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Pfarrbrief 171 - 2012 - Lebendige Pfarre - St.Jakob Windischgarsten ...

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Während in früheren Jahrhunderten der<br />

biblische Auftrag zur Glaubensverkündigung<br />

an alle Menschen im Bewusstsein der<br />

Christen stark verankert war, hat sich auch<br />

in dieser Hinsicht heute vieles verändert.<br />

Im Zusammenhang mit einer Theologie<br />

der Religionen ist es beinahe allgemeine<br />

Glaubensüberzeugung geworden, dass Menschen,<br />

die nicht durch die Taufe zur Kirche<br />

gehören, dennoch das Heil erlangen können,<br />

wenn sie nur der <strong>St</strong>imme ihres Gewissens<br />

folgen. Trotzdem ruft Papst Johannes Paul<br />

II. in seinem apostolischen Schreiben „Novo<br />

Millenio Ineunte“ für das große Gnadenereignis<br />

des Jubiläumsjahres 2000 alle auf,<br />

den Missionauftrag Christi, der die ersten<br />

Christen zu so großen Taten anspornte,<br />

heute neu aufzugreifen. Den Befehl Christi<br />

an Petrus: „Duc in altum – fahrt hinaus<br />

auf die hohe See und legt eure Netze zum<br />

Fang aus“ (Lk 5,4) richtete der Papst an die<br />

ganze Kirche.<br />

Warum überhaupt noch Mission? Die Antwort<br />

auf diese Frage ist eigentlich für uns<br />

Christen nicht schwer. Jesus Christus, ohne<br />

den wir nichts vollbringen können (vgl.<br />

Joh 15,5), gibt sie uns selbst, wenn er sagt:<br />

„Niemand kommt zum Vater außer durch<br />

mich“ (Joh 14,6). Bereits im Jahr 1991 spricht<br />

Papst Johannes Paul II. (1978-2005) in seiner<br />

Enzyklika „Redemptoris missio“ über die<br />

„fortdauernde Gültigkeit des missionarischen<br />

Auftrags“. Wörtlich stellt er fest: „Wenn wir<br />

zu den Ursprüngen der Kirche zurückgehen,<br />

so finden wir dort die klare Aussage, dass<br />

Christus der alleinige Erlöser von allen ist,<br />

jener, der allein Gott auszusagen und zu<br />

ihm zu führen vermag“ (Nr.5). Jesu Lehre<br />

kommt „aus der unmittelbaren Berührung<br />

mit dem Vater … - aus dem Sehen dessen<br />

heraus, der an der Brust des Vaters ruhte“<br />

(Ratzinger, Jesus von Nazareth, 31-32). Jesus<br />

Christus, wahrhaft der Sohn Gottes, der alles<br />

übertrifft, was Menschen je an Gotteserfahrungen<br />

kundtun konnten. Weil Jesus der<br />

Sohn Gottes ist, in dem die Heilsgeschichte<br />

ihren Höhepunkt und letzten Sinn findet,<br />

darf deshalb seine Wahrheit auch keinem<br />

Menschen dieser Erde, wo und wann auch<br />

immer er leben mag, vorenthalten werden.<br />

So wäre es ein großes Unrecht und eine<br />

Schuld, die nicht verziehen werden kann,<br />

wenn sie seine Botschaft, sein Licht und seine<br />

Wahrheit den anderen nicht künden. Im<br />

Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche<br />

des 2. Vatikanischen Konzils heißt es: „Alle<br />

Gläubigen, wo immer sie leben, müssen<br />

durch das Beispiel ihres Lebens und durch<br />

das Zeugnis des Wortes den neuen Menschen,<br />

den sie durch die Taufe angezogen<br />

Warum überhaupt<br />

Mission?<br />

FraGEn unD<br />

antWOrtEn (97)<br />

haben … so offenbaren, dass die anderen<br />

Menschen ihre guten Werke sehen, (und)<br />

den Vater preisen (Mt 5,16)“ (Nr. 11). So ist<br />

die Kirche Weltkirche-Weltmissionskirche.<br />

Das Geschenk und Geheimnis der Erlösung<br />

durch Jesus Christus muss die Kirche der<br />

ganzen Welt künden und bringen.<br />

Nicht selten wird heute die Meinung vertreten,<br />

die christliche Mission stelle ein besonders<br />

sublimes Element des europäischen<br />

Kolonialismus dar. Durch die Mission sei es<br />

gelungen, den Völkern ihre eigene Geschichte<br />

zu rauben und ihnen einen europäischen<br />

<strong>St</strong>empel aufzudrücken. Mit dem Ende des<br />

Kolonialismus konnten die Völker der Dritten<br />

Welt – so die Meinung – endlich wieder zu<br />

ihren eigenen Religionen zurückkehren.<br />

Wenn wir auf die Welt, wie sie sich in den<br />

letzten Jahrzehnten entwickelt hat, blicken,<br />

nehmen wir etwas Merkwürdiges wahr:<br />

Auch nach dem Ende des Kolonialismus gibt<br />

es weltweit einen starken Trend zur Uniformierung.<br />

Man baut in München nicht anders<br />

als in Shanghai oder Kairo Kühlschränke,<br />

Autos und Fernsehgeräte. Die Technik kennt<br />

nur eine Sprache, nämlich die Sprache der<br />

Zahlen. Gleichzeitig stellen wir fest, dass<br />

diese uniformierende Macht der Technik die<br />

Kluft zwischen den Menschen vertieft.<br />

In vielen Teilen der Welt ist ein Aufbegehren<br />

gegen den Uniformismus der technischen<br />

Zivilisation, eine Suche nach der eigenen<br />

Identität im Gange. Der Islam kann in der<br />

westlichen Zivilisation vielfach nur Niedergang<br />

und seelische Leere erkennen. Manche<br />

Gegenwartsanalytiker sprechen von einem<br />

Kampf der Kulturen. Angesichts dieser Situation<br />

halten viele Ausschau nach einer<br />

geistigen Kraft, die unter den Völkern eine<br />

echte Einheit stiften kann.<br />

Damit stellt sich erneut die Frage: Wie steht<br />

es eigentlich um den christlichen Glauben?<br />

Zunächst halten wir fest, dass der Glaube<br />

hierzulande zu verdunsten droht. Das<br />

lässt sich nicht nur daran ablesen, dass die<br />

Priesterseminare immer leerer werden und<br />

klösterliche Niederlassungen ihre Pforten<br />

schließen, dass die Zahl derer, die in die<br />

Mission gehen wollen, verschwindend gering<br />

geworden ist. Der Glaubensschwund<br />

lässt sich auch daran ablesen, dass die<br />

Sonntagsmesse zunehmend an Bedeutung<br />

verliert, dass man die Beichte nicht mehr<br />

für notwendig hält, und die hl. Kommunion<br />

allzu selbstverständlich empfängt, dass man<br />

schließlich der Kirche, wenn einen irgendetwas<br />

ärgert, sogleich den Rücken zukehrt.<br />

„Geht hin!“, sagt Jesus. Wer aber geht auf<br />

andere zu, um sie etwas von der Freude des<br />

Glaubens spüren zu lassen? Die Kirche ist<br />

von ihrem Wesen her missionarisch und sie<br />

muss ihren missionarischen Auftrag erfüllen,<br />

wenn sie Kirche sein und bleiben will (vgl.<br />

Mt 28,18-19; Mk 16,15).<br />

Dazu kommt, dass der Glaube nicht das<br />

Produkt Europas ist, das von uns hervorgebracht<br />

worden wäre. Der Augenblick, in<br />

dem der hl. Bonifatius die Donareiche fällte,<br />

bleibt das denkwürdige Zeichen dafür, dass<br />

der christliche Glaube nicht unser Eigentum<br />

ist. Wir alle sind, wie der Apostel Paulus<br />

sagt, Zweige vom wilden Ölbaum, die in<br />

den heiligen Ölbaum Israels eingepflanzt<br />

werden mussten, um Frucht zu tragen (vgl.<br />

Röm 11,17). Nur in solcher Reinigung und<br />

Verwandlung unserer selbst können wir<br />

unsere Identität gewinnen und gute Früchte<br />

hervorbringen.<br />

Der christliche Glaube hat uns nicht uns<br />

selbst entfremdet. Vielmehr hat er dem europäischen<br />

Geist sein Größtes abgerungen.<br />

Die Beschneidung, die der Glaube immer ist,<br />

ist in Wahrheit auch Befruchtung. Wo immer<br />

sich unsere Völker dieser Verwandlung<br />

durch den Glauben widersetzten, haben<br />

sie ihre geistige und geistliche Größe verloren.<br />

Die christliche Botschaft zerstört die<br />

humanen Werte der Völker nicht, sondern<br />

nimmt sie auf, reinigt sie und bringt sie zur<br />

vollen Blüte. So stammt von Papst Paul VI.<br />

das Wort: „Wohin das Evangelium gelangt,<br />

dahin gelangt auch die Nächstenliebe.“ Wir<br />

wissen heute, wie zerstörerisch es ist, nur<br />

Technologien in fremde Kulturen hineinzutragen.<br />

Es ist auch fragwürdig, anderen<br />

Völkern politische und soziale Konzepte<br />

überstülpen zu wollen. Hilfreich für die<br />

Völker ist nicht der Hochmut, der unsere<br />

Rezepte verordnet. Hilfreich ist nur die Kraft<br />

der Sinngebung, die keinen Bruch mit der<br />

Vergangenheit herbeiführt, sondern die Fähigkeit<br />

vermittelt, einen eigenen Weg in die<br />

Zukunft zu bauen.<br />

„Wohin das Evangelium gelangt, dahin<br />

gelangt auch die Nächstenliebe.“ Viele<br />

8 Nr. <strong>171</strong><br />

Jahrzehnte ist Mutter Teresa von Kalkutta<br />

unübersehbar vor die Welt hingetreten.<br />

Die Gründerin der „Missionarinnen der<br />

Nächstenliebe“ hat europäische Kolonisierungsideen<br />

hinter sich gelassen, um ganz<br />

für die Armen da zu sein. Als sie mit ihren<br />

Mitschwestern in den Jemen und nach<br />

Äthiopien gerufen wurde, machte sie zur<br />

Bedingung, dort den Tabernakel aufstellen<br />

zu dürfen. Sie wusste ganz genau, dass nur<br />

in der Gegenwart Christi jene Gesinnung<br />

erwachen kann, die soziale Gerechtigkeit<br />

herbeiführt.<br />

Der Glaube, der Menschen wie Mutter<br />

Teresa und viele andere geprägt hat, ist<br />

wahr. Der Glaube, der eine solche Liebe<br />

hervorruft, ist gut. Missionarinnen wie<br />

Mutter Teresa haben gelebt und gearbeitet<br />

an vielen Orten der Welt. Diese<br />

Menschen sind das kostbarste Gut, das<br />

Europa anderen Völkern geschenkt hat.<br />

Sie sind der einzige Ausgleich für so viel<br />

Böses, was von unserem Kontinent ausgegangen<br />

ist und heute noch ausgeht.<br />

Solche Menschen sind eine Gabe, auf die<br />

die Welt wartet. Sie sind weise und gütig<br />

geworden, weil der Glaube an Christus<br />

sie geformt und getragen hat. Deshalb<br />

ist die Annahme des Glaubens und der<br />

Reinigung des Glaubens der größte Dienst,<br />

den wir der Menschheit schuldig sind. Um<br />

Christus anderen zu bringen, müssen wir<br />

selbst von Christus, dem Erlöser, Ergriffene<br />

sein. Man darf die Menschen nicht<br />

um Gott betrügen. Wir dürfen der Welt<br />

nicht verschweigen, was wir von Gott<br />

wissen und was wir von ihm empfangen<br />

haben. An diesen Anspruch erinnert uns<br />

der Weltmissionssonntag.<br />

Was das 2. Vatikanische Konzil verabschiedet hat<br />

Das Zweite Vatikanische Konzil verabschiedete vier Konstitutionen, neun Dekrete und drei Erklärungen. Rein formell kann man<br />

zwar zwischen diesen drei Kategorien eine Unterscheidung treffen. Man kann diese verschiedenen Dokumente der Form nach<br />

unterscheiden, aber man darf keinen Unterschied in der Verbindlichkeit des Inhalts der Dokumente machen.<br />

Vieles legt uns der Papst für das neue Arbeitsjahr<br />

vor. Es ist das Jahr des Glaubens,<br />

das der Neuevangelisierung einen wichtigen<br />

Impuls geben soll. Zunächst ist das Jahr des<br />

Glaubens eine Einladung, sich mit dem eigenen<br />

Glauben intensiver zu beschäftigen,<br />

damit wir unseren Glauben immer tiefer<br />

verstehen können. Es ist gut, wenn wir<br />

verstärkt über den Glauben reden, aber es<br />

muss klar sein, dass die Lehre der Kirche nicht<br />

zur Disposition steht. Zugleich ist es wichtig,<br />

dass wir über die innere und tiefgründige<br />

<strong>St</strong>ruktur des Glaubens nachdenken. Mit einigen<br />

Überlegungen wollen wir grundlegende<br />

Bestandteile des Glaubensaktes, der ein so<br />

wesentlicher Akt des menschlichen Daseins<br />

ist, offen legen. Es war der dänische Philosoph<br />

Sören Kierkegaard, der in seiner Schrift<br />

„Furcht und Zittern“ (1843) das Großartige des<br />

Glaubens formuliert hat, als er sagte: In der<br />

Tat ist „der Glaube die höchste Leidenschaft<br />

im Menschen. Vermutlich gibt es in jeder<br />

Generation zahlreiche Menschen, die nicht<br />

dorthin kommen, aber keiner vermag darüber<br />

hinauszugehen.“ Es ist die Grandiosität des<br />

Glaubens als der Gipfel der menschlichen<br />

„Leidenschaften“, bzw. als völlige Hingabe<br />

Das Jahr des Glaubens (1)<br />

naCHDEnKEn üBEr<br />

DIE <strong>St</strong>ruKtur DES<br />

GlauBEnS<br />

an die Suche nach dem höchsten Gipfel der<br />

Wahrheit. Dramatisch ist der Weg des Glaubens,<br />

wenn man auf Abraham stößt, der<br />

den Berg Morija bestiegen hat, um dort den<br />

göttlichen Befehl auszuführen (Gen 22,2) und<br />

seinen Sohn als Brandopfer darzubringen.<br />

Der Glaube stellt einen radikalen Anspruch,<br />

der die ganze Existenz betrifft. So radikal der<br />

Glaube einerseits ist, so sehr ist er mitunter<br />

zahllosen Fälschungen ausgesetzt. Menschen<br />

richten sich den Glauben, wie es ihnen nützt,<br />

und oft möchten sie den Glauben nach ihrem<br />

Geschmack ausrichten und vereinfachen.<br />

Und Karl Marx hat sarkastisch in der „Kritik<br />

der Hegelschen Rechtsphilosophie“ (1843)<br />

von der Religion als „Opium für das Volk“<br />

gesprochen. Mehr nicht als ein wohltuendes<br />

Betäubungsmittel sollte es sein, das Machthaber<br />

einsetzen, um alle Rufe nach Reformen,<br />

nach Gerechtigkeit, jede Form des Aufbegehrens<br />

gegen die Unterdrückung im Keim zu<br />

ersticken. Neben der Oberflächlichkeit gibt es<br />

aber auch den Fanatismus, wo der Buchstabe<br />

des Glaubens allen durch einen Fundamentalismus<br />

aufgezwungen wird, der den Geist tötet<br />

(2 Kor 3,6). Trotzdem begeistert der Glaube<br />

immer noch die Herzen der Menschen. Auch<br />

wenn heute vielfach über dieses Thema nicht<br />

gesprochen wird, weil es dem einen peinlich<br />

ist und dem andern unpassend vorkommt,<br />

lässt es sich nicht zum Schweigen bringen.<br />

Es taucht in Augenblicken der <strong>St</strong>ille, zu Zeiten<br />

der Auseinandersetzung und des Schmerzes,<br />

an Festtagen auf, immer unversehens und<br />

vielleicht ohne endgültige Antwort. Deshalb<br />

hat der englische Schriftsteller Gilbert K. Chesterton<br />

zu Recht gesagt, als er in seinem Essay<br />

„Orthodoxie“ (1908) betonte, dass es nicht<br />

wahr ist, dass der Mensch heute, nach der<br />

Abkehr vom Glauben an Gott, an gar nichts<br />

mehr glaubt. Er glaubt mittlerweile an alles,<br />

und die Zunahme an Magiern, „Meistern“,<br />

Wahrsagern, Esoterik und anderen geistigen<br />

Scharlatanerien, die gerne Botschaft, Askese<br />

und Diät, Spiritualität und Magie verbinden,<br />

ist dafür der beste Beweis.<br />

Wer die Wahrheit liebt, geht keine Kompromisse mit denen ein, die mächtig sind,<br />

und er tritt mit unbequemen Worten denen entgegen, die den falschen Weg gehen.<br />

Papst Benedikt auf den Spuren des Konzils<br />

Es war ein kurzer, aber besonderer Besuch am 9. Juli <strong>2012</strong>: Papst Benedikt war bei den <strong>St</strong>eyler Missionaren in Nemi zu Gast. Dort hatte<br />

der heutige Papst 1965 als junger Theologe und Berater des Kölner Kardinals Josef Frings an einem Entwurf für das Konzilsdokument<br />

über die Mission mitgewirkt. Das Dekret Ad Gentes, das dabei entstand, habe die Notwendigkeit verdeutlicht, allen das Licht der Liebe<br />

Gottes zu bringen und mit neuer Freude das Evangelium zu verkünden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, wenn man erfährt,<br />

dass heute noch etwa dreißig Teilnehmer am Zweiten Vatikanischen Konzil leben, darunter sowohl Konzilsväter als auch Experten.<br />

September <strong>2012</strong> 9

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