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Beiträge zum Gespräch zwischen Christen und Muslimen 2 ... - cibedo

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ne Rolle spielte, <strong>und</strong> die Teilnehmer<br />

sichtlich bemüht waren, es nicht in den<br />

Vordergr<strong>und</strong> treten zu lassen, goss Hariba<br />

Öl ins Feuer. Er bezeichnete die Veröffentlichung<br />

als »Verbrechen« <strong>und</strong> forderte<br />

ein EU-weites Gesetz, um derartige<br />

»Beleidigungen« künftig zu unterbinden.<br />

Die Konferenzen wurden bislang vom<br />

österreichischen Außenministerium <strong>und</strong><br />

den Städten, in denen sie stattfanden,<br />

finanziert. Die IGGIÖ hätte sich einen<br />

solchen Aufwand nicht leisten können.<br />

Noch 2003 war die ISESCO (»Islamische<br />

Organisation für Erziehung, Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> Kultur«, eine Unterorganisation der<br />

von Saudi-Arabien maßgeblich beeinflussten<br />

<strong>und</strong> finanzierten Islamischen Weltliga)<br />

mit von der Partie <strong>und</strong> hatte sich mit<br />

einem Beitrag an der Finanzierung beteiligt.<br />

Die Abhängigkeit von bestimmten<br />

Geldgebern aus der arabisch-islamischen<br />

Welt scheint von den österreichischen<br />

Imamen <strong>zum</strong>indest als Problem gesehen<br />

zu werden, denn in der Erklärung vom<br />

2005 wurde die Bedeutung der finanziellen<br />

Unabhängigkeit der Muslime in<br />

Österreich ausdrücklich hervorgehoben.<br />

Muslime in Europa 2 haben sich über<br />

eine Reihe von Organisationen (Moscheevereine,<br />

Verbände, Lobbygruppen,<br />

Dachorganisationen) in den letzten Jahren<br />

verstärkt öffentlich positioniert. Die<br />

Verlautbarungen (zuletzt in der »Topkapi«-Declaration<br />

vom 4. Juli) 3 sind auch<br />

Reaktionen auf einen wachsenden<br />

»Rechtfertigungsdruck« seitens der<br />

»Mehrheitsgesellschaften« vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

kontroverser Diskurse zur Vereinbarkeit<br />

von »Islam« <strong>und</strong> »Demokratie«<br />

sowie der Bedrohung durch einen islamisch<br />

begründeten internationalen Terrorismus.<br />

Sie sind gleichzeitig Ausdruck<br />

des Ringens um eine Standortbestim-<br />

CIBEDO-<strong>Beiträge</strong> 2/2006<br />

mung von <strong>Muslimen</strong> in nicht-muslimischer<br />

Umgebung. Es gibt somit immer<br />

zwei Adressaten solcher Erklärungen: die<br />

europäischen »Mehrheitsgesellschaften«<br />

<strong>und</strong> die eigene Klientel. Beide Seiten<br />

zufrieden zu stellen, ist häufig ein schwieriges<br />

Unterfangen, denn was die »Mehrheitsgesellschaft«<br />

erwartet, entspricht<br />

durchaus nicht immer dem Bewusstseinsstand<br />

<strong>und</strong> den Intentionen der muslimischen<br />

Klientel. Das liegt auf der Hand,<br />

wenn wir uns die unterschiedliche ethnische<br />

Herkunft <strong>und</strong> die sehr verschiedenen<br />

kulturellen, religiösen <strong>und</strong> politischen<br />

Orientierungen von <strong>Muslimen</strong> in<br />

Europa vergegenwärtigen. Diese doppelte<br />

Adressatenschaft ist ein Gr<strong>und</strong>, warum<br />

öffentliche Erklärungen wiederholte Bekenntnisse<br />

zu allgemeinen verfassungspolitischen<br />

Selbstverständlichkeiten (contra<br />

Terror, pro Verfassungs- <strong>und</strong> Rechtstreue)<br />

bieten <strong>und</strong> zugleich selbstbewusste Forderungskataloge<br />

für die Entfaltung <strong>und</strong><br />

Institutionalisierung muslimischen Lebens<br />

enthalten. Die »Mehrheitsgesellschaft«<br />

soll beruhigt <strong>und</strong> zugleich die<br />

eigene Anhängerschaft befriedigt werden.<br />

Die dabei häufig auftretenden Unklarheiten<br />

<strong>und</strong> Formelkompromisse erregen<br />

gleichwohl das Misstrauen der »Mehrheitsgesellschaft«<br />

<strong>und</strong> ziehen harsche Kritik<br />

auf sich. 4<br />

Auch die vorliegende Erklärung versucht<br />

eine Gratwanderung. Der informierte<br />

Leser hat nach der Lektüre ein<br />

déja-vue-Erlebnis. Irgendwo, irgendwie<br />

<strong>und</strong> irgendwann ist das alles schon mal<br />

fre<strong>und</strong>lich gesagt <strong>und</strong> mit Bedacht aufgeschrieben<br />

worden. Kritiker sprachen gar<br />

von einer »Schmusest<strong>und</strong>e« <strong>zwischen</strong><br />

österreichischem Staat <strong>und</strong> IGGIÖ, bzw.<br />

den europäischen Imamen. Das war die<br />

Konferenz eher nicht, obwohl sich Kritik<br />

in Grenzen hielt. So blieb der Hinweis<br />

von Parlamentspräsident Prof. Dr.<br />

Andreas Kohl auf mangelnde Deutschkenntnisse<br />

von einigen Islamlehrern <strong>und</strong><br />

die vereinzelte Verwendung von Unterrichtsmitteln<br />

mit islamistischen Inhalten<br />

doch sehr moderat. Gewiss lag der<br />

Hauptnutzen der Konferenz für viele<br />

Teilnehmer im Meinungs- <strong>und</strong> Gedankenaustausch<br />

<strong>und</strong> der Gelegenheit, sich<br />

besser zu vernetzen.<br />

2. Zur Lage der Muslime:<br />

der unvermeidliche<br />

»Opferdiskurs«<br />

Die WE beginnt mit einer allgemeinen<br />

Einschätzung zur Lage der Muslime<br />

in Europa, formuliert gr<strong>und</strong>legende Herausforderungen<br />

<strong>und</strong> Aufgaben muslimischer<br />

Gemeinschaften <strong>und</strong> präsentiert<br />

dann ausführlich die Ergebnisse der<br />

Diskussionen in Arbeitsgruppen zu nachstehenden<br />

Themen:<br />

● Integrationssoziologie<br />

● Bildung<br />

● Politik<br />

● Wirtschaft<br />

● Frauen<br />

● Jugend<br />

● Umwelt<br />

● Ökologie<br />

Die Themenauswahl zeigt, dass es den<br />

Teilnehmern der Konferenz um eine<br />

möglichst umfassende, problemorientierte,<br />

zugleich analytische <strong>und</strong> normative,<br />

Positionierung von <strong>Muslimen</strong> in Europa<br />

ging.<br />

Das Ziel der Imamkonferenz wird klar<br />

formuliert: es geht aus Sicht der Imame<br />

<strong>und</strong> »Seelsorger« um den Nachweis der<br />

2 Leider gibt es immer noch keine befriedigende, vergleichende Gesamtdarstellung <strong>zum</strong> Islam in Europa, obwohl die quantitativen <strong>und</strong> qualitativen Studien in den letzten 10 Jahren deutlich<br />

zugenommen haben. Vgl. den auch schon 4 Jahre alten Forschungsbericht von FRANK J. BUIJS/JAN RATH, Muslims in Europe. The State of Research. Amsterdam 2002, der aber immer<br />

noch wichtig bleibt. Aktuelle Analysen bieten JOCELYNE CÉSARI, When Islam and Democracy Meet. Muslims in Europe and in the United States. New York/Basingstole 2004. JYTTE KLAU-<br />

SEN, Europas muslimische Eliten. Wer sie sind <strong>und</strong> was sie wollen. Frankfurt/Main 2006. Standardwerk bleibt JORGEN NIELSEN; Muslims in Western Europe. Edinburgh 2004; NEZAR<br />

AL-SAYYAD/MANUEL CASTELLS (Eds.), Muslim-Europe or Euro-Islam. Politics, Culture and Citizenship in the Age of Globalization. London/Boulder/New York/Oxford 2002; ROBERT J.<br />

PAULY, JR., Islam in Europe. Integration or Marginalization? Aldershot 2004; JAN RATH et al., Western Europe and it’s Islam. Leiden/Boston/Köln 2001. Vgl. auch Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

(Hrsg.), Muslime in Europa – ein Ländervergleich. Berlin 2001. HOLM SUNDHAUSSEN/ERNST PULSFORT/JOHANNES KANDEL (Hrsg.) Religionen <strong>und</strong> Kulturen in Südosteuropa. Nebeneinander<br />

<strong>und</strong> Miteinander von <strong>Muslimen</strong> <strong>und</strong> <strong>Christen</strong>. Berlin 2002.<br />

3 Die Erklärung wurde von der »Muslims of Europe Conference« erarbeitet, die auf Einladung des britischen Außenministeriums Spitzenvertreter des Weltislam <strong>und</strong> Vertreter des Islam aus<br />

Europa zusammenführte, darunter z.B. Tariq Ramadan, Amr Khaled, Hamza Yussuf, Mustafa Ceric <strong>und</strong> den Islamisten Yussuf al-Qaradawi. Dazu kamen Vertreter aus Saudi-Arabien.<br />

www.muslimsofeurope.com.<br />

4 Als ein Beispiel sei hier die Islamische Charta des Zentralrats der Muslime in Deutschland genannt. Vgl. dazu JOHANNES KANDEL, Die Islamische Charta. Fragen <strong>und</strong> Anmerkungen.<br />

Hrsg. von der Frierich-Ebert-Stiftung, Berlin 2002. THOMAS LEMMEN, Die Islamische Charta des Zentralrats der Muslime in Deutschland e.V. (ZMD). In: HANS WALDENFELS/HEINRICH<br />

OBERREUTER (Hrsg.), Der Islam – Religion <strong>und</strong> Politik. Paderborn 2004, S. 107 ff. TILMAN NAGEL; Zum schariatischen Hintergr<strong>und</strong> der Charta des Zentralrats der Muslime in Deutschland,<br />

in: HARTMUT LEHMANN (Hrsg.), Koexistenz <strong>und</strong> Konflikt von Religionen im vereinten Europa, Göttingen 2004, S. 114 ff. RAINER BRUNNER, Die »Islamische Charta« des Zentralrats<br />

der Muslime in Deutschland. http://www.gazette.de/Archiv/Gazette-September2002/Brunner04.html Derselbe, Zwischen Laizismus <strong>und</strong> Scharia. Muslime in Europa. Aus Politik <strong>und</strong><br />

Zeitgeschichte (APUZ), H.20, 2005.<br />

Kandel, Die »Wiener Erklärung« der Konferenz der Imame <strong>und</strong> SeelsorgerInnen<br />

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