Zum Dialog berufen - Missionszentrale der Franziskaner
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anspruchnahme von Territorien, wirken<br />
sich destruktiv auf die Identität <strong>der</strong> individuellen<br />
und kollektiven Subjekte aus und<br />
erzeugen Verlustangst und heftige Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />
um Erhaltung <strong>der</strong> alten<br />
und die Eroberung neuer Territorien.<br />
In diesem Kontext hat <strong>der</strong> Begriff<br />
Territorium nicht nur eine geographische<br />
Bedeutung. Territorium schließt<br />
auch kulturelle, ethnische und religiöse<br />
Bereiche ein. Niemand möchte in dieser<br />
globalisierten Welt als Nummer mit<br />
dem anonymen, allgemeinen Gesicht eines<br />
Armen untergehen. In einer Klassengesellschaft<br />
heißt Identität gestalten und<br />
bewahren Wi<strong>der</strong>stand leisten gegen die<br />
verallgemeinernde Gleichmacherei <strong>der</strong><br />
Armen und sich das Recht erstreiten,<br />
gleichzeitig unterschiedlich und gleichrangig<br />
zu sein.<br />
In <strong>der</strong> globalisierten Welt haben die<br />
Diskurse <strong>der</strong> Latifundien des Kapitals,<br />
des Landbesitzes, <strong>der</strong> Massenkommunikationsmedien<br />
und <strong>der</strong> Ideologie den<br />
Diskurs <strong>der</strong> Prinzipien, <strong>der</strong> die Stimme<br />
<strong>der</strong> An<strong>der</strong>en und ihre Rechte hätte hörbar<br />
machen können, auf den Diskurs <strong>der</strong><br />
Mittel reduziert. Vielleicht war das <strong>der</strong><br />
Grund, warum Evo Morales, <strong>der</strong> neue indigene<br />
Präsident Boliviens, sofort nach<br />
Regierungsantritt die „Abteilung für indigene<br />
Angelegenheiten“ geschlossen<br />
hat. Mit dieser Handlung hat er symbolisch<br />
unterbunden, dass ethische Fragen<br />
mit den Problemen von Taktik in <strong>der</strong> Regierungsarbeit,<br />
ökologischer Nachhaltigkeit,<br />
verfügbarer Finanzmittel und konjunktureller<br />
Zweckmäßigkeiten verquickt<br />
werden.<br />
3. Von neuem sichtbar<br />
geworden<br />
Am 15. Juni 2005 fand im Landesparlament<br />
von Rio Grande do Norte, in<br />
Natal, eine öffentliche Anhörung zur Präsenz<br />
<strong>der</strong> indigenen Völker in diesem Bun-<br />
desstaat statt. Mehr als ein Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
lang hatte <strong>der</strong> Staat sich offiziell über<br />
sie in Schweigen gehüllt und sie in ihrer<br />
An<strong>der</strong>sartigkeit unsichtbar gemacht.<br />
Jetzt bekannten drei Völker öffentlich ihre<br />
indianische Identität und for<strong>der</strong>ten<br />
ihre Anerkennung. Führer <strong>der</strong> drei Gemeinschaften<br />
legten besiegelte Dokumente<br />
vor und reklamierten ihr Recht<br />
auf ethnische Selbstbestimmung, das in<br />
<strong>der</strong> Konvention 169 <strong>der</strong> Internationalen<br />
Arbeitsorganisation (ILO) 7 garantiert<br />
ist, for<strong>der</strong>ten ihre verfassungsgemäßen<br />
Rechte auf Land und auf offizielle politische<br />
Maßnahmen zum Schutz und Beistand<br />
(Bundesverfassung von 1988, Artikel<br />
210). In dieser öffentlichen Anhörung<br />
Grüne Schriftenreihe Nr. 100 – <strong>Zum</strong> <strong>Dialog</strong> <strong>berufen</strong>