Oktober - Kantonaler Gewerbeverband Zürich
Oktober - Kantonaler Gewerbeverband Zürich
Oktober - Kantonaler Gewerbeverband Zürich
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wahlen 2011: Standpunkte der KGV-Spitzenkandidaten<br />
Ein Ständerat für das Unternehmertum<br />
Martin Arnold<br />
Christoph Blocher ist eine prägende und charismatische Figur sowohl für die SVP wie auch für die<br />
schweizerische Politik. An seinen pointierten Äusserungen scheiden sich oftmals die Geister.<br />
Er stellt sich zur Wahl in den Ständerat und hier den Fragen der «Zürcher Wirtschaft».<br />
Der Kantonale <strong>Gewerbeverband</strong> unterstützt<br />
Sie für die kommenden Ständeratswahlen.<br />
Was bedeutet diese Unterstützung<br />
für Sie?<br />
Man sieht daran, dass der <strong>Gewerbeverband</strong><br />
erkannt hat, dass ein Ständerat,<br />
der sich konsequent für das Unternehmertum<br />
einsetzt, wichtig ist. Ich war selber<br />
immer Unternehmer und habe auch<br />
meine politische Arbeit daran ausgerichtet.<br />
Der <strong>Gewerbeverband</strong> vertritt die<br />
KMU, das ist die Substanz in unserem<br />
Land. Wir haben wenige grosse Betriebe,<br />
die sind wichtig, aber die vielen kleinen<br />
Betriebe brauchen vor allem mehr Freiheit,<br />
weniger staatliche Intervention und<br />
weniger Abgaben, Gebühren und Steuern.<br />
Das ist auch mein Programm.<br />
Dann können wir von einem Ständerat<br />
Blocher erwarten, dass er sich für<br />
mehr Freiheit für Unternehmer, das<br />
Gewerbe einsetzen würde?<br />
Da besteht kein Zweifel, ich habe nie<br />
anders politisiert. Auch als Bundesrat<br />
habe ich immer in diese Richtung gewirkt,<br />
leider bin ich damit aber nicht immer<br />
durchgekommen.<br />
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen<br />
für <strong>Zürich</strong>, für die Schweiz?<br />
Wir müssen sehen, dass das Gewerbe<br />
am stärksten betroffen wäre, wenn wir<br />
die Selbstständigkeit der Schweiz aufgäben.<br />
Wenn wir in die EU gehen würden,<br />
dann käme das Gewerbe zuerst<br />
«unter die Räder». Weiter sehen wir,<br />
wohin die Personenfreizügigkeit – gerade<br />
für das Gewerbe – geführt hat. Wir<br />
sind eine Preisinsel in der Schweiz.<br />
Und schon kommt die Forderung, die<br />
Grenzen zu öffnen und den freien Wettbewerb<br />
zuzulassen. Das kann man<br />
aber nur tun, wenn die Voraussetzungen<br />
gleich sind. Wenn ich aber den<br />
Schreiner aus dem EU-Raum sehe, der<br />
für 28 Franken in der Stunde arbeitet<br />
und sich als «Selbstständigerwerben-<br />
Es soll nicht Geld verteilt werden – der Staat muss weniger davon nehmen!<br />
der» deklariert, dann sind die Spiesse<br />
im Wettbewerb nicht gleich lang. Ein<br />
Schweizer Anbieter kommt mit diesem<br />
Stundenlohn nicht durch. Dafür sind<br />
die Kosten hier zu hoch. Wir müssen<br />
unsere Eigenständigkeit bewahren. Für<br />
<strong>Zürich</strong> fallen die Abgaben an den Bund<br />
ins Gewicht – mittlerweile zahlen wir<br />
einen Viertel der Bundeseinnahmen.<br />
Aber wir bekommen wenig zurück von<br />
diesem Geld, das meiste geht in andere<br />
Gebiete. Es gibt Regionen, die<br />
sehr grosszügig<br />
erschlossen sind<br />
mit Autobahnen.<br />
Im Jura zum Beispiel<br />
könnte man vereinsamen auf der<br />
Autobahn. Und in <strong>Zürich</strong> staut sich der<br />
Verkehr jeden Tag, weil die Prioritäten<br />
nicht richtig gesetzt sind. Dafür werde<br />
ich mich einsetzen. Aber auch beim<br />
Flughafen werde ich mich für eine Einigung<br />
mit Deutschland stark machen,<br />
die auch uns dient.<br />
Stichwort Flughafen: Er gibt immer<br />
wieder zu Diskussionen Anlass. Wie<br />
28 www.kgv.ch – 13. <strong>Oktober</strong> 2011 – 10/2011<br />
«Die Kernenergie einzustellen,<br />
bevor eine wirkliche Alternative<br />
zur Verfügung steht, ist falsch.»<br />
wichtig stufen Sie diese Infrastruktur<br />
ein?<br />
Ein funktionierender Flughafen ist sehr<br />
wichtig – vor allem für ein Land, das<br />
einen kleinen Binnenmarkt hat, in welchem<br />
man gerade auch wirtschaftlich<br />
auf gute Verbindungen in die Zentren<br />
der Wirtschaft angewiesen ist. Aber wir<br />
müssen sehen, dass der Flughafen<br />
eigentlich ungünstig liegt, mitten in der<br />
Agglomeration <strong>Zürich</strong>. Das stört viele<br />
Leute. Die ursprüngliche Nordausrich-<br />
tung wollen ein<br />
paar Gemeinden in<br />
Süddeutschland<br />
umkehren. Betroffen<br />
wären die am dichtesten besiedelten<br />
Gebiete der Schweiz. In dieser Frage<br />
müssen wir uns durchsetzen. Und wir<br />
sollten den Flughafen in seinem Betrieb<br />
nicht künstlich behindern.<br />
Der Franken ist in unglaubliche Höhen<br />
gestiegen, und die Schweizer Wirtschaft<br />
leidet darunter. Welche Massnahmen<br />
müssten Ihrer Meinung nach<br />
ergriffen werden?<br />
Bei einer übertriebenen Frankenstärke,<br />
zum Beispiel bei einem Wechselkurs<br />
von 1:1, sind die Auswirkungen katastrophal.<br />
Darum ist es wichtig und richtig,<br />
dass die Nationalbank den Kurs verteidigt.<br />
Und das kann sie auch, sie hat<br />
die Mittel dafür. Aber unter der rasant<br />
gestiegenen Frankenstärke leidet nicht<br />
nur der Export, es leiden alle, weil auch<br />
die Binnenwirtschaft damit verknüpft<br />
ist. Man kann das Problem also nicht<br />
auf die Exportindustrie beschränken, in<br />
der Wertschöpfungskette sind alle betroffen.<br />
Auch Schweizer Zulieferer leiden<br />
unter den günstigeren Bedingungen<br />
im EU-Raum, ihre Produkte sind<br />
aufgrund des Wechselkurses heute im<br />
Vergleich zu teuer.<br />
Sollen einzelne Branchen gezielt mit<br />
Beiträgen unterstützt werden?<br />
Nein, es muss nicht Geld verteilt werden,<br />
sondern der Staat muss weniger<br />
davon nehmen. Die Unternehmen sind<br />
gehalten, die Kosten zu senken, das<br />
Gleiche soll auch der Staat tun. Das<br />
Potenzial bei der öffentlichen Hand zugunsten<br />
der Wirtschaft ist hier enorm.<br />
Nehmen Sie als Beispiel den Transport:<br />
er wird durch die LSVA, die CO 2-Abgabe<br />
und die Steuern auf Treibstoffen künstlich<br />
verteuert. Das schwächt die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Schweiz.<br />
Die künftige Energieversorgung ist<br />
in Frage gestellt – welchen Weg würden<br />
Sie einschlagen?<br />
Jetzt zu sagen, man stelle die Produktion<br />
von Kernenergie ein, bevor eine<br />
wirkliche Alternative zur Verfügung<br />
steht, ist falsch. Damit laufen wir Gefahr,<br />
auch in diesem Bereich die Kosten<br />
unnötig zu steigern. Das schwächt den<br />
Wirtschafts- und Produktionsstandort<br />
Schweiz.<br />
Wen würden Sie am liebsten neben<br />
sich im Stöckli haben?<br />
Das ist klar: jene Person, welche die<br />
Schweiz stärkt und nicht schwächt.<br />
Da steht uns natürlich der Kandidat der<br />
Freisinnigen, Felix Gutzwiller, am<br />
nächsten. Ich kann nicht verstehen,<br />
dass wir im Ständeratswahlkampf nicht<br />
gemeinsam antreten konnten. Nun<br />
treten aus praktisch allen Parteien Kandidaten<br />
alleine an – dieser Entscheid<br />
war wohl etwas kurzsichtig.<br />
Herr Blocher, vielen Dank für dieses<br />
Gespräch. h