Zum Dialog berufen - Missionszentrale der Franziskaner
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5. Schlussfolgerung<br />
Das Problem <strong>der</strong> indigenen und afroamerikanischen<br />
Identität verweist darauf,<br />
dass ein neues Lebensprojekt für alle<br />
dringlich ist, das alle Reservate, Ghettos<br />
und Quoten innerhalb des Systems hinter<br />
sich lässt. Die Welt des Marktes zu<br />
verlassen bzw. – im Falle vieler indigener<br />
Völker – diese Welt überhaupt erst nicht<br />
zu betreten, führt zu einer Art Exteriorität<br />
gegenüber dem hegemonialen System.<br />
Diese Exteriorität aktiviert die universale<br />
Dimension, die jedem spezifischen Anliegen<br />
(„causa particular“) innewohnt,<br />
und führt zu radikalen Transformationen.<br />
In diesem neuen Projekt ist die Entwicklung<br />
des Menschen wichtiger als die Produktion<br />
von Tonnen landwirtschaftlicher<br />
Produkte und wichtiger als die Kommerzialisierung<br />
<strong>der</strong> An<strong>der</strong>sartigkeit durch<br />
Kunsthandwerk und Folklore.<br />
Die indigenen Völker und die Nachfahren<br />
<strong>der</strong> Afrikaner sagen uns heute:<br />
„Wir lassen uns we<strong>der</strong> dem farbigen Brasilien<br />
noch dem katholischen Brasilien<br />
zuordnen. Wir sind hier mit unserer ethnischen<br />
und religiösen An<strong>der</strong>sartigkeit<br />
und mit unserem eigenen Verständnis<br />
von Nationalität.“ Das Projekt <strong>der</strong> brasilianischen<br />
Nation muss unter <strong>der</strong> multikulturellen<br />
und multiethnischen Perspektive<br />
neu verhandelt werden, damit sich<br />
die verschiedenen Nationen und Völker<br />
innerhalb <strong>der</strong> nationalen Einheit des brasilianischen<br />
Bundes-Staates artikulieren<br />
können.<br />
Der kulturelle und religiöse <strong>Dialog</strong><br />
zielt langfristig auf einen Weltfrieden,<br />
<strong>der</strong> den Aufbau einer Menschheit, zusammengesetzt<br />
aus einer Unmenge von<br />
Kulturen, im Blick hat. Die Subjekte je<strong>der</strong><br />
einzelnen Kultur sollen erfahren können,<br />
dass Teile ihres Traums und Projektes in<br />
den Träumen und Projekten <strong>der</strong> An<strong>der</strong>en<br />
enthalten sind. Methodisch gesehen<br />
ist dieser Frieden nicht zu erreichen, solange<br />
die in <strong>der</strong> puristisch herrschenden<br />
Dialektik vom „ausgeschlossenen Dritten“<br />
enthaltene Gewalttätigkeit praktiziert<br />
wird; und auch nicht, solange alles<br />
dem „Kosten-Nutzen“-Kalkül unterworfen<br />
wird. Ausgrenzende Dialektiken o<strong>der</strong><br />
funktionalistische und gewaltsam integrierendeKomplementaritätsvorstellungen<br />
sind kein Weg zum Frieden.<br />
Der <strong>Dialog</strong> mit den indigenen Völkern<br />
und den Afro-Amerikanern ist <strong>der</strong><br />
<strong>Dialog</strong> mit dem „eingeschlossenen Dritten“.<br />
“Wahre Worte“, die offene Fragen<br />
aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten,<br />
können hin und her gehen. Die in<br />
neuem Licht formulierten Fragen werden<br />
unversöhnliche Antagonismen zu<br />
wesentlichen Bestandteilen einer spannungsvollen<br />
Einheit machen, und zwar<br />
we<strong>der</strong> durch dialektische Eliminierung,<br />
noch durch Integration via funktionaler<br />
Komplementarität, son<strong>der</strong>n im utopischen<br />
Horizont des Zusammenwirkens<br />
<strong>der</strong> unterschiedlich sich artikulierenden<br />
Subjekte. Es ist <strong>der</strong> utopische Horizont<br />
vom Zusammenfall <strong>der</strong> Gegensätze<br />
(„coincidentia oppositorum“), den Nikolaus<br />
Cusanus (1401-1464) in <strong>der</strong> Nachfolge<br />
von Raimund Lull und von Meister<br />
Der kulturelle und religiöse <strong>Dialog</strong><br />
zielt langfristig auf einen Weltfrieden,<br />
<strong>der</strong> den Aufbau einer Menschheit,<br />
zusammengesetzt aus einer Unmenge<br />
von Kulturen, im Blick hat.<br />
Eckhart träumt. Das Zusammenwirken<br />
<strong>der</strong> unterschiedlich sich artikulierenden<br />
Subjekte überwindet die Gewaltsamkeit<br />
einer Universalität, die oftmals mit<br />
<strong>der</strong> von <strong>der</strong> jeweilig führenden Macht<br />
verordneten Totalität verwechselt wird.<br />
Es errichtet eine Brücke über den Graben<br />
<strong>der</strong> Postmo<strong>der</strong>ne, die einerseits die<br />
Suess – Notizen zu Fragen <strong>der</strong> afro-brasilianischen und indigenen religiös-kulturellen Identitäten