Die KPD in Bremen. 1945-1968 - hbxt.org
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Der kurze Prolog: <strong>1945</strong>-1948 49<br />
Neben der <strong>KPD</strong> stimmten auch CDU und BDV gegen die Verfassung, die somit<br />
zunächst nur von SPD und FDP unterstützt wurde. Nach weiteren, auch aufgrund<br />
von Änderungswünschen der amerikanischen Besatzungsregierung zustande gekommenen<br />
Zugeständnissen der SPD <strong>in</strong> der Schulfrage und h<strong>in</strong>sichtlich des Mitbestimmungsartikels,<br />
stimmten aber schließlich am 15. September 1947 auch CDU<br />
und BDV für den Verfassungsentwurf. 196 <strong>Die</strong> <strong>KPD</strong> blieb bei ihrer Ablehnung, forderte<br />
aber dazu auf, <strong>in</strong> dem Sonderentscheid über Artikel 47 mit ›Ja‹, also für das<br />
volle Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte zu stimmen. 197<br />
Der Volksentscheid über die neue Verfassung <strong>in</strong>klusive des Sondervotums über<br />
den Mitbestimmungsartikel fand zusammen mit der Bürgerschaftswahl am 12. Oktober<br />
1947 statt. Der Verfassungsentwurf fand e<strong>in</strong>e breite Mehrheit von 72,5 Prozent,<br />
knapp fiel dagegen mit 52,3 Prozent das Votum für die volle Mitbestimmung<br />
aus. 198 Erschreckend schwach war die Wahlbeteiligung von rund 67 Prozent (1946:<br />
85 Prozent). 199 Von der niedrigen Wahlbeteiligung waren offenbar vor allem SPD<br />
und <strong>KPD</strong> betroffen. <strong>Die</strong> Stimmenanteil der <strong>KPD</strong> sank im Vergleich zu 1946 um 2,7<br />
Prozentpunkte und lag nun bei 8,8 Prozent. Ihre absolute Stimmenzahl, die aufgrund<br />
des unterschiedlichen Wahlrechts 200 nicht mit 1946 vergleichbar war, betrug<br />
19.290. <strong>Die</strong> SPD verlor gegenüber 1946 knapp sechs Prozentpunkte und kam auf e<strong>in</strong>en<br />
Anteil von 41,7 Prozent (91.235 absolut). 201<br />
Trotz der relativen Stimmenverluste von SPD und <strong>KPD</strong> behielten die beiden Arbeiterparteien<br />
mit <strong>in</strong>sgesamt 56 Mandaten <strong>in</strong> der neu gewählten Bürgerschaft die<br />
Mehrheit der Sitze. <strong>Die</strong> <strong>KPD</strong> hatte - aufgrund des veränderten Wahlrechts - ihre<br />
Mandatszahl auf zehn steigern können, die SPD erhielt 46 Sitze. 202<br />
<strong>Die</strong> <strong>KPD</strong> forderte sofort nach der Wahl, die immer noch vorhandene »Arbeitermehrheit«<br />
zu nutzen. <strong>Die</strong> Stimmenverluste für <strong>KPD</strong> und SPD sowie die niedrige<br />
Wahlbeteiligung seien auf die Nichtanwendung »der Politik der sozialistischen<br />
Mehrheit« zurückzuführen. Beide Arbeiterparteien hätten nun »dafür S<strong>org</strong>e zu tragen,<br />
dass die angenommene Verfassung <strong>in</strong> allen fortschrittlichen Teilen auch im Interesse<br />
der Werktätigen angewandt wird«. <strong>Die</strong>s gelte besonders für den Artikel 47.<br />
<strong>Die</strong> <strong>KPD</strong> sei bereit, »ihr volles Maß an Verantwortung zu übernehmen, muss aber<br />
fordern, dass Maßnahmen getroffen und durchgeführt werden, die im Interesse der<br />
sozialismus begreifen müssen. »Aber wir haben den Grundwert der Verfassung eigentlich zu sehr gemessen<br />
an dem, was nicht here<strong>in</strong>gekommen war.« (Interview Meyer-Buer, 2).<br />
196 Wolfgang Kr<strong>in</strong>ge, Verfassungsgenese, a.a.O., S. 166ff. Der von der US-Militärregierung erzwungene<br />
Kompromiss <strong>in</strong> der Mitbestimmungsfrage bestand <strong>in</strong> dem Zusatz e<strong>in</strong>es Passus, der den Landesartikel<br />
unter den Vorbehalt eventuell später erfolgender zentraler Regelungen stellte.<br />
197 Siehe die Rede von Rudolf Rafoth <strong>in</strong> der abschließenden Bürgerschaftssitzung (Verhandlungen der<br />
Bremischen Bürgerschaft, 15. September 1947, S. 319ff); Der Verfassung e<strong>in</strong> »Ne<strong>in</strong>« - Dem Mitbestimmungsrecht<br />
e<strong>in</strong> »Ja«, Tribüne der Demokratie, 1. Jahrgang, Nr. 32, Dritte September-Woche 1947.<br />
198 Zahlen nach Weser-Kurier, 14. Oktober 1947.<br />
199 Hans Jansen und Renate Meyer-Braun, <strong>Bremen</strong> <strong>in</strong> der Nachkriegszeit, a.a.O., S. 90, 132f.<br />
200 1947 kam erstmals das Verhältniswahlrecht zur Anwendung.<br />
201 Re<strong>in</strong>hold Roth und Peter Seibt (Hrsg.), Etablierte Parteien im Wahlkampf. Studien zur Bremer Bürgerschaftswahl<br />
1975, Meisenheim am Glan 1979.<br />
202 <strong>Die</strong> übrige Sitzverteilung: CDU: 24, BDV: 15, FDP: 2, DP: 3 (Handbuch der Bremischen Bürgerschaft,<br />
a.a.O., S. 16).