Beiträge zum Gespräch zwischen Christen und Muslimen 2 ... - cibedo
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Radikaler ausgedrückt: Gab es wirklich<br />
eine »Offenbarung« oder ist Muhammad<br />
lediglich ein Defraudant oder aber<br />
jemand, der glaubte, eine Offenbarung<br />
gehabt zu haben, sich selbst in die Falle<br />
ging <strong>und</strong> schließlich ernsthaft geglaubt<br />
hat, ein Gesandter Gottes zu sein? Welche<br />
Einordnung ist korrekt? Wäre es nicht<br />
möglich, dass er ein Oberhaupt, ein politischer<br />
Anführer war, dem es gelungen<br />
ist, die arabischen Stämme zu einen,<br />
ihnen eine gemeinsame Basis zu geben<br />
<strong>und</strong> ihnen somit eine umso größere<br />
Dynamik verlieh als er sie glauben ließ,<br />
dass seine Aussprüche <strong>und</strong> Taten unmittelbar<br />
von Gott bestimmt würden?<br />
Aber – so einige Theologen – angenommen,<br />
Muhammad wäre tatsächlich ein<br />
Defraudant, wie erklärt es sich, dass eine<br />
Religion, die nicht von Gott geschaffen<br />
wurde, eine solche Verbreitung erfahren<br />
durfte? Hilft der Islam darüber hinaus<br />
nicht Millionen Menschen, Gott zu<br />
erfahren? Und, schlussendlich, ist die<br />
gr<strong>und</strong>legende Frage doch der Ursprung<br />
des Islam. Dazu gibt es zahlreiche Antworten.<br />
Wir werden hier lediglich drei<br />
aufzeigen.<br />
1. Die griechischen oder lateinischen<br />
Theologen des Mittelalters sagten:<br />
»Der Islam ist ein Werk des Teufels«. Diese<br />
Annahme der diabolischen Herkunft<br />
des Islam findet sich allerdings<br />
fast nie bei den orientalischen Theologen<br />
des Mittelalters (Syrern, Kopten<br />
oder Arabern), die in alltäglichem<br />
Kontakt zu den <strong>Muslimen</strong> standen.<br />
Lediglich ‘Abd al-Masîh al-Kindî, dessen<br />
Schriften um das Jahr 825 entstanden,<br />
lässt unseres Wissens eine solche<br />
Meinung vermuten.<br />
2. Einige <strong>Christen</strong> bestätigen heute die<br />
muslimische Annahme, der Islam<br />
komme von Gott, <strong>und</strong> dass er von diesem<br />
gewollt sei. Und dies vorrangig aus<br />
zwei Gründen: Die Ausdehnung <strong>und</strong><br />
Dauer des islamischen Glaubens einerseits,<br />
seine Mystik andererseits. Ihre<br />
Überlegung ist folgende: Wenn diese<br />
Religion weder ein Werk Gottes noch<br />
des Teufels ist, sondern einfach das<br />
Werk eines Menschen, weshalb ist<br />
dann seine Ausbreitung so enorm, weshalb<br />
bewirkt er einen solch starken<br />
Glauben <strong>und</strong> weshalb hat er seine solche<br />
Mystik hervorgebracht?<br />
CIBEDO-<strong>Beiträge</strong> 2/2006<br />
Zweifellos sind die mystischen muslimischen<br />
Texte von einer großen<br />
Schönheit <strong>und</strong> spirituellen Erhabenheit.<br />
Sie können sich, trotz ihrer Esoterik,<br />
die zweifellos ihren Reiz für die<br />
westliche Welt erklärt, mit den schönsten<br />
mystischen christlichen Texten<br />
vergleichen. Freilich, wenn sie sich<br />
auch die Figur Christi als Beispiel nehmen<br />
<strong>und</strong> ihn zuweilen als »Siegel der<br />
Heiligen« ansehen, so ist es doch das<br />
»Licht Muhammads«, das sie leitet.<br />
Diese mystische Dimension erklärt<br />
den Reiz, den der Islam auf einige<br />
Abendländer ausübt, ob <strong>Christen</strong> oder<br />
Nicht-<strong>Christen</strong>, <strong>und</strong> sie treibt einige<br />
unter ihnen dazu, zu konvertieren. In<br />
Italien ist beispielsweise der Scheich<br />
‘Abd al-Wahid Pallavicini (abstammend<br />
einer noblen römischen Familie,<br />
die Jahrh<strong>und</strong>erte lang den Papst unterstützte)<br />
das Oberhaupt einer bekannten<br />
Sufi-Bewegung, die sich freilich ein<br />
wenig schwer getan hat, von den geborenen<br />
<strong>Muslimen</strong> anerkannt zu werden.<br />
3. Andere sehen im Islam hingegen eine<br />
vom Menschen erschaffene Religion,<br />
gegründet von einer außergewöhnlichen<br />
Persönlichkeit, dessen weltumfassendes<br />
Konzept der Gesellschaft,<br />
sowohl in spiritueller, kultureller, sozialer<br />
als auch politischer Hinsicht, sich<br />
im Laufe der Geschichte durchsetzen<br />
konnte <strong>und</strong> zu einer Einigung sehr verschiedenartiger<br />
Kulturkreise geführt<br />
hat. Diese Kultur schaffende Kraft des<br />
Islam <strong>und</strong> seine Fähigkeit, andere Kulturen<br />
zu assimilieren, faszinieren ebenso<br />
die westliche Welt wie auch die Afrikaner.<br />
Sie fühlen sich durch die Tatsache<br />
angezogen, dass der Islam, anders<br />
als das <strong>Christen</strong>tum, eine allumfassende<br />
(um nicht zu sagen totalitäre) Religion<br />
ist, die alle Bereiche des Lebens<br />
einschließt: Privat- <strong>und</strong> Familienleben,<br />
Gesellschaft, Politik <strong>und</strong>, nicht zu vergessen,<br />
das Militär.<br />
»Drei Dinge liebe ich auf der Welt:<br />
Gebet, Frauen <strong>und</strong> Parfüm«, lässt uns<br />
ein bekannter hadîth wissen <strong>und</strong> vereinigt<br />
diese so unterschiedlichen Aspekte<br />
auf eine dem Islam typische<br />
Weise: Er verbindet das Körperliche<br />
<strong>und</strong> das Geistige, das Gebet <strong>und</strong> die<br />
Politik – er ist dîn wa-dawlah wadunyâ.<br />
Aus der Ablehnung Muhammads als<br />
Propheten folgert der Muslim, dass seine<br />
Religion als wertlos angesehen wird,<br />
woraus sich wiederum erschließt, dass<br />
auch sein Leben wertlos ist, da er jede<br />
seiner Taten im Namen seiner Religion,<br />
dem Islam, ausführt. Diese<br />
Ablehnung wird als »Beleidigung einer<br />
Person« aufgefasst, »die der Muslim<br />
bereits in der Kindheit zu achten <strong>und</strong> lieben<br />
gelernt hat«. Für die Muslime ist<br />
Muhammad in der Tat das gute Vorbild,<br />
dem man folgen sollte, wie bereits<br />
zuvor Abraham. Man muss nur an die<br />
mystischen <strong>und</strong> poetischen Schriften<br />
denken, in denen der Gründer des<br />
Islam als Gipfel aller Tugenden dargestellt<br />
wird <strong>und</strong> die die frommen Muslime<br />
gerne auch singen <strong>und</strong> musikalisch<br />
darstellen. Mehr noch, eine solche<br />
Ablehnung beinhaltet letztlich,<br />
dass Muhammad ein Betrüger wäre,<br />
der nicht nur die Menschen <strong>zum</strong> Narren<br />
hielt, sondern sich auch über Gott<br />
lustig gemacht hätte.<br />
Samir, Die prophetische Mission Muhammads<br />
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