Wettbewerber Report 2015/16
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RECHT & STEUERN<br />
OLG München: Entscheidung ohne Entscheidung<br />
Am 02. Februar <strong>2015</strong> gab die BEG bekannt, die Leistung der S-Bahn Nürnberg an den<br />
britischen Neuling NX vergeben zu wollen. Taggleich setzte ein (medialer) Sturm der<br />
Entrüstung ein, angeführt vom Oberbürgermeister (zugleich Präsident des Deutschen<br />
Städtetages), der „keinen guten Tag für den ältesten Bahnstandort in Deutschland Nürnberg“<br />
witterte und pauschal das „englische Chaos im Eisenbahnverkehr“ kommen sah.<br />
NX könne als britisches Unternehmen keine Ahnung von der Region haben und z.B.<br />
nicht wissen, wo „ein Bahnhof Vach oder ein Bahnhof Großgründelbach liegen“. Der aus<br />
Franken stammende EVG-Funktionär und Vorsitzende des Verkehrsausschusses des<br />
Deutschen Bundestages sprach vom „bayrischen Ausschreibungswahnsinn“.<br />
Aus den vorigen Aussagen spricht das Vorurteil, dass ausländische Unternehmen die<br />
regionalen Besonderheiten nicht kennen könnten. Übersehen wird, dass operativ in der<br />
Regel heimische Kräfte rekrutiert werden. So konnte der deutsche Geschäftsführer von<br />
NX darauf verweisen, dass er einst als Pressereferent der ehemaligen Bundesbahndirektion<br />
Nürnberg 1991 eine Presseinformation zur Schließung des Bahnhofs Großgründlach<br />
verfasst hatte und im Bahnhof Vach in den 1980er Jahren während seiner Schrankenwärterausbildung<br />
tätig gewesen war. Umgekehrt ist die Skepsis gegenüber <strong>Wettbewerber</strong>n<br />
unverständlich, wenn man sich die zahlreichen Betriebsprobleme der DB AG<br />
vor Augen hält.<br />
Erwartungsgemäß focht die DB AG die Vergabeentscheidung der BEG an. Die Vergabekammer<br />
kippte sie am 28. April <strong>2015</strong> mit der Begründung, dass eine Patronatserklärung<br />
der Muttergesellschaft nicht in der erforderlichen Form vorgelegt worden sei. Zurückgewiesen<br />
wurde zugleich der Vorwurf der DB AG, dass NX ein Dumpingangebot<br />
vorgelegt habe.<br />
Die BEG und National Express gingen vor dem OLG München in die Berufung. Nach<br />
zweimaliger Verschiebung der Urteilsverkündung entschied das Gericht am 17. September<br />
<strong>2015</strong>, dass die BEG die finanzielle Leistungsfähigkeit der deutschen NX-Tochter erneut<br />
und diesmal deutlich strenger prüfen müsse. Dabei machte das Gericht Vorgaben,<br />
wie dies vorzunehmen sei, z.B. hinsichtlich der Prüfung und Begründung, ob ein anderer<br />
Verkehrsvertrag (hier: RRX) geeignet ist, die finanzielle Leistungsfähigkeit für einen anderen<br />
SPNV-Vertrag (S-Bahn Nürnberg) zu belegen. Sowohl das OLG als auch die BEG<br />
stellten in ihren Pressemitteilungen fest, dass das OLG weder Preis noch Qualität der<br />
Wertung in Frage gestellt habe.<br />
Man darf gespannt sein, wie das Verfahren ausgeht. Naheliegend ist die Einschätzung<br />
des OLG, dass der unterlegene Bieter die Zuschlagsentscheidung nicht hinnehmen, sondern<br />
erneut vor Gericht ziehen wird.<br />
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