon kontaktiert, die bereit sind,jemanden aufzunehmen. Ich glaube sogar,dass die Solidarität mit <strong>Flüchtlinge</strong>n wiederzunimmt. Wir sind ein unglaublich reichesLand, wir haben die Mittel dazu und auchdas Wertesystem, das uns verpflichtet,Schutzsuchende zu unterstützen.Juli/August 2015 –extra15

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