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Die Aussenbeziehungen der Europäischen Union. Hegemonialer ...

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Liberalisierungspolitik in <strong>der</strong> Krise?<br />

Landwirtschaft in <strong>der</strong> EU-25 weniger als 2% des BIPs ausmacht, werden für diesen Bereich über<br />

40% des EU-Haushalts aufgewendet (vgl. Europäische Kommission 2010: 7, 18). Das exzeptionelle<br />

Gewicht <strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Agrarproduzenten stellt sich über drei Kanäle her. Auf einer diskursiv-<br />

ideellen Ebene haben Aspekte <strong>der</strong> Nahrungsmittelsicherheit und -souveränität sowie die damit zu-<br />

sammenhängende For<strong>der</strong>ung, die EU nicht in eine Position <strong>der</strong> Importabhängigkeit geraten zu las-<br />

sen, beson<strong>der</strong>e Bedeutung. <strong>Die</strong>ser strategische Faktor inspirierte die Gemeinsame Agrarpolitik<br />

(GAP) seit ihren Anfängen und trug zur Verfestigung <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>rolle dieses Bereiches in <strong>der</strong> EU<br />

bei (vgl. EWG-Vertrag Art. 33). Insbeson<strong>der</strong>e in Bezug auf die zu erwartende Verschärfung <strong>der</strong><br />

Konkurrenz durch lateinamerikanische Agrarproduzenten nach einer gegenseitigen Marktöffnung<br />

hat dieser Themenkomplex wie<strong>der</strong> an Bedeutung in <strong>der</strong> politischen Auseinan<strong>der</strong>setzung gewonnen<br />

(vgl. Malcher 2005b: 240f; Westphal 2005: 392f). Als zweiter Faktor gilt <strong>der</strong> außerordentlich hohe<br />

Organisationsgrad <strong>der</strong> Agrarlobby auf EU-Ebene und ihre enge, über Jahrzehnte gewachsene Ver-<br />

flechtung mit den EU-Institutionen, allen voran <strong>der</strong> GD Landwirtschaft (vgl. Wiggerthal 2005: 22).<br />

<strong>Die</strong> zentralen Organisationen <strong>der</strong> Agrarlobby sind <strong>der</strong> Dachverband <strong>der</strong> europäischen Landwirt-<br />

schaftsverbände (COPA), ihre Schwesterorganisation, die Vereinigung landwirtschaftlicher Genos-<br />

senschaften (COGECA), und die Kommission <strong>der</strong> Landwirtschafts- und Nahrungsmittelindustrien<br />

(CIAA) (vgl. Westphal 2005: 392). Neben den guten Kontakten dieser Verbände zur EU-<br />

Kommission haben sich drittens auch die Kontakte zu nationalen Regierungen, allen voran zur fran-<br />

zösischen, als wichtiger Weg zur Interessendurchsetzung erwiesen. Insgesamt hat sich so während<br />

des mittlerweile 50-jährigen Bestehens <strong>der</strong> GAP ein institutionelles Setting herausgebildet, das ei-<br />

nem eigenen, vor äußeren Einflüssen abgeschirmten Entscheidungsfindungsprozess für den Agrar-<br />

bereich gleichkommt (vgl. Grant 1993: 38f).<br />

In den letzten Jahren scheinen die Strukturen des Agrarsektors allerdings in Bewegung geraten zu<br />

sein. Zum einen wurde eine Reform <strong>der</strong> GAP in Angriff genommen, zum an<strong>der</strong>en werden die Aus-<br />

gaben für den Agrarbereich in letzter Zeit kontinuierlich zurückgefahren (vgl. Europäische Kom-<br />

mission 2010). <strong>Die</strong> Son<strong>der</strong>rolle des Sektors scheint also tendenziell zu schwinden, selbst wenn die<br />

internen Strukturen bestehen bleiben. In <strong>der</strong> Frage des Freihandels ist die Agrarlobby zudem nicht<br />

eindeutig aufgestellt und gerät im weiteren Feld <strong>der</strong> Lebensmittelbranche gegenüber den weiterver-<br />

arbeitenden Lebensmittelkonzernen zunehmend unter Druck (vgl. Wiggerthal 2005: 6ff). Für die<br />

weiterverarbeitende Industrie bedeutet eine verschärfte Konkurrenz durch eine Liberalisierung des<br />

globalen Marktes für primäre Agrarprodukte vor allem eine Senkung ihrer Produktionskosten. Ihre<br />

Exportinteressen werden außerdem durch ein Festhalten am Agrarprotektionismus in <strong>der</strong> EU be-

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