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DSS-Heft 80-2006

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umfangreichen Sammelband Ergebnisse ihrer Arbeit vor. 18 Ein weiterer in<br />

Vorbereitung befindlicher Band wird die Tätigkeit der Arbeitsgruppe im Zeitraum<br />

ab etwa 2000 bis in die jüngste Zeit dokumentieren.<br />

Es ist nunmehr geboten, einige Überlegungen zum Verhältnis von Erinnerungen<br />

und geschichtswissenschaftlichen Untersuchungen und Darstellungen<br />

zu äußern. Erinnerungen beruhen auf individuellen Wahrnehmungen, wobei<br />

das Blickfeld durch Funktion und Verantwortungsbereich bestimmt ist. So<br />

versteht es sich von selbst, dass beispielsweise der Chef einer Teilstreitkraft<br />

der NVA einen größeren Erinnerungshorizont hat als etwa ein Regimentskommandeur.<br />

Der Historiker arbeitet mit schriftlichen Überlieferungen, wobei<br />

er, die Gebote der Quellenkritik beachtend, Interdependenzen aufdeckt,<br />

Vorgänge und Ereignisse bewertet und in größere Zusammenhänge einordnet,<br />

die dem Blick des Einzelnen, der Erinnerungen schreibt, oftmals verborgen<br />

bleiben.<br />

Der Wert von Interviews, Befragungen und Erinnerungen für die geschichtswissenschaftliche<br />

Arbeit ist heute allgemein anerkannt. Das betrifft vorwiegend<br />

solche Bereiche, zu denen schriftliche Überlieferungen fehlen. Außerdem<br />

bieten sie nicht selten eine wichtige Ergänzung zum Aktenbestand, geben<br />

Denkanstöße für das Aufdecken von Motiven der handelnden Personen<br />

und sind hilfreich für die Quellenkritik. Andererseits ist dem Historiker angeraten,<br />

Wahrnehmungen und Erinnerungen Einzelner sorgfältig miteinander<br />

zu vergleichen und sie in die von ihm aufgedeckten Zusammenhänge einzuordnen.<br />

Das gilt auch für die meisten Beiträge, die in den oben genannten<br />

Sammelbänden zusammengefasst sind, denen es in der Regel an quellengestützter<br />

Beweisführung mangelte und von denen sich nicht wenige als Rechtfertigungsschriften<br />

apologetischen Charakters erweisen.<br />

Auch die Autoren von in jüngster Zeit publizierten Erinnerungen nehmen die<br />

mittlerweile vorliegenden Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen<br />

oftmals nicht zur Kenntnis. Während den Zeithistorikern vorgeworfen wird,<br />

sie würden sich politischer Vorgaben gemäß einseitig mit dem Beziehungsgefüge<br />

der Streitkräfte unter den Bedingungen des Kalten Krieges auseinandersetzen,<br />

nehmen manche Zeitzeugen als selbsternannte Historiker für sich in<br />

Anspruch, die tatsächlichen Vorgänge und Handlungen in der Geschichte der<br />

NVA wahrheitsgemäß zu beschreiben, womit wir wieder beim einzig wahren Geschichtsbild<br />

angelangt wären.<br />

18 Siehe Was war die NVA? Studien – Analysen – Berichte, Zur Geschichte der Nationalen<br />

Volksarmee. Hrsg.: Arbeitsgruppe Geschichte der NVA und Integration ehemaliger<br />

NVA-Angehöriger in Gesellschaft und Bundeswehr beim Landesverband Ost<br />

des DBwV, Berlin 2001.

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