vsao Journal Nr. 1 - Februar 2023
Frequenz - was das Hertz bewegt Politik - Spitäler im Notfallmodus Betablocker - Anwendung in der pädiatrischen Dermatologie Husten - die pharmakologische Sicht
Frequenz - was das Hertz bewegt
Politik - Spitäler im Notfallmodus
Betablocker - Anwendung in der pädiatrischen Dermatologie
Husten - die pharmakologische Sicht
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<strong>vsao</strong><br />
<strong>Nr</strong>. 1, <strong>Februar</strong> <strong>2023</strong><br />
<strong>Journal</strong><br />
Das <strong>Journal</strong> des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />
Frequenz<br />
Was das Hertz<br />
bewegt<br />
Seite 24<br />
Politik<br />
Spitäler im<br />
Notfallmodus<br />
Seite 6<br />
Betablocker<br />
Anwendung in<br />
der pädiatrischen<br />
Dermatologie<br />
Seite 52<br />
Husten<br />
Die pharmakologische<br />
Sicht<br />
Seite 54
Inhalt<br />
Frequenz<br />
Was das Hertz bewegt<br />
Coverbild: Stephan Schmitz<br />
Editorial<br />
5 Mit schöner Regelmässigkeit<br />
Politik<br />
6 Spitäler am Anschlag<br />
9 Auf den Punkt gebracht<br />
Weiterbildung /<br />
Arbeitsbedingungen<br />
10 Wie das lange Warten verkürzt<br />
werden kann<br />
13 Im AA-Universum<br />
<strong>vsao</strong><br />
14 Ein durch schlagender Erfolg<br />
16 «Weibliche Vorbilder in der Medizin<br />
sollen greifbarer werden»<br />
18 Neues aus den Sektionen<br />
22 <strong>vsao</strong>-Inside<br />
23 <strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />
Perspektiven<br />
52 Aktuelles zu Betablockern:<br />
Einsatz in der pädiatrischen<br />
Dermatologie<br />
54 Aus der «Therapeutischen<br />
Umschau» – Übersichtsarbeit:<br />
Husten aus pharmakologischer Sicht<br />
59 Der besondere Ort<br />
mediservice<br />
60 Briefkasten<br />
62 Gesund und fit durch die<br />
Wintermonate<br />
Medpension<br />
64 Den Versicherungs ausweis der<br />
Pensionskasse richtig lesen<br />
66 Impressum<br />
Fokus: Frequenz<br />
24 Von blass zu braungebrannt<br />
und zurück<br />
28 Vom Klang im Konzertsaal zum<br />
Piepsen im OP<br />
30 Der Pulsschlag der Schweiz<br />
32 Rufe in der Dunkelheit<br />
36 Den richtigen Ton treffen<br />
40 Die Umgebung mit den Ohren sehen<br />
45 Am siebten Tag sollst du ruhen<br />
48 Theta-Wellen sind zentral für die<br />
Regulation von Emotionen<br />
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<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 3
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Medizin,<br />
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Story<br />
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Fachärztin Innere +<br />
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Medizin,<br />
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#TGL<strong>2023</strong>
Editorial<br />
Mit schöner<br />
Regelmässigkeit<br />
Catherine Aeschbacher<br />
Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />
Ein ganzes Jahrhundert hat es gedauert, bis die Existenz<br />
von Gravitationswellen belegt werden konnte. 1916 hatte<br />
Albert Einstein deren Existenz theoretisch begründet.<br />
Er bezweifelte jedoch, dass es jemals möglich sein würde,<br />
eine solche Welle zu messen. Im <strong>Februar</strong> 2016 veröffentlichte ein Team<br />
von drei amerikanischen Physikern die Resultate seiner Forschung.<br />
Wenige Monate zuvor war es ihnen gelungen, erstmals eine Gravitationswelle<br />
direkt zu messen. Für diesen Durchbruch erhielten<br />
die Forscher 2017 den Nobelpreis für Physik. Wie alle Wellen weisen<br />
Gravitationswellen Frequenzen auf; der Bereich liegt übrigens<br />
zwischen 10 –18 und 10 4 Hertz.<br />
Alle fünf Sekunden legt eine Termitenkönigin ein Ei. Eingemauert<br />
in einer kleinen Kammer verbringt sie zusammen mit dem Termitenkönig<br />
ihr Leben, unablässig mit der Produktion von Nachwuchs<br />
beschäftigt. Diese und weitere «tierische» Frequenzen, etwa das Sonar<br />
der Fledermäuse, finden sich in unserem Schwerpunkt zum Thema<br />
Frequenz. Von der Fähigkeit der Fledermäuse, den Raum mittels<br />
Schallwellen zu erkennen, wurde Daniel Kish inspiriert. Der bereits<br />
als Kleinkind erblindete Kish entwickelte die sogenannte Klick sonar-<br />
Technik, die Blinden und Sehbehinderten hilft, den Raum «mit den<br />
Ohren zu erfahren». Mehr dazu ebenfalls im Fokusteil. Um die Ohren<br />
beziehungsweise um den guten Ton geht es in der Reportage über die<br />
Geigenbauschule Brienz und im Artikel über die Akustik von Konzertund<br />
Operationssälen. Die Anzahl regelmässig wiederkehrender<br />
Ereignisse in einem bestimmten Zeitraum beschränkt sich jedoch<br />
keineswegs auf die Physik oder die Natur. Das zeigt unser Text zu<br />
Frequenzen in den Religionen: Durch die Abfolge von Arbeits- und<br />
Feiertagen haben sie bis heute einen grossen Einfluss auf unseren<br />
Lebensrhythmus.<br />
Mit (un)schöner Regelmässigkeit bekommt eine Abfuhr, wer momentan<br />
freie Spitalbetten sucht. Assistenzärztinnen und -ärzte verbringen<br />
Stunden mit derartigen Anfragen. Schuld an den «geschlossenen<br />
Betten» sind primär der Mangel an Pflegefachkräften, fehlende Koordination<br />
sowie verfehlte gesundheitspolitische Entscheidungen.<br />
Mehr hierzu im Politikteil.<br />
Regelmässig wiederkehrend – wenigstens im Jahr <strong>2023</strong> – sind schliesslich<br />
unsere beiden neuen Kolumnen. In der Rubrik «Weiterbildung/<br />
Arbeitsbedingungen» beschreibt Camille Bertossa ihre ersten Erfahrungen<br />
als Assistenzärztin. Und unter dem Titel «Der besondere Ort»<br />
verraten die Redaktionsmitglieder des <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>s ihre Lieblingsplätze.<br />
Den Auftakt macht ein spezielles Chalet, das zu frequentieren<br />
sich zweifellos lohnt.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 5
Politik<br />
Spitäler<br />
am Anschlag<br />
Fahren wir unser Gesundheitssystem sehenden Auges an die Wand?<br />
Diese Frage stellt sich in Anbetracht der angespannten Lage in den Schweizer<br />
Spitälern tatsächlich. Doch es gibt Wege aus der Krise.<br />
Severin Baerlocher, Geschäftsausschuss <strong>vsao</strong><br />
Die Situation ist angespannt. Viele Spitäler laufen schon seit längerem am Limit und können wegen fehlenden Personals nicht genügend Betten betreiben.<br />
Die schweizerische Ärzteschaft<br />
lernt gerade, sich in neuen<br />
Tätigkeitsfeldern zurechtzufinden.<br />
Kaderärztinnen und<br />
-ärzte in Schweizer Spitälern erhalten<br />
mehr und mehr Zuschriften von frustrierten<br />
und verzweifelten Patientinnen und<br />
Patienten, welche vorzeitig entlassen wurden,<br />
die trotz akuter Erkrankung nicht<br />
aufgenommen wurden oder deren Termin<br />
für einen elektiven Eingriff wieder und<br />
wieder verschoben werden musste. Die<br />
angesprochenen Ärztinnen und Ärzte betätigen<br />
sich gezwungenermassen als Blitzableiter<br />
und verfassen Antwortschreiben,<br />
in denen sie den Patientinnen und Patienten<br />
die aktuelle Situation und die Gründe<br />
dafür erläutern. Assistenzärztinnen und<br />
-ärzte arbeiten derweil neu als teil- bis<br />
vollzeitangestellte Bettendisponentinnen<br />
und -disponenten. Wie kam es dazu?<br />
Ein typischer Arbeitstag auf einer beliebigen<br />
Notfallstation in der Schweiz<br />
sieht heutzutage leider immer mehr wie<br />
folgt aus: Am späten Nachmittag oder frühen<br />
Abend erhält das Behandlungsteam<br />
des Notfalls die Meldung, dass hausintern<br />
Bild: WavebreakMediaMicro / Adobe Stock<br />
6<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Politik<br />
sämtliche Betten belegt seien, mit Ausnahme<br />
von 1–2 Männer-, Frauen- oder<br />
IMC-Betten. Dass zu diesem Zeitpunkt<br />
noch in allen drei Kategorien Betten frei<br />
wären, kommt praktisch nicht mehr vor.<br />
Nun beginnt die neue Tätigkeit der Assistenzärztinnen<br />
und -ärzte im Fachgebiet<br />
Bettendisposition. Sie telefonieren, zusätzlich<br />
zu ihrer angestammten medizinischen<br />
Tätigkeit, die umliegenden Spitäler<br />
ab. Sie beginnen bei den in nächster Nähe<br />
gelegenen Spitälern und arbeiten sich<br />
durch eine lange Liste, auf der die bereits<br />
voll belegten Spitäler markiert werden.<br />
Schnell landen sie in Nachbarkantonen,<br />
wo leider ebenfalls nur noch wenige Spitalbetten<br />
frei sind.<br />
Zeitgleich erhält die Oberärztin oder<br />
der Oberarzt der Notfallstation den Anruf<br />
eines weiter entfernten Spitals: «Ist bei Ihnen<br />
noch ein Männerbett frei?» Die Antwort<br />
lautet: «Leider nein, wir sind selbst bereits<br />
auf der Suche nach einem solchen.» Immerhin,<br />
mit diesem Gespräch kann die Liste<br />
bereits voller Spitäler abgeglichen und weitere<br />
unnötige Telefonate vermieden werden.<br />
Schliesslich wird meistens doch noch<br />
ein Bett gefunden. Der Bettendisponent/<br />
Assistenzarzt erfährt aber auch, dass einzelne<br />
Notfallstationen ihre Patientinnen<br />
und Patienten mangels Alternativen bereits<br />
auf dem Notfall übernachten lassen.<br />
Die Probleme sind hausgemacht<br />
Woran liegt es, dass in der Schweiz eine<br />
seit dem Sommer immer schlimmer werdende<br />
Bettenknappheit grassiert? Es kumulieren<br />
sich mehrere Ursachen:<br />
1. Fehlannahmen: In den letzten Jahren<br />
wurden in zahlreichen Kantonen kleinere<br />
Spitäler geschlossen, um Kosten zu<br />
sparen. Die Expertinnen und Experten,<br />
die diese Entscheide fällten, nahmen<br />
vermutlich an, dass die frei werdenden<br />
Pflegefachleute an die weiterhin betriebenen<br />
grösseren Spitäler wechseln würden.<br />
Heute wissen wir, dass diese Annahme<br />
leider falsch war. Bei einigen<br />
Pflegenden war möglicherweise der<br />
Überdruss nach fast drei Jahren Pandemie<br />
zu gross, bei anderen die Angst zu<br />
stark, in einem grossen Spital nur eine<br />
Nummer zu sein und unzählige unattraktive<br />
Dienste leisten zu müssen. Wieder<br />
andere hätten möglicherweise gerne<br />
gewechselt, aber die Pendeldistanz war<br />
ihnen zu weit. Jedenfalls können die<br />
nach der Schliessung der kleinen Häuser<br />
neu geschaffenen Betten an Zentrumsspitälern<br />
aktuell mangels Personal<br />
nicht alle betrieben werden.<br />
2. Bürokratie: Die verbleibenden Pflegefachkräfte<br />
verbringen heute einen<br />
Grossteil ihrer Zeit mit Bürotätigkeiten.<br />
Für die eigentliche pflegerische Tätigkeit<br />
bleibt vielen nur noch die Hälfte der<br />
Arbeitszeit. Den Rest verbringen sie mit<br />
der Erfassung ihrer Tätigkeit in Abrechnungstools<br />
und dem Dokumentieren<br />
erledigter Tätigkeiten.<br />
3. Mangelnde Koordination: Etliche freie<br />
Betten sind vermutlich gar nicht bekannt.<br />
Einerseits werden für elektive<br />
Eintritte Betten gesperrt, die eigentlich<br />
von den Kolleginnen und Kollegen auf<br />
dem Notfall benötigt werden. Andererseits<br />
fehlt ein Gesamtüberblick. Jedes<br />
Spital versucht auf eigene Faust, freie<br />
Betten bei benachbarten Spitälern zu<br />
finden.<br />
Mehr Koordination – weniger<br />
Bürokratie<br />
Die aktuell angespannte Bettenlage liesse<br />
sich aber mit vergleichsweise einfachen<br />
Massnahmen spürbar entschärfen.<br />
Kurzfristig kann eine nationale Bettenkoordination<br />
Besserung bringen. Eine<br />
solche war schon während der Pandemie<br />
zeitweise in Betrieb und könnte z.B. durch<br />
die Rega oder eine andere übergeordnete<br />
nationale Organisation bereitgestellt werden.<br />
Hierfür muss die aktuelle Notlage anerkannt<br />
werden. Die Spitäler würden dazu<br />
angehalten, täglich über freie Betten zu<br />
informieren, wonach diese durch die Koordinationsstelle<br />
disponiert würden. Die<br />
Teams in den Notfallzentren würden so<br />
unmittelbar und spürbar entlastet.<br />
Mittelfristig müssen die Pflegenden<br />
und die Ärzteschaft von ihrer exorbitanten<br />
bürokratischen Dokumentationspflicht<br />
entlastet werden. Viel zu häufig<br />
müssen derzeit Informationen schriftlich<br />
festgehalten werden, die letztlich doppelt<br />
und dreifach existieren. Ziel innerhalb eines<br />
Spitals muss es sein, dass Informationen<br />
nur einmal erhoben werden müssen<br />
und dann allen beteiligten Ärztinnen und<br />
Ärzten sowie Pflegenden zur Verfügung<br />
stehen. Auch das elektronische Patientendossier<br />
(EPD) wäre in diesem Bereich hilfreich,<br />
weshalb dessen Weiterentwicklung<br />
mit Hochdruck vorangetrieben werden<br />
muss.<br />
Zurück zur initialen Frage: Fahren wir<br />
unser Gesundheitssystem sehenden Auges<br />
an die Wand? Wenn die schweizerische<br />
Gesundheitspolitik nicht in der Lage ist,<br />
rasch wirksame Lösungen für die aktuelle<br />
Notlage der Spitäler zu finden und zu realisieren,<br />
besteht zumindest die reelle Gefahr.<br />
Die Lösung der oben beschriebenen<br />
Problemfelder ist unerlässlich und dringend.<br />
Die Frustration des Gesundheitspersonals<br />
steigt sonst weiter an, und ein<br />
gefährlicher Teufelskreis nimmt mehr<br />
und mehr an Fahrt auf.<br />
Wenn Konsens über die aktuell gefährliche<br />
Lage besteht, und beherzt und<br />
schnell eingegriffen wird, können die Spitäler<br />
in der ganzen Schweiz jedoch substantiell<br />
entlastet werden.<br />
@<strong>vsao</strong>asmac<br />
Geschäftsausschuss <strong>vsao</strong><br />
Severin Baerlocher<br />
ist Mitglied des<br />
<strong>vsao</strong>-Geschäftsausschusses<br />
und arbeitet<br />
als Oberarzt auf der<br />
Inneren Medizin in<br />
einem Regionalspital.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 7
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Politik<br />
Eine etwas andere<br />
Steuererklärung<br />
Bild: zvg<br />
Kleiner Rückblick: Im September 2015 stellte das<br />
Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan)<br />
in der BAG-Plattform «Zukunft ärztliche Bildung»<br />
seinen Entwurf eines «Modells zur Ermittlung des<br />
zukünftigen Bedarfs an Ärztinnen und Ärzten nach Fachgebiet»<br />
vor. Der Plan: steuern.<br />
Oder noch weiter zurück: Am 3. Juli 2002 beschloss der<br />
Bundesrat die Einschränkung der Zulassung von Ärztinnen und<br />
Ärzten zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenversicherung.<br />
Nach verschiedenen Übergangslösungen und<br />
Provisorien hat der Bund mittlerweile eine definitive<br />
Regelung eingeführt. Auch hier das Ziel: steuern.<br />
Zurück in die Gegenwart. In der Westschweiz<br />
läuft das Projekt «Réformer» mit<br />
dem Ziel, die Koordination der ärztlichen<br />
Weiterbildung und ihre Qualität zu verbessern<br />
sowie die Zahl und Verteilung<br />
der Weiterbildungsplätze zu regulieren,<br />
also zu steuern.<br />
Und schliesslich befasst sich das<br />
im BAG angesiedelte Gremium «Koordination<br />
der ärztlichen Weiterbildung»<br />
seit Herbst 2019 mit Fragen<br />
wie: Haben wir in der Schweiz genügend<br />
Ärztinnen und Ärzte? Haben wir<br />
die richtigen? Sind sie am richtigen Ort<br />
tätig? Und ja, erraten, auch da geht es um<br />
eine Steuerung.<br />
Dieser Wunsch oder eher der Druck kommt<br />
aus der Politik. Die Verwaltung hat dies aber teilweise<br />
sehr bereitwillig aufgenommen. Und auch wenn es<br />
manchmal als Sicherung der Weiterbildungs-, Behandlungsoder<br />
Versorgungsqualität verpackt wird: Ehrlicherweise soll<br />
am Ende in erster Linie gespart werden. Es darf nirgends eine<br />
Ärztin oder einen Arzt zu viel geben, weil das kostet.<br />
Vorstellung: Wir berechnen heute, wie viele Radiologinnen<br />
und Radiologen es in zehn Jahren in der Stadt Bern braucht und<br />
dirigieren dann die passenden Leute durch die Aus- und Weiterbildung,<br />
damit sie in zehn Jahren auf den Punkt an der richtigen<br />
Stelle rauskommen und den stationären und ambulanten<br />
Bedarf optimal decken.<br />
Das tönt vielleicht auf den ersten Blick verlockend schlau.<br />
Es gibt aber ein Problem. Weder der Bedarf noch das Angebot<br />
lassen sich so genau voraussagen oder gar berechnen. Da gibt es<br />
einfach zu viele Unbekannte, und wir wissen nicht erst seit der<br />
Corona-Pandemie, dass sich (auch) im Schweizer Gesundheitswesen<br />
innert weniger Jahre sehr viel ändern kann, erst recht in<br />
einem Zeitraum von zehn Jahren. Vor diesem Hintergrund ist<br />
Auf den<br />
Punkt<br />
gebracht<br />
Vorsicht geboten beim Erstellen von entsprechenden Planungsund<br />
Steuerungsmodellen, und vor allem müssen dabei auch die<br />
Grenzen solcher Modelle beachtet und kommuniziert werden.<br />
Denn es geht um nicht weniger als die Gesundheitsversorgung in<br />
unserem Land. Aktuell erleben wir gerade schmerzlich, was<br />
passiert, wenn der Druck auf das Personal durchschlägt. Das<br />
Pflegepersonal fehlt, Betten müssen gesperrt, Behandlungen<br />
verschoben und Patientinnen und Patienten verlegt oder vertröstet<br />
werden. Auch das ärztliche Personal muss einen Teil<br />
dieser Misere ausbaden.<br />
Ich bin versucht zu fragen: «Nichts gelernt?»<br />
Die nicht durchdachten Effizienzgelüste mit<br />
immer mehr steuernden Eingriffen und<br />
erhöhtem Spardruck führen beim Personal<br />
direkt zu schlechteren Arbeits- und<br />
Weiterbildungsbedingungen. Warum<br />
wird das immer erst dann anerkannt,<br />
wenn das Personal knapp und das<br />
Problem akut ist? So braucht es dann<br />
dringliche Massnahmen, um die im<br />
Beruf verbliebenen Mitarbeitenden<br />
zu halten, und eine Ausbildungsoffensive,<br />
um längerfristig wieder<br />
Personal zu finden. Ärzteschaft und<br />
Pflegepersonal sind nicht einfach<br />
nur lästige Kostenverursacher, die es in<br />
die Schranken zu weisen und an die enge<br />
Leine zu legen gilt. Sie sind die Grundpfeiler<br />
unserer Gesundheitsversorgung. Wir müssen<br />
Sorge zu ihnen tragen. Eingriffe in den Berufsalltag<br />
und in den beruflichen Werdegang und Einschränkungen<br />
dürfen nicht von realitätsfremden Zielen oder pauschalen Urteilen<br />
gelenkt werden. Das rächt sich, personell und finanziell. Notwendig<br />
sind eine ehrliche Besonnenheit und eine sachliche Weitsicht.<br />
Für uns als <strong>vsao</strong> heisst das: Die ärztliche Weiter- und Fortbildung<br />
muss geschützt und gewährleistet werden, und die<br />
Arbeitsbedingungen sind nachhaltig so zu verbessern, dass uns<br />
auch in fünf oder zehn Jahren genügend motivierte Ärztinnen<br />
und Ärzte mit dem nötigen Fachwissen zur Verfügung stehen.<br />
Simon Stettler,<br />
Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 9
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
Facharzttitel<br />
Wie das lange<br />
Warten verkürzt<br />
werden kann<br />
Viele <strong>vsao</strong>-Mitglieder klagen über die Bearbeitungsdauer<br />
der Anträge für Facharzttitel. Im SIWF gibt es tatsächlich Potenzial<br />
für Verbesserungen. Aber auch Ärztinnen und Ärzte können dazu<br />
beitragen, die Dauer der Gesuchsbearbeitung zu senken.<br />
Christoph Hänggeli, Geschäftsführer des SIWF<br />
Das e-Logbuch sollte unbedingt schon bei Beginn der Weiterbildung eröffnet und kontinuierlich<br />
nachgeführt werden.<br />
Das Schweizerische Institut für<br />
ärztliche Weiter- und Fortbildung<br />
(SIWF) ist als vom Bund<br />
akkreditierte Institution für<br />
die Regelung und Umsetzung der ärztlichen<br />
Weiterbildung verantwortlich. Dazu<br />
gehört insbesondere die Prüfung der Voraussetzungen<br />
zur Erteilung der 45 Facharzt<br />
titel und über 100 weiteren Qualifikationen.<br />
Im SIWF sind alle wichtigen<br />
Akteure vereinigt: Fachgesellschaften,<br />
<strong>vsao</strong>, VLSS, Fakultäten und weitere wichtige<br />
Institutionen wie BAG, GDK und H+.<br />
Die Geschäftsstelle des SIWF steht als<br />
Ansprechpartnerin allen Ärztinnen und<br />
Ärzten für sämtliche Belange der Weiterund<br />
Fortbildung zur Verfügung. Das SIWF<br />
ist bestrebt, mit den modernsten Instrumenten<br />
der Medical Education eine hohe<br />
Weiterbildungsqualität sicherzustellen<br />
(EPAs, Assessments, strukturierte Weiterbildung).<br />
Gleichzeitig sollen die Lernziele<br />
in der vorgegebenen Weiterbildungsdauer<br />
erreichbar sein, damit der Einstieg in<br />
die selbständige Tätigkeit zeitgerecht<br />
möglich ist. Der Aufwand zur Entwicklung<br />
von e-Tools, welche die Administration<br />
und Dokumentation der Weiterbildung<br />
erleichtern, ist enorm. Insbesondere<br />
beim e-Logbuch sind aufgrund der Komplexität<br />
der vielen ineinander verzahnten<br />
Weiterbildungsprogramme immer noch<br />
mehrere Baustellen offen, die der Fertigstellung<br />
harren. Unsere Medizininformatik<br />
arbeitet unter Hochdruck an Lösungen,<br />
die eine optimale und kundenorientierte<br />
Dienstleistung sicherstellen<br />
sollen. Die damit verbundenen Probleme<br />
und der schwierigen Arbeitsmarktsituati-<br />
Bild: thodonal / Adobe Stock<br />
10<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
on geschuldete Personalengpässe haben<br />
zur Folge, dass die Bearbeitungsdauer bei<br />
Anträgen leider nicht unseren Vorstellungen<br />
entspricht. Die Bearbeitungszeiten<br />
bei Anträgen betragen momentan ein bis<br />
drei Monate oder bei unvollständigen<br />
Dossiers auch mehr. Zudem müssen wir<br />
die telefonische Erreichbarkeit auf den<br />
Nachmittag beschränken. Wir setzen uns<br />
mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln<br />
dafür ein, diese Situation zu verbessern.<br />
Wir nutzen die vorhandenen Ressourcen<br />
so effizient wie möglich und bitten<br />
um Verständnis für die zum Teil langen<br />
Bearbeitungszeiten.<br />
Ärztinnen und Ärzte können helfen<br />
Um die Situation zu verbessern, können<br />
aber auch Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung<br />
ihren Teil beitragen. Immer wieder<br />
stellen wir fest, dass Anträge unvollständig,<br />
zu früh oder zu spät eingereicht<br />
werden. Das verlängert wiederum die Bearbeitungszeiten<br />
für alle Gesuchstellenden,<br />
da aufwändige Rückfragen nötig werden.<br />
Als Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung<br />
erleichtern Sie uns die Arbeit enorm,<br />
wenn Sie folgende Punkte beachten:<br />
– Eröffnen Sie das e-Logbuch unbedingt<br />
schon zu Beginn der Weiterbildung, und<br />
führen Sie es kontinuierlich nach. Lesen<br />
Sie bitte dazu die online verfügbare Anleitung<br />
und die FAQ.<br />
– Beachten Sie die Informationen auf<br />
www.siwf.ch und insbesondere das für<br />
Sie massgebende Weiterbildungsprogramm<br />
mit den Übergangsbestimmungen<br />
bei Revisionen.<br />
– Reichen Sie den Antrag vollständig und<br />
gemäss Vorgaben im e-Logbuch und<br />
dem online verfügbaren Merkblatt ein.<br />
Um Zeit zu gewinnen und die Titelerteilung<br />
zu beschleunigen, reichen Sie Ihren<br />
Antrag bitte maximal drei Monate vor Ende<br />
der letzten Weiterbildungsperiode ein,<br />
welche noch für den Facharzttitel erforderlich<br />
ist. Das letzte SIWF-Zeugnis wird<br />
max. drei Monate im Voraus abgeschlossen<br />
und vom Leiter oder der Leiterin der<br />
Weiterbildungsstätte unterschrieben.<br />
Kleine Mängel – grosse Wirkung<br />
Wir stellen auch immer wieder fest, dass<br />
oft vergleichsweise banale und leicht zu<br />
vermeidende Mängel bei den Gesuchen zu<br />
erheblichen Verzögerungen führen. Beachten<br />
Sie deshalb unbedingt auch folgende<br />
Hinweise:<br />
– Das SIWF-Zeugnis, welches im e-Logbuch<br />
unterschrieben hochgeladen wird,<br />
muss die gleiche Versionsnummer haben<br />
wie das Zeugnis der entsprechenden<br />
Periode im e-Logbuch.<br />
– Laden Sie das SIWF-Zeugnis in guter,<br />
lesbarer Qualität als PDF-Datei hoch.<br />
Achten Sie darauf, dass die Seiten nicht<br />
abgeschnitten werden und dass alle Seiten<br />
eingescannt sind. Die Versionsnummer,<br />
die unten auf jeder Seite steht,<br />
muss gut lesbar sein.<br />
– Für jede Weiterbildungsperiode in der<br />
Schweiz wird das SIWF-Zeugnis im entsprechenden<br />
Fachgebiet benötigt. Bitte<br />
achten Sie darauf, dass Sie bei Schwerpunkten<br />
nicht versehentlich das Zeugnis<br />
für das Gebiet des Facharzttitels hinterlegen.<br />
– Der alte FMH-Zeugnissatz, welcher für<br />
Weiterbildungsperioden vor 2015 handschriftlich<br />
ausgefüllt wurde, besteht<br />
mindestens aus einem FMH-Zeugnis<br />
und dem Evaluationsprotokoll. Bei Weiterbildungsperioden,<br />
die Prozeduren<br />
unter der Ziffer 3 im Weiterbildungsprogramm<br />
fordern, muss noch das fachspezifische<br />
Zusatzblatt zum Evaluationsprotokoll<br />
hinterlegt werden. Wenn der<br />
vollständige Zeugnissatz nicht (mehr)<br />
vorhanden ist, so muss die Weiterbildungsperiode<br />
im e-Logbuch mit einem<br />
SIWF-Zeugnis belegt werden, das nachträglich<br />
zu beschaffen ist.<br />
– Für jede Forschungstätigkeit ist ein Forschungsbeschrieb<br />
erforderlich, der von<br />
der Leiterin oder dem Leiter der Forschungsabteilung<br />
unterzeichnet ist. Der<br />
Beschrieb beinhaltet Angaben zu Methode,<br />
Thema, Fragestellung und Ergebnis<br />
der Forschung. Ebenfalls Teil des<br />
Beschriebs sind Angaben dazu, unter<br />
wessen Leitung geforscht wurde und<br />
welche Hauptaufgaben während der<br />
Forschung übernommen wurden.<br />
– Die Kompetenzen, die im SIWF-Zeugnis<br />
von Hand ausgefüllt werden müssen,<br />
sind unbedingt vollständig aufzuführen.<br />
– Das SIWF-Zeugnis muss von der Leiterin<br />
oder dem Leiter der Weiterbildungsstätte<br />
gemäss Angabe im SIWF-Register<br />
unterschrieben und mit dem Stempel<br />
versehen sein.<br />
– Bitte kontrollieren Sie, ob die Leiterin<br />
oder der Leiter der Weiterbildungsstätte<br />
das Kreuzchen auf der letzten Seite des<br />
SIWF-Zeugnis («wird angerechnet» oder<br />
«wird nicht angerechnet») gesetzt hat.<br />
Achten Sie darauf, dass auf dem Unterschriftenblatt,<br />
das vor der Einreichung<br />
des Antrags hochgeladen werden muss,<br />
keine Unterschriften fehlen.<br />
– Die Anerkennung eines ausländischen<br />
Arztdiploms durch die Medizinalberufekommission<br />
(MEBEKO) besteht aus<br />
der Anerkennungsbestätigung und dem<br />
2-seitigen Begleitschreiben. Bitte stellen<br />
Sie sicher, dass alle drei Seiten hochgeladen<br />
werden.<br />
– Wenn Sie im Besitz einer MEBEKO-Anerkennung<br />
sind, bitten wir Sie, das von<br />
der MEBEKO anerkannte Arztdiplom<br />
hochzuladen.<br />
– Für die Anrechnung ausländischer Weiterbildungsperioden<br />
sind sämtliche Unterlagen<br />
gemäss Merkblatt einzureichen.<br />
Wenn diese Punkte beachtet werden, erleichtert<br />
dies die Arbeit der Fachspezialistinnen<br />
und -spezialisten sowie der Titelkommission<br />
erheblich. Jede E-Mail, die<br />
nicht geschrieben werden muss – beispielsweise<br />
um nicht eingescannte Seiten<br />
eines Zeugnisses nachzufordern – bedeutet<br />
eine Zeitersparnis. Selbstverständlich<br />
erwarten wir nicht, dass sämtliche Anträge<br />
von Anfang an makellos eingereicht<br />
werden. Momentan sind es aber ca. 80%<br />
der Anträge, die unvollständig sind. Diese<br />
unglaubliche Rate muss im Interesse aller<br />
Beteiligten reduziert werden. Die Einholung<br />
fehlender Unterlagen und Rückfragen<br />
durch die Fachspezialistinnen und<br />
-spezialisten sind als Dienstleistung zu<br />
verstehen, damit die Titelkommission<br />
möglichst rasch eine Beurteilung vornehmen<br />
kann.<br />
Wartefristen so kurz wie<br />
möglich halten<br />
Der <strong>vsao</strong> ist sich bewusst, dass es für<br />
Ärztinnen und Ärzte am Ende ihrer Weiterbildungszeit<br />
frustrierend ist, wenn es<br />
bei der Ausstellung des Facharzttitels<br />
zu Verzögerungen kommt. Ein fehlender<br />
Facharzttitel kann den nächsten<br />
Karriereschritt verzögern, und/oder<br />
sich auch auf den Lohn auswirken. Wir<br />
sind deshalb in engem Kontakt mit dem<br />
SIWF und bemühen uns im gemeinsamen<br />
Interesse, die Situation zu verbessern<br />
und die Zeit zwischen abgeschlossener<br />
Weiterbildung und Ausstellung<br />
des Facharzttitels so kurz wie möglich<br />
zu halten. Bitte beachten Sie die Ratschläge<br />
des SIWF, deren Einhaltung<br />
eine zeitgerechte Erteilung des<br />
Facharzttitels erleichtert.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 11
Ich möchte<br />
eine gute<br />
Weiterbildung<br />
und<br />
Zeit dafür.<br />
Geht das?<br />
Das geht!<br />
Gemeinsam machen<br />
wir es möglich!<br />
Wir helfen auf dem Weg zum Facharzttitel.<br />
JETZT AUF VSAO.CH MITGLIED WERDEN!
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
Im AA-Universum<br />
Da war doch noch was?<br />
Wir alle kennen ihn, den<br />
berühmt- berüchtigten<br />
100-Tages-Lernplan,<br />
der uns auf das Wissenshoch<br />
einer Ärztin oder eines Arztes<br />
bringen soll. (Oder eher auf das eines<br />
Medizinstudierenden mit einem zusätzlichen<br />
Diplom.)<br />
So gesehen ist das also eigentlich<br />
überhaupt kein Problem, schliesslich hat<br />
man ja in den letzten fünf Studienjahren<br />
bereits 840 Tage durchgebüffelt (bezogen<br />
auf die zwei Semester pro Studienjahr und<br />
wenn man die Wochenenden dazuzählt).<br />
«Ach das Examen ist erst im August?<br />
Und du hast nur drei Prüfungen? Ja dann<br />
geht das doch locker!», heisst es immer<br />
wieder von Aussenstehenden.<br />
Die Lernerei beginnt also ganz entspannt.<br />
Hier noch ein Kurs, da noch ein<br />
Event, ach und dann will man sich doch<br />
noch eine Ferienwoche gönnen und an<br />
das eine Konzert gehen, eine Radtour<br />
machen und endlich mal die Kollegin in<br />
Turin besuchen ... So kommt es, dass<br />
man zunächst lediglich an ein bis zwei<br />
Tagen pro Woche in die Unterlagen äugt.<br />
Dann meldet sich allmählich der<br />
Frühling. Die Tage werden länger, die<br />
Vögel zwitschern und es wird langsam<br />
warm. Klar, dass man viel Wichtigeres<br />
zu erledigen hat, als die Stunden am<br />
Schreibtisch sitzend zu verbringen und<br />
zu realisieren, dass man das Meiste,<br />
was man fest verinnerlicht glaubte,<br />
praktisch wieder vergessen hat und gefühlt<br />
das Studium von null auf neu beginnen<br />
kann. Und das in 100 Tagen? Was ein<br />
langer Zeitraum zu sein schien, wird sich<br />
als sehr begrenzte und vor allem herausfordernde<br />
Spanne herausstellen.<br />
Langsam meldet sich dann auch das<br />
schlechte Gewissen, und nicht selten<br />
läuft es einem beim blossen Gedanken an<br />
den nahenden August kalt den Rücken<br />
hinunter.<br />
Mitte Juni: «Hurra! Der letzte Unitag!<br />
Das muss gefeiert werden!», meint der<br />
Optimismus. «Schön für dich, aber wer<br />
sagt, dass das tatsächlich der letzte<br />
Unitag sein wird?», antwortet der Pessimismus.<br />
Die Tage werden langsam heiss,<br />
und nicht nur auf das Wetter bezogen.<br />
Mit Beginn des Monats Juli startet<br />
auch der eigentliche Lernmarathon mit<br />
ordentlicher Steigung und deutlich<br />
unebenem Boden. Ähnlich dem Trailrunning<br />
in den Schweizer Alpen.<br />
Dann ist wirklich der Schlussspurt<br />
angesagt, und während alle anderen<br />
Menschen die langen Sommerabende<br />
geniessen und die Tage badend, wandernd<br />
oder sonnentankend verbringen,<br />
sitzen wir an einem Tisch und büffeln,<br />
was das Zeug hält, raffen das Restchen<br />
Energie, die kleinsten Funken Motivation<br />
und Hoffnung zusammen.<br />
Und plötzlich bricht der letzte<br />
Abend vor dem langersehnten Tag an.<br />
Die 100 Tage sind verstrichen, und<br />
man fragt sich, wie die Zeit so schnell<br />
vergehen konnte, obwohl sie zu Beginn<br />
so endlos schien.<br />
Dann ist er da: Der D-Day der angehenden<br />
Medizinerinnen und Mediziner,<br />
auch bekannt als schriftliches Staatsexamen:<br />
eine Achterbahn der Emotionen<br />
und Gefühle (Aufregung, Angst, Vorfreude,<br />
Misstrauen, Lampenfieber,<br />
Un sicherheit, Liebe und Hass). Schliesslich<br />
die Erleichterung.<br />
Im September ist dann auch die<br />
praktische Prüfung geschafft und plötzlich<br />
steht man mit dem abgeschlossenen<br />
Staatsexamen da. Die massive Büffelei<br />
hat (zumindest vorübergehend) ein Ende<br />
und das Medizinstudium ist nun offiziell<br />
beendet!<br />
Und was jetzt? Ach so, der Ernst des<br />
Lebens hat noch gar nicht begonnen.<br />
Camille Bertossa,<br />
Assistenzärztin im<br />
1. Weiterbildungsjahr<br />
Bild: zvg<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 13
<strong>vsao</strong><br />
Mitgliederkampagne<br />
Ein durchschlagender<br />
Erfolg<br />
Die Mitgliederkampagne 2022 hat ihre Ziele mehr als erreicht.<br />
Die Zahl der Neumitglieder konnte gegenüber dem Vorjahr<br />
um gut 50 Prozent gesteigert werden. Auch hat der <strong>vsao</strong> mehr Fans<br />
auf Social Media gewonnen. Einzelne Elemente<br />
der Kampagne laufen <strong>2023</strong> weiter.<br />
Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />
Drei der Motive, die 2022 für die Plakat- und Social-Media-Kampagne genutzt wurden.<br />
Bild: <strong>vsao</strong><br />
14<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
<strong>vsao</strong><br />
Der <strong>vsao</strong> ist in den vergangenen<br />
Jahren kontinuierlich gewachsen.<br />
Die Zahl der Mitglieder<br />
steigerte sich beim<br />
Verband der Assistenz- und Oberärztinnen<br />
und -ärzte in den letzten zehn Jahren<br />
um fast 20 Prozent auf mittlerweile gut<br />
22000 Personen. Damit dies so bleibt und<br />
um die Bekanntheit des Verbandes weiter<br />
zu steigern, entschied der <strong>vsao</strong> 2021, in<br />
die Mitgliederwerbung zu investieren und<br />
eine entsprechende Kampagne zu starten.<br />
Die potenziellen Mitglieder – Assistenzund<br />
Oberärztinnen und -ärzte an Schweizer<br />
Spitälern – sollten noch besser darüber<br />
informiert werden, warum es den <strong>vsao</strong><br />
braucht und was eine Mitgliedschaft<br />
bringt.<br />
Die Kampagne wurde vom <strong>vsao</strong> gemeinsam<br />
mit der Agentur «Die Schwedin»<br />
entwickelt und umgesetzt. Das zentrale<br />
Element waren die Bildmotive und Texte,<br />
die für Anzeigen in den sozialen Medien<br />
(Facebook, LinkedIn und Instagram) wie<br />
auch als Plakate oder Flyer genutzt wurden.<br />
Die Plakate und Flyer hingen in Linien<br />
des öffentlichen Verkehrs, die zu Kliniken<br />
und Spitälern führen, oder an Haltestellen<br />
in deren Umfeld. Auch von den<br />
Sektionen wurden sie rege genutzt. Die<br />
insgesamt sechs verschiedenen Motive<br />
nehmen Fragen und Probleme aus dem<br />
Alltag junger Ärztinnen und Ärzte auf und<br />
vermitteln, dass es dafür Lösungen gibt,<br />
für die sich der <strong>vsao</strong> einsetzt.<br />
Vereinfachter Anmeldeprozess<br />
Ein weiteres Element der Kampagne war<br />
die Aktion «Mitglieder werben Mitglieder».<br />
Für jedes neu angeworbene Mitglied konnten<br />
sich die anwerbenden Mitglieder ein<br />
Dankeschön aussuchen, z.B. eine Lunchbox,<br />
einen Büchergutschein oder eine<br />
Spende an eine gemeinnützige Organisation.<br />
Mit dem Start der Kampagne wurde<br />
Die Zahl der Neuanmeldungen stieg seit dem Kampagnenstart im März gegenüber dem Vorjahr um<br />
51 Prozent von 865 auf 1308.<br />
auch der Beitrittsprozess vereinfacht. Dieser<br />
ist seit Kampagnenstart im März 2022<br />
auf rein elektronischem Weg möglich. Es<br />
reicht, das Formular auf der Website auszufüllen.<br />
Einen positiven Effekt auf die Kampagne<br />
hatte das gleichzeitig stattfindende<br />
Jubiläumsjahr. Mit dem <strong>vsao</strong>-Mobil kam<br />
der <strong>vsao</strong> auch in die Spitäler und konnte<br />
dort direkt Werbung machen. Auch die<br />
Sektionen trugen ihrerseits mit vielen eigenen<br />
Veranstaltungen dazu bei, dass die<br />
Kampagne ihre Wirkung entfalten konnte.<br />
Wachstum auch auf Social Media<br />
Diese Wirkung lässt sich durchaus sehen.<br />
Die Zahl der Neuanmeldungen konnte<br />
während des Kampagnenzeitraums von<br />
März bis Dezember 2022 im Vergleich zur<br />
Vorjahresperiode um satte 51 Prozent gesteigert<br />
werden. Von März bis Dezember<br />
2022 traten 1308 Personen dem <strong>vsao</strong> bei,<br />
während es von März bis Dezember 2021<br />
865 waren. Dass die Kampagne erfolgreich<br />
war, zeigen auch die wachsenden Zahlen<br />
auf den Social-Media-Kanälen. Insgesamt<br />
konnten auf den drei Kanälen LinkedIn,<br />
Instagram und Facebook fast 500 neue<br />
Fans gewonnen werden. Trotzdem bewegt<br />
sich der <strong>vsao</strong> auf diesen Kanälen noch immer<br />
auf relativ bescheidenem Niveau,<br />
<strong>2023</strong> wird deshalb eine weitere Steigerung<br />
angestrebt.<br />
Ohnehin ist die Kampagne nicht einfach<br />
vorbei. Zwar wird der <strong>vsao</strong> im Jahr<br />
<strong>2023</strong> keine Plakatwände mehr buchen,<br />
aber die Plakate stehen zur Verfügung – die<br />
Sektionen können sie beim Dachverband<br />
bestellen, um lokal Plakatwände zu buchen<br />
oder um sie an Veranstaltungen zu<br />
verwenden. Der Dachverband wird mit<br />
den Anzeigen in den sozialen Medien weiterfahren,<br />
und auch die Aktion «Mitglieder<br />
werben Mitglieder» bleibt bestehen.<br />
Es lohnt sich also auch <strong>2023</strong> und darüber<br />
hinaus, die Werbetrommel für den Verband<br />
zu rühren.<br />
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Kathrin Grüneis<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 15
<strong>vsao</strong><br />
Frauen in Führungspositionen<br />
«Weibliche Vorbilder<br />
in der Medizin sollen<br />
greifbarer werden»<br />
Der Arztberuf wird weiblicher.<br />
Mit den «Future Women Physicians»-Workshops möchte<br />
der <strong>vsao</strong> dazu beitragen, dass der Frauenanteil auch<br />
in medizinischen Führungspositionen steigt.<br />
Svenja Ravioli erläutert im Interview die Hintergründe.<br />
Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />
Bild: Photographee.eu/Adobe Stock<br />
16<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
<strong>vsao</strong><br />
Bild: zvg<br />
Mit den Workshops soll nicht<br />
nur Wissen vermittelt, sondern<br />
auch die Vernetzung von jungen<br />
Ärztinnen gefördert werden.<br />
Du hast «Future Women Physicians»<br />
von Anfang an begleitet. Was waren die<br />
Beweggründe, diese Workshops ins<br />
Leben zu rufen?<br />
Der Frauenanteil in Medizinstudium und<br />
Ärzteschaft wächst zunehmend und trotz<br />
dieser eindeutigen Tendenz fehlt es in Kaderarzt-<br />
und Führungspositionen weiterhin<br />
an weiblichen Vorbildern. Wir wollen<br />
dies ändern und mit «Future Women Physicians»<br />
Ärztinnen motivieren, ihre Karriere<br />
mutig und selbstsicher anzugehen und<br />
dadurch selbst eine Vorbildfunktion zu<br />
übernehmen.<br />
An wen richten sich die Workshops?<br />
Aktuell richtet sich das Angebot an erfahrene<br />
Assistenz- und junge Oberärztinnen,<br />
die sich mit der eigenen Karrierevorstellung<br />
und -planung auseinandersetzen.<br />
Mögliche Stolpersteine sollen aufgedeckt<br />
und mittels kreativer Lösungsansätze<br />
überwunden werden.<br />
Auch Vernetzung gewinnt zunehmend an<br />
Bedeutung, weshalb wir mit den Workshops<br />
ein schweizweites Netzwerk von<br />
Ärztinnen für Ärztinnen aufbauen wollen.<br />
In diesem Rahmen sind Alumni-Anlässe<br />
mit spannenden Inputreferaten und aufbauenden,<br />
auch interaktiven Themeninhalten<br />
geplant.<br />
Was geschieht in einem FWP-Workshop,<br />
wie läuft das ab?<br />
Die Workshops werden von Dr. med. Christina<br />
Venzin von College M geleitet und<br />
dauern drei Stunden. Inhaltlich beschäftigen<br />
wir uns unter anderem mit soziokulturellen<br />
Hintergründen, den eigenen<br />
Karrierevorstellungen sowie hilfreichen<br />
Werkzeugen zur Überwindung von Hindernissen.<br />
Die Inhalte setzen sich aus einer<br />
Mischung von Inputreferaten, Diskussionen<br />
und praktischen Übungen zusammen.<br />
Ist denn wirklich das Geschlecht das<br />
Karrierehindernis? Geht es nicht vor<br />
allem um die schlechte Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Privatleben?<br />
Unabhängig vom Geschlecht muss die<br />
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben<br />
für Ärztinnen und Ärzte verbessert werden.<br />
Die Problematik der Stolpersteine auf<br />
dem weiblichen Karriereweg ist aber weitaus<br />
vielschichtiger: Es geht hier um gesellschaftlich<br />
verankerte Rollenmodelle, traditionelle,<br />
teilweise schwerfällige Führungskulturen<br />
und nicht zuletzt auch um<br />
die Überwindung der eigenen Vorstellungen<br />
und Grenzen. Mit einem wachsenden<br />
«Future Women Physicians»-Netzwerk<br />
sollen weibliche Vorbilder in der Medizin<br />
häufiger und greifbarer werden.<br />
Bisher wurden FWP-Workshops nur in<br />
der Deutschschweiz durchgeführt.<br />
Gibt es Pläne, auch in der Romandie<br />
Kurse durchzuführen?<br />
Aufgrund der positiven Rückmeldungen<br />
aus den bisherigen Workshops in der<br />
Deutschschweiz ist eine zukünftige Ausweitung<br />
des Angebots auf die französischund<br />
italienischsprachige Schweiz angedacht.<br />
Sobald es hierzu konkretere Neuigkeiten<br />
gibt, werden wir die <strong>vsao</strong>-Mitglieder<br />
informieren.<br />
Übrigens ist erneut in Zusammenarbeit<br />
mit Dr. med. Christina Venzin ein<br />
«Next-Level-Workshop» in Planung. Bei<br />
diesem Angebot sollen angehende Oberärztinnen<br />
und -ärzte auf die Herausforderungen<br />
und Kompetenzen ihrer neuen<br />
Rolle vorbereitet werden. Dieser Kurs richtet<br />
sich also an Männer und Frauen.<br />
Future Women Physicians<br />
«Future Women Physicians» wird neu<br />
als <strong>vsao</strong>-Dienstleistung angeboten. Für<br />
<strong>2023</strong> sind bislang zwei Workshops<br />
vorgesehen. Der erste findet am 13.<br />
<strong>Februar</strong> in Bern statt, der zweite am 25.<br />
September in Zürich (jeweils 17–20 Uhr).<br />
Die Kurskosten betragen 200 Franken<br />
bzw. 150 Franken für <strong>vsao</strong>-Mitglieder.<br />
Weitere Informationen und Anmeldung<br />
unter https://<strong>vsao</strong>.ch/dienstleistungen/<br />
future-women-physicians<br />
Mitglied Geschäftsausschuss<br />
<strong>vsao</strong><br />
Svenja Ravioli<br />
ist Mitglied des<br />
<strong>vsao</strong>-Geschäftsausschusses.<br />
Zurzeit weilt<br />
sie für eine Fellowship<br />
in London.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 17
<strong>vsao</strong><br />
Neues aus<br />
den Sektionen<br />
Bern<br />
Halber Teuerungsausgleich<br />
per 1. April <strong>2023</strong> in den<br />
GAV-Spitälern und Kliniken<br />
PROGR: Vogelperspektive mit Sicht auf Innenhof<br />
Wir konnten Anfang Dezember 2022 die<br />
jährlichen Lohnverhandlungen der Personalverbände<br />
VPOD, SBK und <strong>vsao</strong> mit<br />
den Berner Spitälern und Kliniken abschliessen:<br />
1,5 Prozent der Lohnsumme<br />
werden für den Teuerungsausgleich bezahlt.<br />
Weiter geht das Spitalzentrum Biel:<br />
Es bezahlt einen Teuerungsausgleich von<br />
2 Prozent.<br />
Wir Die Personalverbände haben den<br />
Anträgen zugestimmt, weil sie die finanzielle<br />
Notlage der Spitäler und Kliniken kennen.<br />
Wir weisen aber darauf hin, dass die<br />
Angestellten mit diesem Ergebnis eine<br />
Reallohnkürzung hinnehmen müssen.<br />
Neu bezahlen alle Spitäler und Kliniken<br />
ab dem 1. April <strong>2023</strong> mindestens<br />
7 Franken Zulagen pro Stunde für Nachtund<br />
Wochenenddienste. Zusätzlich verpflichten<br />
sie sich, über die nächsten Jahre<br />
den Betrag schrittweise zu erhöhen, bis<br />
10 Franken pro Stunde bezahlt werden.<br />
Auch hier gibt es Betriebe, die bereits weiter<br />
gehen – so bezahlt die Inselgruppe ihren<br />
Angestellten neu 8 Franken und das<br />
Spitalzentrum Biel bereits seit dem 1. November<br />
2021 10 Franken pro Stunde.<br />
Alle Spitäler wollen zudem die Löhne<br />
einzelner Berufsgruppen anheben. Dafür<br />
werden mindestens 0,2 Prozent der Lohnsumme<br />
investiert, im Spitalzentrum Biel<br />
0,4 Prozent und in der Inselgruppe sogar<br />
0,5 Prozent. Zudem werden die Lohntabellen<br />
in allen Betrieben um den gewährten<br />
Teuerungsausgleich angehoben,<br />
was insbesondere für die verbindlich festgelegten<br />
Löhne der Assistenzärztinnen<br />
und -ärzte ein wichtiger Schritt ist.<br />
Auf unserer Website finden Sie die<br />
detaillierte Gesamtübersicht der Massnahmen.<br />
Janine Junker, Geschäftsführerin VSAO Bern<br />
Save the date: Mitgliederversammlung<br />
<strong>2023</strong><br />
Die ordentliche Mitgliederversammlung<br />
<strong>2023</strong> ist für Donnerstag, 27. April<br />
<strong>2023</strong>, um 19 Uhr im Progr Bern geplant.<br />
Die detaillierte Einladung wird im<br />
März <strong>2023</strong> per Post verschickt.<br />
St. Gallen /<br />
Appenzell<br />
Höhen- und Tiefflüge<br />
Im November 2022 hielt die Sektion St. Gallen/Appenzell<br />
ihre Mitgliederversammlung<br />
ab. Zu Gast waren zum einen Michael<br />
Wallies, der Präsident der Nachbarsektion<br />
Thurgau, und zum andern PD Dr. Roland<br />
Albrecht. Der Chefarzt der Rega berichtete<br />
aus dem medizinischen Nähkästchen der<br />
Flugärztinnen und -ärzte. Anhand packender<br />
Fallbeispiele erhielten die anwesenden<br />
Mitglieder einen spannenden Einblick in<br />
die Arbeit und Herausforderungen der<br />
Ärztinnen und Ärzte an Bord der Helikopter<br />
und Rega-Jets. Mit Michael Wallies diskutierten<br />
wir zukünftige Möglichkeiten<br />
der Zusammenarbeit, welche an einer Retraite<br />
im kommenden Jahr vertieft betrachtet<br />
werden sollen. Zuletzt bestätigten<br />
die anwesenden Mitglieder den neu konzipierten<br />
Vorstand. Für diesen gab es in den<br />
anschliessenden Wochen bereits einiges<br />
zu tun:<br />
In St. Gallen beriet das Kantonsparlament<br />
über den Teuerungsausgleich. Trotz<br />
Schreiben der Personalverbände (die Sektion<br />
<strong>vsao</strong> St. Gallen/Appenzell hatte sich<br />
ebenfalls geäussert) sind die Lohnrunden<br />
<strong>2023</strong> zuungunsten des St. Galler Personals<br />
ausgegangen. Anstatt den vollen Teuerungsausgleich<br />
von mindestens 3 Prozent zu erhalten,<br />
geht die Runde mit 1,5 Prozent ins<br />
Leere. Die Staatsangestellten des Kantons<br />
St. Gallen (Lehrerinnen und Lehrer, Verwaltungsangestellte,<br />
Pflegefachkräfte, die<br />
staat lich angestellte Ärzteschaft und viele<br />
weitere) werden also im kommenden Jahr<br />
de facto weniger Lohn in ihren Taschen<br />
haben. Ungeachtet der Tatsache, dass zahllose<br />
von ihnen an vorderster Front dafür<br />
gekämpft haben, dass die Folgen der Pandemie<br />
nicht noch gravierender ausfielen,<br />
bleibt ausser Applaus auf dem Balkon für<br />
einige von ihnen nicht viel mehr übrig.<br />
Bild: © Martin Bichsel; zvg<br />
18<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
<strong>vsao</strong><br />
Bilder: Rega; Brauwerk St. Gallen; zvg<br />
Der Chefarzt der Rega gewährte an der Mitgliederversammlung anhand packender Fallbeispiele<br />
einen spannenden Einblick in die Arbeit der Rega (Bild: Patientenversorgung auf der Piste).<br />
Pikant an der Sache: Gleichzeitig gewährte<br />
der bürgerliche Kantonsrat seinen<br />
Bürgerinnen und Bürgern eine Steuerfusssenkung<br />
von 5 Prozent, d.h. von 110 auf 105<br />
Prozent. Also ist einerseits zu wenig Geld in<br />
den Kassen, um dem Staatspersonal den vollen<br />
Teuerungsausgleich zu gewähren, und<br />
andererseits sorgt man mit der Steuersenkung<br />
dafür, dass in Zukunft noch weniger<br />
Geld in den Kassen vorhanden sein wird.<br />
Neuer Tagungsort, Brauwerk St. Gallen<br />
Der Vorstand tagt neu im Brauwerk,<br />
ganz in der Nähe des Bahnhofs St. Gallen.<br />
In ungezwungener und lockerer Atmosphäre<br />
sollen Lösungen für Probleme gefunden<br />
werden. Besonders freut uns die<br />
Aussicht auf neue Vorstandsmitglieder<br />
und eine motivierte Sekretärin, die uns in<br />
unserer Arbeit unterstützen werden. Da<br />
wir auch weiterhin Unterstützung gebrauchen<br />
können, freuen wir uns immer über<br />
die Zuschrift interessierter Mitglieder (info@<strong>vsao</strong>-sg.ch).<br />
Spannend bleibt es: Aufgrund<br />
des ausgeprägten Bettenmangels<br />
im Kantonsspital und des allgemeinen<br />
Spardrucks im Gesundheitswesen des<br />
Kantons St. Gallen werden wachsame Augen<br />
und Ohren im Vorstand wichtiger sein<br />
denn je.<br />
Severin Baerlocher, Vorstandsmitglied Sektion<br />
St. Gallen / Appenzell<br />
Zürich /<br />
Schaffhausen<br />
Leadership-Tipps für<br />
Ärztinnen und Ärzte<br />
In herausfordernden Zeiten, wie wir sie<br />
aktuell haben, erscheint es uns umso<br />
wichtiger, dass in den Kliniken Leadership<br />
auf allen Ebenen gelebt und gute<br />
Führungskräfte aufgebaut und gefördert<br />
werden. In Zusammenarbeit mit der Universität<br />
St. Gallen (HSG) hat der VSAO<br />
Zürich deshalb zum Jahresende mit ausgewählten<br />
Fachleuten einen Leader ship-<br />
Adventskalender für die Sozialen Medien<br />
erstellt. Jeden Tag erhielten die Mitglieder<br />
und Follower wertvolle Tipps und Denkanstösse<br />
zum Thema Leadership in der<br />
Medizin.<br />
Deshalb «Wir legen viel Wert darauf,<br />
dass unsere Mitglieder Fähigkeiten erlernen,<br />
um stark zu sein und vorbildlich zu<br />
führen», betont Anna Wang, Präsidentin<br />
des VSAO Zürich. «Aus diesem Grund haben<br />
wir 2022 den Advent ganz dem Thema<br />
Leadership in der Medizin gewidmet.»<br />
Während auf den Social-Media-Kanälen<br />
jeden Tag ein neuer Experten-Tipp rund<br />
um Führungsthemen publiziert wurde,<br />
gab es auf unserer Mitgliederplattform<br />
www.doc-doc.ch ausführliche Leadership-<br />
Masterclasses exklusiv für unsere Mitglieder.<br />
Mehrwert für alle VSAO-Mitglieder<br />
auf doc-doc<br />
Auf der Online-Mitgliederplattform docdoc<br />
haben wir für unsere Mitglieder neben<br />
den zusätzlichen Inhalten auch Diskussionen<br />
und Umfragen zu den eigenen Erfahrungen<br />
rund um Leadership in der Klinik<br />
lanciert. Übrigens habt Ihr auf doc-doc die<br />
Möglichkeit, Euch mit anderen Mitgliedern<br />
und dem Verband in einem geschützten<br />
Raum auszutauschen, und Ihr erhaltet<br />
Zugang zu Informationen aus den Klini-<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 19
<strong>vsao</strong><br />
ken, die so nicht auf anderen Kanälen publiziert<br />
werden – von Lohn- über Dienstplanthemen<br />
bis zu Special Contents im<br />
Kontext von VSAO-Events.<br />
Ihr könnt Euch mit Eurer beim VSAO<br />
hinterlegten E-Mail-Adresse kostenlos bei<br />
doc-doc einloggen und auch selbst Beiträge<br />
posten oder Diskussionen lancieren.<br />
Save the date: elleXX und VSAO Zürich<br />
am 16. März <strong>2023</strong>!<br />
Kennst Du Deine Money-Gaps? Willst Du<br />
wissen, wie Du diese Lücken schliessen<br />
kannst? Lass uns über finanzielle Vorsorge<br />
und Faktoren wie Teilzeit reden! Aufgrund<br />
der bei Ärztinnen und Ärzten meist üblichen<br />
50-Stunden-Woche sind Teilzeitanstellungen<br />
oft der einzige Weg, um eine<br />
Vereinbarkeit mit Familie oder sonstiger<br />
Carearbeit zu erreichen. Die Teilzeitanstellung<br />
birgt jedoch finanzielle Risiken –<br />
insbesondere in der Vorsorge. An diesem<br />
für VSAO-Mitglieder kostenlosen Event<br />
zeigen wir Euch mit den Expertinnen von<br />
elleXX diese Risiken wie auch Handlungsempfehlungen<br />
auf.<br />
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richtet sich an Medizinstudierende ab<br />
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Rheumatologie<br />
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1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
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Die Spitäler und <strong>vsao</strong>-Sektionen<br />
bieten Ihnen wichtige Informationen<br />
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die Visitationen auf den Grund. Zu<br />
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Ort dienen dazu, Verbesserungsmöglichkeiten<br />
zu erkennen. Denn<br />
Sie als unser Mitglied sollen von<br />
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Falls Sie selber Visitationen<br />
begleiten möchten: eine E-Mail<br />
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Feedback-<br />
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Für Sie als Mitglied ist sie zentral:<br />
die Weiterbildung. Deshalb fühlen<br />
wir unserer Basis mit Umfragen<br />
regelmässig den Puls dazu. Dank<br />
dieses Feedback-Pools können wir<br />
unsere Verbandsarbeit gezielt auf<br />
Ihre Anliegen ausrichten.<br />
Wollen Sie mitmachen?<br />
Dann schreiben Sie an<br />
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und Familie<br />
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Beruf unter einen Hut?<br />
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wieder ein?<br />
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Coaching. Die Beratung erfolgt telefonisch<br />
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<strong>vsao</strong><br />
<strong>vsao</strong>-Inside<br />
Elisa Ahmeti<br />
Wohnort: Hinterkappelen<br />
Beim <strong>vsao</strong> seit: August 2022<br />
Der <strong>vsao</strong> für Dich in drei Worten:<br />
Jung, offen, konstruktiv<br />
Weg von der Schulbank und<br />
ab ins Geschäftsleben.<br />
Wie für viele andere war<br />
dies im Sommer 2022<br />
auch für Elisa Ahmeti der Weg. Am<br />
2. August trat sie ihre Lehre im Zentralsekretariat<br />
des <strong>vsao</strong> in Bern an. In der<br />
Abteilung Service und Projekte macht<br />
sie die Ausbildung zur Kauffrau.<br />
Als es in der Schule um die Lehrstellensuche<br />
ging und sie nach zahlreichen<br />
Bewerbungen den Vertrag beim <strong>vsao</strong> unterschreiben<br />
durfte, konnte Elisa Ahmeti<br />
ihr Glück kaum fassen. Für sie war es<br />
rasch klar, dass es der <strong>vsao</strong> sein soll. Denn<br />
während sie bei anderen Betrieben zu<br />
Vorstellungsgesprächen eingeladen<br />
wurde, hatte sie bei uns die Möglichkeit<br />
zu schnuppern und einen Einblick hinter<br />
die Kulissen zu kriegen.<br />
Jetzt unterstützt Elisa das Team im<br />
Mitgliedschaftswesen. Zu ihren Hauptaufgaben<br />
gehören Adressänderungen,<br />
Austritte und Beitritte, Sektionswechsel<br />
oder auch Gesuche um Beitragsreduktionen.<br />
Am liebsten aber beantwortet sie<br />
E-Mails, weil sie dabei jedes Mal etwas<br />
Neues dazulernt. Und das tut sie auch<br />
sonst, jeden Tag mit vollem Interesse.<br />
Immer offen und direkt stellt sie Fragen<br />
und bringt sich ein. Und ist Elisa mal<br />
nicht im Büro oder in der kaufmännischen<br />
Berufsschule, dann findet man sie<br />
zum Beispiel am schönen Wohlensee<br />
beim Joggen.<br />
In die Zukunft blickend meint sie mit<br />
einem Lächeln: «Beruflich weiss ich noch<br />
nicht, in welche Richtung es gehen soll,<br />
im Moment ist mir vor allem wichtig, einen<br />
guten Lehrabschluss zu machen.<br />
Aber zu reisen, das ist sicher ein Wunsch,<br />
den ich mir gerne einmal erfüllen<br />
möchte.» Eine Option, viele weitere Möglichkeiten<br />
– denn mit 17 Jahren hat sie<br />
noch alle Zeit der Welt.<br />
Bild: zvg<br />
22<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
<strong>vsao</strong><br />
<strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />
Pikettdienst während<br />
der Schwangerschaft<br />
Bild: zvg<br />
Als Oberärztin arbeite ich<br />
im Spital X. Zurzeit bin ich<br />
schwanger. Mein Arbeitsvertrag<br />
sieht eine wöchentliche<br />
Sollarbeitszeit von 50 Stunden<br />
vor. Zusätzlich müssen wir Oberärztinnen<br />
und -ärzte Pikettdienst im Anschluss<br />
an den regulären Dienst leisten.<br />
Dem Spital X ist zwar klar, dass<br />
schwangere Frauen nicht mehr als<br />
9 Stunden pro Tag beschäftigt werden<br />
dürfen, das Spital möchte jedoch die<br />
Pikettdienste auch mit schwangeren<br />
Ärztinnen fortführen, so dass es sich<br />
folgende Lösung ausgedacht hat:<br />
Reduktion der Tagesarbeitszeit um<br />
1,5 Stunden, damit die tägliche Arbeitsgrenze<br />
von 9 Stunden nicht überschritten<br />
wird, zzgl. allfälliger Kompensation<br />
nächtlicher Einsatzzeiten<br />
am Folgetag. Ist ein solches Vorgehen<br />
rechtlich zulässig? Gibt es Möglichkeiten,<br />
sich dagegen zu wehren?<br />
Das Modell Reduktion der Tagesarbeitszeit<br />
von schwangeren Ärztinnen, um sie<br />
dann in den Pikettdienst einzubinden,<br />
ist ein ausgesprochen kreativer Vorschlag,<br />
der jedoch kaum umsetzbar ist.<br />
Pikettdienst darf zwar direkt im<br />
Anschluss an die reguläre Arbeit geleistet<br />
werden. Dabei ist jedoch zu beachten,<br />
dass gemäss Art. 60 Abs. 1 ArGV 1<br />
schwangere Frauen und stillende Mütter<br />
nicht über die vereinbarte ordentliche<br />
Dauer der täglichen Arbeit hinaus<br />
beschäftigt werden dürfen, jedenfalls<br />
keinesfalls über 9 Stunden. Die Wochensollarbeitszeit<br />
ist somit auf 45 Stunden zu<br />
begrenzen. Im Konkreten bedeutet dies<br />
nun, dass, wenn die Nacht ruhig verläuft<br />
und es tatsächlich zu keinem Arbeitseinsatz<br />
kommt, die gesetzlich festgelegte<br />
maximale Arbeitszeit von Schwangeren<br />
folglich auch nicht überschritten wäre<br />
und es somit zulässig wäre, diese Kategorie<br />
von Frauen in den Pikettdienst<br />
einzubinden unter dem Vorbehalt,<br />
dass die schwangere Frau sich nicht auf<br />
Art. 35b ArG beruft und eine Versetzung<br />
in den Tagdienst wünscht. Die dadurch<br />
entstehenden Minusstunden dürften<br />
aber nicht mit einem allfälligen Mehrstundenguthaben<br />
vor der Schwangerschaft<br />
ausgeglichen werden, weil die<br />
Minusstunden nicht durch die Arbeitnehmerin<br />
verschuldet worden sind,<br />
sondern der Arbeitgeber diese zu vertreten<br />
hat. Kommt es jedoch zu einem<br />
oder gar zu mehreren Einsätzen pro<br />
Nacht, so wird wohl schnell die zulässige<br />
9-Stunden-Grenze überschritten, so<br />
dass die schwangere Frau berechtigt<br />
wäre, den Einsatz abzulehnen, bzw. von<br />
Gesetzes wegen gar nicht mehr zur Arbeit<br />
herangezogen werden dürfte. Der Puffer<br />
von 1,5 Stunden pro Arbeitstag, welcher<br />
durch die Reduktion der Tagesarbeitszeit<br />
vorgesehen ist, ist somit nicht ausreichend<br />
und führt eher dazu, dass die<br />
Planung noch komplexer wird.<br />
Da das Risiko einer gesundheitlichen<br />
Gefährdung von Mutter und Kind bei<br />
Arbeiten zwischen 20 Uhr und 6 Uhr<br />
zunimmt, hält Art. 35 b ArG fest, dass der<br />
Arbeitgeber der schwangeren Frau nach<br />
Möglichkeit eine gleichwertige Arbeit<br />
zwischen 6 Uhr und 20 Uhr anzubieten<br />
hat. Gemäss SECO-Kommentar ist der<br />
Arbeitgeber sogar verpflichtet, den von<br />
Abend- und Nachtarbeit (darunter fällt<br />
natürlich auch der Pikettdienst) betroffenen<br />
schwangeren Frauen eine Versetzung<br />
zu einer gleichwertigen Tagesarbeit<br />
anzubieten, und dürfte somit gar nicht<br />
darauf pochen, dass sich die schwangere<br />
Frau weiter am Pikettdienst beteiligt.<br />
Ist der Arbeitgeber nicht in der Lage,<br />
eine gleichwertige Tagesarbeit anzubieten,<br />
so haben die betroffenen Frauen<br />
Anspruch auf 80 Prozent ihres Lohnes.<br />
Ab der 8. Woche vor der Niederkunft<br />
dürfen schwangere Frauen zwischen<br />
20 Uhr und 6 Uhr nicht mehr beschäftigt<br />
werden (absolutes Arbeitsverbot) und es<br />
ist ihnen nach Möglichkeit eine gleichwertige<br />
Tagesarbeit zwischen 6 Uhr und<br />
20 Uhr anzubieten, auch wenn sie selber<br />
diesen Wunsch nicht explizit geäussert<br />
haben und sogar auch weiterhin bereit<br />
wären, Pikettdienst zu leisten.<br />
Fazit:<br />
Selbst wenn das Spital die tägliche<br />
Arbeitszeit wesentlich reduziert, um die<br />
schwangeren Ärztinnen in den Pikettdienst<br />
einzubinden, haben die betroffenen<br />
Frauen die Möglichkeit, sich vom<br />
Pikettdienst befreien zu lassen, indem sie<br />
sich auf Art. 35b ArG berufen und die<br />
Versetzung in den Tagesdienst fordern.<br />
Sandra P. Leemann,<br />
Juristin der Sektionen<br />
Aargau, Solothurn,<br />
St. Gallen /Appenzell,<br />
Thurgau und Zentralschweiz<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 23
Fokus<br />
Von blass zu<br />
braungebrannt<br />
und zurück<br />
«... am besten zwischen 11 und 13 Uhr mittags, dann bräunt die Sonne<br />
am stärksten ...» Diesem Ratschlag folgt heute wohl kaum noch jemand<br />
bedenkenlos. Unser Umgang mit Sonnenlicht hat sich im Lauf der<br />
Zeit massiv gewandelt. Das exzessive Sonnenbaden – vormals als gesund<br />
propagiert – zeigt heute seine verheerende Wirkung.<br />
Dr. med. Michael L. Geiges, Direktor Moulagenmuseum Universität und Universitätsspital Zürich,<br />
Oberarzt Dermatologische Klinik Universitätsspital Zürich, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für<br />
Evolutionäre Medizin der Universität Zürich<br />
Bild: Adobe Stock<br />
24<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
Bilder: zvg<br />
Die vermehrte UV-Belastung<br />
einer hellhäutigen Bevölkerung<br />
hat zu einer massiven<br />
Zunahme von Hautkrebs geführt.<br />
«Wir leben mitten in einer grossen<br />
Hautkrebsepidemie!» Die Erkenntnisse<br />
um eine dramatische Zunahme von Hauttumoren,<br />
die in einem direkten Zusammenhang<br />
mit der UV-Belastung besonders<br />
der hellen Haut steht, bilden die<br />
Grundlage für präventive Aufklärungsaktionen,<br />
berufsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen<br />
und Anerkennung von<br />
Hautkrebs als Berufskrankheit nach arbeitsbedingter<br />
chronischer Sonnenlichtbelastung.<br />
Sie haben das Ziel, die UV-Belastung<br />
der Haut von hellhäutigen Menschen<br />
durch angepasste Verhaltensweisen<br />
und Sonnenschutz mittels Kleider<br />
sowie chemischer und physikalischer<br />
Sonnenschutzmittel bereits in jugendlichen<br />
Jahren zu reduzieren.<br />
Dem gegenüber steht das Ideal einer<br />
sonnengebräunten Haut des Menschen<br />
mit hellem Hauttyp. Die Haut ist ein wichtiges<br />
Kommunikationsmittel, über das<br />
wir uns der Umwelt präsentieren. So werden<br />
wir nach unserer Haut klassifiziert<br />
z.B. bezüglich Alter, psychischer und physischer<br />
Verfassung oder ethnischer Herkunft.<br />
Wir verraten über die Haut unseren<br />
gesellschaftlichen Stil und sozialen Status.<br />
Durch die moderne Verbindung von<br />
Leistung mit Körperbewusstsein dient<br />
der Körper im heutigen Medienzeitalter<br />
mehr denn je der Selbstdarstellung und<br />
Selbstinszenierung. Dabei spielt die Bräunung<br />
der Haut durch die Sonne eine doppelte<br />
Rolle. Die Körperfunktion «Hautbräunung»<br />
ist biologische Vorgabe und<br />
Schutzmechanismus, wird aber in ein<br />
Symbolsystem übertragen und unterliegt<br />
dem kulturellen Wandel in der Gesellschaft.<br />
Ein Rückblick in die Geschichte zeigt<br />
die Entwicklung zum Spannungsfeld der<br />
gebräunten Haut auf und weist darauf hin,<br />
wie stark der Erfolg von medizinisch begründeten<br />
Bemühungen, wegen des erhöhten<br />
Hautkrebsrisikos einen Trend hin<br />
zur sonnengeschützten Haut zu bewirken,<br />
von kulturellen und wirtschaftlichen Faktoren<br />
abhängig ist.<br />
Sonnen- und Luftbad. Abbildung aus «Die Frau als Hausärztin – ein ärztliches Nachschlagebuch für<br />
die Frau» von Anna Fischer-Dückelmann, 600 000. Jubiläumsausgabe, 1908.<br />
Die weisse Haut als Schönheitsmerkmal<br />
Aus frühen medizinischen Schriften mit<br />
Empfehlungen und Rezepten zur Behandlung<br />
der Haut geht hervor, dass es bereits<br />
um 1500 v. Chr. und auch in der Antike erstrebenswert<br />
war, eine möglichst gleichmässig<br />
helle Haut zu haben. Anleitungen<br />
und Rezeptsammlungen zur Pflege und<br />
Verschönerung der Haut aus dem Mittelalter<br />
und der frühen Neuzeit bestätigen<br />
diese Bemühungen: Hautbleichmittel<br />
sind darin führend. Im humoralpathologischen<br />
Verständnis der Haut als Körpergrenze<br />
und Ausscheidungsorgan wurden<br />
pigmentierte Flecken, bis hin zu Sommersprossen,<br />
auch als Ausdruck von verdorbenen<br />
Körpersäften angesehen, die sich<br />
bei Sonneneinstrahlung an der Körperoberfläche<br />
festsetzen. Therapiert wurde<br />
durch Abführen, Aderlass und Schwitzen.<br />
Um die Gesichtshaut weiss zu machen,<br />
kamen auch Puder und Salben mit<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 25
Fokus<br />
Silberglätte (Bleikarbonat) und Sublimat<br />
(Quecksilberchlorid) zum Einsatz. Beschreibungen<br />
in der Literatur, in Märchen<br />
und Darstellungen aus der Kunst bestätigen<br />
die Bedeutung einer weissen Haut. Als<br />
Beispiel sei an die schneeweisse Haut von<br />
Schneewittchen erinnert.<br />
Der Wandel<br />
Die politischen und naturwissenschaftlichen<br />
Entwicklungen ab dem 17. Jahrhundert<br />
haben ihre Spuren auch auf der Haut<br />
hinterlassen. Im Zuge der Aufklärung gewann<br />
die Hinwendung zu einem «natürlichen<br />
Leben» als Schutz vor den Kulturschäden<br />
in der europäischen Bevölkerung<br />
eine soziale Bedeutung. Die durch Verstädterung<br />
und Industrialisierung veränderte<br />
Lebensweise mit engen Wohnräumen,<br />
Anonymität, Frauenarbeit und<br />
Technisierung der Umwelt führten zum<br />
Bruch mit traditionellen Werten und rief<br />
Ängste hervor. Als Reaktion auf den wachsenden<br />
Kulturpessimismus entstand die<br />
Lebensreformbewegung, welche einen<br />
Einklang zwischen Körper, Geist und Seele<br />
der angeblich traumatisierten Menschen<br />
herzustellen suchte. Gesundheitsfördernde<br />
und -erhaltende Aktivitäten<br />
wurde mit Vegetarismus, Antialkoholbewegung,<br />
Nacktkultur, Ausdruckstanz und<br />
Kleiderreform propagiert. Der sich langsam<br />
formenden wissenschaftlichen<br />
«Schulmedizin» stand eine «Naturmedizin»<br />
gegenüber, die Heilung von Krankheiten<br />
durch natürliche Wirkfaktoren wie<br />
Wasser, Licht, Luft, Sonne und Ernährung<br />
anstrebte. Um 1900 erlebte der Trend der<br />
Hinwendung zu den Naturheilfaktoren<br />
einen immensen, von ärztlicher Seite her<br />
geförderten Aufschwung. Es erschienen<br />
Aufsätze und Bücher zur Heilkraft des<br />
Sonnenlichtes und über die Einrichtung<br />
von «Lichtluftbädern».<br />
In ihrem Bestseller «Die Frau als Hausärztin»<br />
(ab 1901) beschreibt die in Zürich<br />
promovierte Ärztin Anna Fischer-Dückelmann<br />
eine heruntergekommene Frauenwelt<br />
mit bleichsüchtigen Modedamen.<br />
Der Urzustand des Menschen sei durch<br />
Baden in Luft und Sonne gekennzeichnet.<br />
Reines Sonnenlicht töte Bakterien, wirke<br />
auf die Bewegung des Blutes und die Bildung<br />
von Blutkörperchen ein, belebe die<br />
Sinnesorgane und das Nervensystem und<br />
fördere deshalb alle Lebensvorgänge. Die<br />
bisherige «vornehme Blässe» als Zeichen<br />
der fraulichen Häuslichkeit wurde zunehmend<br />
verpönt. Ein bleiches Gesicht war<br />
Zeichen von Blutarmut oder Infektanfälligkeit.<br />
26<br />
Künstliche Höhensonne. Abbildung aus «Die Frau als Hausärztin»,<br />
Dritte-Million-Jubiläumsausgabe, 1935.<br />
Die Medizin<br />
1902 hatte Oskar Bernhard Sonnenstrahlen<br />
erfolgreich in der Behandlung einer<br />
chronischen Wunde eingesetzt, 1903 wurde<br />
von Auguste Rollier in Leysin die «erste<br />
Klinik zur ausschliesslichen und systemischen<br />
Behandlung der externen Tuberkulose<br />
durch Heliotherapie» eröffnet und im<br />
gleichen Jahr erhielt der Norweger Niels<br />
Ryberg Finsen den Nobelpreis für seine<br />
Erfolge in der Therapie der Tuberkulose<br />
der Haut (Lupus vulgaris) mit seiner elektrischen<br />
Bogenlichtlampe. Die in Hanau<br />
1904 als Beleuchtungskörper entwickelte<br />
UV-durchlässige Quarzglas-Quecksilberlampe<br />
zeigte grosse Nachteile: Das Licht<br />
war fahlblau und es führte zu Verbrennungen<br />
an Gesicht und Händen. 1906 wurde<br />
sie dann aber als erste künstliche Höhensonne<br />
zur Therapie mit UV-Licht und<br />
Ozon propagiert. Die Indikationsliste war<br />
riesig: Schlaflosigkeit, Gicht, Ohrenleiden,<br />
Hysterie, Wundbestrahlung – zur Rachitisprophylaxe<br />
wurden Kinder gleich gruppenweise<br />
bestrahlt. Höhensonnen gehörten<br />
zum Inventar von Schönheitssalons<br />
und der Makel einer lichtgebräunten Haut<br />
wandelte sich nun offensichtlich zu einem<br />
Schönheitsmerkmal. Der Glaube in die<br />
Heilwirkung von Licht nahm kuriose Seiten<br />
an, so war 1930 eine mit UV-bestrahlte<br />
Höhensonnenmilch erhältlich.<br />
Freizeit und Fitness<br />
Die Erfindung der Freizeit durch die Definition<br />
eines Achtstunden-Arbeitstags im<br />
frühen 20. Jahrhundert und damit das Aufkommen<br />
von Freizeitsport taten ihr Weite-<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
«Unilaterale Praecancerosen und Cancerose»: Über einen Gipsabdruck direkt von der Patientin<br />
hergestellte Wachsmoulage <strong>Nr</strong>. 1032 aus dem Jahr 1930, Moulagenmuseum der Universität und des<br />
Universitätsspitals Zürich.<br />
res zu dieser Entwicklung. Man wurde aufgefordert,<br />
in der Freizeit nichts zu tun, seinen<br />
Körper zu pflegen und Sport zu treiben.<br />
Sonnenbaden, auch empfohlen aus medizinischen<br />
Gründen, wurde zu einem geschätzten<br />
Freizeitvergnügen, die sonnengebräunte<br />
Haut zum Feriensouvenir und<br />
Statussymbol: «Je brauner, desto besser.»<br />
Sportliche Aktivitäten, aus der Lebensreformidee<br />
heraus entwickelt, wurden<br />
unter dem neuen Begriff Fitness zusammengefasst.<br />
Ziel dieser Bewegung war<br />
die Erhaltung der Jugendlichkeit und Frische.<br />
1970 überrollte die erste grosse Fitnesswelle<br />
Deutschland (Trimm-Dich-Aktion).<br />
Die Leistung ohne auf den ersten<br />
Blick erkennbaren Nutzen und die soziale<br />
Komponente gehörten ebenfalls zu dieser<br />
neuen Lebensphilosophie. Im sonnigen<br />
Kalifornien etablierten sich die ersten<br />
braungebrannten Bodybuilder (Arnold<br />
Schwarzenegger). Jane Fonda produzierte<br />
Aerobic-Programme, die ab 1982 mit dem<br />
neuen Medium Video vermarktet werden<br />
konnten. Fitness wurde von der Industrie<br />
entdeckt, hielt Einzug in die neue Welt der<br />
Massenmedien und wurde zur sinnstiftenden<br />
Lebenswelt. Und die Werbung<br />
zeigte, dass Sonnenbräune ein fester Bestandteil<br />
von Fitness ist: «Braun, aktiv,<br />
schön, gesund» als Slogan für Solarien.<br />
Ein Kosmetikhandbuch von 1977 erklärt,<br />
wie am besten gebräunt wird: «Am<br />
schnellsten, gleichmässigsten und gefahrlosesten<br />
bräunen Sie, wenn Sie sich in den<br />
ersten Urlaubstagen nur etwa 20–30 Minuten<br />
in der Sonne bewegen. Am besten<br />
zwischen 11 und 13 Uhr mittags, dann<br />
bräunt die Sonne am stärksten. [...] Übrigens<br />
gibt es für Sonnenanbeterinnen, die<br />
rundum braun werden wollen, sonnendurchlässige<br />
Bikinis.» Als Vorbereitung<br />
für den Sommer und zur Erhaltung der<br />
Bräune im Herbst wurden Heimsonnenbestrahlungen<br />
empfohlen.<br />
Die Gefahren des Sonnenlichtes<br />
Der Dermatologe Max Joseph erwähnt 1912<br />
im Handbuch für Kosmetik die Gefahr des<br />
Sonnenbrandes, und im Dermatologischen<br />
Zentralblatt von 1911 wurde braune<br />
«Lichtschutzfirnis» auf Auswandererschiffen<br />
empfohlen. Farbe (Russ) war ein<br />
Schutzmittel gegen Gletscherbrand. Jeglicher<br />
Sonnenschutz musste farbig sein,<br />
sonst hatte er keine Wirkung. Um 1930<br />
wurde bereits erkannt, dass eine chronische<br />
Sonnenlichtexposition zu Hautkrebs<br />
führt: Am Jahreskongress der Schweizerischen<br />
Dermatologischen Gesellschaft 1931<br />
wurde, illustriert mit einer Moulage, der<br />
Falle einer 71-jährigen Frau vorgestellt,<br />
welche nur in der rechten Gesichtshälfte<br />
an zahlreichen Hautkrebsvorstufen und<br />
einem knotigen Hautkrebs litt. Sie hatte<br />
«als sesshafte Natur» über 37 Jahre viel<br />
Zeit mit Handarbeiten an ihrem Lieblingsfensterplatz<br />
mit der rechten Körperseite<br />
zum Fenster gerichtet verbracht.<br />
Doch diese Befunde hatten keinen<br />
Einfluss auf die massiv positiv konnotierte<br />
Wahrnehmung von UV-Licht und Sonnenbräune.<br />
Die bekannte Nivea-Hautcreme<br />
wurde 1927 in unveränderter Zusammensetzung<br />
neu auch als Sonnenschutzcreme<br />
verkauft, natürlich lediglich<br />
mit dem Effekt einer Pflege der allenfalls<br />
verbrannten Haut. 1935 kamen Ambre Solaire<br />
und Delial als erste transparente,<br />
bräunende und schützende Lichtschutzöle<br />
auf den Markt. Ziel war, mit möglichst<br />
wenig Sonnenbrand möglichst braun zu<br />
werden. «Braun wie ein Neger und ohne<br />
Sonnenbrand durch Delial» lautete eine<br />
Werbung von 1952. Ein neuer Markt hatte<br />
sich für die Kosmetikindustrie geöffnet.<br />
In den 1950er Jahren wurde der Lichtschutzfaktor<br />
definiert und 1970 waren die<br />
unterschiedlichsten Applikationsformen<br />
von Sonnencremes auf dem Markt erhältlich<br />
mit Empfehlungen wie: Faktor 6–8 bei<br />
empfindlicher Haut und bei dickerer Haut<br />
anfangs den Faktor 4, später 2.<br />
Verstärkt durch die öffentliche Thematisierung<br />
des Ozonlochs und unterlegt mit<br />
statistischen Zahlen zur raschen Zunahme<br />
von Hautkrebs, erhielten Sonnencremes<br />
die neue Aufgabe, die Haut auch vor Langzeitschäden<br />
zu schützen. «Überlassen Sie<br />
Schutz und Sicherheit ganz einfach der<br />
neuen Delial» hiess es nun, um beim Beispiel<br />
zu bleiben. «Sonnenstrahlen sind gefährlich<br />
gesund» hiess die Ausgangslage<br />
für eine Gratwanderung zwischen Glücksgefühl<br />
und Risiko. Man will braun sein –<br />
darf es aber nicht. Ansätze wie Selbstbräuner<br />
sind Ausdruck dieser schwierigen Situation,<br />
da sie eine Bräunung ohne Gefahr<br />
ermöglichen, bei der aber nicht nur das<br />
körperliche Gefühl des «Braunwerdens» –<br />
sei es nun in den Ferien oder wenigstens<br />
für eine entspannende Viertelstunde im<br />
Selbstbedienungssolarium – wegfällt, sondern<br />
oft auch der «Betrug» durch eine gelblichere<br />
Farbe oder durch Flecken und Streifen<br />
für jedermann sichtbar wird.<br />
Der Konjunktureinbruch hat den<br />
Leistungsdruck erhöht und prägt auch das<br />
Image in der Arbeitswelt: Wer sich übermässig<br />
Ferien am sonnigen Strand leisten<br />
kann, gerät in Verdacht, kein seriöser Arbeitspartner<br />
zu sein.<br />
Besonders relevant ist die werbewirksame<br />
Unterstützung durch die Kosmetikindustrie,<br />
welche darauf angewiesen ist,<br />
laufend neue Produkte anbieten zu können.<br />
(Werbe-)Bilder in Massenmedien gehören<br />
heute zu den wohl massgeblichsten<br />
Meinungsbildnern in unserer Gesellschaft.<br />
Medizinische Studien, welche im<br />
angebrochenen Zeitalter des Antiaging<br />
die Notwendigkeit und Wirksamkeit von<br />
Sonnenschutz zur Prävention von Hautalterung,<br />
Pigmentstörungen und Faltenbildung<br />
(und Hautkrebs) beweisen, bieten<br />
eine solide Grundlage, um Pflegeprodukte<br />
mit hohem Lichtschutz anzubieten. Zuerst<br />
in Australien, nun auch in Europa, hat<br />
sich in der Werbung die Farbe der nackten<br />
Haut von einer dunklen Sonnenbräune<br />
zu einem hellen Teint gewandelt, und die<br />
Empfehlungen erinnern von ihrer Absicht<br />
her wieder an längst vergangene Zeiten.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 27
Fokus<br />
Oftmals schön und imposant, aber akustisch nicht immer auf der Höhe – Konzertsäle aus der Zeit um 1900.<br />
Die Tonhalle in Zürich bildet eine Ausnahme, hier verbindet sich ein schönes Gebäude mit einem herausragenden Klang.<br />
Vom Klang im<br />
Konzertsaal zum<br />
Piepsen im OP<br />
Die hörbaren Frequenzen des Schalls erschliessen in Räumen eine<br />
Welt von lästigen Tönen bis zu musikalischen Harmonien.<br />
Wie man in Schulzimmern, Notfallstationen oder Operationssälen Lärm<br />
reduzieren und eine förderliche Atmosphäre schaffen könnte, ist bekannt.<br />
Es mangelt allein an der Umsetzung.<br />
Kurt Eggenschwiler, pensionierter Akustikexperte, Lehrbeauftragter ETH Zürich<br />
Bild: zvg<br />
28<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
Dürfen wir heute in einem<br />
neuen Konzertsaal von den<br />
tiefsten bis zu den höchsten<br />
Frequenzen einen perfekten<br />
Raumklang erwarten? Zum Glück ja.<br />
Jeder neue Saal kann ein erstrangiges<br />
Hörerlebnis für das Publikum und beste<br />
Bedingungen zum Musizieren für das<br />
Orchester bieten – jedenfalls wenn das<br />
Bauprojekt eng von erfahrenen Akustikfachleuten<br />
begleitet wurde. Zum Glück<br />
ist dies heute vor allem bei den grossen<br />
Projekten immer der Fall.<br />
Die berechtigt hohen Erwartungen an<br />
die Akustik wurden früher nicht immer<br />
erfüllt. Wir kennen zwar historische Topkonzertsäle<br />
z.B. aus der Zeit von etwa 1870<br />
bis 1900, wie den Musikvereinssaal in<br />
Wien, die Tonhalle in Zürich und das Casino<br />
in Basel. Sie gelten heute als Vorbilder.<br />
Später wurden aber aus kommerziellen<br />
Gründen, durch falsch verstandene Akustik<br />
oder das Fehlen einer Akustikberatung<br />
bemerkenswert schlechte Konzertsäle gebaut.<br />
Der Schlüssel für die heutigen Erfolge<br />
liegt – abgesehen vom Lernen aus<br />
der Vergangenheit – bei den Forschungsergebnissen<br />
der so genannten Psychoakustik,<br />
den davon abgeleiteten Designvorstellungen,<br />
den Fortschritten in der<br />
technischen Akustik und den persönlichen<br />
Erfahrungen von Topakustikfachleuten.<br />
Sie bedienen sich nicht nur der<br />
Physik und Technik, sondern gestalten als<br />
eigentliche Künstlerinnen und Künstler<br />
den Klangraum.<br />
Mit den weltweit vielen Neubauten<br />
von Konzertsälen in letzter Zeit hat die<br />
Architektur die Bedeutung der Akustik<br />
besser erkannt. Dies ist sehr erfreulich.<br />
Es stellt sich aber die Frage, welchen Stellenwert<br />
die Akustik bei weniger prestigeträchtigen<br />
Gebäuden und Räumen einnimmt.<br />
Also dort, wo wir uns im Alltag<br />
oft lange aufhalten. Dazu zählen neben<br />
Wohngebäuden etwa Schulhäuser, Bürogebäude,<br />
Hotels und Spitäler.<br />
Bei der Schallausbreitung in Wohngebäuden<br />
geht es darum, dass die Schalldämmung<br />
zwischen Wohnungen genügend<br />
gross ist, und die Heizung im Keller<br />
die Bewohner nicht stört. Dies betrifft das<br />
Fachgebiet der Bauakustik, wozu es in der<br />
Schweiz die Norm SIA 181 «Schallschutz<br />
im Hochbau» gibt, welche bei Neubauten<br />
recht gut umgesetzt wird.<br />
Häufiger vergessen gehen die Schallausbreitung<br />
und der Lärm im Raum selbst,<br />
also die Raumakustik. Dabei sind die Wirkungen<br />
von guter oder schlechter Akustik<br />
auf Arbeitsleistung, Lernleistung, Gesundheit,<br />
Behaglichkeit und Zufriedenheit<br />
recht gut bekannt. Der bekannte deutsche<br />
Akustiker Christian Nocke hat dazu einmal<br />
gesagt: Es gibt kein Erkenntnisproblem.<br />
Es gibt nur ein Umsetzungsproblem.<br />
Und dies, das sei beigefügt, liegt nicht an<br />
den Akustikfachleuten.<br />
Lärm schadet dem Lernen<br />
Ein wichtiges Beispiel ist das Schulgebäude.<br />
Lärm und schlechte Akustik im<br />
Klassenzimmer führen zu einer schlechten<br />
Verständlichkeit der Sprache, womit<br />
die Kinder beim Spracherwerb behindert<br />
werden. Die Aufmerksamkeit und die<br />
Konzentration werden schlechter, das<br />
Kurzzeit-/Arbeitsgedächtnis überlastet<br />
und die kognitive Leistungsfähigkeit<br />
sinkt. Lärm im Klassenzimmer macht<br />
unsensibel und fördert Aggressionen, das<br />
soziale Klima wird schlechter. Das Lernen<br />
wird beeinträchtigt, worunter besonders<br />
Kinder mit Lernbehinderungen leiden,<br />
geschweige denn Kinder mit Hörbeeinträchtigungen<br />
oder mit Hörbehinderung.<br />
Weiter ist schlechte Akustik im Klassenzimmer<br />
ein wesentlicher Belastungsfaktor<br />
für Lehrpersonen. Sie müssen zu oft mit<br />
erhobener Stimme reden, es zeigt sich Unlust,<br />
Ärger, Unzufriedenheit, und es muss<br />
immer wieder zu ruhigem Verhalten ermahnt<br />
werden.<br />
Das müsste nicht sein. Die Anforderungen<br />
für gute Akustik sind bekannt. Aus<br />
Deutschland kennen wir die breit anerkannte<br />
Raumakustik-Norm DIN 18041, auf<br />
deren Grundlagen zurzeit übrigens die<br />
eigene Schweizer Norm SIA 181/1 «Raumakustik»<br />
erarbeitet wird. Für das Klassenzimmer<br />
heisst dies etwas verkürzt, dass<br />
Decken und meistens auch ein Teil der<br />
Wände aus einem schallschluckenden<br />
Material gestaltet werden müssen.<br />
Ähnliche Herausforderungen stellen<br />
sich bei Arbeitsplätzen in Grossraumbüros.<br />
Auch hier kann viel durch eine gut geplante<br />
Akustik getan werden. Aber wenn<br />
wir uns dann nach Feierabend im Restaurant<br />
treffen, geht der Krach erst wirklich<br />
los. Hier gilt ebenso: Die Akustikfachleute<br />
können helfen, eine lebendige statt lärmige<br />
Akustik zu gestalten.<br />
Zu hoher Pegel im OP<br />
Kein Wunder finden wir selbst in Spitalgebäuden<br />
viel zu oft lärmige Situationen,<br />
leider besonders auch in der Notfallstation<br />
und im OP. Eine aktuelle Dissertation<br />
von Philipp Knöfler an der TU Braunschweig<br />
(2020) geht der Frage nach, ob<br />
Lärm im OP bisher zu wenig beachtet worden<br />
sei, und ob dies zu Lasten der Performance<br />
und Fehlerrate gehe. Er zeigt: Konkrete<br />
Folgen einer mangelhaften Akustik<br />
für den operierenden Arzt sind Kommunikationsdefizite<br />
und Ablenkung durch<br />
tonhaltige Signale, lange Nachhallzeiten<br />
im Raum und hohe Schalldruckpegel<br />
im Nahbereich von medizinischen Grossgeräten.<br />
Messungen zeigten u.a. ausserordentlich<br />
hohe Lautstärkepegel von<br />
80 dB(A) gemittelt über eine gesamte<br />
Operation, was sehr viel höher ist als der<br />
vorgeschlagene Grenz wert von 55 dB(A).<br />
Die hohen Pegel können vermindert<br />
werden im Nutzerverhalten, bei den<br />
Raum oberflächen und bei der Raumausstattung.<br />
Knöfler stellte bei seinen<br />
Untersuchungen ein besonders lautes<br />
Gerät fest und entwickelte schliesslich<br />
konkrete Verbesserungsmöglichkeiten.<br />
Natürlich ist der OP nicht der einzige<br />
Raum im Spital, der sorgfältig auch akustisch<br />
geplant werden muss. Aber woher<br />
kommen die entsprechenden Fachleute?<br />
Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in<br />
Bau- und Raumakustik sind tatsächlich<br />
gar nicht so einfach zu finden. Wer aber<br />
kürzere oder längere Module in der<br />
Schweiz und international besucht, berufliche<br />
Praxis erwirbt und dann die Prüfung<br />
zum Diplom der Schweizerischen Gesellschaft<br />
für Akustik SGA-SSA besteht, ist<br />
gut gerüstet für die Akustik von Alltagsräumen.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 29
Fokus<br />
Der Pulsschlag<br />
der Schweiz<br />
So, wie das Herz Blut durch den Körper pumpt,<br />
so pumpt das Schweizer Stromnetz Strom durch die Leitungen.<br />
Befinden sich Produktion und Verbrauch im Gleichgewicht,<br />
schlägt das elektrische «Herz» mit einer idealen Frequenz von 50 Hertz.<br />
Um zu schnelles oder zu langsames Schlagen zu verhindern,<br />
wird das Stromnetz rund um die Uhr überwacht.<br />
Giulia Ferraro, Communication & Stakeholder Affairs Swissgrid<br />
Chronische «Intensivstation»: Im Kontrollraum von Swissgrid wird das schweizerische Stromnetz rund um die Uhr überwacht.<br />
Bild: zvg<br />
30<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
49,9 Hz<br />
Die Frequenz ist der Puls unseres<br />
Stromnetzes. Beträgt<br />
die Frequenz 50 Hertz, stehen<br />
der Verbrauch und die Produktion<br />
von Strom im Gleichgewicht –<br />
das Stromnetz ist stabil. Um diese Stabilität<br />
sicherzustellen, haben die Übertragungsnetzbetreiber<br />
verschiedene Massnahmen<br />
zur Hand. So sorgen sie dafür,<br />
dass sich die Netzfrequenz stets im Toleranzband<br />
von plus oder minus 0,2 Hertz<br />
befindet. Die Frequenz ist für das Stromnetz,<br />
was der Herzschlag für den Menschen.<br />
Sie hält unser Stromnetz am Leben.<br />
Europas Hertz<br />
Das Schweizer Stromnetz ist ein Teil des<br />
kontinentaleuropäischen Netzes. Das europäische<br />
Stromnetz wird mit Wechselstrom<br />
betrieben. Das heisst, dass der<br />
Strom nicht nur in eine Richtung fliesst,<br />
sondern diese ständig ändert. Dieser<br />
Wechselstrom hat eine Frequenz von<br />
50 Hertz, also 50 Schwingungen pro Sekunde.<br />
Ein Generator erzeugt diese Frequenz,<br />
indem er in einer Geschwindigkeit<br />
dreht, die genau 50 Hertz ergibt. Damit<br />
das stetig so bleiben kann, muss immer<br />
gleich viel Strom ausgespeist werden, wie<br />
ins Stromnetz eingespeist wird. Ist der<br />
Stromverbrauch nämlich grösser als die<br />
Stromerzeugung, beginnen die Generatoren<br />
langsamer zu drehen und die Frequenz<br />
sinkt. In dem Fall brauchen die<br />
Generatoren mehr Energie, um gleich<br />
schnell weiterdrehen zu können. Das ist<br />
vergleichbar mit einem Radfahrer. Fährt<br />
er bergauf, muss er mehr Energie aufwenden,<br />
um die gleiche Geschwindigkeit<br />
zu halten wie auf einer ebenen Strecke.<br />
Dasselbe geschieht im umgekehrten<br />
Fall. Wird mehr Strom produziert als<br />
verbraucht, beginnen die Generatoren<br />
schneller zu drehen – die Frequenz steigt:<br />
Der Radfahrer fährt bergab und muss<br />
bremsen, um die gleiche Geschwindigkeit<br />
zu halten. Die Operateure und Operateurinnen<br />
der Übertragungsnetze in ganz<br />
Europa sorgen ständig dafür, dass die<br />
Frequenz sich immer im Toleranzband<br />
von 49,8 bis 50,2 Hertz befindet.<br />
Ein Herzschrittmacher für den<br />
Notfall<br />
Ein zu niedriger Ruhepuls beim Menschen<br />
bedeutet, dass der Herzschlag verlangsamt<br />
ist. Dabei werden der Körper und das<br />
Gehirn nicht ausreichend mit Blut und<br />
Sauerstoff versorgt. In der Fachsprache<br />
ist das eine Bradykardie. Dieser wird mit<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Erzeuger/Kraftwerke<br />
Verbraucher: Privathaushalte und Industrie<br />
Regelenergie<br />
einem Herzschrittmacher entgegengewirkt.<br />
Der Herzschrittmacher gibt dem<br />
Herzen einen regelmässigen Rhythmus<br />
vor – eine bestimmte Frequenz. Das Stromnetz<br />
muss alle Abnehmer mit Strom versorgen<br />
können. Ist die Frequenz zu tief,<br />
gibt es auch für das Netz eine Behandlung.<br />
Dafür sind Reserven vorgesehen, mit<br />
denen fehlende oder auch überschüssige<br />
Energie kompensiert werden kann. Diese<br />
Reserven der Kraftwerke nennt man<br />
Regel energie. Die Regelenergie setzt sich<br />
im europäischen Verbundnetz aus einem<br />
dreistufigen Prozess zusammen. Innerhalb<br />
der ersten 30 Sekunden reagieren die<br />
Turbinen der Kraftwerke in ganz Europa<br />
automatisch. Je nachdem, ob das Stromnetz<br />
eine Bradykardie oder eine Tachykardie<br />
erlebt, erhöhen oder reduzieren sie<br />
ihre Leistung. Das ist die Primärregelung.<br />
Nach einigen Minuten wird die Sekundärregelung<br />
ausgelöst. Hier sendet Swissgrid<br />
ein automatisches Signal an alle Schweizer<br />
Kraftwerke, die ihre Leistung anpassen<br />
müssen. Ist die Frequenz dann immer<br />
noch zu hoch oder zu tief, löst die Tertiärregelung<br />
nach 15 Minuten die Sekundärregelung<br />
ab. Diese lösen die Operateurinnen<br />
und Operateure bei Swissgrid manuell<br />
aus. Dabei weisen sie einzelne Kraftwerke<br />
im In- und Ausland an, mehr oder weniger<br />
Energie auszuspeisen. Mit der Regelenergie<br />
wird das Gleichgewicht zwischen<br />
Stromverbrauch und Stromproduktion<br />
wiederhergestellt und die Frequenz stabilisiert.<br />
Den Patienten überwachen<br />
Nach einer Operation müssen Patienten<br />
meistens einige Tage zur Überwachung<br />
im Spital bleiben. Das Stromnetz ist demnach<br />
ein ständiger Patient – auch wenn es<br />
keine chronischen Beschwerden hat. Das<br />
Schweizer Stromnetz wird nämlich während<br />
24 Stunden an sieben Tage pro Woche<br />
überwacht. Nur so können die Operateurinnen<br />
und Operateure die Versorgung<br />
der Bevölkerung mit Strom sicherstellen.<br />
Jeweils einen Tag im Voraus müssen alle<br />
Kraftwerke und Stromhändler ihre nationalen<br />
und internationalen Stromhandelsgeschäfte<br />
an die Netzleitstellen schicken.<br />
Swissgrid überprüft diese Geschäfte und<br />
stimmt sie mit den Übertragungsnetzbetreibern<br />
aus dem Ausland ab. Die Mitarbeitenden<br />
von Swissgrid kontrollieren,<br />
ob alle Handelsgeschäfte ausgeglichen<br />
sind. Ist das nicht der Fall, geben die Operateurinnen<br />
und Operateure die Anweisung,<br />
Anpassungen an den Fahrplänen<br />
vorzunehmen. Solche Anpassungen können<br />
auch kurzfristig oder sogar während<br />
des Betriebs angeordnet werden. So werden<br />
Schwankungen vermieden und für<br />
die Ausgeglichenheit im gesamteuropäischen<br />
Verbundnetz ist gesorgt.<br />
Die Spannung bleibt hoch<br />
Die Energiewende bringt die nächste Herausforderung<br />
mit sich. Das Schwierige ist,<br />
dass Strom nur bedingt gespeichert werden<br />
kann. So kann an Tagen, an denen<br />
beispielsweise die Sonne lange scheint<br />
und nur wenig Strom gebraucht wird, ein<br />
Überschuss an Energie entstehen. Hinzu<br />
kommt, dass immer Prognosen erstellt<br />
werden, um den Strombedarf zu sichern.<br />
Die Mitarbeitenden von Übertragungsnetzen<br />
wissen für jede Viertelstunde des<br />
Folgetages, was der Lastfluss machen<br />
wird. Jedoch wird die Stromproduktion<br />
in Zukunft aufgrund der Zunahme von<br />
neuen erneuerbaren Energiequellen wie<br />
Solar- und Windkraft unflexibler und<br />
schwieriger prognostizierbar. Diese Entwicklung<br />
birgt Herausforderungen für die<br />
Übertragungsnetzbetreiber. Denn Sonnen-,<br />
Wasser- und Windenergie sind stark<br />
abhängig von Wetter, Tages- und Jahreszeit.<br />
Somit wissen die Übertragungsnetzbetreiber<br />
nie mit Sicherheit, wie die Umwelteinflüsse<br />
am Folgetag sein werden.<br />
Für die Zukunft braucht es Technologien,<br />
die es ermöglichen, den Strom zu speichern.<br />
Ansonsten wird es schwierig, die<br />
Frequenz stabil zu halten.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 31
Fokus<br />
Zum Empfangen der Echos besitzen Fledermäuse<br />
hochentwickelte Ohren und grosse Ohrmuscheln.<br />
Bei Langohrfledermäusen sind diese fast so lang wie<br />
der Rest ihres Körpers. (Bild: Graues Langohr)<br />
Rufe in der<br />
Dunkelheit<br />
Sie flattern scheinbar lautlos durch die Nacht. Doch Fledermäuse sind<br />
wahre Schreihälse. Durch ihre Rufe bzw. deren Echo können sie bei<br />
völliger Dunkelheit ihre Umwelt sehr genau wahrnehmen. Was sie mit<br />
den Ohren «sehen», ist dem Sehvermögen vieler Tiere ebenbürtig.<br />
Dr. Katja Schönbächler, Tierärztin, Stiftung Fledermausschutz<br />
Fledermäuse faszinieren! Unzählige<br />
Geschichten ranken sich<br />
um die huschenden Schatten<br />
der Nacht. Kaum ein Wildtier<br />
lebt so nahe bei uns Menschen, und doch<br />
ist meist wenig bekannt über «die Fledermaus».<br />
So sind Fledermäuse entgegen<br />
ihrem Namen keine Mäuse und folglich<br />
keine Nagetiere, sondern bilden eine eigene<br />
Ordnung innerhalb der Säugetiere.<br />
Fledertiere sind auch die einzigen Säugetiere,<br />
die aktiv fliegen können. Sie sind<br />
hauptsächlich in der Dämmerung und<br />
Nacht unterwegs. Dabei rufen Fledermäuse<br />
in einem für uns nicht hörbaren<br />
Bereich und orientieren sich anhand der<br />
Echos, welche aus ihrer Umgebung zurückgeworfen<br />
werden. So scheinen sie<br />
still, heimlich und unbemerkt durch die<br />
Dunkelheit zu jagen. Lautlos sind Fledermäuse<br />
allerdings nur für uns: Tatsächlich<br />
sind sie äusserst stimmgewaltige Tiere,<br />
die mit ihren Rufen in Frequenzbereichen<br />
ausserhalb des menschlichen Hörspektrums<br />
Schalldrucke vergleichbar mit<br />
denen eines Düsenflugzeugs erzeugen<br />
können!<br />
Bilder: www.fledermausschutz.ch<br />
32<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
Fledermäuse orientieren sich in der Dunkelheit mithilfe<br />
der Echoortung. Die Rufe werden bei fast allen Arten über<br />
das Maul ausgestossen, weshalb es während des Fluges<br />
meist geöffnet ist. (Bild: Grosser Abendsegler im Flug)<br />
Echoorientierung – ein Vorteil<br />
in der Evolution?<br />
Als Echoorientierung bezeichnet man die<br />
Fähigkeit, sich anhand der Echos von Rufen<br />
im Raum zu orientieren. Diese werden<br />
durch das Fledermausohr aufgenommen<br />
und anschliessend setzt das Hirn die<br />
Echoinformation zu einem «Hörbild» zusammen.<br />
Mittels Echoorientierung können<br />
sich alle einheimischen Arten bei<br />
Dunkelheit im Raum orientieren. Viele<br />
Arten nutzen sie auch zum Beutefang.<br />
Somit greift der Begriff «Echoorientierung»<br />
zu kurz, denn Fledermäuse können<br />
auch Grösse, Formen, Oberflächenbeschaffenheit<br />
von Objekten und sogar<br />
feinste Strukturen von der Dicke eines<br />
Haares akustisch erkennen und unterscheiden.<br />
Treffender ist deshalb der Begriff<br />
«Echoabbildung». Die Echoorientierung<br />
der Fledermäuse dürfte dem Sehvermögen<br />
vieler Tierarten ebenbürtig sein.<br />
Dank dieser besonderen Fähigkeit<br />
konnten sich Fledermäuse den Luftraum<br />
in absoluter Dunkelheit, unabhängig vom<br />
Sonnenlicht, erschliessen. Die Echoorientierung<br />
in Kombination mit dem eindrücklichen<br />
Flugvermögen dürfte die Entstehung<br />
von Arten innerhalb der Ordnung<br />
der Fledertiere massgeblich begünstigt<br />
haben. So entstand eine unglaubliche Artenvielfalt<br />
von heute weltweit rund 1500<br />
bekannten Fledertierarten.<br />
Ruferzeugung im Rhythmus des<br />
Flügelschlages<br />
Fledermäuse erzeugen ihre Rufe genau wie<br />
wir Menschen über den Kehlkopf. Bei geschlossener<br />
Stimmritze staut sich die Luft<br />
beim Ausatmen unter dem Kehlkopf. Wird<br />
die Stimmritze durch die Stimmbänder geöffnet,<br />
dringt die Luft mit grossem Druck<br />
durch den Kehlkopf und wird dabei in<br />
Schwingung versetzt. So werden je nach<br />
Öffnung der Stimmritze höhere oder tiefere<br />
Schallwellen ausgestossen. Die Laute<br />
werden in einem Bereich von etwa 20 bis<br />
zu 140 Kilohertz erzeugt. Diese Rufe verlassen<br />
bei den meisten Fledermausarten<br />
den Körper über die Maulöffnung, was<br />
das geöffnete Maul während des Fluges erklärt.<br />
Die seltenen Hufeisennasenfledermäuse<br />
– von denen zwei Arten in der<br />
Schweiz vorkommen – stossen die Schallwellen<br />
jedoch über die Nase aus. Bei diesen<br />
beiden Arten wird der Ruf durch den speziellen<br />
Nasenaufsatz in einem engen Schalltrichter<br />
fokussiert und die Schall energie<br />
gebündelt. Sie können sich auch bei geschlossenem<br />
Maul im Flug orientieren.<br />
Fledermäuse rufen im Rhythmus des<br />
Flügelschlags und sparen damit vermutlich<br />
die Energie, die für die Ruferzeugung<br />
bzw. das Komprimieren des Brustkorbes<br />
aufgewendet werden müsste. Je nach Fledermausart<br />
und erforderlicher Situation<br />
werden pro Flügelschlag ein bis zwei Ortungsrufe<br />
ausgestossen. So rufen sie im<br />
Flug entsprechend ihrer Flügelschlagfrequenz<br />
7 bis 20 Mal pro Sekunde! Kurz vor<br />
dem Erbeuten eines angepeilten Insektes<br />
erhöht sich die Anzahl Rufe nochmals<br />
stark, was man als sogenannten «Feeding<br />
Buzz» bezeichnet. Zum Empfangen des<br />
Echos besitzen Fledermäuse ein hochentwickeltes<br />
Ohr und grosse Ohrmuscheln,<br />
die bei Langohrfledermäusen fast so lange<br />
wie der restliche Körper sein können.<br />
Fledermäuse, die Gesangskünstlerinnen<br />
Fledermäuse rufen aber nicht nur, um sich<br />
im Raum zu orientieren und Beute zu fangen,<br />
sondern auch für die inner- und zwischenartliche<br />
Kommunikation. Es lassen<br />
sich neben den Echoortungsrufen noch<br />
zwei weitere Ruftypen unterscheiden: Sozialrufe<br />
und Stressrufe. Sozialrufe befinden<br />
sich oft im für uns hörbaren Bereich.<br />
Wir Menschen können sie als hohes Zwit-<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 33
Fokus<br />
Hufeisennasenfledermäuse stossen ihre Ultraschallrufe über die Nase aus. Die auffälligen<br />
Hautfortsätze auf der Nase bündeln und richten dabei den Ruf, ähnlich wie ein Megafon.<br />
(Bild: Grosse Hufeisennase hängend)<br />
zen. Nachweise von Fledermausarten mithilfe<br />
von akustischen Aufnahmen, der sogenannten<br />
Bioakustik, spielen deshalb eine<br />
zunehmend wichtige Rolle.<br />
Anhand von Ultraschallgeräten können<br />
Ortungsrufe hörbar gemacht werden<br />
und ermöglichen es, Fledermäuse im Feld<br />
akustisch zu erfassen, ohne sie fangen zu<br />
müssen. So kann Stress für die Tiere vermieden<br />
werden. Eine Datenerhebung ist<br />
mit heute kommerziell erwerbbaren Hightech-Aufnahmegeräten<br />
auch durch Laien<br />
möglich. Die Artzuordnung aufgenommener<br />
Fledermausrufe erfordert hingegen<br />
viel Know-how und Erfahrung und sollte<br />
deshalb immer von Fledermausfachleuten<br />
durchgeführt werden.<br />
Für fledermausbegeisterte Personen,<br />
die diese Tiere einfach gerne hören möchten,<br />
gibt es aber leicht bedienbare Detektoren,<br />
welche die Ultraschallrufe automatisch<br />
in den hörbaren Bereich transformieren.<br />
So steht dem Aufspüren der heimlichen<br />
Königinnen der Nacht auf einem<br />
Abendspaziergang nichts mehr im Wege!<br />
schern wahrnehmen. Einige Fledermausarten,<br />
so zum Beispiel der Grosse Abendsegler,<br />
nutzen ihre Stimme auch für die<br />
Balz. So sitzen die Männchen der Grossen<br />
Abendsegler zur Paarungszeit im Herbst<br />
in ihren Baumhöhlen und locken mit auch<br />
für Menschen hörbaren Balzrufen die<br />
Weibchen an. Die Bedeutung von Stressrufen<br />
ist noch nicht restlos geklärt.<br />
Bioakustik – Forschung und Artenschutz<br />
mit Fledermausrufen<br />
Fledermäuse sind bundesrechtlich geschützt.<br />
Viele einheimische Fledermausarten<br />
sind zudem bedroht und benötigen<br />
hinsichtlich Artenschutz, bei Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />
oder Eingriffsplanungen<br />
spezielle Aufmerksamkeit – denn<br />
nur was man kennt, kann man auch schüt-<br />
Stiftung<br />
Fledermausschutz<br />
In der Schweiz gibt es 30 verschiedene<br />
Fledermausarten, die einen Drittel<br />
aller wildlebenden, einheimischen<br />
Säugetierarten ausmachen. Die Stiftung<br />
Fledermausschutz setzt sich<br />
mit nachhaltiger Sympathiewerbung,<br />
Information und Wissensvermittlung<br />
dafür ein, dass die Bevölkerung für<br />
die Anliegen unserer einheimischen<br />
Fledermäuse sensibilisiert wird.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.fledermausschutz.ch.<br />
Bild: www.fledermausschutz.ch<br />
34<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
Bild: Adobe Stock<br />
Eingang zu einer Fledermaushöhle<br />
in der fränkischen Schweiz.
Fokus<br />
Den richtigen<br />
Ton treffen<br />
Jede Geige ist ein Unikat. Auch wenn ihr Vorbild vor rund 300 Jahren<br />
von Meistern wie Stradivari oder Amati geschaffen wurde.<br />
An der Geigenbauschule in Brienz werden Geigen und andere Streichinstrumente<br />
in aufwendiger Handarbeit hergestellt oder restauriert.<br />
Ziel ist es, den klassischen Klang zu erzeugen.<br />
Catherine Aeschbacher, Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>. Bilder: Severin Nowacki.<br />
Wer hier lernt, eine Geige oder ein Cello zu bauen, hat ein hartes Auswahlverfahren hinter sich. Entscheidend sind nicht nur handwerkliche Fähigkeiten,<br />
sondern auch das musikalische Können.<br />
36<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
Irgendwo auf einer Höhe zwischen<br />
1000 und 1500 Metern steht sie, die<br />
perfekte Fichte. Gross und alt muss<br />
sie sein und möglichst makellos,<br />
langsam gewachsen inmitten anderer<br />
Bäume, so dass sie im unteren Bereich<br />
keine Äste aufweist. Dieser perfekte Baum<br />
bildet den Ausgangspunkt für eine perfekte<br />
Geige. Entsprechend wichtig ist für<br />
Olivier Krieger, Leiter der Geigenbauschule<br />
Brienz, die Suche nach dem richtigen<br />
Klangholz. Gemeinsam mit dem Revierförster<br />
wählt er geeignete Bäume aus.<br />
«In einem grossen Bergwald kommen<br />
meist nur wenige Bäume in Frage», sagt<br />
Krieger.<br />
Fichtenholz eignet sich deshalb für<br />
den Bau der Geigendecke, weil es in der<br />
Längsrichtung eine sehr hohe Stabilität<br />
aufweist, in der Querrichtung hingegen<br />
sehr flexibel ist. Somit kann es gleichzeitig<br />
dem Druck der aufgezogenen Saiten<br />
standhalten und die Schwingungsübertragung<br />
aufnehmen.<br />
Boden und Ränder, Zargen genannt,<br />
werden dagegen aus Bergahorn hergestellt.<br />
Ebenso der Hals und die Schnecke.<br />
Bergahorn ist dichter und verleiht dem Instrument<br />
zusätzlich Stabilität.<br />
Die meisten Streichinstrumente werden<br />
aus diesen beiden Hölzern gebaut.<br />
Nur gelegentlich wird für die Decke auch<br />
Weisstanne und für den restlichen Korpus<br />
Hölzer wie Weide, Pappel oder Buche verwendet.<br />
Andere Hölzer würden den Klang<br />
des Instrumentes zu sehr verändern.<br />
Bevor man mit der Arbeit beginnen<br />
kann, muss das Holz ungefähr fünf bis<br />
zehn Jahre ruhen. Geigenbau braucht Geduld.<br />
Das zeigt sich in allen Bereichen der<br />
Geigenbauschule Brienz. Ruhig und hochkonzentriert<br />
sägen, hobeln und schnitzen<br />
die Schülerinnen und Schüler an Decken,<br />
Böden und anderen Bestandteilen der<br />
künftigen Instrumente. Bedenkt man,<br />
dass eine Decke nur gerade zwei bis drei<br />
Millimeter Stärke aufweist und gewölbt<br />
sein muss, wird klar, welche Vorsicht vonnöten<br />
ist. Im ersten Lehrjahr bauen Schülerinnen<br />
und Schüler zwei Instrumente.<br />
Erfahrene Fachleute können eine Geige in<br />
wenigen Wochen herstellen.<br />
Winzige Details bestimmen den guten Klang. Entsprechend ist Fingerspitzengefühl gefragt.<br />
Der klassische Geigenklang<br />
Die frühesten Geigen sind im 16. Jahrhundert<br />
nördlich und südlich der Alpen entstanden<br />
und wurden ursprünglich auf unterschiedliche<br />
Art gebaut. Zu einem der<br />
wichtigsten Zentren des Geigenbaus wurde<br />
die norditalienische Stadt Cremona, wo<br />
die Familien Amati, Stradivari und Guarneri<br />
über Generationen den Geigenbau<br />
perfektionierten. Ihre Instrumente bilden<br />
zusammen mit einigen anderen bis heute<br />
die Vorlagen für den Geigenbau. Von einer<br />
Urform zu sprechen, wäre jedoch falsch.<br />
Jedes Instrument ist ein Unikat, so unterscheiden<br />
sich Geigen aus dem Atelier der<br />
Familie Stradivari, was die Länge angeht,<br />
teilweise um bis zu fünf Millimeter.<br />
Entscheidend aber ist der Klang. Und<br />
dieser entsteht aus einer Vielzahl von Faktoren:<br />
Material, Modell, Wölbung, Grösse<br />
und Schnitt der F-Löcher, Ausarbeitungsstärke,<br />
Lackierung und so weiter. Nach<br />
dem eigentlichen Bau folgt die Feinjustierung,<br />
welche den Klang noch einmal völlig<br />
verändern kann. Bisweilen entscheiden<br />
winzige Änderungen, ob ein Instrument<br />
einen weichen, vollen Klang hat oder eher<br />
dumpf tönt. Und schliesslich kommt der<br />
Bogen hinzu, der den Klang nochmals entscheidend<br />
prägt. Bogenmacher ist dementsprechend<br />
ein eigener Beruf. In Brienz<br />
lernen die Schülerinnen und Schüler auch<br />
das Reparieren und Behaaren der Bögen<br />
mit dem traditionellen Rosshaar.<br />
Wie aber entsteht der Geigenklang?<br />
Weshalb tönt ein A auf einer Geige anders<br />
als auf einer Klarinette? Die Antwort liegt<br />
im Obertonspektrum der Frequenzen. Bei<br />
jedem Ton hört man neben der Grundfrequenz<br />
auch das Spektrum der Obertöne,<br />
die bei jedem Instrument variieren. «Je<br />
nachdem, welche Obertöne man wie stark<br />
hört, ergibt sich eine völlig andere Klangmischung.<br />
Diese Mischung macht den Unterschied<br />
zwischen einer Klarinette und<br />
einer Geige aus, aber auch den Unterschied<br />
zwischen zwei Geigen», führt Olivier<br />
Krieger aus. «Wenn der hohe Obertonbereich<br />
zwischen 2000 und 4000 Hertz<br />
ausgeprägt ist, wird der Klang einer Geige<br />
als angenehm wahrgenommen», fügt er<br />
an.<br />
Nebst der Kunstfertigkeit bei der Herstellung<br />
entscheidet auch die Fertigkeit<br />
beim Spielen über die Qualität einer Geige.<br />
«Ich bin überzeugt, dass eine Geige<br />
sich klanglich entwickelt, wenn sie gut gespielt<br />
wird», sagt Olivier Krieger. «Die bekannten<br />
Geigen aus Cremona, die teilweise<br />
bereits 400 Jahre alt sind, wurden in<br />
der Regel von herausragenden Musikern<br />
gespielt. Und auch immer gut gepflegt. All<br />
diese Instrumente wurden zwar mehrfach<br />
repariert, aber meist eben von hervorragenden<br />
Fachleuten. Der gute Umgang mit<br />
diesen Instrumenten macht einen Teil ihres<br />
wunderbaren Klangs aus», erklärt er.<br />
Bauen und spielen<br />
Auch die richtige Pflege des Instruments<br />
ist ausschlaggebend für dessen Leben. In<br />
Brienz werden folglich nicht nur Geigen<br />
gebaut, ebenso wichtig sind Reparatur<br />
und Restaurierung. Aufgereiht in Schachteln<br />
liegen Geigen, teilweise bereits auseinandergenommen,<br />
um wieder zum Leben<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 37
Fokus<br />
Geigenbauschule<br />
Brienz<br />
Brienz, traditionell ein Zentrum<br />
der Holzschnitzkunst, beherbergt seit<br />
1944 auch die einzige Geigenbauschule<br />
der Schweiz. Seit 1998 wird die<br />
Schule von einer Stiftung getragen.<br />
Die Schule bietet eine vierjährige<br />
Lehre sowie Weiterbildungen an.<br />
Führungen durch die Schule und das<br />
höchst sehenswerte Museum sind<br />
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Im schuleigenen Holzlager ruht der begehrte Rohstoff für die Geigen von morgen.<br />
erweckt zu werden. Wie minutiös dabei<br />
vorgegangen wird, zeigt sich an den Instrumenten.<br />
Mikroskope werden eingesetzt,<br />
um Schäden zu beheben.<br />
Reparaturen bilden einen wichtigen<br />
Teil der Arbeiten in Schweizer Geigenbauateliers.<br />
Nur wenige Geigenbauer leben<br />
ausschliesslich vom Neubau der Instrumente.<br />
Preiswertere Schülerinstrumente<br />
werden oftmals in China oder Osteuropa<br />
produziert. Für Berufsmusiker sind qualitativ<br />
hochwertige, neu gebaute Instrumente<br />
eine gefragte Alternative zu alten,<br />
teilweise unbezahlbaren italienischen<br />
Geigen.<br />
Wer den Beruf an der Geigenbauschule<br />
Brienz erlernen möchte, muss sich einem<br />
Auswahlverfahren unterziehen. Geprüft<br />
werden handwerkliche und gestalterische<br />
Fähigkeiten sowie Musikalität. Es versteht<br />
sich von selbst, dass ein Geigenbauer auch<br />
gewisse Kenntnisse im Geigenspiel haben<br />
sollte. Nur so kann er klangliche Kriterien<br />
beurteilen. Jährlich werden drei Lernende<br />
angenommen, wobei die Zahl der Bewerber<br />
die der Lehrplätze deutlich übersteigt. Die<br />
Absolventinnen und Absolventen können<br />
sich jedoch sicher sein, dass sie künftig ihr<br />
Leben mit dem Treffen des richtigen Geigenklangs<br />
bestreiten können.<br />
38<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
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<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 39
Fokus<br />
Die Umgebung mit den Ohren wahrnehmen: Juan Ruiz mit einer Teilnehmerin bei einer Klicksonar-Schulung.<br />
Mit dem Teller demonstriert er, wie sich das Klicken je nach Entfernung verändert.<br />
Die Umgebung<br />
mit den Ohren<br />
sehen<br />
Menschen mit Blindheit können mit dem Echo von Klicklauten,<br />
die mit der Zunge erzeugt werden, ihre Umgebung erschliessen.<br />
Setzen sie die sogenannte Klicksonar-Methode zusätzlich zum weissen<br />
Langstock ein, verbessert sich ihr Orientierungsvermögen. Für die<br />
Vermittlung der Methode engagieren sich insbesondere Daniel Kish,<br />
Pionier der menschlichen Echoortung, sowie Juan Ruiz,<br />
sein ehemaliger Schüler.<br />
Kathrin Schellenberg, Verantwortliche PR /Kommunikation Deutschschweiz, SZBLIND<br />
Bild: zvg<br />
40<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
Die Echoortung ist ein Naturphänomen:<br />
Tiere wie Fledermäuse,<br />
Zahnwale und Spitzmäuse<br />
senden Schallwellen<br />
aus, die an einem Objekt abprallen und<br />
ein Echo zurückwerfen. Die Informationen<br />
über die Entfernung und Grösse des<br />
Objekts nutzen sie, um sich zu orientieren<br />
und in einer Umgebung mit wenig oder<br />
gar keinem Licht Nahrung aufzuspüren.<br />
Viele dieser Tiere sind nachtaktiv, leben<br />
im Meer oder im Boden. Was im Tierreich<br />
funktioniert, kann sich auch der Mensch<br />
zunutze machen: Da alles rund um uns<br />
herum eine akustische Unterschrift trägt,<br />
können Menschen mit Blindheit dank<br />
der Klicksonar-Methode über ihr Gehör<br />
eine 360-Grad-Sicht der Umgebung erschliessen.<br />
Dabei wird mit der Zunge ein<br />
anhaltender Klicklaut erzeugt, der jeweils<br />
als Echo reflektiert wird. Aus den blitzartig<br />
festgehaltenen Bildern generiert das<br />
Gehirn eine Art geistige Landkarte. Man<br />
kann sich diese Erscheinung anhand eines<br />
Tennisballs vorstellen, den man auf<br />
den Boden springen lässt oder an eine<br />
Wand oder Tür wirft: Je nach Fläche und<br />
Beschaffenheit kommt ein anderer Hall<br />
zurück, und somit werden verschiedene<br />
Informationen empfangen. Bei Testpersonen<br />
durchgeführte Magnetresonanztomographien<br />
zeigten Erstaunliches über<br />
diese Informationen: Das Gehirn der<br />
Testpersonen trennte vorgespielte Geräusche<br />
in zwei Kategorien. Das, was auch sehende<br />
Personen bewusst hören, kam in<br />
den auditiven Cortex und die davon abgetrennten<br />
Echos direkt in den visuellen<br />
Cortex. Blinde Menschen können mit entsprechendem<br />
Training also sozusagen<br />
mit den Ohren.<br />
Bilder: Adobe Stock<br />
Klicksonar als Gewinn für die<br />
Orientierung<br />
Fast jeder Mensch mit Blindheit nutzt passive<br />
Echoortung, etwa beim Pendeln mit<br />
dem weissen Langstock. Jedoch strahlt<br />
das dabei erzeugte Echo in alle Richtungen<br />
ab. Das Klicken hingegen entsteht<br />
dort, wo sich die Ohren und das weiterverarbeitende<br />
Organ, nämlich das Gehirn,<br />
befinden. Dieses feste Verhältnis zwischen<br />
der Schallquelle und dem Empfänger<br />
ist entscheidend für die Akzeptanz<br />
der Echoinformation und für die Bilderzeugung<br />
im Gehirn.<br />
Ein guter Klick ist kurz und scharf.<br />
Lächelt man beim Klicken, ist das Geräusch<br />
intensiver. Auf die Lautstärke<br />
kommt es nicht an. Leise, präzise Klicks<br />
reichen aus, um Gegenstände in grosser<br />
Entfernung anzugeben. Die Technik ist<br />
also ein unglaublicher Gewinn für die<br />
Orientierung und Mobilität sowie für das<br />
Lebensgefühl von Menschen mit Blindheit.<br />
Sie ersetzt den weissen Stock aber<br />
nicht, vielmehr ist sie als Ergänzung zu<br />
betrachten. In gewissen Situationen wie<br />
bei abfallenden Kanten, sehr kleinen oder<br />
schmalen Gegenständen ist der weisse<br />
Stock unerlässlich, da diese Elemente<br />
kaum Echoresonanz erzeugen. Der weisse<br />
Stock dient beispielsweise auch zur Orientierung<br />
am Trottoir und zum Einsatz in<br />
einer Unterführung, um mit dem Klang<br />
die Distanz zur Wand abzuschätzen.<br />
Lehrer mit Blindheit als Vorbild<br />
Klicksonar wird weltweit vor allem mit<br />
zwei Namen verbunden: Daniel Kish und<br />
Juan Ruiz aus den USA. Daniel Kish, einjährig<br />
aufgrund eines kongenitalen bilateralen<br />
Retinoblastoms erblindet, realisierte<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 41
Fokus<br />
mit der Entdeckerfreude eines Kleinkindes,<br />
dass er sich anhand von Klicklauten<br />
orientieren kann. Später analysierte er<br />
die Technik systematisch und machte sie<br />
populär. Er lehrte sie dem von Geburt an<br />
blinden Juan Ruiz, der sein erster Schüler<br />
war. Das Klicken praktizieren die beiden<br />
so selbstverständlich und routiniert, dass<br />
sie beim Laufen durch eine Strasse rein<br />
durch das Echo erkennen, wo sich Hauseingänge<br />
befinden, Zäune enden oder wohin<br />
sich Menschen auf ihrem Weg bewegen.<br />
Die Echoortung ermöglicht ihnen<br />
sogar das Fahrradfahren. Ihre YouTube-<br />
Filme und die Berichterstattung der Medien<br />
haben zu einem grossen Interesse an<br />
Klicksonar geführt und dazu beigetragen,<br />
die Akzeptanz für die Technik zu erhöhen.<br />
Heute wird sie weltweit als Weiterbildung<br />
angeboten.<br />
Fortlaufende Schulung<br />
Dass es blinde Menschen gibt, die Klicksonar<br />
lehren und Lernende unterstützen,<br />
ist von hoher Bedeutung für den Erfolg der<br />
Vermittlung der Technik. Sie können für<br />
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Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit<br />
Blindheit und auch für die sehenden Eltern<br />
Welten öffnen, wie es sehenden Fachkräften<br />
wohl nie gelingen wird. Juan Ruiz<br />
selbst sagt, eine sehende Person hätte nie<br />
so viel Vertrauen in das Klicken bei ihm<br />
aufbauen können, wie es sein blinder Lehrer<br />
Daniel Kish konnte. Die Anwendung<br />
von Klicksonar nachhaltig zu vermitteln,<br />
erfordert deshalb Schulungsformate, die<br />
Lehrende mit Blindheit miteinbeziehen.<br />
In mehrtägigen Intensivkursen mit blinden<br />
und sehenden Lehrern waren bedeutsame<br />
Entwicklungen bei Lernenden erkennbar.<br />
Diese Erfolge konnten nur durch<br />
ideale Bedingungen erreicht werden, wie<br />
Arbeiten in hindernisfreien Turnhallen<br />
mit frei zugänglichen Wänden und Ecken<br />
und eine spielerische, die freie Bewegung<br />
unterstützende Lernsituation. Die Festigung<br />
im Alltag erfolgte danach idealerweise<br />
durch eine fortlaufende Orientierungs-<br />
und Mobilitätsschulung (O&M), in<br />
der das Klicken – in Kombination mit dem<br />
Langstock – gezielt für die Orientierung<br />
eingesetzt wurde.<br />
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müssen nicht nur Menschen mit Blindheit<br />
gewonnen werden, die Klicksonar beherrschen<br />
und weitergeben wollen, es braucht<br />
auch O&M-Fachpersonen, die gezielt für<br />
diesen Bereich geschult werden.<br />
Mit einiger Übung lernt das Gehirn,<br />
aus den zurückfallenden Echos eine dreidimensionale<br />
Karte der Umgebung zu<br />
erstellen. Manche Kinder mit Blindheit<br />
lernen intuitiv, sich Geräusche zunutze zu<br />
machen – wie Daniel Kish damals. Darum<br />
ist es auch ratsam, schon früh ein Echolokalisationstraining<br />
zu starten. Dieses<br />
kann spielerisch mit dem Langstocktraining<br />
kombiniert werden. Für blinde Kinder<br />
bietet Klicksonar grosse Chancen, da<br />
sie so schon von Anfang an lernen, sich<br />
einen Raum akustisch zu erschliessen.<br />
Und auch für Erwachsene kann Klicksonar<br />
einen bedeutenden Mehrwert darstellen<br />
und ihnen den Alltag erleichtern.<br />
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<strong>vsao</strong> 44/asmac <strong>Journal</strong> 1/23 1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 44
Fokus<br />
Am siebten Tag<br />
sollst du ruhen<br />
Religionen strukturieren den Tagesablauf, definieren die Woche<br />
und trennen zwischen Alltag und Festtag. Dank diesen regelmässig<br />
wiederkehrenden Frequenzen erlauben sie den Menschen<br />
nicht nur Ruhetage, sondern schaffen auch Zeiträume der besonderen<br />
Begegnung und der Besinnung.<br />
Dr. Florian Lippke, Oberassistent am Lehrstuhl für Exegese des Alten Testaments<br />
und altorientalische Religionsgeschichte, Universität Freiburg i. Ue.<br />
Überliefert seit rund 3000 Jahren, prägend bis heute: Die Thora und die daraus abgeleiteten Texte strukturieren das Leben<br />
der Menschen, erlauben aber auch der Natur, sich zu erholen.<br />
Bilder: Adobe Stock<br />
Geht man davon aus, dass mit<br />
dem Begriff Frequenz die<br />
«Häufigkeit sich wiederholender<br />
periodischer Vorgänge»<br />
beschrieben wird, so hat die Welt der<br />
Religions- und Kulturwissenschaften einige<br />
ganz bemerkenswerte Beobachtungen<br />
beizusteuern. Bei zahlreichen (vielleicht<br />
gar bei allen?) Religionen spielen<br />
drei wichtige Konzepte eine Rolle: Erstens<br />
das lineare Zeitverständnis, zweitens<br />
die zyklische Wiederkehr von Ereignissen/Erinnerungen<br />
und drittens die<br />
Rhythmisierung von Raum und Zeit. Diese<br />
drei Konzepte lassen sich sowohl in<br />
den antiken Kulturen (Ägypten, Mesopotamien,<br />
Alt-Israel/Frühjudentum) beobachten<br />
wie auch bei den heute noch gelebten<br />
Reli gionen in Orient und Okzident,<br />
im indus triellen Norden und im<br />
globalen Süden.<br />
Religionen verfügen über eine Wahrnehmung<br />
der Zeit: So sind die Zeitstufen<br />
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 45
Fokus<br />
unterscheidbar – etliche Kulturen kennen<br />
aber auch eine Zweiteilung in Abgeschlossenes<br />
und Nichtabgeschlossenes als zentrale<br />
Kategorien. Sie schlagen sich natürlich<br />
dann entsprechend in der Sprache der<br />
heiligen Texte nieder. Die alten Texte sind<br />
voll von Aussagen, die sich genau über<br />
das Verhältnis des Einzelnen oder einer<br />
Gruppe zu unterschiedlichsten Zeitphänomenen<br />
Gedanken machen.<br />
Auch ist klar: Zeit kann linear sein –<br />
von einer Schöpfung, allgemeiner «dem<br />
Weltbeginn» bis hin zum «Ende aller Tage»<br />
(Weltenende, Armageddon) zieht sich<br />
ein zeitlicher Fluss. Dieser wird aber im<br />
Rahmen der religiösen Vorstellungen<br />
rhythmisiert und auch durch eine zyklische<br />
Komponente bereichert: Schon die<br />
Feststellung, dass es überhaupt so etwas<br />
wie Stunden, Tage, Wochen und Jahre mit<br />
festen/festlichen Zeiten gibt, dokumentiert<br />
diese Rhythmisierung.<br />
Feste als Ausbruch aus dem Alltag<br />
Der Ausbruch aus dem linearen Zeitstrom<br />
(von der Wiege bis zur Bahre) ist entscheidend<br />
durch die Feste geprägt. Dies gilt für<br />
eher säkulare, nicht religiöse Zusammenhänge<br />
(Geburtstage, «runde» Feste, Jubiläen,<br />
welche alle wiederkehren und das<br />
Leben rhythmisieren), und umso stärker<br />
für religiöse Feste. Selbst im 21. Jahrhundert<br />
ist dies noch spürbar. Festen wird immer<br />
noch ein besonderer Status zuerkannt,<br />
so dass sie beispielsweise als arbeitsfrei<br />
definiert sind. Und genau diese<br />
Funktion erfüllen die zyklischen Feste in<br />
Bezug auf den Alltag: Sie erlauben es dem<br />
Individuum und der Gemeinschaft, aus<br />
dem linearen Alltagsfluss auszusteigen<br />
und in eine andere Welt zu treten. Die Welt<br />
des Feiertags oder die Welt des freien Tags<br />
ermöglicht, einen Schritt zurückzutreten<br />
und alles aus einer anderen Perspektive zu<br />
betrachten. Die meisten Religionen erkennen<br />
diesem nicht arbeitenden Betrachten<br />
einen sehr grossen Wert zu. Es ist möglich,<br />
zu fragen, ob mit der voranschreitenden<br />
Religionsferne in westlichen Gesellschaften<br />
vielleicht auch ein geschrumpftes Gespür<br />
für diesen Wechsel von Alltag und<br />
Feiertag einhergeht. So könnte es sich<br />
letztlich auch um eine abnehmende Sensibilität<br />
für das zyklisch Wiederkehrende<br />
handeln, die eben auch soziologisch beobachtet<br />
werden kann.<br />
In jedem Fall sind aber die Unterbrechungen<br />
– und das in einer gewissen Frequenz<br />
– notwendig und heilsam. Diese<br />
Einsicht ist für alle Ebenen der Zeit belegbar:<br />
Es beginnt schon beim Wechsel von<br />
Wachen und Schlafen. Nur eine gute Frequenz<br />
von Aktivität und Ruhepausen im<br />
Lauf von 24 Stunden sichert langfristig<br />
eine austarierte Gesundheit. Ebenso kann<br />
die Tagesstruktur insgesamt, die in der<br />
Vergangenheit häufig durch Gebete rhythmisiert<br />
wurde, ins Feld geführt werden.<br />
Fromme Muslime beten fünfmal am Tag,<br />
um den Tagesablauf zu rhythmisieren und<br />
immer wieder einen Schritt aus dem<br />
Hamsterrad des Alltags zu machen. Judentum<br />
und Christentum kennen die siebenmalige<br />
Unterbrechung des Tagesgeschehens<br />
durch Gebete (Quelle: Psalm<br />
119). Dies alles sind im Grund genommen<br />
Frequenzphänomene.<br />
Aber auch auf weiteren Ebenen läuft<br />
die Rhythmisierung weiter: Unsere Woche<br />
mit ihren sieben Tagen ist fest mit babylonischen<br />
(und später griechisch-römischen)<br />
Götternamen verbunden – diese<br />
wechseln sich innerhalb von sieben Tagen<br />
einmal ab. Der siebte Tag hat seit den Babyloniern<br />
besondere Relevanz. Als Schabbat<br />
ist er im Judentum bekannt und als<br />
Sonntag im Christentum. Die lineare Abfolge<br />
der Tage wird durch einen Ruhetag<br />
rhythmisiert, eine gewisse Frequenz wird<br />
etabliert. Auf der Ebene der Monate (die<br />
antiken Kulturen hatten häufig einen<br />
Mondkalender zur Grundlage) spielen die<br />
Mondzyklen mit Neumond, Halbmond<br />
und Vollmond eine entscheidende Rolle.<br />
Hier wird permanent rhythmisiert und<br />
wiederholend-periodisch frequenziert.<br />
Ruhe für den Boden, Freiheit für die<br />
Menschen<br />
Wird der Fokus erweitert, so kommen neben<br />
den Jahreszeiten auch die Jahre (hier<br />
nun als Sonnenjahre) hinzu. Ein Leben<br />
in Einklang mit den Jahreszeiten, mit<br />
den Rhythmen und Frequenzen der Natur,<br />
galt über lange Zeit als erstrebenswert.<br />
Heute sind solche Aspekte wieder vermehrt<br />
ein Thema bei Gesundheitsdiskussionen.<br />
Geht man noch weiter, dann lohnt<br />
sich erneut ein Blick in die grossen Frequenzen<br />
der Jahresabfolgen: Es geht nun<br />
nicht mehr um das Sieben-Tage-Schema,<br />
sondern um das Sieben-Jahre-Schema:<br />
Alle sieben Jahre soll nach biblischer Vorstellung<br />
dem Acker ein Brachjahr zuteilwerden<br />
– im Dienste der Regeneration.<br />
Daraus entstand im Übrigen das gar nicht<br />
mehr agrarische, aber doch eigentlich zur<br />
Regeneration gedachte Sabbatical, das<br />
akademisch immer noch präsent ist und<br />
gelebt wird. Auch hier kann man den biblischen<br />
Ursprung (Bücher Exodus und<br />
Deuteronomium) von aktuell mit Überzeugung<br />
gelebten Praktiken nachweisen.<br />
Es handelt sich wieder um ein Phänomen<br />
der Rhythmisierung und der Etablierung<br />
einer übergreifenden Frequenz. Als letzter<br />
Mosaikstein dieser Betrachtung kann<br />
das Jobeljahr (Grundlage: biblisches Buch<br />
Levitikus) genannt werden. Alle sieben<br />
mal sieben Jahre erfolgt ein Freilassungsjahr<br />
in der Tradition des Judentums. Abhängigkeiten<br />
in Besitzfragen werden annulliert.<br />
Nach 50 Jahren muss also nach<br />
religiöser Vorstellung ein klarer Strich<br />
gezogen werden. Bankhypotheken in<br />
Israel enden auf diesen Termin, in der<br />
Antike sollte durch den Schuldenerlass<br />
vor allem der ausufernden Schuldsklaverei<br />
in rhythmisierten Abständen Einhalt<br />
geboten werden.<br />
Dies alles zeigt eines: Alte und traditionelle<br />
Konzepte der Rhythmisierung<br />
und Frequenzschaffung haben Jahrhunderte<br />
und Jahrtausende überdauert und<br />
spielen sogar im heutigen Alltag des<br />
21. Jahrhunderts immer noch eine Rolle.<br />
Es lohnt sich also auch in kulturgeschichtlicher<br />
und damit auch in religiöser Hinsicht,<br />
auf solche rhythmischen Zeitstrukturen<br />
zu achten. Sie führen in den meisten<br />
Fällen hin zum ganz und gar Menschlichen<br />
bzw. zum balancierten Umgang mit<br />
der belebten Umwelt und mit sich selbst.<br />
46<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
©Pierre-Yves Massot<br />
Lachen und Träume<br />
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Fokus<br />
Theta-Wellen sind<br />
zentral für die<br />
Regulation von<br />
Emotionen<br />
Da sich Theta-Wellen auf die Regulierung von Emotionen auswirken,<br />
könnten daraus Therapien abgeleitet werden, um Menschen<br />
mit psychopathologischen Störungen wie Angstzuständen und<br />
Schizophrenie zu helfen.<br />
Martin LaSalle – UdeMNouvelles / Universität Montreal<br />
Wir greifen mehrmals täglich<br />
unbewusst darauf zurück:<br />
Die emotionale Regulierung<br />
ist der Prozess,<br />
durch den wir störende Reize abschwächen,<br />
um z.B. konzentriert zu bleiben, unser<br />
Wohlbefinden zu steigern oder um<br />
besser auf die Anforderungen unserer<br />
Umwelt reagieren zu können.<br />
Die emotionale Regulierung spielt bei<br />
vielen psychischen Erkrankungen sowie<br />
deren Behandlung eine entscheidende<br />
Rolle, sei es im Falle einer Angststörung,<br />
einer affektiven Störung oder einer Borderline-Persönlichkeitsstörung.<br />
Diese Regulierung<br />
wird mit der Wirkung von Theta-Wellen<br />
in einer bestimmten Gehirnregion,<br />
dem frontalen Kortex, in Verbindung<br />
gebracht.<br />
Inès Zouaoui, die ihren Master in Psychologie<br />
an der Universität Montreal abschliesst,<br />
hat dies im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten<br />
festgestellt, die sie unter<br />
der Leitung von Professor Marc Lavoie<br />
vom Forschungszentrum des Institut universitaire<br />
en santé mentale de Montréal<br />
durchgeführt hat.<br />
Eine spezifische Frequenz<br />
für die emotionale Regulierung<br />
Basierend auf den Ergebnissen einer 2013<br />
veröffentlichten Studie [1], die das Vorhandensein<br />
von Theta-Wellen bei der emotionalen<br />
Regulierung aufgezeigt hatte, unterzog<br />
das Forschungsteam aus Montreal<br />
24 Personen einem Test zwecks kognitiver<br />
Neubewertung.<br />
«Die kognitive Neubewertung, bei der<br />
der Kontext neu interpretiert wird, ist eine<br />
Strategie, die es ermöglicht, die emotionale<br />
Regulation in experimentellen Situationen<br />
zu verstehen», erklärt die Forscherin.<br />
«Unser Ziel war es, die elektrokortikalen<br />
Mechanismen, die diese komplexen Prozesse<br />
begleiten, zu entschlüsseln.<br />
Dazu haben wir 10 Männern und<br />
14 Frauen Elektroden auf den Kopf gesetzt,<br />
um die elektrische Aktivität ihres<br />
Gehirns beim Anblick verschiedener aversiver<br />
Bilder, wie beispielsweise eines mit<br />
Messer bewaffneten Mannes oder eines<br />
aggressiven Hundes, aufzuzeichnen.»<br />
Während der Elektroenzephalograph<br />
die Frequenzen der Gehirnaktivität kontinuierlich<br />
quantifizierte und aufzeichnete,<br />
erhielten die Probanden die Anweisung,<br />
ihren aversiven Zustand je nach Bedarf zu<br />
erhöhen, zu verringern oder aufrechtzuerhalten.<br />
Dieses Verfahren bezieht sich auch<br />
auf die kognitive Neubewertung. Nach wenigen<br />
Sekunden verschwand das Bild und<br />
die Phase der emotionalen Regulation<br />
liess nach.<br />
«Weiterführende Analysen des Elektroenzephalogramms<br />
haben bestimmte<br />
Frequenzen, die bei der kognitiven Neubewertung<br />
erhoben wurden, verglichen.<br />
Dabei konnten wir feststellen, dass nur<br />
die Theta-Wellen, die zwischen 4 und 8<br />
Hertz oszillieren, in diesem Prozess ausgelöst<br />
wurden, was sie zu einem Marker<br />
für die emotionale Regulation macht», betont<br />
Inès Zouaoui, die letzten Herbst an<br />
Bild: Adobe Stock<br />
48<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
der Universität Montreal ein Doktorat in<br />
biomedizinischen Wissenschaften mit<br />
der Option psychiatrische Wissenschaften<br />
begonnen hat.<br />
«Das Neue an dieser Studie ist, dass<br />
durch den Vergleich der Phase der emotionalen<br />
Induktion mit der Phase der emotionalen<br />
Regulation gezeigt werden konnte,<br />
dass die Theta-Welle spezifisch für die Regulation<br />
ist», erklärt sie. Analysen der Alpha-Welle,<br />
die von 8 bis 13 Hertz reicht,<br />
wurden hinzugefügt, um die Spezifizität<br />
der Theta-Welle in Bezug auf die emotionale<br />
Regulation zu bewerten. Dabei haben<br />
wir beobachtet, dass die Alpha-Welle weder<br />
auf die emotionale Induktion noch auf<br />
die emotionale Regulation anspricht.»<br />
Ausserdem konnten durch das Hinzufügen<br />
von Elektroden die Bereiche lokalisiert<br />
werden, die diese Theta-Wellen im<br />
Zusammenhang mit der emotionalen Regulation<br />
produzieren, also die frontalen<br />
Regionen, die bei der kognitiven Kontrolle<br />
eine Rolle spielen.<br />
Auf dem Weg zu neuen therapeutischen<br />
Möglichkeiten<br />
Neben dem Wunsch, eine frühere Studie<br />
zu wiederholen, um den Umfang der wissenschaftlichen<br />
Rezension in diesem Bereich<br />
zu erweitern, möchte Inès Zouaoui,<br />
dass ihre Erfahrungen in der klinischen<br />
Praxis genutzt werden können.<br />
«Die Relevanz der Theta-Oszillationen<br />
als Marker für eine erfolgreiche Regulation<br />
könnte zu neuen therapeutischen<br />
Optionen für die Behandlung von Menschen<br />
führen, deren emotionaler Regulationsprozess<br />
gestört ist», stellt Inès<br />
Zouaoui fest. «Dies gilt insbesondere für<br />
diejenigen, die an schweren Angstzuständen<br />
oder Schizophrenie leiden.»<br />
Literatur<br />
[1] M. Ertl et coll., «Emotion<br />
regulation by cognitive reappraisal:<br />
The role of frontal theta oscillations»,<br />
NeuroImage, vol. 81, 2013, p. 412–421.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 49
Fokus<br />
Tierische<br />
Höchstleistungen<br />
Vögel, Reptilien, Insekten oder Säugetiere stellen immer<br />
wieder Rekorde auf, die uns Menschen verblüffen. Die Evolution hat sie<br />
mit Fähigkeiten ausgestattet, die wir zwar rational verstehen können.<br />
Gleichzeitig schaffen diese Fähigkeiten aber eine Realität,<br />
die für Menschen schlicht nicht nachvollziehbar ist.<br />
Bernd Schildger, Prof. Dr. med. vet.<br />
Da kommt das Auge nicht mit: Der Flügelschlag des Kolibris ist so schnell, dass wir die einzelnen Schläge nicht mehr sehen können.<br />
Die kleinen Vögel können sozusagen in der Luft stehen bleiben und sogar rückwärts fliegen.<br />
Bild: Adobe Stock<br />
50<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus<br />
Sein Porträt wurde aufgrund seiner<br />
jüdischen Abstammung aus<br />
dem Hamburger Rathaus entfernt.<br />
Aber der Versuch in der<br />
Nazizeit, den Namen Heinrich Hertz aus<br />
der internationalen Wissenschaftsgeschichte<br />
zu eliminieren, scheiterte. Die<br />
Abkürzung Hz steht bis heute, und sicher<br />
auch in absehbarer Zukunft, für den<br />
Kehrwert der Schwingungsdauer, anfangs<br />
nur in harmonischen Schwingungen.<br />
Hertz war Physiker und beschäftigte sich<br />
mit elektromagnetischen Wellen, später<br />
eroberte die Frequenz aber viele Bereiche<br />
der Menschheit. Vereinfacht gesagt, handelt<br />
es sich um die Anzahl von definierten<br />
Ereignissen in einer Zeiteinheit, in der<br />
Physik während einer Sekunde.<br />
Herzschlag als Mass der Dinge<br />
Eine «Ruhepulsfrequenz» von 60 Schlägen<br />
pro Minute lässt uns gut schlafen, während<br />
die Smartwatches am Handgelenk bei 210<br />
in Farbstürmen schier zu explodieren<br />
scheinen. Auch der unregelmässige Herzschlag<br />
wird am Hometrainer mit einem<br />
Warnsignal gewürdigt. Ein wenig Gelassenheit<br />
scheint angebracht. Als Stoiker<br />
würde man sich vielleicht der Formulierung<br />
«ist halt so» hingeben. «Was soll ich<br />
versuchen zu ändern, was ich eigentlich<br />
nicht beeinflussen kann.» Der Hundebesitzer<br />
wähnt sich hier schnell als Stoiker.<br />
Kann er doch leicht an der Brustwand des<br />
vierbeinigen Gefährten sehen, dass die<br />
Herzfrequenz einer erheblichen Atemdepression<br />
Genüge tut. Soll heissen, dass in<br />
der Exspirationsphase die Herzfrequenz<br />
sinkt und in der Inspiration steigt. Je besser<br />
der Homo sapiens trainiert ist, umso<br />
eher kann er dies im kleinen Rahmen bei<br />
sich selbst feststellen.<br />
Die «Erschöpfungsherzfrequenz» bei<br />
Geparden am Ende der Jagd ist wissenschaftlich<br />
wenig untersucht, liegt aber bei<br />
ca. 250 Schlägen pro Minute. Wir alle wissen,<br />
vielleicht sogar aus eigener Beobachtung<br />
anlässlich einer Safari in Afrika, wie<br />
ein Gepard nach der Jagd aussieht. Unabhängig<br />
vom Jagderfolg ist er in einem solchen<br />
Ausmass erschöpft, mit rasendem Puls<br />
und hoher Atemfrequenz, dass er, unfähig<br />
zur Reaktion, oft ansehen muss, wie Hyänen<br />
oder Schakale seine Jagdbeute erobern. Zur<br />
Vermeidung des Verlustes möglichst schnell<br />
nach der Jagd mit dem Fressen zu beginnen,<br />
ist dem schnellsten Landraubtier erschöpfungsbedingt<br />
nicht möglich.<br />
Beim Säugetier, also auch beim Menschen,<br />
wäre die «Ruhepulsfrequenz» des<br />
Kolibris letal. Der schwirrende Flügelschlag,<br />
mit Frequenzen von bis zu 90 Hz<br />
und damit oberhalb des humanen optischen<br />
Auflösungsvermögens, erfordert eine<br />
enorme Menge an Sauerstoff und Energie<br />
in der Muskulatur, permanent. Der Kolibri<br />
vertilgt deshalb pro Tag etwa das<br />
Zweifache seines Körpergewichts, und<br />
sein Herz rast mit 400 Schlägen pro Minute<br />
in der Ruhe. Die Frequenz steigt auf bis<br />
zu 1200 beim Flug, das sind ca. 20 Hz!<br />
Unerhörtes Gehör<br />
Die 20 Hz des Flügelschlages beim Kolibri<br />
ist in etwa die untere Hörgrenze des Menschen.<br />
In jungen Jahren gelingt es uns, ca.<br />
20 000 Hz akustisch wahrzunehmen. Die<br />
obere Grenze der Hörfrequenz sinkt dramatisch<br />
mit dem Alter. Eine recht miese<br />
Leistung im Vergleich zu unseren «treuesten<br />
Gefährten», den Hunden. Nicht nur<br />
dass sie Geräusche bis zu 50 000 Hz wahrnehmen<br />
können. Sie schaffen mit den beweglichen<br />
Ohren eine selektive Ausrichtung<br />
und damit ein dreidimensionales<br />
Gehör. Letzteres natürlich nur, wenn die<br />
Rasse sich anatomisch nicht zu weit vom<br />
Ursprung Wolf entfernt hat. Der Basset<br />
fällt mit seinen riesigen Hängeschlappohren<br />
sicher nicht in diese Kategorie.<br />
Grenzen des Bewusstseins<br />
Aus der allgemeinen Definition von Frequenz<br />
ergibt sich aber kein tieferer Einblick<br />
in das «Dahinter». Die «Frequenz»<br />
der Eiablage bei den Termiten ist schier<br />
unvorstellbar: Alle fünf Sekunden legt die<br />
Königin ein Ei, bis zu 20 000 am Tag. Nach<br />
der Begattung durch den König, welche<br />
täglich mehrfach stattfindet, finden in<br />
kürzester Zeit Befruchtung, Eireifung und<br />
schliesslich die Eiablage statt. Um diese<br />
Frequenz aufrechtzuerhalten, sind König<br />
und Königin zeitlebens zusammen in einer<br />
kleinen «Mörtelkammer» innerhalb<br />
des Termitenbaus eingemauert. Zeit für<br />
Nahrungssuche bleibt den beiden nicht,<br />
sie werden permanent von den zweigeschlechtlichen<br />
Arbeitern gefüttert. Diese<br />
nehmen auch die Eier in Empfang und tragen<br />
sie in den homothermen Teil des Termitenbaus<br />
zur Inkubation.<br />
Rational sind wir in der Lage, die Eiablagefrequenz<br />
der Termiten zu erfassen.<br />
Sie wird uns rational bewusst. Analoges<br />
gilt z.B. auch für die Frequenz der Muskelkontraktionen<br />
beim Tigerpython, der seine<br />
gelegten Eier umschlingt. Dies dient<br />
nicht nur dem Schutz des Geleges, sondern<br />
auch der Konstanz der Inkubationstemperatur.<br />
Wärmeerzeugung durch Hüpfen<br />
oder Kniebeugen im kalten Winter<br />
sind uns Menschen bekannt. Auch die<br />
Kommunikation der kleinen Krokodile im<br />
Gelege kurz vor dem Schlupf, wenn sie mit<br />
piepsenden Lauten mittlerer Frequenz ihren<br />
Schlupf synchronisieren und das Muttertier<br />
zum Schutz aufbieten, sind uns rational<br />
völlig klar. Aber sind sie wirklich<br />
Teil unseres Bewusstseins?<br />
Fledermäuse orientieren sich akustisch<br />
im Raum. Die von ihnen emittierten<br />
Laute mit unterschiedlichen Frequenzen<br />
bis zu 200 000 Hz, die jenseits unserer<br />
Wahrnehmung sind, werden von Oberflächen<br />
reflektiert, und aus der Differenz der<br />
Echos zwischen linkem und rechtem Ohr,<br />
beide sind riesig und ausrichtbar, ergibt<br />
sich ein dreidimensionales Bild des Raumes.<br />
Und nicht nur des Raumes, sondern<br />
auch z.B. der sich schnell bewegenden<br />
Jagdbeute wie Insekten; akustisch, nicht<br />
optisch. Rational, mit ein wenig naturwissenschaftlicher<br />
Begabung, lässt sich diese<br />
besondere evolutionäre Entwicklung erfassen.<br />
Aber können wir diese Frequenzund<br />
Laufzeitphänomene tatsächlich erfassen?<br />
1974 erschien ein Essay, welcher zu<br />
den am meisten zitierten philosophischen<br />
Aufsätzen gehört: «What ist it like to be a<br />
bat?» von Thomas Nagel. Die subjektive<br />
Realität der Fledermaus ergibt sich aus ihren<br />
persönlichen Wahrnehmungen und<br />
Erfahrungen. Diese Erfahrungen müssen<br />
uns fremd bleiben, weil wir eben nicht die<br />
Sinne hierfür ausgebildet haben. Also<br />
wird uns die Wahrnehmung und die Realität<br />
der Fledermaus nie wirklich bewusst<br />
werden können, rational ja, emotional<br />
nein. Thomas Nagel hypothetisiert aber<br />
einen Schritt weiter: Ist es denn nicht so,<br />
dass uns die Realitäten anderer Menschen<br />
gleichfalls immer fremd sein müssen?<br />
Eben weil diese sich ja gleichfalls nicht<br />
nur auf objektiv und rational nachvollziehbaren<br />
eigenen Erlebnissen begründen,<br />
sondern auch auf die subjektive<br />
Wahrnehmung mit den eigenen Sinnen.<br />
Aber dieses philosophische Thema ist ein<br />
anderes.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 51
Perspektiven<br />
Aktuelles zu Betablockern:<br />
Einsatz in der pädiatrischen Dermatologie<br />
Zufallsfund mit<br />
Potential<br />
Hämangiome, die sogenannten Blutschwämme, sind die häufigsten<br />
gutartigen Tumoren bei Kleinkindern. Obwohl sie in der Regel<br />
selbstlimitierend und spontan rückbildend sind, ist in gewissen Fällen eine<br />
Behandlung angezeigt. Standard ist der Einsatz von Betablockern.<br />
Dr. Kristin Kernland Lang, Konsiliaria Kinderdermatologie, Klinik für Kinder und Jugendliche Kantonsspital Baden<br />
Betablocker haben seit der ersten<br />
Veröffentlichung zu ihrer<br />
Wirksamkeit auf infantile Hämangiome<br />
2008 [1] einen festen<br />
Platz unter den Therapien in der Kinderdermatologie<br />
erlangt. Die systemische<br />
Behandlung von Hämangiomen mit Propranolol<br />
primär im Säuglingsalter ist heute<br />
deren häufigste und von der Swissmedic<br />
zugelassene Indikation. Eine Ausweitung<br />
von Therapieindikation und von<br />
verwendeten alternativen Betablockern<br />
erfolgt seit einigen Jahren in Off-Label-Indikationen.<br />
Die Entdeckung der Wirksamkeit von<br />
Propranolol auf Wachstumsstopp und<br />
Rückbildung von Hämangiomen erfolgte<br />
vor 15 Jahren zufällig durch klinische Beobachtung<br />
[1]. Seither haben zahlreiche<br />
Studien die Wirksamkeit und Sicherheit<br />
von Propranolol in dieser Indikation dokumentiert.<br />
Betablocker antagonisieren den Effekt<br />
von zirkulierenden Katecholaminen<br />
auf Beta-Adreno-Rezeptoren. In der Haut<br />
sind diese Rezeptoren auf Keratinozyten,<br />
Fibroblasten und Melanozyten zu finden.<br />
Der genaue Wirkmechanismus auf Hämangiome<br />
ist bis heute noch nicht geklärt.<br />
Die erreichte Vasokonstriktion und die Reduktion<br />
der Angiogenesis durch Inhibition<br />
des Vascular Endothelial Growth Factor<br />
(VEGF) als auch des Basic Fibroblast<br />
Growth Factor werden als hauptsächlich<br />
hierfür postuliert. Zusätzlich stimuliert<br />
Propranolol die Apoptosis von Endothelzellen<br />
und von Perizyten [2, 3].<br />
Systemische Behandlung von<br />
Hämangiomen<br />
Infantile Hämangiome sind die häufigsten<br />
benignen Tumoren des Kindesalters mit<br />
einer geschätzten Prävalenz von bis zu<br />
5 Prozent [4] und weisen in den meisten<br />
Fällen einen selbstlimitierenden Verlauf<br />
mit spontaner Rückbildung im Verlauf der<br />
ersten Lebensjahre auf.<br />
Die systemische Behandlung mit Propranolol<br />
wurde 2014 auch durch die Swissmedic<br />
zugelassen und gilt heute international<br />
als Goldstandard bei entsprechender<br />
Indikation für die Behandlung von Hämangiomen.<br />
Die Indikation zur systemischen Behandlung<br />
mit Propranolol ist in folgenden<br />
Situationen gegeben [5]:<br />
– lebensbedrohliche infantile Hämangiome<br />
– drohende Funktionseinbussen unterliegender<br />
anatomischer Strukturen<br />
– Risiko von Ulzeration<br />
– Risiko bleibender ästhetischer Deformation<br />
Im Einzelfall kann die ärztliche Indikationsstellung<br />
zur Therapie mittels Infantile<br />
Hemangioma Referral Score (IHReS) unterstützt<br />
werden (www.ihscoring.com).<br />
Komplexe Hämangiome gehören in die<br />
Hände von spezialisierten und erfahrenen<br />
multidisziplinären Teams.<br />
Grundsätzlich soll mit der systemischen<br />
Propranolol-Behandlung so früh als<br />
möglich begonnen werden, idealerweise<br />
in den ersten Lebenswochen. Dadurch<br />
wird ein maximaler bremsender Effekt auf<br />
Wachstum des Hämangioms und ein signifikant<br />
besseres kosmetisches Endresultat<br />
erreicht. Generell ist von einer Therapiedauer<br />
bis mindestens zum 10.–12. Lebensmonat<br />
auszugehen, im Einzelfall bis<br />
zum Alter von 24–36 Monaten. Propranolol<br />
ist in der Schweiz für die systemische<br />
Therapie als Hemangiol® seit dem 1. November<br />
2022 auf der Spezialitätenliste (SL)<br />
aufgeführt.<br />
Ein umfassendes Update der Schweizer<br />
Richtlinien für die Behandlung von<br />
infantilen Hämangiomen mit Betablockern<br />
wurde kürzlich publiziert und bietet<br />
eine solide Referenz zu klarem therapeutischem<br />
Vorgehen [5]. Eine zeitnahe nicht<br />
dermatologische Publikation dieser Arbeit<br />
ist in Planung.<br />
Alternative Betablocker wie Nadolol<br />
oder Atenolol wiesen in randomisierten<br />
Studien eine vergleichbare Wirkung wie<br />
Propranolol auf die Hämangiomkontrolle<br />
auf. Diese weniger lipophilen Betablocker<br />
durchqueren die Blut-Hirn-Schranke<br />
nicht [6] und waren somit weniger mit<br />
zentralnervösen Nebenwirkungen wie<br />
Schlafstörungen assoziiert [7]. Dies kann<br />
im Einzelfall therapeutisch genutzt werden.<br />
In Langzeitstudien wurden keine Unterschiede<br />
zwischen Atenolol und Propra-<br />
52<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Perspektiven<br />
Bild: Adobe Stock<br />
nolol betreffend neurokognitive Entwicklung<br />
erfasst [8]. Gemäss oben zitierten<br />
Schweizer Richtlinien bleibt Propranolol<br />
aufgrund Zulassungskriterien und umfassender<br />
Dokumentation die Therapie erster<br />
Wahl.<br />
Topische Behandlung von Hämangiomen<br />
Die Alternative einer topischen Betablocker-Behandlung<br />
von Hämangiomen ist<br />
den oberflächlichen, dünnen und kleinen<br />
Hämangiomen vorbehalten, vor allem bei<br />
Lokalisation im Gesicht [5]. Timolol in der<br />
Form von Timoptic-XE® 0,5% findet aktuell<br />
als Off-Label-Indikation für diese spezielle<br />
Hämangiom-Gruppe Verwendung.<br />
Timolol ist 8–10 Mal potenter als Propranolol,<br />
und eine systemische Absorption<br />
wurde in einer Untersuchung in behandelten<br />
Kindern dokumentiert [9]. Konkrete<br />
Angaben zu Dosierung und therapeutischem<br />
Vorgehen finden sich im oben erwähnten<br />
Update der Schweizer Richtlinien<br />
für die Behandlung von infantilen<br />
Hämangiomen mit Betablockern [5].<br />
Weitere Indikationen für topische<br />
Betablocker-Behandlungen in<br />
der pädiatrischen und adulten<br />
Dermatologie<br />
– Granuloma pyogenicum (auch: teleangiektatisches<br />
Granulom)<br />
– Die topische Betablocker-Behandlung<br />
stellt eine in vielen Fällen hilfreiche, noninvasive<br />
therapeutische Option oder<br />
adjuvante Behandlung für diese Gruppe<br />
von benignen vaskulären Neoplasien<br />
dar (eg. Rp. Propranolol 1% Crème,<br />
Timoptic-XE® 0,5%). Bei oberflächlichen,<br />
kleinen Formen kann damit die<br />
Abheilung erreicht, bei grösseren Läsionen<br />
die Blutung gestoppt oder die Grössenreduktion<br />
erreicht werden.<br />
– In der Erwachsenen-Dermatologie finden<br />
topische Betablocker darüber hinaus<br />
Verwendung in der Behandlung bei<br />
EGFR-1-induzierten Granuloma-pyogenicum-like-Paronychien.<br />
Weiter sind<br />
Einzelfälle von Therapieerfolgen bei<br />
Kaposi-Sarkom beschrieben als auch<br />
von chronischen, schlecht heilenden<br />
Wunden. Der Effekt auf neutrophile<br />
Dermatosen wird aktuell erforscht.<br />
Literatur<br />
[1] Léauté-Labrèze Ch. et al.<br />
Propranolol for Severe Hemangiomas in<br />
Infancy. NEJM 358, 2649 f. (2008).<br />
[2] Filoni A. et al. Topica Beta-Blockers<br />
in Dermatologic Therapy.<br />
Dermatol Therapy 34; e15016 (2021).<br />
[3] Novoa M. et al. Interventions for<br />
Infantile Hemangiomas of the Skin.<br />
Cochrane Database Syst Rev 4; CD006545<br />
(2018).<br />
[4] Luu M. Clinical Course,<br />
Complications and Management. Br J<br />
Dermatol 169(1); 20 f. (2013).<br />
[5] Baghin V. et al. Dermatologica<br />
Helvetica 06; 23 f. (2022).<br />
[6] Pope E. et al. Noninferiority and<br />
Safety of Nadolol vs Propranolol in Infants<br />
with Infantile Hemangioma. JAMA Pediatr<br />
176 (1); 34 f. (2002).<br />
[7] Gumina M. E. et al. Atenolol as<br />
an Alternative to Propranolol for the<br />
Management of Sleep Disturbances in the<br />
Treatment of Infantile Hemangiomas.<br />
Pediatr Dermatol 36(4); 556 f. (2019).<br />
[8] Hermans M. M. Long-term<br />
Neurocognitive functioning of Children<br />
treated with Propranolol or Atenolol for<br />
Infantile Hemangioma. Eur J Pediatr<br />
Internet Dec 7 (2022), available from<br />
Doi:10.1007/s00431-022-04674-7.<br />
[9] Weibel L. et al. Topical Timolol<br />
for Infantile Hemangiomas: Evidence for<br />
Efficacy and debree of Systemic Absorption.<br />
Pediatr Dermatol 33(2); 184 f. (2016).<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 53
Perspektiven<br />
Aus der «Therapeutischen Umschau»* – Übersichtsarbeit<br />
Husten aus<br />
pharmakologischer<br />
Sicht<br />
Selina Späni 1 , Simona T. Hübner 1 und Anne Leuppi-Taegtmeyer 1, 2<br />
Einführung<br />
Husten ist eines der häufigsten Symptome,<br />
die zu einer ärztlichen Konsultation<br />
führen [1]. Während ein akuter und selbstlimitierender<br />
Husten im Rahmen eines<br />
Virus infektes meist keine Therapie benötigt,<br />
kann eine prolongierte Erkrankung<br />
die Lebensqualität der Be troffenen negativ<br />
beeinflussen [2]. Mögliche Ursachen<br />
eines chronischen Hustens (Dauer > 8 Wochen)<br />
sind vor Beginn einer symptomatischen<br />
Therapie abzuklären. Wenn immer<br />
möglich soll eine kausale Therapie in<br />
Überein stimmung mit den entsprechenden<br />
Leitlinien erfolgen. Bei etwa 20 % der<br />
Patienten mit chronischem Husten kann<br />
jedoch keine eindeutige Ursache eruiert<br />
werden [3].<br />
Symptomatische Therapie<br />
des Hustens<br />
Eine symptomatische Therapie des<br />
Hustens mit Protussiva (Sekretolytika)<br />
und / oder Antitussiva kann bedarfsorientiert,<br />
ggf. auch ergänzend zu einer<br />
kausalen Therapie, in folgenden Fällen<br />
indiziert sein [3]:<br />
• bei chronisch idiopathischem Husten<br />
• bei chronisch refraktärem Husten<br />
1<br />
Medizinische Universitätsklinik, Kantonsspital<br />
Baselland (KSBL)<br />
2<br />
Rheumatologische Abteilung für Klinische<br />
Pharmakologie und Toxikologie, Universitätsspital<br />
Basel<br />
* Der Artikel erschien ursprünglich in der<br />
«Therapeutischen Umschau» (2021), 78(4),<br />
195–198.<br />
• bei spontan ausheilenden Infekten der<br />
oberen und / oder unteren Atemwege zur<br />
Linderung und Verkürzung der Dauer<br />
des Hustens<br />
• wenn die kausale Therapie den Husten<br />
nicht effektiv lindert<br />
• wenn die Wirkung der kausalen Therapie<br />
verzögert einsetzt<br />
• in der Palliativmedizin<br />
Abhängig von der Grunderkrankung kommen<br />
protus sive (husten- bzw. expektorationsfördernde)<br />
und / oder antitussive (hustendämpfende)<br />
medikamentöse Thera pien<br />
zum Einsatz.<br />
Protussive Therapie<br />
Durch den Einsatz von Expektorantien<br />
wird zäher Schleim verflüssigt und dessen<br />
Abtransport und Auswurf erleichtert. Die<br />
Elimination von Sekret entlastet die Hustenrezeptoren<br />
und lindert somit den Hustenreiz.<br />
Da Expektorantien das Abhusten<br />
fördern, werden diese meist tagsüber eingesetzt.<br />
Eine nächtliche Gabe könnte die<br />
Schlafqualität negativ beeinflussen.<br />
Expektorantien<br />
Ambroxol, Bromhexin, Carbocistein, Erdostein,<br />
Guaifenesin und N-Acetylcystein<br />
sind die in der Schweiz gebräuchlichen<br />
Wirkstoffe mit schleimlösenden Eigenschaften.<br />
Die Evidenz für den Einsatz von<br />
Expektorantien bleibt weiterhin unklar. Für<br />
die Behandlung des akuten Hustens konnte,<br />
gemäss der 2014 publizierten systematischen<br />
Review, keine Empfehlung für oder<br />
gegen entsprechende «over the counter»<br />
Medikamente ausgesprochen werden [4].<br />
Zurzeit sind die obengenannten Expektorantien,<br />
mit Ausnahme von Erdostein, in<br />
der Schweiz rezeptfrei erhältlich. Auch der<br />
im Jahr 2017 publizierte CHEST Expert Panel<br />
Report weist auf die niedrige Qualität<br />
der verfügbaren Evidenz im Hinblick auf<br />
die Therapie eines Erkältung-assoziierten<br />
Hustens hin [5]. Nichtsdestotrotz gibt es<br />
Patienten und Patientinnen, die von einer<br />
schleimlösenden Therapie profitieren. Als<br />
unerwünschte Arzneimittelwirkungen dieser<br />
Wirkstoffgruppe sind al lergische Reaktionen<br />
und Verdauungsbeschwerden<br />
be schrieben [6]. Bei guter Verträglichkeit<br />
kann eine Therapie initiiert werden, bleibt<br />
die subjektive Besserung der Beschwerden<br />
aus, ist der Einsatz der schleimlösenden<br />
Therapie jedoch zu reevaluieren.<br />
Phytopharmaka mit schleimlösenden<br />
Eigenschaften<br />
Für Phytotherapeutika bzw. dessen Kombinationen<br />
aus Efeu, Cineol, Myrtol, Pelargonium<br />
sidoides, Thymian und Primeln,<br />
konnte eine Wirksamkeit auf die Dauer und<br />
die Intensität des akuten Hustens bei Erkältungsinfekten<br />
gegenüber Placebo nachgewiesen<br />
werden. Gängige pflanz liche Expektorantien<br />
sind ätherische Öle (Anis, Eukalyptus,<br />
Myrte, Pfefferminze, Spitzwegerich,<br />
Thymian), welche in Form von Kapseln,<br />
Tabletten, Lösungen, Sirup, Einreibungen,<br />
als Badezusatz, Teeaufguss oder zur Inhalation<br />
verwendet werden. Des Weiteren<br />
werden Saponine (z. B. aus Efeu) oder Glykoside<br />
(aus der Primelwurzel) therapeutisch<br />
genutzt [3].<br />
54<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Bild: Adobe Stock<br />
Perspektiven
Perspektiven<br />
Zusammenfassung<br />
Zur Linderung einer Hustensymptomatik<br />
können diverse Arzneimittel mit<br />
verschiedenen protussiven oder antitussiven<br />
Wirkmechanismen eingesetzt<br />
werden. Für gewisse Indikationen<br />
spielen auch Phytopharmaka eine<br />
bedeutende Rolle. In der Ursachensuche<br />
eines persistierenden Hustens ist<br />
die Dauermedikation kritisch zu prüfen<br />
und bei Verdacht auf eine<br />
unerwünschte Arzneimittelwirkung<br />
gegebenenfalls anzupassen.<br />
Abstract: Cough from a<br />
pharmacological point<br />
of view<br />
Resolution Drugs with various protussive<br />
or antitussive mechanisms of<br />
action are used to alleviate cough symptoms.<br />
Phytopharmaceuticals also play<br />
an important role. When determining<br />
the etiology of persistent cough, longterm<br />
medication should be critically<br />
assessed and on suspicion of an adverse<br />
drug reaction adjusted as necessary.<br />
Antitussive Therapie<br />
Antitussiva sind hustenreizlinderne Arzneimittel,<br />
die zur symptomatischen Therapie<br />
eines unproduktiven Reizhustens<br />
eingesetzt werden, wobei sie die Häufigkeit<br />
und die Intensität der Hustenanfälle<br />
reduzieren [7].<br />
Antitussiva<br />
Antitussiva unterdrücken den Husten<br />
durch Wirkung am zentralen Husten-Zentrum<br />
und haben somit eine von der Hustenursache<br />
unabhängige Wirksamkeit.<br />
Als antitussive Wirkstoffe sind in der<br />
Schweiz gewisse Opioide wie Codein,<br />
Dihydrocodein und Hydrocodon sowie<br />
nicht-Opioide Dextromethorphan (NM<br />
DA-Antagonist), Butamirat, Morclofon,<br />
Oxomemazin (Antihistaminikum der<br />
1. Generation) zugelassen.<br />
Trotz des häufigen Gebrauchs von Antitussiva,<br />
ist auch für diese Wirkstoffgruppe<br />
die Evidenz bezüglich ihrer Wirksamkeit<br />
limitiert. Da akute Bronchitis und<br />
akuter Husten per Definition selbstlimitierende<br />
Erkrankungen sind, ist der Nachweis<br />
zwischen spontaner Remission und<br />
Effekt des eingesetzten Medikamentes<br />
sehr schwierig zu erbringen. Durch objektive<br />
Messmethoden, konnte einzig für<br />
Dextromethorphan eine signifikante Unterdrückung<br />
des akuten Hustens gezeigt<br />
werden [8].<br />
Dextromethorphan ist ein Substrat,<br />
der Metabolit 3-Methoxymorphinon ein<br />
Hemmer des Cytochroms 2D6. Die gleichzeitige<br />
Einnahme anderer CYP2D6-Hemmer<br />
oder von Arzneimittel, die über dieses<br />
Isoenzym metabolisiert werden, ist deshalb<br />
zu vermeiden. Dies betrifft insbesondere<br />
gewisse Antidepressiva, Anorektika,<br />
Betablocker und Antihistaminika.<br />
Bei Patienten mit einem CYP2D6-Mangel<br />
sind Meta bolismus und Elimination<br />
von Dextromethorphan stark verzögert,<br />
was mit verstärkten unerwünschten Wirkungen,<br />
unter anderem Sedation, Schwindel<br />
und Atem depression, einhergehen<br />
kann. Andere Merkmale einer Überdosierung<br />
sind Tachykardie, Blutdruckanstieg,<br />
verschwommenes Sehen, Nystagmus,<br />
Ataxie, Krampfanfälle, Erregbarkeit, Halluzinationen<br />
und Psychosen [9].<br />
Codein wird als Prodrug via das<br />
Cytochrom 2D6 in die aktive Substanz<br />
Morphin umgewandelt. Dieses Enzym<br />
weist einen ausgeprägten genetischen Polymorphismus<br />
auf, der dazu führt, dass bei<br />
ca. 8 % der europäischen Bevölkerung kein<br />
aktives Enzym vorliegt («poor metabolizer»),<br />
während bei 1 % eine sehr hohe<br />
Enzymaktivität («ultrarapid metabolizer»)<br />
besteht. Wirksamkeit und unerwünschte<br />
Arzneimittelwirkungen von Codein können<br />
daher kaum vorausgesagt werden. Bei<br />
den sogenannten «poor metabolizern» tritt<br />
eine unzureichende Wirksamkeit aber vermehrt<br />
unerwünschte Arzneimittelwirkungen<br />
wie z. B. Euphorie oder Dysphorie,<br />
Sedation, Schwindel und Pruritus auf [10].<br />
Bei den «ultrarapid metabolizern» sind<br />
Morphin-Überdosierungssymptome wie<br />
Somnolenz und Atemdepression möglich<br />
[11]. Morphin – dessen Verstoffwechselung<br />
keinem relevanten genetisch-bedingten<br />
Polymorphismus unterliegt – wäre daher<br />
sich erer dosierbar, ist jedoch nicht als<br />
Antitussivum zugelassen [4]. Erfahrungen<br />
bei Patienten mit chronischem Husten<br />
zeigen jedoch auch für Morphin eine<br />
begrenzte Wirksamkeit. So profitiert nur<br />
jeder zweite bis dritte Patient von dieser<br />
symptomatischen Therapie [8].<br />
Hustenreizstillende Wirkstoffe (Opioide,<br />
NMDA-Antagonisten, Antihistaminika)<br />
können in hohen Dosierungen als<br />
Rauschmittel missbraucht werden. Aufgrund<br />
der Suchtgefahr wurden im Jahr 2019<br />
in der Schweiz die meisten Hustenmittel<br />
mit kritischen Wirkstoffen rezeptpflichtig.<br />
Die Verschreibung bzw. die Abgabe hat<br />
über die behandelnde Ärztin resp. den behandelnden<br />
Arzt zu erfolgen. Ohne ärztliche<br />
Verschreibung ist der Bezug dieser<br />
Substanzen in Apotheken nur noch nach<br />
einem Beratungsgespräch und mit entsprechender<br />
Dokumenta tion möglich [12].<br />
Inhalative Glucocorticoide wirken in<br />
den Atemwegen gegen eosinophile Entzündungsreaktionen.<br />
So kommen diese<br />
Medikamente bei chronischem Husten<br />
aufgrund einer eosinophilen Bronchitis,<br />
bei allergischem und nicht allergischem<br />
Asthma (einschliesslich Husten als Asthmaäquivalent)<br />
zum Einsatz [3, 13].<br />
Sofern weitere Ursachen ausgeschlossen<br />
wurden, kann dem chronischen idiopathischen<br />
Husten eine Neuropathie des<br />
Hustenreflexes zu Grunde liegen [3]. Offlabel<br />
und nach vorsichtiger Nutzen-<br />
Risiko-Abwägung kann eine einschleichende<br />
Therapie mit einem GABA-Analogon<br />
– Gabapentin, alternativ Pregabalin –<br />
initiiert werden. Nach einer Therapie dauer<br />
von sechs Monaten soll eine Reevaluation<br />
stattfinden [13].<br />
Als mögliche Ursache eines chronischen,<br />
therapierefraktären Hustens konnte<br />
eine erhöhte Sensitivität der purinergen<br />
Rezeptoren P2X3 an den sensorischen Nerven<br />
fasern der Luftwege (Nervus vagus)<br />
identifiziert werden [14]. Eine randomisierte,<br />
doppelblinde, placebokontrollierte Phase-2b-Studie<br />
konnte für Gefapixant, einen<br />
P2X3 Rezeptorantagonisten, vielversprechende<br />
Ergeb nisse liefern. So konnte nach<br />
einem zwölfwöchigen Behandlungs intervall<br />
eine bis zu 37 %ige Reduktion der<br />
Husten frequenz bei Patienten mit refraktärem<br />
chronischem Husten oder chronischem<br />
idiopathischem Husten gezeigt werden<br />
[15]. Die am häufigsten beschriebene<br />
unerwünschte Arzneimittelwirkung war<br />
Dysgeusie. Die Resultate weiterer klinischen<br />
Studien werden gespannt erwartet.<br />
Phytopharmaka mit hustenreizdämpfenden<br />
Eigenschaften<br />
Zur symptomatischen Therapie des Hustenreizes<br />
werden viele unterschiedliche<br />
Wirkstoffe wie z. B. Eibisch, Malve, Spitzwegerich<br />
und isländisch Moos eingesetzt.<br />
Die in den Arzneidrogen enthaltenen<br />
Schleimstoffe wirken durch «Einhüllung»<br />
der im Rachen befindlichen Hustenrezeptoren.<br />
Weltweit werden viele nicht standardisierte<br />
Präparate und Mischungen<br />
angeboten. Placebokontrollierte, randomisierte<br />
Studien für eine generelle Empfehlung<br />
von Phytopharmaka zur Therapie<br />
akuter und chronischer Atemwegserkrankungen<br />
fehlen. Dies ist aber nicht grund<br />
56<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Solmucalm ®<br />
Schlafen statt Husten.<br />
Löst den Schleim und beruhigt den Husten.<br />
Hustensirup mit NAC, dem bewährten Mukolytikum. +<br />
- Beruhigt den Husten, erhält jedoch seine reinigende Wirkung. ++<br />
- Einfach drehen, frisch zubereiten.<br />
- Angenehm fruchtiger Geschmack für Gross und Klein.<br />
- Mit zahnschonendem Zuckerersatz, für Diabetiker geeignet.<br />
- Chlorphenamin wirkt dreifach in den Atemwegen. 1,2+++<br />
- Made in Switzerland.<br />
- Kassenzulässig<br />
Literatur:<br />
1. Sadofski LR et al. Transient receptor potential vanilloid-1-mediated calcium responses are inhibited by the alkylamine antihistamines dexbropheniramine and chlorpheniramine. Exp<br />
Lung Res 2008 ; 34 : 681-694. 2. Kim H et al. Histamine regulates mucin expression through H1 receptor in airway epithelial cells. Kim H et al. Acta Oto-Laryngologica 2012; 132: S37-S43.<br />
Fachpersonen können beim Unternehmen die Referenzen anfordern.<br />
+<br />
Vereint erstmals die mukolytischen und antioxidativen Eigenschaften des N-Acetylcysteins mit der hustenstillenden, sedativen Wirkung des Chlorphenamins in einem Hustensirup.<br />
++<br />
Das H1-Antihistaminikum Chlorphenamin bewirkt ein Heraufsetzen der Hustenreizschwelle. Der Husten wird beruhigt, jedoch nicht ganz eliminiert, sodass der gelöste Schleim<br />
ausgehustet werden kann.<br />
+++<br />
Chlorphenamin reduziert die Erregbarkeit der TRPV1-Rezeptoren, die das Hustensignal auslösen. Dazu hemmt Chlorphenamin die Neubildung von Schleim und beugt einer<br />
Bronchokonstriktion vor.<br />
Z: acetylcysteinum, chlorphenaminimaleas. Liste D. I: Behandlung des Hustens bei akuten und chronischen katarrhalische<br />
Erkrankungen, Grippe. D: Kinder von 3-6 Jahre: 5 ml 3 Mal/Tag; von 6 bis 12 Jahre: 5 bis 10 ml 3 Mal/Tag; Erwachsene: 10 ml<br />
3 Mal/Tag. KI: Überempfindlichkeit auf einen der Bestandteile, peptisches Ulkus, Engwinkelglaukom, Blasenentleerungsstörungen,<br />
Bronchialasthmaanfall, gleichzeitige Behandlung mit einem MAO-Hemmer, Schwangerschaft, Stillzeit. UW: Mund- Nasen- und<br />
Halstrockenheit, Verstopfung, Akkommodationsstörungen des Auges, Miktionsstörungen, Schläfrigkeit, Magenunverträglichkeit.<br />
INT: Antibiotika, Nitroglycerin, Phenytoin, MAO-Hemmer, Procarbazin, zentral wirkende Beruhigungsmittel, Alkohol. P: Sirup für<br />
Kinder, 90* ml; Sirup für Erwachsene, 180* ml. *Kassenzulässig.<br />
Ausführlichere Informationen siehe www.swissmedicinfo.ch.<br />
IBSA Institut Biochimique SA, Swiss Business Operations, Via Pian Scairolo 49, CH-6912 Lugano-Pazzallo, www.ibsa.swiss<br />
Caring Innovation<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 57
Perspektiven<br />
sätzlich mit einer Wirkungslosigkeit<br />
gleichzu setzten. Bei einer unkomplizierten<br />
Hustensymptomatik können Phytopharmaka<br />
eine valide Therapiealternative<br />
darstellen [16].<br />
Husten als unerwünschte<br />
Arzneimittelwirkung<br />
Für gewisse Medikamente und Wirkstoffgruppen<br />
ist aus pharmakologischer Sicht<br />
beim Auftreten einer unerklärlichen Hustensymptomatik<br />
an eine unerwünschte<br />
Arzneimittelwirkung zu denken.<br />
Husten ist häufig unter Therapie mit<br />
ACE-Hemmern (angiotensin converting<br />
enzyme inhibitors) beschrieben, wobei es<br />
sich um einen Klasseneffekt dieser Wirkstoffgruppe<br />
handelt. Durch Hemmung des<br />
angiotensin converting enzymes wird der<br />
Abbau von Bradykinin und Substanz P sowie<br />
von Prostaglandinen in der Bronchialschleimhaut<br />
blockiert, was zu einer Zunahme<br />
des Hustenreflexes führt. Dieser<br />
trockene Husten zeigt sich bei etwa 10 %<br />
der Frauen und 5 % der Männer, die mit einem<br />
ACE-Hemmer therapiert werden [3].<br />
Normalerweise beginnt die Sympto matik<br />
innerhalb der ersten ein bis zwei Wochen<br />
nach Therapiebeginn, kann aber auch verspätet<br />
bis zu sechs Monaten nach Start eines<br />
ACE-Hemmers auftreten [17]. Nach<br />
Sistierung der Therapie klingt der Husten<br />
innerhalb von vier Tagen bis drei Wochen<br />
ab. Bei länger bestehender Symptomatik<br />
ist eine weiterführende Diagnostik einzuleiten<br />
[3]. Als Therapiealternative eignen<br />
sich Angiotensin-II-Hemmer (Sartane),<br />
welche eine deutlich niedrigere Inzidenz<br />
für Husten als unerwünschte Arzneimittelwirkung<br />
aufweisen [17].<br />
Weitere hustenauslösende Arzneimittel<br />
sind Amiodaron, welches ursächlich für<br />
eine Alveolitis sein kann, Betablocker, die<br />
durch Verengung der Bronchiolen Husten<br />
als Asthmaäquivalent verursachen können<br />
oder lungentoxische Chemo- und Immuntherapien<br />
(Methotrexat, Bleomycin,<br />
Mitomycin C, Busulfan, Checkpoint Inhibitoren).<br />
Husten ist aber auch als unerwünschte<br />
Arzneimittel wirkung von Gliptinen,<br />
Mycophenolat mofetil, Interferonen<br />
und bei der intravenösen Anwendung von<br />
Fentanyl beschrieben. Zudem können<br />
auch Inhalativa, unter an derem inhalative<br />
Kortikosteroide, einen Hustenreiz verursachen<br />
[3]. So sprechen manche Asthmapatienten<br />
wegen der protussiven Wirkung<br />
einer inhalativen Therapie, die eine Deposition<br />
des Wirkstoffes verhindert, nur auf<br />
eine systemische Kortisontherapie an [18].<br />
Zusammenfassend ist festzuhalten,<br />
dass zur Linderung einer Hustensymptomatik<br />
diverse Arzneimittel mit verschiedenen<br />
protussiven oder antitussiven<br />
Wirkmecha nismen eingesetzt werden<br />
können. Für gewisse Indikationen spielen<br />
auch Phytopharmaka eine bedeutende<br />
Rolle. In der Ursachensuche eines persistierenden<br />
Hustens ist die Dauermedikation<br />
kritisch zu prüfen und bei Verdacht auf<br />
eine unerwünschte Arzneimittelwirkung<br />
gegebenenfalls anzupassen.<br />
Prof. Dr. med. Anne Leuppi-Taegtmeyer, PhD<br />
Oberärztin Klinische Pharmakologie<br />
und Toxikologie<br />
Leiterin Regionales Pharmacovigilance Zentrum<br />
Universitätsspital Basel<br />
Petersgraben 4<br />
4031 Basel<br />
Anne.Leuppi-Taegtmeyer@usb.ch<br />
Literatur<br />
[1] Morrell DC. Symptom<br />
interpretation in general practice. J<br />
R Coll Gen Pract. 1972;22:297 – 309.<br />
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https://www.uptodate.com/contents/treatment-of-subacute<br />
and-<br />
chronic-cough-in-adults?<br />
search=cough&source=search_<br />
result&selectedTitle=3~150&usage_<br />
type=default&display_rank=3<br />
[5] Malesker MA, Callahan-Lyon<br />
P, Ireland B, Irwin RS.<br />
Pharmacologic and Nonpharmacologic<br />
Treatment for Acute Cough<br />
Associated With the Common Cold.<br />
CHEST Expert Panel Report. Chest.<br />
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[6] Pharmawiki. Schleimlösende<br />
Mittel [Internet]. [cited<br />
2020 Aug 14]. Available from:<br />
https://www.pharmawiki.ch/wiki/<br />
index.php?wiki=Schleimloesende_<br />
Mittel<br />
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Morice AH. Gefapixant, a P2X3 receptor<br />
antagonist, for the treatment<br />
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cough: a randomised, double-blind,<br />
controlled, parallel-group, phase 2b<br />
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[16] Gillissen A. Akute Atemwegserkrankungen<br />
– Wann Phytopharmaka<br />
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sind. Deutsch Ärztebl. 2019;<br />
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Husten [Internet]. [cited<br />
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https://www.awmf.org/ uploads/<br />
tx_szleitlinien/020-003l_S2k_Dia<br />
gnostik-Therapie-erwachsene<br />
Patienten-mit-Husten_2019-12.pdf<br />
[4] Smith SM, Schroeder K,<br />
Fahey T. Over-the-counter (OTC)<br />
medications for acute cough in children<br />
and adults in com munity settings<br />
(Review). Cochrane Database<br />
Syst Rev. 2014; 2014(11):CD001831.<br />
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Avai l able from: https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=<br />
Antitussiva<br />
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Comprehensive evidence-based review<br />
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Open Resp Res. 2016;3(1): e000137.<br />
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Fachinformation Bexin® Hustensirup,<br />
Spirig Healthcare AG:<br />
Egerkingen, Schweiz; Stand der<br />
Information März 2015.<br />
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von Hustensirup [Internet]. [cited<br />
2020 Aug 14]. Available from:<br />
https://www.pharmawiki.ch/wiki/<br />
index.php?wiki=Missbrauchvon<br />
Hustensirup<br />
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(AF-219) in refractory chronic<br />
cough: a randomised, double-blind,<br />
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effects of angiotensin-converting<br />
enzyme inhibitors and angiotensin<br />
II receptor blockers [Internet]. [cited<br />
2020 Sep 1]. Available from: https://<br />
www.uptodate.com/contents/major-side-effects-of-angiotensin-converting-enzyme-inhibitors-and-angiotensin-ii-receptor-blockers?<br />
search=cough%20ACE%20inhibitors&source=<br />
search_result&selectedTitle=1~150&usage_type=default&display_rank=<br />
1#H13<br />
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cough due to asthma: ACCP evidence-based<br />
clinical practice guidelines.<br />
Chest. 2006;129:75S – 9S.<br />
58<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Perspektiven<br />
Der besondere Ort<br />
Ein Chalet über<br />
dem See<br />
Léo Pavlopoulos, Redaktionsmitglied <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />
Bild: zvg<br />
Das Chalet du Mont-Pèlerin<br />
liegt im Kanton Waadt, bei<br />
der Bergstation der Standseilbahn,<br />
die Vevey mit dem<br />
Mont-Pèlerin verbindet. Es bietet einen<br />
unglaublichen Panoramablick auf den<br />
Genfersee und die Alpen. Das Chalet du<br />
Mont-Pèlerin ist ein Restaurant, welches<br />
ins lokale Ökosystem integriert und<br />
damit Teil des sozialen und wirtschaftlichen<br />
Lebens der Region ist.<br />
Dank einer Küche, die auch am Nachmittag<br />
geöffnet ist, ist es der ideale Ort,<br />
um die atemberaubende Landschaft<br />
zu bewundern und gleichzeitig die typischen<br />
Produkte der Region zu kosten.<br />
Hier trifft man sowohl auf Reisende<br />
aus aller Welt wie auch auf Bewohner<br />
aus dem Dorf, die die lokalen Produkte<br />
genies sen wollen.<br />
Egal ob man ein traditionelles oder<br />
flambiertes Fondue, eine Rösti oder eine<br />
Tarte au vin cuit geniessen will, die Speisekarte<br />
wird aufgrund des regionalen<br />
Angebots mit erstklassigen Produkten<br />
zusammengestellt, die dann vor Ort verarbeitet<br />
werden. Bevorzugt werden saisonale<br />
Produkte, meist aus Betrieben, die<br />
einen nachhaltigen, biologischen bzw.<br />
biodynamischen Anbau betreiben oder<br />
auf Permakultur setzen. Fast alle Waren<br />
sind von Hand gefertigt, naturbelassen<br />
oder von kleinen Unternehmen in der<br />
Region verarbeitet.<br />
Im Restaurant kann man auch einen<br />
Brunch organisieren oder einen Aperitif<br />
mit Blick auf den Sonnenuntergang geniessen,<br />
zu dem die berühmten hausgemachten<br />
Malakoffs gereicht werden.<br />
Dazu bietet der Himmel ein Schauspiel<br />
verschiedenster Orangetöne. Zudem gibt<br />
es einen Spielplatz, wo sich die Kinder<br />
nach dem Essen austoben können.<br />
Das Chalet du Mont-Pèlerin habe ich<br />
dank meinem Schwiegersohn kennengelernt,<br />
der dort seine Lehre als Restaurantfachmann<br />
absolviert. Das Team ist überaus<br />
nett und bietet den Gästen eine<br />
kompetente Beratung zu saisonalen Gerichten<br />
und passenden Weinen an.<br />
Ich habe diesen besonderen Ort bei<br />
verschiedenen Gelegenheiten geniessen<br />
können: beim Cocktail mit Freunden auf<br />
der Sommerterrasse, bei Geburtstagsfeiern,<br />
Familienfesten oder Geschäftsessen.<br />
Der Umweg lohnt sich auf jeden Fall,<br />
wenn man an der waadtländischen Riviera<br />
unterwegs ist.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.lechaletdumontpelerin.ch<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 59
mediservice<br />
Briefkasten<br />
Erhöhte Nebenkosten<br />
aufgrund der drohenden<br />
Energiekrise?<br />
Aktuell ist in allen Medien<br />
zu lesen, dass die Heiz- und<br />
Energiekosten in nächster<br />
Zeit stark ansteigen könnten.<br />
Was aber bedeutet das für Mieterinnen<br />
und Mieter? Müssen Sie mit einer<br />
höheren Nebenkostenabrechnung<br />
rechnen? Wie können Sie sich zur Wehr<br />
setzen und was sind Ihre Rechte?<br />
Grundsätzlich müssen Mieterinnen<br />
und Mieter die Nebenkosten bezahlen,<br />
die tatsächlich angefallen sind. Konkret<br />
bedeutet das: Es muss die Menge Gas,<br />
Öl, Wasser oder Strom bezahlt werden,<br />
welche verbraucht wurde. In Bezug auf<br />
die Höhe der Nebenkosten ist jedoch<br />
nicht nur die bezogene Menge relevant,<br />
sondern auch die Kosten pro Einheit.<br />
Muss die Vermieterin oder der Vermieter<br />
aufgrund höherer Preise mehr für Strom-,<br />
Gas- oder anderweitige Energiequellen<br />
bezahlen, dürfen diese Mehrkosten auf<br />
die Mieterinnen und Mieter überwälzt<br />
werden.<br />
Mit der nachfolgenden Checkliste<br />
können Sie einfach und schnell überprüfen,<br />
weshalb die Nebenkosten<br />
gestiegen sind. Für die Überprüfung<br />
werden folgende Unterlagen benötigt:<br />
– Mietvertrag<br />
– aktuelle Nebenkostenabrechnung<br />
– Nebenkostenabrechnung des Vorjahres<br />
(alternativ auch noch weitere Jahre zurück)<br />
Prüfen Sie, was in Bezug auf die Nebenkosten<br />
im Mietvertrag vereinbart ist.<br />
Ist es eine Pauschale oder eine Akontozahlung?<br />
Wurde eine Pauschale vereinbart,<br />
darf Ihnen Ihr Vermieter keine jährliche<br />
Abrechnung schicken. Tut er dies<br />
Bild: Adobe Stock<br />
60<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
mediservice<br />
Bilder: Adobe Stock; zvg<br />
dennoch, raten wir Ihnen, sich rechtlich<br />
beraten zu lassen. Wurde eine Akontozahlung<br />
vereinbart, überprüfen Sie,<br />
welche Positionen vereinbart wurden.<br />
Tipp: Diese Angabe ist in der Regel<br />
beim Mietzins aufgeführt.<br />
Prüfen Sie weiter die Nebenkostenabrede<br />
im Mietvertrag. Welche Positionen<br />
sind im Mietvertrag unter Nebenkosten<br />
erwähnt?<br />
Nur die ausdrücklich als Nebenkosten<br />
erwähnten Punkte dürfen in<br />
Rechnung gestellt werden. Kosten für<br />
die Hauswartung z.B. nur dann, wenn<br />
dies im Mietvertrag so erwähnt ist.<br />
Die Nebenkostenpositionen finden Sie<br />
beim Mietzins oder in einem separaten<br />
Punkt des Mietvertrages aufgeführt.<br />
Vergleichen Sie nun die aktuelle<br />
Nebenkostenabrechnung mit derjenigen<br />
vom Vorjahr. Bei welchen Punkten sind<br />
die Kosten im Vergleich zum Vorjahr<br />
gestiegen?<br />
Wenn Sie eine Erhöhung im Bereich<br />
der Heizkosten feststellen, ist es gut<br />
möglich, dass es an den gestiegenen<br />
Energiekosten liegt.<br />
– Es sind nur die Heizkosten gestiegen:<br />
Da die Energiepreise aktuell höher sind<br />
als bislang und die Vermieterschaft berechtigt<br />
ist, die tatsächlich entstandenen<br />
Kosten auf die Mieterschaft abzuwälzen,<br />
müssen die höheren Kosten in<br />
der Regel akzeptiert werden. Als Mieterin<br />
und Mieter kann es sinnvoll sein, bei<br />
der Vermieterschaft Einsicht in die detaillierten<br />
Belege zu nehmen. Anhand<br />
dieser können Sie prüfen, ob die in<br />
Rechnung gestellten Kosten in dieser<br />
Höhe angefallen sind.<br />
– Die Kosten sind bei anderen Positionen<br />
höher geworden: Sind die Kosten auch<br />
bei anderen Positionen gestiegen, empfehlen<br />
wir Ihnen ebenfalls, Einsicht in<br />
die detaillierten Belege zu nehmen und<br />
gleichzeitig das Gespräch mit der Vermieterin<br />
oder dem Vermieter zu suchen.<br />
Sie haben mit der Vermieterschaft<br />
Akontozahlungen vereinbart und sie<br />
schlägt vor, die monatlichen Beträge<br />
zu erhöhen. Müssen Sie auf diesen<br />
Vorschlag eingehen?<br />
Als Mieterin oder Mieter müssen<br />
Sie die tatsächlich angefallenen Kosten<br />
übernehmen. Decken Ihre über das Jahr<br />
bezahlten Akontobeiträge die entstandenen<br />
Kosten nicht, müssen Sie bei<br />
Erhalt der jährlichen Nebenkostenabrechnung<br />
eine Nachzahlung leisten.<br />
Da mit steigenden Energiepreisen die<br />
Nachzahlung vermutlich um einiges<br />
höher ausfällt, macht es Sinn, dass Sie<br />
den Betrag aufteilen und monatlich<br />
bereits höhere Akontobeiträge bezahlen.<br />
So lässt sich später eine allzu hohe<br />
Nebenkostennachzahlung vermeiden.<br />
Wir empfehlen daher, den Vorschlag zur<br />
Erhöhung zu prüfen und im Gespräch<br />
mit der Vermieterin oder dem Vermieter<br />
einen geeigneten Betrag festzulegen.<br />
Sie haben in Bezug auf die Nebenkosten<br />
eine Pauschale vereinbart. Nun<br />
möchte die Vermieterin oder der Vermieter<br />
aufgrund der höheren Energiepreise<br />
die Pauschale erhöhen. Ist dies<br />
zulässig?<br />
Im Falle einer Pauschale gestaltet<br />
sich die Situation etwas anders. Die<br />
Vermieterschaft darf die Pauschale nur<br />
erhöhen, wenn sie nachweisen kann,<br />
dass die Nebenkosten über die letzten<br />
drei Jahre angestiegen sind bzw. die<br />
Pauschale diese Kosten nicht abdeckt.<br />
Da die Preise erst mit Beginn der Heizperiode<br />
2022/<strong>2023</strong> merklich steigen,<br />
AXA-ARAG<br />
AXA-ARAG bietet mediservice-<br />
Mitgliedern eine Rechtsschutzversicherung<br />
zu vorteilhaften<br />
Konditionen an.<br />
Haben Sie Fragen?<br />
Wenden Sie sich an Ihren Ansprechpartner<br />
bei mediservice <strong>vsao</strong>-asmac<br />
unter Telefon 031 350 44 22 oder per<br />
E-Mail info@mediservice-<strong>vsao</strong>.ch.<br />
kann die Vermieterschaft diesen Nachweis<br />
voraussichtlich nicht erbringen.<br />
Folglich trägt sie in diesen Fällen – zumindest<br />
in den ersten Jahren – die<br />
erhöhten Energiekosten selbst. Es ist<br />
jedoch immer denkbar, dass die Pauschale<br />
bereits in den letzten Jahren<br />
ungenügend war, so dass die Vermieterin<br />
oder der Vermieter eine Erhöhung<br />
rechtfertigen kann.<br />
Wichtig zu wissen ist ausserdem:<br />
Eine Erhöhung der Pauschale muss mit<br />
dem amtlichen Formular angezeigt<br />
werden und ist erst per nächstem vertraglichem<br />
Kündigungstermin möglich. Als<br />
Mieterin oder Mieter können Sie eine<br />
solche Erhöhung innert 30 Tagen ab<br />
Erhalt bei der Schlichtungsbehörde<br />
anfechten.<br />
Kathrin Ramseier,<br />
Fachanwältin Immobilienrecht<br />
bei der AXA-ARAG<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 61
mediservice<br />
Gesund und fit<br />
durch die<br />
Wintermonate<br />
Dank Langlaufen sind Sie draussen, halten Ihren Körper fit,<br />
bauen Stress ab und stärken damit Ihr Immunsystem. Doch wie geht<br />
eigentlich Langlaufen richtig?<br />
Bild: Copyright © Swiss Nordic Center; zvg<br />
62<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
mediservice<br />
Langlauf ist ein gelenkschonender<br />
Sport mit geringem Verletzungsrisiko.<br />
Die Sportwissenschaftlerin<br />
und ehemalige Elite-<br />
Langläuferin Karin Camenisch kennt sich<br />
mit dem menschlichen Körper bestens<br />
aus – und mit Langlauf. Welche Regeln für<br />
gesundes Langlaufen zu beachten sind,<br />
erklärt uns die Leiterin der Leistungsdiagnostik<br />
vom Kompetenzzentrum Zels im<br />
Spital Thusis.<br />
Gut (aus-)gerüstet für die Loipe<br />
Die Langlaufsaison beginnt laut Karin<br />
Camenisch Ende Sommer, wenn wir unseren<br />
Körper auf den Wintersport vorbereiten:<br />
Mit Dehnungen und Trockenübungen<br />
fürs Gleichgewicht sowie für<br />
die Stossbewegungen, welche Beine und<br />
Füsse belasten. Unser Körper brauche<br />
Vorlaufzeit, um in einen gesunden Trainingsmodus<br />
zu kommen und sich an gewisse<br />
Bewegungen zu gewöhnen. «Wir<br />
reden von ein paar Minuten pro Tag für<br />
die Stabilitätsübungen – vor dem Fernseher,<br />
auf der Arbeit am Stehtisch oder<br />
beim Kochen.» Ebenso wichtig ist die<br />
passende Ausrüstung: Welches ist der<br />
richtige Ski für meine Statur und mein<br />
Level? «Gehen Sie in ein Sportgeschäft<br />
und lassen Sie sich von geschultem Personal<br />
beraten», so Camenisch. Erkundigen<br />
Sie sich ungeniert nach Test- oder<br />
Mietmaterial, das nach einem Probelauf<br />
ausgetauscht und stetig an das Level angepasst<br />
werden kann.<br />
Skating oder Klassisch? Ausprobieren!<br />
Wer jung ist, legt sich sofort auf die Technik<br />
Skating fest: sie ist schneller, dynamischer,<br />
sportlicher. Die Frage der Technik<br />
habe aber auch mit gesundheitlichen Aspekten<br />
zu tun: «Skating bewirkt durch die<br />
seitliche Abstossbewegung Druck auf<br />
Fussgelenk und Knie.» Wer verheilte Verletzungen<br />
habe, wie beispielsweise einen<br />
Kreuzbandriss, sollte sich langsam herantasten,<br />
allenfalls sogar mit Unterstützung<br />
einer Physiotherapie. Ungeachtet von der<br />
Wahl der Technik: «Langlauf verlangt vollen<br />
Körpereinsatz und ist eine effektive<br />
Sportart für unsere Muskeln.»<br />
Auf die Ski, fertig, los …!<br />
Das Training soll nach einem Einwärmen<br />
sanft gestartet werden und das Tempo auf<br />
Kondition und Können abgestimmt sein. Die<br />
Sportwissenschaftlerin rät zudem: «Atmen<br />
Sie bei eisigen Temperaturen die trockene,<br />
kalte Luft durch einen Schlauchschal ein und<br />
schützen Sie Ihre Bronchien.» Zu einem guten<br />
Wärmehaushalt trägt nicht nur passende<br />
Funktionskleidung bei: «Mit einer Flasche<br />
Tee in Ihrer Hüfttasche sorgen Sie jederzeit<br />
für ein inneres Warm-up.» Wie nach jedem<br />
Sport, sollte auch nach dem Langlauftraining<br />
der Körper gedehnt werden. Zunächst<br />
sei es aber wichtig, die verschwitze Kleidung<br />
abzu legen und heiss zu duschen. Zu vermeiden<br />
ist der Après-Drink in der Menschenmenge.<br />
«Unser Immunsystem ist in den ersten<br />
30 Minuten nach dem Sport besonders<br />
anfällig auf Viren und Bakterien.»<br />
Die Pfeiler für Ihr gesundes Training<br />
Stimmen Gesundheit und Ausrüstung,<br />
fehlt noch der Trainingsplan. «Setzen Sie<br />
sich klare Ziele, wie oft pro Woche Sie<br />
langlaufen möchten.» Aber nicht nur das<br />
Training soll regelmässig sein, dem Körper<br />
sollen Ruhephasen gegönnt werden.<br />
«Erkennen und akzeptieren Sie Ihre Grenzen.<br />
Bei einem Übertraining überfordern<br />
und schwächen Sie Ihren Körper.»<br />
Abschliessend verrät uns Karin Camenisch<br />
ihr Geheimrezept für erfolgreichen<br />
Langlaufsport: «Vergessen Sie niemals<br />
den Spass am Sport. Denn nur mit Freude<br />
bleiben Sie auf den Langlaufski aktiv und<br />
sorgen dafür, dass Sie bis ins hohe Alter fit<br />
und gesund bleiben.»<br />
Profitieren Sie vom<br />
Langlauf und von ÖKK<br />
Entdecken Sie alle Angebote rund ums<br />
Langlaufen. Erfahren Sie, wie ÖKK<br />
Langläuferinnen und Langläufer mit<br />
ihrem NordicBonus unterstützt, sowie<br />
Tipps und Tricks für sicheres und<br />
gesundes Gleiten auf der Loipe.<br />
oekk.ch/nordicbonus<br />
Bilder: Adobe Stock<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 63
Medpension<br />
Den Versicherungsausweis<br />
der Pensionskasse<br />
richtig lesen<br />
Das neue Jahr hat kaum begonnen, und da flattert er bereits wieder<br />
ins Haus, der Versicherungsnachweis der Pensionskasse.<br />
Die Zahlen und Spalten können auf den ersten Blick etwas komplex<br />
erscheinen, sind aber mit ein paar wenigen Tipps einfacher lesbar.<br />
Wir beantworten Ihre Fragen zum Versicherungsausweis<br />
und helfen beim Interpretieren.<br />
Adrian Leiggener, Leiter Vertrieb, Marketing und Kommunikation Medpension<br />
Was ist der Versicherungsausweis und<br />
wieso wird er zugestellt?<br />
Der Versicherungsausweis (auch Pensionskassenausweis<br />
oder Vorsorgeausweis)<br />
gibt Auskunft über die voraussichtlichen<br />
Vorsorgeleistungen bei Pensionierung, Invalidität<br />
und im Todesfall sowie über das<br />
angesparte Vorsorgekapital und die mögliche<br />
Einkaufssumme. Ausserdem zeigt er<br />
auf, welchen Betrag Sie für die Finanzierung<br />
eines Eigenheims einsetzen können.<br />
Wie ist ein Vorsorgeausweis aufgebaut?<br />
Der Vorsorgeausweis einer Pensionskasse<br />
besteht in der Regel aus mehreren Abschnitten:<br />
– Personalien<br />
– Vorsorgeguthaben<br />
– Finanzierung<br />
– Freizügigkeitsleistungen und Vorbezüge<br />
– Einkaufsmöglichkeiten<br />
– Wohneigentumsförderung/Scheidung<br />
– Projektion Altersguthaben<br />
– Altersleistungen<br />
– Risikoleistungen<br />
Wozu dient die Information zum<br />
Beschäftigungsgrad?<br />
Der aktuelle Beschäftigungsgrad dient bei<br />
einer Beschäftigung von unter 100 Prozent<br />
gegebenenfalls zur Berechnung des<br />
Koordinationsabzugs (siehe dazu Fragen<br />
versicherter Risikolohn und versicherter<br />
Sparlohn.<br />
Was ist unter dem Begriff «Versicherter<br />
Risikolohn» zu verstehen?<br />
Der versicherte Risikolohn ist die Grundlage<br />
für die Höhe der ausbezahlten Leistungen<br />
im Invaliditäts- und Todesfall. Der<br />
versicherte Risikolohn ist tiefer als der<br />
massgebende Jahreslohn? Dann ist vermutlich<br />
ein Koordinationsabzug im Vorsorgeplan<br />
vorgesehen, weil die Leistungen<br />
der Pensionskasse diejenigen der AHV<br />
lediglich ergänzen sollen. Im jeweiligen<br />
Vorsorgeplan lässt sich der Koordinationsabzug<br />
bei Bedarf auch reduzieren.<br />
Was bedeutet «Versicherter Sparlohn»?<br />
Der versicherte Sparlohn ist die Basis für<br />
die Berechnung der Sparbeiträge, der Altersgutschriften<br />
und des maximalen Altersguthabens.<br />
Liegt der versicherte Sparlohn<br />
unter dem massgebenden Jahreslohn?<br />
Dann ist vermutlich ein Koordinationsabzug<br />
im Vorsorgeplan vorgesehen, da<br />
die Leistungen der beruflichen Vorsorge<br />
die erste Säule (AHV) lediglich ergänzen<br />
sollen. Im Vorsorgeplan lässt sich der Koordinationsabzug<br />
bei Bedarf auch reduzieren.<br />
Was ist ein «Vorhandenes Vorsorgeguthaben»?<br />
Das vorhandene Vorsorgeguthaben umfasst<br />
das vorhandene Altersguthaben. Es<br />
setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen:<br />
– eingebrachte Freizügigkeitsleistungen<br />
– einbezahlte Beiträge von Arbeitnehmerin<br />
oder Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber<br />
– getätigte reglementarische Einkäufe<br />
– die aus den obigen Summen entstandenen<br />
Zinsen<br />
– Erfolgsbeteiligungen, mit denen einzelne<br />
Pensionskassen das Vorsorgeguthaben<br />
freiwillig ergänzen<br />
Wofür steht «Mindestaltersguthaben<br />
gemäss BVG»?<br />
Die Pensionskasse stellt sicher, dass die<br />
gesetzlichen Mindestguthaben nach BVG<br />
nicht unterschritten werden. Der Gesetzgeber<br />
regelt auch die Verzinsung.<br />
Wozu gibt es den Verwaltungskostenbeitrag<br />
pro Jahr?<br />
Die Verwaltungskostenbeiträge decken<br />
den gesamten Verwaltungsaufwand der<br />
Pensionskasse ab. Eine detaillierte Aufstellung<br />
über die Verwendung der Verwaltungskostenbeiträge<br />
ist in den Geschäftsberichten<br />
der Vorsorgestiftungen ersichtlich.<br />
Was beinhaltet der Betrag<br />
«Beitrag pro Monat»?<br />
Der Beitrag pro Monat umfasst die Summe<br />
aller vom Arbeitgeber sowie vom Arbeitnehmer<br />
oder von der Arbeitnehmerin einbezahlten<br />
monatlichen Beiträge. Sie wer-<br />
64<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Medpension<br />
den zu mindestens 50 Prozent durch den<br />
Arbeitgeber finanziert. Selbständigerwerbende<br />
Versicherte begleichen sowohl die<br />
Beträge von «Arbeitgeber» als auch diejenigen<br />
von «Arbeitnehmer».<br />
Was bedeutet ein möglicher Einkauf?<br />
Das Sparkapital oder die Altersrente lässt<br />
sich erhöhen, indem Versicherte freiwillige<br />
Einkäufe in die zweite Säule vornehmen.<br />
Der maximal mögliche Einkaufsbetrag<br />
entspricht der Beitragslücke zwischen<br />
effektivem Altersguthaben und dem maximal<br />
möglichen Sparbetrag gemäss Reglement<br />
bis zum Stichtag. Vor einem Einkauf<br />
ist von der Pensionskasse stets eine konkrete<br />
Berechnung des Einkaufspotentials<br />
zu verlangen.<br />
Weshalb werden die Einkäufe der<br />
letzten drei Jahre separat ausgewiesen?<br />
Die Einkäufe der letzten drei Jahre sind<br />
zum besseren Verständnis separat aufgeführt,<br />
weil Versicherte ihre Einkäufe innerhalb<br />
von drei Jahren nach der Einzahlung<br />
nicht als Kapital für die Wohneigentumsförderung<br />
oder für die Pensionierung<br />
beziehen dürfen.<br />
tersguthaben in eine lebenslange Altersrente<br />
umrechnet. Ein Mindestumwandlungssatz<br />
für die Berechnung der Altersrente<br />
nach BVG ist im Gesetz geregelt.<br />
Was sagt die Spalte «Rente/Jahr» aus?<br />
Jede aktiv versicherte Person im Rentenalter<br />
(bzw. im vorzeitigen Rentenalter bei<br />
vorgezogener Pensionierung), hat Anspruch<br />
auf eine lebenslange Altersrente.<br />
Die Altersrente entsteht aus dem im Zeitpunkt<br />
der Pensionierung vorhandenen<br />
Altersguthaben, multipliziert mit dem<br />
Umwandlungssatz.<br />
Wozu dient der Wert «Freizügigkeitsleistung<br />
bei Heirat»?<br />
Dieser Wert sowie das Datum sind von Gesetzes<br />
wegen im Versicherungsausweis<br />
festzuhalten und bei einem Übertritt in<br />
eine neue Vorsorgestiftung zu melden.<br />
2,50 Prozent Zins bei<br />
Medpension<br />
Medpension <strong>vsao</strong> asmac lässt ihre<br />
Versicherten am langjährigen Erfolg<br />
der Stiftung teilhaben und gewährt im<br />
Jahr 2022 mit 2,50 Prozent erneut eine<br />
überdurchschnittliche Verzinsung auf<br />
das gesamte Alterskapital.<br />
Für weiterführende<br />
Informationen<br />
Medpension <strong>vsao</strong> asmac<br />
Brunnhofweg 37, Postfach 319<br />
3000 Bern 14, Tel. 031 560 77 77<br />
info@medpension.ch<br />
www.medpension.ch<br />
Bild: Adobe Stock<br />
Welche Rolle spielt der<br />
Umwandlungssatz?<br />
Der Umwandlungssatz ist der Prozentsatz,<br />
mit dem die Pensionskasse das zum Zeitpunkt<br />
der Pensionierung vorhandene Al-<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/23 65
Impressum<br />
Kontaktadressen der Sektionen<br />
<strong>Nr</strong>. 1 • 42. Jahrgang • <strong>Februar</strong> <strong>2023</strong><br />
Herausgeber/Verlag<br />
AG<br />
VSAO Sektion Aargau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />
Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />
Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />
mediservice <strong>vsao</strong>-asmac<br />
Bollwerk 10, Postfach, 3001 Bern<br />
Telefon 031 350 44 88<br />
journal@<strong>vsao</strong>.ch, journal@asmac.ch<br />
www.<strong>vsao</strong>.ch, www.asmac.ch<br />
Im Auftrag des <strong>vsao</strong><br />
Redaktion<br />
Catherine Aeschbacher (Chefredaktorin),<br />
Kerstin Jost, Fabian Kraxner, Maya Cosentino,<br />
Bianca Molnar, Patricia Palten, Léo Pavlopoulos,<br />
Lukas Staub, Anna Wang<br />
Geschäfts ausschuss <strong>vsao</strong><br />
Angelo Barrile (Präsident), Nora Bienz<br />
(Vizepräsidentin), Severin Baerlocher,<br />
Christoph Bosshard (Gast), Marius Grädel,<br />
Patrizia Kündig, Richard Mansky,<br />
Gert Printzen, Svenja Ravioli, Patrizia Rölli,<br />
Martin Sailer, Jana Siroka, Clara Ehrenzeller<br />
(swimsa)<br />
Druck, Herstellung und Versand<br />
Stämpfli AG, Kommunikationsunternehmen,<br />
Wölflistrasse 1, 3001 Bern<br />
Telefon +41 31 300 66 66<br />
info@staempfli.com, www.staempfli.com<br />
Layout<br />
Oliver Graf<br />
Titelillustration<br />
Stephan Schmitz<br />
Inserate<br />
Zürichsee Werbe AG, Fachmedien,<br />
Markus Haas, Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa<br />
Telefon 044 928 56 53<br />
E-Mail <strong>vsao</strong>@fachmedien.ch<br />
Auflagen<br />
Druckauflage: 22 100 Expl.<br />
WEMF/KS-Beglaubigung 2022: 21 697 Expl.<br />
Erscheinungshäufigkeit: 6 Hefte pro Jahr.<br />
Für <strong>vsao</strong>-Mitglieder im Jahresbeitrag<br />
inbegriffen.<br />
ISSN 1422-2086<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2/<strong>2023</strong> erscheint im<br />
April <strong>2023</strong>. Thema: Partnerschaft<br />
© <strong>2023</strong> by <strong>vsao</strong>, 3001 Bern<br />
Printed in Switzerland<br />
BL/BS<br />
VSAO Sektion beider Basel, Geschäftsleiterin und Sekretariat:<br />
lic. iur. Claudia von Wartburg, Advokatin, Hauptstrasse 104,<br />
4102 Binningen, Tel. 061 421 05 95, Fax 061 421 25 60,<br />
sekretariat@<strong>vsao</strong>-basel.ch, www.<strong>vsao</strong>-basel.ch<br />
BE VSAO Sektion Bern, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern, Tel. 031 381 39 39,<br />
info@<strong>vsao</strong>-bern.ch, www.<strong>vsao</strong>-bern.ch<br />
FR<br />
ASMAC Sektion Freiburg, Sanae Chemlal, Rue du Marché 36, 1630 Bulle,<br />
presidence@asmaf.ch<br />
GE Associations des Médecins d’Institutions de Genève, Postfach 23,<br />
Rue Gabrielle-Perret-Gentil 4, 1211 Genf 14, amig@amig.ch, www.amig.ch<br />
GR<br />
JU<br />
NE<br />
VSAO Sektion Graubünden, Kornplatz 2, 7000 Chur, Samuel B. Nadig,<br />
lic. iur. HSG, RA Geschäftsführer/Sektionsjurist, Tel. 081 256 55 55,<br />
info@<strong>vsao</strong>-gr.ch, www.<strong>vsao</strong>-gr.ch<br />
ASMAC Sektion Jura, Bollwerk 10, 3001 Bern, sekretariat@<strong>vsao</strong>.ch<br />
Tel. 031 350 44 88<br />
ASMAC Sektion Neuenburg, Joël Vuilleumier, Jurist,<br />
Rue du Musée 6, Postfach 2247, 2001 Neuenburg,<br />
Tel. 032 725 10 11, vuilleumier@valegal.ch<br />
SG/AI/AR VSAO Sektion St. Gallen-Appenzell, Bettina Surber, Oberer Graben 44,<br />
9000 St. Gallen, Tel. 071 228 41 11, Fax 071 228 41 12,<br />
surber@anwaelte44.ch<br />
SO<br />
TI<br />
TG<br />
VD<br />
VS<br />
VSAO Sektion Solothurn, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />
Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />
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ASMAC Ticino, Via Cantonale 8-Stabile Qi, 6805 Mezzovico-Vira,<br />
segretariato@asmact.ch<br />
VSAO Sektion Thurgau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />
Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />
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ASMAV, case postale 9, 1011 Lausanne-CHUV,<br />
asmav@asmav.ch, www.asmav.ch<br />
ASMAVal, p.a. Maître Valentine Gétaz Kunz,<br />
Ruelle du Temple 4, CP 20, 1096 Cully, contact@asmaval.ch<br />
Zentralschweiz (LU, ZG, SZ, GL, OW, NW, UR)<br />
VSAO Sektion Zentralschweiz, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />
Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />
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ZH/SH<br />
VSAO ZH/SH, RA lic. iur. Susanne Hasse,<br />
Geschäftsführerin, Nordstrasse 15, 8006 Zürich, Tel. 044 941 46 78,<br />
susanne.hasse@<strong>vsao</strong>-zh.ch, www.<strong>vsao</strong>-zh.ch<br />
Publikation<strong>2023</strong><br />
FOKUSSIERT<br />
KOMPETENT<br />
TRANSPARENT<br />
Gütesiegel Q-Publikation<br />
des Verbandes Schweizer Medien<br />
66<br />
1/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Allgemeine<br />
Innere Medizin<br />
06. – 10.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />
40 h<br />
Innere Medizin<br />
20. – 24.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />
40 h<br />
Hausarzt<br />
Fortbildungstage<br />
09. – 10.03.<strong>2023</strong> St. Gallen<br />
14 Credits SGAIM<br />
23. – 24.03.<strong>2023</strong> Bern<br />
14 h<br />
Anästhesiologie<br />
und Intensivmedizin<br />
16. – 17.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />
16 h<br />
EKG – Grundkurs 14 h<br />
05. – 06.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />
Gynäkologie<br />
24 h<br />
27. – 29.04.<strong>2023</strong> Zürich<br />
Nephrologie<br />
15 h<br />
23. – 24.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />
Neurologie 16 Credits SNG<br />
12. – 13.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />
Ophthalmologie 15 h<br />
08. – 09.06.<strong>2023</strong> Zürich<br />
Pädiatrie<br />
24 h<br />
26. – 28.04.<strong>2023</strong> Zürich<br />
Pneumologie<br />
14 h<br />
12. – 13.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />
Psychiatrie und<br />
Psychotherapie<br />
04. – 06.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />
Urologie<br />
12.05.<strong>2023</strong> Zürich<br />
24 h<br />
7 h<br />
Update Refresher<br />
Alle weiteren Kurse im Jahr <strong>2023</strong><br />
auf www.fomf.ch<br />
Information / Anmeldung<br />
Tel.: 041 567 29 80 | info@fomf.ch | www.fomf.ch<br />
Hybrid: Teilnahme vor Ort oder via Livestream<br />
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AUF DIE NUMMER 1?<br />
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Nummer 1 gewechselt haben. Und den bestehenden Kunden dankt SWICA für<br />
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