SEMANTISCHES UND MORPHOLOGISCHES TEMPUS: ZUR ...
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v.Stechow Ausdruck: 11.08.2005<br />
Die Information �t[t = tc &...] wird durch PRES ausgedrückt, �t’[t’ > t &...] ist die Bedeutung<br />
von „will“, �t’’[t’’ < t’ &...] wird durch „have“ ausgedrückt, und (�w’ �<br />
Acc(w,t’’))�e[�(e) � t’’ ...] ist die Bedeutung des semantischen Progressivs. Die kompositionale<br />
Semantik wird unten präzis angegeben.<br />
Das hier gezeichnete Bild sagt aber noch nicht darüber aus, woher die Merkmale<br />
kommen. Es sieht zunächst einmal so aus, als würde ein i-Merkmal immer ein u-Merkmal<br />
selegieren, Z.B. selegiert der Progressive „be“ sicher das Suffix „-ing“, „have“ selegiert „-en“<br />
und „will“ selegiert das Infinitivsuffix. Für das Tempus ist die Selektionsrichtung aber nicht<br />
klar: die PRES könnte die Präsensmorphologie des Verbs selegieren oder umgekehrt könnte<br />
die Präsensmorphologie PRES selegieren. Ich denke, Letzteres ist der Fall. Um klarer über die<br />
Richtung der Checking-Relation reden zu können, folgt hier ein kurzer Ausflug in die Merkmalsyntax.<br />
3. <strong>ZUR</strong> MERKMALSSYNTAX<br />
Die Notation i-F/u-F für Merkmalspaare ist (Zeijlstra, 2004) entnommen. Die Idee, dass<br />
Merkmale in Paaren vorkommen, stammt aus der generativen Literatur und findet sich z.B.<br />
in (Chomsky, 1995). Chomskys Merkmalstheorie hat viele Varianten. In der Regel überprüft<br />
das u-Merkmal („probe“) das i-Merkmal („goal“), wobei das i-Merkmal zum u-<br />
Merkmal bewegt ist. Ich nehme hier die Merkmalsyntax in (Sternefeld, 2005) an. Dort entspricht<br />
dem uninterpretierten Merkmal ein Selektionsmerkmal der Form [*F*]. Jedes solche<br />
Merkmal hat ein Gegenstück [F], wobei diese F entweder semantisch interpretiert ist („inhärentes<br />
Merkmal“) oder nicht. Uninterpretierte Merkmale heißen Kontextmerkmale. Die<br />
wichtigsten Prinzipien der Merkmalssyntax sind diese (Sternefeld, 2005: 218):<br />
(3-1) 1. Kopfmerkmale werden bis zur phrasalen Ebene projiziert.<br />
2. Sternmerkmale werden bei vorhandenem Gegenstück 4 abgebaut, ansonsten müssen<br />
sie so weit wie möglich projiziert werden.<br />
3. Für den Abbau der Merkmale ist eine Reihenfolge festzulegen (Komplementmerkmale<br />
werden vor Spezifikatormerkmalen abgebaut).<br />
4. Kontextuelle Merkmale (u-Merkmale) brauchen Gegenstücke.<br />
5. Bei Adjunktion bleiben alle Merkmale des relativen Kopfes unverändert.<br />
Wir schauen uns an, was diese Theorie für einfache Sätze bedeutet. Auf S. 162 gibt Sternfeld<br />
für den Satz<br />
( 3-2) Du ranntest<br />
ohne Tempus die folgende Merkmalsanalyse an (S. 162):<br />
(3-3) VP<br />
DP<br />
[2.PS.SG]<br />
du<br />
V<br />
[*2.PS.SG* ]<br />
ranntest<br />
Das komplexe Kontextmerkmal [*2.PS.SG*] steht für die finite Morphologie des Verbs und<br />
wird semantisch nicht interpretiert, ist also ein u-Merkmal. Die Merkmale [2.PS.SG] des<br />
Subjekts werden dagegen interpretiert, sind deshalb hier i-Merkmale. In dieser Konstellation<br />
werden also die Merkmale des Subjekts vom Verb selegiert. Das Verb hat zusätzlich<br />
noch das komplexe uninterpretierte Merkmal [u-2.PS.SG], welches von der Endung „-est“<br />
4 D.h. *F* und F sind an Schwesterknoten.<br />
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