Frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr! - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 55 / 14. 12. 2007<br />
kannt werden. Sie begann wohl schon mit<br />
Gründung der Stadt am Ende des 13. <strong>Jahr</strong>h<strong>und</strong>erts,<br />
als Urk<strong>und</strong>en, Bücher <strong>und</strong> Schriften<br />
aller Art, die für das städtische Gem<strong>ein</strong>wesen<br />
von Bedeutung waren, aufbewahrt wurden.<br />
Es ist nicht bekannt, ob es in dieser frühen<br />
Zeit der Stadtgeschichte bereits eigene<br />
Archive als Aufbewahrungsorte gegeben<br />
hat. Man vermutet solche in den Privathäusern<br />
der jeweiligen Stadtrichter. In den<br />
<strong>Jahr</strong>en 1541-70 verwahrte man die Archivalien<br />
im alten Rathaus auf dem Vinzenziplatz,<br />
von da an bis 1877 im neuen Rathaus auf<br />
dem Hauptplatz. 1741 schuf der Rat der<br />
Stadt Retz in <strong>ein</strong>em Turmzimmer, der sogenannten<br />
„Folterkammer“, die mit dem Ratssaal<br />
durch <strong>ein</strong>e Tür verb<strong>und</strong>en war, <strong>ein</strong>en eige-<br />
Kultur<br />
nen Archivraum, <strong>ein</strong>e sogenannte „Registratur“,<br />
in der der schriftliche Niederschlag der<br />
stadtämtlichen Verwaltung untergebracht<br />
wurde.<br />
Das neu <strong>ein</strong>setzende historische Interesse<br />
in der Biedermeierzeit bewog den Retzer<br />
Stadtprotokollisten Johann Baptist Geißler<br />
(1784-1844) zur Gründung <strong>ein</strong>er Antikenkammer<br />
im Rathaus, in die er das reiche<br />
historische Erbe der Stadt <strong>ein</strong>brachte. Leider<br />
dürften die Archivalien bald in Unordnung<br />
geraten s<strong>ein</strong>. Auch schien mit der Zeit <strong>ein</strong>e<br />
drückende Raumnot zu herrschen, da ältere<br />
Bestände auf dem Dachboden des Rathauses<br />
deponiert wurden. Dieser unbefriedigende<br />
Zustand erhielt Abhilfe durch die Tätigkeit<br />
Josef Karl Puntscherts (1830-1907), <strong>ein</strong>es<br />
Archivar Anton Resch bei s<strong>ein</strong>er Arbeit im Turmzimmer des Stadtarchivs, 1978<br />
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leidenschaftlichen Laienhistorikers, der mit<br />
Fug <strong>und</strong> Recht als der eigentliche Begründer<br />
des Stadtarchivs Retz bezeichnet werden<br />
kann. In mehrjähriger Arbeit ordnete <strong>und</strong><br />
systematisierte er die Archivalien <strong>und</strong> legte<br />
<strong>ein</strong> erstes Archivverzeichnis an. Er veranlaßte<br />
im <strong>Jahr</strong>e 1877 <strong>ein</strong>e Neuaufstellung in neuen,<br />
modernen Archivräumen im Gebäude Znaimerstraße<br />
23, wobei das Archiv in s<strong>ein</strong>er<br />
heutigen Form auf diese Aufstellung zurückgeht.<br />
Leider erfolgte jedoch bald <strong>ein</strong>e neuerliche<br />
Übersiedlung in das durch die Stadtgem<strong>ein</strong>de<br />
neu erbaute Postgebäude am<br />
Hauptplatz 131, wo 1894 die Archivalien in<br />
<strong>ein</strong>em mit verglasten Regalen versehenen<br />
geräumigen Saal neu aufgestellt werden<br />
konnten.<br />
Liegen die Verdienste Puntscherts in der<br />
Rettung, fachgerechten Ordnung <strong>und</strong> Inventarisierung<br />
der Archivalien, so nahm s<strong>ein</strong><br />
Nachfolger Rudolf Resch (1878-1942) <strong>ein</strong>e<br />
erste gründliche <strong>und</strong> streng wissenschaftliche<br />
Durcharbeitung der Archivbestände vor.<br />
S<strong>ein</strong> zweibändiges „Retzer Heimatbuch“,<br />
dessen zweiter Band von s<strong>ein</strong>em Neffen Anton<br />
Resch fertig gestellt worden ist, ist <strong>ein</strong>e<br />
großangelegte Stadtchronik von der Urgeschichte<br />
bis in die 30er <strong>Jahr</strong>e des vergangenen<br />
<strong>Jahr</strong>h<strong>und</strong>erts. Resch nutzte ausführlich<br />
die reichhaltigen Quellen des Archivs, sodaß<br />
s<strong>ein</strong> Werk bis heute als das Standardwerk zur<br />
Retzer Stadtgeschichte bezeichnet werden<br />
kann. Da das Puntschert‘sche Archivverzeichnis<br />
mittlerweile unauffindbar war, regte<br />
Rudolf Resch an, <strong>ein</strong>e Fachkraft mit <strong>ein</strong>er<br />
Neuordnung des Archiv zu betrauen. Über<br />
Vermittlung des NÖ Landesarchivdirektors<br />
Karl Lechner führte Hermann Göhler diese<br />
Inventarisierung von August bis November<br />
1938 durch <strong>und</strong> legte <strong>ein</strong> „Verzeichnis der<br />
Bestände des Archivs der Stadt Retz“ an. Im<br />
jeweiligen Anhang der beiden Heimatbücher<br />
werden die Bestände des Archivs gemäß dieser<br />
Neuordnung aufgelistet sowie die Urk<strong>und</strong>en<br />
in Regestenform dargestellt.<br />
Da die Räume im Postgebäude für Zwecke<br />
der NSDAP gebraucht wurden, mußten die<br />
Archivalien 1940 in das Sparkassengebäude<br />
in der Znaimerstraße 29 gebracht werden,<br />
wo sie ziemlich ungeordnet deponiert wurden.<br />
Nach Kriegsende übersiedelte das Archiv<br />
neuerlich. Es entbehrt dabei nicht <strong>ein</strong>er<br />
gewissen Ironie, daß man sich entschließen<br />
mußte – offensichtlich in Ermangelung anderer<br />
Alternativen – als Archivraum wiederum<br />
die bereits beschriebene „Folterkammer“<br />
auf dem Rathaus zu bestimmen, also<br />
jenes sehr ungeeigneteTurmzimmer, aus dem<br />
Puntschert die Archivalien vor ihrer Zerstö-