NOVA-ORATORIO CLAIRE INGRID COTTANCEAU ET OLIVIER MELLANO NUITHONIE 28 FÉVRIER et 1 er MARS Nova, poème dramatique extrait de Par les villages de Peter Handke, est un cri contre l’absurdité du monde. Un monologue sublime porté par une musique originale et un chœur éphémère. www.equilibre-nuithonie.ch © Foto: Valentina Scheiwiller 24 02.<strong>2019</strong>
GESELLSCHAFT Plappernde Maschinen Der Diskurs um künstliche Intelligenz ist stark von Angstszenarien geprägt. Die Frage nach ihrer eigentlichen Natur wird aber oft ausser Acht gelassen. Eine philosophische Spurensuche. Wissen wir bald nicht mehr, ob ein Mensch oder eine Maschine vor uns steht? TIMOTHY KLAFFKE Im Gegensatz zur Soziologie oder zu den Wirtschaftswissenschaften interessiert sich die Philosophie nicht nur für das Potenzial sozialer Prekarität oder die wirtschaftlichen Aussichten künstlicher Intelligenz. Sie stellt Fragen konzeptueller Natur: Was bedeutet es, wenn wir von einer Intelligenz, die künstlich ist, oder von einer Maschine mit Bewusstsein sprechen? © Foto: Valentina Scheiwiller Das Problem existiert schon lange und erste Spuren davon finden sich in der westlichen Philosophie bereits bei Descartes im sechzehnten Jahrhundert. Er schlug eine Art frühen Turing-Test vor, allerdings einen, der einem unmissverständlich klar machen sollte, ob man sich in der Gegenwart einer Maschine oder eines Menschen befindet. Es sei sehr wohl vorstellbar, so Descartes, dass Maschinen Menschen in vielen Bereichen überflügeln könnten, nie hingegen werde es ihnen möglich sein, sich der menschlichen Sprache in einer Kommunikationssituation zu bedienen, wie so ziemlich alle Menschen es jeden Tag hundertfach tun. Auch gäbe es den fundamentalen Unterschied, dass Maschinen nicht wissentlich agieren, sondern nur durch die Anordnung ihrer mechanischen Konstituenten. Der Unterschied zu menschlichem Handeln sei auch hier unschwer zu erkennen. Der Turing-Test Als Alan Turing 1950 den Turing-Test in seinem berühmten Artikel in der Zeitschrift Mind präsentierte, hatte sich die Perspektive schon verschoben. Nicht mehr die Frage ob, sondern ab wann und an welchen Kriterien man erkennen könnte, dass Maschinen denken können, stand im Vordergrund. Der eigentliche Turing-Test geht nicht mehr von einem prinzipiellen Unterschied zwischen maschineller Informationsverarbeitung und menschlichem Denken aus, sondern schlägt ein Experiment vor, in dem ein Beobachter oder eine Beobachterin (der oder die auch intervenieren kann) ein schriftliches Gespräch zwischen einer Maschine und einem Menschen beurteilen und dabei die Maschine identifizieren soll. Können die Beobachtenden die Maschine nur mit fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit ausmachen, drückt sich die Maschine also genauso human aus wie ihr real-menschliches Gegenüber. In dem Fall ist der Test bestanden. Der Unterschied zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz ist laut Turing folglich graduell. Turings Vorschlag hat in den Diskussionen der akademischen Philosophie der letzten fünfzig Jahre hohe Wellen geschlagen und unter anderem zu Argumenten geführt, die dem Test absprechen, so etwas wie Intelligenz zu detektieren. Ein solches ist etwa John Searles „Chinese Room Argument“, das gegen die sogenannte starke Auffassung der künstlichen Intelligenz gerichtet war. Diese besagt, dass Computer über mentale Fähigkeiten wie das Sprechen einer Sprache oder Schachspielen verfügen können, so wie Menschen es tun. Die schwache Auffassung der künstlichen Intelligenz hingegen begnügt sich mit der Behauptung, dass Computer diese mentalen Fähigkeiten simulieren können. Das Chinese Room Argument Searles Argument geht wie folgt: Er selbst, als anglophoner Amerikaner, sitzt in einem abgeschlossenen Raum und ihm werden von chinesisch-sprachigen Personen kleine Textbotschaften auf Chinesisch durch einen Schlitz in den Raum hineingeschoben. Er versteht kein Wort, verfügt aber über ein riesiges Codebuch, in dem alle möglichen Fragen und alle möglichen Antworten, für Searle nur Zeichenwirrwarr, aufgeführt sind. Mithilfe dieses Codebuches kann er die adäquaten Antworten auf Zettel schreiben und durch den Schlitz zurückschicken. Die Chinesen und Chinesinnen sind zufrieden, sie haben ihrem Eindruck nach mit einem denkenden Gegenüber kommuniziert. Searle in seinem Räumchen aber hat nicht im Mindesten verstanden, was er geantwortet hat. Aus seiner Sicht hat er nicht bewusst kommuniziert, sondern nur Zeichenfolgen reproduziert. Und das sei eigentlich auch alles, was selbst der ausgeklügeltste Rechner tun könne, meint Searle. Nämlich auf einen bestimmten Input mit einem bestimmten Output zu reagieren. Keine Spur von Bewusstsein, Intentionalität oder phänomenologischem Erleben. Die Diskussion ist und war damit natürlich noch nicht zu Ende und die vielen Gegenargumente und Gegengegenargumente zu Searles Gedankenexperiment lehren uns weniger eine klare Antwort als die Tatsache, dass die Frage nach dem Konzept von künstlicher Intelligenz eine verdammt komplizierte ist. 02.<strong>2019</strong> 25