Nr. 2-03 - Gruner AG
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Mensch und Mobilität<br />
Eine Herausforderung<br />
für Ingenieure und Planer<br />
Hansjörg Frey<br />
Dipl. Ing. ETH<br />
Geschäftsleiter<br />
Frey Strub <strong>AG</strong>, Olten<br />
14 mailing. 2-<strong>03</strong><br />
Wie positionieren sich Ingenieure und<br />
Planer im Spannungsfeld zwischen<br />
«Vision/Mobilität/Wachstum» und «Normen/Mensch/Gesellschaft»?<br />
Welche<br />
realisierbaren Lösungen können sie dazu<br />
anbieten?<br />
Seit Menschengedenken<br />
sind wir unterwegs<br />
Des Menschen Mobilität ermöglicht<br />
diesem von jeher, seine ureigenen<br />
Bedürfnisse zu erfüllen. Waren es<br />
frühgeschichtlich vorab Motive des<br />
Erhalts von Leben und Fortbestand,<br />
sind es heute andere Bedürfnisse und<br />
Interessen, welche uns unablässig<br />
auf dem Weg antreiben. Trotz den<br />
heute gegenüber früher wesentlich<br />
veränderten Lebensbedingungen<br />
bleiben Grad und der für die Mobilität<br />
verwendete Zeitaufwand eigentlich<br />
gleich. Wir bewegen uns laufend<br />
schneller und legen damit längere<br />
Wege zurück.<br />
> Ist die Vision «Mobilität ohne<br />
Wachstum» eine realistische Grösse?<br />
Technik erhöht Mobilität<br />
Während bis zur Jungsteinzeit die<br />
Menschen stetig als Sammler und<br />
Jäger zu Fuss unterwegs waren,<br />
haben spätere Entwicklungen die<br />
Menschen sesshaft gemacht. Damit<br />
war aber der Wunsch und Wille nach<br />
dem Sichfortbewegen keineswegs<br />
erloschen. Mit dem Bau von Städten<br />
und Dörfern begannen sie Güter auszutauschen.<br />
Verkehrswege entstanden,<br />
Transportgeräte wurden konstruiert<br />
und Tiere durch geeignete Dressur<br />
verfügbar gemacht. Heute haben wir<br />
für jeden Bedarf praktisch unbegrenzte<br />
technische Voraussetzungen.<br />
Interessant ist, dass der Mensch von<br />
jeher für seine Mobilität täglich etwa<br />
eine bis anderthalb Stunden aufwendet.<br />
Während man früher fünf bis acht<br />
Kilometer zurücklegen konnte, sind es<br />
heute jeden Tag in der Schweiz durchschnittlich<br />
etwa 38 Kilometer. Im<br />
innereuropäischen Flugverkehr werden<br />
heute etwa 70% aller Flugreisen<br />
als Tagesreisen, d.h. am gleichen Tag<br />
hin und zurück, ausgeführt. Die Folgen<br />
sind uns allen bekannt.<br />
> Welche Entwicklungen sind beeinflussbar?<br />
Mit welchen Normen können<br />
wir Trends in die gewünschte<br />
Richtung lenken?<br />
Mobilität beeinflusst<br />
Gesellschaftsform<br />
Der Fussmarsch als alleinige Form<br />
menschlicher Fortbewegung limitierte<br />
in früheren Zeiten die zurückgelegten<br />
Distanzen. Damit war es den Herrschenden<br />
mit ihren Pferden gut möglich,<br />
ihre wenig mobilen Untertanen<br />
bei Bedarf einzusammeln und so relativ<br />
einfach zu kontrollieren. Mit verbesserter<br />
Mobilität haben sich die<br />
Gesellschaftsformen und politischen<br />
Systeme laufend verändert.<br />
Dazu gehört auch die heutige Möglichkeit,<br />
Informationen unkontrollierbar<br />
auszutauschen bzw. in jede Ecke<br />
der Welt hineinzuschauen.<br />
> Ist «Big Brother is watching you»<br />
bereits Realität oder lassen sich<br />
Visionen und Normen mit gegensätzlicher<br />
Stossrichtung finden?<br />
Freizeit generiert Mobilität<br />
Die generell kürzere Arbeitszeit hat zu<br />
einer Zunahme der Freizeitmobilität<br />
geführt. Im Vergleich zu den 80er-Jahren<br />
ist der entsprechende Zeitaufwand<br />
um zehn Minuten auf nunmehr<br />
täglich fünfzig Minuten gestiegen. Es<br />
erstaunt deshalb nicht, dass heute<br />
über fünfzig Prozent des individuellen<br />
Verkehrsaufkommens auf den motorisierten<br />
Freizeitverkehr entfallen. Der<br />
Trend weiter aufwärts scheint auch<br />
heute nicht gebrochen.<br />
> Welche Visionen führen zu neuen<br />
Lösungsansätzen? Wie können wir<br />
diese Lösungen unseren Mitmenschen<br />
überzeugend darlegen?<br />
Il suffit de survoler les diverses époques de<br />
notre histoire pour constater et démontrer<br />
une étroite interaction entre l’homme et sa<br />
mobilité. Le fait que – malgré ses possibilités<br />
de communication apparemment illimitées –<br />
l’homme souhaite (toujours encore) se déplacer<br />
davantage est presque aussi une loi fondamentale.<br />
Ceci constituera un défi aussi<br />
exceptionnel qu’intéressant pour nous en qualité<br />
d’ingénieur(e)s et de planificateur(-trice)s.<br />
Herausforderung für Gesellschaft<br />
und Ingenieure und<br />
Planer<br />
Die enge Wechselwirkung zwischen<br />
Mensch und Mobilität ist in allen<br />
Geschichtsepochen nachgewiesen.<br />
Nicht bestritten ist auch, dass die<br />
Menschen trotz scheinbar unbegrenzten<br />
Kommunikationsmöglichkeiten sich<br />
weiterhin verstärkt bewegen wollen.<br />
Diese Entwicklung im Spannungsfeld<br />
zwischen einer solchen «Mobilitätsvision»<br />
und einem Normensystem wird<br />
uns Ingenieure und Planer extrem<br />
fordern und ruft nach nachvollziehbaren<br />
und überzeugenden Lösungen.<br />
mailing. 2-<strong>03</strong> 15