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Spectrum #1 2019

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Liebe Kreativität, wo finde ich dich?<br />

DOSSIER<br />

Voller Ideen, origineller Einfälle und bahnbrechender Erkenntnisse: Wer möchte nicht von Kreativität<br />

beseelt sein? <strong>Spectrum</strong> wollte wissen, wie ein kreatives Leben möglich ist und hat sich die Frage gleich<br />

von der Kreativität selbst beantworten lassen.<br />

ALEA SUTTER<br />

Liebe Kreativität, was muss ich tun,<br />

damit du dich auf mein Schreiben<br />

auswirkst und dafür sorgst, dass<br />

dieser Artikel kreativ wird?<br />

Damit ich aus meinem Versteck hervorkomme,<br />

um eine Person zu beglücken,<br />

muss sich diese zuerst ausdauernd mit<br />

einem Thema beschäftigen, viel Zeit darin<br />

investieren und stark intrinsisch motiviert<br />

sein. Ganz am Anfang eines kreativen Prozesses<br />

ist es auch wichtig, sich nicht einzuschränken<br />

und spielerisch nach möglichst<br />

viel verschiedenen Ideen zu suchen.<br />

Fleissig sein und sich mit dem Thema<br />

gründlich auseinandersetzen ist<br />

allen möglich. Doch wie weckt man<br />

seine intrinsische Motivation?<br />

Intensive Beschäftigung mit einem Thema<br />

führt meist zu intrinsischer Motivation.<br />

Um die Anfangsschwelle zu senken, hilft<br />

es, sich erstmals extrinsisch zu motivieren.<br />

Indem man sich beispielsweise ein Stück<br />

Schokolade verspricht, wenn man etwas<br />

erledigt hat. Dieses Zückerchen führt zu<br />

gründlicher Beschäftigung mit dem Thema,<br />

welche wiederum die Motivation im<br />

Menschen selbst weckt. Allerdings sollte<br />

man vermeiden, seine Idee zu früh von<br />

anderen Personen bewerten zu lassen. Das<br />

ist der absolute Killer für die intrinsische<br />

Motivation.<br />

bleibt, ist ein kontrollierter Umgang mit<br />

den neuen Technologien wichtig: das Handy<br />

auch mal ausgeschaltet lassen oder nur<br />

einmal am Tag seine Mails checken.<br />

Das klingt vernünftig. Die Welt sieht<br />

allerdings anders aus.<br />

Das stimmt. Es gibt viele Menschen, die in<br />

jeder freien Sekunde in ihr Handy starren.<br />

Das Problematische ist, dass uns die Ablenkung<br />

überall auflauert. Muss man kurz<br />

warten? Handy. Kurze Beschäftigung vor<br />

dem Schlafengehen? Handy. Klar ist, dass<br />

man die Entwicklung nicht mehr zurückdrehen<br />

kann und auch nicht sollte. Deshalb<br />

plädiere ich für einen sinnvollen Umgang<br />

mit Handy und Co., sodass ich auch<br />

noch zum Zug komme.<br />

Einmal abgesehen von der Zeitgestaltung,<br />

welche Parameter in der<br />

Alltagsplanung sind wichtig, um<br />

Kreativität zu entwickeln?<br />

Den Ort, an dem man kreativ sein möchte,<br />

sollte man gerne mögen. So wird ein optimales<br />

Arbeiten möglich. Man darf nicht<br />

vergessen: Kreative Erfindungen sind zu<br />

neunzig Prozent diszipliniertem Arbeiten<br />

geschuldet. Auch die zwischenmenschliche<br />

Atmosphäre hat einen Einfluss. Es<br />

hat sich gezeigt, dass Menschen an Orten,<br />

wo keine klaren Hierarchien herrschen,<br />

kreativer sind. Zudem sollte eine gute Mischung<br />

aus Struktur und Freiraum gewährleistet<br />

sein.<br />

Wie meinst du das?<br />

Gewisse Leitplanken, also Regelungen bei<br />

der Arbeit, müssen vorgegeben sein. Es ist<br />

aber genauso wichtig, dass nicht zu streng<br />

kontrolliert wird, wann, wo und wieviel die<br />

Mitarbeitenden schuften. Denn Entscheidungsfreiheit<br />

fördert die intrinsische Motivation<br />

und führt zu kreativerem Arbeiten.<br />

Vielen Dank für das Interview, liebe<br />

Kreativität. Ich hoffe, wir sehen uns<br />

bald wieder.<br />

Herzlichen Dank auch an Eckehard Kuhlmei,<br />

dessen Mithilfe der Kreativität eine wissenschaftlich<br />

fundierte Stimme gab.<br />

© Illustration: “jeannot-lapin-love” sur le réseau social TUMBLR<br />

© Illustration: Arnaud Dousse<br />

Es gibt viele Ratgeber mit Ideen, wie<br />

man dich in sein Leben lassen kann<br />

– was hältst du davon?<br />

Nicht viel. Diese Ratschläge sollten nur als<br />

Impulse verstanden werden. Man kann<br />

sich kein kreatives Leben antrainieren. Oftmals<br />

ist das Problem solcher Bücher, dass<br />

der Transfer ihrer Ratschläge ins echte Leben<br />

nicht funktioniert.<br />

Was ist das Problem des „echten“<br />

Lebens?<br />

Eine Herausforderung ist die Digitalisierung<br />

und das daraus entstehende Gefühl,<br />

immer erreichbar sein zu müssen. Damit<br />

es zu kreativen Ideen kommt, sollte man<br />

bewusst Momente ungebundener Aufmerksamkeit<br />

einplanen. Das heisst, einen<br />

Moment innehalten und seine Gedanken<br />

schweifen lassen. Damit dies möglich<br />

02.<strong>2019</strong> spectrum<br />

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