Mit Lust & Laune - Osnabrücker Land
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Geschichte und Geschichten<br />
Bramscher Rot – über die<br />
Geheimnisse der Schönfärberei<br />
Bramsche wird auch heute noch als Tuch -<br />
macherstadt bezeichnet, auch wenn hier<br />
schon lange keine Stoffe mehr produziert<br />
werden. Den Mythos dieser Handwerkskunst<br />
begründete einst das „Bramscher<br />
Rot“ mit seiner beeindruckenden Erfolgs -<br />
geschichte, auf die die Bramscher noch<br />
heute stolz sind. Um 1770 warb die örtliche<br />
Tuchmachergilde den Schönfärber Andreas<br />
Wolff aus Thüringen an, um die Färberei<br />
in Bramsche zu etablieren. Denn diese<br />
Schönfärberei beherrschten zu dieser Zeit<br />
nur wenige Handwerksmeister. Blau- und<br />
Schwarz färberei waren zwar weit verbreitet,<br />
doch die Herstellung aller Farbnuancen war<br />
dem Schönfärber vorbehalten, der deshalb<br />
auch eine doppelt so lange Lehrzeit wie der<br />
Schwarzfärber zu durchlaufen hatte.<br />
Der wichtigste Auftraggeber für das rote<br />
Wolltuch aus Bramsche war das Königshaus<br />
Hannover. Zu Glanzzeiten unterhielt<br />
der dortige Regent ein stehendes Heer von<br />
bis zu 24 000 Mann und da eine Uniformjacke<br />
im Schnitt drei bis vier Jahre hielt,<br />
musste ständig Ersatz beschafft werden.<br />
Aus diesem Grunde wurde in Bramsche<br />
bald nur noch rotes Tuch produziert und der<br />
Wohlstand der Stadt erblühte. Mehr als 50<br />
Meister und ihre Gesellen und <strong>Mit</strong>arbeiter<br />
waren zu Spitzenzeiten mit dem Bramscher<br />
Rot beschäftigt und produzierten in der<br />
Innung oder in ihren Tuchmacherhäusern.<br />
Dabei gaben ihnen die königlich-hannoverschen<br />
Musterkarten den Farbton genau vor.<br />
Die Farbe wurde aus den Wurzeln einer<br />
kleinen Pflanze erzeugt, die im niederländischen<br />
Zeeland angebaut wurde. Diese<br />
getrocknete Krappwurzel sieht unscheinbar<br />
aus wie trockenes Holz, hat aber die Kraft,<br />
Wolle leuchtend rot zu färben. Dann wurden<br />
noch Salze und Alaun, Weinstein und Zinnsalz<br />
hinzugefügt, ehe das Tuch in ein Färbebad<br />
kam, das 80 bis 90 Grad heiß war. Aus<br />
diesem Tuch konnten dann perfekte Uniformen<br />
geschneidert werden, denn der Stoff<br />
war sehr robust und die Wolle extrem widerstandsfähig,<br />
sodass die Uniformen nicht<br />
gewaschen werden mussten.<br />
Blau, Grün und Rot waren in jener Zeit<br />
die Farben des Militärs. Und zwar in erster<br />
Linie aus strategischen Gründen, denn es<br />
war wichtig, dass sich die jeweiligen<br />
Armeen unterscheiden konnten im Pulverdunst<br />
des Schlachtfeldes. Deswegen trugen<br />
die Soldaten diese markanten Farben. Blau<br />
war die Farbe der Bayern, die Russen trugen<br />
Grün und die Engländer Rot.<br />
Die große Zeit des Bramscher Rot endete<br />
dann abrupt im Jahr 1837, als Ernst August I.<br />
zum König von Hannover proklamiert<br />
wurde, denn der neue König wechselte zur<br />
Farbe Blau. Die Bedeutung des Bramscher<br />
Rot kann heute noch im Tuchmacher<br />
Museum erspürt werden, wo von Zeit zu<br />
Zeit die alten Maschinen wieder angeworfen<br />
werden.<br />
Tuchmacher Museum<br />
Bramsche<br />
Tuchmacher Museum<br />
Bramsche<br />
Mühlenort 6<br />
49565 Bramsche<br />
Fon: 05461 94510<br />
Öffnungszeiten:<br />
Di–So 10–17 Uhr<br />
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