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vsao Journal Nr. 1 - Februar 2023

Frequenz - was das Hertz bewegt Politik - Spitäler im Notfallmodus Betablocker - Anwendung in der pädiatrischen Dermatologie Husten - die pharmakologische Sicht

Frequenz - was das Hertz bewegt
Politik - Spitäler im Notfallmodus
Betablocker - Anwendung in der pädiatrischen Dermatologie
Husten - die pharmakologische Sicht

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<strong>vsao</strong><br />

<strong>Nr</strong>. 1, <strong>Februar</strong> <strong>2023</strong><br />

<strong>Journal</strong><br />

Das <strong>Journal</strong> des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />

Frequenz<br />

Was das Hertz<br />

bewegt<br />

Seite 24<br />

Politik<br />

Spitäler im<br />

Notfallmodus<br />

Seite 6<br />

Betablocker<br />

Anwendung in<br />

der pädiatrischen<br />

Dermatologie<br />

Seite 52<br />

Husten<br />

Die pharmakologische<br />

Sicht<br />

Seite 54


Inhalt<br />

Frequenz<br />

Was das Hertz bewegt<br />

Coverbild: Stephan Schmitz<br />

Editorial<br />

5 Mit schöner Regelmässigkeit<br />

Politik<br />

6 Spitäler am Anschlag<br />

9 Auf den Punkt gebracht<br />

Weiterbildung /<br />

Arbeitsbedingungen<br />

10 Wie das lange Warten verkürzt<br />

werden kann<br />

13 Im AA-Universum<br />

<strong>vsao</strong><br />

14 Ein durch schlagender Erfolg<br />

16 «Weibliche Vorbilder in der Medizin<br />

sollen greifbarer werden»<br />

18 Neues aus den Sektionen<br />

22 <strong>vsao</strong>-Inside<br />

23 <strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />

Perspektiven<br />

52 Aktuelles zu Betablockern:<br />

Einsatz in der pädiatrischen<br />

Dermatologie<br />

54 Aus der «Therapeutischen<br />

Umschau» – Übersichtsarbeit:<br />

Husten aus pharmakologischer Sicht<br />

59 Der besondere Ort<br />

mediservice<br />

60 Briefkasten<br />

62 Gesund und fit durch die<br />

Wintermonate<br />

Medpension<br />

64 Den Versicherungs ausweis der<br />

Pensionskasse richtig lesen<br />

66 Impressum<br />

Fokus: Frequenz<br />

24 Von blass zu braungebrannt<br />

und zurück<br />

28 Vom Klang im Konzertsaal zum<br />

Piepsen im OP<br />

30 Der Pulsschlag der Schweiz<br />

32 Rufe in der Dunkelheit<br />

36 Den richtigen Ton treffen<br />

40 Die Umgebung mit den Ohren sehen<br />

45 Am siebten Tag sollst du ruhen<br />

48 Theta-Wellen sind zentral für die<br />

Regulation von Emotionen<br />

50 Tierische Höchstleistungen<br />

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<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 3


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22. und 23. März <strong>2023</strong><br />

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Thomas<br />

Berger<br />

Leiter Abteilung<br />

Klinische Psychologie<br />

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Uni Bern<br />

Nina<br />

Bischoff<br />

Co-Leiterin Psychosomatische<br />

Medizin,<br />

Inselspital<br />

Martin<br />

Inderbitzin<br />

Neurobiologe,<br />

Krebsbetroffener,<br />

Initiant My Survival<br />

Story<br />

Jana<br />

Siroka<br />

Fachärztin Innere +<br />

Intensivmedizin, Anthroposophische<br />

Medizin,<br />

Klinik Arlesheim<br />

#TGL<strong>2023</strong>


Editorial<br />

Mit schöner<br />

Regelmässigkeit<br />

Catherine Aeschbacher<br />

Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Ein ganzes Jahrhundert hat es gedauert, bis die Existenz<br />

von Gravitationswellen belegt werden konnte. 1916 hatte<br />

Albert Einstein deren Existenz theoretisch begründet.<br />

Er bezweifelte jedoch, dass es jemals möglich sein würde,<br />

eine solche Welle zu messen. Im <strong>Februar</strong> 2016 veröffentlichte ein Team<br />

von drei amerikanischen Physikern die Resultate seiner Forschung.<br />

Wenige Monate zuvor war es ihnen gelungen, erstmals eine Gravitationswelle<br />

direkt zu messen. Für diesen Durchbruch erhielten<br />

die Forscher 2017 den Nobelpreis für Physik. Wie alle Wellen weisen<br />

Gravitationswellen Frequenzen auf; der Bereich liegt übrigens<br />

zwischen 10 –18 und 10 4 Hertz.<br />

Alle fünf Sekunden legt eine Termitenkönigin ein Ei. Eingemauert<br />

in einer kleinen Kammer verbringt sie zusammen mit dem Termitenkönig<br />

ihr Leben, unablässig mit der Produktion von Nachwuchs<br />

beschäftigt. Diese und weitere «tierische» Frequenzen, etwa das Sonar<br />

der Fledermäuse, finden sich in unserem Schwerpunkt zum Thema<br />

Frequenz. Von der Fähigkeit der Fledermäuse, den Raum mittels<br />

Schallwellen zu erkennen, wurde Daniel Kish inspiriert. Der bereits<br />

als Kleinkind erblindete Kish entwickelte die sogenannte Klick sonar-<br />

Technik, die Blinden und Sehbehinderten hilft, den Raum «mit den<br />

Ohren zu erfahren». Mehr dazu ebenfalls im Fokusteil. Um die Ohren<br />

beziehungsweise um den guten Ton geht es in der Reportage über die<br />

Geigenbauschule Brienz und im Artikel über die Akustik von Konzertund<br />

Operationssälen. Die Anzahl regelmässig wiederkehrender<br />

Ereignisse in einem bestimmten Zeitraum beschränkt sich jedoch<br />

keineswegs auf die Physik oder die Natur. Das zeigt unser Text zu<br />

Frequenzen in den Religionen: Durch die Abfolge von Arbeits- und<br />

Feiertagen haben sie bis heute einen grossen Einfluss auf unseren<br />

Lebensrhythmus.<br />

Mit (un)schöner Regelmässigkeit bekommt eine Abfuhr, wer momentan<br />

freie Spitalbetten sucht. Assistenzärztinnen und -ärzte verbringen<br />

Stunden mit derartigen Anfragen. Schuld an den «geschlossenen<br />

Betten» sind primär der Mangel an Pflegefachkräften, fehlende Koordination<br />

sowie verfehlte gesundheitspolitische Entscheidungen.<br />

Mehr hierzu im Politikteil.<br />

Regelmässig wiederkehrend – wenigstens im Jahr <strong>2023</strong> – sind schliesslich<br />

unsere beiden neuen Kolumnen. In der Rubrik «Weiterbildung/<br />

Arbeitsbedingungen» beschreibt Camille Bertossa ihre ersten Erfahrungen<br />

als Assistenzärztin. Und unter dem Titel «Der besondere Ort»<br />

verraten die Redaktionsmitglieder des <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>s ihre Lieblingsplätze.<br />

Den Auftakt macht ein spezielles Chalet, das zu frequentieren<br />

sich zweifellos lohnt.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 5


Politik<br />

Spitäler<br />

am Anschlag<br />

Fahren wir unser Gesundheitssystem sehenden Auges an die Wand?<br />

Diese Frage stellt sich in Anbetracht der angespannten Lage in den Schweizer<br />

Spitälern tatsächlich. Doch es gibt Wege aus der Krise.<br />

Severin Baerlocher, Geschäftsausschuss <strong>vsao</strong><br />

Die Situation ist angespannt. Viele Spitäler laufen schon seit längerem am Limit und können wegen fehlenden Personals nicht genügend Betten betreiben.<br />

Die schweizerische Ärzteschaft<br />

lernt gerade, sich in neuen<br />

Tätigkeitsfeldern zurechtzufinden.<br />

Kaderärztinnen und<br />

-ärzte in Schweizer Spitälern erhalten<br />

mehr und mehr Zuschriften von frustrierten<br />

und verzweifelten Patientinnen und<br />

Patienten, welche vorzeitig entlassen wurden,<br />

die trotz akuter Erkrankung nicht<br />

aufgenommen wurden oder deren Termin<br />

für einen elektiven Eingriff wieder und<br />

wieder verschoben werden musste. Die<br />

angesprochenen Ärztinnen und Ärzte betätigen<br />

sich gezwungenermassen als Blitzableiter<br />

und verfassen Antwortschreiben,<br />

in denen sie den Patientinnen und Patienten<br />

die aktuelle Situation und die Gründe<br />

dafür erläutern. Assistenzärztinnen und<br />

-ärzte arbeiten derweil neu als teil- bis<br />

vollzeitangestellte Bettendisponentinnen<br />

und -disponenten. Wie kam es dazu?<br />

Ein typischer Arbeitstag auf einer beliebigen<br />

Notfallstation in der Schweiz<br />

sieht heutzutage leider immer mehr wie<br />

folgt aus: Am späten Nachmittag oder frühen<br />

Abend erhält das Behandlungsteam<br />

des Notfalls die Meldung, dass hausintern<br />

Bild: WavebreakMediaMicro / Adobe Stock<br />

6<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Politik<br />

sämtliche Betten belegt seien, mit Ausnahme<br />

von 1–2 Männer-, Frauen- oder<br />

IMC-Betten. Dass zu diesem Zeitpunkt<br />

noch in allen drei Kategorien Betten frei<br />

wären, kommt praktisch nicht mehr vor.<br />

Nun beginnt die neue Tätigkeit der Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte im Fachgebiet<br />

Bettendisposition. Sie telefonieren, zusätzlich<br />

zu ihrer angestammten medizinischen<br />

Tätigkeit, die umliegenden Spitäler<br />

ab. Sie beginnen bei den in nächster Nähe<br />

gelegenen Spitälern und arbeiten sich<br />

durch eine lange Liste, auf der die bereits<br />

voll belegten Spitäler markiert werden.<br />

Schnell landen sie in Nachbarkantonen,<br />

wo leider ebenfalls nur noch wenige Spitalbetten<br />

frei sind.<br />

Zeitgleich erhält die Oberärztin oder<br />

der Oberarzt der Notfallstation den Anruf<br />

eines weiter entfernten Spitals: «Ist bei Ihnen<br />

noch ein Männerbett frei?» Die Antwort<br />

lautet: «Leider nein, wir sind selbst bereits<br />

auf der Suche nach einem solchen.» Immerhin,<br />

mit diesem Gespräch kann die Liste<br />

bereits voller Spitäler abgeglichen und weitere<br />

unnötige Telefonate vermieden werden.<br />

Schliesslich wird meistens doch noch<br />

ein Bett gefunden. Der Bettendisponent/<br />

Assistenzarzt erfährt aber auch, dass einzelne<br />

Notfallstationen ihre Patientinnen<br />

und Patienten mangels Alternativen bereits<br />

auf dem Notfall übernachten lassen.<br />

Die Probleme sind hausgemacht<br />

Woran liegt es, dass in der Schweiz eine<br />

seit dem Sommer immer schlimmer werdende<br />

Bettenknappheit grassiert? Es kumulieren<br />

sich mehrere Ursachen:<br />

1. Fehlannahmen: In den letzten Jahren<br />

wurden in zahlreichen Kantonen kleinere<br />

Spitäler geschlossen, um Kosten zu<br />

sparen. Die Expertinnen und Experten,<br />

die diese Entscheide fällten, nahmen<br />

vermutlich an, dass die frei werdenden<br />

Pflegefachleute an die weiterhin betriebenen<br />

grösseren Spitäler wechseln würden.<br />

Heute wissen wir, dass diese Annahme<br />

leider falsch war. Bei einigen<br />

Pflegenden war möglicherweise der<br />

Überdruss nach fast drei Jahren Pandemie<br />

zu gross, bei anderen die Angst zu<br />

stark, in einem grossen Spital nur eine<br />

Nummer zu sein und unzählige unattraktive<br />

Dienste leisten zu müssen. Wieder<br />

andere hätten möglicherweise gerne<br />

gewechselt, aber die Pendeldistanz war<br />

ihnen zu weit. Jedenfalls können die<br />

nach der Schliessung der kleinen Häuser<br />

neu geschaffenen Betten an Zentrumsspitälern<br />

aktuell mangels Personal<br />

nicht alle betrieben werden.<br />

2. Bürokratie: Die verbleibenden Pflegefachkräfte<br />

verbringen heute einen<br />

Grossteil ihrer Zeit mit Bürotätigkeiten.<br />

Für die eigentliche pflegerische Tätigkeit<br />

bleibt vielen nur noch die Hälfte der<br />

Arbeitszeit. Den Rest verbringen sie mit<br />

der Erfassung ihrer Tätigkeit in Abrechnungstools<br />

und dem Dokumentieren<br />

erledigter Tätigkeiten.<br />

3. Mangelnde Koordination: Etliche freie<br />

Betten sind vermutlich gar nicht bekannt.<br />

Einerseits werden für elektive<br />

Eintritte Betten gesperrt, die eigentlich<br />

von den Kolleginnen und Kollegen auf<br />

dem Notfall benötigt werden. Andererseits<br />

fehlt ein Gesamtüberblick. Jedes<br />

Spital versucht auf eigene Faust, freie<br />

Betten bei benachbarten Spitälern zu<br />

finden.<br />

Mehr Koordination – weniger<br />

Bürokratie<br />

Die aktuell angespannte Bettenlage liesse<br />

sich aber mit vergleichsweise einfachen<br />

Massnahmen spürbar entschärfen.<br />

Kurzfristig kann eine nationale Bettenkoordination<br />

Besserung bringen. Eine<br />

solche war schon während der Pandemie<br />

zeitweise in Betrieb und könnte z.B. durch<br />

die Rega oder eine andere übergeordnete<br />

nationale Organisation bereitgestellt werden.<br />

Hierfür muss die aktuelle Notlage anerkannt<br />

werden. Die Spitäler würden dazu<br />

angehalten, täglich über freie Betten zu<br />

informieren, wonach diese durch die Koordinationsstelle<br />

disponiert würden. Die<br />

Teams in den Notfallzentren würden so<br />

unmittelbar und spürbar entlastet.<br />

Mittelfristig müssen die Pflegenden<br />

und die Ärzteschaft von ihrer exorbitanten<br />

bürokratischen Dokumentationspflicht<br />

entlastet werden. Viel zu häufig<br />

müssen derzeit Informationen schriftlich<br />

festgehalten werden, die letztlich doppelt<br />

und dreifach existieren. Ziel innerhalb eines<br />

Spitals muss es sein, dass Informationen<br />

nur einmal erhoben werden müssen<br />

und dann allen beteiligten Ärztinnen und<br />

Ärzten sowie Pflegenden zur Verfügung<br />

stehen. Auch das elektronische Patientendossier<br />

(EPD) wäre in diesem Bereich hilfreich,<br />

weshalb dessen Weiterentwicklung<br />

mit Hochdruck vorangetrieben werden<br />

muss.<br />

Zurück zur initialen Frage: Fahren wir<br />

unser Gesundheitssystem sehenden Auges<br />

an die Wand? Wenn die schweizerische<br />

Gesundheitspolitik nicht in der Lage ist,<br />

rasch wirksame Lösungen für die aktuelle<br />

Notlage der Spitäler zu finden und zu realisieren,<br />

besteht zumindest die reelle Gefahr.<br />

Die Lösung der oben beschriebenen<br />

Problemfelder ist unerlässlich und dringend.<br />

Die Frustration des Gesundheitspersonals<br />

steigt sonst weiter an, und ein<br />

gefährlicher Teufelskreis nimmt mehr<br />

und mehr an Fahrt auf.<br />

Wenn Konsens über die aktuell gefährliche<br />

Lage besteht, und beherzt und<br />

schnell eingegriffen wird, können die Spitäler<br />

in der ganzen Schweiz jedoch substantiell<br />

entlastet werden.<br />

@<strong>vsao</strong>asmac<br />

Geschäftsausschuss <strong>vsao</strong><br />

Severin Baerlocher<br />

ist Mitglied des<br />

<strong>vsao</strong>-Geschäftsausschusses<br />

und arbeitet<br />

als Oberarzt auf der<br />

Inneren Medizin in<br />

einem Regionalspital.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 7


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Politik<br />

Eine etwas andere<br />

Steuererklärung<br />

Bild: zvg<br />

Kleiner Rückblick: Im September 2015 stellte das<br />

Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan)<br />

in der BAG-Plattform «Zukunft ärztliche Bildung»<br />

seinen Entwurf eines «Modells zur Ermittlung des<br />

zukünftigen Bedarfs an Ärztinnen und Ärzten nach Fachgebiet»<br />

vor. Der Plan: steuern.<br />

Oder noch weiter zurück: Am 3. Juli 2002 beschloss der<br />

Bundesrat die Einschränkung der Zulassung von Ärztinnen und<br />

Ärzten zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenversicherung.<br />

Nach verschiedenen Übergangslösungen und<br />

Provisorien hat der Bund mittlerweile eine definitive<br />

Regelung eingeführt. Auch hier das Ziel: steuern.<br />

Zurück in die Gegenwart. In der Westschweiz<br />

läuft das Projekt «Réformer» mit<br />

dem Ziel, die Koordination der ärztlichen<br />

Weiterbildung und ihre Qualität zu verbessern<br />

sowie die Zahl und Verteilung<br />

der Weiterbildungsplätze zu regulieren,<br />

also zu steuern.<br />

Und schliesslich befasst sich das<br />

im BAG angesiedelte Gremium «Koordination<br />

der ärztlichen Weiterbildung»<br />

seit Herbst 2019 mit Fragen<br />

wie: Haben wir in der Schweiz genügend<br />

Ärztinnen und Ärzte? Haben wir<br />

die richtigen? Sind sie am richtigen Ort<br />

tätig? Und ja, erraten, auch da geht es um<br />

eine Steuerung.<br />

Dieser Wunsch oder eher der Druck kommt<br />

aus der Politik. Die Verwaltung hat dies aber teilweise<br />

sehr bereitwillig aufgenommen. Und auch wenn es<br />

manchmal als Sicherung der Weiterbildungs-, Behandlungsoder<br />

Versorgungsqualität verpackt wird: Ehrlicherweise soll<br />

am Ende in erster Linie gespart werden. Es darf nirgends eine<br />

Ärztin oder einen Arzt zu viel geben, weil das kostet.<br />

Vorstellung: Wir berechnen heute, wie viele Radiologinnen<br />

und Radiologen es in zehn Jahren in der Stadt Bern braucht und<br />

dirigieren dann die passenden Leute durch die Aus- und Weiterbildung,<br />

damit sie in zehn Jahren auf den Punkt an der richtigen<br />

Stelle rauskommen und den stationären und ambulanten<br />

Bedarf optimal decken.<br />

Das tönt vielleicht auf den ersten Blick verlockend schlau.<br />

Es gibt aber ein Problem. Weder der Bedarf noch das Angebot<br />

lassen sich so genau voraussagen oder gar berechnen. Da gibt es<br />

einfach zu viele Unbekannte, und wir wissen nicht erst seit der<br />

Corona-Pandemie, dass sich (auch) im Schweizer Gesundheitswesen<br />

innert weniger Jahre sehr viel ändern kann, erst recht in<br />

einem Zeitraum von zehn Jahren. Vor diesem Hintergrund ist<br />

Auf den<br />

Punkt<br />

gebracht<br />

Vorsicht geboten beim Erstellen von entsprechenden Planungsund<br />

Steuerungsmodellen, und vor allem müssen dabei auch die<br />

Grenzen solcher Modelle beachtet und kommuniziert werden.<br />

Denn es geht um nicht weniger als die Gesundheitsversorgung in<br />

unserem Land. Aktuell erleben wir gerade schmerzlich, was<br />

passiert, wenn der Druck auf das Personal durchschlägt. Das<br />

Pflegepersonal fehlt, Betten müssen gesperrt, Behandlungen<br />

verschoben und Patientinnen und Patienten verlegt oder vertröstet<br />

werden. Auch das ärztliche Personal muss einen Teil<br />

dieser Misere ausbaden.<br />

Ich bin versucht zu fragen: «Nichts gelernt?»<br />

Die nicht durchdachten Effizienzgelüste mit<br />

immer mehr steuernden Eingriffen und<br />

erhöhtem Spardruck führen beim Personal<br />

direkt zu schlechteren Arbeits- und<br />

Weiterbildungsbedingungen. Warum<br />

wird das immer erst dann anerkannt,<br />

wenn das Personal knapp und das<br />

Problem akut ist? So braucht es dann<br />

dringliche Massnahmen, um die im<br />

Beruf verbliebenen Mitarbeitenden<br />

zu halten, und eine Ausbildungsoffensive,<br />

um längerfristig wieder<br />

Personal zu finden. Ärzteschaft und<br />

Pflegepersonal sind nicht einfach<br />

nur lästige Kostenverursacher, die es in<br />

die Schranken zu weisen und an die enge<br />

Leine zu legen gilt. Sie sind die Grundpfeiler<br />

unserer Gesundheitsversorgung. Wir müssen<br />

Sorge zu ihnen tragen. Eingriffe in den Berufsalltag<br />

und in den beruflichen Werdegang und Einschränkungen<br />

dürfen nicht von realitätsfremden Zielen oder pauschalen Urteilen<br />

gelenkt werden. Das rächt sich, personell und finanziell. Notwendig<br />

sind eine ehrliche Besonnenheit und eine sachliche Weitsicht.<br />

Für uns als <strong>vsao</strong> heisst das: Die ärztliche Weiter- und Fortbildung<br />

muss geschützt und gewährleistet werden, und die<br />

Arbeitsbedingungen sind nachhaltig so zu verbessern, dass uns<br />

auch in fünf oder zehn Jahren genügend motivierte Ärztinnen<br />

und Ärzte mit dem nötigen Fachwissen zur Verfügung stehen.<br />

Simon Stettler,<br />

Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 9


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Facharzttitel<br />

Wie das lange<br />

Warten verkürzt<br />

werden kann<br />

Viele <strong>vsao</strong>-Mitglieder klagen über die Bearbeitungsdauer<br />

der Anträge für Facharzttitel. Im SIWF gibt es tatsächlich Potenzial<br />

für Verbesserungen. Aber auch Ärztinnen und Ärzte können dazu<br />

beitragen, die Dauer der Gesuchsbearbeitung zu senken.<br />

Christoph Hänggeli, Geschäftsführer des SIWF<br />

Das e-Logbuch sollte unbedingt schon bei Beginn der Weiterbildung eröffnet und kontinuierlich<br />

nachgeführt werden.<br />

Das Schweizerische Institut für<br />

ärztliche Weiter- und Fortbildung<br />

(SIWF) ist als vom Bund<br />

akkreditierte Institution für<br />

die Regelung und Umsetzung der ärztlichen<br />

Weiterbildung verantwortlich. Dazu<br />

gehört insbesondere die Prüfung der Voraussetzungen<br />

zur Erteilung der 45 Facharzt<br />

titel und über 100 weiteren Qualifikationen.<br />

Im SIWF sind alle wichtigen<br />

Akteure vereinigt: Fachgesellschaften,<br />

<strong>vsao</strong>, VLSS, Fakultäten und weitere wichtige<br />

Institutionen wie BAG, GDK und H+.<br />

Die Geschäftsstelle des SIWF steht als<br />

Ansprechpartnerin allen Ärztinnen und<br />

Ärzten für sämtliche Belange der Weiterund<br />

Fortbildung zur Verfügung. Das SIWF<br />

ist bestrebt, mit den modernsten Instrumenten<br />

der Medical Education eine hohe<br />

Weiterbildungsqualität sicherzustellen<br />

(EPAs, Assessments, strukturierte Weiterbildung).<br />

Gleichzeitig sollen die Lernziele<br />

in der vorgegebenen Weiterbildungsdauer<br />

erreichbar sein, damit der Einstieg in<br />

die selbständige Tätigkeit zeitgerecht<br />

möglich ist. Der Aufwand zur Entwicklung<br />

von e-Tools, welche die Administration<br />

und Dokumentation der Weiterbildung<br />

erleichtern, ist enorm. Insbesondere<br />

beim e-Logbuch sind aufgrund der Komplexität<br />

der vielen ineinander verzahnten<br />

Weiterbildungsprogramme immer noch<br />

mehrere Baustellen offen, die der Fertigstellung<br />

harren. Unsere Medizininformatik<br />

arbeitet unter Hochdruck an Lösungen,<br />

die eine optimale und kundenorientierte<br />

Dienstleistung sicherstellen<br />

sollen. Die damit verbundenen Probleme<br />

und der schwierigen Arbeitsmarktsituati-<br />

Bild: thodonal / Adobe Stock<br />

10<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

on geschuldete Personalengpässe haben<br />

zur Folge, dass die Bearbeitungsdauer bei<br />

Anträgen leider nicht unseren Vorstellungen<br />

entspricht. Die Bearbeitungszeiten<br />

bei Anträgen betragen momentan ein bis<br />

drei Monate oder bei unvollständigen<br />

Dossiers auch mehr. Zudem müssen wir<br />

die telefonische Erreichbarkeit auf den<br />

Nachmittag beschränken. Wir setzen uns<br />

mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln<br />

dafür ein, diese Situation zu verbessern.<br />

Wir nutzen die vorhandenen Ressourcen<br />

so effizient wie möglich und bitten<br />

um Verständnis für die zum Teil langen<br />

Bearbeitungszeiten.<br />

Ärztinnen und Ärzte können helfen<br />

Um die Situation zu verbessern, können<br />

aber auch Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung<br />

ihren Teil beitragen. Immer wieder<br />

stellen wir fest, dass Anträge unvollständig,<br />

zu früh oder zu spät eingereicht<br />

werden. Das verlängert wiederum die Bearbeitungszeiten<br />

für alle Gesuchstellenden,<br />

da aufwändige Rückfragen nötig werden.<br />

Als Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung<br />

erleichtern Sie uns die Arbeit enorm,<br />

wenn Sie folgende Punkte beachten:<br />

– Eröffnen Sie das e-Logbuch unbedingt<br />

schon zu Beginn der Weiterbildung, und<br />

führen Sie es kontinuierlich nach. Lesen<br />

Sie bitte dazu die online verfügbare Anleitung<br />

und die FAQ.<br />

– Beachten Sie die Informationen auf<br />

www.siwf.ch und insbesondere das für<br />

Sie massgebende Weiterbildungsprogramm<br />

mit den Übergangsbestimmungen<br />

bei Revisionen.<br />

– Reichen Sie den Antrag vollständig und<br />

gemäss Vorgaben im e-Logbuch und<br />

dem online verfügbaren Merkblatt ein.<br />

Um Zeit zu gewinnen und die Titelerteilung<br />

zu beschleunigen, reichen Sie Ihren<br />

Antrag bitte maximal drei Monate vor Ende<br />

der letzten Weiterbildungsperiode ein,<br />

welche noch für den Facharzttitel erforderlich<br />

ist. Das letzte SIWF-Zeugnis wird<br />

max. drei Monate im Voraus abgeschlossen<br />

und vom Leiter oder der Leiterin der<br />

Weiterbildungsstätte unterschrieben.<br />

Kleine Mängel – grosse Wirkung<br />

Wir stellen auch immer wieder fest, dass<br />

oft vergleichsweise banale und leicht zu<br />

vermeidende Mängel bei den Gesuchen zu<br />

erheblichen Verzögerungen führen. Beachten<br />

Sie deshalb unbedingt auch folgende<br />

Hinweise:<br />

– Das SIWF-Zeugnis, welches im e-Logbuch<br />

unterschrieben hochgeladen wird,<br />

muss die gleiche Versionsnummer haben<br />

wie das Zeugnis der entsprechenden<br />

Periode im e-Logbuch.<br />

– Laden Sie das SIWF-Zeugnis in guter,<br />

lesbarer Qualität als PDF-Datei hoch.<br />

Achten Sie darauf, dass die Seiten nicht<br />

abgeschnitten werden und dass alle Seiten<br />

eingescannt sind. Die Versionsnummer,<br />

die unten auf jeder Seite steht,<br />

muss gut lesbar sein.<br />

– Für jede Weiterbildungsperiode in der<br />

Schweiz wird das SIWF-Zeugnis im entsprechenden<br />

Fachgebiet benötigt. Bitte<br />

achten Sie darauf, dass Sie bei Schwerpunkten<br />

nicht versehentlich das Zeugnis<br />

für das Gebiet des Facharzttitels hinterlegen.<br />

– Der alte FMH-Zeugnissatz, welcher für<br />

Weiterbildungsperioden vor 2015 handschriftlich<br />

ausgefüllt wurde, besteht<br />

mindestens aus einem FMH-Zeugnis<br />

und dem Evaluationsprotokoll. Bei Weiterbildungsperioden,<br />

die Prozeduren<br />

unter der Ziffer 3 im Weiterbildungsprogramm<br />

fordern, muss noch das fachspezifische<br />

Zusatzblatt zum Evaluationsprotokoll<br />

hinterlegt werden. Wenn der<br />

vollständige Zeugnissatz nicht (mehr)<br />

vorhanden ist, so muss die Weiterbildungsperiode<br />

im e-Logbuch mit einem<br />

SIWF-Zeugnis belegt werden, das nachträglich<br />

zu beschaffen ist.<br />

– Für jede Forschungstätigkeit ist ein Forschungsbeschrieb<br />

erforderlich, der von<br />

der Leiterin oder dem Leiter der Forschungsabteilung<br />

unterzeichnet ist. Der<br />

Beschrieb beinhaltet Angaben zu Methode,<br />

Thema, Fragestellung und Ergebnis<br />

der Forschung. Ebenfalls Teil des<br />

Beschriebs sind Angaben dazu, unter<br />

wessen Leitung geforscht wurde und<br />

welche Hauptaufgaben während der<br />

Forschung übernommen wurden.<br />

– Die Kompetenzen, die im SIWF-Zeugnis<br />

von Hand ausgefüllt werden müssen,<br />

sind unbedingt vollständig aufzuführen.<br />

– Das SIWF-Zeugnis muss von der Leiterin<br />

oder dem Leiter der Weiterbildungsstätte<br />

gemäss Angabe im SIWF-Register<br />

unterschrieben und mit dem Stempel<br />

versehen sein.<br />

– Bitte kontrollieren Sie, ob die Leiterin<br />

oder der Leiter der Weiterbildungsstätte<br />

das Kreuzchen auf der letzten Seite des<br />

SIWF-Zeugnis («wird angerechnet» oder<br />

«wird nicht angerechnet») gesetzt hat.<br />

Achten Sie darauf, dass auf dem Unterschriftenblatt,<br />

das vor der Einreichung<br />

des Antrags hochgeladen werden muss,<br />

keine Unterschriften fehlen.<br />

– Die Anerkennung eines ausländischen<br />

Arztdiploms durch die Medizinalberufekommission<br />

(MEBEKO) besteht aus<br />

der Anerkennungsbestätigung und dem<br />

2-seitigen Begleitschreiben. Bitte stellen<br />

Sie sicher, dass alle drei Seiten hochgeladen<br />

werden.<br />

– Wenn Sie im Besitz einer MEBEKO-Anerkennung<br />

sind, bitten wir Sie, das von<br />

der MEBEKO anerkannte Arztdiplom<br />

hochzuladen.<br />

– Für die Anrechnung ausländischer Weiterbildungsperioden<br />

sind sämtliche Unterlagen<br />

gemäss Merkblatt einzureichen.<br />

Wenn diese Punkte beachtet werden, erleichtert<br />

dies die Arbeit der Fachspezialistinnen<br />

und -spezialisten sowie der Titelkommission<br />

erheblich. Jede E-Mail, die<br />

nicht geschrieben werden muss – beispielsweise<br />

um nicht eingescannte Seiten<br />

eines Zeugnisses nachzufordern – bedeutet<br />

eine Zeitersparnis. Selbstverständlich<br />

erwarten wir nicht, dass sämtliche Anträge<br />

von Anfang an makellos eingereicht<br />

werden. Momentan sind es aber ca. 80%<br />

der Anträge, die unvollständig sind. Diese<br />

unglaubliche Rate muss im Interesse aller<br />

Beteiligten reduziert werden. Die Einholung<br />

fehlender Unterlagen und Rückfragen<br />

durch die Fachspezialistinnen und<br />

-spezialisten sind als Dienstleistung zu<br />

verstehen, damit die Titelkommission<br />

möglichst rasch eine Beurteilung vornehmen<br />

kann.<br />

Wartefristen so kurz wie<br />

möglich halten<br />

Der <strong>vsao</strong> ist sich bewusst, dass es für<br />

Ärztinnen und Ärzte am Ende ihrer Weiterbildungszeit<br />

frustrierend ist, wenn es<br />

bei der Ausstellung des Facharzttitels<br />

zu Verzögerungen kommt. Ein fehlender<br />

Facharzttitel kann den nächsten<br />

Karriereschritt verzögern, und/oder<br />

sich auch auf den Lohn auswirken. Wir<br />

sind deshalb in engem Kontakt mit dem<br />

SIWF und bemühen uns im gemeinsamen<br />

Interesse, die Situation zu verbessern<br />

und die Zeit zwischen abgeschlossener<br />

Weiterbildung und Ausstellung<br />

des Facharzttitels so kurz wie möglich<br />

zu halten. Bitte beachten Sie die Ratschläge<br />

des SIWF, deren Einhaltung<br />

eine zeitgerechte Erteilung des<br />

Facharzttitels erleichtert.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 11


Ich möchte<br />

eine gute<br />

Weiterbildung<br />

und<br />

Zeit dafür.<br />

Geht das?<br />

Das geht!<br />

Gemeinsam machen<br />

wir es möglich!<br />

Wir helfen auf dem Weg zum Facharzttitel.<br />

JETZT AUF VSAO.CH MITGLIED WERDEN!


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Im AA-Universum<br />

Da war doch noch was?<br />

Wir alle kennen ihn, den<br />

berühmt- berüchtigten<br />

100-Tages-Lernplan,<br />

der uns auf das Wissenshoch<br />

einer Ärztin oder eines Arztes<br />

bringen soll. (Oder eher auf das eines<br />

Medizinstudierenden mit einem zusätzlichen<br />

Diplom.)<br />

So gesehen ist das also eigentlich<br />

überhaupt kein Problem, schliesslich hat<br />

man ja in den letzten fünf Studienjahren<br />

bereits 840 Tage durchgebüffelt (bezogen<br />

auf die zwei Semester pro Studienjahr und<br />

wenn man die Wochenenden dazuzählt).<br />

«Ach das Examen ist erst im August?<br />

Und du hast nur drei Prüfungen? Ja dann<br />

geht das doch locker!», heisst es immer<br />

wieder von Aussenstehenden.<br />

Die Lernerei beginnt also ganz entspannt.<br />

Hier noch ein Kurs, da noch ein<br />

Event, ach und dann will man sich doch<br />

noch eine Ferienwoche gönnen und an<br />

das eine Konzert gehen, eine Radtour<br />

machen und endlich mal die Kollegin in<br />

Turin besuchen ... So kommt es, dass<br />

man zunächst lediglich an ein bis zwei<br />

Tagen pro Woche in die Unterlagen äugt.<br />

Dann meldet sich allmählich der<br />

Frühling. Die Tage werden länger, die<br />

Vögel zwitschern und es wird langsam<br />

warm. Klar, dass man viel Wichtigeres<br />

zu erledigen hat, als die Stunden am<br />

Schreibtisch sitzend zu verbringen und<br />

zu realisieren, dass man das Meiste,<br />

was man fest verinnerlicht glaubte,<br />

praktisch wieder vergessen hat und gefühlt<br />

das Studium von null auf neu beginnen<br />

kann. Und das in 100 Tagen? Was ein<br />

langer Zeitraum zu sein schien, wird sich<br />

als sehr begrenzte und vor allem herausfordernde<br />

Spanne herausstellen.<br />

Langsam meldet sich dann auch das<br />

schlechte Gewissen, und nicht selten<br />

läuft es einem beim blossen Gedanken an<br />

den nahenden August kalt den Rücken<br />

hinunter.<br />

Mitte Juni: «Hurra! Der letzte Unitag!<br />

Das muss gefeiert werden!», meint der<br />

Optimismus. «Schön für dich, aber wer<br />

sagt, dass das tatsächlich der letzte<br />

Unitag sein wird?», antwortet der Pessimismus.<br />

Die Tage werden langsam heiss,<br />

und nicht nur auf das Wetter bezogen.<br />

Mit Beginn des Monats Juli startet<br />

auch der eigentliche Lernmarathon mit<br />

ordentlicher Steigung und deutlich<br />

unebenem Boden. Ähnlich dem Trailrunning<br />

in den Schweizer Alpen.<br />

Dann ist wirklich der Schlussspurt<br />

angesagt, und während alle anderen<br />

Menschen die langen Sommerabende<br />

geniessen und die Tage badend, wandernd<br />

oder sonnentankend verbringen,<br />

sitzen wir an einem Tisch und büffeln,<br />

was das Zeug hält, raffen das Restchen<br />

Energie, die kleinsten Funken Motivation<br />

und Hoffnung zusammen.<br />

Und plötzlich bricht der letzte<br />

Abend vor dem langersehnten Tag an.<br />

Die 100 Tage sind verstrichen, und<br />

man fragt sich, wie die Zeit so schnell<br />

vergehen konnte, obwohl sie zu Beginn<br />

so endlos schien.<br />

Dann ist er da: Der D-Day der angehenden<br />

Medizinerinnen und Mediziner,<br />

auch bekannt als schriftliches Staatsexamen:<br />

eine Achterbahn der Emotionen<br />

und Gefühle (Aufregung, Angst, Vorfreude,<br />

Misstrauen, Lampenfieber,<br />

Un sicherheit, Liebe und Hass). Schliesslich<br />

die Erleichterung.<br />

Im September ist dann auch die<br />

praktische Prüfung geschafft und plötzlich<br />

steht man mit dem abgeschlossenen<br />

Staatsexamen da. Die massive Büffelei<br />

hat (zumindest vorübergehend) ein Ende<br />

und das Medizinstudium ist nun offiziell<br />

beendet!<br />

Und was jetzt? Ach so, der Ernst des<br />

Lebens hat noch gar nicht begonnen.<br />

Camille Bertossa,<br />

Assistenzärztin im<br />

1. Weiterbildungsjahr<br />

Bild: zvg<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 13


<strong>vsao</strong><br />

Mitgliederkampagne<br />

Ein durchschlagender<br />

Erfolg<br />

Die Mitgliederkampagne 2022 hat ihre Ziele mehr als erreicht.<br />

Die Zahl der Neumitglieder konnte gegenüber dem Vorjahr<br />

um gut 50 Prozent gesteigert werden. Auch hat der <strong>vsao</strong> mehr Fans<br />

auf Social Media gewonnen. Einzelne Elemente<br />

der Kampagne laufen <strong>2023</strong> weiter.<br />

Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />

Drei der Motive, die 2022 für die Plakat- und Social-Media-Kampagne genutzt wurden.<br />

Bild: <strong>vsao</strong><br />

14<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


<strong>vsao</strong><br />

Der <strong>vsao</strong> ist in den vergangenen<br />

Jahren kontinuierlich gewachsen.<br />

Die Zahl der Mitglieder<br />

steigerte sich beim<br />

Verband der Assistenz- und Oberärztinnen<br />

und -ärzte in den letzten zehn Jahren<br />

um fast 20 Prozent auf mittlerweile gut<br />

22000 Personen. Damit dies so bleibt und<br />

um die Bekanntheit des Verbandes weiter<br />

zu steigern, entschied der <strong>vsao</strong> 2021, in<br />

die Mitgliederwerbung zu investieren und<br />

eine entsprechende Kampagne zu starten.<br />

Die potenziellen Mitglieder – Assistenzund<br />

Oberärztinnen und -ärzte an Schweizer<br />

Spitälern – sollten noch besser darüber<br />

informiert werden, warum es den <strong>vsao</strong><br />

braucht und was eine Mitgliedschaft<br />

bringt.<br />

Die Kampagne wurde vom <strong>vsao</strong> gemeinsam<br />

mit der Agentur «Die Schwedin»<br />

entwickelt und umgesetzt. Das zentrale<br />

Element waren die Bildmotive und Texte,<br />

die für Anzeigen in den sozialen Medien<br />

(Facebook, LinkedIn und Instagram) wie<br />

auch als Plakate oder Flyer genutzt wurden.<br />

Die Plakate und Flyer hingen in Linien<br />

des öffentlichen Verkehrs, die zu Kliniken<br />

und Spitälern führen, oder an Haltestellen<br />

in deren Umfeld. Auch von den<br />

Sektionen wurden sie rege genutzt. Die<br />

insgesamt sechs verschiedenen Motive<br />

nehmen Fragen und Probleme aus dem<br />

Alltag junger Ärztinnen und Ärzte auf und<br />

vermitteln, dass es dafür Lösungen gibt,<br />

für die sich der <strong>vsao</strong> einsetzt.<br />

Vereinfachter Anmeldeprozess<br />

Ein weiteres Element der Kampagne war<br />

die Aktion «Mitglieder werben Mitglieder».<br />

Für jedes neu angeworbene Mitglied konnten<br />

sich die anwerbenden Mitglieder ein<br />

Dankeschön aussuchen, z.B. eine Lunchbox,<br />

einen Büchergutschein oder eine<br />

Spende an eine gemeinnützige Organisation.<br />

Mit dem Start der Kampagne wurde<br />

Die Zahl der Neuanmeldungen stieg seit dem Kampagnenstart im März gegenüber dem Vorjahr um<br />

51 Prozent von 865 auf 1308.<br />

auch der Beitrittsprozess vereinfacht. Dieser<br />

ist seit Kampagnenstart im März 2022<br />

auf rein elektronischem Weg möglich. Es<br />

reicht, das Formular auf der Website auszufüllen.<br />

Einen positiven Effekt auf die Kampagne<br />

hatte das gleichzeitig stattfindende<br />

Jubiläumsjahr. Mit dem <strong>vsao</strong>-Mobil kam<br />

der <strong>vsao</strong> auch in die Spitäler und konnte<br />

dort direkt Werbung machen. Auch die<br />

Sektionen trugen ihrerseits mit vielen eigenen<br />

Veranstaltungen dazu bei, dass die<br />

Kampagne ihre Wirkung entfalten konnte.<br />

Wachstum auch auf Social Media<br />

Diese Wirkung lässt sich durchaus sehen.<br />

Die Zahl der Neuanmeldungen konnte<br />

während des Kampagnenzeitraums von<br />

März bis Dezember 2022 im Vergleich zur<br />

Vorjahresperiode um satte 51 Prozent gesteigert<br />

werden. Von März bis Dezember<br />

2022 traten 1308 Personen dem <strong>vsao</strong> bei,<br />

während es von März bis Dezember 2021<br />

865 waren. Dass die Kampagne erfolgreich<br />

war, zeigen auch die wachsenden Zahlen<br />

auf den Social-Media-Kanälen. Insgesamt<br />

konnten auf den drei Kanälen LinkedIn,<br />

Instagram und Facebook fast 500 neue<br />

Fans gewonnen werden. Trotzdem bewegt<br />

sich der <strong>vsao</strong> auf diesen Kanälen noch immer<br />

auf relativ bescheidenem Niveau,<br />

<strong>2023</strong> wird deshalb eine weitere Steigerung<br />

angestrebt.<br />

Ohnehin ist die Kampagne nicht einfach<br />

vorbei. Zwar wird der <strong>vsao</strong> im Jahr<br />

<strong>2023</strong> keine Plakatwände mehr buchen,<br />

aber die Plakate stehen zur Verfügung – die<br />

Sektionen können sie beim Dachverband<br />

bestellen, um lokal Plakatwände zu buchen<br />

oder um sie an Veranstaltungen zu<br />

verwenden. Der Dachverband wird mit<br />

den Anzeigen in den sozialen Medien weiterfahren,<br />

und auch die Aktion «Mitglieder<br />

werben Mitglieder» bleibt bestehen.<br />

Es lohnt sich also auch <strong>2023</strong> und darüber<br />

hinaus, die Werbetrommel für den Verband<br />

zu rühren.<br />

Anzeige<br />

Partnervermittlung mit Charme<br />

persönlich · seriös · kompetent<br />

Löwenstrasse 25, 8001 Zürich<br />

044 534 19 50<br />

Wir freuen uns auf Ihren Anruf.<br />

Kathrin Grüneis<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 15


<strong>vsao</strong><br />

Frauen in Führungspositionen<br />

«Weibliche Vorbilder<br />

in der Medizin sollen<br />

greifbarer werden»<br />

Der Arztberuf wird weiblicher.<br />

Mit den «Future Women Physicians»-Workshops möchte<br />

der <strong>vsao</strong> dazu beitragen, dass der Frauenanteil auch<br />

in medizinischen Führungspositionen steigt.<br />

Svenja Ravioli erläutert im Interview die Hintergründe.<br />

Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />

Bild: Photographee.eu/Adobe Stock<br />

16<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


<strong>vsao</strong><br />

Bild: zvg<br />

Mit den Workshops soll nicht<br />

nur Wissen vermittelt, sondern<br />

auch die Vernetzung von jungen<br />

Ärztinnen gefördert werden.<br />

Du hast «Future Women Physicians»<br />

von Anfang an begleitet. Was waren die<br />

Beweggründe, diese Workshops ins<br />

Leben zu rufen?<br />

Der Frauenanteil in Medizinstudium und<br />

Ärzteschaft wächst zunehmend und trotz<br />

dieser eindeutigen Tendenz fehlt es in Kaderarzt-<br />

und Führungspositionen weiterhin<br />

an weiblichen Vorbildern. Wir wollen<br />

dies ändern und mit «Future Women Physicians»<br />

Ärztinnen motivieren, ihre Karriere<br />

mutig und selbstsicher anzugehen und<br />

dadurch selbst eine Vorbildfunktion zu<br />

übernehmen.<br />

An wen richten sich die Workshops?<br />

Aktuell richtet sich das Angebot an erfahrene<br />

Assistenz- und junge Oberärztinnen,<br />

die sich mit der eigenen Karrierevorstellung<br />

und -planung auseinandersetzen.<br />

Mögliche Stolpersteine sollen aufgedeckt<br />

und mittels kreativer Lösungsansätze<br />

überwunden werden.<br />

Auch Vernetzung gewinnt zunehmend an<br />

Bedeutung, weshalb wir mit den Workshops<br />

ein schweizweites Netzwerk von<br />

Ärztinnen für Ärztinnen aufbauen wollen.<br />

In diesem Rahmen sind Alumni-Anlässe<br />

mit spannenden Inputreferaten und aufbauenden,<br />

auch interaktiven Themeninhalten<br />

geplant.<br />

Was geschieht in einem FWP-Workshop,<br />

wie läuft das ab?<br />

Die Workshops werden von Dr. med. Christina<br />

Venzin von College M geleitet und<br />

dauern drei Stunden. Inhaltlich beschäftigen<br />

wir uns unter anderem mit soziokulturellen<br />

Hintergründen, den eigenen<br />

Karrierevorstellungen sowie hilfreichen<br />

Werkzeugen zur Überwindung von Hindernissen.<br />

Die Inhalte setzen sich aus einer<br />

Mischung von Inputreferaten, Diskussionen<br />

und praktischen Übungen zusammen.<br />

Ist denn wirklich das Geschlecht das<br />

Karrierehindernis? Geht es nicht vor<br />

allem um die schlechte Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Privatleben?<br />

Unabhängig vom Geschlecht muss die<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben<br />

für Ärztinnen und Ärzte verbessert werden.<br />

Die Problematik der Stolpersteine auf<br />

dem weiblichen Karriereweg ist aber weitaus<br />

vielschichtiger: Es geht hier um gesellschaftlich<br />

verankerte Rollenmodelle, traditionelle,<br />

teilweise schwerfällige Führungskulturen<br />

und nicht zuletzt auch um<br />

die Überwindung der eigenen Vorstellungen<br />

und Grenzen. Mit einem wachsenden<br />

«Future Women Physicians»-Netzwerk<br />

sollen weibliche Vorbilder in der Medizin<br />

häufiger und greifbarer werden.<br />

Bisher wurden FWP-Workshops nur in<br />

der Deutschschweiz durchgeführt.<br />

Gibt es Pläne, auch in der Romandie<br />

Kurse durchzuführen?<br />

Aufgrund der positiven Rückmeldungen<br />

aus den bisherigen Workshops in der<br />

Deutschschweiz ist eine zukünftige Ausweitung<br />

des Angebots auf die französischund<br />

italienischsprachige Schweiz angedacht.<br />

Sobald es hierzu konkretere Neuigkeiten<br />

gibt, werden wir die <strong>vsao</strong>-Mitglieder<br />

informieren.<br />

Übrigens ist erneut in Zusammenarbeit<br />

mit Dr. med. Christina Venzin ein<br />

«Next-Level-Workshop» in Planung. Bei<br />

diesem Angebot sollen angehende Oberärztinnen<br />

und -ärzte auf die Herausforderungen<br />

und Kompetenzen ihrer neuen<br />

Rolle vorbereitet werden. Dieser Kurs richtet<br />

sich also an Männer und Frauen.<br />

Future Women Physicians<br />

«Future Women Physicians» wird neu<br />

als <strong>vsao</strong>-Dienstleistung angeboten. Für<br />

<strong>2023</strong> sind bislang zwei Workshops<br />

vorgesehen. Der erste findet am 13.<br />

<strong>Februar</strong> in Bern statt, der zweite am 25.<br />

September in Zürich (jeweils 17–20 Uhr).<br />

Die Kurskosten betragen 200 Franken<br />

bzw. 150 Franken für <strong>vsao</strong>-Mitglieder.<br />

Weitere Informationen und Anmeldung<br />

unter https://<strong>vsao</strong>.ch/dienstleistungen/<br />

future-women-physicians<br />

Mitglied Geschäftsausschuss<br />

<strong>vsao</strong><br />

Svenja Ravioli<br />

ist Mitglied des<br />

<strong>vsao</strong>-Geschäftsausschusses.<br />

Zurzeit weilt<br />

sie für eine Fellowship<br />

in London.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 17


<strong>vsao</strong><br />

Neues aus<br />

den Sektionen<br />

Bern<br />

Halber Teuerungsausgleich<br />

per 1. April <strong>2023</strong> in den<br />

GAV-Spitälern und Kliniken<br />

PROGR: Vogelperspektive mit Sicht auf Innenhof<br />

Wir konnten Anfang Dezember 2022 die<br />

jährlichen Lohnverhandlungen der Personalverbände<br />

VPOD, SBK und <strong>vsao</strong> mit<br />

den Berner Spitälern und Kliniken abschliessen:<br />

1,5 Prozent der Lohnsumme<br />

werden für den Teuerungsausgleich bezahlt.<br />

Weiter geht das Spitalzentrum Biel:<br />

Es bezahlt einen Teuerungsausgleich von<br />

2 Prozent.<br />

Wir Die Personalverbände haben den<br />

Anträgen zugestimmt, weil sie die finanzielle<br />

Notlage der Spitäler und Kliniken kennen.<br />

Wir weisen aber darauf hin, dass die<br />

Angestellten mit diesem Ergebnis eine<br />

Reallohnkürzung hinnehmen müssen.<br />

Neu bezahlen alle Spitäler und Kliniken<br />

ab dem 1. April <strong>2023</strong> mindestens<br />

7 Franken Zulagen pro Stunde für Nachtund<br />

Wochenenddienste. Zusätzlich verpflichten<br />

sie sich, über die nächsten Jahre<br />

den Betrag schrittweise zu erhöhen, bis<br />

10 Franken pro Stunde bezahlt werden.<br />

Auch hier gibt es Betriebe, die bereits weiter<br />

gehen – so bezahlt die Inselgruppe ihren<br />

Angestellten neu 8 Franken und das<br />

Spitalzentrum Biel bereits seit dem 1. November<br />

2021 10 Franken pro Stunde.<br />

Alle Spitäler wollen zudem die Löhne<br />

einzelner Berufsgruppen anheben. Dafür<br />

werden mindestens 0,2 Prozent der Lohnsumme<br />

investiert, im Spitalzentrum Biel<br />

0,4 Prozent und in der Inselgruppe sogar<br />

0,5 Prozent. Zudem werden die Lohntabellen<br />

in allen Betrieben um den gewährten<br />

Teuerungsausgleich angehoben,<br />

was insbesondere für die verbindlich festgelegten<br />

Löhne der Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte ein wichtiger Schritt ist.<br />

Auf unserer Website finden Sie die<br />

detaillierte Gesamtübersicht der Massnahmen.<br />

Janine Junker, Geschäftsführerin VSAO Bern<br />

Save the date: Mitgliederversammlung<br />

<strong>2023</strong><br />

Die ordentliche Mitgliederversammlung<br />

<strong>2023</strong> ist für Donnerstag, 27. April<br />

<strong>2023</strong>, um 19 Uhr im Progr Bern geplant.<br />

Die detaillierte Einladung wird im<br />

März <strong>2023</strong> per Post verschickt.<br />

St. Gallen /<br />

Appenzell<br />

Höhen- und Tiefflüge<br />

Im November 2022 hielt die Sektion St. Gallen/Appenzell<br />

ihre Mitgliederversammlung<br />

ab. Zu Gast waren zum einen Michael<br />

Wallies, der Präsident der Nachbarsektion<br />

Thurgau, und zum andern PD Dr. Roland<br />

Albrecht. Der Chefarzt der Rega berichtete<br />

aus dem medizinischen Nähkästchen der<br />

Flugärztinnen und -ärzte. Anhand packender<br />

Fallbeispiele erhielten die anwesenden<br />

Mitglieder einen spannenden Einblick in<br />

die Arbeit und Herausforderungen der<br />

Ärztinnen und Ärzte an Bord der Helikopter<br />

und Rega-Jets. Mit Michael Wallies diskutierten<br />

wir zukünftige Möglichkeiten<br />

der Zusammenarbeit, welche an einer Retraite<br />

im kommenden Jahr vertieft betrachtet<br />

werden sollen. Zuletzt bestätigten<br />

die anwesenden Mitglieder den neu konzipierten<br />

Vorstand. Für diesen gab es in den<br />

anschliessenden Wochen bereits einiges<br />

zu tun:<br />

In St. Gallen beriet das Kantonsparlament<br />

über den Teuerungsausgleich. Trotz<br />

Schreiben der Personalverbände (die Sektion<br />

<strong>vsao</strong> St. Gallen/Appenzell hatte sich<br />

ebenfalls geäussert) sind die Lohnrunden<br />

<strong>2023</strong> zuungunsten des St. Galler Personals<br />

ausgegangen. Anstatt den vollen Teuerungsausgleich<br />

von mindestens 3 Prozent zu erhalten,<br />

geht die Runde mit 1,5 Prozent ins<br />

Leere. Die Staatsangestellten des Kantons<br />

St. Gallen (Lehrerinnen und Lehrer, Verwaltungsangestellte,<br />

Pflegefachkräfte, die<br />

staat lich angestellte Ärzteschaft und viele<br />

weitere) werden also im kommenden Jahr<br />

de facto weniger Lohn in ihren Taschen<br />

haben. Ungeachtet der Tatsache, dass zahllose<br />

von ihnen an vorderster Front dafür<br />

gekämpft haben, dass die Folgen der Pandemie<br />

nicht noch gravierender ausfielen,<br />

bleibt ausser Applaus auf dem Balkon für<br />

einige von ihnen nicht viel mehr übrig.<br />

Bild: © Martin Bichsel; zvg<br />

18<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


<strong>vsao</strong><br />

Bilder: Rega; Brauwerk St. Gallen; zvg<br />

Der Chefarzt der Rega gewährte an der Mitgliederversammlung anhand packender Fallbeispiele<br />

einen spannenden Einblick in die Arbeit der Rega (Bild: Patientenversorgung auf der Piste).<br />

Pikant an der Sache: Gleichzeitig gewährte<br />

der bürgerliche Kantonsrat seinen<br />

Bürgerinnen und Bürgern eine Steuerfusssenkung<br />

von 5 Prozent, d.h. von 110 auf 105<br />

Prozent. Also ist einerseits zu wenig Geld in<br />

den Kassen, um dem Staatspersonal den vollen<br />

Teuerungsausgleich zu gewähren, und<br />

andererseits sorgt man mit der Steuersenkung<br />

dafür, dass in Zukunft noch weniger<br />

Geld in den Kassen vorhanden sein wird.<br />

Neuer Tagungsort, Brauwerk St. Gallen<br />

Der Vorstand tagt neu im Brauwerk,<br />

ganz in der Nähe des Bahnhofs St. Gallen.<br />

In ungezwungener und lockerer Atmosphäre<br />

sollen Lösungen für Probleme gefunden<br />

werden. Besonders freut uns die<br />

Aussicht auf neue Vorstandsmitglieder<br />

und eine motivierte Sekretärin, die uns in<br />

unserer Arbeit unterstützen werden. Da<br />

wir auch weiterhin Unterstützung gebrauchen<br />

können, freuen wir uns immer über<br />

die Zuschrift interessierter Mitglieder (info@<strong>vsao</strong>-sg.ch).<br />

Spannend bleibt es: Aufgrund<br />

des ausgeprägten Bettenmangels<br />

im Kantonsspital und des allgemeinen<br />

Spardrucks im Gesundheitswesen des<br />

Kantons St. Gallen werden wachsame Augen<br />

und Ohren im Vorstand wichtiger sein<br />

denn je.<br />

Severin Baerlocher, Vorstandsmitglied Sektion<br />

St. Gallen / Appenzell<br />

Zürich /<br />

Schaffhausen<br />

Leadership-Tipps für<br />

Ärztinnen und Ärzte<br />

In herausfordernden Zeiten, wie wir sie<br />

aktuell haben, erscheint es uns umso<br />

wichtiger, dass in den Kliniken Leadership<br />

auf allen Ebenen gelebt und gute<br />

Führungskräfte aufgebaut und gefördert<br />

werden. In Zusammenarbeit mit der Universität<br />

St. Gallen (HSG) hat der VSAO<br />

Zürich deshalb zum Jahresende mit ausgewählten<br />

Fachleuten einen Leader ship-<br />

Adventskalender für die Sozialen Medien<br />

erstellt. Jeden Tag erhielten die Mitglieder<br />

und Follower wertvolle Tipps und Denkanstösse<br />

zum Thema Leadership in der<br />

Medizin.<br />

Deshalb «Wir legen viel Wert darauf,<br />

dass unsere Mitglieder Fähigkeiten erlernen,<br />

um stark zu sein und vorbildlich zu<br />

führen», betont Anna Wang, Präsidentin<br />

des VSAO Zürich. «Aus diesem Grund haben<br />

wir 2022 den Advent ganz dem Thema<br />

Leadership in der Medizin gewidmet.»<br />

Während auf den Social-Media-Kanälen<br />

jeden Tag ein neuer Experten-Tipp rund<br />

um Führungsthemen publiziert wurde,<br />

gab es auf unserer Mitgliederplattform<br />

www.doc-doc.ch ausführliche Leadership-<br />

Masterclasses exklusiv für unsere Mitglieder.<br />

Mehrwert für alle VSAO-Mitglieder<br />

auf doc-doc<br />

Auf der Online-Mitgliederplattform docdoc<br />

haben wir für unsere Mitglieder neben<br />

den zusätzlichen Inhalten auch Diskussionen<br />

und Umfragen zu den eigenen Erfahrungen<br />

rund um Leadership in der Klinik<br />

lanciert. Übrigens habt Ihr auf doc-doc die<br />

Möglichkeit, Euch mit anderen Mitgliedern<br />

und dem Verband in einem geschützten<br />

Raum auszutauschen, und Ihr erhaltet<br />

Zugang zu Informationen aus den Klini-<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 19


<strong>vsao</strong><br />

ken, die so nicht auf anderen Kanälen publiziert<br />

werden – von Lohn- über Dienstplanthemen<br />

bis zu Special Contents im<br />

Kontext von VSAO-Events.<br />

Ihr könnt Euch mit Eurer beim VSAO<br />

hinterlegten E-Mail-Adresse kostenlos bei<br />

doc-doc einloggen und auch selbst Beiträge<br />

posten oder Diskussionen lancieren.<br />

Save the date: elleXX und VSAO Zürich<br />

am 16. März <strong>2023</strong>!<br />

Kennst Du Deine Money-Gaps? Willst Du<br />

wissen, wie Du diese Lücken schliessen<br />

kannst? Lass uns über finanzielle Vorsorge<br />

und Faktoren wie Teilzeit reden! Aufgrund<br />

der bei Ärztinnen und Ärzten meist üblichen<br />

50-Stunden-Woche sind Teilzeitanstellungen<br />

oft der einzige Weg, um eine<br />

Vereinbarkeit mit Familie oder sonstiger<br />

Carearbeit zu erreichen. Die Teilzeitanstellung<br />

birgt jedoch finanzielle Risiken –<br />

insbesondere in der Vorsorge. An diesem<br />

für VSAO-Mitglieder kostenlosen Event<br />

zeigen wir Euch mit den Expertinnen von<br />

elleXX diese Risiken wie auch Handlungsempfehlungen<br />

auf.<br />

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um den Berufseinstieg und beantworten<br />

Eure Fragen dazu. In interaktiven Workshops<br />

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im Klinikalltag kennen. Das Seminar<br />

richtet sich an Medizinstudierende ab<br />

dem 4. Studienjahr (Fokus 5. und 6. Jahr).<br />

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VSAO Zürich<br />

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<strong>Nr</strong>. 6, Dezember 2022<br />

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Rheumatologie<br />

Management der Gicht<br />

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1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


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Die Spitäler und <strong>vsao</strong>-Sektionen<br />

bieten Ihnen wichtige Informationen<br />

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Sie: Bewerten Sie anonym Ihren<br />

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den Kliniken? Dieser Frage gehen<br />

die Visitationen auf den Grund. Zu<br />

den Expertenteams gehört immer<br />

jemand vom <strong>vsao</strong>. Die Besuche vor<br />

Ort dienen dazu, Verbesserungsmöglichkeiten<br />

zu erkennen. Denn<br />

Sie als unser Mitglied sollen von<br />

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Falls Sie selber Visitationen<br />

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Für Sie als Mitglied ist sie zentral:<br />

die Weiterbildung. Deshalb fühlen<br />

wir unserer Basis mit Umfragen<br />

regelmässig den Puls dazu. Dank<br />

dieses Feedback-Pools können wir<br />

unsere Verbandsarbeit gezielt auf<br />

Ihre Anliegen ausrichten.<br />

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Dann schreiben Sie an<br />

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wieder ein?<br />

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Coaching. Die Beratung erfolgt telefonisch<br />

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<strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong>-Inside<br />

Elisa Ahmeti<br />

Wohnort: Hinterkappelen<br />

Beim <strong>vsao</strong> seit: August 2022<br />

Der <strong>vsao</strong> für Dich in drei Worten:<br />

Jung, offen, konstruktiv<br />

Weg von der Schulbank und<br />

ab ins Geschäftsleben.<br />

Wie für viele andere war<br />

dies im Sommer 2022<br />

auch für Elisa Ahmeti der Weg. Am<br />

2. August trat sie ihre Lehre im Zentralsekretariat<br />

des <strong>vsao</strong> in Bern an. In der<br />

Abteilung Service und Projekte macht<br />

sie die Ausbildung zur Kauffrau.<br />

Als es in der Schule um die Lehrstellensuche<br />

ging und sie nach zahlreichen<br />

Bewerbungen den Vertrag beim <strong>vsao</strong> unterschreiben<br />

durfte, konnte Elisa Ahmeti<br />

ihr Glück kaum fassen. Für sie war es<br />

rasch klar, dass es der <strong>vsao</strong> sein soll. Denn<br />

während sie bei anderen Betrieben zu<br />

Vorstellungsgesprächen eingeladen<br />

wurde, hatte sie bei uns die Möglichkeit<br />

zu schnuppern und einen Einblick hinter<br />

die Kulissen zu kriegen.<br />

Jetzt unterstützt Elisa das Team im<br />

Mitgliedschaftswesen. Zu ihren Hauptaufgaben<br />

gehören Adressänderungen,<br />

Austritte und Beitritte, Sektionswechsel<br />

oder auch Gesuche um Beitragsreduktionen.<br />

Am liebsten aber beantwortet sie<br />

E-Mails, weil sie dabei jedes Mal etwas<br />

Neues dazulernt. Und das tut sie auch<br />

sonst, jeden Tag mit vollem Interesse.<br />

Immer offen und direkt stellt sie Fragen<br />

und bringt sich ein. Und ist Elisa mal<br />

nicht im Büro oder in der kaufmännischen<br />

Berufsschule, dann findet man sie<br />

zum Beispiel am schönen Wohlensee<br />

beim Joggen.<br />

In die Zukunft blickend meint sie mit<br />

einem Lächeln: «Beruflich weiss ich noch<br />

nicht, in welche Richtung es gehen soll,<br />

im Moment ist mir vor allem wichtig, einen<br />

guten Lehrabschluss zu machen.<br />

Aber zu reisen, das ist sicher ein Wunsch,<br />

den ich mir gerne einmal erfüllen<br />

möchte.» Eine Option, viele weitere Möglichkeiten<br />

– denn mit 17 Jahren hat sie<br />

noch alle Zeit der Welt.<br />

Bild: zvg<br />

22<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


<strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />

Pikettdienst während<br />

der Schwangerschaft<br />

Bild: zvg<br />

Als Oberärztin arbeite ich<br />

im Spital X. Zurzeit bin ich<br />

schwanger. Mein Arbeitsvertrag<br />

sieht eine wöchentliche<br />

Sollarbeitszeit von 50 Stunden<br />

vor. Zusätzlich müssen wir Oberärztinnen<br />

und -ärzte Pikettdienst im Anschluss<br />

an den regulären Dienst leisten.<br />

Dem Spital X ist zwar klar, dass<br />

schwangere Frauen nicht mehr als<br />

9 Stunden pro Tag beschäftigt werden<br />

dürfen, das Spital möchte jedoch die<br />

Pikettdienste auch mit schwangeren<br />

Ärztinnen fortführen, so dass es sich<br />

folgende Lösung ausgedacht hat:<br />

Reduktion der Tagesarbeitszeit um<br />

1,5 Stunden, damit die tägliche Arbeitsgrenze<br />

von 9 Stunden nicht überschritten<br />

wird, zzgl. allfälliger Kompensation<br />

nächtlicher Einsatzzeiten<br />

am Folgetag. Ist ein solches Vorgehen<br />

rechtlich zulässig? Gibt es Möglichkeiten,<br />

sich dagegen zu wehren?<br />

Das Modell Reduktion der Tagesarbeitszeit<br />

von schwangeren Ärztinnen, um sie<br />

dann in den Pikettdienst einzubinden,<br />

ist ein ausgesprochen kreativer Vorschlag,<br />

der jedoch kaum umsetzbar ist.<br />

Pikettdienst darf zwar direkt im<br />

Anschluss an die reguläre Arbeit geleistet<br />

werden. Dabei ist jedoch zu beachten,<br />

dass gemäss Art. 60 Abs. 1 ArGV 1<br />

schwangere Frauen und stillende Mütter<br />

nicht über die vereinbarte ordentliche<br />

Dauer der täglichen Arbeit hinaus<br />

beschäftigt werden dürfen, jedenfalls<br />

keinesfalls über 9 Stunden. Die Wochensollarbeitszeit<br />

ist somit auf 45 Stunden zu<br />

begrenzen. Im Konkreten bedeutet dies<br />

nun, dass, wenn die Nacht ruhig verläuft<br />

und es tatsächlich zu keinem Arbeitseinsatz<br />

kommt, die gesetzlich festgelegte<br />

maximale Arbeitszeit von Schwangeren<br />

folglich auch nicht überschritten wäre<br />

und es somit zulässig wäre, diese Kategorie<br />

von Frauen in den Pikettdienst<br />

einzubinden unter dem Vorbehalt,<br />

dass die schwangere Frau sich nicht auf<br />

Art. 35b ArG beruft und eine Versetzung<br />

in den Tagdienst wünscht. Die dadurch<br />

entstehenden Minusstunden dürften<br />

aber nicht mit einem allfälligen Mehrstundenguthaben<br />

vor der Schwangerschaft<br />

ausgeglichen werden, weil die<br />

Minusstunden nicht durch die Arbeitnehmerin<br />

verschuldet worden sind,<br />

sondern der Arbeitgeber diese zu vertreten<br />

hat. Kommt es jedoch zu einem<br />

oder gar zu mehreren Einsätzen pro<br />

Nacht, so wird wohl schnell die zulässige<br />

9-Stunden-Grenze überschritten, so<br />

dass die schwangere Frau berechtigt<br />

wäre, den Einsatz abzulehnen, bzw. von<br />

Gesetzes wegen gar nicht mehr zur Arbeit<br />

herangezogen werden dürfte. Der Puffer<br />

von 1,5 Stunden pro Arbeitstag, welcher<br />

durch die Reduktion der Tagesarbeitszeit<br />

vorgesehen ist, ist somit nicht ausreichend<br />

und führt eher dazu, dass die<br />

Planung noch komplexer wird.<br />

Da das Risiko einer gesundheitlichen<br />

Gefährdung von Mutter und Kind bei<br />

Arbeiten zwischen 20 Uhr und 6 Uhr<br />

zunimmt, hält Art. 35 b ArG fest, dass der<br />

Arbeitgeber der schwangeren Frau nach<br />

Möglichkeit eine gleichwertige Arbeit<br />

zwischen 6 Uhr und 20 Uhr anzubieten<br />

hat. Gemäss SECO-Kommentar ist der<br />

Arbeitgeber sogar verpflichtet, den von<br />

Abend- und Nachtarbeit (darunter fällt<br />

natürlich auch der Pikettdienst) betroffenen<br />

schwangeren Frauen eine Versetzung<br />

zu einer gleichwertigen Tagesarbeit<br />

anzubieten, und dürfte somit gar nicht<br />

darauf pochen, dass sich die schwangere<br />

Frau weiter am Pikettdienst beteiligt.<br />

Ist der Arbeitgeber nicht in der Lage,<br />

eine gleichwertige Tagesarbeit anzubieten,<br />

so haben die betroffenen Frauen<br />

Anspruch auf 80 Prozent ihres Lohnes.<br />

Ab der 8. Woche vor der Niederkunft<br />

dürfen schwangere Frauen zwischen<br />

20 Uhr und 6 Uhr nicht mehr beschäftigt<br />

werden (absolutes Arbeitsverbot) und es<br />

ist ihnen nach Möglichkeit eine gleichwertige<br />

Tagesarbeit zwischen 6 Uhr und<br />

20 Uhr anzubieten, auch wenn sie selber<br />

diesen Wunsch nicht explizit geäussert<br />

haben und sogar auch weiterhin bereit<br />

wären, Pikettdienst zu leisten.<br />

Fazit:<br />

Selbst wenn das Spital die tägliche<br />

Arbeitszeit wesentlich reduziert, um die<br />

schwangeren Ärztinnen in den Pikettdienst<br />

einzubinden, haben die betroffenen<br />

Frauen die Möglichkeit, sich vom<br />

Pikettdienst befreien zu lassen, indem sie<br />

sich auf Art. 35b ArG berufen und die<br />

Versetzung in den Tagesdienst fordern.<br />

Sandra P. Leemann,<br />

Juristin der Sektionen<br />

Aargau, Solothurn,<br />

St. Gallen /Appenzell,<br />

Thurgau und Zentralschweiz<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 23


Fokus<br />

Von blass zu<br />

braungebrannt<br />

und zurück<br />

«... am besten zwischen 11 und 13 Uhr mittags, dann bräunt die Sonne<br />

am stärksten ...» Diesem Ratschlag folgt heute wohl kaum noch jemand<br />

bedenkenlos. Unser Umgang mit Sonnenlicht hat sich im Lauf der<br />

Zeit massiv gewandelt. Das exzessive Sonnenbaden – vormals als gesund<br />

propagiert – zeigt heute seine verheerende Wirkung.<br />

Dr. med. Michael L. Geiges, Direktor Moulagenmuseum Universität und Universitätsspital Zürich,<br />

Oberarzt Dermatologische Klinik Universitätsspital Zürich, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für<br />

Evolutionäre Medizin der Universität Zürich<br />

Bild: Adobe Stock<br />

24<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus<br />

Bilder: zvg<br />

Die vermehrte UV-Belastung<br />

einer hellhäutigen Bevölkerung<br />

hat zu einer massiven<br />

Zunahme von Hautkrebs geführt.<br />

«Wir leben mitten in einer grossen<br />

Hautkrebsepidemie!» Die Erkenntnisse<br />

um eine dramatische Zunahme von Hauttumoren,<br />

die in einem direkten Zusammenhang<br />

mit der UV-Belastung besonders<br />

der hellen Haut steht, bilden die<br />

Grundlage für präventive Aufklärungsaktionen,<br />

berufsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen<br />

und Anerkennung von<br />

Hautkrebs als Berufskrankheit nach arbeitsbedingter<br />

chronischer Sonnenlichtbelastung.<br />

Sie haben das Ziel, die UV-Belastung<br />

der Haut von hellhäutigen Menschen<br />

durch angepasste Verhaltensweisen<br />

und Sonnenschutz mittels Kleider<br />

sowie chemischer und physikalischer<br />

Sonnenschutzmittel bereits in jugendlichen<br />

Jahren zu reduzieren.<br />

Dem gegenüber steht das Ideal einer<br />

sonnengebräunten Haut des Menschen<br />

mit hellem Hauttyp. Die Haut ist ein wichtiges<br />

Kommunikationsmittel, über das<br />

wir uns der Umwelt präsentieren. So werden<br />

wir nach unserer Haut klassifiziert<br />

z.B. bezüglich Alter, psychischer und physischer<br />

Verfassung oder ethnischer Herkunft.<br />

Wir verraten über die Haut unseren<br />

gesellschaftlichen Stil und sozialen Status.<br />

Durch die moderne Verbindung von<br />

Leistung mit Körperbewusstsein dient<br />

der Körper im heutigen Medienzeitalter<br />

mehr denn je der Selbstdarstellung und<br />

Selbstinszenierung. Dabei spielt die Bräunung<br />

der Haut durch die Sonne eine doppelte<br />

Rolle. Die Körperfunktion «Hautbräunung»<br />

ist biologische Vorgabe und<br />

Schutzmechanismus, wird aber in ein<br />

Symbolsystem übertragen und unterliegt<br />

dem kulturellen Wandel in der Gesellschaft.<br />

Ein Rückblick in die Geschichte zeigt<br />

die Entwicklung zum Spannungsfeld der<br />

gebräunten Haut auf und weist darauf hin,<br />

wie stark der Erfolg von medizinisch begründeten<br />

Bemühungen, wegen des erhöhten<br />

Hautkrebsrisikos einen Trend hin<br />

zur sonnengeschützten Haut zu bewirken,<br />

von kulturellen und wirtschaftlichen Faktoren<br />

abhängig ist.<br />

Sonnen- und Luftbad. Abbildung aus «Die Frau als Hausärztin – ein ärztliches Nachschlagebuch für<br />

die Frau» von Anna Fischer-Dückelmann, 600 000. Jubiläumsausgabe, 1908.<br />

Die weisse Haut als Schönheitsmerkmal<br />

Aus frühen medizinischen Schriften mit<br />

Empfehlungen und Rezepten zur Behandlung<br />

der Haut geht hervor, dass es bereits<br />

um 1500 v. Chr. und auch in der Antike erstrebenswert<br />

war, eine möglichst gleichmässig<br />

helle Haut zu haben. Anleitungen<br />

und Rezeptsammlungen zur Pflege und<br />

Verschönerung der Haut aus dem Mittelalter<br />

und der frühen Neuzeit bestätigen<br />

diese Bemühungen: Hautbleichmittel<br />

sind darin führend. Im humoralpathologischen<br />

Verständnis der Haut als Körpergrenze<br />

und Ausscheidungsorgan wurden<br />

pigmentierte Flecken, bis hin zu Sommersprossen,<br />

auch als Ausdruck von verdorbenen<br />

Körpersäften angesehen, die sich<br />

bei Sonneneinstrahlung an der Körperoberfläche<br />

festsetzen. Therapiert wurde<br />

durch Abführen, Aderlass und Schwitzen.<br />

Um die Gesichtshaut weiss zu machen,<br />

kamen auch Puder und Salben mit<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 25


Fokus<br />

Silberglätte (Bleikarbonat) und Sublimat<br />

(Quecksilberchlorid) zum Einsatz. Beschreibungen<br />

in der Literatur, in Märchen<br />

und Darstellungen aus der Kunst bestätigen<br />

die Bedeutung einer weissen Haut. Als<br />

Beispiel sei an die schneeweisse Haut von<br />

Schneewittchen erinnert.<br />

Der Wandel<br />

Die politischen und naturwissenschaftlichen<br />

Entwicklungen ab dem 17. Jahrhundert<br />

haben ihre Spuren auch auf der Haut<br />

hinterlassen. Im Zuge der Aufklärung gewann<br />

die Hinwendung zu einem «natürlichen<br />

Leben» als Schutz vor den Kulturschäden<br />

in der europäischen Bevölkerung<br />

eine soziale Bedeutung. Die durch Verstädterung<br />

und Industrialisierung veränderte<br />

Lebensweise mit engen Wohnräumen,<br />

Anonymität, Frauenarbeit und<br />

Technisierung der Umwelt führten zum<br />

Bruch mit traditionellen Werten und rief<br />

Ängste hervor. Als Reaktion auf den wachsenden<br />

Kulturpessimismus entstand die<br />

Lebensreformbewegung, welche einen<br />

Einklang zwischen Körper, Geist und Seele<br />

der angeblich traumatisierten Menschen<br />

herzustellen suchte. Gesundheitsfördernde<br />

und -erhaltende Aktivitäten<br />

wurde mit Vegetarismus, Antialkoholbewegung,<br />

Nacktkultur, Ausdruckstanz und<br />

Kleiderreform propagiert. Der sich langsam<br />

formenden wissenschaftlichen<br />

«Schulmedizin» stand eine «Naturmedizin»<br />

gegenüber, die Heilung von Krankheiten<br />

durch natürliche Wirkfaktoren wie<br />

Wasser, Licht, Luft, Sonne und Ernährung<br />

anstrebte. Um 1900 erlebte der Trend der<br />

Hinwendung zu den Naturheilfaktoren<br />

einen immensen, von ärztlicher Seite her<br />

geförderten Aufschwung. Es erschienen<br />

Aufsätze und Bücher zur Heilkraft des<br />

Sonnenlichtes und über die Einrichtung<br />

von «Lichtluftbädern».<br />

In ihrem Bestseller «Die Frau als Hausärztin»<br />

(ab 1901) beschreibt die in Zürich<br />

promovierte Ärztin Anna Fischer-Dückelmann<br />

eine heruntergekommene Frauenwelt<br />

mit bleichsüchtigen Modedamen.<br />

Der Urzustand des Menschen sei durch<br />

Baden in Luft und Sonne gekennzeichnet.<br />

Reines Sonnenlicht töte Bakterien, wirke<br />

auf die Bewegung des Blutes und die Bildung<br />

von Blutkörperchen ein, belebe die<br />

Sinnesorgane und das Nervensystem und<br />

fördere deshalb alle Lebensvorgänge. Die<br />

bisherige «vornehme Blässe» als Zeichen<br />

der fraulichen Häuslichkeit wurde zunehmend<br />

verpönt. Ein bleiches Gesicht war<br />

Zeichen von Blutarmut oder Infektanfälligkeit.<br />

26<br />

Künstliche Höhensonne. Abbildung aus «Die Frau als Hausärztin»,<br />

Dritte-Million-Jubiläumsausgabe, 1935.<br />

Die Medizin<br />

1902 hatte Oskar Bernhard Sonnenstrahlen<br />

erfolgreich in der Behandlung einer<br />

chronischen Wunde eingesetzt, 1903 wurde<br />

von Auguste Rollier in Leysin die «erste<br />

Klinik zur ausschliesslichen und systemischen<br />

Behandlung der externen Tuberkulose<br />

durch Heliotherapie» eröffnet und im<br />

gleichen Jahr erhielt der Norweger Niels<br />

Ryberg Finsen den Nobelpreis für seine<br />

Erfolge in der Therapie der Tuberkulose<br />

der Haut (Lupus vulgaris) mit seiner elektrischen<br />

Bogenlichtlampe. Die in Hanau<br />

1904 als Beleuchtungskörper entwickelte<br />

UV-durchlässige Quarzglas-Quecksilberlampe<br />

zeigte grosse Nachteile: Das Licht<br />

war fahlblau und es führte zu Verbrennungen<br />

an Gesicht und Händen. 1906 wurde<br />

sie dann aber als erste künstliche Höhensonne<br />

zur Therapie mit UV-Licht und<br />

Ozon propagiert. Die Indikationsliste war<br />

riesig: Schlaflosigkeit, Gicht, Ohrenleiden,<br />

Hysterie, Wundbestrahlung – zur Rachitisprophylaxe<br />

wurden Kinder gleich gruppenweise<br />

bestrahlt. Höhensonnen gehörten<br />

zum Inventar von Schönheitssalons<br />

und der Makel einer lichtgebräunten Haut<br />

wandelte sich nun offensichtlich zu einem<br />

Schönheitsmerkmal. Der Glaube in die<br />

Heilwirkung von Licht nahm kuriose Seiten<br />

an, so war 1930 eine mit UV-bestrahlte<br />

Höhensonnenmilch erhältlich.<br />

Freizeit und Fitness<br />

Die Erfindung der Freizeit durch die Definition<br />

eines Achtstunden-Arbeitstags im<br />

frühen 20. Jahrhundert und damit das Aufkommen<br />

von Freizeitsport taten ihr Weite-<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus<br />

«Unilaterale Praecancerosen und Cancerose»: Über einen Gipsabdruck direkt von der Patientin<br />

hergestellte Wachsmoulage <strong>Nr</strong>. 1032 aus dem Jahr 1930, Moulagenmuseum der Universität und des<br />

Universitätsspitals Zürich.<br />

res zu dieser Entwicklung. Man wurde aufgefordert,<br />

in der Freizeit nichts zu tun, seinen<br />

Körper zu pflegen und Sport zu treiben.<br />

Sonnenbaden, auch empfohlen aus medizinischen<br />

Gründen, wurde zu einem geschätzten<br />

Freizeitvergnügen, die sonnengebräunte<br />

Haut zum Feriensouvenir und<br />

Statussymbol: «Je brauner, desto besser.»<br />

Sportliche Aktivitäten, aus der Lebensreformidee<br />

heraus entwickelt, wurden<br />

unter dem neuen Begriff Fitness zusammengefasst.<br />

Ziel dieser Bewegung war<br />

die Erhaltung der Jugendlichkeit und Frische.<br />

1970 überrollte die erste grosse Fitnesswelle<br />

Deutschland (Trimm-Dich-Aktion).<br />

Die Leistung ohne auf den ersten<br />

Blick erkennbaren Nutzen und die soziale<br />

Komponente gehörten ebenfalls zu dieser<br />

neuen Lebensphilosophie. Im sonnigen<br />

Kalifornien etablierten sich die ersten<br />

braungebrannten Bodybuilder (Arnold<br />

Schwarzenegger). Jane Fonda produzierte<br />

Aerobic-Programme, die ab 1982 mit dem<br />

neuen Medium Video vermarktet werden<br />

konnten. Fitness wurde von der Industrie<br />

entdeckt, hielt Einzug in die neue Welt der<br />

Massenmedien und wurde zur sinnstiftenden<br />

Lebenswelt. Und die Werbung<br />

zeigte, dass Sonnenbräune ein fester Bestandteil<br />

von Fitness ist: «Braun, aktiv,<br />

schön, gesund» als Slogan für Solarien.<br />

Ein Kosmetikhandbuch von 1977 erklärt,<br />

wie am besten gebräunt wird: «Am<br />

schnellsten, gleichmässigsten und gefahrlosesten<br />

bräunen Sie, wenn Sie sich in den<br />

ersten Urlaubstagen nur etwa 20–30 Minuten<br />

in der Sonne bewegen. Am besten<br />

zwischen 11 und 13 Uhr mittags, dann<br />

bräunt die Sonne am stärksten. [...] Übrigens<br />

gibt es für Sonnenanbeterinnen, die<br />

rundum braun werden wollen, sonnendurchlässige<br />

Bikinis.» Als Vorbereitung<br />

für den Sommer und zur Erhaltung der<br />

Bräune im Herbst wurden Heimsonnenbestrahlungen<br />

empfohlen.<br />

Die Gefahren des Sonnenlichtes<br />

Der Dermatologe Max Joseph erwähnt 1912<br />

im Handbuch für Kosmetik die Gefahr des<br />

Sonnenbrandes, und im Dermatologischen<br />

Zentralblatt von 1911 wurde braune<br />

«Lichtschutzfirnis» auf Auswandererschiffen<br />

empfohlen. Farbe (Russ) war ein<br />

Schutzmittel gegen Gletscherbrand. Jeglicher<br />

Sonnenschutz musste farbig sein,<br />

sonst hatte er keine Wirkung. Um 1930<br />

wurde bereits erkannt, dass eine chronische<br />

Sonnenlichtexposition zu Hautkrebs<br />

führt: Am Jahreskongress der Schweizerischen<br />

Dermatologischen Gesellschaft 1931<br />

wurde, illustriert mit einer Moulage, der<br />

Falle einer 71-jährigen Frau vorgestellt,<br />

welche nur in der rechten Gesichtshälfte<br />

an zahlreichen Hautkrebsvorstufen und<br />

einem knotigen Hautkrebs litt. Sie hatte<br />

«als sesshafte Natur» über 37 Jahre viel<br />

Zeit mit Handarbeiten an ihrem Lieblingsfensterplatz<br />

mit der rechten Körperseite<br />

zum Fenster gerichtet verbracht.<br />

Doch diese Befunde hatten keinen<br />

Einfluss auf die massiv positiv konnotierte<br />

Wahrnehmung von UV-Licht und Sonnenbräune.<br />

Die bekannte Nivea-Hautcreme<br />

wurde 1927 in unveränderter Zusammensetzung<br />

neu auch als Sonnenschutzcreme<br />

verkauft, natürlich lediglich<br />

mit dem Effekt einer Pflege der allenfalls<br />

verbrannten Haut. 1935 kamen Ambre Solaire<br />

und Delial als erste transparente,<br />

bräunende und schützende Lichtschutzöle<br />

auf den Markt. Ziel war, mit möglichst<br />

wenig Sonnenbrand möglichst braun zu<br />

werden. «Braun wie ein Neger und ohne<br />

Sonnenbrand durch Delial» lautete eine<br />

Werbung von 1952. Ein neuer Markt hatte<br />

sich für die Kosmetikindustrie geöffnet.<br />

In den 1950er Jahren wurde der Lichtschutzfaktor<br />

definiert und 1970 waren die<br />

unterschiedlichsten Applikationsformen<br />

von Sonnencremes auf dem Markt erhältlich<br />

mit Empfehlungen wie: Faktor 6–8 bei<br />

empfindlicher Haut und bei dickerer Haut<br />

anfangs den Faktor 4, später 2.<br />

Verstärkt durch die öffentliche Thematisierung<br />

des Ozonlochs und unterlegt mit<br />

statistischen Zahlen zur raschen Zunahme<br />

von Hautkrebs, erhielten Sonnencremes<br />

die neue Aufgabe, die Haut auch vor Langzeitschäden<br />

zu schützen. «Überlassen Sie<br />

Schutz und Sicherheit ganz einfach der<br />

neuen Delial» hiess es nun, um beim Beispiel<br />

zu bleiben. «Sonnenstrahlen sind gefährlich<br />

gesund» hiess die Ausgangslage<br />

für eine Gratwanderung zwischen Glücksgefühl<br />

und Risiko. Man will braun sein –<br />

darf es aber nicht. Ansätze wie Selbstbräuner<br />

sind Ausdruck dieser schwierigen Situation,<br />

da sie eine Bräunung ohne Gefahr<br />

ermöglichen, bei der aber nicht nur das<br />

körperliche Gefühl des «Braunwerdens» –<br />

sei es nun in den Ferien oder wenigstens<br />

für eine entspannende Viertelstunde im<br />

Selbstbedienungssolarium – wegfällt, sondern<br />

oft auch der «Betrug» durch eine gelblichere<br />

Farbe oder durch Flecken und Streifen<br />

für jedermann sichtbar wird.<br />

Der Konjunktureinbruch hat den<br />

Leistungsdruck erhöht und prägt auch das<br />

Image in der Arbeitswelt: Wer sich übermässig<br />

Ferien am sonnigen Strand leisten<br />

kann, gerät in Verdacht, kein seriöser Arbeitspartner<br />

zu sein.<br />

Besonders relevant ist die werbewirksame<br />

Unterstützung durch die Kosmetikindustrie,<br />

welche darauf angewiesen ist,<br />

laufend neue Produkte anbieten zu können.<br />

(Werbe-)Bilder in Massenmedien gehören<br />

heute zu den wohl massgeblichsten<br />

Meinungsbildnern in unserer Gesellschaft.<br />

Medizinische Studien, welche im<br />

angebrochenen Zeitalter des Antiaging<br />

die Notwendigkeit und Wirksamkeit von<br />

Sonnenschutz zur Prävention von Hautalterung,<br />

Pigmentstörungen und Faltenbildung<br />

(und Hautkrebs) beweisen, bieten<br />

eine solide Grundlage, um Pflegeprodukte<br />

mit hohem Lichtschutz anzubieten. Zuerst<br />

in Australien, nun auch in Europa, hat<br />

sich in der Werbung die Farbe der nackten<br />

Haut von einer dunklen Sonnenbräune<br />

zu einem hellen Teint gewandelt, und die<br />

Empfehlungen erinnern von ihrer Absicht<br />

her wieder an längst vergangene Zeiten.<br />

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Fokus<br />

Oftmals schön und imposant, aber akustisch nicht immer auf der Höhe – Konzertsäle aus der Zeit um 1900.<br />

Die Tonhalle in Zürich bildet eine Ausnahme, hier verbindet sich ein schönes Gebäude mit einem herausragenden Klang.<br />

Vom Klang im<br />

Konzertsaal zum<br />

Piepsen im OP<br />

Die hörbaren Frequenzen des Schalls erschliessen in Räumen eine<br />

Welt von lästigen Tönen bis zu musikalischen Harmonien.<br />

Wie man in Schulzimmern, Notfallstationen oder Operationssälen Lärm<br />

reduzieren und eine förderliche Atmosphäre schaffen könnte, ist bekannt.<br />

Es mangelt allein an der Umsetzung.<br />

Kurt Eggenschwiler, pensionierter Akustikexperte, Lehrbeauftragter ETH Zürich<br />

Bild: zvg<br />

28<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus<br />

Dürfen wir heute in einem<br />

neuen Konzertsaal von den<br />

tiefsten bis zu den höchsten<br />

Frequenzen einen perfekten<br />

Raumklang erwarten? Zum Glück ja.<br />

Jeder neue Saal kann ein erstrangiges<br />

Hörerlebnis für das Publikum und beste<br />

Bedingungen zum Musizieren für das<br />

Orchester bieten – jedenfalls wenn das<br />

Bauprojekt eng von erfahrenen Akustikfachleuten<br />

begleitet wurde. Zum Glück<br />

ist dies heute vor allem bei den grossen<br />

Projekten immer der Fall.<br />

Die berechtigt hohen Erwartungen an<br />

die Akustik wurden früher nicht immer<br />

erfüllt. Wir kennen zwar historische Topkonzertsäle<br />

z.B. aus der Zeit von etwa 1870<br />

bis 1900, wie den Musikvereinssaal in<br />

Wien, die Tonhalle in Zürich und das Casino<br />

in Basel. Sie gelten heute als Vorbilder.<br />

Später wurden aber aus kommerziellen<br />

Gründen, durch falsch verstandene Akustik<br />

oder das Fehlen einer Akustikberatung<br />

bemerkenswert schlechte Konzertsäle gebaut.<br />

Der Schlüssel für die heutigen Erfolge<br />

liegt – abgesehen vom Lernen aus<br />

der Vergangenheit – bei den Forschungsergebnissen<br />

der so genannten Psychoakustik,<br />

den davon abgeleiteten Designvorstellungen,<br />

den Fortschritten in der<br />

technischen Akustik und den persönlichen<br />

Erfahrungen von Topakustikfachleuten.<br />

Sie bedienen sich nicht nur der<br />

Physik und Technik, sondern gestalten als<br />

eigentliche Künstlerinnen und Künstler<br />

den Klangraum.<br />

Mit den weltweit vielen Neubauten<br />

von Konzertsälen in letzter Zeit hat die<br />

Architektur die Bedeutung der Akustik<br />

besser erkannt. Dies ist sehr erfreulich.<br />

Es stellt sich aber die Frage, welchen Stellenwert<br />

die Akustik bei weniger prestigeträchtigen<br />

Gebäuden und Räumen einnimmt.<br />

Also dort, wo wir uns im Alltag<br />

oft lange aufhalten. Dazu zählen neben<br />

Wohngebäuden etwa Schulhäuser, Bürogebäude,<br />

Hotels und Spitäler.<br />

Bei der Schallausbreitung in Wohngebäuden<br />

geht es darum, dass die Schalldämmung<br />

zwischen Wohnungen genügend<br />

gross ist, und die Heizung im Keller<br />

die Bewohner nicht stört. Dies betrifft das<br />

Fachgebiet der Bauakustik, wozu es in der<br />

Schweiz die Norm SIA 181 «Schallschutz<br />

im Hochbau» gibt, welche bei Neubauten<br />

recht gut umgesetzt wird.<br />

Häufiger vergessen gehen die Schallausbreitung<br />

und der Lärm im Raum selbst,<br />

also die Raumakustik. Dabei sind die Wirkungen<br />

von guter oder schlechter Akustik<br />

auf Arbeitsleistung, Lernleistung, Gesundheit,<br />

Behaglichkeit und Zufriedenheit<br />

recht gut bekannt. Der bekannte deutsche<br />

Akustiker Christian Nocke hat dazu einmal<br />

gesagt: Es gibt kein Erkenntnisproblem.<br />

Es gibt nur ein Umsetzungsproblem.<br />

Und dies, das sei beigefügt, liegt nicht an<br />

den Akustikfachleuten.<br />

Lärm schadet dem Lernen<br />

Ein wichtiges Beispiel ist das Schulgebäude.<br />

Lärm und schlechte Akustik im<br />

Klassenzimmer führen zu einer schlechten<br />

Verständlichkeit der Sprache, womit<br />

die Kinder beim Spracherwerb behindert<br />

werden. Die Aufmerksamkeit und die<br />

Konzentration werden schlechter, das<br />

Kurzzeit-/Arbeitsgedächtnis überlastet<br />

und die kognitive Leistungsfähigkeit<br />

sinkt. Lärm im Klassenzimmer macht<br />

unsensibel und fördert Aggressionen, das<br />

soziale Klima wird schlechter. Das Lernen<br />

wird beeinträchtigt, worunter besonders<br />

Kinder mit Lernbehinderungen leiden,<br />

geschweige denn Kinder mit Hörbeeinträchtigungen<br />

oder mit Hörbehinderung.<br />

Weiter ist schlechte Akustik im Klassenzimmer<br />

ein wesentlicher Belastungsfaktor<br />

für Lehrpersonen. Sie müssen zu oft mit<br />

erhobener Stimme reden, es zeigt sich Unlust,<br />

Ärger, Unzufriedenheit, und es muss<br />

immer wieder zu ruhigem Verhalten ermahnt<br />

werden.<br />

Das müsste nicht sein. Die Anforderungen<br />

für gute Akustik sind bekannt. Aus<br />

Deutschland kennen wir die breit anerkannte<br />

Raumakustik-Norm DIN 18041, auf<br />

deren Grundlagen zurzeit übrigens die<br />

eigene Schweizer Norm SIA 181/1 «Raumakustik»<br />

erarbeitet wird. Für das Klassenzimmer<br />

heisst dies etwas verkürzt, dass<br />

Decken und meistens auch ein Teil der<br />

Wände aus einem schallschluckenden<br />

Material gestaltet werden müssen.<br />

Ähnliche Herausforderungen stellen<br />

sich bei Arbeitsplätzen in Grossraumbüros.<br />

Auch hier kann viel durch eine gut geplante<br />

Akustik getan werden. Aber wenn<br />

wir uns dann nach Feierabend im Restaurant<br />

treffen, geht der Krach erst wirklich<br />

los. Hier gilt ebenso: Die Akustikfachleute<br />

können helfen, eine lebendige statt lärmige<br />

Akustik zu gestalten.<br />

Zu hoher Pegel im OP<br />

Kein Wunder finden wir selbst in Spitalgebäuden<br />

viel zu oft lärmige Situationen,<br />

leider besonders auch in der Notfallstation<br />

und im OP. Eine aktuelle Dissertation<br />

von Philipp Knöfler an der TU Braunschweig<br />

(2020) geht der Frage nach, ob<br />

Lärm im OP bisher zu wenig beachtet worden<br />

sei, und ob dies zu Lasten der Performance<br />

und Fehlerrate gehe. Er zeigt: Konkrete<br />

Folgen einer mangelhaften Akustik<br />

für den operierenden Arzt sind Kommunikationsdefizite<br />

und Ablenkung durch<br />

tonhaltige Signale, lange Nachhallzeiten<br />

im Raum und hohe Schalldruckpegel<br />

im Nahbereich von medizinischen Grossgeräten.<br />

Messungen zeigten u.a. ausserordentlich<br />

hohe Lautstärkepegel von<br />

80 dB(A) gemittelt über eine gesamte<br />

Operation, was sehr viel höher ist als der<br />

vorgeschlagene Grenz wert von 55 dB(A).<br />

Die hohen Pegel können vermindert<br />

werden im Nutzerverhalten, bei den<br />

Raum oberflächen und bei der Raumausstattung.<br />

Knöfler stellte bei seinen<br />

Untersuchungen ein besonders lautes<br />

Gerät fest und entwickelte schliesslich<br />

konkrete Verbesserungsmöglichkeiten.<br />

Natürlich ist der OP nicht der einzige<br />

Raum im Spital, der sorgfältig auch akustisch<br />

geplant werden muss. Aber woher<br />

kommen die entsprechenden Fachleute?<br />

Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in<br />

Bau- und Raumakustik sind tatsächlich<br />

gar nicht so einfach zu finden. Wer aber<br />

kürzere oder längere Module in der<br />

Schweiz und international besucht, berufliche<br />

Praxis erwirbt und dann die Prüfung<br />

zum Diplom der Schweizerischen Gesellschaft<br />

für Akustik SGA-SSA besteht, ist<br />

gut gerüstet für die Akustik von Alltagsräumen.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 29


Fokus<br />

Der Pulsschlag<br />

der Schweiz<br />

So, wie das Herz Blut durch den Körper pumpt,<br />

so pumpt das Schweizer Stromnetz Strom durch die Leitungen.<br />

Befinden sich Produktion und Verbrauch im Gleichgewicht,<br />

schlägt das elektrische «Herz» mit einer idealen Frequenz von 50 Hertz.<br />

Um zu schnelles oder zu langsames Schlagen zu verhindern,<br />

wird das Stromnetz rund um die Uhr überwacht.<br />

Giulia Ferraro, Communication & Stakeholder Affairs Swissgrid<br />

Chronische «Intensivstation»: Im Kontrollraum von Swissgrid wird das schweizerische Stromnetz rund um die Uhr überwacht.<br />

Bild: zvg<br />

30<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus<br />

49,9 Hz<br />

Die Frequenz ist der Puls unseres<br />

Stromnetzes. Beträgt<br />

die Frequenz 50 Hertz, stehen<br />

der Verbrauch und die Produktion<br />

von Strom im Gleichgewicht –<br />

das Stromnetz ist stabil. Um diese Stabilität<br />

sicherzustellen, haben die Übertragungsnetzbetreiber<br />

verschiedene Massnahmen<br />

zur Hand. So sorgen sie dafür,<br />

dass sich die Netzfrequenz stets im Toleranzband<br />

von plus oder minus 0,2 Hertz<br />

befindet. Die Frequenz ist für das Stromnetz,<br />

was der Herzschlag für den Menschen.<br />

Sie hält unser Stromnetz am Leben.<br />

Europas Hertz<br />

Das Schweizer Stromnetz ist ein Teil des<br />

kontinentaleuropäischen Netzes. Das europäische<br />

Stromnetz wird mit Wechselstrom<br />

betrieben. Das heisst, dass der<br />

Strom nicht nur in eine Richtung fliesst,<br />

sondern diese ständig ändert. Dieser<br />

Wechselstrom hat eine Frequenz von<br />

50 Hertz, also 50 Schwingungen pro Sekunde.<br />

Ein Generator erzeugt diese Frequenz,<br />

indem er in einer Geschwindigkeit<br />

dreht, die genau 50 Hertz ergibt. Damit<br />

das stetig so bleiben kann, muss immer<br />

gleich viel Strom ausgespeist werden, wie<br />

ins Stromnetz eingespeist wird. Ist der<br />

Stromverbrauch nämlich grösser als die<br />

Stromerzeugung, beginnen die Generatoren<br />

langsamer zu drehen und die Frequenz<br />

sinkt. In dem Fall brauchen die<br />

Generatoren mehr Energie, um gleich<br />

schnell weiterdrehen zu können. Das ist<br />

vergleichbar mit einem Radfahrer. Fährt<br />

er bergauf, muss er mehr Energie aufwenden,<br />

um die gleiche Geschwindigkeit<br />

zu halten wie auf einer ebenen Strecke.<br />

Dasselbe geschieht im umgekehrten<br />

Fall. Wird mehr Strom produziert als<br />

verbraucht, beginnen die Generatoren<br />

schneller zu drehen – die Frequenz steigt:<br />

Der Radfahrer fährt bergab und muss<br />

bremsen, um die gleiche Geschwindigkeit<br />

zu halten. Die Operateure und Operateurinnen<br />

der Übertragungsnetze in ganz<br />

Europa sorgen ständig dafür, dass die<br />

Frequenz sich immer im Toleranzband<br />

von 49,8 bis 50,2 Hertz befindet.<br />

Ein Herzschrittmacher für den<br />

Notfall<br />

Ein zu niedriger Ruhepuls beim Menschen<br />

bedeutet, dass der Herzschlag verlangsamt<br />

ist. Dabei werden der Körper und das<br />

Gehirn nicht ausreichend mit Blut und<br />

Sauerstoff versorgt. In der Fachsprache<br />

ist das eine Bradykardie. Dieser wird mit<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Erzeuger/Kraftwerke<br />

Verbraucher: Privathaushalte und Industrie<br />

Regelenergie<br />

einem Herzschrittmacher entgegengewirkt.<br />

Der Herzschrittmacher gibt dem<br />

Herzen einen regelmässigen Rhythmus<br />

vor – eine bestimmte Frequenz. Das Stromnetz<br />

muss alle Abnehmer mit Strom versorgen<br />

können. Ist die Frequenz zu tief,<br />

gibt es auch für das Netz eine Behandlung.<br />

Dafür sind Reserven vorgesehen, mit<br />

denen fehlende oder auch überschüssige<br />

Energie kompensiert werden kann. Diese<br />

Reserven der Kraftwerke nennt man<br />

Regel energie. Die Regelenergie setzt sich<br />

im europäischen Verbundnetz aus einem<br />

dreistufigen Prozess zusammen. Innerhalb<br />

der ersten 30 Sekunden reagieren die<br />

Turbinen der Kraftwerke in ganz Europa<br />

automatisch. Je nachdem, ob das Stromnetz<br />

eine Bradykardie oder eine Tachykardie<br />

erlebt, erhöhen oder reduzieren sie<br />

ihre Leistung. Das ist die Primärregelung.<br />

Nach einigen Minuten wird die Sekundärregelung<br />

ausgelöst. Hier sendet Swissgrid<br />

ein automatisches Signal an alle Schweizer<br />

Kraftwerke, die ihre Leistung anpassen<br />

müssen. Ist die Frequenz dann immer<br />

noch zu hoch oder zu tief, löst die Tertiärregelung<br />

nach 15 Minuten die Sekundärregelung<br />

ab. Diese lösen die Operateurinnen<br />

und Operateure bei Swissgrid manuell<br />

aus. Dabei weisen sie einzelne Kraftwerke<br />

im In- und Ausland an, mehr oder weniger<br />

Energie auszuspeisen. Mit der Regelenergie<br />

wird das Gleichgewicht zwischen<br />

Stromverbrauch und Stromproduktion<br />

wiederhergestellt und die Frequenz stabilisiert.<br />

Den Patienten überwachen<br />

Nach einer Operation müssen Patienten<br />

meistens einige Tage zur Überwachung<br />

im Spital bleiben. Das Stromnetz ist demnach<br />

ein ständiger Patient – auch wenn es<br />

keine chronischen Beschwerden hat. Das<br />

Schweizer Stromnetz wird nämlich während<br />

24 Stunden an sieben Tage pro Woche<br />

überwacht. Nur so können die Operateurinnen<br />

und Operateure die Versorgung<br />

der Bevölkerung mit Strom sicherstellen.<br />

Jeweils einen Tag im Voraus müssen alle<br />

Kraftwerke und Stromhändler ihre nationalen<br />

und internationalen Stromhandelsgeschäfte<br />

an die Netzleitstellen schicken.<br />

Swissgrid überprüft diese Geschäfte und<br />

stimmt sie mit den Übertragungsnetzbetreibern<br />

aus dem Ausland ab. Die Mitarbeitenden<br />

von Swissgrid kontrollieren,<br />

ob alle Handelsgeschäfte ausgeglichen<br />

sind. Ist das nicht der Fall, geben die Operateurinnen<br />

und Operateure die Anweisung,<br />

Anpassungen an den Fahrplänen<br />

vorzunehmen. Solche Anpassungen können<br />

auch kurzfristig oder sogar während<br />

des Betriebs angeordnet werden. So werden<br />

Schwankungen vermieden und für<br />

die Ausgeglichenheit im gesamteuropäischen<br />

Verbundnetz ist gesorgt.<br />

Die Spannung bleibt hoch<br />

Die Energiewende bringt die nächste Herausforderung<br />

mit sich. Das Schwierige ist,<br />

dass Strom nur bedingt gespeichert werden<br />

kann. So kann an Tagen, an denen<br />

beispielsweise die Sonne lange scheint<br />

und nur wenig Strom gebraucht wird, ein<br />

Überschuss an Energie entstehen. Hinzu<br />

kommt, dass immer Prognosen erstellt<br />

werden, um den Strombedarf zu sichern.<br />

Die Mitarbeitenden von Übertragungsnetzen<br />

wissen für jede Viertelstunde des<br />

Folgetages, was der Lastfluss machen<br />

wird. Jedoch wird die Stromproduktion<br />

in Zukunft aufgrund der Zunahme von<br />

neuen erneuerbaren Energiequellen wie<br />

Solar- und Windkraft unflexibler und<br />

schwieriger prognostizierbar. Diese Entwicklung<br />

birgt Herausforderungen für die<br />

Übertragungsnetzbetreiber. Denn Sonnen-,<br />

Wasser- und Windenergie sind stark<br />

abhängig von Wetter, Tages- und Jahreszeit.<br />

Somit wissen die Übertragungsnetzbetreiber<br />

nie mit Sicherheit, wie die Umwelteinflüsse<br />

am Folgetag sein werden.<br />

Für die Zukunft braucht es Technologien,<br />

die es ermöglichen, den Strom zu speichern.<br />

Ansonsten wird es schwierig, die<br />

Frequenz stabil zu halten.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 31


Fokus<br />

Zum Empfangen der Echos besitzen Fledermäuse<br />

hochentwickelte Ohren und grosse Ohrmuscheln.<br />

Bei Langohrfledermäusen sind diese fast so lang wie<br />

der Rest ihres Körpers. (Bild: Graues Langohr)<br />

Rufe in der<br />

Dunkelheit<br />

Sie flattern scheinbar lautlos durch die Nacht. Doch Fledermäuse sind<br />

wahre Schreihälse. Durch ihre Rufe bzw. deren Echo können sie bei<br />

völliger Dunkelheit ihre Umwelt sehr genau wahrnehmen. Was sie mit<br />

den Ohren «sehen», ist dem Sehvermögen vieler Tiere ebenbürtig.<br />

Dr. Katja Schönbächler, Tierärztin, Stiftung Fledermausschutz<br />

Fledermäuse faszinieren! Unzählige<br />

Geschichten ranken sich<br />

um die huschenden Schatten<br />

der Nacht. Kaum ein Wildtier<br />

lebt so nahe bei uns Menschen, und doch<br />

ist meist wenig bekannt über «die Fledermaus».<br />

So sind Fledermäuse entgegen<br />

ihrem Namen keine Mäuse und folglich<br />

keine Nagetiere, sondern bilden eine eigene<br />

Ordnung innerhalb der Säugetiere.<br />

Fledertiere sind auch die einzigen Säugetiere,<br />

die aktiv fliegen können. Sie sind<br />

hauptsächlich in der Dämmerung und<br />

Nacht unterwegs. Dabei rufen Fledermäuse<br />

in einem für uns nicht hörbaren<br />

Bereich und orientieren sich anhand der<br />

Echos, welche aus ihrer Umgebung zurückgeworfen<br />

werden. So scheinen sie<br />

still, heimlich und unbemerkt durch die<br />

Dunkelheit zu jagen. Lautlos sind Fledermäuse<br />

allerdings nur für uns: Tatsächlich<br />

sind sie äusserst stimmgewaltige Tiere,<br />

die mit ihren Rufen in Frequenzbereichen<br />

ausserhalb des menschlichen Hörspektrums<br />

Schalldrucke vergleichbar mit<br />

denen eines Düsenflugzeugs erzeugen<br />

können!<br />

Bilder: www.fledermausschutz.ch<br />

32<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus<br />

Fledermäuse orientieren sich in der Dunkelheit mithilfe<br />

der Echoortung. Die Rufe werden bei fast allen Arten über<br />

das Maul ausgestossen, weshalb es während des Fluges<br />

meist geöffnet ist. (Bild: Grosser Abendsegler im Flug)<br />

Echoorientierung – ein Vorteil<br />

in der Evolution?<br />

Als Echoorientierung bezeichnet man die<br />

Fähigkeit, sich anhand der Echos von Rufen<br />

im Raum zu orientieren. Diese werden<br />

durch das Fledermausohr aufgenommen<br />

und anschliessend setzt das Hirn die<br />

Echoinformation zu einem «Hörbild» zusammen.<br />

Mittels Echoorientierung können<br />

sich alle einheimischen Arten bei<br />

Dunkelheit im Raum orientieren. Viele<br />

Arten nutzen sie auch zum Beutefang.<br />

Somit greift der Begriff «Echoorientierung»<br />

zu kurz, denn Fledermäuse können<br />

auch Grösse, Formen, Oberflächenbeschaffenheit<br />

von Objekten und sogar<br />

feinste Strukturen von der Dicke eines<br />

Haares akustisch erkennen und unterscheiden.<br />

Treffender ist deshalb der Begriff<br />

«Echoabbildung». Die Echoorientierung<br />

der Fledermäuse dürfte dem Sehvermögen<br />

vieler Tierarten ebenbürtig sein.<br />

Dank dieser besonderen Fähigkeit<br />

konnten sich Fledermäuse den Luftraum<br />

in absoluter Dunkelheit, unabhängig vom<br />

Sonnenlicht, erschliessen. Die Echoorientierung<br />

in Kombination mit dem eindrücklichen<br />

Flugvermögen dürfte die Entstehung<br />

von Arten innerhalb der Ordnung<br />

der Fledertiere massgeblich begünstigt<br />

haben. So entstand eine unglaubliche Artenvielfalt<br />

von heute weltweit rund 1500<br />

bekannten Fledertierarten.<br />

Ruferzeugung im Rhythmus des<br />

Flügelschlages<br />

Fledermäuse erzeugen ihre Rufe genau wie<br />

wir Menschen über den Kehlkopf. Bei geschlossener<br />

Stimmritze staut sich die Luft<br />

beim Ausatmen unter dem Kehlkopf. Wird<br />

die Stimmritze durch die Stimmbänder geöffnet,<br />

dringt die Luft mit grossem Druck<br />

durch den Kehlkopf und wird dabei in<br />

Schwingung versetzt. So werden je nach<br />

Öffnung der Stimmritze höhere oder tiefere<br />

Schallwellen ausgestossen. Die Laute<br />

werden in einem Bereich von etwa 20 bis<br />

zu 140 Kilohertz erzeugt. Diese Rufe verlassen<br />

bei den meisten Fledermausarten<br />

den Körper über die Maulöffnung, was<br />

das geöffnete Maul während des Fluges erklärt.<br />

Die seltenen Hufeisennasenfledermäuse<br />

– von denen zwei Arten in der<br />

Schweiz vorkommen – stossen die Schallwellen<br />

jedoch über die Nase aus. Bei diesen<br />

beiden Arten wird der Ruf durch den speziellen<br />

Nasenaufsatz in einem engen Schalltrichter<br />

fokussiert und die Schall energie<br />

gebündelt. Sie können sich auch bei geschlossenem<br />

Maul im Flug orientieren.<br />

Fledermäuse rufen im Rhythmus des<br />

Flügelschlags und sparen damit vermutlich<br />

die Energie, die für die Ruferzeugung<br />

bzw. das Komprimieren des Brustkorbes<br />

aufgewendet werden müsste. Je nach Fledermausart<br />

und erforderlicher Situation<br />

werden pro Flügelschlag ein bis zwei Ortungsrufe<br />

ausgestossen. So rufen sie im<br />

Flug entsprechend ihrer Flügelschlagfrequenz<br />

7 bis 20 Mal pro Sekunde! Kurz vor<br />

dem Erbeuten eines angepeilten Insektes<br />

erhöht sich die Anzahl Rufe nochmals<br />

stark, was man als sogenannten «Feeding<br />

Buzz» bezeichnet. Zum Empfangen des<br />

Echos besitzen Fledermäuse ein hochentwickeltes<br />

Ohr und grosse Ohrmuscheln,<br />

die bei Langohrfledermäusen fast so lange<br />

wie der restliche Körper sein können.<br />

Fledermäuse, die Gesangskünstlerinnen<br />

Fledermäuse rufen aber nicht nur, um sich<br />

im Raum zu orientieren und Beute zu fangen,<br />

sondern auch für die inner- und zwischenartliche<br />

Kommunikation. Es lassen<br />

sich neben den Echoortungsrufen noch<br />

zwei weitere Ruftypen unterscheiden: Sozialrufe<br />

und Stressrufe. Sozialrufe befinden<br />

sich oft im für uns hörbaren Bereich.<br />

Wir Menschen können sie als hohes Zwit-<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 33


Fokus<br />

Hufeisennasenfledermäuse stossen ihre Ultraschallrufe über die Nase aus. Die auffälligen<br />

Hautfortsätze auf der Nase bündeln und richten dabei den Ruf, ähnlich wie ein Megafon.<br />

(Bild: Grosse Hufeisennase hängend)<br />

zen. Nachweise von Fledermausarten mithilfe<br />

von akustischen Aufnahmen, der sogenannten<br />

Bioakustik, spielen deshalb eine<br />

zunehmend wichtige Rolle.<br />

Anhand von Ultraschallgeräten können<br />

Ortungsrufe hörbar gemacht werden<br />

und ermöglichen es, Fledermäuse im Feld<br />

akustisch zu erfassen, ohne sie fangen zu<br />

müssen. So kann Stress für die Tiere vermieden<br />

werden. Eine Datenerhebung ist<br />

mit heute kommerziell erwerbbaren Hightech-Aufnahmegeräten<br />

auch durch Laien<br />

möglich. Die Artzuordnung aufgenommener<br />

Fledermausrufe erfordert hingegen<br />

viel Know-how und Erfahrung und sollte<br />

deshalb immer von Fledermausfachleuten<br />

durchgeführt werden.<br />

Für fledermausbegeisterte Personen,<br />

die diese Tiere einfach gerne hören möchten,<br />

gibt es aber leicht bedienbare Detektoren,<br />

welche die Ultraschallrufe automatisch<br />

in den hörbaren Bereich transformieren.<br />

So steht dem Aufspüren der heimlichen<br />

Königinnen der Nacht auf einem<br />

Abendspaziergang nichts mehr im Wege!<br />

schern wahrnehmen. Einige Fledermausarten,<br />

so zum Beispiel der Grosse Abendsegler,<br />

nutzen ihre Stimme auch für die<br />

Balz. So sitzen die Männchen der Grossen<br />

Abendsegler zur Paarungszeit im Herbst<br />

in ihren Baumhöhlen und locken mit auch<br />

für Menschen hörbaren Balzrufen die<br />

Weibchen an. Die Bedeutung von Stressrufen<br />

ist noch nicht restlos geklärt.<br />

Bioakustik – Forschung und Artenschutz<br />

mit Fledermausrufen<br />

Fledermäuse sind bundesrechtlich geschützt.<br />

Viele einheimische Fledermausarten<br />

sind zudem bedroht und benötigen<br />

hinsichtlich Artenschutz, bei Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />

oder Eingriffsplanungen<br />

spezielle Aufmerksamkeit – denn<br />

nur was man kennt, kann man auch schüt-<br />

Stiftung<br />

Fledermausschutz<br />

In der Schweiz gibt es 30 verschiedene<br />

Fledermausarten, die einen Drittel<br />

aller wildlebenden, einheimischen<br />

Säugetierarten ausmachen. Die Stiftung<br />

Fledermausschutz setzt sich<br />

mit nachhaltiger Sympathiewerbung,<br />

Information und Wissensvermittlung<br />

dafür ein, dass die Bevölkerung für<br />

die Anliegen unserer einheimischen<br />

Fledermäuse sensibilisiert wird.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.fledermausschutz.ch.<br />

Bild: www.fledermausschutz.ch<br />

34<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus<br />

Bild: Adobe Stock<br />

Eingang zu einer Fledermaushöhle<br />

in der fränkischen Schweiz.


Fokus<br />

Den richtigen<br />

Ton treffen<br />

Jede Geige ist ein Unikat. Auch wenn ihr Vorbild vor rund 300 Jahren<br />

von Meistern wie Stradivari oder Amati geschaffen wurde.<br />

An der Geigenbauschule in Brienz werden Geigen und andere Streichinstrumente<br />

in aufwendiger Handarbeit hergestellt oder restauriert.<br />

Ziel ist es, den klassischen Klang zu erzeugen.<br />

Catherine Aeschbacher, Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>. Bilder: Severin Nowacki.<br />

Wer hier lernt, eine Geige oder ein Cello zu bauen, hat ein hartes Auswahlverfahren hinter sich. Entscheidend sind nicht nur handwerkliche Fähigkeiten,<br />

sondern auch das musikalische Können.<br />

36<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus<br />

Irgendwo auf einer Höhe zwischen<br />

1000 und 1500 Metern steht sie, die<br />

perfekte Fichte. Gross und alt muss<br />

sie sein und möglichst makellos,<br />

langsam gewachsen inmitten anderer<br />

Bäume, so dass sie im unteren Bereich<br />

keine Äste aufweist. Dieser perfekte Baum<br />

bildet den Ausgangspunkt für eine perfekte<br />

Geige. Entsprechend wichtig ist für<br />

Olivier Krieger, Leiter der Geigenbauschule<br />

Brienz, die Suche nach dem richtigen<br />

Klangholz. Gemeinsam mit dem Revierförster<br />

wählt er geeignete Bäume aus.<br />

«In einem grossen Bergwald kommen<br />

meist nur wenige Bäume in Frage», sagt<br />

Krieger.<br />

Fichtenholz eignet sich deshalb für<br />

den Bau der Geigendecke, weil es in der<br />

Längsrichtung eine sehr hohe Stabilität<br />

aufweist, in der Querrichtung hingegen<br />

sehr flexibel ist. Somit kann es gleichzeitig<br />

dem Druck der aufgezogenen Saiten<br />

standhalten und die Schwingungsübertragung<br />

aufnehmen.<br />

Boden und Ränder, Zargen genannt,<br />

werden dagegen aus Bergahorn hergestellt.<br />

Ebenso der Hals und die Schnecke.<br />

Bergahorn ist dichter und verleiht dem Instrument<br />

zusätzlich Stabilität.<br />

Die meisten Streichinstrumente werden<br />

aus diesen beiden Hölzern gebaut.<br />

Nur gelegentlich wird für die Decke auch<br />

Weisstanne und für den restlichen Korpus<br />

Hölzer wie Weide, Pappel oder Buche verwendet.<br />

Andere Hölzer würden den Klang<br />

des Instrumentes zu sehr verändern.<br />

Bevor man mit der Arbeit beginnen<br />

kann, muss das Holz ungefähr fünf bis<br />

zehn Jahre ruhen. Geigenbau braucht Geduld.<br />

Das zeigt sich in allen Bereichen der<br />

Geigenbauschule Brienz. Ruhig und hochkonzentriert<br />

sägen, hobeln und schnitzen<br />

die Schülerinnen und Schüler an Decken,<br />

Böden und anderen Bestandteilen der<br />

künftigen Instrumente. Bedenkt man,<br />

dass eine Decke nur gerade zwei bis drei<br />

Millimeter Stärke aufweist und gewölbt<br />

sein muss, wird klar, welche Vorsicht vonnöten<br />

ist. Im ersten Lehrjahr bauen Schülerinnen<br />

und Schüler zwei Instrumente.<br />

Erfahrene Fachleute können eine Geige in<br />

wenigen Wochen herstellen.<br />

Winzige Details bestimmen den guten Klang. Entsprechend ist Fingerspitzengefühl gefragt.<br />

Der klassische Geigenklang<br />

Die frühesten Geigen sind im 16. Jahrhundert<br />

nördlich und südlich der Alpen entstanden<br />

und wurden ursprünglich auf unterschiedliche<br />

Art gebaut. Zu einem der<br />

wichtigsten Zentren des Geigenbaus wurde<br />

die norditalienische Stadt Cremona, wo<br />

die Familien Amati, Stradivari und Guarneri<br />

über Generationen den Geigenbau<br />

perfektionierten. Ihre Instrumente bilden<br />

zusammen mit einigen anderen bis heute<br />

die Vorlagen für den Geigenbau. Von einer<br />

Urform zu sprechen, wäre jedoch falsch.<br />

Jedes Instrument ist ein Unikat, so unterscheiden<br />

sich Geigen aus dem Atelier der<br />

Familie Stradivari, was die Länge angeht,<br />

teilweise um bis zu fünf Millimeter.<br />

Entscheidend aber ist der Klang. Und<br />

dieser entsteht aus einer Vielzahl von Faktoren:<br />

Material, Modell, Wölbung, Grösse<br />

und Schnitt der F-Löcher, Ausarbeitungsstärke,<br />

Lackierung und so weiter. Nach<br />

dem eigentlichen Bau folgt die Feinjustierung,<br />

welche den Klang noch einmal völlig<br />

verändern kann. Bisweilen entscheiden<br />

winzige Änderungen, ob ein Instrument<br />

einen weichen, vollen Klang hat oder eher<br />

dumpf tönt. Und schliesslich kommt der<br />

Bogen hinzu, der den Klang nochmals entscheidend<br />

prägt. Bogenmacher ist dementsprechend<br />

ein eigener Beruf. In Brienz<br />

lernen die Schülerinnen und Schüler auch<br />

das Reparieren und Behaaren der Bögen<br />

mit dem traditionellen Rosshaar.<br />

Wie aber entsteht der Geigenklang?<br />

Weshalb tönt ein A auf einer Geige anders<br />

als auf einer Klarinette? Die Antwort liegt<br />

im Obertonspektrum der Frequenzen. Bei<br />

jedem Ton hört man neben der Grundfrequenz<br />

auch das Spektrum der Obertöne,<br />

die bei jedem Instrument variieren. «Je<br />

nachdem, welche Obertöne man wie stark<br />

hört, ergibt sich eine völlig andere Klangmischung.<br />

Diese Mischung macht den Unterschied<br />

zwischen einer Klarinette und<br />

einer Geige aus, aber auch den Unterschied<br />

zwischen zwei Geigen», führt Olivier<br />

Krieger aus. «Wenn der hohe Obertonbereich<br />

zwischen 2000 und 4000 Hertz<br />

ausgeprägt ist, wird der Klang einer Geige<br />

als angenehm wahrgenommen», fügt er<br />

an.<br />

Nebst der Kunstfertigkeit bei der Herstellung<br />

entscheidet auch die Fertigkeit<br />

beim Spielen über die Qualität einer Geige.<br />

«Ich bin überzeugt, dass eine Geige<br />

sich klanglich entwickelt, wenn sie gut gespielt<br />

wird», sagt Olivier Krieger. «Die bekannten<br />

Geigen aus Cremona, die teilweise<br />

bereits 400 Jahre alt sind, wurden in<br />

der Regel von herausragenden Musikern<br />

gespielt. Und auch immer gut gepflegt. All<br />

diese Instrumente wurden zwar mehrfach<br />

repariert, aber meist eben von hervorragenden<br />

Fachleuten. Der gute Umgang mit<br />

diesen Instrumenten macht einen Teil ihres<br />

wunderbaren Klangs aus», erklärt er.<br />

Bauen und spielen<br />

Auch die richtige Pflege des Instruments<br />

ist ausschlaggebend für dessen Leben. In<br />

Brienz werden folglich nicht nur Geigen<br />

gebaut, ebenso wichtig sind Reparatur<br />

und Restaurierung. Aufgereiht in Schachteln<br />

liegen Geigen, teilweise bereits auseinandergenommen,<br />

um wieder zum Leben<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 37


Fokus<br />

Geigenbauschule<br />

Brienz<br />

Brienz, traditionell ein Zentrum<br />

der Holzschnitzkunst, beherbergt seit<br />

1944 auch die einzige Geigenbauschule<br />

der Schweiz. Seit 1998 wird die<br />

Schule von einer Stiftung getragen.<br />

Die Schule bietet eine vierjährige<br />

Lehre sowie Weiterbildungen an.<br />

Führungen durch die Schule und das<br />

höchst sehenswerte Museum sind<br />

auf Voranmeldung möglich.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.geigenbauschule.ch.<br />

Im schuleigenen Holzlager ruht der begehrte Rohstoff für die Geigen von morgen.<br />

erweckt zu werden. Wie minutiös dabei<br />

vorgegangen wird, zeigt sich an den Instrumenten.<br />

Mikroskope werden eingesetzt,<br />

um Schäden zu beheben.<br />

Reparaturen bilden einen wichtigen<br />

Teil der Arbeiten in Schweizer Geigenbauateliers.<br />

Nur wenige Geigenbauer leben<br />

ausschliesslich vom Neubau der Instrumente.<br />

Preiswertere Schülerinstrumente<br />

werden oftmals in China oder Osteuropa<br />

produziert. Für Berufsmusiker sind qualitativ<br />

hochwertige, neu gebaute Instrumente<br />

eine gefragte Alternative zu alten,<br />

teilweise unbezahlbaren italienischen<br />

Geigen.<br />

Wer den Beruf an der Geigenbauschule<br />

Brienz erlernen möchte, muss sich einem<br />

Auswahlverfahren unterziehen. Geprüft<br />

werden handwerkliche und gestalterische<br />

Fähigkeiten sowie Musikalität. Es versteht<br />

sich von selbst, dass ein Geigenbauer auch<br />

gewisse Kenntnisse im Geigenspiel haben<br />

sollte. Nur so kann er klangliche Kriterien<br />

beurteilen. Jährlich werden drei Lernende<br />

angenommen, wobei die Zahl der Bewerber<br />

die der Lehrplätze deutlich übersteigt. Die<br />

Absolventinnen und Absolventen können<br />

sich jedoch sicher sein, dass sie künftig ihr<br />

Leben mit dem Treffen des richtigen Geigenklangs<br />

bestreiten können.<br />

38<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


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<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 39


Fokus<br />

Die Umgebung mit den Ohren wahrnehmen: Juan Ruiz mit einer Teilnehmerin bei einer Klicksonar-Schulung.<br />

Mit dem Teller demonstriert er, wie sich das Klicken je nach Entfernung verändert.<br />

Die Umgebung<br />

mit den Ohren<br />

sehen<br />

Menschen mit Blindheit können mit dem Echo von Klicklauten,<br />

die mit der Zunge erzeugt werden, ihre Umgebung erschliessen.<br />

Setzen sie die sogenannte Klicksonar-Methode zusätzlich zum weissen<br />

Langstock ein, verbessert sich ihr Orientierungsvermögen. Für die<br />

Vermittlung der Methode engagieren sich insbesondere Daniel Kish,<br />

Pionier der menschlichen Echoortung, sowie Juan Ruiz,<br />

sein ehemaliger Schüler.<br />

Kathrin Schellenberg, Verantwortliche PR /Kommunikation Deutschschweiz, SZBLIND<br />

Bild: zvg<br />

40<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus<br />

Die Echoortung ist ein Naturphänomen:<br />

Tiere wie Fledermäuse,<br />

Zahnwale und Spitzmäuse<br />

senden Schallwellen<br />

aus, die an einem Objekt abprallen und<br />

ein Echo zurückwerfen. Die Informationen<br />

über die Entfernung und Grösse des<br />

Objekts nutzen sie, um sich zu orientieren<br />

und in einer Umgebung mit wenig oder<br />

gar keinem Licht Nahrung aufzuspüren.<br />

Viele dieser Tiere sind nachtaktiv, leben<br />

im Meer oder im Boden. Was im Tierreich<br />

funktioniert, kann sich auch der Mensch<br />

zunutze machen: Da alles rund um uns<br />

herum eine akustische Unterschrift trägt,<br />

können Menschen mit Blindheit dank<br />

der Klicksonar-Methode über ihr Gehör<br />

eine 360-Grad-Sicht der Umgebung erschliessen.<br />

Dabei wird mit der Zunge ein<br />

anhaltender Klicklaut erzeugt, der jeweils<br />

als Echo reflektiert wird. Aus den blitzartig<br />

festgehaltenen Bildern generiert das<br />

Gehirn eine Art geistige Landkarte. Man<br />

kann sich diese Erscheinung anhand eines<br />

Tennisballs vorstellen, den man auf<br />

den Boden springen lässt oder an eine<br />

Wand oder Tür wirft: Je nach Fläche und<br />

Beschaffenheit kommt ein anderer Hall<br />

zurück, und somit werden verschiedene<br />

Informationen empfangen. Bei Testpersonen<br />

durchgeführte Magnetresonanztomographien<br />

zeigten Erstaunliches über<br />

diese Informationen: Das Gehirn der<br />

Testpersonen trennte vorgespielte Geräusche<br />

in zwei Kategorien. Das, was auch sehende<br />

Personen bewusst hören, kam in<br />

den auditiven Cortex und die davon abgetrennten<br />

Echos direkt in den visuellen<br />

Cortex. Blinde Menschen können mit entsprechendem<br />

Training also sozusagen<br />

mit den Ohren.<br />

Bilder: Adobe Stock<br />

Klicksonar als Gewinn für die<br />

Orientierung<br />

Fast jeder Mensch mit Blindheit nutzt passive<br />

Echoortung, etwa beim Pendeln mit<br />

dem weissen Langstock. Jedoch strahlt<br />

das dabei erzeugte Echo in alle Richtungen<br />

ab. Das Klicken hingegen entsteht<br />

dort, wo sich die Ohren und das weiterverarbeitende<br />

Organ, nämlich das Gehirn,<br />

befinden. Dieses feste Verhältnis zwischen<br />

der Schallquelle und dem Empfänger<br />

ist entscheidend für die Akzeptanz<br />

der Echoinformation und für die Bilderzeugung<br />

im Gehirn.<br />

Ein guter Klick ist kurz und scharf.<br />

Lächelt man beim Klicken, ist das Geräusch<br />

intensiver. Auf die Lautstärke<br />

kommt es nicht an. Leise, präzise Klicks<br />

reichen aus, um Gegenstände in grosser<br />

Entfernung anzugeben. Die Technik ist<br />

also ein unglaublicher Gewinn für die<br />

Orientierung und Mobilität sowie für das<br />

Lebensgefühl von Menschen mit Blindheit.<br />

Sie ersetzt den weissen Stock aber<br />

nicht, vielmehr ist sie als Ergänzung zu<br />

betrachten. In gewissen Situationen wie<br />

bei abfallenden Kanten, sehr kleinen oder<br />

schmalen Gegenständen ist der weisse<br />

Stock unerlässlich, da diese Elemente<br />

kaum Echoresonanz erzeugen. Der weisse<br />

Stock dient beispielsweise auch zur Orientierung<br />

am Trottoir und zum Einsatz in<br />

einer Unterführung, um mit dem Klang<br />

die Distanz zur Wand abzuschätzen.<br />

Lehrer mit Blindheit als Vorbild<br />

Klicksonar wird weltweit vor allem mit<br />

zwei Namen verbunden: Daniel Kish und<br />

Juan Ruiz aus den USA. Daniel Kish, einjährig<br />

aufgrund eines kongenitalen bilateralen<br />

Retinoblastoms erblindet, realisierte<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 41


Fokus<br />

mit der Entdeckerfreude eines Kleinkindes,<br />

dass er sich anhand von Klicklauten<br />

orientieren kann. Später analysierte er<br />

die Technik systematisch und machte sie<br />

populär. Er lehrte sie dem von Geburt an<br />

blinden Juan Ruiz, der sein erster Schüler<br />

war. Das Klicken praktizieren die beiden<br />

so selbstverständlich und routiniert, dass<br />

sie beim Laufen durch eine Strasse rein<br />

durch das Echo erkennen, wo sich Hauseingänge<br />

befinden, Zäune enden oder wohin<br />

sich Menschen auf ihrem Weg bewegen.<br />

Die Echoortung ermöglicht ihnen<br />

sogar das Fahrradfahren. Ihre YouTube-<br />

Filme und die Berichterstattung der Medien<br />

haben zu einem grossen Interesse an<br />

Klicksonar geführt und dazu beigetragen,<br />

die Akzeptanz für die Technik zu erhöhen.<br />

Heute wird sie weltweit als Weiterbildung<br />

angeboten.<br />

Fortlaufende Schulung<br />

Dass es blinde Menschen gibt, die Klicksonar<br />

lehren und Lernende unterstützen,<br />

ist von hoher Bedeutung für den Erfolg der<br />

Vermittlung der Technik. Sie können für<br />

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Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit<br />

Blindheit und auch für die sehenden Eltern<br />

Welten öffnen, wie es sehenden Fachkräften<br />

wohl nie gelingen wird. Juan Ruiz<br />

selbst sagt, eine sehende Person hätte nie<br />

so viel Vertrauen in das Klicken bei ihm<br />

aufbauen können, wie es sein blinder Lehrer<br />

Daniel Kish konnte. Die Anwendung<br />

von Klicksonar nachhaltig zu vermitteln,<br />

erfordert deshalb Schulungsformate, die<br />

Lehrende mit Blindheit miteinbeziehen.<br />

In mehrtägigen Intensivkursen mit blinden<br />

und sehenden Lehrern waren bedeutsame<br />

Entwicklungen bei Lernenden erkennbar.<br />

Diese Erfolge konnten nur durch<br />

ideale Bedingungen erreicht werden, wie<br />

Arbeiten in hindernisfreien Turnhallen<br />

mit frei zugänglichen Wänden und Ecken<br />

und eine spielerische, die freie Bewegung<br />

unterstützende Lernsituation. Die Festigung<br />

im Alltag erfolgte danach idealerweise<br />

durch eine fortlaufende Orientierungs-<br />

und Mobilitätsschulung (O&M), in<br />

der das Klicken – in Kombination mit dem<br />

Langstock – gezielt für die Orientierung<br />

eingesetzt wurde.<br />

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Um solche Angebote zu schaffen,<br />

müssen nicht nur Menschen mit Blindheit<br />

gewonnen werden, die Klicksonar beherrschen<br />

und weitergeben wollen, es braucht<br />

auch O&M-Fachpersonen, die gezielt für<br />

diesen Bereich geschult werden.<br />

Mit einiger Übung lernt das Gehirn,<br />

aus den zurückfallenden Echos eine dreidimensionale<br />

Karte der Umgebung zu<br />

erstellen. Manche Kinder mit Blindheit<br />

lernen intuitiv, sich Geräusche zunutze zu<br />

machen – wie Daniel Kish damals. Darum<br />

ist es auch ratsam, schon früh ein Echolokalisationstraining<br />

zu starten. Dieses<br />

kann spielerisch mit dem Langstocktraining<br />

kombiniert werden. Für blinde Kinder<br />

bietet Klicksonar grosse Chancen, da<br />

sie so schon von Anfang an lernen, sich<br />

einen Raum akustisch zu erschliessen.<br />

Und auch für Erwachsene kann Klicksonar<br />

einen bedeutenden Mehrwert darstellen<br />

und ihnen den Alltag erleichtern.<br />

SZBLIND – an der Seite<br />

blinder und taubblinder<br />

Menschen<br />

Der Schweizerische Zentralverein für<br />

das Blindenwesen SZBLIND setzt sich<br />

jeden Tag dafür ein, dass Menschen<br />

mit Taubblindheit, Hörsehbehinderung,<br />

Blindheit und Sehbehinderung<br />

in der Schweiz ihr Leben selbstbestimmt<br />

und in eigener Verantwortung<br />

führen können. Er ist die Dachorganisation<br />

im Schweizerischen Blinden-,<br />

Sehbehinderten- und Hörsehbehindertenwesen.<br />

Er berät und begleitet<br />

taubblinde und hörsehbehinderte<br />

Menschen sowie ihre Angehörigen<br />

und bildet Freiwillige zu Begleitpersonen<br />

aus. Er entwickelt und vertreibt<br />

spezielle Hilfsmittel, die Betroffenen<br />

den Alltag erleichtern.<br />

Der SZBLIND informiert die Öffentlichkeit<br />

über Wissenswertes aus dem<br />

Blinden- und Hörsehbehindertenwesen,<br />

initiiert und koordiniert Forschungsprojekte<br />

und stellt die Ausund<br />

Weiterbildung von Fachleuten in<br />

der Schweiz sicher. Durch seine Arbeit<br />

an der Seite betroffener Menschen<br />

verbessert sich deren Lebensqualität.<br />

Sie sind dank individuell angepassten<br />

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Fokus<br />

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<strong>vsao</strong> 44/asmac <strong>Journal</strong> 1/23 1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 44


Fokus<br />

Am siebten Tag<br />

sollst du ruhen<br />

Religionen strukturieren den Tagesablauf, definieren die Woche<br />

und trennen zwischen Alltag und Festtag. Dank diesen regelmässig<br />

wiederkehrenden Frequenzen erlauben sie den Menschen<br />

nicht nur Ruhetage, sondern schaffen auch Zeiträume der besonderen<br />

Begegnung und der Besinnung.<br />

Dr. Florian Lippke, Oberassistent am Lehrstuhl für Exegese des Alten Testaments<br />

und altorientalische Religionsgeschichte, Universität Freiburg i. Ue.<br />

Überliefert seit rund 3000 Jahren, prägend bis heute: Die Thora und die daraus abgeleiteten Texte strukturieren das Leben<br />

der Menschen, erlauben aber auch der Natur, sich zu erholen.<br />

Bilder: Adobe Stock<br />

Geht man davon aus, dass mit<br />

dem Begriff Frequenz die<br />

«Häufigkeit sich wiederholender<br />

periodischer Vorgänge»<br />

beschrieben wird, so hat die Welt der<br />

Religions- und Kulturwissenschaften einige<br />

ganz bemerkenswerte Beobachtungen<br />

beizusteuern. Bei zahlreichen (vielleicht<br />

gar bei allen?) Religionen spielen<br />

drei wichtige Konzepte eine Rolle: Erstens<br />

das lineare Zeitverständnis, zweitens<br />

die zyklische Wiederkehr von Ereignissen/Erinnerungen<br />

und drittens die<br />

Rhythmisierung von Raum und Zeit. Diese<br />

drei Konzepte lassen sich sowohl in<br />

den antiken Kulturen (Ägypten, Mesopotamien,<br />

Alt-Israel/Frühjudentum) beobachten<br />

wie auch bei den heute noch gelebten<br />

Reli gionen in Orient und Okzident,<br />

im indus triellen Norden und im<br />

globalen Süden.<br />

Religionen verfügen über eine Wahrnehmung<br />

der Zeit: So sind die Zeitstufen<br />

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 45


Fokus<br />

unterscheidbar – etliche Kulturen kennen<br />

aber auch eine Zweiteilung in Abgeschlossenes<br />

und Nichtabgeschlossenes als zentrale<br />

Kategorien. Sie schlagen sich natürlich<br />

dann entsprechend in der Sprache der<br />

heiligen Texte nieder. Die alten Texte sind<br />

voll von Aussagen, die sich genau über<br />

das Verhältnis des Einzelnen oder einer<br />

Gruppe zu unterschiedlichsten Zeitphänomenen<br />

Gedanken machen.<br />

Auch ist klar: Zeit kann linear sein –<br />

von einer Schöpfung, allgemeiner «dem<br />

Weltbeginn» bis hin zum «Ende aller Tage»<br />

(Weltenende, Armageddon) zieht sich<br />

ein zeitlicher Fluss. Dieser wird aber im<br />

Rahmen der religiösen Vorstellungen<br />

rhythmisiert und auch durch eine zyklische<br />

Komponente bereichert: Schon die<br />

Feststellung, dass es überhaupt so etwas<br />

wie Stunden, Tage, Wochen und Jahre mit<br />

festen/festlichen Zeiten gibt, dokumentiert<br />

diese Rhythmisierung.<br />

Feste als Ausbruch aus dem Alltag<br />

Der Ausbruch aus dem linearen Zeitstrom<br />

(von der Wiege bis zur Bahre) ist entscheidend<br />

durch die Feste geprägt. Dies gilt für<br />

eher säkulare, nicht religiöse Zusammenhänge<br />

(Geburtstage, «runde» Feste, Jubiläen,<br />

welche alle wiederkehren und das<br />

Leben rhythmisieren), und umso stärker<br />

für religiöse Feste. Selbst im 21. Jahrhundert<br />

ist dies noch spürbar. Festen wird immer<br />

noch ein besonderer Status zuerkannt,<br />

so dass sie beispielsweise als arbeitsfrei<br />

definiert sind. Und genau diese<br />

Funktion erfüllen die zyklischen Feste in<br />

Bezug auf den Alltag: Sie erlauben es dem<br />

Individuum und der Gemeinschaft, aus<br />

dem linearen Alltagsfluss auszusteigen<br />

und in eine andere Welt zu treten. Die Welt<br />

des Feiertags oder die Welt des freien Tags<br />

ermöglicht, einen Schritt zurückzutreten<br />

und alles aus einer anderen Perspektive zu<br />

betrachten. Die meisten Religionen erkennen<br />

diesem nicht arbeitenden Betrachten<br />

einen sehr grossen Wert zu. Es ist möglich,<br />

zu fragen, ob mit der voranschreitenden<br />

Religionsferne in westlichen Gesellschaften<br />

vielleicht auch ein geschrumpftes Gespür<br />

für diesen Wechsel von Alltag und<br />

Feiertag einhergeht. So könnte es sich<br />

letztlich auch um eine abnehmende Sensibilität<br />

für das zyklisch Wiederkehrende<br />

handeln, die eben auch soziologisch beobachtet<br />

werden kann.<br />

In jedem Fall sind aber die Unterbrechungen<br />

– und das in einer gewissen Frequenz<br />

– notwendig und heilsam. Diese<br />

Einsicht ist für alle Ebenen der Zeit belegbar:<br />

Es beginnt schon beim Wechsel von<br />

Wachen und Schlafen. Nur eine gute Frequenz<br />

von Aktivität und Ruhepausen im<br />

Lauf von 24 Stunden sichert langfristig<br />

eine austarierte Gesundheit. Ebenso kann<br />

die Tagesstruktur insgesamt, die in der<br />

Vergangenheit häufig durch Gebete rhythmisiert<br />

wurde, ins Feld geführt werden.<br />

Fromme Muslime beten fünfmal am Tag,<br />

um den Tagesablauf zu rhythmisieren und<br />

immer wieder einen Schritt aus dem<br />

Hamsterrad des Alltags zu machen. Judentum<br />

und Christentum kennen die siebenmalige<br />

Unterbrechung des Tagesgeschehens<br />

durch Gebete (Quelle: Psalm<br />

119). Dies alles sind im Grund genommen<br />

Frequenzphänomene.<br />

Aber auch auf weiteren Ebenen läuft<br />

die Rhythmisierung weiter: Unsere Woche<br />

mit ihren sieben Tagen ist fest mit babylonischen<br />

(und später griechisch-römischen)<br />

Götternamen verbunden – diese<br />

wechseln sich innerhalb von sieben Tagen<br />

einmal ab. Der siebte Tag hat seit den Babyloniern<br />

besondere Relevanz. Als Schabbat<br />

ist er im Judentum bekannt und als<br />

Sonntag im Christentum. Die lineare Abfolge<br />

der Tage wird durch einen Ruhetag<br />

rhythmisiert, eine gewisse Frequenz wird<br />

etabliert. Auf der Ebene der Monate (die<br />

antiken Kulturen hatten häufig einen<br />

Mondkalender zur Grundlage) spielen die<br />

Mondzyklen mit Neumond, Halbmond<br />

und Vollmond eine entscheidende Rolle.<br />

Hier wird permanent rhythmisiert und<br />

wiederholend-periodisch frequenziert.<br />

Ruhe für den Boden, Freiheit für die<br />

Menschen<br />

Wird der Fokus erweitert, so kommen neben<br />

den Jahreszeiten auch die Jahre (hier<br />

nun als Sonnenjahre) hinzu. Ein Leben<br />

in Einklang mit den Jahreszeiten, mit<br />

den Rhythmen und Frequenzen der Natur,<br />

galt über lange Zeit als erstrebenswert.<br />

Heute sind solche Aspekte wieder vermehrt<br />

ein Thema bei Gesundheitsdiskussionen.<br />

Geht man noch weiter, dann lohnt<br />

sich erneut ein Blick in die grossen Frequenzen<br />

der Jahresabfolgen: Es geht nun<br />

nicht mehr um das Sieben-Tage-Schema,<br />

sondern um das Sieben-Jahre-Schema:<br />

Alle sieben Jahre soll nach biblischer Vorstellung<br />

dem Acker ein Brachjahr zuteilwerden<br />

– im Dienste der Regeneration.<br />

Daraus entstand im Übrigen das gar nicht<br />

mehr agrarische, aber doch eigentlich zur<br />

Regeneration gedachte Sabbatical, das<br />

akademisch immer noch präsent ist und<br />

gelebt wird. Auch hier kann man den biblischen<br />

Ursprung (Bücher Exodus und<br />

Deuteronomium) von aktuell mit Überzeugung<br />

gelebten Praktiken nachweisen.<br />

Es handelt sich wieder um ein Phänomen<br />

der Rhythmisierung und der Etablierung<br />

einer übergreifenden Frequenz. Als letzter<br />

Mosaikstein dieser Betrachtung kann<br />

das Jobeljahr (Grundlage: biblisches Buch<br />

Levitikus) genannt werden. Alle sieben<br />

mal sieben Jahre erfolgt ein Freilassungsjahr<br />

in der Tradition des Judentums. Abhängigkeiten<br />

in Besitzfragen werden annulliert.<br />

Nach 50 Jahren muss also nach<br />

religiöser Vorstellung ein klarer Strich<br />

gezogen werden. Bankhypotheken in<br />

Israel enden auf diesen Termin, in der<br />

Antike sollte durch den Schuldenerlass<br />

vor allem der ausufernden Schuldsklaverei<br />

in rhythmisierten Abständen Einhalt<br />

geboten werden.<br />

Dies alles zeigt eines: Alte und traditionelle<br />

Konzepte der Rhythmisierung<br />

und Frequenzschaffung haben Jahrhunderte<br />

und Jahrtausende überdauert und<br />

spielen sogar im heutigen Alltag des<br />

21. Jahrhunderts immer noch eine Rolle.<br />

Es lohnt sich also auch in kulturgeschichtlicher<br />

und damit auch in religiöser Hinsicht,<br />

auf solche rhythmischen Zeitstrukturen<br />

zu achten. Sie führen in den meisten<br />

Fällen hin zum ganz und gar Menschlichen<br />

bzw. zum balancierten Umgang mit<br />

der belebten Umwelt und mit sich selbst.<br />

46<br />

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©Pierre-Yves Massot<br />

Lachen und Träume<br />

für unsere Kinder im Spital<br />

Jede Woche erhalten die Kinder im Spital Besuch von<br />

den Traumdoktoren.<br />

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Fokus<br />

Theta-Wellen sind<br />

zentral für die<br />

Regulation von<br />

Emotionen<br />

Da sich Theta-Wellen auf die Regulierung von Emotionen auswirken,<br />

könnten daraus Therapien abgeleitet werden, um Menschen<br />

mit psychopathologischen Störungen wie Angstzuständen und<br />

Schizophrenie zu helfen.<br />

Martin LaSalle – UdeMNouvelles / Universität Montreal<br />

Wir greifen mehrmals täglich<br />

unbewusst darauf zurück:<br />

Die emotionale Regulierung<br />

ist der Prozess,<br />

durch den wir störende Reize abschwächen,<br />

um z.B. konzentriert zu bleiben, unser<br />

Wohlbefinden zu steigern oder um<br />

besser auf die Anforderungen unserer<br />

Umwelt reagieren zu können.<br />

Die emotionale Regulierung spielt bei<br />

vielen psychischen Erkrankungen sowie<br />

deren Behandlung eine entscheidende<br />

Rolle, sei es im Falle einer Angststörung,<br />

einer affektiven Störung oder einer Borderline-Persönlichkeitsstörung.<br />

Diese Regulierung<br />

wird mit der Wirkung von Theta-Wellen<br />

in einer bestimmten Gehirnregion,<br />

dem frontalen Kortex, in Verbindung<br />

gebracht.<br />

Inès Zouaoui, die ihren Master in Psychologie<br />

an der Universität Montreal abschliesst,<br />

hat dies im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten<br />

festgestellt, die sie unter<br />

der Leitung von Professor Marc Lavoie<br />

vom Forschungszentrum des Institut universitaire<br />

en santé mentale de Montréal<br />

durchgeführt hat.<br />

Eine spezifische Frequenz<br />

für die emotionale Regulierung<br />

Basierend auf den Ergebnissen einer 2013<br />

veröffentlichten Studie [1], die das Vorhandensein<br />

von Theta-Wellen bei der emotionalen<br />

Regulierung aufgezeigt hatte, unterzog<br />

das Forschungsteam aus Montreal<br />

24 Personen einem Test zwecks kognitiver<br />

Neubewertung.<br />

«Die kognitive Neubewertung, bei der<br />

der Kontext neu interpretiert wird, ist eine<br />

Strategie, die es ermöglicht, die emotionale<br />

Regulation in experimentellen Situationen<br />

zu verstehen», erklärt die Forscherin.<br />

«Unser Ziel war es, die elektrokortikalen<br />

Mechanismen, die diese komplexen Prozesse<br />

begleiten, zu entschlüsseln.<br />

Dazu haben wir 10 Männern und<br />

14 Frauen Elektroden auf den Kopf gesetzt,<br />

um die elektrische Aktivität ihres<br />

Gehirns beim Anblick verschiedener aversiver<br />

Bilder, wie beispielsweise eines mit<br />

Messer bewaffneten Mannes oder eines<br />

aggressiven Hundes, aufzuzeichnen.»<br />

Während der Elektroenzephalograph<br />

die Frequenzen der Gehirnaktivität kontinuierlich<br />

quantifizierte und aufzeichnete,<br />

erhielten die Probanden die Anweisung,<br />

ihren aversiven Zustand je nach Bedarf zu<br />

erhöhen, zu verringern oder aufrechtzuerhalten.<br />

Dieses Verfahren bezieht sich auch<br />

auf die kognitive Neubewertung. Nach wenigen<br />

Sekunden verschwand das Bild und<br />

die Phase der emotionalen Regulation<br />

liess nach.<br />

«Weiterführende Analysen des Elektroenzephalogramms<br />

haben bestimmte<br />

Frequenzen, die bei der kognitiven Neubewertung<br />

erhoben wurden, verglichen.<br />

Dabei konnten wir feststellen, dass nur<br />

die Theta-Wellen, die zwischen 4 und 8<br />

Hertz oszillieren, in diesem Prozess ausgelöst<br />

wurden, was sie zu einem Marker<br />

für die emotionale Regulation macht», betont<br />

Inès Zouaoui, die letzten Herbst an<br />

Bild: Adobe Stock<br />

48<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus<br />

der Universität Montreal ein Doktorat in<br />

biomedizinischen Wissenschaften mit<br />

der Option psychiatrische Wissenschaften<br />

begonnen hat.<br />

«Das Neue an dieser Studie ist, dass<br />

durch den Vergleich der Phase der emotionalen<br />

Induktion mit der Phase der emotionalen<br />

Regulation gezeigt werden konnte,<br />

dass die Theta-Welle spezifisch für die Regulation<br />

ist», erklärt sie. Analysen der Alpha-Welle,<br />

die von 8 bis 13 Hertz reicht,<br />

wurden hinzugefügt, um die Spezifizität<br />

der Theta-Welle in Bezug auf die emotionale<br />

Regulation zu bewerten. Dabei haben<br />

wir beobachtet, dass die Alpha-Welle weder<br />

auf die emotionale Induktion noch auf<br />

die emotionale Regulation anspricht.»<br />

Ausserdem konnten durch das Hinzufügen<br />

von Elektroden die Bereiche lokalisiert<br />

werden, die diese Theta-Wellen im<br />

Zusammenhang mit der emotionalen Regulation<br />

produzieren, also die frontalen<br />

Regionen, die bei der kognitiven Kontrolle<br />

eine Rolle spielen.<br />

Auf dem Weg zu neuen therapeutischen<br />

Möglichkeiten<br />

Neben dem Wunsch, eine frühere Studie<br />

zu wiederholen, um den Umfang der wissenschaftlichen<br />

Rezension in diesem Bereich<br />

zu erweitern, möchte Inès Zouaoui,<br />

dass ihre Erfahrungen in der klinischen<br />

Praxis genutzt werden können.<br />

«Die Relevanz der Theta-Oszillationen<br />

als Marker für eine erfolgreiche Regulation<br />

könnte zu neuen therapeutischen<br />

Optionen für die Behandlung von Menschen<br />

führen, deren emotionaler Regulationsprozess<br />

gestört ist», stellt Inès<br />

Zouaoui fest. «Dies gilt insbesondere für<br />

diejenigen, die an schweren Angstzuständen<br />

oder Schizophrenie leiden.»<br />

Literatur<br />

[1] M. Ertl et coll., «Emotion<br />

regulation by cognitive reappraisal:<br />

The role of frontal theta oscillations»,<br />

NeuroImage, vol. 81, 2013, p. 412–421.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 49


Fokus<br />

Tierische<br />

Höchstleistungen<br />

Vögel, Reptilien, Insekten oder Säugetiere stellen immer<br />

wieder Rekorde auf, die uns Menschen verblüffen. Die Evolution hat sie<br />

mit Fähigkeiten ausgestattet, die wir zwar rational verstehen können.<br />

Gleichzeitig schaffen diese Fähigkeiten aber eine Realität,<br />

die für Menschen schlicht nicht nachvollziehbar ist.<br />

Bernd Schildger, Prof. Dr. med. vet.<br />

Da kommt das Auge nicht mit: Der Flügelschlag des Kolibris ist so schnell, dass wir die einzelnen Schläge nicht mehr sehen können.<br />

Die kleinen Vögel können sozusagen in der Luft stehen bleiben und sogar rückwärts fliegen.<br />

Bild: Adobe Stock<br />

50<br />

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Fokus<br />

Sein Porträt wurde aufgrund seiner<br />

jüdischen Abstammung aus<br />

dem Hamburger Rathaus entfernt.<br />

Aber der Versuch in der<br />

Nazizeit, den Namen Heinrich Hertz aus<br />

der internationalen Wissenschaftsgeschichte<br />

zu eliminieren, scheiterte. Die<br />

Abkürzung Hz steht bis heute, und sicher<br />

auch in absehbarer Zukunft, für den<br />

Kehrwert der Schwingungsdauer, anfangs<br />

nur in harmonischen Schwingungen.<br />

Hertz war Physiker und beschäftigte sich<br />

mit elektromagnetischen Wellen, später<br />

eroberte die Frequenz aber viele Bereiche<br />

der Menschheit. Vereinfacht gesagt, handelt<br />

es sich um die Anzahl von definierten<br />

Ereignissen in einer Zeiteinheit, in der<br />

Physik während einer Sekunde.<br />

Herzschlag als Mass der Dinge<br />

Eine «Ruhepulsfrequenz» von 60 Schlägen<br />

pro Minute lässt uns gut schlafen, während<br />

die Smartwatches am Handgelenk bei 210<br />

in Farbstürmen schier zu explodieren<br />

scheinen. Auch der unregelmässige Herzschlag<br />

wird am Hometrainer mit einem<br />

Warnsignal gewürdigt. Ein wenig Gelassenheit<br />

scheint angebracht. Als Stoiker<br />

würde man sich vielleicht der Formulierung<br />

«ist halt so» hingeben. «Was soll ich<br />

versuchen zu ändern, was ich eigentlich<br />

nicht beeinflussen kann.» Der Hundebesitzer<br />

wähnt sich hier schnell als Stoiker.<br />

Kann er doch leicht an der Brustwand des<br />

vierbeinigen Gefährten sehen, dass die<br />

Herzfrequenz einer erheblichen Atemdepression<br />

Genüge tut. Soll heissen, dass in<br />

der Exspirationsphase die Herzfrequenz<br />

sinkt und in der Inspiration steigt. Je besser<br />

der Homo sapiens trainiert ist, umso<br />

eher kann er dies im kleinen Rahmen bei<br />

sich selbst feststellen.<br />

Die «Erschöpfungsherzfrequenz» bei<br />

Geparden am Ende der Jagd ist wissenschaftlich<br />

wenig untersucht, liegt aber bei<br />

ca. 250 Schlägen pro Minute. Wir alle wissen,<br />

vielleicht sogar aus eigener Beobachtung<br />

anlässlich einer Safari in Afrika, wie<br />

ein Gepard nach der Jagd aussieht. Unabhängig<br />

vom Jagderfolg ist er in einem solchen<br />

Ausmass erschöpft, mit rasendem Puls<br />

und hoher Atemfrequenz, dass er, unfähig<br />

zur Reaktion, oft ansehen muss, wie Hyänen<br />

oder Schakale seine Jagdbeute erobern. Zur<br />

Vermeidung des Verlustes möglichst schnell<br />

nach der Jagd mit dem Fressen zu beginnen,<br />

ist dem schnellsten Landraubtier erschöpfungsbedingt<br />

nicht möglich.<br />

Beim Säugetier, also auch beim Menschen,<br />

wäre die «Ruhepulsfrequenz» des<br />

Kolibris letal. Der schwirrende Flügelschlag,<br />

mit Frequenzen von bis zu 90 Hz<br />

und damit oberhalb des humanen optischen<br />

Auflösungsvermögens, erfordert eine<br />

enorme Menge an Sauerstoff und Energie<br />

in der Muskulatur, permanent. Der Kolibri<br />

vertilgt deshalb pro Tag etwa das<br />

Zweifache seines Körpergewichts, und<br />

sein Herz rast mit 400 Schlägen pro Minute<br />

in der Ruhe. Die Frequenz steigt auf bis<br />

zu 1200 beim Flug, das sind ca. 20 Hz!<br />

Unerhörtes Gehör<br />

Die 20 Hz des Flügelschlages beim Kolibri<br />

ist in etwa die untere Hörgrenze des Menschen.<br />

In jungen Jahren gelingt es uns, ca.<br />

20 000 Hz akustisch wahrzunehmen. Die<br />

obere Grenze der Hörfrequenz sinkt dramatisch<br />

mit dem Alter. Eine recht miese<br />

Leistung im Vergleich zu unseren «treuesten<br />

Gefährten», den Hunden. Nicht nur<br />

dass sie Geräusche bis zu 50 000 Hz wahrnehmen<br />

können. Sie schaffen mit den beweglichen<br />

Ohren eine selektive Ausrichtung<br />

und damit ein dreidimensionales<br />

Gehör. Letzteres natürlich nur, wenn die<br />

Rasse sich anatomisch nicht zu weit vom<br />

Ursprung Wolf entfernt hat. Der Basset<br />

fällt mit seinen riesigen Hängeschlappohren<br />

sicher nicht in diese Kategorie.<br />

Grenzen des Bewusstseins<br />

Aus der allgemeinen Definition von Frequenz<br />

ergibt sich aber kein tieferer Einblick<br />

in das «Dahinter». Die «Frequenz»<br />

der Eiablage bei den Termiten ist schier<br />

unvorstellbar: Alle fünf Sekunden legt die<br />

Königin ein Ei, bis zu 20 000 am Tag. Nach<br />

der Begattung durch den König, welche<br />

täglich mehrfach stattfindet, finden in<br />

kürzester Zeit Befruchtung, Eireifung und<br />

schliesslich die Eiablage statt. Um diese<br />

Frequenz aufrechtzuerhalten, sind König<br />

und Königin zeitlebens zusammen in einer<br />

kleinen «Mörtelkammer» innerhalb<br />

des Termitenbaus eingemauert. Zeit für<br />

Nahrungssuche bleibt den beiden nicht,<br />

sie werden permanent von den zweigeschlechtlichen<br />

Arbeitern gefüttert. Diese<br />

nehmen auch die Eier in Empfang und tragen<br />

sie in den homothermen Teil des Termitenbaus<br />

zur Inkubation.<br />

Rational sind wir in der Lage, die Eiablagefrequenz<br />

der Termiten zu erfassen.<br />

Sie wird uns rational bewusst. Analoges<br />

gilt z.B. auch für die Frequenz der Muskelkontraktionen<br />

beim Tigerpython, der seine<br />

gelegten Eier umschlingt. Dies dient<br />

nicht nur dem Schutz des Geleges, sondern<br />

auch der Konstanz der Inkubationstemperatur.<br />

Wärmeerzeugung durch Hüpfen<br />

oder Kniebeugen im kalten Winter<br />

sind uns Menschen bekannt. Auch die<br />

Kommunikation der kleinen Krokodile im<br />

Gelege kurz vor dem Schlupf, wenn sie mit<br />

piepsenden Lauten mittlerer Frequenz ihren<br />

Schlupf synchronisieren und das Muttertier<br />

zum Schutz aufbieten, sind uns rational<br />

völlig klar. Aber sind sie wirklich<br />

Teil unseres Bewusstseins?<br />

Fledermäuse orientieren sich akustisch<br />

im Raum. Die von ihnen emittierten<br />

Laute mit unterschiedlichen Frequenzen<br />

bis zu 200 000 Hz, die jenseits unserer<br />

Wahrnehmung sind, werden von Oberflächen<br />

reflektiert, und aus der Differenz der<br />

Echos zwischen linkem und rechtem Ohr,<br />

beide sind riesig und ausrichtbar, ergibt<br />

sich ein dreidimensionales Bild des Raumes.<br />

Und nicht nur des Raumes, sondern<br />

auch z.B. der sich schnell bewegenden<br />

Jagdbeute wie Insekten; akustisch, nicht<br />

optisch. Rational, mit ein wenig naturwissenschaftlicher<br />

Begabung, lässt sich diese<br />

besondere evolutionäre Entwicklung erfassen.<br />

Aber können wir diese Frequenzund<br />

Laufzeitphänomene tatsächlich erfassen?<br />

1974 erschien ein Essay, welcher zu<br />

den am meisten zitierten philosophischen<br />

Aufsätzen gehört: «What ist it like to be a<br />

bat?» von Thomas Nagel. Die subjektive<br />

Realität der Fledermaus ergibt sich aus ihren<br />

persönlichen Wahrnehmungen und<br />

Erfahrungen. Diese Erfahrungen müssen<br />

uns fremd bleiben, weil wir eben nicht die<br />

Sinne hierfür ausgebildet haben. Also<br />

wird uns die Wahrnehmung und die Realität<br />

der Fledermaus nie wirklich bewusst<br />

werden können, rational ja, emotional<br />

nein. Thomas Nagel hypothetisiert aber<br />

einen Schritt weiter: Ist es denn nicht so,<br />

dass uns die Realitäten anderer Menschen<br />

gleichfalls immer fremd sein müssen?<br />

Eben weil diese sich ja gleichfalls nicht<br />

nur auf objektiv und rational nachvollziehbaren<br />

eigenen Erlebnissen begründen,<br />

sondern auch auf die subjektive<br />

Wahrnehmung mit den eigenen Sinnen.<br />

Aber dieses philosophische Thema ist ein<br />

anderes.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 51


Perspektiven<br />

Aktuelles zu Betablockern:<br />

Einsatz in der pädiatrischen Dermatologie<br />

Zufallsfund mit<br />

Potential<br />

Hämangiome, die sogenannten Blutschwämme, sind die häufigsten<br />

gutartigen Tumoren bei Kleinkindern. Obwohl sie in der Regel<br />

selbstlimitierend und spontan rückbildend sind, ist in gewissen Fällen eine<br />

Behandlung angezeigt. Standard ist der Einsatz von Betablockern.<br />

Dr. Kristin Kernland Lang, Konsiliaria Kinderdermatologie, Klinik für Kinder und Jugendliche Kantonsspital Baden<br />

Betablocker haben seit der ersten<br />

Veröffentlichung zu ihrer<br />

Wirksamkeit auf infantile Hämangiome<br />

2008 [1] einen festen<br />

Platz unter den Therapien in der Kinderdermatologie<br />

erlangt. Die systemische<br />

Behandlung von Hämangiomen mit Propranolol<br />

primär im Säuglingsalter ist heute<br />

deren häufigste und von der Swissmedic<br />

zugelassene Indikation. Eine Ausweitung<br />

von Therapieindikation und von<br />

verwendeten alternativen Betablockern<br />

erfolgt seit einigen Jahren in Off-Label-Indikationen.<br />

Die Entdeckung der Wirksamkeit von<br />

Propranolol auf Wachstumsstopp und<br />

Rückbildung von Hämangiomen erfolgte<br />

vor 15 Jahren zufällig durch klinische Beobachtung<br />

[1]. Seither haben zahlreiche<br />

Studien die Wirksamkeit und Sicherheit<br />

von Propranolol in dieser Indikation dokumentiert.<br />

Betablocker antagonisieren den Effekt<br />

von zirkulierenden Katecholaminen<br />

auf Beta-Adreno-Rezeptoren. In der Haut<br />

sind diese Rezeptoren auf Keratinozyten,<br />

Fibroblasten und Melanozyten zu finden.<br />

Der genaue Wirkmechanismus auf Hämangiome<br />

ist bis heute noch nicht geklärt.<br />

Die erreichte Vasokonstriktion und die Reduktion<br />

der Angiogenesis durch Inhibition<br />

des Vascular Endothelial Growth Factor<br />

(VEGF) als auch des Basic Fibroblast<br />

Growth Factor werden als hauptsächlich<br />

hierfür postuliert. Zusätzlich stimuliert<br />

Propranolol die Apoptosis von Endothelzellen<br />

und von Perizyten [2, 3].<br />

Systemische Behandlung von<br />

Hämangiomen<br />

Infantile Hämangiome sind die häufigsten<br />

benignen Tumoren des Kindesalters mit<br />

einer geschätzten Prävalenz von bis zu<br />

5 Prozent [4] und weisen in den meisten<br />

Fällen einen selbstlimitierenden Verlauf<br />

mit spontaner Rückbildung im Verlauf der<br />

ersten Lebensjahre auf.<br />

Die systemische Behandlung mit Propranolol<br />

wurde 2014 auch durch die Swissmedic<br />

zugelassen und gilt heute international<br />

als Goldstandard bei entsprechender<br />

Indikation für die Behandlung von Hämangiomen.<br />

Die Indikation zur systemischen Behandlung<br />

mit Propranolol ist in folgenden<br />

Situationen gegeben [5]:<br />

– lebensbedrohliche infantile Hämangiome<br />

– drohende Funktionseinbussen unterliegender<br />

anatomischer Strukturen<br />

– Risiko von Ulzeration<br />

– Risiko bleibender ästhetischer Deformation<br />

Im Einzelfall kann die ärztliche Indikationsstellung<br />

zur Therapie mittels Infantile<br />

Hemangioma Referral Score (IHReS) unterstützt<br />

werden (www.ihscoring.com).<br />

Komplexe Hämangiome gehören in die<br />

Hände von spezialisierten und erfahrenen<br />

multidisziplinären Teams.<br />

Grundsätzlich soll mit der systemischen<br />

Propranolol-Behandlung so früh als<br />

möglich begonnen werden, idealerweise<br />

in den ersten Lebenswochen. Dadurch<br />

wird ein maximaler bremsender Effekt auf<br />

Wachstum des Hämangioms und ein signifikant<br />

besseres kosmetisches Endresultat<br />

erreicht. Generell ist von einer Therapiedauer<br />

bis mindestens zum 10.–12. Lebensmonat<br />

auszugehen, im Einzelfall bis<br />

zum Alter von 24–36 Monaten. Propranolol<br />

ist in der Schweiz für die systemische<br />

Therapie als Hemangiol® seit dem 1. November<br />

2022 auf der Spezialitätenliste (SL)<br />

aufgeführt.<br />

Ein umfassendes Update der Schweizer<br />

Richtlinien für die Behandlung von<br />

infantilen Hämangiomen mit Betablockern<br />

wurde kürzlich publiziert und bietet<br />

eine solide Referenz zu klarem therapeutischem<br />

Vorgehen [5]. Eine zeitnahe nicht<br />

dermatologische Publikation dieser Arbeit<br />

ist in Planung.<br />

Alternative Betablocker wie Nadolol<br />

oder Atenolol wiesen in randomisierten<br />

Studien eine vergleichbare Wirkung wie<br />

Propranolol auf die Hämangiomkontrolle<br />

auf. Diese weniger lipophilen Betablocker<br />

durchqueren die Blut-Hirn-Schranke<br />

nicht [6] und waren somit weniger mit<br />

zentralnervösen Nebenwirkungen wie<br />

Schlafstörungen assoziiert [7]. Dies kann<br />

im Einzelfall therapeutisch genutzt werden.<br />

In Langzeitstudien wurden keine Unterschiede<br />

zwischen Atenolol und Propra-<br />

52<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Bild: Adobe Stock<br />

nolol betreffend neurokognitive Entwicklung<br />

erfasst [8]. Gemäss oben zitierten<br />

Schweizer Richtlinien bleibt Propranolol<br />

aufgrund Zulassungskriterien und umfassender<br />

Dokumentation die Therapie erster<br />

Wahl.<br />

Topische Behandlung von Hämangiomen<br />

Die Alternative einer topischen Betablocker-Behandlung<br />

von Hämangiomen ist<br />

den oberflächlichen, dünnen und kleinen<br />

Hämangiomen vorbehalten, vor allem bei<br />

Lokalisation im Gesicht [5]. Timolol in der<br />

Form von Timoptic-XE® 0,5% findet aktuell<br />

als Off-Label-Indikation für diese spezielle<br />

Hämangiom-Gruppe Verwendung.<br />

Timolol ist 8–10 Mal potenter als Propranolol,<br />

und eine systemische Absorption<br />

wurde in einer Untersuchung in behandelten<br />

Kindern dokumentiert [9]. Konkrete<br />

Angaben zu Dosierung und therapeutischem<br />

Vorgehen finden sich im oben erwähnten<br />

Update der Schweizer Richtlinien<br />

für die Behandlung von infantilen<br />

Hämangiomen mit Betablockern [5].<br />

Weitere Indikationen für topische<br />

Betablocker-Behandlungen in<br />

der pädiatrischen und adulten<br />

Dermatologie<br />

– Granuloma pyogenicum (auch: teleangiektatisches<br />

Granulom)<br />

– Die topische Betablocker-Behandlung<br />

stellt eine in vielen Fällen hilfreiche, noninvasive<br />

therapeutische Option oder<br />

adjuvante Behandlung für diese Gruppe<br />

von benignen vaskulären Neoplasien<br />

dar (eg. Rp. Propranolol 1% Crème,<br />

Timoptic-XE® 0,5%). Bei oberflächlichen,<br />

kleinen Formen kann damit die<br />

Abheilung erreicht, bei grösseren Läsionen<br />

die Blutung gestoppt oder die Grössenreduktion<br />

erreicht werden.<br />

– In der Erwachsenen-Dermatologie finden<br />

topische Betablocker darüber hinaus<br />

Verwendung in der Behandlung bei<br />

EGFR-1-induzierten Granuloma-pyogenicum-like-Paronychien.<br />

Weiter sind<br />

Einzelfälle von Therapieerfolgen bei<br />

Kaposi-Sarkom beschrieben als auch<br />

von chronischen, schlecht heilenden<br />

Wunden. Der Effekt auf neutrophile<br />

Dermatosen wird aktuell erforscht.<br />

Literatur<br />

[1] Léauté-Labrèze Ch. et al.<br />

Propranolol for Severe Hemangiomas in<br />

Infancy. NEJM 358, 2649 f. (2008).<br />

[2] Filoni A. et al. Topica Beta-Blockers<br />

in Dermatologic Therapy.<br />

Dermatol Therapy 34; e15016 (2021).<br />

[3] Novoa M. et al. Interventions for<br />

Infantile Hemangiomas of the Skin.<br />

Cochrane Database Syst Rev 4; CD006545<br />

(2018).<br />

[4] Luu M. Clinical Course,<br />

Complications and Management. Br J<br />

Dermatol 169(1); 20 f. (2013).<br />

[5] Baghin V. et al. Dermatologica<br />

Helvetica 06; 23 f. (2022).<br />

[6] Pope E. et al. Noninferiority and<br />

Safety of Nadolol vs Propranolol in Infants<br />

with Infantile Hemangioma. JAMA Pediatr<br />

176 (1); 34 f. (2002).<br />

[7] Gumina M. E. et al. Atenolol as<br />

an Alternative to Propranolol for the<br />

Management of Sleep Disturbances in the<br />

Treatment of Infantile Hemangiomas.<br />

Pediatr Dermatol 36(4); 556 f. (2019).<br />

[8] Hermans M. M. Long-term<br />

Neurocognitive functioning of Children<br />

treated with Propranolol or Atenolol for<br />

Infantile Hemangioma. Eur J Pediatr<br />

Internet Dec 7 (2022), available from<br />

Doi:10.1007/s00431-022-04674-7.<br />

[9] Weibel L. et al. Topical Timolol<br />

for Infantile Hemangiomas: Evidence for<br />

Efficacy and debree of Systemic Absorption.<br />

Pediatr Dermatol 33(2); 184 f. (2016).<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 53


Perspektiven<br />

Aus der «Therapeutischen Umschau»* – Übersichtsarbeit<br />

Husten aus<br />

pharmakologischer<br />

Sicht<br />

Selina Späni 1 , Simona T. Hübner 1 und Anne Leuppi-Taegtmeyer 1, 2<br />

Einführung<br />

Husten ist eines der häufigsten Symptome,<br />

die zu einer ärztlichen Konsultation<br />

führen [1]. Während ein akuter und selbstlimitierender<br />

Husten im Rahmen eines<br />

Virus infektes meist keine Therapie benötigt,<br />

kann eine prolongierte Erkrankung<br />

die Lebensqualität der Be troffenen negativ<br />

beeinflussen [2]. Mögliche Ursachen<br />

eines chronischen Hustens (Dauer > 8 Wochen)<br />

sind vor Beginn einer symptomatischen<br />

Therapie abzuklären. Wenn immer<br />

möglich soll eine kausale Therapie in<br />

Überein stimmung mit den entsprechenden<br />

Leitlinien erfolgen. Bei etwa 20 % der<br />

Patienten mit chronischem Husten kann<br />

jedoch keine eindeutige Ursache eruiert<br />

werden [3].<br />

Symptomatische Therapie<br />

des Hustens<br />

Eine symptomatische Therapie des<br />

Hustens mit Protussiva (Sekretolytika)<br />

und / oder Antitussiva kann bedarfsorientiert,<br />

ggf. auch ergänzend zu einer<br />

kausalen Therapie, in folgenden Fällen<br />

indiziert sein [3]:<br />

• bei chronisch idiopathischem Husten<br />

• bei chronisch refraktärem Husten<br />

1<br />

Medizinische Universitätsklinik, Kantonsspital<br />

Baselland (KSBL)<br />

2<br />

Rheumatologische Abteilung für Klinische<br />

Pharmakologie und Toxikologie, Universitätsspital<br />

Basel<br />

* Der Artikel erschien ursprünglich in der<br />

«Therapeutischen Umschau» (2021), 78(4),<br />

195–198.<br />

• bei spontan ausheilenden Infekten der<br />

oberen und / oder unteren Atemwege zur<br />

Linderung und Verkürzung der Dauer<br />

des Hustens<br />

• wenn die kausale Therapie den Husten<br />

nicht effektiv lindert<br />

• wenn die Wirkung der kausalen Therapie<br />

verzögert einsetzt<br />

• in der Palliativmedizin<br />

Abhängig von der Grunderkrankung kommen<br />

protus sive (husten- bzw. expektorationsfördernde)<br />

und / oder antitussive (hustendämpfende)<br />

medikamentöse Thera pien<br />

zum Einsatz.<br />

Protussive Therapie<br />

Durch den Einsatz von Expektorantien<br />

wird zäher Schleim verflüssigt und dessen<br />

Abtransport und Auswurf erleichtert. Die<br />

Elimination von Sekret entlastet die Hustenrezeptoren<br />

und lindert somit den Hustenreiz.<br />

Da Expektorantien das Abhusten<br />

fördern, werden diese meist tagsüber eingesetzt.<br />

Eine nächtliche Gabe könnte die<br />

Schlafqualität negativ beeinflussen.<br />

Expektorantien<br />

Ambroxol, Bromhexin, Carbocistein, Erdostein,<br />

Guaifenesin und N-Acetylcystein<br />

sind die in der Schweiz gebräuchlichen<br />

Wirkstoffe mit schleimlösenden Eigenschaften.<br />

Die Evidenz für den Einsatz von<br />

Expektorantien bleibt weiterhin unklar. Für<br />

die Behandlung des akuten Hustens konnte,<br />

gemäss der 2014 publizierten systematischen<br />

Review, keine Empfehlung für oder<br />

gegen entsprechende «over the counter»­<br />

Medikamente ausgesprochen werden [4].<br />

Zurzeit sind die obengenannten Expektorantien,<br />

mit Ausnahme von Erdostein, in<br />

der Schweiz rezeptfrei erhältlich. Auch der<br />

im Jahr 2017 publizierte CHEST Expert Panel<br />

Report weist auf die niedrige Qualität<br />

der verfügbaren Evidenz im Hinblick auf<br />

die Therapie eines Erkältung-assoziierten<br />

Hustens hin [5]. Nichtsdestotrotz gibt es<br />

Patienten und Patientinnen, die von einer<br />

schleimlösenden Therapie profitieren. Als<br />

unerwünschte Arzneimittelwirkungen dieser<br />

Wirkstoffgruppe sind al lergische Reaktionen<br />

und Verdauungsbeschwerden<br />

be schrieben [6]. Bei guter Verträglichkeit<br />

kann eine Therapie initiiert werden, bleibt<br />

die subjektive Besserung der Beschwerden<br />

aus, ist der Einsatz der schleimlösenden<br />

Therapie jedoch zu reevaluieren.<br />

Phytopharmaka mit schleimlösenden<br />

Eigenschaften<br />

Für Phytotherapeutika bzw. dessen Kombinationen<br />

aus Efeu, Cineol, Myrtol, Pelargonium<br />

sidoides, Thymian und Primeln,<br />

konnte eine Wirksamkeit auf die Dauer und<br />

die Intensität des akuten Hustens bei Erkältungsinfekten<br />

gegenüber Placebo nachgewiesen<br />

werden. Gängige pflanz liche Expektorantien<br />

sind ätherische Öle (Anis, Eukalyptus,<br />

Myrte, Pfefferminze, Spitzwegerich,<br />

Thymian), welche in Form von Kapseln,<br />

Tabletten, Lösungen, Sirup, Einreibungen,<br />

als Badezusatz, Teeaufguss oder zur Inhalation<br />

verwendet werden. Des Weiteren<br />

werden Saponine (z. B. aus Efeu) oder Glykoside<br />

(aus der Primelwurzel) therapeutisch<br />

genutzt [3].<br />

54<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Bild: Adobe Stock<br />

Perspektiven


Perspektiven<br />

Zusammenfassung<br />

Zur Linderung einer Hustensymptomatik<br />

können diverse Arzneimittel mit<br />

verschiedenen protussiven oder antitussiven<br />

Wirkmechanismen eingesetzt<br />

werden. Für gewisse Indikationen<br />

spielen auch Phytopharmaka eine<br />

bedeutende Rolle. In der Ursachensuche<br />

eines persistierenden Hustens ist<br />

die Dauermedikation kritisch zu prüfen<br />

und bei Verdacht auf eine<br />

unerwünschte Arzneimittelwirkung<br />

gegebenenfalls anzupassen.<br />

Abstract: Cough from a<br />

pharmacological point<br />

of view<br />

Resolution Drugs with various protussive<br />

or antitussive mechanisms of<br />

action are used to alleviate cough symptoms.<br />

Phytopharmaceuticals also play<br />

an important role. When determining<br />

the etiology of persistent cough, longterm<br />

medication should be critically<br />

assessed and on suspicion of an adverse<br />

drug reaction adjusted as necessary.<br />

Antitussive Therapie<br />

Antitussiva sind hustenreizlinderne Arzneimittel,<br />

die zur symptomatischen Therapie<br />

eines unproduktiven Reizhustens<br />

eingesetzt werden, wobei sie die Häufigkeit<br />

und die Intensität der Hustenanfälle<br />

reduzieren [7].<br />

Antitussiva<br />

Antitussiva unterdrücken den Husten<br />

durch Wirkung am zentralen Husten-Zentrum<br />

und haben somit eine von der Hustenursache<br />

unabhängige Wirksamkeit.<br />

Als antitussive Wirkstoffe sind in der<br />

Schweiz gewisse Opioide wie Codein,<br />

Dihydrocodein und Hydrocodon sowie<br />

nicht-Opioide Dextromethorphan (NM­<br />

DA-Antagonist), Butamirat, Morclofon,<br />

Oxomemazin (Antihistaminikum der<br />

1. Generation) zugelassen.<br />

Trotz des häufigen Gebrauchs von Antitussiva,<br />

ist auch für diese Wirkstoffgruppe<br />

die Evidenz bezüglich ihrer Wirksamkeit<br />

limitiert. Da akute Bronchitis und<br />

akuter Husten per Definition selbstlimitierende<br />

Erkrankungen sind, ist der Nachweis<br />

zwischen spontaner Remission und<br />

Effekt des eingesetzten Medikamentes<br />

sehr schwierig zu erbringen. Durch objektive<br />

Messmethoden, konnte einzig für<br />

Dextromethorphan eine signifikante Unterdrückung<br />

des akuten Hustens gezeigt<br />

werden [8].<br />

Dextromethorphan ist ein Substrat,<br />

der Metabolit 3-Methoxymorphinon ein<br />

Hemmer des Cytochroms 2D6. Die gleichzeitige<br />

Einnahme anderer CYP2D6-Hemmer<br />

oder von Arzneimittel, die über dieses<br />

Isoenzym metabolisiert werden, ist deshalb<br />

zu vermeiden. Dies betrifft insbesondere<br />

gewisse Antidepressiva, Anorektika,<br />

Betablocker und Antihistaminika.<br />

Bei Patienten mit einem CYP2D6-Mangel<br />

sind Meta bolismus und Elimination<br />

von Dextromethorphan stark verzögert,<br />

was mit verstärkten unerwünschten Wirkungen,<br />

unter anderem Sedation, Schwindel<br />

und Atem depression, einhergehen<br />

kann. Andere Merkmale einer Überdosierung<br />

sind Tachykardie, Blutdruckanstieg,<br />

verschwommenes Sehen, Nystagmus,<br />

Ataxie, Krampfanfälle, Erregbarkeit, Halluzinationen<br />

und Psychosen [9].<br />

Codein wird als Prodrug via das<br />

Cytochrom 2D6 in die aktive Substanz<br />

Morphin umgewandelt. Dieses Enzym<br />

weist einen ausgeprägten genetischen Polymorphismus<br />

auf, der dazu führt, dass bei<br />

ca. 8 % der europäischen Bevölkerung kein<br />

aktives Enzym vorliegt («poor metabolizer»),<br />

während bei 1 % eine sehr hohe<br />

Enzymaktivität («ultrarapid metabolizer»)<br />

besteht. Wirksamkeit und unerwünschte<br />

Arzneimittelwirkungen von Codein können<br />

daher kaum vorausgesagt werden. Bei<br />

den sogenannten «poor metabolizern» tritt<br />

eine unzureichende Wirksamkeit aber vermehrt<br />

unerwünschte Arzneimittelwirkungen<br />

wie z. B. Euphorie oder Dysphorie,<br />

Sedation, Schwindel und Pruritus auf [10].<br />

Bei den «ultrarapid metabolizern» sind<br />

Morphin-Überdosierungssymptome wie<br />

Somnolenz und Atemdepression möglich<br />

[11]. Morphin – dessen Verstoffwechselung<br />

keinem relevanten genetisch-bedingten<br />

Polymorphismus unterliegt – wäre daher<br />

sich erer dosierbar, ist jedoch nicht als<br />

Antitussivum zugelassen [4]. Erfahrungen<br />

bei Patienten mit chronischem Husten<br />

zeigen jedoch auch für Morphin eine<br />

begrenzte Wirksamkeit. So profitiert nur<br />

jeder zweite bis dritte Patient von dieser<br />

symptomatischen Therapie [8].<br />

Hustenreizstillende Wirkstoffe (Opioide,<br />

NMDA-Antagonisten, Antihistaminika)<br />

können in hohen Dosierungen als<br />

Rauschmittel missbraucht werden. Aufgrund<br />

der Suchtgefahr wurden im Jahr 2019<br />

in der Schweiz die meisten Hustenmittel<br />

mit kritischen Wirkstoffen rezeptpflichtig.<br />

Die Verschreibung bzw. die Abgabe hat<br />

über die behandelnde Ärztin resp. den behandelnden<br />

Arzt zu erfolgen. Ohne ärztliche<br />

Verschreibung ist der Bezug dieser<br />

Substanzen in Apotheken nur noch nach<br />

einem Beratungsgespräch und mit entsprechender<br />

Dokumenta tion möglich [12].<br />

Inhalative Glucocorticoide wirken in<br />

den Atemwegen gegen eosinophile Entzündungsreaktionen.<br />

So kommen diese<br />

Medikamente bei chronischem Husten<br />

aufgrund einer eosinophilen Bronchitis,<br />

bei allergischem und nicht allergischem<br />

Asthma (einschliesslich Husten als Asthmaäquivalent)<br />

zum Einsatz [3, 13].<br />

Sofern weitere Ursachen ausgeschlossen<br />

wurden, kann dem chronischen idiopathischen<br />

Husten eine Neuropathie des<br />

Hustenreflexes zu Grunde liegen [3]. Offlabel<br />

und nach vorsichtiger Nutzen-<br />

Risiko-Abwägung kann eine einschleichende<br />

Therapie mit einem GABA-Analogon<br />

– Gabapentin, alternativ Pregabalin –<br />

initiiert werden. Nach einer Therapie dauer<br />

von sechs Monaten soll eine Reevaluation<br />

stattfinden [13].<br />

Als mögliche Ursache eines chronischen,<br />

therapierefraktären Hustens konnte<br />

eine erhöhte Sensitivität der purinergen<br />

Rezeptoren P2X3 an den sensorischen Nerven<br />

fasern der Luftwege (Nervus vagus)<br />

identifiziert werden [14]. Eine randomisierte,<br />

doppelblinde, placebokontrollierte Phase-2b-Studie<br />

konnte für Gefapixant, einen<br />

P2X3 Rezeptorantagonisten, vielversprechende<br />

Ergeb nisse liefern. So konnte nach<br />

einem zwölfwöchigen Behandlungs intervall<br />

eine bis zu 37 %ige Reduktion der<br />

Husten frequenz bei Patienten mit refraktärem<br />

chronischem Husten oder chronischem<br />

idiopathischem Husten gezeigt werden<br />

[15]. Die am häufigsten beschriebene<br />

unerwünschte Arzneimittelwirkung war<br />

Dysgeusie. Die Resultate weiterer klinischen<br />

Studien werden gespannt erwartet.<br />

Phytopharmaka mit hustenreizdämpfenden<br />

Eigenschaften<br />

Zur symptomatischen Therapie des Hustenreizes<br />

werden viele unterschiedliche<br />

Wirkstoffe wie z. B. Eibisch, Malve, Spitzwegerich<br />

und isländisch Moos eingesetzt.<br />

Die in den Arzneidrogen enthaltenen<br />

Schleimstoffe wirken durch «Einhüllung»<br />

der im Rachen befindlichen Hustenrezeptoren.<br />

Weltweit werden viele nicht standardisierte<br />

Präparate und Mischungen<br />

angeboten. Placebokontrollierte, randomisierte<br />

Studien für eine generelle Empfehlung<br />

von Phytopharmaka zur Therapie<br />

akuter und chronischer Atemwegserkrankungen<br />

fehlen. Dies ist aber nicht grund­<br />

56<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Solmucalm ®<br />

Schlafen statt Husten.<br />

Löst den Schleim und beruhigt den Husten.<br />

Hustensirup mit NAC, dem bewährten Mukolytikum. +<br />

- Beruhigt den Husten, erhält jedoch seine reinigende Wirkung. ++<br />

- Einfach drehen, frisch zubereiten.<br />

- Angenehm fruchtiger Geschmack für Gross und Klein.<br />

- Mit zahnschonendem Zuckerersatz, für Diabetiker geeignet.<br />

- Chlorphenamin wirkt dreifach in den Atemwegen. 1,2+++<br />

- Made in Switzerland.<br />

- Kassenzulässig<br />

Literatur:<br />

1. Sadofski LR et al. Transient receptor potential vanilloid-1-mediated calcium responses are inhibited by the alkylamine antihistamines dexbropheniramine and chlorpheniramine. Exp<br />

Lung Res 2008 ; 34 : 681-694. 2. Kim H et al. Histamine regulates mucin expression through H1 receptor in airway epithelial cells. Kim H et al. Acta Oto-Laryngologica 2012; 132: S37-S43.<br />

Fachpersonen können beim Unternehmen die Referenzen anfordern.<br />

+<br />

Vereint erstmals die mukolytischen und antioxidativen Eigenschaften des N-Acetylcysteins mit der hustenstillenden, sedativen Wirkung des Chlorphenamins in einem Hustensirup.<br />

++<br />

Das H1-Antihistaminikum Chlorphenamin bewirkt ein Heraufsetzen der Hustenreizschwelle. Der Husten wird beruhigt, jedoch nicht ganz eliminiert, sodass der gelöste Schleim<br />

ausgehustet werden kann.<br />

+++<br />

Chlorphenamin reduziert die Erregbarkeit der TRPV1-Rezeptoren, die das Hustensignal auslösen. Dazu hemmt Chlorphenamin die Neubildung von Schleim und beugt einer<br />

Bronchokonstriktion vor.<br />

Z: acetylcysteinum, chlorphenaminimaleas. Liste D. I: Behandlung des Hustens bei akuten und chronischen katarrhalische<br />

Erkrankungen, Grippe. D: Kinder von 3-6 Jahre: 5 ml 3 Mal/Tag; von 6 bis 12 Jahre: 5 bis 10 ml 3 Mal/Tag; Erwachsene: 10 ml<br />

3 Mal/Tag. KI: Überempfindlichkeit auf einen der Bestandteile, peptisches Ulkus, Engwinkelglaukom, Blasenentleerungsstörungen,<br />

Bronchialasthmaanfall, gleichzeitige Behandlung mit einem MAO-Hemmer, Schwangerschaft, Stillzeit. UW: Mund- Nasen- und<br />

Halstrockenheit, Verstopfung, Akkommodationsstörungen des Auges, Miktionsstörungen, Schläfrigkeit, Magenunverträglichkeit.<br />

INT: Antibiotika, Nitroglycerin, Phenytoin, MAO-Hemmer, Procarbazin, zentral wirkende Beruhigungsmittel, Alkohol. P: Sirup für<br />

Kinder, 90* ml; Sirup für Erwachsene, 180* ml. *Kassenzulässig.<br />

Ausführlichere Informationen siehe www.swissmedicinfo.ch.<br />

IBSA Institut Biochimique SA, Swiss Business Operations, Via Pian Scairolo 49, CH-6912 Lugano-Pazzallo, www.ibsa.swiss<br />

Caring Innovation<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 57


Perspektiven<br />

sätzlich mit einer Wirkungslosigkeit<br />

gleichzu setzten. Bei einer unkomplizierten<br />

Hustensymptomatik können Phytopharmaka<br />

eine valide Therapiealternative<br />

darstellen [16].<br />

Husten als unerwünschte<br />

Arzneimittelwirkung<br />

Für gewisse Medikamente und Wirkstoffgruppen<br />

ist aus pharmakologischer Sicht<br />

beim Auftreten einer unerklärlichen Hustensymptomatik<br />

an eine unerwünschte<br />

Arzneimittelwirkung zu denken.<br />

Husten ist häufig unter Therapie mit<br />

ACE-Hemmern (angiotensin converting<br />

enzyme inhibitors) beschrieben, wobei es<br />

sich um einen Klasseneffekt dieser Wirkstoffgruppe<br />

handelt. Durch Hemmung des<br />

angiotensin converting enzymes wird der<br />

Abbau von Bradykinin und Substanz P sowie<br />

von Prostaglandinen in der Bronchialschleimhaut<br />

blockiert, was zu einer Zunahme<br />

des Hustenreflexes führt. Dieser<br />

trockene Husten zeigt sich bei etwa 10 %<br />

der Frauen und 5 % der Männer, die mit einem<br />

ACE-Hemmer therapiert werden [3].<br />

Normalerweise beginnt die Sympto matik<br />

innerhalb der ersten ein bis zwei Wochen<br />

nach Therapiebeginn, kann aber auch verspätet<br />

bis zu sechs Monaten nach Start eines<br />

ACE-Hemmers auftreten [17]. Nach<br />

Sistierung der Therapie klingt der Husten<br />

innerhalb von vier Tagen bis drei Wochen<br />

ab. Bei länger bestehender Symptomatik<br />

ist eine weiterführende Diagnostik einzuleiten<br />

[3]. Als Therapiealternative eignen<br />

sich Angiotensin-II-Hemmer (Sartane),<br />

welche eine deutlich niedrigere Inzidenz<br />

für Husten als unerwünschte Arzneimittelwirkung<br />

aufweisen [17].<br />

Weitere hustenauslösende Arzneimittel<br />

sind Amiodaron, welches ursächlich für<br />

eine Alveolitis sein kann, Betablocker, die<br />

durch Verengung der Bronchiolen Husten<br />

als Asthmaäquivalent verursachen können<br />

oder lungentoxische Chemo- und Immuntherapien<br />

(Methotrexat, Bleomycin,<br />

Mitomycin C, Busulfan, Checkpoint Inhibitoren).<br />

Husten ist aber auch als unerwünschte<br />

Arzneimittel wirkung von Gliptinen,<br />

Mycophenolat mofetil, Interferonen<br />

und bei der intravenösen Anwendung von<br />

Fentanyl beschrieben. Zudem können<br />

auch Inhalativa, unter an derem inhalative<br />

Kortikosteroide, einen Hustenreiz verursachen<br />

[3]. So sprechen manche Asthmapatienten<br />

wegen der protussiven Wirkung<br />

einer inhalativen Therapie, die eine Deposition<br />

des Wirkstoffes verhindert, nur auf<br />

eine systemische Kortisontherapie an [18].<br />

Zusammenfassend ist festzuhalten,<br />

dass zur Linderung einer Hustensymptomatik<br />

diverse Arzneimittel mit verschiedenen<br />

protussiven oder antitussiven<br />

Wirkmecha nismen eingesetzt werden<br />

können. Für gewisse Indikationen spielen<br />

auch Phytopharmaka eine bedeutende<br />

Rolle. In der Ursachensuche eines persistierenden<br />

Hustens ist die Dauermedikation<br />

kritisch zu prüfen und bei Verdacht auf<br />

eine unerwünschte Arzneimittelwirkung<br />

gegebenenfalls anzupassen.<br />

Prof. Dr. med. Anne Leuppi-Taegtmeyer, PhD<br />

Oberärztin Klinische Pharmakologie<br />

und Toxikologie<br />

Leiterin Regionales Pharmacovigilance Zentrum<br />

Universitätsspital Basel<br />

Petersgraben 4<br />

4031 Basel<br />

Anne.Leuppi-Taegtmeyer@usb.ch<br />

Literatur<br />

[1] Morrell DC. Symptom<br />

interpretation in general practice. J<br />

R Coll Gen Pract. 1972;22:297 – 309.<br />

[2] UpToDate. Treatment<br />

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2020 Aug 10]. Available from:<br />

https://www.uptodate.com/contents/treatment-of-subacute­<br />

and-<br />

chronic-cough-in-adults?­<br />

search=cough&source=search_<br />

result&selectedTitle=3~150&usage_<br />

type=default&display_rank=3<br />

[5] Malesker MA, Callahan-Lyon<br />

P, Ireland B, Irwin RS.<br />

Pharmacologic and Nonpharmacologic<br />

Treatment for Acute Cough<br />

Associated With the Common Cold.<br />

CHEST Expert Panel Report. Chest.<br />

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https://www.pharmawiki.ch/wiki/<br />

index.php?wiki=Schleimloesende_<br />

Mittel<br />

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[15] Smith JA, Kitt MM,<br />

Morice AH. Gefapixant, a P2X3 receptor<br />

antagonist, for the treatment<br />

of refractory or unexplained chronic<br />

cough: a randomised, double-blind,<br />

controlled, parallel-group, phase 2b<br />

trial. Lancet Respir Med.<br />

2020;8:775 – 85.<br />

[16] Gillissen A. Akute Atemwegserkrankungen<br />

– Wann Phytopharmaka<br />

eine valide Alternative<br />

sind. Deutsch Ärztebl. 2019;<br />

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Leitlinie der Deutschen Gesellschaft<br />

für Pneumologie und Beatmungsmedizin<br />

zur Diagnostik und Therapie<br />

von erwachsenen Patienten mit<br />

Husten [Internet]. [cited<br />

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tx_szleitlinien/020-003l_S2k_Dia­<br />

gnostik-Therapie-erwachsene­<br />

Patienten-mit-Husten_2019-12.pdf<br />

[4] Smith SM, Schroeder K,<br />

Fahey T. Over-the-counter (OTC)<br />

medications for acute cough in children<br />

and adults in com munity settings<br />

(Review). Cochrane Database<br />

Syst Rev. 2014; 2014(11):CD001831.<br />

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Avai l able from: https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=<br />

Antitussiva<br />

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Open Resp Res. 2016;3(1): e000137.<br />

[9] Spirig Healthcare AG.<br />

Fachinformation Bexin® Hustensirup,<br />

Spirig Healthcare AG:<br />

Egerkingen, Schweiz; Stand der<br />

Information März 2015.<br />

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von Hustensirup [Internet]. [cited<br />

2020 Aug 14]. Available from:<br />

https://www.pharmawiki.ch/wiki/<br />

index.php?wiki=Missbrauchvon­<br />

Hustensirup<br />

[13] Gibson P, Wang G,<br />

McGarvey L, Vertigan AE, Altman<br />

KW, Birring SS, et al. Treatment of<br />

Unexplained Chronic Cough CHEST<br />

Guideline and Expert Panel Report.<br />

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Holt K, Layton G, McCarthy BG,<br />

Ford AP, et al. P2X3 receptor antagonist<br />

(AF-219) in refractory chronic<br />

cough: a randomised, double-blind,<br />

placebo-controlled phase 2 study.<br />

Lancet. 2015;385:1198 – 205.<br />

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effects of angiotensin-converting<br />

enzyme inhibitors and angiotensin<br />

II receptor blockers [Internet]. [cited<br />

2020 Sep 1]. Available from: https://<br />

www.uptodate.com/contents/major-side-effects-of-angiotensin-converting-enzyme-inhibitors-and-angiotensin-ii-receptor-blockers?<br />

search=cough%20ACE%20inhibitors&source=<br />

search_result&selectedTitle=1~150&usage_type=default&display_rank=<br />

1#H13<br />

[18] Dicpinigaitis PV. Chronic<br />

cough due to asthma: ACCP evidence-based<br />

clinical practice guidelines.<br />

Chest. 2006;129:75S – 9S.<br />

58<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Der besondere Ort<br />

Ein Chalet über<br />

dem See<br />

Léo Pavlopoulos, Redaktionsmitglied <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Bild: zvg<br />

Das Chalet du Mont-Pèlerin<br />

liegt im Kanton Waadt, bei<br />

der Bergstation der Standseilbahn,<br />

die Vevey mit dem<br />

Mont-Pèlerin verbindet. Es bietet einen<br />

unglaublichen Panoramablick auf den<br />

Genfersee und die Alpen. Das Chalet du<br />

Mont-Pèlerin ist ein Restaurant, welches<br />

ins lokale Ökosystem integriert und<br />

damit Teil des sozialen und wirtschaftlichen<br />

Lebens der Region ist.<br />

Dank einer Küche, die auch am Nachmittag<br />

geöffnet ist, ist es der ideale Ort,<br />

um die atemberaubende Landschaft<br />

zu bewundern und gleichzeitig die typischen<br />

Produkte der Region zu kosten.<br />

Hier trifft man sowohl auf Reisende<br />

aus aller Welt wie auch auf Bewohner<br />

aus dem Dorf, die die lokalen Produkte<br />

genies sen wollen.<br />

Egal ob man ein traditionelles oder<br />

flambiertes Fondue, eine Rösti oder eine<br />

Tarte au vin cuit geniessen will, die Speisekarte<br />

wird aufgrund des regionalen<br />

Angebots mit erstklassigen Produkten<br />

zusammengestellt, die dann vor Ort verarbeitet<br />

werden. Bevorzugt werden saisonale<br />

Produkte, meist aus Betrieben, die<br />

einen nachhaltigen, biologischen bzw.<br />

biodynamischen Anbau betreiben oder<br />

auf Permakultur setzen. Fast alle Waren<br />

sind von Hand gefertigt, naturbelassen<br />

oder von kleinen Unternehmen in der<br />

Region verarbeitet.<br />

Im Restaurant kann man auch einen<br />

Brunch organisieren oder einen Aperitif<br />

mit Blick auf den Sonnenuntergang geniessen,<br />

zu dem die berühmten hausgemachten<br />

Malakoffs gereicht werden.<br />

Dazu bietet der Himmel ein Schauspiel<br />

verschiedenster Orangetöne. Zudem gibt<br />

es einen Spielplatz, wo sich die Kinder<br />

nach dem Essen austoben können.<br />

Das Chalet du Mont-Pèlerin habe ich<br />

dank meinem Schwiegersohn kennengelernt,<br />

der dort seine Lehre als Restaurantfachmann<br />

absolviert. Das Team ist überaus<br />

nett und bietet den Gästen eine<br />

kompetente Beratung zu saisonalen Gerichten<br />

und passenden Weinen an.<br />

Ich habe diesen besonderen Ort bei<br />

verschiedenen Gelegenheiten geniessen<br />

können: beim Cocktail mit Freunden auf<br />

der Sommerterrasse, bei Geburtstagsfeiern,<br />

Familienfesten oder Geschäftsessen.<br />

Der Umweg lohnt sich auf jeden Fall,<br />

wenn man an der waadtländischen Riviera<br />

unterwegs ist.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.lechaletdumontpelerin.ch<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 59


mediservice<br />

Briefkasten<br />

Erhöhte Nebenkosten<br />

aufgrund der drohenden<br />

Energiekrise?<br />

Aktuell ist in allen Medien<br />

zu lesen, dass die Heiz- und<br />

Energiekosten in nächster<br />

Zeit stark ansteigen könnten.<br />

Was aber bedeutet das für Mieterinnen<br />

und Mieter? Müssen Sie mit einer<br />

höheren Nebenkostenabrechnung<br />

rechnen? Wie können Sie sich zur Wehr<br />

setzen und was sind Ihre Rechte?<br />

Grundsätzlich müssen Mieterinnen<br />

und Mieter die Nebenkosten bezahlen,<br />

die tatsächlich angefallen sind. Konkret<br />

bedeutet das: Es muss die Menge Gas,<br />

Öl, Wasser oder Strom bezahlt werden,<br />

welche verbraucht wurde. In Bezug auf<br />

die Höhe der Nebenkosten ist jedoch<br />

nicht nur die bezogene Menge relevant,<br />

sondern auch die Kosten pro Einheit.<br />

Muss die Vermieterin oder der Vermieter<br />

aufgrund höherer Preise mehr für Strom-,<br />

Gas- oder anderweitige Energiequellen<br />

bezahlen, dürfen diese Mehrkosten auf<br />

die Mieterinnen und Mieter überwälzt<br />

werden.<br />

Mit der nachfolgenden Checkliste<br />

können Sie einfach und schnell überprüfen,<br />

weshalb die Nebenkosten<br />

gestiegen sind. Für die Überprüfung<br />

werden folgende Unterlagen benötigt:<br />

– Mietvertrag<br />

– aktuelle Nebenkostenabrechnung<br />

– Nebenkostenabrechnung des Vorjahres<br />

(alternativ auch noch weitere Jahre zurück)<br />

Prüfen Sie, was in Bezug auf die Nebenkosten<br />

im Mietvertrag vereinbart ist.<br />

Ist es eine Pauschale oder eine Akontozahlung?<br />

Wurde eine Pauschale vereinbart,<br />

darf Ihnen Ihr Vermieter keine jährliche<br />

Abrechnung schicken. Tut er dies<br />

Bild: Adobe Stock<br />

60<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


mediservice<br />

Bilder: Adobe Stock; zvg<br />

dennoch, raten wir Ihnen, sich rechtlich<br />

beraten zu lassen. Wurde eine Akontozahlung<br />

vereinbart, überprüfen Sie,<br />

welche Positionen vereinbart wurden.<br />

Tipp: Diese Angabe ist in der Regel<br />

beim Mietzins aufgeführt.<br />

Prüfen Sie weiter die Nebenkostenabrede<br />

im Mietvertrag. Welche Positionen<br />

sind im Mietvertrag unter Nebenkosten<br />

erwähnt?<br />

Nur die ausdrücklich als Nebenkosten<br />

erwähnten Punkte dürfen in<br />

Rechnung gestellt werden. Kosten für<br />

die Hauswartung z.B. nur dann, wenn<br />

dies im Mietvertrag so erwähnt ist.<br />

Die Nebenkostenpositionen finden Sie<br />

beim Mietzins oder in einem separaten<br />

Punkt des Mietvertrages aufgeführt.<br />

Vergleichen Sie nun die aktuelle<br />

Nebenkostenabrechnung mit derjenigen<br />

vom Vorjahr. Bei welchen Punkten sind<br />

die Kosten im Vergleich zum Vorjahr<br />

gestiegen?<br />

Wenn Sie eine Erhöhung im Bereich<br />

der Heizkosten feststellen, ist es gut<br />

möglich, dass es an den gestiegenen<br />

Energiekosten liegt.<br />

– Es sind nur die Heizkosten gestiegen:<br />

Da die Energiepreise aktuell höher sind<br />

als bislang und die Vermieterschaft berechtigt<br />

ist, die tatsächlich entstandenen<br />

Kosten auf die Mieterschaft abzuwälzen,<br />

müssen die höheren Kosten in<br />

der Regel akzeptiert werden. Als Mieterin<br />

und Mieter kann es sinnvoll sein, bei<br />

der Vermieterschaft Einsicht in die detaillierten<br />

Belege zu nehmen. Anhand<br />

dieser können Sie prüfen, ob die in<br />

Rechnung gestellten Kosten in dieser<br />

Höhe angefallen sind.<br />

– Die Kosten sind bei anderen Positionen<br />

höher geworden: Sind die Kosten auch<br />

bei anderen Positionen gestiegen, empfehlen<br />

wir Ihnen ebenfalls, Einsicht in<br />

die detaillierten Belege zu nehmen und<br />

gleichzeitig das Gespräch mit der Vermieterin<br />

oder dem Vermieter zu suchen.<br />

Sie haben mit der Vermieterschaft<br />

Akontozahlungen vereinbart und sie<br />

schlägt vor, die monatlichen Beträge<br />

zu erhöhen. Müssen Sie auf diesen<br />

Vorschlag eingehen?<br />

Als Mieterin oder Mieter müssen<br />

Sie die tatsächlich angefallenen Kosten<br />

übernehmen. Decken Ihre über das Jahr<br />

bezahlten Akontobeiträge die entstandenen<br />

Kosten nicht, müssen Sie bei<br />

Erhalt der jährlichen Nebenkostenabrechnung<br />

eine Nachzahlung leisten.<br />

Da mit steigenden Energiepreisen die<br />

Nachzahlung vermutlich um einiges<br />

höher ausfällt, macht es Sinn, dass Sie<br />

den Betrag aufteilen und monatlich<br />

bereits höhere Akontobeiträge bezahlen.<br />

So lässt sich später eine allzu hohe<br />

Nebenkostennachzahlung vermeiden.<br />

Wir empfehlen daher, den Vorschlag zur<br />

Erhöhung zu prüfen und im Gespräch<br />

mit der Vermieterin oder dem Vermieter<br />

einen geeigneten Betrag festzulegen.<br />

Sie haben in Bezug auf die Nebenkosten<br />

eine Pauschale vereinbart. Nun<br />

möchte die Vermieterin oder der Vermieter<br />

aufgrund der höheren Energiepreise<br />

die Pauschale erhöhen. Ist dies<br />

zulässig?<br />

Im Falle einer Pauschale gestaltet<br />

sich die Situation etwas anders. Die<br />

Vermieterschaft darf die Pauschale nur<br />

erhöhen, wenn sie nachweisen kann,<br />

dass die Nebenkosten über die letzten<br />

drei Jahre angestiegen sind bzw. die<br />

Pauschale diese Kosten nicht abdeckt.<br />

Da die Preise erst mit Beginn der Heizperiode<br />

2022/<strong>2023</strong> merklich steigen,<br />

AXA-ARAG<br />

AXA-ARAG bietet mediservice-<br />

Mitgliedern eine Rechtsschutzversicherung<br />

zu vorteilhaften<br />

Konditionen an.<br />

Haben Sie Fragen?<br />

Wenden Sie sich an Ihren Ansprechpartner<br />

bei mediservice <strong>vsao</strong>-asmac<br />

unter Telefon 031 350 44 22 oder per<br />

E-Mail info@mediservice-<strong>vsao</strong>.ch.<br />

kann die Vermieterschaft diesen Nachweis<br />

voraussichtlich nicht erbringen.<br />

Folglich trägt sie in diesen Fällen – zumindest<br />

in den ersten Jahren – die<br />

erhöhten Energiekosten selbst. Es ist<br />

jedoch immer denkbar, dass die Pauschale<br />

bereits in den letzten Jahren<br />

ungenügend war, so dass die Vermieterin<br />

oder der Vermieter eine Erhöhung<br />

rechtfertigen kann.<br />

Wichtig zu wissen ist ausserdem:<br />

Eine Erhöhung der Pauschale muss mit<br />

dem amtlichen Formular angezeigt<br />

werden und ist erst per nächstem vertraglichem<br />

Kündigungstermin möglich. Als<br />

Mieterin oder Mieter können Sie eine<br />

solche Erhöhung innert 30 Tagen ab<br />

Erhalt bei der Schlichtungsbehörde<br />

anfechten.<br />

Kathrin Ramseier,<br />

Fachanwältin Immobilienrecht<br />

bei der AXA-ARAG<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 61


mediservice<br />

Gesund und fit<br />

durch die<br />

Wintermonate<br />

Dank Langlaufen sind Sie draussen, halten Ihren Körper fit,<br />

bauen Stress ab und stärken damit Ihr Immunsystem. Doch wie geht<br />

eigentlich Langlaufen richtig?<br />

Bild: Copyright © Swiss Nordic Center; zvg<br />

62<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


mediservice<br />

Langlauf ist ein gelenkschonender<br />

Sport mit geringem Verletzungsrisiko.<br />

Die Sportwissenschaftlerin<br />

und ehemalige Elite-<br />

Langläuferin Karin Camenisch kennt sich<br />

mit dem menschlichen Körper bestens<br />

aus – und mit Langlauf. Welche Regeln für<br />

gesundes Langlaufen zu beachten sind,<br />

erklärt uns die Leiterin der Leistungsdiagnostik<br />

vom Kompetenzzentrum Zels im<br />

Spital Thusis.<br />

Gut (aus-)gerüstet für die Loipe<br />

Die Langlaufsaison beginnt laut Karin<br />

Camenisch Ende Sommer, wenn wir unseren<br />

Körper auf den Wintersport vorbereiten:<br />

Mit Dehnungen und Trockenübungen<br />

fürs Gleichgewicht sowie für<br />

die Stossbewegungen, welche Beine und<br />

Füsse belasten. Unser Körper brauche<br />

Vorlaufzeit, um in einen gesunden Trainingsmodus<br />

zu kommen und sich an gewisse<br />

Bewegungen zu gewöhnen. «Wir<br />

reden von ein paar Minuten pro Tag für<br />

die Stabilitätsübungen – vor dem Fernseher,<br />

auf der Arbeit am Stehtisch oder<br />

beim Kochen.» Ebenso wichtig ist die<br />

passende Ausrüstung: Welches ist der<br />

richtige Ski für meine Statur und mein<br />

Level? «Gehen Sie in ein Sportgeschäft<br />

und lassen Sie sich von geschultem Personal<br />

beraten», so Camenisch. Erkundigen<br />

Sie sich ungeniert nach Test- oder<br />

Mietmaterial, das nach einem Probelauf<br />

ausgetauscht und stetig an das Level angepasst<br />

werden kann.<br />

Skating oder Klassisch? Ausprobieren!<br />

Wer jung ist, legt sich sofort auf die Technik<br />

Skating fest: sie ist schneller, dynamischer,<br />

sportlicher. Die Frage der Technik<br />

habe aber auch mit gesundheitlichen Aspekten<br />

zu tun: «Skating bewirkt durch die<br />

seitliche Abstossbewegung Druck auf<br />

Fussgelenk und Knie.» Wer verheilte Verletzungen<br />

habe, wie beispielsweise einen<br />

Kreuzbandriss, sollte sich langsam herantasten,<br />

allenfalls sogar mit Unterstützung<br />

einer Physiotherapie. Ungeachtet von der<br />

Wahl der Technik: «Langlauf verlangt vollen<br />

Körpereinsatz und ist eine effektive<br />

Sportart für unsere Muskeln.»<br />

Auf die Ski, fertig, los …!<br />

Das Training soll nach einem Einwärmen<br />

sanft gestartet werden und das Tempo auf<br />

Kondition und Können abgestimmt sein. Die<br />

Sportwissenschaftlerin rät zudem: «Atmen<br />

Sie bei eisigen Temperaturen die trockene,<br />

kalte Luft durch einen Schlauchschal ein und<br />

schützen Sie Ihre Bronchien.» Zu einem guten<br />

Wärmehaushalt trägt nicht nur passende<br />

Funktionskleidung bei: «Mit einer Flasche<br />

Tee in Ihrer Hüfttasche sorgen Sie jederzeit<br />

für ein inneres Warm-up.» Wie nach jedem<br />

Sport, sollte auch nach dem Langlauftraining<br />

der Körper gedehnt werden. Zunächst<br />

sei es aber wichtig, die verschwitze Kleidung<br />

abzu legen und heiss zu duschen. Zu vermeiden<br />

ist der Après-Drink in der Menschenmenge.<br />

«Unser Immunsystem ist in den ersten<br />

30 Minuten nach dem Sport besonders<br />

anfällig auf Viren und Bakterien.»<br />

Die Pfeiler für Ihr gesundes Training<br />

Stimmen Gesundheit und Ausrüstung,<br />

fehlt noch der Trainingsplan. «Setzen Sie<br />

sich klare Ziele, wie oft pro Woche Sie<br />

langlaufen möchten.» Aber nicht nur das<br />

Training soll regelmässig sein, dem Körper<br />

sollen Ruhephasen gegönnt werden.<br />

«Erkennen und akzeptieren Sie Ihre Grenzen.<br />

Bei einem Übertraining überfordern<br />

und schwächen Sie Ihren Körper.»<br />

Abschliessend verrät uns Karin Camenisch<br />

ihr Geheimrezept für erfolgreichen<br />

Langlaufsport: «Vergessen Sie niemals<br />

den Spass am Sport. Denn nur mit Freude<br />

bleiben Sie auf den Langlaufski aktiv und<br />

sorgen dafür, dass Sie bis ins hohe Alter fit<br />

und gesund bleiben.»<br />

Profitieren Sie vom<br />

Langlauf und von ÖKK<br />

Entdecken Sie alle Angebote rund ums<br />

Langlaufen. Erfahren Sie, wie ÖKK<br />

Langläuferinnen und Langläufer mit<br />

ihrem NordicBonus unterstützt, sowie<br />

Tipps und Tricks für sicheres und<br />

gesundes Gleiten auf der Loipe.<br />

oekk.ch/nordicbonus<br />

Bilder: Adobe Stock<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 63


Medpension<br />

Den Versicherungsausweis<br />

der Pensionskasse<br />

richtig lesen<br />

Das neue Jahr hat kaum begonnen, und da flattert er bereits wieder<br />

ins Haus, der Versicherungsnachweis der Pensionskasse.<br />

Die Zahlen und Spalten können auf den ersten Blick etwas komplex<br />

erscheinen, sind aber mit ein paar wenigen Tipps einfacher lesbar.<br />

Wir beantworten Ihre Fragen zum Versicherungsausweis<br />

und helfen beim Interpretieren.<br />

Adrian Leiggener, Leiter Vertrieb, Marketing und Kommunikation Medpension<br />

Was ist der Versicherungsausweis und<br />

wieso wird er zugestellt?<br />

Der Versicherungsausweis (auch Pensionskassenausweis<br />

oder Vorsorgeausweis)<br />

gibt Auskunft über die voraussichtlichen<br />

Vorsorgeleistungen bei Pensionierung, Invalidität<br />

und im Todesfall sowie über das<br />

angesparte Vorsorgekapital und die mögliche<br />

Einkaufssumme. Ausserdem zeigt er<br />

auf, welchen Betrag Sie für die Finanzierung<br />

eines Eigenheims einsetzen können.<br />

Wie ist ein Vorsorgeausweis aufgebaut?<br />

Der Vorsorgeausweis einer Pensionskasse<br />

besteht in der Regel aus mehreren Abschnitten:<br />

– Personalien<br />

– Vorsorgeguthaben<br />

– Finanzierung<br />

– Freizügigkeitsleistungen und Vorbezüge<br />

– Einkaufsmöglichkeiten<br />

– Wohneigentumsförderung/Scheidung<br />

– Projektion Altersguthaben<br />

– Altersleistungen<br />

– Risikoleistungen<br />

Wozu dient die Information zum<br />

Beschäftigungsgrad?<br />

Der aktuelle Beschäftigungsgrad dient bei<br />

einer Beschäftigung von unter 100 Prozent<br />

gegebenenfalls zur Berechnung des<br />

Koordinationsabzugs (siehe dazu Fragen<br />

versicherter Risikolohn und versicherter<br />

Sparlohn.<br />

Was ist unter dem Begriff «Versicherter<br />

Risikolohn» zu verstehen?<br />

Der versicherte Risikolohn ist die Grundlage<br />

für die Höhe der ausbezahlten Leistungen<br />

im Invaliditäts- und Todesfall. Der<br />

versicherte Risikolohn ist tiefer als der<br />

massgebende Jahreslohn? Dann ist vermutlich<br />

ein Koordinationsabzug im Vorsorgeplan<br />

vorgesehen, weil die Leistungen<br />

der Pensionskasse diejenigen der AHV<br />

lediglich ergänzen sollen. Im jeweiligen<br />

Vorsorgeplan lässt sich der Koordinationsabzug<br />

bei Bedarf auch reduzieren.<br />

Was bedeutet «Versicherter Sparlohn»?<br />

Der versicherte Sparlohn ist die Basis für<br />

die Berechnung der Sparbeiträge, der Altersgutschriften<br />

und des maximalen Altersguthabens.<br />

Liegt der versicherte Sparlohn<br />

unter dem massgebenden Jahreslohn?<br />

Dann ist vermutlich ein Koordinationsabzug<br />

im Vorsorgeplan vorgesehen, da<br />

die Leistungen der beruflichen Vorsorge<br />

die erste Säule (AHV) lediglich ergänzen<br />

sollen. Im Vorsorgeplan lässt sich der Koordinationsabzug<br />

bei Bedarf auch reduzieren.<br />

Was ist ein «Vorhandenes Vorsorgeguthaben»?<br />

Das vorhandene Vorsorgeguthaben umfasst<br />

das vorhandene Altersguthaben. Es<br />

setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen:<br />

– eingebrachte Freizügigkeitsleistungen<br />

– einbezahlte Beiträge von Arbeitnehmerin<br />

oder Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber<br />

– getätigte reglementarische Einkäufe<br />

– die aus den obigen Summen entstandenen<br />

Zinsen<br />

– Erfolgsbeteiligungen, mit denen einzelne<br />

Pensionskassen das Vorsorgeguthaben<br />

freiwillig ergänzen<br />

Wofür steht «Mindestaltersguthaben<br />

gemäss BVG»?<br />

Die Pensionskasse stellt sicher, dass die<br />

gesetzlichen Mindestguthaben nach BVG<br />

nicht unterschritten werden. Der Gesetzgeber<br />

regelt auch die Verzinsung.<br />

Wozu gibt es den Verwaltungskostenbeitrag<br />

pro Jahr?<br />

Die Verwaltungskostenbeiträge decken<br />

den gesamten Verwaltungsaufwand der<br />

Pensionskasse ab. Eine detaillierte Aufstellung<br />

über die Verwendung der Verwaltungskostenbeiträge<br />

ist in den Geschäftsberichten<br />

der Vorsorgestiftungen ersichtlich.<br />

Was beinhaltet der Betrag<br />

«Beitrag pro Monat»?<br />

Der Beitrag pro Monat umfasst die Summe<br />

aller vom Arbeitgeber sowie vom Arbeitnehmer<br />

oder von der Arbeitnehmerin einbezahlten<br />

monatlichen Beiträge. Sie wer-<br />

64<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Medpension<br />

den zu mindestens 50 Prozent durch den<br />

Arbeitgeber finanziert. Selbständigerwerbende<br />

Versicherte begleichen sowohl die<br />

Beträge von «Arbeitgeber» als auch diejenigen<br />

von «Arbeitnehmer».<br />

Was bedeutet ein möglicher Einkauf?<br />

Das Sparkapital oder die Altersrente lässt<br />

sich erhöhen, indem Versicherte freiwillige<br />

Einkäufe in die zweite Säule vornehmen.<br />

Der maximal mögliche Einkaufsbetrag<br />

entspricht der Beitragslücke zwischen<br />

effektivem Altersguthaben und dem maximal<br />

möglichen Sparbetrag gemäss Reglement<br />

bis zum Stichtag. Vor einem Einkauf<br />

ist von der Pensionskasse stets eine konkrete<br />

Berechnung des Einkaufspotentials<br />

zu verlangen.<br />

Weshalb werden die Einkäufe der<br />

letzten drei Jahre separat ausgewiesen?<br />

Die Einkäufe der letzten drei Jahre sind<br />

zum besseren Verständnis separat aufgeführt,<br />

weil Versicherte ihre Einkäufe innerhalb<br />

von drei Jahren nach der Einzahlung<br />

nicht als Kapital für die Wohneigentumsförderung<br />

oder für die Pensionierung<br />

beziehen dürfen.<br />

tersguthaben in eine lebenslange Altersrente<br />

umrechnet. Ein Mindestumwandlungssatz<br />

für die Berechnung der Altersrente<br />

nach BVG ist im Gesetz geregelt.<br />

Was sagt die Spalte «Rente/Jahr» aus?<br />

Jede aktiv versicherte Person im Rentenalter<br />

(bzw. im vorzeitigen Rentenalter bei<br />

vorgezogener Pensionierung), hat Anspruch<br />

auf eine lebenslange Altersrente.<br />

Die Altersrente entsteht aus dem im Zeitpunkt<br />

der Pensionierung vorhandenen<br />

Altersguthaben, multipliziert mit dem<br />

Umwandlungssatz.<br />

Wozu dient der Wert «Freizügigkeitsleistung<br />

bei Heirat»?<br />

Dieser Wert sowie das Datum sind von Gesetzes<br />

wegen im Versicherungsausweis<br />

festzuhalten und bei einem Übertritt in<br />

eine neue Vorsorgestiftung zu melden.<br />

2,50 Prozent Zins bei<br />

Medpension<br />

Medpension <strong>vsao</strong> asmac lässt ihre<br />

Versicherten am langjährigen Erfolg<br />

der Stiftung teilhaben und gewährt im<br />

Jahr 2022 mit 2,50 Prozent erneut eine<br />

überdurchschnittliche Verzinsung auf<br />

das gesamte Alterskapital.<br />

Für weiterführende<br />

Informationen<br />

Medpension <strong>vsao</strong> asmac<br />

Brunnhofweg 37, Postfach 319<br />

3000 Bern 14, Tel. 031 560 77 77<br />

info@medpension.ch<br />

www.medpension.ch<br />

Bild: Adobe Stock<br />

Welche Rolle spielt der<br />

Umwandlungssatz?<br />

Der Umwandlungssatz ist der Prozentsatz,<br />

mit dem die Pensionskasse das zum Zeitpunkt<br />

der Pensionierung vorhandene Al-<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 65


Impressum<br />

Kontaktadressen der Sektionen<br />

<strong>Nr</strong>. 1 • 42. Jahrgang • <strong>Februar</strong> <strong>2023</strong><br />

Herausgeber/Verlag<br />

AG<br />

VSAO Sektion Aargau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

mediservice <strong>vsao</strong>-asmac<br />

Bollwerk 10, Postfach, 3001 Bern<br />

Telefon 031 350 44 88<br />

journal@<strong>vsao</strong>.ch, journal@asmac.ch<br />

www.<strong>vsao</strong>.ch, www.asmac.ch<br />

Im Auftrag des <strong>vsao</strong><br />

Redaktion<br />

Catherine Aeschbacher (Chefredaktorin),<br />

Kerstin Jost, Fabian Kraxner, Maya Cosentino,<br />

Bianca Molnar, Patricia Palten, Léo Pavlopoulos,<br />

Lukas Staub, Anna Wang<br />

Geschäfts ausschuss <strong>vsao</strong><br />

Angelo Barrile (Präsident), Nora Bienz<br />

(Vizepräsidentin), Severin Baerlocher,<br />

Christoph Bosshard (Gast), Marius Grädel,<br />

Patrizia Kündig, Richard Mansky,<br />

Gert Printzen, Svenja Ravioli, Patrizia Rölli,<br />

Martin Sailer, Jana Siroka, Clara Ehrenzeller<br />

(swimsa)<br />

Druck, Herstellung und Versand<br />

Stämpfli AG, Kommunikationsunternehmen,<br />

Wölflistrasse 1, 3001 Bern<br />

Telefon +41 31 300 66 66<br />

info@staempfli.com, www.staempfli.com<br />

Layout<br />

Oliver Graf<br />

Titelillustration<br />

Stephan Schmitz<br />

Inserate<br />

Zürichsee Werbe AG, Fachmedien,<br />

Markus Haas, Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa<br />

Telefon 044 928 56 53<br />

E-Mail <strong>vsao</strong>@fachmedien.ch<br />

Auflagen<br />

Druckauflage: 22 100 Expl.<br />

WEMF/KS-Beglaubigung 2022: 21 697 Expl.<br />

Erscheinungshäufigkeit: 6 Hefte pro Jahr.<br />

Für <strong>vsao</strong>-Mitglieder im Jahresbeitrag<br />

inbegriffen.<br />

ISSN 1422-2086<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2/<strong>2023</strong> erscheint im<br />

April <strong>2023</strong>. Thema: Partnerschaft<br />

© <strong>2023</strong> by <strong>vsao</strong>, 3001 Bern<br />

Printed in Switzerland<br />

BL/BS<br />

VSAO Sektion beider Basel, Geschäftsleiterin und Sekretariat:<br />

lic. iur. Claudia von Wartburg, Advokatin, Hauptstrasse 104,<br />

4102 Binningen, Tel. 061 421 05 95, Fax 061 421 25 60,<br />

sekretariat@<strong>vsao</strong>-basel.ch, www.<strong>vsao</strong>-basel.ch<br />

BE VSAO Sektion Bern, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern, Tel. 031 381 39 39,<br />

info@<strong>vsao</strong>-bern.ch, www.<strong>vsao</strong>-bern.ch<br />

FR<br />

ASMAC Sektion Freiburg, Sanae Chemlal, Rue du Marché 36, 1630 Bulle,<br />

presidence@asmaf.ch<br />

GE Associations des Médecins d’Institutions de Genève, Postfach 23,<br />

Rue Gabrielle-Perret-Gentil 4, 1211 Genf 14, amig@amig.ch, www.amig.ch<br />

GR<br />

JU<br />

NE<br />

VSAO Sektion Graubünden, Kornplatz 2, 7000 Chur, Samuel B. Nadig,<br />

lic. iur. HSG, RA Geschäftsführer/Sektionsjurist, Tel. 081 256 55 55,<br />

info@<strong>vsao</strong>-gr.ch, www.<strong>vsao</strong>-gr.ch<br />

ASMAC Sektion Jura, Bollwerk 10, 3001 Bern, sekretariat@<strong>vsao</strong>.ch<br />

Tel. 031 350 44 88<br />

ASMAC Sektion Neuenburg, Joël Vuilleumier, Jurist,<br />

Rue du Musée 6, Postfach 2247, 2001 Neuenburg,<br />

Tel. 032 725 10 11, vuilleumier@valegal.ch<br />

SG/AI/AR VSAO Sektion St. Gallen-Appenzell, Bettina Surber, Oberer Graben 44,<br />

9000 St. Gallen, Tel. 071 228 41 11, Fax 071 228 41 12,<br />

surber@anwaelte44.ch<br />

SO<br />

TI<br />

TG<br />

VD<br />

VS<br />

VSAO Sektion Solothurn, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

ASMAC Ticino, Via Cantonale 8-Stabile Qi, 6805 Mezzovico-Vira,<br />

segretariato@asmact.ch<br />

VSAO Sektion Thurgau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

ASMAV, case postale 9, 1011 Lausanne-CHUV,<br />

asmav@asmav.ch, www.asmav.ch<br />

ASMAVal, p.a. Maître Valentine Gétaz Kunz,<br />

Ruelle du Temple 4, CP 20, 1096 Cully, contact@asmaval.ch<br />

Zentralschweiz (LU, ZG, SZ, GL, OW, NW, UR)<br />

VSAO Sektion Zentralschweiz, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

ZH/SH<br />

VSAO ZH/SH, RA lic. iur. Susanne Hasse,<br />

Geschäftsführerin, Nordstrasse 15, 8006 Zürich, Tel. 044 941 46 78,<br />

susanne.hasse@<strong>vsao</strong>-zh.ch, www.<strong>vsao</strong>-zh.ch<br />

Publikation<strong>2023</strong><br />

FOKUSSIERT<br />

KOMPETENT<br />

TRANSPARENT<br />

Gütesiegel Q-Publikation<br />

des Verbandes Schweizer Medien<br />

66<br />

1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Allgemeine<br />

Innere Medizin<br />

06. – 10.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />

40 h<br />

Innere Medizin<br />

20. – 24.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />

40 h<br />

Hausarzt<br />

Fortbildungstage<br />

09. – 10.03.<strong>2023</strong> St. Gallen<br />

14 Credits SGAIM<br />

23. – 24.03.<strong>2023</strong> Bern<br />

14 h<br />

Anästhesiologie<br />

und Intensivmedizin<br />

16. – 17.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />

16 h<br />

EKG – Grundkurs 14 h<br />

05. – 06.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Gynäkologie<br />

24 h<br />

27. – 29.04.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Nephrologie<br />

15 h<br />

23. – 24.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Neurologie 16 Credits SNG<br />

12. – 13.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Ophthalmologie 15 h<br />

08. – 09.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Pädiatrie<br />

24 h<br />

26. – 28.04.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Pneumologie<br />

14 h<br />

12. – 13.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Psychiatrie und<br />

Psychotherapie<br />

04. – 06.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Urologie<br />

12.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />

24 h<br />

7 h<br />

Update Refresher<br />

Alle weiteren Kurse im Jahr <strong>2023</strong><br />

auf www.fomf.ch<br />

Information / Anmeldung<br />

Tel.: 041 567 29 80 | info@fomf.ch | www.fomf.ch<br />

Hybrid: Teilnahme vor Ort oder via Livestream<br />

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