20130305_bund_klima_energie_atomstrom_2013_studie
20130305_bund_klima_energie_atomstrom_2013_studie
20130305_bund_klima_energie_atomstrom_2013_studie
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Atomstrom <strong>2013</strong>: Sicher, sauber, alles im Griff? März <strong>2013</strong><br />
11.2 Bodenangriffe<br />
Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA konzentriert sich die öffentliche Dis-<br />
kussion über die Bedrohung von Atomkraftwerken durch Terroranschläge vor allem auf Angriffe mit<br />
Verkehrsflugzeugen. Tatsächlich sind erheblich mehr Angriffsszenarien denkbar. Insbesondere die<br />
älteren deutschen Atomkraftwerke sind durch eine große Bandbreite von möglichen Terroranschlägen<br />
bedroht, denn ihr Schutz gegen Einwirkungen von außen ist unzureichend und sie sind nicht ausrei-<br />
chend gegen die Beherrschung von Störfällen ausgelegt – gemessen am heutigen Stand von Wissen-<br />
schaft und Technik.<br />
Ein denkbares Terrorszenario wäre der Beschuss eines Atomkraftwerks mit einem tragbaren panzerb-<br />
rechenden Waffensystem AT-14 aus mehreren hundert Metern Entfernung. Ein solcher Terrorangriff<br />
könnte, sofern auch thermobarische Gefechtsköpfe, die durch den Einsatz brennbarer Substanzen den<br />
zerstörenden Effekt noch verstärken (größere Hitze-, längere Druckwirkung) eingesetzt werden, einen<br />
Kernschmelzunfall mit erheblichen radioaktiven Freisetzungen verursachen. Es muss davon ausge-<br />
gangen werden, dass es potenziellen Attentätern möglich wäre, durch illegale Waffenbeschaffung an<br />
AT-14 inklusive der zugehörigen Komponenten zu gelangen. Vor einigen Jahren fanden Beschusstests<br />
in Russland statt; mit ihnen wurde – in einem Modellaufbau – die Verwundbarkeit eines neuen Reak-<br />
tortyps (vierte Generation) gegenüber modernen Waffensystemen untersucht. Als Waffensystem wur-<br />
de u. a. die AT-14 eingesetzt [GP 2010].<br />
Als im November 2010 die Bedrohung durch Terroranschläge in Deutschland als hoch eingestuft wur-<br />
de, gingen die Behörden von drei unterschiedlichen Bedrohungsszenarien aus. Für bedrohlich werden<br />
u. a. Anschläge durch sogenannte Schläferzellen gehalten, deren Mitglieder seit Jahren in Deutschland<br />
leben und im Geheimen Gewaltaktionen vorbereiten [NP 2010].<br />
Eine Möglichkeit für Schläfer wäre die Durchführung oder Unterstützung eines Terroranschlags als<br />
Innentäter in einem Atomkraftwerk. Innentäter stellen für Atomkraftwerke eine große Bedrohung dar,<br />
der in der internationalen Fachdiskussion große Beachtung geschenkt wird. Ein Experte wies während<br />
der internationalen Fachkonferenz NUSEC 14 daraufhin, dass das Gefährlichste an Innentätern ihr Wis-<br />
sen sei – dieses hätten sie stets bei sich, es gäbe keine Kontrolle darüber. Daher sei ein Schutz gegen<br />
Innentäter nicht möglich [HONNELLIO 2005].<br />
Am 01.01.2010 trat eine Neufassung des Paragraphen (§12b des Atomgesetzes) in Kraft, der die<br />
Überprüfung von Personen regelt, die in kerntechnischen Anlagen tätig sind. In der Neufassung wurde<br />
u. a. für einige Behörden die Verpflichtung eingeführt, der zuständigen atomrechtlichen Behörde nach-<br />
träglich erlangte, relevante Informationen zu melden [BUZER 2011]. Die Zuverlässigkeitsprüfungen<br />
erschweren das Einschleusen von Innentätern in Atomkraftwerke, sie verhindern es aber nicht voll-<br />
ständig.<br />
Zu bedenken ist, dass während der Revisionszeiten ca. 1000 Personen von den verschiedensten Firmen<br />
im AKW tätig sind. Mögliches Innentäter-Szenario ist das Auslösen eines schweren Unfalls durch den<br />
Einsatz von Sprengladungen. Die für einen solchen Anschlag erforderliche Sprengstoffmenge liegt in<br />
der Größenordnung von einigen Kilogramm.<br />
14 Nuclear Energy and Security, Universität Salzburg, 20. – 23. Juli 2005<br />
36