Wettbewerber Report 2015/16
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RECHT & STEUERN<br />
Das vierte Eisenbahnpaket enthielt in seinem ersten Entwurf zum Teil ambitionierte Ziele.<br />
Auch wenn über die Wahl der Mittel sicher debattiert werden kann, so sollte mit ihm ein<br />
potentialreicher Baustein zu einem gestärkten europäischen Wettbewerb gelegt werden.<br />
Wie leider nicht anders zu erwarten war, wurde ein Großteil der vorgesehenen Regelungen<br />
am Ende aufgrund des Druckes der Staatsbahnen durch das Plenum des Parlamentes sukzessive<br />
wieder aufgeweicht, obwohl der Verkehrsausschuss akzeptable Kompromisse erreicht<br />
hatte. Während bei der technischen Säule mittlerweile substantielle Durchbrüche erzielt<br />
werden konnten, die gleichwohl eine Relativierung der Rolle der ERA beinhalten, bieten<br />
die politischen und wettbewerblichen Säulen trotz aller bereits vorgenommenen Kompromisse<br />
immer noch viel Zündstoff.<br />
Der Ministerrat hat sich inzwischen für die sogenannten Trilog-Verhandlungen mit dem Parlament<br />
und der Kommission positioniert. Während das Thema Unabhängigkeit der Infrastruktur<br />
im Sinne von Bundesregierung und Deutscher Bahn geregelt wurde, kann die deutsche<br />
Seite mit den Vorschriften für die Marktöffnung im Nahverkehr nicht völlig zufrieden<br />
sein. Denn die vereinbarte Öffnung ist durch viele Ausnahmen und lange Übergangszeiten<br />
verwässert. Regierungen, die ihre Bahngesellschaft vor Konkurrenz aus dem Ausland<br />
schützen wollen, können das noch mehr als 25 Jahre tun. Auch beim zweiten großen Brocken<br />
der „politischen“ Säule, dem Verhältnis von Transport- und Infrastrukturfirmen – vor<br />
allem in integrierten Konzernen – hat der Text viel Auslegungsspielraum.<br />
Einerseits schreibt er vor, dass „der Infrastrukturbetreiber organisatorisch und in seinen<br />
Entscheidungen unabhängig ist“. Dann aber heißt es, ein Eisenbahnunternehmen dürfe lediglich<br />
keinen (entscheidenden) Einfluss auf das Infrastrukturunternehmen ausüben. Darlehen<br />
einer Holding an die Infrastrukturtochter sind – unter bestimmten Bedingungen – weiterhin<br />
möglich. Lediglich Verkehrsfirmen eines integrierten Konzerns dürfen der Infrastrukturschwester<br />
auf keinen Fall Darlehen gewähren.<br />
6.5.2 Transeuropäische Güterverkehrskorridore<br />
Im Kontext des TEN-T-Konzepts wurden neun Güterverkehrskorridore definiert, von denen<br />
drei auch durch Deutschland verlaufen. Das Konzept sieht nicht nur die bauliche Beseitigung<br />
von Engpässen in diesen Korridoren vor, sondern beinhaltet im Fall des Schienennetzes<br />
auch einen Ansatz zu deren Betrieb und Kapazitätszuweisung.<br />
Zur möglichst effizienten Zuweisung von Slots wurden die so genannten Corridor One-Stop-<br />
Shops (C-OSS) eingeführt. Diese fungieren als zentrale Anlaufstelle für ihren jeweiligen<br />
Korridor und verwalten auf supranationaler Ebene alle Kapazitäten des Korridors. Seit Ende<br />
2013 steht mit dem Rhein-Alpen-Korridor der erste dieser „deutschen“ Korridore zur Verfügung.<br />
Um die Vielzahl der involvierten Infrastrukturbetreiber optimal koordinieren zu können, hat<br />
der zuständige C-OSS in Frankfurt am 11. November 2013 seine Arbeit aufgenommen.<br />
Kernstück der C-OSS-Aufgaben ist die Zuteilung der „Pre-Arranged Paths (PaPs)“. Dabei<br />
handelt es sich um vordefinierte Trassen, die exklusiv dem grenzüberschreitenden Güterverkehr<br />
vorbehalten sind und zu jährlichen Katalogen zusammengestellt werden. Über ein<br />
standardisiertes Online-Tool können diese durch Unternehmen beantragt werden, über alle<br />
Anträge wird einmal jährlich zentral entschieden.<br />
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