Beiträge zum Gespräch zwischen Christen und Muslimen 2 ... - cibedo
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Kopftuch sei ein Symbol der Unterdrückung<br />
<strong>und</strong> des Zwangs, ein politisches<br />
Zeichen für eine extremistische<br />
Haltung <strong>und</strong> nicht konform mit europäischen<br />
Vorstellungen des Geschlechterverhältnisses.<br />
Die Bevorm<strong>und</strong>ung<br />
muslimischer Frauen, indem<br />
ein Teil der Glaubenspraxis von<br />
außen interpretiert <strong>und</strong> verurteilt wird,<br />
spricht ihnen ihre Mündigkeit ab <strong>und</strong><br />
kann damit Polarisierungstendenzen<br />
verschärfen. Das Selbstbestimmungsrecht<br />
der Frau soll aber außer Frage stehen<br />
– nach innen wie nach außen.<br />
Auch innerhalb der muslimischen<br />
Gemeinschaft besteht vermehrter<br />
Handlungsbedarf. Bewusstseinsbildung<br />
gegen jeden Missbrauch von Religion<br />
soll gefördert werden. Gleichzeitig<br />
bekennt sich die Konferenz dazu,<br />
dass auch im Bereich Ehe <strong>und</strong> Familie<br />
auf Herausforderungen der Moderne<br />
auf dem Boden der Theologie neue<br />
islamische Antworten gef<strong>und</strong>en werden<br />
sollen. Diese können auch in<br />
einem Wiederentdecken <strong>und</strong> neu<br />
nutzbar gemachtem Element wie dem<br />
islamischen Ehevertrag liegen. Dieser<br />
bietet dem Brautpaar die Möglichkeit,<br />
die Zukunft gemeinsam zu überdenken<br />
<strong>und</strong> Vereinbarungen festzuhalten.<br />
Jugend<br />
Jugendliche verkörpern als Zukunftsträger<br />
in besonderem Maße die<br />
Vision muslimischer Europäer – europäischer<br />
Muslime, die durch ihre als<br />
selbstverständlich wahrgenommene<br />
Identitätszugehörigkeit in beide Richtungen<br />
Brückenbauer <strong>und</strong> Bindeglieder<br />
<strong>zwischen</strong> den Kulturen sein können.<br />
Die muslimische Jugend soll sich<br />
ihrer speziellen Verantwortung in dieser<br />
Richtung bewusst sein. Dazu muss<br />
ein entsprechendes, ihre besonderen<br />
Kompetenzen schätzendes Klima vorhanden<br />
sein, das Mehrsprachigkeit,<br />
rasche Anpassungsfähigkeit im interkulturellen<br />
Bereich <strong>und</strong> eine aufgeschlossene<br />
Gr<strong>und</strong>haltung als persönliche<br />
Werte erkennt <strong>und</strong> fördert. Die<br />
Aufgabe, eine solche Wertschätzung zu<br />
vermitteln <strong>und</strong> daran angeknüpft Programme<br />
zur gezielten Förderung dieser<br />
Talente zu schaffen, liegt sowohl bei den<br />
muslimischen Familien <strong>und</strong> Gemeinschaften,<br />
als bei der Mehrheitsgesellschaft.<br />
Das Potential der muslimischen<br />
Jugendlichen soll anerkannt werden. Ihr<br />
Selbstbewusstsein ist zu stärken.<br />
Vorurteile <strong>und</strong> latente Fremdenfeindlichkeit<br />
können zu Abschottung <strong>und</strong> Isolation<br />
führen, durch die wiederum eine<br />
ablehnende Einstellung gegenüber »den<br />
anderen« gezüchtet werden kann.<br />
Dadurch können sich Polarisierungen<br />
aufbauen, die gesellschaftspolitischen<br />
Sprengstoff bieten. Diese präventiv anzugehen,<br />
bedarf es der im Bereich »Bildung«<br />
angesprochenen Maßnahmen. Muslimische<br />
Jugendliche sollen gleiche Möglichkeiten<br />
nutzen können wie Jugendliche<br />
der Mehrheitsgesellschaft (Beispiel: Europäische<br />
Austauschprogramme in Schul<strong>und</strong><br />
Berufs/Studienbildung, unabhängig<br />
von Staatsbürgerschaft). Jugendliche<br />
brauchen eine Perspektive. Sie sollen die<br />
gleichen Chancen vorfinden, im Berufsleben<br />
Fuß zu fassen oder eine Wohnung<br />
zu finden.<br />
Jugendliche Selbstorganisation von<br />
<strong>Muslimen</strong> <strong>und</strong> ihre Vernetzung mit anderen<br />
Jugendorganisationen soll darüber<br />
hinaus gefördert werden. Vereine jugendlicher<br />
Muslime weisen jene Merkmale<br />
auf, die bei jenen der ersten Generation<br />
noch nicht zu finden sind: die Landessprache<br />
als Kommunikationssprache, keine<br />
Einengung der Mitglieder auf ein<br />
bestimmtes Herkunftsland, ein auf die<br />
Lebenswirklichkeit im Lande verstärkt<br />
zugeschnittenes Angebot von Aktivitäten.<br />
Hier eine sinnvolle Freizeitgestaltung,<br />
emotionale Zugehörigkeit <strong>und</strong> Verantwortungsgefühl<br />
für ein funktionierendes<br />
Miteinander zu erfahren, gibt Halt.<br />
Damit werden indirekt auch Jugendkriminalität,<br />
Drogenkonsum <strong>und</strong> die Verbreitung<br />
von Extremismus wirksam<br />
bekämpft.<br />
Die meinungsbildende Rolle der<br />
Medien ist besonders bei dem Bereich der<br />
Jugend anzusprechen. Die Wissenschaft<br />
soll sich verstärkt besonderen Phänomen,<br />
die die muslimische Jugend betreffen,<br />
widmen <strong>und</strong> mit seriösen Ergebnissen<br />
helfen, die Diskussion zu versachlichen.<br />
Ökologie<br />
Der Mensch trägt in seiner Funktion<br />
als Sachwalter der Schöpfung<br />
hohe Verantwortung für deren Pflege<br />
<strong>und</strong> Erhalt. Natürliche Ressourcen<br />
dürfen daher nur unter dem Gesichtspunkt<br />
der Nachhaltigkeit sorgsam<br />
genutzt werden.<br />
Der Koran warnt den Menschen vor<br />
Überheblichkeit in Ausübung seiner<br />
Statthalterschaft: »Siehe, Wir boten die<br />
Verantwortung (»amana« – die Ausübung<br />
von freiem Willen <strong>und</strong> Verstand)<br />
den Himmeln <strong>und</strong> der Erde <strong>und</strong> den<br />
Bergen an, doch weigerten sie sich, sie zu<br />
tragen <strong>und</strong> schreckten davor zurück. Der<br />
Mensch lud sie sich jedoch auf; denn er<br />
überschätzt sich <strong>und</strong> ist eingebildet.«<br />
(33.72) Das natürliche Gleichgewicht<br />
der Natur soll geschützt <strong>und</strong> bewahrt<br />
werden. Denn so wie sich Wasser, Luft,<br />
Erde, belebte <strong>und</strong> unbelebte Natur,<br />
Tier- <strong>und</strong> Pflanzenreich aufeinander<br />
beziehen, wird im Koran ein Kreislauf<br />
des Lebens wiedergegeben, bei dem<br />
Eingriffe negative Auswirkungen für<br />
das gesamte System zur Folge haben<br />
könnten. Respekt vor dem W<strong>und</strong>er der<br />
Schöpfung Gottes ist geboten, aus dem<br />
Respekt im Umgang mit dieser resultieren<br />
soll. Zur Tierwelt heißt es etwa:<br />
»Es gibt kein Getier auf Erden <strong>und</strong> keinen<br />
Vogel, der auf seinen zwei Schwingen<br />
dahinfliegt, die nicht Gemeinschaften<br />
wären so wie ihr.« (6:38)<br />
Die Balance <strong>zwischen</strong> Nutzbarmachung<br />
der Natur <strong>und</strong> ihrem Schutz<br />
schlägt sich häufig zu deren Ungunsten<br />
nieder. Umweltzerstörung als Konsequenz<br />
menschlicher Gier nach maximaler<br />
Ausbeutung wird in 20:41 angesprochen:<br />
»In Erscheinung getreten ist<br />
Unheil zu Land <strong>und</strong> Meer als Folge dessen,<br />
was die Menschen anrichteten,<br />
damit Er sie einiges von ihrem (Fehl)verhalten<br />
spüren ließe, auf dass sie umkehren.«<br />
Muslime sind angehalten sich<br />
Schlusserklärung der Konferenz Europäischer Imame in Wien 2006 CIBEDO-<strong>Beiträge</strong> 2/2006