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32 Duolingo<br />
Spielend leicht Sprachen lernen –<br />
ETH Alumnus Severin Hacker spricht<br />
im Interview über Duolingo<br />
Text und Interview: Valérie Clapasson<br />
ETH Alumnus Severin Hacker stellte Anfang Juni an der<br />
ETH die Erfolgsfaktoren der weltweit meistgenutzten<br />
Sprachlern-App, Duolingo, vor. Er hatte sie noch während<br />
seines Doktorats in den USA zusammen mit seinem Co-<br />
Gründer «erfunden». Heute hat er dank intelligenten und<br />
adaptiven Algorhythmen und starker Ausrichtung auf die<br />
mobilen Apps sowie einer Oberfläche, die mehr an ein Spiel<br />
denn an Lernen erinnert, riesigen Erfolg. Duolingo verzeichnet<br />
bereits über 100 Millionen Nutzer und gab kürzlich<br />
bekannt, dass Google Capital rund 45 Millionen Dollar ins<br />
Unternehmen investiert.<br />
«Duolingo ist das weltweit grösste «Learning Lab»», stellte<br />
Severin Hacker gleich zu Beginn seiner Präsentation im Juni an<br />
der ETH Zürich klar. In Jeans und T-Shirt erklärte der Chief<br />
Technology Officer und Miterfinder von Duolingo in einem Saal<br />
voll äusserst interessierten Studierenden der ETH Zürich die<br />
Entwicklungsidee der Plattform. «Wir wollten, dass die Leute<br />
immer wieder Lust haben zu lernen und so auch immer wieder<br />
zu Duolingo zurück kommen» sagte er. «Wir entwickelten<br />
deshalb einen sehr spielerischen Ansatz – Lernen soll Freude<br />
machen und die Motivation hoch bleiben. Rückblickend ist diese<br />
Retention-Philosophie unser wichtigstes Erfolgsgeheimnis.»<br />
Duolingo bietet heute verschiedenste Sprachlernkurse über drei<br />
Apps für drei verschiedene Betriebssysteme sowie die Internetplattform<br />
an. Rund 85 Prozent der 100 Millionen Nutzer<br />
verwenden eine der mobilen Lösungen, die restlichen 15 Prozent<br />
lernen auf dem Web. Alles ist kostenlos und die Apps wurden<br />
mehrfach ausgezeichnet, so war Duolingo etwa iPhone-App of<br />
the Year 2013 und 2014. Eine Studie von amerikanischen<br />
Universitäten hat 2012 sogar herausgefunden, dass 34 Stunden<br />
lernen mit Duolingo ein ganzes Semester Sprachkurs an der Uni<br />
ersetzen kann. Solche Effizienz und solcher Erfolg zieht auch<br />
Grossinvestoren aus dem Technologiebereich an. So konnte<br />
Duolingo im Juni bekannt geben, dass Google Capital, zusammen<br />
mit anderen Investoren, über 45 Millionen US-Dollar ins<br />
Unternehmen investiert. «Dass Google in Duolingo investiert,<br />
ist ein grosser Vertrauensbeweis und zeigt uns, dass wir auf dem<br />
richtigen Weg sind, um die Zukunft des Lernens zu gestalten»,<br />
sagte Severin Hacker kurz nach der Ankündigung in einer<br />
Schweizer Zeitung.<br />
Severin, wie gehst Du mit so viel Erfolg um?<br />
Der Erfolg ist nicht so präsent, in Pittsburgh gibt’s viele weitere<br />
erfolgreiche Startups. Wenn ich dann aber in solchen Listen wie<br />
«Top-Innovator under 35» erscheine, dann ist das schon eine<br />
gewisse Bestätigung. Vor allem deshalb, weil am Anfang eigentlich<br />
niemand an unsere Idee geglaubt hatte und es sehr schwer<br />
war, Personen zu finden, die für uns arbeiten wollten. Mit dem<br />
Erfolg kam auch der Name. Heute ist es viel einfacher, gute<br />
Leute anzustellen. Das finde ich sehr positiv.<br />
Was steckt hinter der Idee von Duolingo?<br />
Ursprünglich wollten wir eine Applikation entwickeln, die das<br />
Internet auf alle möglichen Sprachen übersetzt, um es so auch<br />
nicht-englisch sprechenden Personen besser zugänglich zu<br />
machen. Da die automatischen Übersetzungen aber noch immer<br />
ziemlich schlecht funktionieren, kamen wir darauf, das Internet<br />
durch Menschen übersetzen zu lassen. Die müssten dann<br />
natürlich zweisprachig sein, aber so viele davon gibt es nicht.<br />
Deshalb war die neue Idee, dass man dasselbe Ziel vielleicht mit<br />
Sprachlernern erreichen könnte. Wenn wir die Kenntnisse jedes<br />
einzelnen zu einem Ganzen zusammenführen könnten, würde es<br />
vielleicht funktionieren. Die heutige Lernplattform, die so viel<br />
Erfolg hat und als das Duolingo wahrgenommen wird, ist<br />
eigentlich nur ein Nebenprodukt unserer Ursprungsidee.<br />
Was hat es mit der Retention-Philosophie auf sich?<br />
Als wir die Sprachkurse konzipierten, stellten wir fest, dass es<br />
zwei Probleme gibt, die Sprachlerner haben. Einerseits möchten<br />
sie möglichst rasch gute Fortschritte machen, andererseits<br />
müssen sie dranbleiben, um diese Fortschritte zu machen. Um<br />
bessere Lernergebnisse zu erreichen, kann man also mehr lernen<br />
in kürzerer Zeit, also die Kurse schwieriger machen oder man<br />
kann die «Dranbleib-Quote» erhöhen und so dafür sorgen, dass<br />
die Sprachlerner über längere Zeit dran bleiben und so Fortschritte<br />
machen. Wir dachten, dass der Spass verloren geht, wenn<br />
wir die Kurse schwieriger machen und das wollten wir nicht.<br />
Wir entschieden uns deshalb, den Spass zu erhöhen und so auch<br />
die Rückkehrquote zu erhöhen. Selbstverständlich hatten wir<br />
auch ein Interesse daran, damit unsere Nutzerzahlen zu erhöhen.