DSS-Heft 80-2006
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18<br />
Gefüge der NVA hatten, was Dienstauffassung, Ordnung und Disziplin betreffen.<br />
Die konkreten Zahlen sind Beleg dafür, dass in der NVA, im Unterschied zur<br />
Bundeswehr, in der alle 44 neu ernannten Generale bereits in der Wehrmacht<br />
Generalsränge bekleidet und maßgeblichen Einfluss auf Aufstellung und Ausrichtung<br />
der Bundeswehr hatten, Profil und Ausrichtung von den durch die<br />
Sowjets unterstützten Altkommunisten bestimmt worden sind. Von den 29<br />
Generalen und Admiralen, denen führende Funktionen beim Aufbau der<br />
NVA übertragen wurden, hatten fast alle auf diese oder jene Weise am antifaschistischen<br />
Widerstand teilgenommen, sei es in Deutschland selbst, als Interbrigadist<br />
in Spanien oder in den Reihen des Nationalkomitees Freies<br />
Deutschland.<br />
Sie trugen die Erfahrungen des antifaschistischen Kampfes in die Reihen der<br />
NVA und waren besorgt darüber, dass in der Bundeswehr ehemalige Generale<br />
der Wehrmacht die Marschrichtung angaben. Eine vergleichende Analyse<br />
mit der Militärelite der Bundeswehr, die nach Ehlert und Wagner anzustreben<br />
sei und „auf den Stellenwert des Militärs in beiden Gesellschaften, aber auch<br />
auf Soldatenbilder und Kriegsvorstellungen im Zeitalter des atomaren Vernichtungskrieges<br />
zielen“ 35 sollte, könnte durchaus auch eine Bewertung des<br />
Umgangs beider deutscher Armeen mit dem Erbe der Wehrmacht und dem<br />
militärischen Widerstand umfassen. 36<br />
Über die genannten Publikationen und nicht erwähnten Monographien hinausgehend,<br />
überraschte der damals von Hans Ehlert geleitete noch junge<br />
Forschungsbereich des MGFA durch viel beachtete wissenschaftliche Veranstaltungen,<br />
die inzwischen in der Reihe Militärgeschichte der DDR dokumentiert<br />
sind. 37 Mutig wurden mit einem Zeitzeugenforum im September 2000 neue<br />
Wege beschritten, um neben dem Zugriff auf schriftliche Überlieferungen<br />
auch die persönliche Erfahrungsebene wichtiger Akteure beider Seiten der<br />
wissenschaftlichen Bewertung zu erschließen und zu sichern. Zu den Teilnehmern<br />
zählten ehemalige Minister, Staatssekretäre, frühere Botschafter in<br />
Moskau und Washington sowie hohe und höchste Generale sowie Admirale<br />
und Offiziere a.D. der NVA und der Bundeswehr. Angeregt durch gezielte,<br />
gut durchdachte Fragen der Wissenschaftler des MGFA, die als Moderatoren<br />
35<br />
Ebenda, S. 19.<br />
36<br />
Siehe auch D. Bald, Die Bundeswehr, Eine kritische Geschichte 1955 - 2005, München 2005,<br />
S. 138 ff.<br />
37<br />
Siehe H. Ehlert (Hrsg.), Armee ohne Zukunft, Das Ende der NVA und die deutsche Einheit,<br />
Zeitzeugenberichte und Dokumente, Berlin 2002, Militärgeschichte der DDR, Bd. 3.