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FRANZ LISZT - nca - new classical adventure

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Liszt stellte 1859 auch eine Fassung für zwei<br />

Klaviere her.<br />

Im Gegensatz zur einsätzigen „Dante-Sonate“ ist<br />

die Symphonie auf mehrere Sätze ausgelegt. Zur<br />

ursprünglichen Intention Liszts mochte es gehört<br />

haben, jedem der drei Teile von Dantes Dichtung<br />

einen Satz zu widmen. Wagner, mit dem Liszt<br />

über sein Projekt korrespondierte, riet Liszt 1855<br />

von einem „Paradiso“ ab mit dem Postulat, dass es<br />

nicht in den menschlichen Fähigkeiten liege noch<br />

in denen der Musik, die Herrlichkeiten des Himmels<br />

zu erahnen und zu beschreiben. Wie weit Liszt<br />

Wagners Einwände tatsächlich berücksichtigt hat,<br />

bleibt dahingestellt: In der realisierten Version hat<br />

Im „Inferno“, einem modifizierten Sonatensatz,<br />

versucht Liszt, mit allen Mitteln, die ihm zu<br />

Gebote stehen, das Höllenfeuer zu entfachen und<br />

die Höllenqualen musikalisch zu wiederzugeben<br />

(„... des Zornes Schreie, schmerzliches Gestöhne,<br />

Stimmen, kreischend und dumpf, Faustschlag<br />

dazwischen, schufen ringsum ein ewiges Getöne<br />

...“). Wie schon in der „Dante-Sonate“ arbeitet<br />

Liszt bei vielen Motiven und Themen dieses Satzes<br />

mit dem Tritonus-Intervall, dem symbolischen<br />

„Diabolus in musica“. Gleich nach dem Passieren<br />

des Höllentors begegnet einem ein abfallendes<br />

chromatisches Motiv, das die Oktave in ihre beiden<br />

Tritonushälften teilt, das „eigentliche“ erste Thema,<br />

Schmerzen, durch mich gelangt man zu den ew’gen<br />

16 17<br />

die Symphonie jedenfalls nur zwei Sätze. Dantes<br />

„Paradiso“ wird vertreten durch ein „Magnificat“<br />

mit Frauen- oder Knabenchor, das ohne Pause<br />

an das Purgatorio anschließt. Das Magnificat<br />

„beschreibt“ nicht die Freuden des Paradieses,<br />

sondern lässt sie nur von ferne erahnen. Mit der<br />

Hinzunahme der menschlichen Stimme, die den<br />

qualitativen Sprung zum „Paradies“ auch für<br />

den Zuhörer sinnfällig macht, ist jedenfalls Liszt<br />

ein genialer Zug gegen das Argument Wagners<br />

– diesem ist das Werk immerhin in der Partitur<br />

gewidmet – gelungen.<br />

Die Partitur des „Infernos“ wird eröffnet durch<br />

unerbittlich-harsche Posaunenrufe, die „stumm“<br />

mit Versen Dantes unterlegt sind. Es handelt sich<br />

um ein Motto, das in dreimaliger Abfolge nach<br />

den Worten skandiert ist, wie sie sich auf Dantes<br />

Höllenpforte eingemeißelt finden (Canto III):<br />

„Per me si va nella città dolente<br />

Per me si va nell’ eterno dolore<br />

Per me si va tra la perduta gente“<br />

(“Durch mich hindurch gelangt man zur Stadt der<br />

Qualen, durch mich gelangt man zum verlornen Volke.“)<br />

Hörner und Trompeten antworten mit dem Leit-<br />

motiv, das bei seinem mehrmaligen Auftreten stets<br />

mit dem Schlussvers der Inschrift textiert ist:<br />

„Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate!“<br />

(Lasst alle Hoffnung fahren, ihr, die ihr eintretet!)<br />

sozusagen der Teufel in musikalischer Person.<br />

Der ruhiger gehaltene Mittelabschnitt bezieht<br />

sich auf die Episode der verbotenen Liebe von<br />

Paolo Malatesta und Francesca da Rimini, deren<br />

doppelter Ehebruch zu ihrer Verdammung in<br />

der Hölle führt. Die Musik, von Harfen, Flöten<br />

und Violinen ausgeführt, ist sanft und zart. Dem<br />

Hauptthema dieses Abschnitts sind die Verse<br />

Dantes unterlegt:<br />

„Nessun maggior’ dolore<br />

Che ricordarsi del tempo felice<br />

Nella miseria“<br />

(Kein Schmerz ist größer, als sich der Zeit des Glücks zu<br />

erinnern, wenn man im Elend ist.)<br />

Der dritte Abschnitt nimmt den Duktus des ersten<br />

mit verstärkter Wucht wieder auf. Liszt vermerkt<br />

beim Beginn in der Partitur: „Diese ganze Stelle als<br />

ein lästerndes Hohngelächter aufgefasst.“<br />

Am Schluss des Satzes wird eines der Tritonus-<br />

Themen sechsmal präsentiert, auf die letzten<br />

Verse von Dantes „Inferno“ anspielend, wo Vergil<br />

und Dante im Zentrum der Hölle die sechs Augen<br />

Luzifers erblickt. Der erste Satz klingt wieder mit<br />

dem „Lasciate ogni speranza“ aus.<br />

Der zweite Satz, das „Purgatorio“, nimmt die<br />

Stimmung des Mittelteils des ersten Satzes<br />

wieder auf: „Ein wunderbar leises, das Gemüth<br />

beruhigendes Säuseln lässt uns in ewiger Klarheit<br />

das Meer träumen“ – eine treffende Beschreibung<br />

Richard Pohls, die mit Liszts Genehmigung in der<br />

Partitur wiederaufgenommen wurde. Der zentrale<br />

Lamentoso-Abschnitt beginnt mit einer Fuge, deren<br />

deutsch

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