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TRAIL-KRIMI In SAn FRAnSISCO - Trail Magazin

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wie alles begann<br />

Das Trauma des Ultra <strong>Trail</strong> du Mont Blanc lag mir schwer auf den<br />

Schultern. Ich konnte doch nichts dafür. Das Unwetter, der offizielle<br />

Abbruch. Es sollte mein erster 100 Meilen Lauf werden und wie<br />

perfekt ich mir das alles vorstellte: nach 32 Stunden laufe ich im<br />

Zielort Chamonix ein. Eine Hymne erklingt, ich zücke die Fahne mit<br />

den Namen meiner Nachkommen, meine Frau begrüßt mich hübsch<br />

zurechtgemacht direkt nach dem Finish und dann gehen wir nach<br />

dem Duschen in das schickste Lokal des französischen Alpenortes.<br />

Stoßen mit dem besten Jahrgang an und ich fahre als Held zurück<br />

nach Bayern.<br />

Genau so kam es dann nicht. Als begossener Pudel trat ich die<br />

Heimreise an, mit leeren Händen.<br />

Dieser Pollhammer könnte meine Rettung werden.<br />

14 stunden nach dem start in whitehorse<br />

Ich habe Angst. Angst wie noch nie. Echte Panik. Ganz anders als<br />

sonst. Nicht diese „scheisse-ich-hab-das-Konto-überzogen-Panik“<br />

sondern sehr viel tiefer. Bis hier lief doch alles gut. Der Start<br />

im Goldgräberort Whitehorse, dann bei blauem Himmel auf dem<br />

yukon- und Tahkini River zu Checkpoint 1. Richtig schnell, trotz 16<br />

Kilo Pulka am Arsch erreichte ich Kilometer 40 in weniger als fünf<br />

Stunden.<br />

Dann kam die Nacht, die mich erst verzauberte und dann grob anpackte.<br />

Aus den minus 20 Grad bei Tag wurden rasend schnell minus 30 und<br />

nun liege ich zusammengerollt im Schlafsack und bibbere. Meine<br />

Ursprungsidee mich vier Stunden aufs Ohr zu hauen, was warmes<br />

aufzukochen und dann gestärkt und ausgeruht Checkpoint 2 bei Kilometer<br />

100 zu erreichen um dort Kraft für das letzte und massivste<br />

Teilstück zu tanken, geht komplett in die Hose. Meine Anfängerfehler,<br />

diese bloße Naivität, jetzt kommt die Rache: der Gaskocher<br />

will nicht. Wie auch, denn bei mittlerweile minus 35 Grad bleibt das<br />

Gas im Kessel. Arbeitsverweigerung. Mein Gewimmer nützt nichts.<br />

Ich greife auf meine Thermosflaschen zurück. Die haben sich mit<br />

dem Gas abgesprochen. Die Deckel sind festgefroren. Ich verkrieche<br />

mich in den Schlafsack, der sein Extremlimit erreicht. An einschlafen<br />

ist nicht zu denken. Durch meinen Körper geht ein Schütteln.<br />

Alle 15 Sekunden. Gut vier Stunden lang. Es wäre vernünftiger<br />

wieder aufzustehen, einzupacken und weiterzulaufen, doch alles<br />

fällt mir schwer. Irgendwann raff ich mich auf, verbringe gefühlte<br />

Ewigkeiten um den Schlafsack in den Packsack zu stopfen und mir<br />

passiert das was eigentlich garnicht passieren kann - mein linker<br />

Handschuh ist weg. Er ist nicht weg. Muss irgendwo sein. Irgendwo<br />

Zu viele schwarze Beutel, zu viele<br />

schwarze Beutel die bei nacht alle<br />

gleich aussehen. dazwischen<br />

schwarze handschuhe in der selben<br />

grösse. Wie ich mich hasse.<br />

in diesem Missmanagement meiner Pulkatasche. Das worauf ich so<br />

stolz war stellt sich nun, in den Stunden der Wahrheit, als kompletter<br />

Blödsinn heraus. Zu viele schwarze Beutel, zu viele schwarze<br />

Beutel die bei Nacht alle gleich aussehen. Dazwischen schwarze<br />

Handschuhe in der selben Größe.<br />

Wie ich mich hasse.<br />

Im schatten des Yukon Quest<br />

Das yukon liegt da wo Kanada am einsamsten ist. Einst lockte das<br />

Gold die Menschen an den Klondike River. Viele kamen, suchten,<br />

fanden und verloren ihre Nuggets so schnell sie diese fanden. Ein<br />

paar wurden reich wie Daylight und manche blieben sogar für immer.<br />

Whitehorse ist heute Startort des berühmten Schlittenhunderennens<br />

yukon quest. Es ist die Attraktion des Ortes, der alles hat um<br />

als Beginn zum Ende der Welt zu gelten. Minimalkonsum umringt<br />

von absoluter Wildnis. Starbucks, Staples, Extra Food und McDonalds.<br />

Verrückt.<br />

3 Monate vor dem start<br />

Pollhammer machte mir ein Angebot. Enttäuschungsbewältigung<br />

bei extremer Kälte. Ich sollte mir unbedingt überlegen, ob ich da<br />

nicht mitmachen wolle. Natürlich nicht. Bin ich wahnsinning? Ich<br />

mag Hitze und habe für Minusgrade nicht viel Entgegenkommen.<br />

„Vergiss es, Robert... gib mir die Anmeldeformulare. Morgen beginnt<br />

das Training.“<br />

Dann habe ich meinen Entschluss wie eine ansteckende Krankheit<br />

lange mit mir herumgetragen.<br />

Es folgte eine Vorbereitung die mehr auf eine Expedition als auf<br />

einen Ultralauf schließen ließ. Es wurde hochwissenschaftlich.<br />

Kunstfaser oder Daune, Gas oder Benzin, Merinowolle oder Polyester?<br />

Boots oder <strong>Trail</strong>running-Schuhe? Der Respekt vor diesem<br />

Projekt wuchs, je mehr ich darüber recherchierte.<br />

Als ich dann auch noch erfuhr, dass man in den eh schon minimalistisch<br />

ausgestatteten beiden Checkpoint Zelten gar nicht schlafen<br />

darf, sondern im eigenen Schlafsystem direkt am <strong>Trail</strong> seine Ruhe<br />

finden muss, bekam ich einen hohen Puls. „Bei minus 40 Grad im<br />

freien pennen? Hey nun lasst die Kirche im Dorf... das ist unmöglich,<br />

das machen der Reinhold und der Arved, aber keine <strong>Trail</strong>runner.“<br />

der Yukon Arctic Ultra ist in seinem achten jahr zu<br />

einem Mythos gewachsen. Das ging schnell, weil es keinen Lauf<br />

gibt der die Teilnehmer derart fordert. Alles, jede Handlung, jede<br />

Kleinigkeit muss gut überlegt sein. Bei Temperaturen bis zu minus<br />

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