DBK-Leitfaden (Page 58) - DBK-SBBK-CSFP-CRFP

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1.4 Gesetzliche Grundlagen Bundesgesetz über die Berufsbildung (BBG) vom 13. Dezember 2002 Art.18 Berücksichtigung individueller Bedürfnisse 2. Der Bundesrat erlässt besondere Bestimmungen über die fachkundige individuelle Begleitung von Personen mit Lernschwierigkeiten in zweijährigen beruflichen Grundbildungen. 3. Der Bund kann die fachkundige individuelle Begleitung fördern. Verordnung über die Berufsbildung (BBV) vom 19. November 2003 Art. 10 Besondere Anforderungen an die zweijährige Grundbildung 1. Die zweijährige Grundbildung vermittelt im Vergleich zu den drei- und vierjährigen Grundbildungen spezifische und einfachere berufliche Qualifikationen. Sie trägt den individuellen Voraussetzungen der Lernenden mit einem besonders differenzierten Lernangebot und angepasster Didaktik Rechnung. 4. Ist der Bildungserfolg gefährdet, so entscheidet die kantonale Behörde nach Anhörung der lernenden Person und der Anbieter der Bildung über eine fachkundige individuelle Begleitung. 5. Die fachkundige individuelle Begleitung umfasst nicht nur schulische, sondern sämtliche bildungsrelevanten Aspekte im Umfeld der lernenden Person. Art. 40 Berufsbildungsverantwortliche in der beruflichen Grundbildung 1. Wer eine praktische oder schulische Lehrtätigkeit in der beruflichen Grundbildung ausübt, verfügt über eine Bildung, die den Mindestanforderungen nach den Art. 44–47 dieser Verordnung entspricht. ... 4. Für die Bildung in bestimmten Berufen können über die Mindestanforderungen nach dieser Verordnung hinausgehende Anforderungen aufgestellt werden. Diese sind in den massgebenden Bildungsverordnungen festgelegt. Ausgangslage 7
8 2 Zielgruppe: Personen mit Lernschwierigkeiten Zielgruppe: Personen mit Lernschwierigkeiten Das ab 2004 gültige Berufsbildungsgesetz sieht für die zweijährige berufliche Grundbildung eine „fachkundige individuelle Begleitung von Personen mit Lernschwierigkeiten“ vor (BBG Art. 19, Abs. 2). Wir werden an diesem gesetzlich verankerten Begriff festhalten, möchten aber in diesem zweiten Kapitel aufzeigen, dass „Lernschwierigkeiten“ aus pädagogischer Sicht ein wenig ergiebiger Terminus ist, da er ein statisches Persönlichkeitsmerkmal bezeichnet. 2.1 Lernschwierigkeiten als Lernhemmungen verstehen Der Begriff „Personen mit Lernschwierigkeiten“ legt nahe, dass Personen entweder Lernschwierigkeiten haben oder sie haben keine. Die Lernschwierigkeit wird dadurch zu einer Eigenschaft der Person. Mit dem Blick auf Entwicklungsoptionen könnte man dann die Fragen stellen: Hat jemand Lernschwierigkeiten als persönliche Eigenschaft – und ist das ein unabänderlicher Tatbestand? Oder kann man sich der Lernschwierigkeiten entledigen und heisst das, dass man diese ein für allemal überwunden hat? Oder ist es nur so, dass gewisse Menschen häufig den Zustand wechseln, das heisst Träger, Nichtträger, erneute Träger von Lernschwierigkeiten sind? In dieser zugegebenerweise leicht absurden Zuspitzung wird eines klar: Lernschwierigkeiten als personale Eigenschaft aufzufassen ist allenfalls ein geeigneter Ansatz, um wissenschaftliche Kategorien abzuleiten mit dem Ziel zu systematisieren, z.B. nach Ursachen, nach Schwere, nach Behandlungskonzepten usw. Er führt aber kaum zu Erkenntnissen, die dazu dienen, im Laufe einer befristeten Ausbildungszeit den Lernerfolg zu steigern. Auch in der Heilpädagogik hat ein lange, international geführte Diskussion rund um die Revision der Klassifikationen bei den Behinderungen zur Einsicht geführt, dass man Lernschwierigkeiten «nicht als stabile Eigenschaft der betroffenen Person sehen will, sondern als Umschreibung einer Situation, in welcher sich die Funktionsfähigkeit und Behinderung eines Menschen manifestiert» 2 . Analog dieser Entwicklung und mit der folgenden Begründung sprechen wir von Lernhemmungen statt von Lernschwierigkeiten. Die Ursachen von „Lernschwierigkeiten“ können grundsätzlich in den gestellten Anforderungen bzw. den erwarteten Leistungen liegen als auch in den noch zu wenig ausgebildeten Kompetenzen der Lernenden. Statt auf die lernende Person zu zielen, der als Symptomträger im Unterschied zu „Normalbegabten“ ein Makel anhaftet, soll der Prozess des (misslungenen) Lernens ins Zentrum gerückt werden. Diese pädagogisch fruchtbarere Betrachtungsweise richtet das Augenmerk auf die Folgen der fehlenden Übereinstimmung zwischen gesellschaftlichen Lern- und Leistungsansprüchen und individuellem Leistungsstand. Zwar ist nach dem Kognitionspsychologen Wygotsky Lernen in der „Zone der nächsten Entwicklung“ günstig für die intellektuelle Entwicklung. Das heisst Lernen an „Aufgabestellungen, die die Lernenden allein noch nicht bewältigen können, sondern auf Anleitung und Unterstützung von kompetenteren Erwachsenen oder Peers angewiesen sind“ 3 . Wenn das Mass der „Überforderung“ nicht sehr sorgfältig und die Balance zwischen selbstgesteuertem und angeleitetem Lernen nicht optimal gefunden werden, öffnet sich hier eine wahre Produktionsstätte von Lernhemmungen. Damit rückt die pädagogische Diagnostik und die daran anknüpfende Didaktik ins Blickfeld (vgl. unten „Ursachen im Unterricht“). 2 Hollenweger J. 2003 3 Scharnhorst U. 2003
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