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Beiträge zum Gespräch zwischen Christen und Muslimen 2 ... - cibedo

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en alle Propheten früherer Religionen,<br />

sagen sie, insbesondere Moses <strong>und</strong> Jesus.<br />

Ihr, die <strong>Christen</strong>, seid intolerant, denn ihr<br />

erkennt Muhammad nicht an. In Wahrheit<br />

ist die Begründung für die »Religionskriege«<br />

in den Augen des Geschichtsanthropologen<br />

viel einfacher: In der Geschichte<br />

der Menschheit ist der religiöse<br />

Rahmen die mentale Kategorie, die die<br />

tiefe Identität des Menschen <strong>und</strong> der<br />

Gruppe gr<strong>und</strong>legend bestimmt.<br />

2.5 Das Gefühl der Muslime,<br />

angesichts der christlichen<br />

Nichtanerkennung<br />

Muhammads als Propheten<br />

ungerecht behandelt zu sein<br />

Anerkennung des prophetischen Charakters<br />

Jesus einerseits, Ablehnung des<br />

prophetischen Charakters Muhammads<br />

andererseits: Diese ungleiche Behandlung<br />

lässt bei den <strong>Muslimen</strong> ein Gefühl<br />

von Ungerechtigkeit aufkommen. Worauf<br />

die <strong>Christen</strong> antworten, die<br />

Besonderheit an Jesus (‘Isâ) sei nicht, dass<br />

er Prophet ist, sondern dass er der Sohn<br />

Gottes ist. Dies ist jedoch genau der<br />

Aspekt, den der Koran <strong>und</strong> die muslimische<br />

Theologie verneinen.<br />

Ein solcher Schlagabtausch gleicht<br />

mehr einem Handel als einem Dialog, bei<br />

dem jeder versucht, dem anderen offen<br />

gegenüber zu stehen <strong>und</strong> gleichzeitig seiner<br />

eigenen Tradition treu zu bleiben. Die<br />

Fragestellung ist falsch gestellt. Sie müsste<br />

von muslimischer Seite eher lauten:<br />

Wer ist Christus für Dich? Und von<br />

christlicher Seite: Wer ist Muhammad für<br />

Dich? Die wahre Frage ist ontologischer<br />

Natur, sie erfordert eine gemeinsame<br />

Suche nach der Wahrheit. Jeder sollte<br />

dem anderen ohne Vorbehalt die gr<strong>und</strong>legenden<br />

Züge seines Glaubens darlegen<br />

<strong>und</strong> dann sollte gemeinsam überlegt werden,<br />

bis zu welchem Punkt ein gemeinsamer<br />

Weg möglich ist.<br />

Begibt man sich auf das Gebiet der<br />

Konzessionen, Zugeständnisse, dann<br />

könnte man den <strong>Muslimen</strong> zu erklären<br />

versuchen, dass, wenn sie Christus als<br />

einen Propheten unter vielen anerkennen,<br />

sie das Mysterium Christus <strong>und</strong> sein<br />

CIBEDO-<strong>Beiträge</strong> 2/2006<br />

wahres Wesen im christlichen Verständnis<br />

nicht erfassen. Ebenso wenig wie jene<br />

<strong>Christen</strong>, die Muhammad als eine der<br />

großen Persönlichkeiten der Menschheit<br />

sehen, nicht mehr, <strong>und</strong> die damit dem<br />

wahren Wesen Muhammads nach muslimischer<br />

Auffassung natürlich nicht einmal<br />

nahe kommen.<br />

2.6 Der Islam ist<br />

die perfekte Religion<br />

Die Schlussfolgerung von der Aussage<br />

über Muhammad als »Siegel der Propheten«<br />

<strong>zum</strong> Islam als »Siegel der Religionen«<br />

findet sich bei allen <strong>Muslimen</strong>, vom einfachsten<br />

bis <strong>zum</strong> Gebildetsten, <strong>und</strong> wir<br />

haben diese Meinung in Ägypten, in<br />

Syrien, im Libanon, in Tunesien, in<br />

Marokko, in Europa (sogar bei den<br />

Maliern, den Nigerianern, den Pakistani<br />

...) zu hören bekommen. In groben Zügen<br />

ist ihre Argumentation die folgende:<br />

Für die Muslime gibt es nur drei Religionen:<br />

Das Judentum, das <strong>Christen</strong>tum<br />

<strong>und</strong> den Islam. Dieser nimmt seine beiden<br />

Vorgänger auf, vervollkommnet sie<br />

<strong>und</strong> schließt sie ab. Diese Argumentation<br />

lässt sich leicht nachvollziehen. Die Idee<br />

ist deutlich, einfach <strong>und</strong> gut formuliert.<br />

Die drei monotheistischen Religionen<br />

werden von den muslimischen Theologen<br />

»himmlische Religionen« genannt, die<br />

anderen religiösen Bewegungen verdienen<br />

den Titel Religion (dîn) nicht. Dieses<br />

Dogma, in Kombination mit den entsprechenden<br />

Aussagen des Koran, formen<br />

schon in der Kindheit den Geist eines<br />

jeden Muslim.<br />

Der Begriff der »himmlischen« oder<br />

»offenbarten Religion« ist in dieser Form<br />

nicht im Koran niedergeschrieben. Zwar<br />

findet sich dort 92 Mal das Wort dîn, sein<br />

Plural adyân jedoch taucht nicht ein einziges<br />

Mal auf. Zwar kommt der Begriff<br />

samâ (»Himmel«) <strong>und</strong> sein Plural samâwât<br />

nicht weniger als 310 Mal vor, aber<br />

das Adjektiv samâwî (himmlisch) wird<br />

man vergeblich suchen. Wie bereits<br />

erwähnt, wurde also der Begriff der<br />

»himmlischen Religionen« von muslimischen<br />

Theologen geprägt. Er spiegelt<br />

deutlich die islamische Auffassung von<br />

Religion wider; sie ist jedoch weder mit<br />

der der Soziologen noch mit der der<br />

<strong>Christen</strong> zu vereinen.<br />

Trotz der Eindeutigkeit <strong>und</strong> Offensichtlichkeit<br />

beruht die Idee, dass die letzte<br />

entstandene Religion automatisch die<br />

beste sei, da sie das Beste der Vorgänger<br />

übernimmt, auf einem Sophismus. Sie<br />

würde in ihrer Konsequenz den einzelnen<br />

auffordern, seine derzeitige Religion aufzugeben,<br />

um die jeweils neueste anzunehmen.<br />

Und mit einem Mal würde der<br />

Islam selbst sich in der Position befinden,<br />

überholt <strong>und</strong> überflüssig zu sein. So<br />

scheuen sich die Drusen <strong>und</strong> die Bahâ’îs<br />

nicht, um von zwei sehr bekannten religiösen<br />

Bewegungen zu sprechen, zu<br />

erklären, dass ihr Ziel nicht darin liegt,<br />

den Islam zu verbessern, sondern ihn zu<br />

vernichten, indem sie ihn überflügeln …<br />

Samir, Die prophetische Mission Muhammads<br />

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