Zum Dialog berufen - Missionszentrale der Franziskaner
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Dominus Jesus aus dem Jahre 2005 immer<br />
noch – wenn auch nicht vollständig<br />
– an <strong>der</strong> Erlösung als historische Möglichkeit<br />
für alle festgehalten, indem sie<br />
eine Tür <strong>der</strong> Rettung offen ließ für jene,<br />
die „das Evangelium Christi und seine<br />
Kirche nicht kennen“ und „im Anruf des<br />
Gewissens [...] das ewige Heil erlangen“<br />
(Lumen gentium, 16). 12 Das war keine<br />
voreilige, son<strong>der</strong>n erleuchtete Großzügigkeit.<br />
Ein „Zeichen“ ist nie eindeutig,<br />
weil es immer eines bestimmten historisch-kulturellen<br />
Kontextes bedarf und<br />
einer Gemeinschaft, die es interpretiert.<br />
Außer <strong>der</strong> Kirche gibt es an<strong>der</strong>e Wege<br />
und Zeichen <strong>der</strong> Erlösung. „Gott kann<br />
Menschen, die das Evangelium ohne ihre<br />
Schuld nicht kennen, auf Wegen, die<br />
nur er weiß, zum Glauben führen“ (vgl.<br />
Ad gentes, 7).<br />
Der „universale<br />
Horizont“ ist das<br />
weiterreichende<br />
Anliegen – die „causa<br />
maior“ – (Gerechtigkeit,Gleichheit,<br />
Frieden), das den verschiedenen<br />
spezifischen Anliegen – den „causas particulares“<br />
(indigene Sache, Landlosenbewegung,<br />
Migranten, Ausgeschlossene)<br />
– die Richtung zeigt. Die Perspektive<br />
<strong>der</strong> Auferstehung, die Gerechtigkeit <strong>der</strong><br />
Auferstehung sind keine Privilegien <strong>der</strong><br />
Christen. Durch den universalen Heilswillen<br />
Gottes „müssen wir annehmen, dass<br />
<strong>der</strong> Heilige Geist allen die Möglichkeit<br />
anbietet, diesem österlichen Geheimnis<br />
in einer nur Gott bekannten Weise verbunden<br />
zu sein“ (Gaudium et spes, 22).<br />
Die an<strong>der</strong>en Wege des Heils und die<br />
an<strong>der</strong>en Religionen sind nicht als komplementär<br />
zu dem von Jesus Christus<br />
vorgezeichneten Weg zu betrachten.<br />
Komplementarität verweist auf „Mängel“.<br />
Die Alterität ergänzt die Identität<br />
nicht, son<strong>der</strong>n bedingt ihr Sein. Falls die<br />
Außer <strong>der</strong> Kirche gibt<br />
es an<strong>der</strong>e Wege und Zeichen<br />
<strong>der</strong> Erlösung.<br />
Kirche ihrer Natur nach missionarisch<br />
und dialogisch ist, greift diese Natur die<br />
An<strong>der</strong>sartigkeit <strong>der</strong> Religionen positiv<br />
auf. In Analogie zum Einen Gott, <strong>der</strong> nur<br />
als <strong>der</strong> Drei-Einige Liebe sein und in Jesus<br />
Christus seine Sendung vollziehen kann,<br />
wird man das Faktum <strong>der</strong> Religionsverschiedenheit<br />
als ein Geschenk verstehen,<br />
das <strong>der</strong> Kirche Jesu Christi ermöglicht,<br />
sich selbst besser zu kennen zu lernen.<br />
Je mehr sie sich und ihre Geschichte mit<br />
Sklaven in den Sakristeien und Konventen<br />
Amerikas kennen lernt, desto mehr<br />
wird sie eingestehen, dass „Barbarei“ in<br />
allen Religionen möglich und dass Wachsamkeit<br />
für alle Religionen notwendig ist.<br />
Der Mercedarier-Orden, <strong>der</strong> gegründet<br />
wurde, um die christlichen Sklaven<br />
aus den Händen <strong>der</strong> Mauren loszukaufen,<br />
wurde in Brasi-<br />
lien selbst zum Sklavenfänger.<br />
Damit<br />
wurde er zwar dem<br />
Buchstaben seiner<br />
Verfassung nicht<br />
untreu, wohl aber<br />
dem Geist seines Grün<strong>der</strong>s. 13 Dasselbe<br />
kann man von den 81 Klarissen sagen,<br />
die 1775 in Bahía 290 Sklavinnen, 8 Sklaven<br />
und 40 Ankleidedienerinnen besaßen.<br />
14 Der <strong>Dialog</strong> mit dem „Prinzip <strong>der</strong><br />
Realität“ sorgt dafür, dass stets zwischen<br />
„Buchstabe“ und „Geist“, zwischen erträumtem<br />
Zeichen und interpretierter<br />
Bedeutung verhandelt wird. Dieser <strong>Dialog</strong><br />
repräsentiert die Dimension <strong>der</strong> Aufklärung,<br />
die über die reine Information<br />
hinausgeht. Er dekonstruiert zugleich die<br />
Ideologie, historisiert den Mythos und<br />
die Utopie und entschlüsselt Träume,<br />
Symbole und Zeichen. Indem <strong>der</strong> <strong>Dialog</strong><br />
den Zirkel von Selbstbestätigung und<br />
Selbstgenügsamkeit zerbricht, erweist er<br />
sich als göttlich, das heißt als Hand, die<br />
Gott <strong>der</strong> Welt entgegenstreckt.<br />
Grüne Schriftenreihe Nr. 100 – <strong>Zum</strong> <strong>Dialog</strong> <strong>berufen</strong>