Vorschau Scheidegger & Spiess Frühjahr 2017
Die aktuellen Titel im Frühjahrs-Programm 2017 vom Verlag Scheidegger & Spiess.
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Im Gegensatz zu den wässrigen Techniken benötigt<br />
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man für die trockenen Zeichentechniken weder Wasser<br />
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noch Öl. Es werden Metallstifte, Naturkreiden (Rötel,<br />
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schwarze und weisse Kreiden) 19, 20, Pastellkreiden,<br />
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Kohle 21, Kunstkreiden, Grafit und Buntstifte verwen-<br />
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det. Das Material wird direkt auf die Unterlage aufge-<br />
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bracht, ohne Zuhilfenahme eines Zeichengeräts (Feder<br />
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oder Pinsel), allenfalls mithilfe eines Minenhalters•. Bei<br />
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den heute benutzten Stiften sind das Material (die Mine)<br />
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und das Gerät (der Holzstift) in der Regel nicht vonein-<br />
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ander zu trennen.<br />
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Die trockenen Zeichentechniken werden sehr häu-<br />
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fig mit wässrigen Zeichentechniken kombiniert: Eine<br />
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Zeichnung wird zum Beispiel mit schwarzer Kreide skiz-<br />
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ziert, um dann mit der Feder überarbeitet und laviert<br />
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zu werden 22. Übrigens werden zuweilen die trocke-<br />
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nen Zeichentechniken wie wässrige Zeichentechniken<br />
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bearbeitet, was die Unterscheidung hinfällig macht. So<br />
kann der Rötel zu Pulver zermahlen und in Wasser gelöst<br />
werden, um dann mit dem Pinsel aufgetragen zu<br />
werden.<br />
Die Technik und die Kreativität des Künstlers können<br />
nicht getrennt voneinander gedacht werden. Die Technik<br />
nährt die Kreativität, indem sie ihr neue Möglichkeiten<br />
eröffnet, und die Kreativität bereichert die Technik,<br />
wenn Künstler die den Materialien und Werkzeugen<br />
zugeschriebenen Grenzen überschreiten und sich neue<br />
Verwendungsweisen ausdenken.<br />
Pirro Ligorio,<br />
Drei Männer «all’Antica» (Detail), um 1550?<br />
Jean-Baptiste Marie Pierre,<br />
Junge in ganzer Figur, um 1740?<br />
Théophile Alexandre Steinlen,<br />
Porträt von Leo Tolstoi (Detail), um 1905<br />
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Der METALLSTIFT ist ein altes, seit der Antike ge-<br />
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WEISSE KREIDE ist ein weiches und kompaktes<br />
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bräuchliches Zeichenmittel. Es handelt sich um einen<br />
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Kalziumkarbonat, dessen Verwendung während der<br />
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spitz zulaufenden metallischen Griffel• (Blei, Kupfer, Sil-<br />
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Renaissance aufkommt. Sie ist leicht zu schneiden, aber<br />
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ber oder Gold), der zum Skizzieren dient. Metalle hin-<br />
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recht zerbrechlich, weshalb die Künstler sie oft mit ei-<br />
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terlassen durch Reibung auf dem Träger eine leichte<br />
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nem Kreidehalter• oder einem Schilfrohr schützen. Ihre<br />
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Ablagerung. Die Spitze ist in einen Stiel eingearbeitet.<br />
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Hauptfunktion ist es, genau wie bei der weissen Gou-<br />
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Nicht selten werden zwei in Grösse oder Material ver-<br />
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ache, auf einer mithilfe anderer Techniken angefertig-<br />
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schiedene Spitzen an die jeweiligen Enden des Stiels<br />
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ten Zeichnung hell beleuchtete Bereiche anzuzeigen<br />
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angebracht. Das erlaubt, die Strichstärke zu variieren,<br />
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und Lichter zu setzen, wie bei dieser Rötelzeichnung<br />
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die im Unterschied zu anderen Techniken bei Metallstif-<br />
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eines Widderkopfes 48. Am häufigsten wird sie folg-<br />
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ten nicht allein durch den Druck der Hand modifiziert<br />
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lich für Höhungen verwendet (s.u.), selbst wenn bis zum<br />
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werden kann.<br />
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17. Jahrhundert die Gouache für diesen Gebrauch prä-<br />
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feriert wird. Sie verleiht Figuren Plastizität, wie man am<br />
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Der Gebrauch von Metallstiften ist im Libro dell’arte<br />
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Männerkopf, nach oben schauend 47 sehen kann,<br />
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von Cennino Cennini dokumentiert, einem für das Ver-<br />
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der im 17.Jahrhundert von einem anonymen italieni-<br />
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ständnis der europäischen Kunst wesentlichen Hand-<br />
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schen Künstler angefertigt wird. Der Kontrast zur Kreide<br />
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buch vom Beginn der Renaissance. Der Autor trifft da-<br />
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ist umso deutlicher, je dunkler das Papier ist 50. Auf<br />
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rin eine Unterscheidung zwischen Bleigriffel (rein oder<br />
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Buntpapier sind Zeichnungen mit weisser Kreide übri-<br />
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in Legierungen) und Silberstift, den beiden unter Künst-<br />
gens zumeist vorherrschend, insbesondere im 17. und<br />
Italienische Schule (Genua?), Schlachtszene (Detail),<br />
zweite Hälfte 16.Jh. oder Anfang 17.Jh.<br />
lern meistverwendeten Metallstiften. Blei ist einfach in<br />
der Handhabung und kann direkt auf die Unterlage aufgetragen<br />
werden. Es eignet sich gut für Vorzeichnungen<br />
und Skizzen, weil sein leichter Strich einfach wieder<br />
entfernt werden kann. Es wird zumeist mit Zinn legiert,<br />
was für einen klareren Strich sorgt. Silber ist härter und<br />
muss auf einem vorbereiteten Untergrund verwendet<br />
werden. Dabei handelt es sich um Pergament, Holz,<br />
feine Leinwand oder grundiertes• (also mit einer kreidehaltigen<br />
Grundierung• versehenes) Papier. Sein klarer<br />
und eleganter, zugleich feiner und dichter Strich prägt<br />
sich tief in die Unterlage ein. Er hinterlässt eine graue,<br />
unauslöschliche Spur, die sich mit der Zeit verfärbt<br />
und oxidiert. Der Silberstift erlaubt also eine genaue,<br />
Giovanni Domenico Tiepolo,<br />
Kopf eines toten Widders (Detail), um 1755<br />
18.Jahrhundert. Und so tauchen zum Beispiel auch später<br />
noch in einem Werk von Giovanni Segantini die mit<br />
Kreide gezeichneten Formen aus der Dunkelheit des<br />
Blattes auf 53. E.H.<br />
detaillierte Darstellung. Deshalb wird er nicht nur für<br />
Skizzen, sondern auch für vollendete Zeichnungen verwendet,<br />
insbesondere für Illustrationen wissenschaft-<br />
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licher Werke. Insgesamt liefern Metallstifte in Bezug auf<br />
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Reinheit, Genauigkeit und Linearität schöne Ergebnisse.<br />
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Wenn auch das erste aufgeschriebene Rezept für<br />
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PASTELLKREIDE auf das Jahr 1574 zurückgeht,<br />
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wird die Technik bereits vor diesem Datum von Künst-<br />
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lern wie Leonardo da Vinci, Jacopo Bassano oder Fe-<br />
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derico Barocci verwendet. Da sie damals eine noch<br />
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eingeschränkte Palette aufweist, wird sie bis ins 17.Jahr-<br />
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hundert hinein im Wesentlichen dazu benutzt, Zeich-<br />
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nungen zu höhen und somit andere trockene Zeichen-<br />
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techniken zu ergänzen. Dieser Gebrauch dauert weit<br />
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über diese Zeit hinaus an, wie Blätter von Maurice Denis<br />
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aus dem 20.Jahrhundert belegen 184↓. Erst zum Ende<br />
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des 17.Jahrhunderts entwickelt sie sich zu einer sehr<br />
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geschätzten eigenständigen Technik. Zu ihren bedeu-<br />
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tendsten Repräsentanten im Jahrhundert der Aufklä-<br />
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rung zählen Maurice Quentin de La Tour, Jean-Siméon<br />
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Chardin, Jean-Étienne Liotard oder Rosalba Carriera.<br />
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Damals befindet sich die Kunst des mit Pastellkreiden<br />
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gemalten Porträts auf ihrem Höhepunkt – «gemalt»,<br />
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weil die Technik zu jener Zeit nicht als eine grafische<br />
Jean-Baptiste Mauzaisse,<br />
Ossians letzter Gesang, 19. Jh.<br />
Jacques Courtois, genannt Le Bourguignon, zugeschrieben,<br />
Soldatenstudie (Detail), 17. Jh.<br />
Otto Vautier, Nackte Frau<br />
mit blauen Strümpfen (Detail), um 1915–1917<br />
Kunst gilt, sondern zu den Malkünsten gezählt wird. Die<br />
von ihr sowohl in chromatischer Hinsicht als auch durch<br />
die Wiedergabe mit Schraffur, Überlagerung und Verwischung<br />
gebotenen Möglichkeiten geben ihr tatsächlich<br />
eine pikturale Dimension. Pastellkreide setzt sich<br />
aus einem zu feinem Pulver zermahlenen Pigment• und<br />
einem mineralischen Füllstoff• zusammen, welcher zu<br />
ihrer Konsistenz und ihrer Farbnuance beiträgt. Manchmal<br />
werden ihr Bindemittel• (unter anderem Gummiwasser,<br />
Kandiszucker, Feigensaft) oder auch andere Zusatzstoffe<br />
beigegeben. Die so gebildete Paste wird zu<br />
Stäbchen geschnitten, geformt oder gerollt und dann<br />
getrocknet. Durch den Spielraum bei der Zubereitung<br />
und der Quantität der Bestandteile ist es möglich, eine<br />
sehr grosse Vielfalt an Farbtönen zu erlangen und die<br />
Härte des Materials zu variieren. Dieses ist jedoch in der<br />
Regel sehr zart und zerbrechlich.<br />
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Oskar Kokoschka,<br />
Totes Kaninchen, 1944<br />
Frans van Mieris,<br />
Der Wein ist ein Spötter, 1664<br />
Henri Chopin,<br />
Collage Poem, 1971<br />
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