JOBJOURNAL
Jobjournal_H15
Jobjournal_H15
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
Studiengang im Fokus 23<br />
«Ich würde mich wieder für<br />
diese praktische Allroundausbildung<br />
entscheiden.»<br />
Jürg Studer, pensionierter<br />
Gymnasiallehrer für<br />
Geschichte und Sport<br />
Herr Studer, wann waren Sie an der ETH, um die Sportlehrer-Ausbildung<br />
zu machen?<br />
Von 1970 bis 1973. Zuvor studierte ich noch 4 Semester<br />
Bauingenieur, weil wir zu Hause noch das Patriarchat kannten<br />
und mein Vater ein Baugeschäft leitete.<br />
Was waren damals Schwerpunkte der Ausbildung?<br />
Bewegungs- und Trainingslehre, Biomechanik und Sportphysiologie<br />
bildeten Schwerpunkte. Diese wurden ergänzt mit naturwissenschaftlichen<br />
Grundlagen und Praktika. Es gab eine grosse<br />
praktische Fächerwahl: zum Beispiel Leichtathletik-Zehnkampf,<br />
Geräteturnen, Tennis, alle Schwimmstilarten, Wasserspringen,<br />
Eislaufen mit Kür und Eishockey, aber auch die Ausbildung zum<br />
Ski-Instruktor und das Rettungsschwimmerpatent standen auf<br />
dem Stundenplan.<br />
Wie sah eine typische Semesterwoche aus?<br />
Es gab viele praktische Einheiten, die durch Vorlesungen<br />
abgelöst wurden.<br />
Wie haben Sie den Berufseinstieg erlebt und was ist dann<br />
aus Ihnen geworden?<br />
Nach dem Studium wollte ich nicht sofort an einem Gymnasium<br />
unterrichten und suchte etwas im Bereich Freizeitsport. Ich<br />
in teressierte mich für den Kurortsport. In Lenzerheide wollte<br />
ich ein Sommerprogramm während sechs Wochen leiten, doch<br />
schlussendlich wurde mir eine Ganzjahresstelle angeboten. Zum<br />
Glück konnte ich meine Trainerstelle, die ich bei einem Nat. B<br />
Handballclub in Aussicht hatte, wieder rückgängig machen!<br />
Ich habe während sieben Jahren den Kurortsport in Lenzerheide<br />
zum Leben erweckt. Dazu war Innovation nötig. Die bereits<br />
vorhandenen Sportlektionen wie zum Beispiel Gymnastik, Fitness,<br />
OL, Badminton sowie weitere sollten zu einem kostenlosen<br />
Angebot für Kinder und Erwachsene werden und in der Kurtaxe<br />
enthalten sein. Dies konnten wir erfolgreich umsetzen und bald<br />
musste mehr Personal angestellt werden. 1978 besuchten in<br />
Lenzerheide und Valbella durchschnittlich 137 Personen die<br />
halbe Stunde Morgengymnastik mit Musik! Später engagierte ich<br />
mich im Landesverband und konnte dort das gewonnene Wissen<br />
über den Breitensport an viele Kurorte weitergegeben. Anschliessend<br />
unterrichtete ich während 29 Jahren mit viel Enthusiasmus<br />
an der Kantonsschule Luzern Sport und Geschichte.<br />
Was war die Meinung Ihres Umfeldes zur Wahl dieses<br />
Studiums und dem Beruf?<br />
«Was machst du später, wenn du wegen Verletzungen nicht mehr<br />
unterrichten kannst?», war häufig die Frage. Damals wurden wir<br />
Turnlehrer von den anderen Gymnasiallehrern nicht als «gleichwertig»<br />
anerkannt. Der Stellenwert des Turnens hat sich heute<br />
zum Glück geändert.<br />
Konnten Sie Wissen aus dem Studium aktiv in den Sportunterricht<br />
integrieren?<br />
Selbstverständlich, denn Vorzeigen gilt für mich immer noch als<br />
beste Motivation für die Schüler.<br />
Würden Sie sich wieder dafür entscheiden oder sähen Sie<br />
sich auch im neuen Studiengang?<br />
Ich würde mich wieder für diese praktische Allroundausbildung<br />
entscheiden, natürlich mit etwas mehr aktueller Sportwissenschaft<br />
Fällt Ihnen etwas auf, was sich in Ihrem Berufsfeld geändert<br />
hat?<br />
Der Sport ist Maturafach geworden und die Akzeptanz bei den<br />
anderen Lehrern hat sich zum Positiven verändert. Allerdings<br />
habe ich auch das Gefühl, dass der «Idealist» Turnlehrer, der sich<br />
an der Schule sehr engagiert hat, heute langsam verloren geht.