Die-Jahrhundertluege-V6_1
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Auf dem 8. Datenschutzkongress am 7. und 8. Mai 2007 in Berlin sprach Sabine Leutheusser-<br />
Schnarrenberger, ihrerseits Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion, über die „Grenzen der Freiheit und<br />
das Unbehagen an der Überwachung“. Sie stellte fest, dass die Entwicklung der „Überwachungsgesetze“<br />
in keinster Weise rechtskonform ist und führte in ihrem Vortrag folgendes aus:<br />
Auszug:<br />
„ ... Und so zeichnet sich in der Politik der Inneren Sicherheit mit ihrer grundrechtsblinden<br />
Anmaßung und den nicht enden wollenden Zurechtweisungen durch das höchste deutsche Gericht<br />
ein verfassungsrechtliches und verfassungspolitisches Desaster ab, für das ich Ihnen, sehr geehrte<br />
Damen und Herren, nur ganz kurz nochmals einige markante Belege in Erinnerung rufen möchte.<br />
Erstens: <strong>Die</strong> in der deutschen Nachkriegs-Rechtsgeschichte beispiellose Serie von Blamagen der<br />
Politik der inneren Sicherheit begann im März 2004 mit der Verfassungsgerichtsentscheidung zur<br />
akustischen Wohnraumüberwachung, mit der wesentliche Teile des Gesetzes zur Einführung des<br />
Lauschangriffs als mit dem Grundgesetz unvereinbar erkannt wurden.<br />
Zweitens: Am gleichen Tage erklärte das Gericht mit ausdrücklichem Bezug auf sein Lauschangriff-<br />
Urteil, dass die in dem von der Bundesregierung novellierten Außenwirtschaftsgesetz vorgesehene<br />
Ausdehnung der Befugnisse des Zollkriminalamtes zur heimlichen Überwachung des Brief- und<br />
Telefonverkehrs mit dem Post- und Fernmeldegeheimnis des Art. 10 GG nicht vereinbar ist.<br />
Drittens: Ein gutes Jahr danach urteilt das Bundesverfassungsgericht über das niedersächsische<br />
Polizeiaufgabengesetz und stellt fest, dass die dort der Polizei eingeräumten Befugnisse zur<br />
präventiven Überwachung von Telefongesprächen zur Verdachtsschöpfung, also ohne das<br />
Vorliegen konkreter Anhaltspunkte oder Verdachtsmomente für eine drohende oder in Vorbereitung<br />
befindliche Straftat mit dem Grundgesetz unvereinbar ist.<br />
Viertens: Wiederum ein Jahr später, im April 2006, erklärt das Gericht am exemplarischen Fall<br />
Nordrhein-Westfalens die in der Folge der Terroranschläge von New York und Washington von den<br />
Landesregierungen an den Universitäten durchgeführten verdachtslosen Rasterfahndungen für<br />
nicht mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar.<br />
Fünftens: Nicht einmal drei Monate danach urteilt das Bundesverfassungsgericht über den<br />
europäischen Haftbefehl und erklärt das Haftbefehlsgesetz, mit dem der entsprechende<br />
europäische Rahmenbeschluss in deutsches Recht umgesetzt werden sollte, als in toto<br />
grundgesetzwidrig.<br />
Sechstens: Wiederum nur knapp sechs Monate später, im Juli 2006, entschied schließlich das<br />
Bundesverfassungsgericht über das Luftsicherheitsgesetz, das den Abschuss von<br />
Zivilflugzeugen erlaubt hätte, wenn, so das Gesetz wörtlich, „nach den Umständen davon<br />
auszugehen ist, dass das Luftfahrzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll“ als<br />
mit dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG unvereinbar<br />
und für nichtig.<br />
Siebtens: Dass schließlich das Bundesverfassungsgericht die polizeiliche Durchsuchung der<br />
Arbeitsräume eines Redakteurs der Zeitschrift Cicero als grundgesetzwidrig erkannte und der<br />
Bundesgerichtshof heimliche online-Durchsuchungen mangels gesetzlicher Grundlage verboten<br />
hat, sind nur vorläufig letzte Belege für eine unter grundrechtlichen und rechtspolitischen<br />
Gesichtspunkten erschreckenden Bilanz der deutschen Innen- und Rechtspolitik.<br />
Glaubt und hofft man nun, dass dieses verfassungsrechtliche Desaster in der deutschen Innen- und<br />
Rechtspolitik eine Rückbesinnung auf die grundgesetzlich verbürgten Grundrechte auslösen würde,<br />
dann sieht man sich getäuscht. <strong>Die</strong> maßgeblichen Vertreter der aktuellen Politik der inneren<br />
Sicherheit sind ganz offensichtlich unbelehrbar. ... “<br />
Mittlerweile soll aber fast alles im Sinne der „Terrorabwehr“ erlaubt werden. Einiges wurde dahingehend<br />
schon geregelt, wie Sie auszugsweise im Kapitel „BRD“ – Demokratie oder Diktatur?“ nachlesen<br />
konnten. Also immer daran denken: Der Staat hört und liest mit!<br />
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