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VON CHRISTIAN SCHMIDT<br />

Vielseitig<br />

Nicht erst seit der Finanzkrise haben Kapitalisten einen schlechten Ruf. Eine bemerkenswerte Ausnahme dürfte Dagobert Duck sein, der als<br />

reichste Ente der Welt zwar jede Menge Neid auf sich ziehen dürfte, aber immerhin sein ganzes Vermögen durch harte Arbeit statt durch<br />

zwielichtige Geschäfte in der Finanzwirtschaft erworben hat. Und nun das: Dagobert Duck verschwindet plötzlich mitsamt seinem Glückszehner,<br />

und wir müssen fassungslos mit ansehen, wie die nächsten hundert Jahre ohne unseren Lieblingskapitalisten Entenhausen verändern. Und was<br />

man sieht, widerspricht allem, was wir über die Mitglieder des Duck-Clans wissen.<br />

Donald Duck, der liebenswerte Loser mit einem Schuldenberg in der Größe des Chimborazo, entpuppt sich plötzlich als Finanz- und<br />

Wirtschaftsmagnat erster Kajüte, dem mithilfe von Dagoberts treuer Sekretärin sogar gelingt, woran sein Onkel immer scheiterte: Mac Moneysac<br />

und Klaas Klever in den Bankrott zu treiben. Das Ducksche Wirtschaftsimperium wird zu einer Wohltätigkeitsorganisation umgebaut, wobei ich<br />

immer noch vermute, dass Donald bei Wikipedia gespickt hat, um herauszukriegen, wie der IKEA-Gründer die Steuerlast seines Unternehmens<br />

reduzieren konnte.<br />

Nach ihm übernehmen Tick, Trick und Track die Leitung, und ausgerechnet die Ökoterroristen des Fähnlein Fieselschweif, die einen<br />

Industriepark eher plattmachen würden, als dafür einer Kohlmeise den Lebensraum streitig zu machen, schaffen es, die Stiftung auf die<br />

Erforschung von Umwelttechnologien umzustellen, ohne sie gegen den sprichwörtlichen Baum zu fahren. Entenhausen profitiert von sauberer<br />

Energie und lupenreiner Luft, futuristische Wohnbauten dominieren die Skyline, und ganze Familien können sich auf der Straße fotografieren<br />

lassen, ohne von Autofahrern überrollt zu werden. Wi-der-lich. Da springt einem ja das Glas im Zwicker bei dieser schmierigen Idylle.<br />

Und was ist das Schlimmste an der Geschichte? Onkel Dagobert, einige Jahre nach dem Glückszehner mit Daniel Düsentriebs Zeitwanne im<br />

Museum eingetroffen, muss sich die Lobeshymne auf seine Nachkommen anhören, die seinen Geldspeicher geleert haben, um den Inhalt<br />

skrupellosen Bankern zum Spekulieren zur Verfügung zu stellen. Man könnte ihn wohl nur noch mehr beleidigen, wenn selbst seine Familie ihm<br />

noch ins Gesicht sagen würde: „Die Welt könnte so schön werden, wenn du jetzt verschwinden würdest.“ So geht man nicht mit einer alten,<br />

ehrwürdigen Ente um.<br />

Entschuldigt mich bitte, ich schwelge jetzt in alten Geschichten, in denen man hart arbeitenden Ausbeutern noch Respekt entgegen brachte.<br />

44<br />

VON MANUEL SCHUMANN<br />

In Entenhausen existiert so etwas wie ein Unveränderlichkeits-Gesetz.<br />

Es besagt, dass es niemals einschneidende<br />

Veränderungen in den Charakteren und dessen Beziehungen<br />

zueinander geben darf. So darf der arme Donald zum<br />

Beispiel auf ewig lediglich nur mit Daisy verlobt sein, während<br />

Dagobert nie seinen heißgeliebten ersten selbstverdienten<br />

Zehner verliert und Tick, Trick und Track niemals<br />

erwachsen werden. All dies geschieht allerdings in der 6seitigen<br />

Geschichte „Whatever happened to Scrooge Mc-<br />

Duck“ von Lars Jensen und Maximino. Und irgendwie geschieht<br />

es auch wieder nicht.<br />

Dieses Szenario lässt den völlig richtigen Schluss zu, dass<br />

hier ein höchst ungewöhnlicher Comic vorliegt – was vielleicht<br />

auch ein Grund dafür ist, dass die Geschichte bis<br />

heute nicht in der „Micky Maus“ veröffentlicht wurde. In<br />

den allgemein sehr empfehlenswerten Band „Walt Disney<br />

Tresures – Uncle Scrooge“ des ehemaligen amerikanischen<br />

Verlegers Gemstone hat die Geschichte jedoch sehr gut gepasst.<br />

Aber wie dem auch sei, der Kniff von Autor Lars Jensen (der vor allem durch die OMA-Serie im LTB bekannt ist), den Ansatzpunkt der Geschichte<br />

100 Jahre in die Zukunft zu verlagern, ist jedenfalls gleichermaßen pfiffig wie gelungen. Aus dieser im ersten Augenblick vielleicht etwas<br />

befremdlichen, dann aber doch durchaus interessanten Erzählperspektive werden die oben genannten Ereignisse aufbereitet. Dass es natürlich<br />

hochinteressant ist zu erfahren, wie sich Dagobert, Donald und die Neffen in der Zukunft schlagen werden, braucht wohl fast nicht erwähnt<br />

zu werden. Dadurch, dass Dagobert am Ende selbst auftaucht und den Lauf der Geschichte schließlich wieder ändert, wird nicht nur der begangene<br />

Tabu-Bruch rückgängig gemacht, sondern der Geschichte auch jeglicher Absolutheitsanspruch entzogen. Lars Jensen findet hier also einen<br />

Weg, eine mögliche zukünftige Entwicklung von Dagoberts und Donalds Leben zu zeigen ohne das oben beschriebene Unveränderlichkeits-Gesetz<br />

zu verletzen. Und die Tatsache, dass dieser Weg noch nie betrampelt wurde, macht die Geschichte so besonders.<br />

Etwas schade ist allerdings, dass man die Geschichte nur sechs Seiten lang ist und die Zukunftsereignisse nur sehr grob beschrieben wurden.<br />

Vielleicht hätte man hier noch ein paar Seiten draufpacken können, um dem Leser einen etwas tieferen Einblick in das Schicksal der Entenhausener<br />

zu gewähren. Einen weiteren kleinen Minuspunkt stellen die insgesamt zwar ordentlichen aber doch nicht rundum gelungenen Zeichnungen<br />

von Maximino dar. Insgesamt kann man trotzdem von einer sehr unterhaltsamen und vor allem kreativen Geschichte sprechen, die auf den Leser<br />

eigentlich fast schon wie ein Fan-Comic wirkt. In dieses Bild passt übrigens auch das kurze Auftauchen von Berengar Bläulich und Justizrat<br />

Wendig, die im Barks-Klassiker „Der Goldene Helm“ Donalds Widersacher waren. Auch sie wurden sinnvoll in die Handlung miteingebunden.<br />

Empfehlenswert!

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