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Wohnen & Flüchtlinge

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THEMA«Wer noch im Asylverfahrensteht, kommt kaum bei einerGenossenschaft unter.»leitung für Mitglieder und <strong>Wohnen</strong> zuständigist. Dank der guten Begleitung funktioniertensolche Mietverhältnisse einwandfrei.Bei positivem Verlauf werden sie denn auchin reguläre umgewandelt und die Mieter zuGenossenschaftern. Auch Rita Feurer, dieGeschäftsführerin der BaugenossenschaftSüd-Ost Zürich, schätzt das professionelleBegleitangebot. «Wir selber hätten wederRessourcen noch Kompetenzen für eine intensiveBetreuung.» Es sei für die Genossenschafthilfreich, wenn eine klare Ansprechpersonda ist, die die Verantwortung übernimmt.Auch sie hat nur positive Erfahrungengemacht. Eine gute Betreuung könnezudem die Akzeptanz bei anderen Mieternverbessern.TabuzoneDie Akzeptanzproblematik erklärt mindestensteilweise die Zurückhaltung von Genossenschaftengegenüber <strong>Flüchtlinge</strong>n. Dennbisweilen sind Vorstände und Verwaltungendurchaus offen – nur spielen die Mieter nichtmit. Ein heikles Thema, geprägt von Ängstenund Vorurteilen. Rita Feurer bringt es so aufden Punkt: «Wir haben Liegenschaften mit50 Wohnungen und 13 Nationen, wo das Zusammenlebenohne grössere Probleme funktioniert.In anderen Siedlungen, wo vorwiegendSchweizer leben, gab es einen Riesenaufruhrund heftigste Vorwürfe, als die ersteFrau mit Kopftuch einzog.» Bei der Platzierungschaue sie daher sehr sorgfältig auf diebestehende Umgebung und die richtige Zusammensetzungund biete Domicil in kleinenLiegenschaften nicht mehr als eine Wohnungan.Deshalb findet Rita Feurer Quoten nichtsinnvoll. Man müsse fallweise entscheidenkönnen und angesichts der sehr unterschiedlichenSiedlungen schauen, was jeweils passe.«Da kann man nur mit einer ganz pragmatischenHandhabung weiterkommen.Macht man zu stark Druck, ist das kontraproduktiv».Sie setzt lieber auf behutsames Vorgehenund Massnahmen, die das gegenseitigeKennenlernen und Vernetzen ganz allgemeinunterstützen, wie Zuzügerapéros oderAktivitäten für Kinder. Durch direkten Kontaktwürden gegenseitige Vorurteile am einfachstenabgebaut.<strong>Flüchtlinge</strong> in ZahlenEs wäre mehr möglichDabei gibt es durchaus beherzte Lösungenmit hohem Verbindlichkeitsgrad, wie einBlick nach Deutschland zeigt. So hatdie Wankendorfer Baugenossenschaft fürSchles wig-Holstein, die in mehreren Ortenüber 8000 Wohnungen besitzt, 2014 den Gemeindenangeboten, jede zehnte freiwerdendeWohnung für <strong>Flüchtlinge</strong> zur Verfügungzu stellen. Dazu wurde mit dem regionalenStädteverband ein Mustervertrag erarbeitet,der den spe ziellen rechtlichen AnforderungenRechnung trägt. Bereits hat die Wankendorfermehr als 200 Wohnungen an Asylbewerberfamilienund -wohngemein schaftenvergeben. Die Erfahrungen sind überwiegendpositiv. Wesentlich dazu bei trägt nebeneiner sorgfältigen Auswahl der Nachbarschaftauch das Selbstverständnis der Genossenschaft:Sie spricht <strong>Flüchtlinge</strong> explizit anund bekennt sich zu einer Willkommenskultur.Auch hierzulande könnten Genossenschaftenmehr tun, findet Urs Hauser, Direktordes Verbands WohnbaugenossenschaftenSchweiz: «Mittlere Genossenschaften könnenes verkraften, einen gewissen Anteil an<strong>Flüchtlinge</strong>n aufzunehmen. Wenn der Bedarfda ist, sollten sie dies auch tun.» Dafürbrauche es aber professionelle Verwaltungen,die die besonderen rechtlichen und sozialenAnforderungen bewältigen könnten,einen entsprechenden Liegenschaftenbestandund eine externe Begleitung. Nochbesser genutzt werden könnten zudem Abbruchliegenschaften,die auch <strong>Flüchtlinge</strong>nmit unsicherem Status Unterkunft bieten. EinigeGenossenschaften machen dies bereits.Vielleicht findet er ja Gehör. Mehrere derbefragten Genossenschaften jedenfalls zeigensich offen gegenüber Appellen durch Gemeindenoder Organisationen und wärenbereit, an entsprechenden Aktionen teilzunehmen.Denn, so Rita Feurer: «Wir habeneine soziale Verpflichtung. Wir wohnen in einemLand mit einer traditionell offenen Haltunggegenüber <strong>Flüchtlinge</strong>n. Wir sollten ihneneine Chance geben, hier Fuss zu fassen.»– Derzeit liegt die Zahl der <strong>Flüchtlinge</strong>, Asyl suchenden und Binnenvertriebenen weltweit beinahezu 60 Millionen; 2013 war die 50-Millionen-Marke erstmals seit dem Zweiten Weltkriegüberschritten worden.– 23 765 Personen haben 2014 in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt, etwa zehn Prozentmehr als im Vorjahr. Die wichtigsten Herkunftsländer waren Eritrea, Syrien, Sri Lanka, Nigeria,Somalia, Afghanistan, Tunesien, Marokko, Georgien und Kosovo.– Seit Ausbruch des Krieges in Syrien im März 2011 hat die Schweiz bis Ende 2014 7700Asylgesuche von syrischen Staatsangehörigen entgegengenommen. 95 Prozent der syrischen<strong>Flüchtlinge</strong> finden in den Nachbarländern Zuflucht; 1,6 Million sollen es in der Türkeisein, 1,2 Millionen im Libanon – das entspricht fast einem Viertel der Gesamtbevölkerung.– Das Staatssekretariat für Migration hat 2014 6199 Asylgesuche gutgeheissen. Die Anerkennungsquotebeträgt damit 25,6 Prozent.– 9367 Personen wurden 2014 in der Schweiz vorläufig aufgenommen, 2287 Personenerhielten dank der Härtefallregelung eine Aufenthaltsbewilligung.– Ende Dezember 2014 lebten in der Schweiz 34 724 anerkannte <strong>Flüchtlinge</strong> mit Ausweis Boder C, was 0,4 Prozent der gesamten Wohnbevölkerung entspricht. Rechnet man alle Personenhinzu, die sich noch im Asylverfahren befinden oder die mit vorläufiger Aufnahmebeziehungsweise negativem Asylentscheid hier leben, waren insgesamt 88 501 Personendem Asylbereich zuzurechnen. Dies macht rund ein Prozent der Wohnbevölkerung aus.– In der ersten Jahreshälfte 2015 gelangten 137 000 <strong>Flüchtlinge</strong> übers Mittelmeer nach Europa– 83 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Über 1800 Menschen ertranken.– Für 2015 rechnet man mit 27 000 bis 31 000 Asylanträgen in der Schweiz; seit Mai sind dieGesuchszahlen überdurchschnittlich hoch, was zu Engpässen bei den Asylstrukturen führte.Quellen: Staatssekretariat für Migration, UNHCRJuli/August 2015 –extra7

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