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Die Aussenbeziehungen der Europäischen Union. Hegemonialer ...

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Liberalisierungspolitik in <strong>der</strong> Krise?<br />

<strong>Die</strong> Durchsetzung des Neoliberalismus innerhalb des herrschenden gesellschaftlichen Blocks in <strong>der</strong><br />

EU lässt sich beispielhaft am European Round Table of Industrialists (ERT) verdeutlichen. Der<br />

ERT ist ein informeller Elitenzirkel, dem Vorstände und Manager aus den bedeutendsten Großkon-<br />

zernen Europas angehören, und eine zentrale Institution für die politische Formierung <strong>der</strong> Interessen<br />

des europäischen Kapitals. Darüber hinaus steht er im Zentrum eines mächtigen Netzwerks mit<br />

Verbindungen zur EU-Kommission, wichtigen Konzernen, nationalen Regierungen und Ministerien<br />

(vgl. van Apeldoorn 2000: 194ff). Er übt seine Macht im Gegensatz zu traditionellen Verbänden<br />

und Mitglie<strong>der</strong>organisationen primär auf ideologischer Ebene aus, indem er das Bewusstsein im<br />

herrschenden Machtblock formt. Am Beispiel des ERT wird deutlich, dass bis Anfang <strong>der</strong> 1990er<br />

Jahre ein Konflikt zwischen eher regional und protektionistisch orientierten Teilen des Kapitals und<br />

den global orientierten Vertretern transnationalisierter Kapitalfraktionen um die strategische Orien-<br />

tierung geführt wurde. Den vorläufigen Endpunkt markiert nach van Apeldoorn die Auseinan<strong>der</strong>-<br />

setzung um die Uruguay-Runde des GATT Ende 1993, in <strong>der</strong> sich die Befürworter weitgehen<strong>der</strong><br />

Liberalisierungsschritte gegen die „Europrotektionisten“ durchsetzen konnten (vgl. van Apeldoorn<br />

2000: 207).<br />

Auch die ohnehin durch die offensive Aufkündigung des fordistischen Korporatismusmodells ge-<br />

schwächten Gewerkschaften konnten zumindest ideologisch im Geiste des Wettbewerbs-<br />

Paradigmas eingebunden werden (vgl. Schulten 2000: 230f). Der sog. „Wettbewerbskorporatismus“<br />

umfasst eine asymmetrische Neuformulierung <strong>der</strong> Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und<br />

Gewerkschaften, bei <strong>der</strong> Lohnzurückhaltung, Arbeitsmarkt-Flexibilisierung, Senkung <strong>der</strong> Sozial-<br />

kosten und Steuerlasten für die Unternehmen dem vagen Versprechen von Beschäftigungssicherung<br />

und -wachstum gegenüber stehen. Durch dieses Arrangement konnte bisher verhin<strong>der</strong>t werden, dass<br />

die Gewerkschaften neoliberale Restrukturierungs-Projekte grundsätzlich in Frage stellten (vgl.<br />

Schulten 2000: 232). Allerdings kann die Einbindung <strong>der</strong> Gewerkschaften kaum als vollständig und<br />

wi<strong>der</strong>spruchsfrei bezeichnet werden. Demnach wächst ihre Akzeptanz zwar regelmäßig in <strong>der</strong> Kri-<br />

se, stellt aber kein dauerhaftes Modell dar, denn die versprochenen Beschäftigungseffekte blieben<br />

im Großen und Ganzen aus (vgl. ebd.: 237f). Um Einfluss auf die EU-Politik zu nehmen, fehlen den<br />

Gewerkschaften aber supranationale Strukturen, die dem Organisationsgrad <strong>der</strong> Kapitaleliten mit<br />

dem daraus folgenden Druckpotential auch nur annähernd vergleichbar wären (vgl. ebd.: 235). Über<br />

die teils brüchige Einbindung <strong>der</strong> gewerkschaftlich organisierten Arbeiterklasse hinaus stellt die<br />

Ausweitung des Aktienbesitzes und die Kapitalisierung <strong>der</strong> Rentensysteme einen weiteren Faktor<br />

<strong>der</strong> Bindung subalterner Klassen an das neoliberale Modell dar (Gill 2003b: 63f). Facharbeiter und

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