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Klöster und Stifte in Baden-Württemberg - Michael-buhlmann.de

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<strong>Michael</strong> Buhlmann<br />

<strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Geschichte, Kultur, Gegenwart<br />

A. E<strong>in</strong>leitung<br />

Die vorliegen<strong>de</strong> Darstellung möchte e<strong>in</strong>en Überblick geben über die <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> im<br />

heutigen <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> (<strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen Südwesten) <strong>in</strong> <strong>de</strong>ren geschichtlicher Entwicklung.<br />

Die Darstellung durchläuft damit die Epochen von Mittelalter, früher Neuzeit <strong>und</strong> neuerer<br />

bzw. neuester Zeit.<br />

Das Mittelalter umfasst das Jahrtausend zwischen 500 <strong>und</strong> 1500, wobei die Zeitgrenzen nur<br />

als ungefähr, die Übergänge von <strong>de</strong>r Antike <strong>und</strong> Vorgeschichte bzw. h<strong>in</strong> zur Neuzeit als fließend<br />

zu verstehen s<strong>in</strong>d; es wird traditionell unterteilt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> frühes, hohes <strong>und</strong> spätes Mittelalter.<br />

Das frühe Mittelalter (ca.500-1050) ist dabei die Epoche <strong>de</strong>s fränkischen Großreichs <strong>de</strong>r<br />

Merow<strong>in</strong>ger <strong>und</strong> Karol<strong>in</strong>ger, <strong>de</strong>s Reichsverfalls im 9. <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bildung u.a. <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />

Reiches im 10. <strong>und</strong> 11. Jahrh<strong>und</strong>ert. Das hohe Mittelalter (ca.1050-1250) schließt die Umbruchszeit<br />

<strong>de</strong>s 11./12. Jahrh<strong>und</strong>ert mit e<strong>in</strong>; es ist die Zeit <strong>de</strong>s Investiturstreits <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Entstehung<br />

<strong>de</strong>r mittelalterlichen Stadt. Früheres Mittelalter heißt die Zeit vom 6. bis 12., späteres<br />

die vom 12. bis 15. Jahrh<strong>und</strong>ert. E<strong>in</strong>e an<strong>de</strong>re Zeite<strong>in</strong>teilung orientiert sich an <strong>de</strong>n ostfränkisch-<strong>de</strong>utschen<br />

Königsdynastien <strong>de</strong>r Karol<strong>in</strong>ger (751/843-911), Ottonen (919-1024),<br />

Salier (1024-1125) <strong>und</strong> Staufer (1138-1254). Das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s staufischen Königtums <strong>und</strong> das<br />

daran anschließen<strong>de</strong> Interregnum (1256-1273) stehen am Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s späten Mittelalters<br />

(ca.1250-1500), <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Territorien, Städte <strong>und</strong> <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Intensivierung. Die<br />

frühe Neuzeit datieren wir vom 16. bis 18. Jahrh<strong>und</strong>ert, die neuere <strong>und</strong> neueste Geschichte<br />

e<strong>in</strong>schließlich <strong>de</strong>r Zeitgeschichte <strong>in</strong>s 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert. Den Anfang <strong>de</strong>r frühen Neuzeit<br />

markieren Reformation <strong>und</strong> Konfessionalisierung, das 17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert ist das<br />

Zeitalter <strong>de</strong>s Absolutismus <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Aufklärung, das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s „alten Europa“ bil<strong>de</strong>n Französische<br />

Revolution (1789) <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene massive politische <strong>und</strong> soziale Umgestaltung<br />

auch Deutschlands. Für das 19. Jahrh<strong>und</strong>ert nennen wir <strong>de</strong>n Deutschen B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

das Deutsche Kaiserreich sowie die Vor- <strong>und</strong> Hoch<strong>in</strong>dustrialisierung, für das 20. Demokratie<br />

<strong>und</strong> Diktatur <strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> die bei<strong>de</strong>n Weltkriege.<br />

Gemäß <strong>de</strong>m Charakter <strong>de</strong>s Mittelalters als „Zeitalter <strong>de</strong>s Mönchtums“ soll <strong>de</strong>r Schwerpunkt<br />

<strong>de</strong>r Darstellung auf dieser Epoche liegen, e<strong>in</strong> weiterer Schwerpunkt liegt auf <strong>de</strong>m benedikt<strong>in</strong>ischen<br />

Mönchtum. Beispielhaft wer<strong>de</strong>n <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re das Reformkloster St. Georgen im<br />

Schwarzwald <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen vielfältige Beziehungen zur „Welt“ vorgestellt.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 1


B. Mönchtum im <strong>de</strong>utschen Südwesten<br />

I. Mönche <strong>und</strong> Nonnen, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong><br />

Das christliche Mönchtum als religiöse, weltabgewandte Lebensweise ist im Ägypten <strong>de</strong>s 3.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts „erf<strong>und</strong>en“ wor<strong>de</strong>n, als e<strong>in</strong>e Bewegung von Eremiten (Anachoretentum) <strong>und</strong><br />

als geme<strong>in</strong>schaftliche Lebensweise von Mönchen (Zönobitentum). Das abendländische<br />

Mönchtum <strong>de</strong>s Mittelalters speist sich aus mehreren Quellen, ist aber beson<strong>de</strong>rs von e<strong>in</strong>em<br />

Mann <strong>de</strong>s spätantiken Italiens geprägt wor<strong>de</strong>n: Benedikt von Nursia (*ca.480-†547). Der<br />

Begriff „Mönch“ leitet sich vom griechischen µωνάχοσ (monachos, „E<strong>in</strong>zelner“) her, während<br />

„Nonne“ zunächst die Sanktimoniale, die „Kanoniker<strong>in</strong>“, aber auch die Nonne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kloster<br />

be<strong>de</strong>uten konnte.<br />

Das Wort „Kloster“ stammt vom late<strong>in</strong>ischen bzw. mittellate<strong>in</strong>ischen claustrum (von late<strong>in</strong>isch<br />

clau<strong>de</strong>re, „verschließen“) <strong>und</strong> f<strong>in</strong><strong>de</strong>t <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Worten abbatia, cella, coenobium, monasterium<br />

se<strong>in</strong>e weitere Entsprechung. Das Kloster ist <strong>de</strong>r Aufenthaltsort <strong>de</strong>r Mönche, die dort <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Klausur weitgehend ungestört von <strong>de</strong>n Abläufen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r „Welt“ leben sollten (vita communis).<br />

Das Kloster als Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft wur<strong>de</strong> damit zu e<strong>in</strong>em sozialen System mit Innen- <strong>und</strong><br />

Außenbeziehungen. Zu <strong>de</strong>n Innenbeziehungen gehörten: die Mönche (Chormönche, Konversen)<br />

<strong>in</strong> ihrer Hierarchie (Abt, Klosterämter), <strong>de</strong>r Gottesdienst <strong>und</strong> das St<strong>und</strong>engebet, die<br />

Handarbeit <strong>und</strong> die geistig-geistliche Lektüre, zu <strong>de</strong>n Außenbeziehungen: das Verhältnis zu<br />

an<strong>de</strong>ren <strong>Klöster</strong>n (Gebetsverbrü<strong>de</strong>rung, abhängige <strong>Klöster</strong>), das (sich wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> verfassungsrechtliche)<br />

Verhältnis zu <strong>de</strong>n Herrschen<strong>de</strong>n (A<strong>de</strong>l, <strong>Stifte</strong>r, Tra<strong>de</strong>nten, Vogt, König, Bischof,<br />

Papst; Klosterreform), die Gr<strong>und</strong>herrschaft, die familia als <strong>de</strong>r zum Kloster gehören<strong>de</strong>,<br />

nach Aufgaben <strong>und</strong> Arbeiten vielgliedrig abgestufte Personenkreis von <strong>de</strong>n Mönchen bis h<strong>in</strong><br />

zum abhängigen Bauern.<br />

Das Kloster ist auch e<strong>in</strong>e Ansammlung von Gebäu<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>n Mönchen als Aufenthaltsort<br />

dienen. Die (romanische, gotische, barocke) Klosteranlage besteht – nicht zuletzt auf Gr<strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>s <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Benediktregel Vorgegebenen – aus <strong>de</strong>m oratorium („Betraum“, Kirche), <strong>de</strong>m refectorium<br />

(Speisesaal) <strong>und</strong> <strong>de</strong>m dormitorium (Schlafsaal) für die Mönche, gleichsam als Gr<strong>und</strong>gegebenheiten<br />

mönchischen Lebens im S<strong>in</strong>ne von Gebet <strong>und</strong> Dase<strong>in</strong>. H<strong>in</strong>zu kommt <strong>de</strong>r Bereich<br />

<strong>de</strong>r Organisation <strong>und</strong> Arbeit: Kapitelsaal, parlatorium (Sprech- <strong>und</strong> Besucherraum),<br />

Abtshaus, Küche, Bibliothek, Garten, calefactorium (als e<strong>in</strong>ziger beheizbarer Raum <strong>de</strong>s Klosters),<br />

Infirmerie (als Krankenhaus <strong>de</strong>r Mönche), Novizengebäu<strong>de</strong>, Schule, Speicher, Scheunen,<br />

Stallungen, Werkstätten, Mühlen. Der Kreuzgang (ambitus) verb<strong>in</strong><strong>de</strong>t die Räumlichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Klausur, das Skriptorium war die Schreib- <strong>und</strong> Malschule <strong>de</strong>s Klosters. Der St. Galler<br />

Klosterplan (ca.820) gibt das I<strong>de</strong>al e<strong>in</strong>es karol<strong>in</strong>gerzeitlichen Großklosters wie<strong>de</strong>r.<br />

<strong>Stifte</strong> können aufgefasst wer<strong>de</strong>n als Kommunitäten von Weltgeistlichen (Chorherren) bzw.<br />

Sanktimonialen, die nicht monastisch organisiert waren. Die stiftische Lebensweise kann<br />

dabei <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re gekennzeichnet se<strong>in</strong> durch das Fehlen <strong>de</strong>r vita communis, womit u.a.<br />

Bepfründung <strong>und</strong> Privatvermögen <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>zelnen Stifts<strong>in</strong>sassen e<strong>in</strong>hergehen konnte. Die<br />

Pfrün<strong>de</strong> (Präben<strong>de</strong>, praebenda, beneficium) war die Vermögensmasse, aus <strong>de</strong>ren Erträgen<br />

z.B. e<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kirchenamt ausüben<strong>de</strong>r Kleriker se<strong>in</strong>en Lebensunterhalt bestritt. Obwohl <strong>de</strong>r vita<br />

communis entgegenstehend, gab es auch im klösterlichen Bereich Pfrün<strong>de</strong>n, die e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zelnen<br />

Mönch als Son<strong>de</strong>rvermögen zukamen, etwa im Kloster Alpirsbach im späten Mittelal-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 2


ter. Auch wur<strong>de</strong>n Benedikt<strong>in</strong>erklöster wie S<strong>in</strong>sheim, Komburg o<strong>de</strong>r Ellwangen <strong>in</strong> säkulare<br />

<strong>Stifte</strong> umgewan<strong>de</strong>lt, während solch e<strong>in</strong>e Umwandlung <strong>in</strong> Gengenbach scheiterte. Umgekehrt<br />

lebten seit <strong>de</strong>r hochmittelalterlichen Kirchenreform Kanoniker (August<strong>in</strong>erchorherren, Prämonstratenser)<br />

durchaus <strong>in</strong> monastischer Lebensweise. Bei früh- <strong>und</strong> hochmittelalterlichen<br />

Frauengeme<strong>in</strong>schaften bil<strong>de</strong>te die Institutio sanctimonialium <strong>de</strong>r Aachener Syno<strong>de</strong> von 816<br />

vielfach die Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>s Zusammenlebens, so dass hier von Sanktimonialen zu re<strong>de</strong>n<br />

wäre <strong>und</strong> im Hochmittelalter häufig e<strong>in</strong> Übergang von Frauengeme<strong>in</strong>schaften zu weltlichen<br />

<strong>Stifte</strong>n mit Kanoniker<strong>in</strong>nen festzustellen ist. So setzte sich <strong>in</strong> frühmittelalterlichen Frauengeme<strong>in</strong>schaften<br />

meist e<strong>in</strong>e stiftische Lebensweise durch wie <strong>in</strong> Sulzburg o<strong>de</strong>r Waldkirch.<br />

II. Historische Entwicklung<br />

Wir skizzieren im Folgen<strong>de</strong>n die (politische) Entwicklung im <strong>de</strong>utschen Südwesten von <strong>de</strong>n<br />

Alemannen über das Frankenreich <strong>und</strong> das <strong>de</strong>utsche Reich <strong>de</strong>s Mittelalters <strong>und</strong> <strong>de</strong>r frühen<br />

Neuzeit bis h<strong>in</strong> zur Geschichte <strong>de</strong>s 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Alemannien im frühen Mittelalter<br />

Mit <strong>de</strong>r Unterwerfung <strong>de</strong>r Alemannen unter die fränkische Herrschaft begann <strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland<br />

die Merow<strong>in</strong>gerzeit (ca.500-ca.700). E<strong>in</strong>e Folge <strong>de</strong>r fränkischen Eroberung war,<br />

dass <strong>de</strong>r Nordteil Alemanniens nunmehr zu Franken gehörte <strong>und</strong> Alemannien-Schwaben<br />

zum Land an Ober- <strong>und</strong> Hochrhe<strong>in</strong>, oberem Neckar <strong>und</strong> oberer Donau wur<strong>de</strong>. Dieses Alemannien<br />

ist dann vom merow<strong>in</strong>gischen Königtum als politisches („älteres“) Herzogtum organisiert<br />

wor<strong>de</strong>n, so dass man die Alemannen – ungeachtet aller ethnischen Aspekte – als die<br />

Bewohner dieses Herzogtums begreifen kann. Im 6. Jahrh<strong>und</strong>ert treten dann fränkischalemannische<br />

Herzöge als Amtsträger <strong>de</strong>s merow<strong>in</strong>gischen Königtums erstmals <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung.<br />

Damals gehörte Südwest<strong>de</strong>utschland – man beachte die Teilungspraxis beim merow<strong>in</strong>gischen<br />

Königtum – zum Reimser Teilreich. Unter Chlothar II. (584/613-629) <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Sohn Dagobert I. (623/29-639) ist dann e<strong>in</strong>e <strong>de</strong>utliche E<strong>in</strong>flussnahme <strong>de</strong>s gesamtfränkischen<br />

Königtums auf Alemannien festzustellen, die mit <strong>de</strong>r Christianisierung, <strong>de</strong>r kirchlichen <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r politischen Organisation <strong>de</strong>s Herzogtums <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht wer<strong>de</strong>n kann. Der Ausfall<br />

<strong>de</strong>s merow<strong>in</strong>gischen Königtums als Machtfaktor führte seit <strong>de</strong>m letzten Drittel <strong>de</strong>s 7.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts zu Anarchie, wachsen<strong>de</strong>m E<strong>in</strong>fluss <strong>de</strong>r Großen <strong>und</strong> schließlich zum endgültigen<br />

Aufstieg <strong>de</strong>r Karol<strong>in</strong>ger, <strong>de</strong>r austrasischen Hausmeier. Die Schwäche <strong>de</strong>s damaligen<br />

Königtums be<strong>de</strong>utete zugleich e<strong>in</strong>e Verselbstständigung <strong>de</strong>s alemannischen Herzogtums<br />

vom Frankenreich.<br />

Die <strong>in</strong>nere Entwicklung Alemanniens zur Merow<strong>in</strong>gerzeit ist <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie gekennzeichnet<br />

durch e<strong>in</strong> Bevölkerungswachstum, das sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em verstärkten Lan<strong>de</strong>sausbau, <strong>in</strong> Siedlungsaktivitäten<br />

im Altsie<strong>de</strong>lland <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus nie<strong>de</strong>rschlägt. Erkennbar wird dies daran,<br />

dass sich seit <strong>de</strong>m 5./6. Jahrh<strong>und</strong>ert zu e<strong>in</strong>igen noch vorhan<strong>de</strong>nen Toponymen keltischer<br />

o<strong>de</strong>r römischer Herkunft vermehrt germanische Ortsnamen stellten. Die älteste Schicht dieser<br />

neuen Ortsnamen besteht aus <strong>de</strong>n -heim <strong>und</strong> -<strong>in</strong>gen-Namen; h<strong>in</strong>zu kommen gera<strong>de</strong> <strong>in</strong><br />

spätmerow<strong>in</strong>gischer <strong>und</strong> karol<strong>in</strong>gischer Zeit Toponyme auf -dorf, -<strong>in</strong>ghofen, -stetten, -bach, -<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 3


fel<strong>de</strong>n, -hofen o<strong>de</strong>r -beuren, noch später die Ortsnamen auf –weiler. Die h<strong>in</strong>ter <strong>de</strong>n Toponymen<br />

stehen<strong>de</strong>n Orte kann man sich dann als bäuerliche Gehöfte <strong>und</strong> Gehöftgruppen <strong>in</strong><br />

Holzbauweise vorstellen; die Höhensiedlungen als alemannische Herrschaftssitze gab es <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r fränkischen Zeit nicht mehr. Erst im späten 7. Jahrh<strong>und</strong>erts treten mit großen, mehrschiffigen<br />

Hallenhäusern wie<strong>de</strong>r Herrensitze auf. Das 7. Jahrh<strong>und</strong>ert, <strong>de</strong>r Ausgang <strong>de</strong>r Merow<strong>in</strong>gerzeit<br />

ersche<strong>in</strong>t als e<strong>in</strong> Zeitraum, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m die Weichen für die folgen<strong>de</strong>n Jahrh<strong>und</strong>erte gestellt<br />

wur<strong>de</strong>n: Agrarverfassung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>herrschaft, Siedlung <strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>sausbau, die Ausbildung<br />

von A<strong>de</strong>lsherrschaften <strong>und</strong> e<strong>in</strong> starker A<strong>de</strong>l neben <strong>de</strong>m Königtum sowie die christliche<br />

Religion wur<strong>de</strong>n zu bestimmen<strong>de</strong>n gesellschaftlichen Faktoren nicht nur <strong>in</strong> Alemannien.<br />

Mit <strong>de</strong>r Merow<strong>in</strong>gerzeit verb<strong>und</strong>en bleibt die Christianisierung Alemanniens.<br />

Damit s<strong>in</strong>d schon e<strong>in</strong>ige Gr<strong>und</strong>lagen <strong>de</strong>r Karol<strong>in</strong>gerzeit (ca.700-911) angesprochen, die unter<br />

<strong>de</strong>n fränkisch-karol<strong>in</strong>gischen Hausmeiern Pipp<strong>in</strong> <strong>de</strong>m Mittleren (680-714), Karl Martell<br />

(714-741) sowie Karlmann (741-747) <strong>und</strong> Pipp<strong>in</strong> <strong>de</strong>m Jüngeren (741-768, König seit 751) mit<br />

<strong>de</strong>r verstärkten E<strong>in</strong>fluss- <strong>und</strong> Inbesitznahme Alemanniens durch das Frankenreich e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>gen.<br />

Je<strong>de</strong>nfalls s<strong>in</strong>d um die Mitte <strong>de</strong>s 8. Jahrh<strong>und</strong>erts fränkische Amtsträger belegt, die<br />

wie Chancor, War<strong>in</strong> o<strong>de</strong>r Ruthard die politische Neuorganisation im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>r Karol<strong>in</strong>ger<br />

vorantrieben, während das alemannische Herzogtum <strong>de</strong>r Dynastie Gotfrids (ca.700-ca.709),<br />

Lantfrids I. (ca.720-730) <strong>und</strong> Theutbalds (v.733-744) damals se<strong>in</strong> En<strong>de</strong> fand. Aspekte karol<strong>in</strong>gischer<br />

Herrschaft <strong>in</strong> Alemannien waren: die E<strong>in</strong>führung <strong>de</strong>r Grafschaftsverfassung, die<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>de</strong>s fränkisch-alemannischen A<strong>de</strong>ls nicht zuletzt durch die 771 vollzogene Heirat<br />

zwischen <strong>de</strong>m Karol<strong>in</strong>gerkönig Karl <strong>de</strong>m Großen (768-814) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r „Alemann<strong>in</strong>“ Hil<strong>de</strong>gard,<br />

die Stellung Alemanniens nunmehr als B<strong>in</strong><strong>de</strong>glied nach (Chur-) Rätien, Bayern <strong>und</strong> Italien,<br />

die Zuweisungen Alemanniens als Teil <strong>de</strong>r Herrschaftsgebiete Karls II. <strong>de</strong>s Kahlen (829-<br />

831/33, 840-877), Ludwigs II. <strong>de</strong>s Deutschen (831/33/40-876) <strong>und</strong> Karls III. <strong>de</strong>s Dicken<br />

(859/76-887/88). Im Vertrag von Verdun (843) – er<strong>in</strong>nert sei an die Reichsteilungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />

Zerfall <strong>de</strong>s karol<strong>in</strong>gischen Gesamtreiches – fiel Alemannien an das ostfränkische Reich, <strong>und</strong><br />

Karl III., <strong>de</strong>r letzte karol<strong>in</strong>gische Gesamtherrscher, starb nach Krankheit <strong>und</strong> Absetzung <strong>in</strong><br />

Neud<strong>in</strong>gen an <strong>de</strong>r Donau. In ostfränkischer Zeit wer<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Alemannien dann königliche Vororte<br />

erkennbar wie Bodman (am Bo<strong>de</strong>nsee) o<strong>de</strong>r Ulm, wichtige Stützpunkte <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m<br />

karol<strong>in</strong>gischen Königtum eng verb<strong>und</strong>enen Kirche waren die <strong>Klöster</strong> St. Gallen <strong>und</strong> Reichenau<br />

sowie das Bistum Konstanz, <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nseeraum wur<strong>de</strong> zum geografischen <strong>und</strong> politischen<br />

Zentrum Alemanniens. Der alemannischen Führungsschicht als Teil <strong>de</strong>s gesamtfränkischen<br />

A<strong>de</strong>ls stand die Basisgesellschaft <strong>de</strong>r freien <strong>und</strong> abhängigen Bauern u.a. <strong>de</strong>r adligen,<br />

kirchlichen <strong>und</strong> königlichen Gr<strong>und</strong>herrschaften gegenüber.<br />

Herzogtum Schwaben<br />

Im Anfang <strong>de</strong>s 10. Jahrh<strong>und</strong>erts etablierte sich nach <strong>de</strong>r Belagerung <strong>de</strong>s Hohentwiel <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Schlacht bei Wahlwies (915) gegen die Herrschaft Konrads I. (911-918), <strong>de</strong>s ersten nichtkarol<strong>in</strong>gischen<br />

Königs <strong>in</strong> Ostfranken, das schwäbische Herzogtum unter Herzog Erchangar<br />

(915-917). Erchangar <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Bru<strong>de</strong>r Berthold wur<strong>de</strong>n zwar 917 gefangen genommen <strong>und</strong><br />

wohl <strong>in</strong> Ald<strong>in</strong>gen h<strong>in</strong>gerichtet, jedoch führte Burkhard (I., 917-926) aus <strong>de</strong>r Familie <strong>de</strong>r Markgrafen<br />

von (Chur-) Rätien das Herzogtum weiter. Dem ersten König aus ottonischsächsischem<br />

Hause, He<strong>in</strong>rich I. (919-936), gelang die Integration dieser schwäbischen Herrschaft<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong> Reich. Mit <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>setzung Hermanns I. (926-949) als Herzog versuchte <strong>de</strong>r<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 4


ostfränkische König erfolgreich, erstmals gestaltend <strong>in</strong> Schwaben e<strong>in</strong>zugreifen. Die Zeit Kaiser<br />

Ottos I. <strong>de</strong>s Großen (936-973) lässt sich begreifen als Zeit e<strong>in</strong>er stärkeren E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />

Schwabens <strong>in</strong> das ostfränkische Reich. Dazu gehörte auch die Abwehr <strong>de</strong>r Ungarne<strong>in</strong>fälle<br />

nach Schwaben <strong>und</strong> Ostfranken, die mit <strong>de</strong>m Sieg Ottos I. auf <strong>de</strong>m Lechfeld (bei Augsburg,<br />

10. August 955) ihr En<strong>de</strong> fan<strong>de</strong>n. Konstituierend für das ostfränkisch-<strong>de</strong>utsche Reich wirkte<br />

auch die Italienpolitik Ottos <strong>de</strong>s Großen, die im Erwerb (Reichs-) Italiens <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Kaiserkrone<br />

gipfelte (962) <strong>und</strong> die das schwäbische Herzogtum neben <strong>de</strong>m bayerischen Raum wie<br />

schon <strong>in</strong> karol<strong>in</strong>gischer Zeit als e<strong>in</strong>en Verb<strong>in</strong>dungsraum zwischen „Deutschland“ <strong>und</strong> Italien<br />

sah. Hierbei spielte die schwäbische Herzogsherrschaft <strong>de</strong>s Liudolf (950-954), <strong>de</strong>s ältesten<br />

Sohnes Ottos I., e<strong>in</strong>e gewisse Rolle. Liudolf hatte sich 953/54 allerd<strong>in</strong>gs gegen se<strong>in</strong>en Vater<br />

aufgelehnt – e<strong>in</strong> Indiz dafür, dass es damals noch allgeme<strong>in</strong> an <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>ordnung <strong>de</strong>r ostfränkischen<br />

Herzogtümer <strong>in</strong> die ottonische Herrschaft mangelte. Nachfolger Liudolfs wur<strong>de</strong><br />

Burkhard II. (954-973), <strong>de</strong>r Sohn Burkhards I. Gewisse herzogliche Funktionen sollte nach<br />

<strong>de</strong>m Tod Burkhards II. <strong>de</strong>ssen Witwe Hadwig (†994) ausüben, wobei sie auf <strong>de</strong>m Hohentwiel<br />

mit se<strong>in</strong>em Georgskloster, <strong>in</strong> Wahlwies, auf <strong>de</strong>r Reichenau <strong>und</strong> <strong>in</strong> St. Gallen nachzuweisen<br />

ist. Da neben Hadwig <strong>in</strong> Schwaben noch die vom Königtum e<strong>in</strong>gesetzten Herzöge Otto I.<br />

(973-983) <strong>und</strong> Konrad (983-997) Herrschaft ausübten, war damals die eigenartige Situation<br />

e<strong>in</strong>es Doppelherzogtums gegeben.<br />

Die Zeit <strong>de</strong>r sächsischen Könige Otto III. (983-1002) <strong>und</strong> He<strong>in</strong>rich II. (1002-1024) sah e<strong>in</strong><br />

wie<strong>de</strong>rum verstärktes E<strong>in</strong>greifen <strong>de</strong>s Königtums <strong>in</strong> die machtpolitischen Verhältnisse <strong>de</strong>s<br />

schwäbischen Herzogtums. Otto III. erhob nach <strong>de</strong>m Tod Hadwigs Ansprüche auf <strong>de</strong>n Hohenentwiel<br />

<strong>und</strong> Sasbach, das Nonnenkloster St. Margarethen <strong>in</strong> Waldkirch wur<strong>de</strong> neben <strong>de</strong>r<br />

Reichenau zu e<strong>in</strong>em königlichen Stützpunkt, <strong>de</strong>r (Zähr<strong>in</strong>ger-) Graf Berthold (991/96-1024)<br />

erhielt am 29. März 999 das Recht, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Ort Vill<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>en Markt mit Münze, Zoll <strong>und</strong><br />

Bann e<strong>in</strong>zurichten. Umgekehrt verstärkte Herzog Hermann II. (997-1003), <strong>de</strong>r Sohn Konrads,<br />

se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> Schwaben. Hermann war es auch, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m Tod Ottos III. se<strong>in</strong>en<br />

Anspruch auf das ostfränkisch-<strong>de</strong>utsche Königtum durchzusetzen versuchte, letztlich aber<br />

<strong>de</strong>m Bayernherzog He<strong>in</strong>rich unterlag. Der, schon König, verwüstete 1002 Schwaben <strong>und</strong><br />

erreichte die Unterwerfung Hermanns <strong>in</strong> Bruchsal. Nach <strong>de</strong>m baldigen Tod <strong>de</strong>s Herzogs<br />

stand Schwaben <strong>de</strong>n Plänen He<strong>in</strong>richs II. vollends offen. Die politische Umgestaltung <strong>de</strong>s<br />

Bo<strong>de</strong>nseeraumes <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Oberrhe<strong>in</strong>s machte weiter zu Gunsten <strong>de</strong>s Königtums Fortschritte.<br />

Dabei <strong>de</strong>utete die Politik He<strong>in</strong>richs II. gegenüber <strong>de</strong>m Basler Bistum schon <strong>de</strong>n 1033<br />

durch Kaiser Konrad II. (1024-1039) vollzogenen Erwerb <strong>de</strong>s Königreichs Burg<strong>und</strong> an.<br />

Mit Konrad II. betrat die Königsdynastie <strong>de</strong>r Salier <strong>de</strong>n reichspolitischen Bo<strong>de</strong>n. Konrad hatte<br />

sich <strong>in</strong> Schwaben mit Herzog Ernst II. (1016/17-1030), <strong>de</strong>m Sohn se<strong>in</strong>er Ehefrau Gisela,<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r zu setzen (1025, 1027/28, 1030). Doch unterlag Ernst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Bestreben, die<br />

herzogliche Gewalt wie<strong>de</strong>r aufzurichten, letztlich <strong>de</strong>r königlichen Partei <strong>in</strong> Schwaben: Nach<strong>de</strong>m<br />

er sich im Sommer 1030 im Schwarzwald verschanzt hatte, fiel er am 17. August <strong>de</strong>sselben<br />

Jahres im Entscheidungskampf auf <strong>de</strong>r Baar. In <strong>de</strong>r Folgezeit steigerte sich <strong>de</strong>r salische<br />

E<strong>in</strong>fluss im Südwesten Deutschlands noch, da He<strong>in</strong>rich (III.), <strong>de</strong>r Sohn Kaiser Konrads,<br />

schwäbischer Herzog wur<strong>de</strong> (1038-1045), e<strong>in</strong>e Wür<strong>de</strong>, die er auch noch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Anfangsphase<br />

se<strong>in</strong>er Königsherrschaft (1039-1056) behielt. Im Austausch gegen Kaiserswerth <strong>und</strong><br />

Duisburg (am Nie<strong>de</strong>rrhe<strong>in</strong>) erhielt danach Otto II. (1045-1047), <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s rhe<strong>in</strong>ischen<br />

Pfalzgrafen Ezzo (996-1034) <strong>und</strong> selbst lothr<strong>in</strong>gischer Pfalzgraf (1034-1045), das Herzogtum.<br />

Über Herzog Otto III. von Schwe<strong>in</strong>furt (1048-1057) ist wenig bekannt, <strong>und</strong> Rudolf von<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 5


Rhe<strong>in</strong>fel<strong>de</strong>n (1057-1080) war schwäbischer Herzog am Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s Investiturstreits (1075-<br />

1122). Von da aus rückblickend kann festhalten wer<strong>de</strong>n, dass Schwaben (Alemannien) im<br />

Verlauf <strong>de</strong>s 10. <strong>und</strong> 11. Jahrh<strong>und</strong>erts zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegralen Bestandteil e<strong>in</strong>es entstehen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschen Reiches gewor<strong>de</strong>n war. Dieses Reich bestand nun aus <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>rtrias Deutschland,<br />

(Nord- <strong>und</strong> Mittel-) Italien <strong>und</strong> Burg<strong>und</strong>, drei Herrschaftsräume, verb<strong>und</strong>en über <strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschen König <strong>und</strong> römischen Kaiser, drei Königreiche, die gera<strong>de</strong> im Bereich Schwabens<br />

geografisch <strong>und</strong> politisch aufe<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r stießen.<br />

Der <strong>de</strong>utsche Südwesten, also Schwaben bzw. Alemannien, war am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 11. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

beson<strong>de</strong>rs von gregorianischer Kirchenreform <strong>und</strong> Investiturstreit betroffen. An <strong>de</strong>r<br />

Spitze <strong>de</strong>s Reformmönchtums stand das Benedikt<strong>in</strong>erkloster Hirsau unter se<strong>in</strong>em Abt Wilhelm<br />

(1069-1091). Das Mönchtum Hirsauer Prägung sollte dann e<strong>in</strong>ige Verbreitung erfahren,<br />

vorzugsweise <strong>in</strong> Schwaben, aber auch <strong>in</strong> Franken, Mittel- <strong>und</strong> Ost<strong>de</strong>utschland. Dabei hat,<br />

was Schwaben anbetrifft, <strong>de</strong>r dortige A<strong>de</strong>l – politisch vielfach gegen <strong>de</strong>n Salierkönig He<strong>in</strong>rich<br />

IV. (1056-1106) e<strong>in</strong>gestellt, aber auch zerrissen – die gregorianische Reformpartei unterstützt.<br />

Der von (süd-) <strong>de</strong>utschen Fürsten gewählte Gegenkönig zu He<strong>in</strong>rich IV., Rudolf von<br />

Rhe<strong>in</strong>fel<strong>de</strong>n (1077-1080), war auch schwäbischer Herzog, <strong>de</strong>m <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schlacht bei Hohenmölsen<br />

(15. Oktober 1080) bezeichnen<strong>de</strong>rweise se<strong>in</strong>e Schwurhand abgeschlagen wur<strong>de</strong> –<br />

e<strong>in</strong>e Verw<strong>und</strong>ung, an <strong>de</strong>r er wenig später starb. In <strong>de</strong>r Folgezeit etablierten sich die Staufer<br />

(ab 1079) <strong>und</strong> die Zähr<strong>in</strong>ger (ab 1092) als Herzöge: Friedrich I. (1079-1105) begrün<strong>de</strong>te das<br />

von König He<strong>in</strong>rich IV. vergebene staufische Herzogtum, <strong>in</strong> Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Zähr<strong>in</strong>gern,<br />

<strong>de</strong>r mächtigen A<strong>de</strong>lsfamilie <strong>de</strong>r Berthol<strong>de</strong> nicht nur <strong>de</strong>s Breis- <strong>und</strong> Thurgaus, entstand<br />

auf längere Sicht e<strong>in</strong> dynastisches Herzogtum neben <strong>de</strong>m schwäbisch-staufischen. Eckpunkte<br />

hierfür waren <strong>de</strong>r Ausgleich <strong>de</strong>s Zähr<strong>in</strong>gerherzogs Berthold II. (1078-1111) mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen<br />

Herrscher (1098) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e erfolgreiche Formierung <strong>de</strong>r Herzogsherrschaft am Oberrhe<strong>in</strong>,<br />

im Schwarzwald, auf <strong>de</strong>r Baar, am Neckar, um Rhe<strong>in</strong>fel<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>in</strong> Zürich, schließlich<br />

auch im Königreich Burg<strong>und</strong>, wo die Zähr<strong>in</strong>ger als rector bzw. dux Burg<strong>und</strong>iae (1127 bzw.<br />

1152) auftraten. Neben <strong>de</strong>n Staufern <strong>und</strong> Zähr<strong>in</strong>gern s<strong>in</strong>d als dritte herzogliche Macht im<br />

(östlichen) Schwaben <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts die Welfen auszumachen. Schwäbische „E<strong>in</strong>tracht“<br />

offenbarte sich dann auf <strong>de</strong>m allgeme<strong>in</strong>en Fürstentag <strong>in</strong> Rottenacker (1116) <strong>und</strong> bei<br />

<strong>de</strong>r Erhebung <strong>de</strong>r Gebe<strong>in</strong>e <strong>de</strong>s Bischofs Konrad (I., 935-975) <strong>in</strong> Konstanz (26. November<br />

1123), wo e<strong>in</strong> magnus conventus die Großen Schwabens zusammenführte.<br />

Der Ausgleich <strong>de</strong>s Königtums mit <strong>de</strong>n Zähr<strong>in</strong>gern machte <strong>de</strong>n Weg nach Schwaben auch für<br />

die <strong>de</strong>utschen Herrscher frei, zumal nach Beendigung <strong>de</strong>s Investiturstreits. So ist Kaiser<br />

He<strong>in</strong>rich V. (1106-1125) um die Jahreswen<strong>de</strong> von 1124/25 <strong>in</strong> Straßburg nachweisbar, wo er<br />

sich mit se<strong>in</strong>er verantwortlichen Politik für die schwäbischen Kirchen wie<strong>de</strong>r E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten<br />

eröffnete. Die Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen zwischen <strong>de</strong>n Staufern <strong>und</strong> König Lothar von<br />

Suppl<strong>in</strong>burg (1125-1137) en<strong>de</strong>ten dann mit Nie<strong>de</strong>rlage <strong>und</strong> Unterwerfung <strong>de</strong>r Ersteren<br />

(1135). Mit König Konrad III. (1138-1152), <strong>de</strong>r <strong>de</strong>nnoch die Nachfolge Lothars antrat, waren<br />

erstmals Königtum <strong>und</strong> Herzogtum geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> staufischer Hand. Schwaben wur<strong>de</strong> zunehmend<br />

zum Anhängsel staufischer Königs- <strong>und</strong> Machtpolitik – gera<strong>de</strong> im Streit zwischen<br />

Staufern <strong>und</strong> Welfen. Es wird e<strong>in</strong> (früh-) staufisches Schwaben sichtbar, wenn auch die Herzöge<br />

von Zähr<strong>in</strong>gen im Südteil wichtige politische Positionen <strong>in</strong>nehatten, es ist e<strong>in</strong>e prov<strong>in</strong>cia<br />

Suevorum ohne das Elsass, die Ortenau <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Breisgau, zu <strong>de</strong>r aber gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts das staufische Franken e<strong>in</strong>e große Nähe zeigte, e<strong>in</strong> regnum Sueviae mit e<strong>in</strong>er<br />

sich zunächst auf die politische Oberschicht beziehen<strong>de</strong>n Formierung regionaler I<strong>de</strong>ntität als<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 6


„Schwaben“. So begann also mit <strong>de</strong>r Zweiteilung <strong>de</strong>s ottonisch-salischen Herzogtums zwischen<br />

Staufern <strong>und</strong> Zähr<strong>in</strong>gern (1098) die Verengung <strong>de</strong>s politisch-geografischen Begriffs<br />

„Schwaben“ auf <strong>de</strong>n staufischen Machtbereich. Auf <strong>de</strong>r Ebene von staufischem Herzogtum<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>utschem Reich nördlich <strong>de</strong>r Alpen ist nun e<strong>in</strong> Gegen- <strong>und</strong> Mite<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r von Herzögen<br />

<strong>und</strong> Königen zu beobachten. Zu verweisen sei noch auf die Kämpfe zwischen Staufern <strong>und</strong><br />

Welfen zur Zeit König Konrads III. <strong>und</strong> auf die nicht immer unproblematischen Beziehungen<br />

Kaiser Friedrichs I. Barbarossa (1152-1190) zu se<strong>in</strong>em Neffen, <strong>de</strong>m Herzog Friedrich IV. von<br />

Rothenburg (1152-1167). Die berühmte Tüb<strong>in</strong>ger Feh<strong>de</strong> (1164-1166) gehört hierher, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

sich <strong>de</strong>r Herzog auf die Seite <strong>de</strong>s Pfalzgrafen Hugo II. von Tüb<strong>in</strong>gen (1152-1182) <strong>und</strong> gegen<br />

Herzog Welf VI. (†1191) <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Sohn Welf VII. (†1167) stellte. Erst die Vermittlung Kaiser<br />

Friedrichs im März 1166 führte zur Beilegung <strong>de</strong>s Konflikts.<br />

Der vierte Romzug <strong>de</strong>s Kaisers (1166-1168) <strong>und</strong> die Ruhr- o<strong>de</strong>r Malariaepi<strong>de</strong>mie im <strong>de</strong>utschen<br />

Heer brachten durch die große Zahl <strong>de</strong>r Toten auch unter <strong>de</strong>n geistlichen <strong>und</strong> weltlichen<br />

Fürsten, darunter Friedrich von Rothenburg <strong>und</strong> Welf VII., für Schwaben <strong>und</strong> das Herzogtum<br />

e<strong>in</strong>e politische Neuorientierung. Herzog wur<strong>de</strong> nun <strong>de</strong>r Barbarossa-Sohn Friedrich V.<br />

(1167-1191), das Erbe <strong>de</strong>r Grafen von Pfullendorf, Lenzburg u.a., die <strong>in</strong> Rom an <strong>de</strong>r Epi<strong>de</strong>mie<br />

gestorben waren, ermöglichte <strong>de</strong>n Staufern e<strong>in</strong>e erfolgreiche Territorialpolitik im <strong>de</strong>utschen<br />

Südwesten. H<strong>in</strong>zu kam die Anwartschaft auf die schwäbischen Güter <strong>de</strong>r Welfen, die<br />

1190 an die Staufer fielen, h<strong>in</strong>zu kamen Teile <strong>de</strong>s Besitzes <strong>de</strong>r Zähr<strong>in</strong>gerherzöge, die 1218<br />

ausstarben. Schwaben, <strong>de</strong>r staufische Territorialblock <strong>und</strong> das Herzogtum, blieb <strong>in</strong> staufischer<br />

Hand, sieht man von e<strong>in</strong>em kurzen Zwischenspiel am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Thronstreits<br />

ab, als nach <strong>de</strong>r Ermordung <strong>de</strong>s staufischen Königs Philipp von Schwaben (1198-<br />

1208) <strong>de</strong>r Welfe Otto IV. (1198-1215/18) allgeme<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland anerkannt wur<strong>de</strong>. Als sich<br />

schließlich <strong>de</strong>r sizilische Herrscher Friedrich II. von Hohenstaufen (1198/1212-1250) als<br />

<strong>de</strong>utscher König durchsetzte, machte er se<strong>in</strong>en Sohn He<strong>in</strong>rich zuerst zum schwäbischen<br />

Herzog (1217) <strong>und</strong> dann zum König ((VII.), 1220-1235). Beson<strong>de</strong>rs He<strong>in</strong>richs Versuch, e<strong>in</strong><br />

königliches Territorium entlang <strong>de</strong>s Neckars aufzubauen, brachte ihn aber <strong>in</strong> Gegensatz zu<br />

<strong>de</strong>n Fürsten <strong>und</strong> Territorialherren <strong>und</strong> führte zu se<strong>in</strong>er Absetzung (1235), während Kaiser<br />

Friedrich II. mit se<strong>in</strong>er „Übere<strong>in</strong>kunft mit <strong>de</strong>n geistlichen Fürsten“ (1220) <strong>und</strong> <strong>de</strong>m „Statut zu<br />

Gunsten <strong>de</strong>r Fürsten“ (1231) die geistlichen <strong>und</strong> weltlichen Herrschaftsträger <strong>in</strong> Deutschland<br />

privilegierte. Nachfolger He<strong>in</strong>richs <strong>in</strong> Schwaben <strong>und</strong> im Königtum wur<strong>de</strong> Konrad IV. (1235-<br />

1254). Der Kampf zwischen Papsttum <strong>und</strong> Kaisertum, die Bannung <strong>und</strong> Absetzung <strong>de</strong>s Kaisers<br />

auf <strong>de</strong>m Konzil zu Lyon (1245), das Gegenkönigtum He<strong>in</strong>rich Raspes (1246-1247) <strong>und</strong><br />

Wilhelms von Holland (1247-1256) führten dann zum Bürgerkrieg <strong>in</strong> Deutschland, von <strong>de</strong>m<br />

auch Schwaben schwer betroffen war. Er<strong>in</strong>nert sei an Graf Ulrich I. von <strong>Württemberg</strong><br />

(ca.1240-1265), <strong>de</strong>r 1246 auf die Seite <strong>de</strong>r Staufergegner überwechselte. Nach <strong>de</strong>m To<strong>de</strong><br />

Konrads IV. konnte sich <strong>de</strong>ssen Sohn Konrad<strong>in</strong> im schwäbischen Herzogtum behaupten<br />

(1254-1268), bis er bei <strong>de</strong>m Versuch, das sizilische Königreich zu erobern, Karl von Anjou<br />

(1266-1284) unterlag <strong>und</strong> als letzter (legitimer) Staufer auf <strong>de</strong>m Marktplatz von Neapel h<strong>in</strong>gerichtet<br />

wur<strong>de</strong> (1268). Damit war auch das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s schwäbischen Herzogtums gekommen,<br />

das so lang mit <strong>de</strong>m staufischen Königtum verb<strong>und</strong>en gewesen war.<br />

Im Schwaben <strong>de</strong>r Stauferzeit s<strong>in</strong>d dann folgen<strong>de</strong> gesellschaftliche Entwicklungen auszumachen:<br />

E<strong>in</strong>er starken Bevölkerungszunahme im hohen Mittelalter entsprach e<strong>in</strong> Prozess <strong>de</strong>r<br />

Herrschafts<strong>in</strong>tensivierung bei Lan<strong>de</strong>sausbau, fürstlicher Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>und</strong> Verherrschaftlichung<br />

<strong>de</strong>r Herzogtümer. Die Besiedlung Südwest<strong>de</strong>utschlands war zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 13. Jahr-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 7


h<strong>und</strong>erts zum großen Teil abgeschlossen, auch die Täler <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s wur<strong>de</strong>n genutzt.<br />

Neben <strong>de</strong>n südwest<strong>de</strong>utschen Herzogsfamilien <strong>de</strong>r Staufer, Welfen <strong>und</strong> Zähr<strong>in</strong>ger gab<br />

es die Grafen von Nellenburg, Ver<strong>in</strong>gen, Sulz, Hohenberg, Achalm, Urach, Freiburg, Calw<br />

(mit Löwenste<strong>in</strong> <strong>und</strong> Vaih<strong>in</strong>gen), Lauffen, die Herzöge von Teck, die Herren von Geroldseck,<br />

Dürn, Hohenlohe u.v.m, darunter die so erfolgreichen Grafen von <strong>Württemberg</strong> o<strong>de</strong>r die<br />

Markgrafen von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>. Städte entstan<strong>de</strong>n, u.a. die berühmten Zähr<strong>in</strong>gerstädte (Freiburg,<br />

Vill<strong>in</strong>gen u.a.) <strong>und</strong> die staufischen Königsstädte, aus <strong>de</strong>nen Reichsstädte wer<strong>de</strong>n sollten. Im<br />

Rahmen <strong>de</strong>s hochmittelalterlichen Systems <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>de</strong>r geistlichen <strong>und</strong> weltlichen<br />

Gr<strong>und</strong>herrn kam es zu vielfältigen Wandlungen, Verkehr <strong>und</strong> Han<strong>de</strong>l <strong>in</strong>tensivierten<br />

sich, die Mobilität <strong>de</strong>r Bevölkerung nahm zu. Die kirchlichen Entwicklungen, die neuen<br />

Mönchs- <strong>und</strong> Ritteror<strong>de</strong>n seien hier nur am Ran<strong>de</strong> erwähnt.<br />

Südwest<strong>de</strong>utschland im späten Mittelalter<br />

Das Südwest<strong>de</strong>utschland <strong>de</strong>r nachstaufischen Zeit nahm die eben genannten Entwicklungen<br />

bruchlos auf. Erkennbar wird, dass im späten Mittelalter das politisch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />

kle<strong>in</strong>en, mittleren <strong>und</strong> größeren Territorien zersplitterte Schwaben fast <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>zige Raum im<br />

römisch-<strong>de</strong>utschen Reich war, auf <strong>de</strong>n das <strong>de</strong>utsche Königtum über die eigene Hausmacht<br />

h<strong>in</strong>aus noch E<strong>in</strong>fluss nehmen konnte. Reichsunmittelbar waren: die Reichsstädte, e<strong>in</strong>e<br />

Reichsritterschaft, geistliche Herrschaften u.a. <strong>in</strong> <strong>de</strong>r sich entwickeln<strong>de</strong>n oberschwäbischen<br />

Reichsprälatenlandschaft. H<strong>in</strong>zu kamen die unter König Rudolf I. von Habsburg (1273-1291)<br />

entstan<strong>de</strong>nen Reichslandvogteien, doch nahm das Reichsgut auch im <strong>de</strong>utschen Südwesten<br />

kont<strong>in</strong>uierlich im 14. <strong>und</strong> 15. Jahrh<strong>und</strong>ert ab, u.a. durch Verpfändung (auch von Reichsstädten)<br />

an die (großen) weltlichen Lan<strong>de</strong>sherren. Diese Reichspfandschaften kamen dann <strong>de</strong>m<br />

Territorialaufbau <strong>de</strong>r Fürsten zugute, z.B. <strong>de</strong>r Grafschaft <strong>Württemberg</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>m habsburgischen<br />

Vor<strong>de</strong>rösterreich, wobei die habsburgischen Könige auch gleichzeitig südwest<strong>de</strong>utsche<br />

Lan<strong>de</strong>sherren waren.<br />

Der herrschaftlich-machtpolitische Rahmen lässt sich noch weiter abstecken, wenn – neben<br />

Königtum <strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>sherrschaften – <strong>de</strong>s Dualismus zwischen „König <strong>und</strong> Reich“ gedacht<br />

wird. Dem gewählten Herrscher <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er auf Hausmacht basieren<strong>de</strong>n Politik stan<strong>de</strong>n die<br />

<strong>de</strong>n König wählen<strong>de</strong>n sieben Kurfürsten gegenüber als – man beachte die Gol<strong>de</strong>ne Bulle<br />

Kaiser Karls IV. (1347-1378) von 1356 – Mitsprache e<strong>in</strong>for<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Repräsentanten <strong>de</strong>s Reiches.<br />

Nicht vergessen wer<strong>de</strong>n darf auch die Frie<strong>de</strong>nssicherung suchen<strong>de</strong> Politik <strong>de</strong>r Könige,<br />

die oftmals scheiterte, <strong>und</strong> das R<strong>in</strong>gen um e<strong>in</strong>e Reichsreform mit <strong>de</strong>m vorläufigen Schlusspunkt<br />

auf <strong>de</strong>m Wormser Reichstag (1495) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>richtung von zehn Reichskreisen<br />

(1507/12). Verwiesen wer<strong>de</strong>n soll noch auf bündische Zusammenschlüsse im <strong>de</strong>utschen<br />

Südwesten wie die Schweizer Eidgenossenschaft, die Städtebün<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Schwäbischen<br />

B<strong>und</strong> von 1488. Zu beachten s<strong>in</strong>d schließlich die gesellschaftlichen Verän<strong>de</strong>rungen im späten<br />

Mittelalter: die zunehmen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung von Städten <strong>und</strong> Han<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>r katastrophale Bevölkerungsrückgang<br />

im Zuge <strong>de</strong>r Pest (Schwarzer Tod, ab 1348/49), das Elend <strong>de</strong>r Unterschichten,<br />

die Bauernerhebungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bauernkrieg (1525).<br />

Die politische Entwicklung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Südwestens im späten Mittelalter ist zunächst geprägt<br />

durch e<strong>in</strong>e Neubefestigung <strong>de</strong>r Königsmacht unter König Rudolf von Habsburg. Auch<br />

konnte sich König He<strong>in</strong>rich VII. (1308-1313) gegen <strong>de</strong>n <strong>Württemberg</strong>er Grafen Eberhard I.<br />

(1279-1325) erfolgreich durchsetzen, doch war die königliche Politik im <strong>de</strong>utschen Südwes-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 8


ten unter <strong>de</strong>m Wittelsbacher Ludwig <strong>de</strong>m Bayern (1314-1347) nicht frei von Rückschlägen,<br />

bed<strong>in</strong>gt durch das Gegenkönigtum <strong>de</strong>s Habsburgers Friedrich (III.) <strong>de</strong>s Schönen (1314-<br />

1330) <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Kampf Ludwigs gegen Papst <strong>und</strong> Kurie <strong>in</strong> Avignon, bed<strong>in</strong>gt aber auch durch<br />

die Verpfändungspraxis <strong>de</strong>s Herrschers. Die Zeit <strong>de</strong>r Könige Karl IV., Wenzel (1378-1400)<br />

<strong>und</strong> Sigism<strong>und</strong> (1410-1437) stand dann ganz im Zeichen <strong>de</strong>r luxemburgischen Hausmacht<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r verstärkten E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>de</strong>s schwäbischen Raums <strong>in</strong> die königliche Politik. Es ist die<br />

Zeit <strong>de</strong>s Großen Papstschismas (1378-1417) <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Konzils von Konstanz (1414-1418). Ab<br />

Albrecht II. (1438-1439) sollten die Habsburger die Könige bzw. Kaiser im „Heiligen Römischen<br />

Reich <strong>de</strong>utscher Nation“ stellen, als Lan<strong>de</strong>sherren über Vor<strong>de</strong>rösterreich hatten sie es<br />

mit <strong>de</strong>r erfolgreichen Schweizer Eidgenossenschaft zu tun, die ihr Gebiet im 14. <strong>und</strong> 15.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert bis nach Zürich, Luzern, Schaffhausen <strong>und</strong> Basel aus<strong>de</strong>hnen konnte (u.a. im<br />

Schwabenkrieg von 1499). Auch die Plün<strong>de</strong>rungszüge <strong>de</strong>r Armagnaken (1444/45), <strong>de</strong>r Zweite<br />

Städtekrieg (1448-1453), das Vordr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Scheitern <strong>de</strong>r burg<strong>und</strong>ischen Herzöge<br />

(1477) sowie die burg<strong>und</strong>ische Erbschaft <strong>de</strong>r Habsburger mit <strong>de</strong>r nunmehrigen Stellung Vor<strong>de</strong>rösterreichs<br />

als B<strong>in</strong><strong>de</strong>glied zwischen Österreich <strong>und</strong> <strong>de</strong>n habsburgischen Besitzungen im<br />

Westen machten das 15. Jahrh<strong>und</strong>ert nicht friedlicher. Um die Wen<strong>de</strong> zum 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

bil<strong>de</strong>ten die Habsburger, <strong>Württemberg</strong>, <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> <strong>und</strong> die wittelbachische Pfalz die wichtigsten<br />

Territorien im <strong>de</strong>utschen Südwesten. In<strong>de</strong>s geriet <strong>Württemberg</strong> ab 1519/20 unter habsburgische<br />

Herrschaft, doch gelang 1534 die gewaltsame Rückeroberung durch Herzog Ulrich<br />

(1498-1550). Die Reichsreformen seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> die Konstituierung<br />

<strong>de</strong>s schwäbischen Reichskreises (1512) leiten dann zur frühen Neuzeit über.<br />

Südwest<strong>de</strong>utschland <strong>in</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit<br />

Die frühe Neuzeit <strong>de</strong>s 16. bis 18. Jahrh<strong>und</strong>erts ist die Epoche <strong>de</strong>r Reformation, <strong>de</strong>r Konfessionalisierung<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Absolutismus. Reformation be<strong>de</strong>utet die Ablösung <strong>de</strong>r altkirchlichen<br />

Ordnung durch das protestantische Kirchensystem <strong>de</strong>r spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen<br />

Lan<strong>de</strong>sherrschaften. Beson<strong>de</strong>rs das Herzogtum <strong>Württemberg</strong> spielte bei <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>führung <strong>de</strong>r<br />

Reformation (1534/36) e<strong>in</strong>e Vorreiterrolle im <strong>de</strong>utschen Südwesten. Ihm folgten die calv<strong>in</strong>istisch<br />

geprägte Kurpfalz <strong>und</strong> schließlich die Markgrafschaft <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-Durlach, während <strong>de</strong>r vor<strong>de</strong>rösterreichische<br />

<strong>und</strong> mith<strong>in</strong> katholische Machtbereich <strong>de</strong>r Habsburger von <strong>de</strong>r Reformation<br />

nicht betroffen war. E<strong>in</strong>e Anerkennung <strong>de</strong>s neuen christlichen Glaubens stellen die Beschlüsse<br />

<strong>de</strong>s Augsburger Religionsfrie<strong>de</strong>ns von 1555 dar.<br />

Das Zeitalter von Gegenreformation <strong>und</strong> Konfessionalisierung war die 2. Hälfte <strong>de</strong>s 16. <strong>und</strong><br />

die 1. <strong>de</strong>s 17. Jahrh<strong>und</strong>erts. Es war verb<strong>und</strong>en mit e<strong>in</strong>er Reform <strong>de</strong>r katholischen Kirche<br />

(Jesuitenor<strong>de</strong>n 1534; Tri<strong>de</strong>nt<strong>in</strong>um 1545/63) bei Rückgew<strong>in</strong>nung verloren gegangener, ehemals<br />

katholischer Gebiete (Rekatholisierung). Immer wie<strong>de</strong>r vermischten sich <strong>in</strong> dieser Epoche<br />

die Fragen <strong>de</strong>r Religion mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r (dynastischen) Politik, erkennbar beson<strong>de</strong>rs am<br />

Deutschland zerstören<strong>de</strong>n Dreißigjährigen Krieg (1618-1648).<br />

Der Westfälische Frie<strong>de</strong>n (1648) leitete dann die letzten r<strong>und</strong> an<strong>de</strong>rthalb Jahrh<strong>und</strong>erte <strong>de</strong>s<br />

römischen-<strong>de</strong>utschen Reiches <strong>de</strong>r Kaiser, Kurfürsten <strong>und</strong> Reichsfürsten e<strong>in</strong>. Es ist die Zeit<br />

<strong>de</strong>s Absolutismus, <strong>de</strong>r europäischen Monarchien, allen voran Frankreichs, <strong>und</strong> <strong>de</strong>r großen<br />

<strong>und</strong> kle<strong>in</strong>en Fürsten im Alten Reich. Merkantilismus als Wirtschaftsform <strong>und</strong> Aufklärung als<br />

„Herrschaft <strong>de</strong>r Vernunft“ prägten das 18. Jahrh<strong>und</strong>ert. Die Französische Revolution (1789)<br />

been<strong>de</strong>te die frühe Neuzeit.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 9


Auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r südwest<strong>de</strong>utschen Lan<strong>de</strong>sherrschaften <strong>und</strong> zum Teil <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>s<br />

schwäbischen <strong>und</strong> oberrhe<strong>in</strong>ischen Reichskreises bestimmten weiterh<strong>in</strong> die Kurpfalz, die<br />

Markgrafschaft <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>, das Herzogtum <strong>Württemberg</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>r vor<strong>de</strong>rösterreichische Territorialkomplex<br />

das Geschehen. Zur politischen Zersplitterung kam die religiöse h<strong>in</strong>zu, stan<strong>de</strong>n<br />

sich die reformierte Kurpfalz, das lutheranische <strong>Württemberg</strong> <strong>und</strong> das katholische Vor<strong>de</strong>rösterreich<br />

gegenüber; nach <strong>de</strong>r Teilung <strong>de</strong>r Markgrafschaft <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> (1535) wur<strong>de</strong>n das evangelische<br />

<strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-Durlach <strong>und</strong> das katholische <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> zu „fe<strong>in</strong>dlichen Brü<strong>de</strong>rn“. Der politische<br />

Gegensatz zwischen <strong>de</strong>m Königreich Frankreich <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Haus Habsburg-Österreich<br />

führte im ausgehen<strong>de</strong>n 17. <strong>und</strong> im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert zu Kriegen, die beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />

Südwesten schwer schädigten (z.B. Pfälzer Krieg 1688-1697).<br />

Vom 19. zum 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Die Geschichte <strong>de</strong>s 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>erts br<strong>in</strong>gen wir mit <strong>de</strong>r neueren <strong>und</strong> neuesten Zeit<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Zeitgeschichte <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung. Französische Revolution, Restauration <strong>und</strong> Vormärz<br />

(1789/1815-1848), die Revolution von 1848/49 <strong>und</strong> die Zeit danach (1848-1871) sowie das<br />

Deutsche Kaiserreich (1871-1918) machen die neuere bzw. neueste Zeit, Weimarer Republik<br />

(1918-1933), Nationalsozialismus (1933-1945) <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland (ab<br />

1945/49) die Zeitgeschichte aus.<br />

Mit <strong>de</strong>r Französischen Revolution <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Säkularisation hielten die „Mo<strong>de</strong>rne“ <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

„Fortschritt“ E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> Deutschland. Säkularisation, Mediatisierung <strong>und</strong> das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Alten<br />

Reiches schufen diesbezüglich die politischen <strong>und</strong> rechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen. Die übrig gebliebenen<br />

<strong>de</strong>utschen, zumeist fürstlichen Territorien organisierten sich nach <strong>de</strong>n napoleonischen<br />

Kriegen beim Wiener Kongress als Deutscher B<strong>und</strong> unter <strong>de</strong>r Führung Österreichs (1815). In<br />

Südwest<strong>de</strong>utschland behaupteten nur das 1806 zum Großherzogtum erhobene <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>, das<br />

ebenfalls 1806 als Königreich formierte <strong>Württemberg</strong> <strong>und</strong> das Fürstentum Hohenzollern-<br />

Sigmar<strong>in</strong>gen ihren (stark vergrößerten) Bestand.<br />

Es folgte die restaurative Perio<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Vormärz, die Zeit <strong>de</strong>s Bie<strong>de</strong>rmeiers, die aber auch<br />

geprägt war von e<strong>in</strong>em starken Bevölkerungswachstum (e<strong>in</strong>schließlich <strong>de</strong>r damit e<strong>in</strong>hergehen<strong>de</strong>n<br />

Hungersnöte, u.a. 1846/48), vom Kontrast zwischen agrarischer <strong>und</strong> handwerklichgewerblicher<br />

Subsistenz- <strong>und</strong> Erwerbswirtschaft, von <strong>de</strong>r Vor<strong>in</strong>dustrialisierung. Dampfmasch<strong>in</strong>en,<br />

Bergwerke, Eisen<strong>in</strong>dustrie <strong>und</strong> Eisenbahnbau belegen dabei e<strong>in</strong>drucksvoll <strong>de</strong>n<br />

technischen Fortschritt. Die bürgerliche Revolution <strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> beson<strong>de</strong>rs <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong><br />

brachte <strong>in</strong><strong>de</strong>s nicht <strong>de</strong>n ersehnten <strong>de</strong>utschen Nationalstaat bei politischer Freiheit se<strong>in</strong>er<br />

Bürger (1848/49).<br />

Die Schlacht bei Königgrätz im preußisch-österreichischen Krieg (1866), die daraus resultieren<strong>de</strong><br />

kle<strong>in</strong><strong>de</strong>utsche Lösung, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsch-französische Krieg (1870/71) <strong>und</strong> die Gründung<br />

<strong>de</strong>s Deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871) leiten die nächste Epoche <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Geschichte e<strong>in</strong>. Die sog. Grün<strong>de</strong>rzeit (<strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re ab <strong>de</strong>n 80er-, 90er-Jahren <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts)<br />

war e<strong>in</strong>e Phase <strong>de</strong>r Hoch<strong>in</strong>dustrialisierung, <strong>de</strong>r Etablierung <strong>de</strong>r politischen Parteien<br />

<strong>und</strong> Gewerkschaften (Arbeiterfrage), <strong>de</strong>s Kulturkampfs (Maigesetze von 1873, Frie<strong>de</strong>nsgesetze<br />

von 1886/87) <strong>und</strong> <strong>de</strong>s politischen Katholizismus. Was Wirtschaft, Han<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Gewerbe<br />

anbetraf, traten nun verstärkt die Masch<strong>in</strong>enfabriken <strong>und</strong> die chemische Industrie <strong>in</strong><br />

Ersche<strong>in</strong>ung. Handwerker fan<strong>de</strong>n als Zulieferer <strong>de</strong>r großen Betriebe ihr Auskommen, während<br />

die Lage <strong>de</strong>r Fabrikarbeiter <strong>und</strong> ihrer Familien weiterh<strong>in</strong> prekär blieb. Das Deutsche<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 10


Kaiserreich kam bekanntlich im Ersten Weltkrieg (1914-1918) zu se<strong>in</strong>em En<strong>de</strong>, als die Novemberrevolution,<br />

<strong>de</strong>r militärische Zusammenbruch <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Rücktritt <strong>de</strong>s Kaisers Deutschland<br />

erschütterten (1918). Die Zeit <strong>de</strong>r Weimarer Republik hatte begonnen, aus <strong>Württemberg</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>mokratisch organisierte Republiken.<br />

Die Anfänge <strong>de</strong>r Weimarer Republik gestalteten sich schwierig. Der Besetzung <strong>de</strong>r l<strong>in</strong>ken<br />

Rhe<strong>in</strong>lan<strong>de</strong>, die im Zuge <strong>de</strong>r Bestimmungen <strong>de</strong>s Waffenstillstands <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Versailler Frie<strong>de</strong>nsvertrags<br />

(28. Juni 1919) stattgef<strong>und</strong>en hatte, folgte <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>marsch französischer Truppen<br />

<strong>in</strong>s Ruhrgebiet (Januar 1923). Passiver Wi<strong>de</strong>rstand <strong>und</strong> Ruhrkampf erschütterten neben<br />

Inflation <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit die politische <strong>und</strong> wirtschaftliche Ordnung <strong>de</strong>r Weimarer Republik<br />

aufs Neue. Erst die E<strong>in</strong>führung <strong>de</strong>r Rentenmark <strong>und</strong> die Anerkennung <strong>de</strong>s Dawesplans<br />

(1923/24) brachten <strong>de</strong>r ersten <strong>de</strong>utschen Republik die Stabilität <strong>de</strong>r 1920er-Jahre. Die Weltwirtschaftskrise<br />

(1929/30) <strong>und</strong> die Massenarbeitslosigkeit führten dann zu e<strong>in</strong>er Polarisierung<br />

<strong>de</strong>s politischen Lebens <strong>und</strong> <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re zum Aufstieg <strong>de</strong>s Nationalsozialismus <strong>und</strong> zur<br />

„Machtergreifung“ <strong>de</strong>s „Führers“ Adolf Hitler (1933-1945) am 30. Januar 1933. Stationen <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen Diktatur waren: „Gleichschaltung“ (1933/35; u.a. Verwaltungsglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s „Dritten<br />

Reichs“ <strong>in</strong> Gaue) <strong>und</strong> Etablierung e<strong>in</strong>er „Volksgeme<strong>in</strong>schaft“; E<strong>in</strong>marsch <strong>in</strong> das entmilitarisierte<br />

Rhe<strong>in</strong>land (März 1936); Verfolgung von Kommunisten, Kirchenleuten <strong>und</strong> Ju<strong>de</strong>n;<br />

Wi<strong>de</strong>rstand im „Dritten Reich“. Der Zweite Weltkrieg (1939-1945) sah ab 1941/42 die Zerstörung<br />

<strong>de</strong>utscher Städte durch alliierte Luftangriffe <strong>und</strong> die Besetzung Deutschlands ab<br />

1944/45.<br />

Es folgten die Aufteilung Deutschlands <strong>in</strong> Besatzungszonen – hier ist die amerikanischbritische<br />

Bizone <strong>und</strong> das französisch besetzte Südwest<strong>de</strong>utschland zu nennen –, die Wie<strong>de</strong>rzulassung<br />

<strong>de</strong>r Parteien, die Zeit <strong>de</strong>s Wie<strong>de</strong>raufbaus <strong>und</strong> <strong>de</strong>s „Wirtschaftsw<strong>und</strong>ers“ (Währungsreform;<br />

21. Juni 1948) <strong>in</strong> <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland (Verkündigung <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes;<br />

23. Mai 1949). Letztere entwickelte sich im Zeitalter <strong>de</strong>s „Kalten Kriegs“ zu e<strong>in</strong>em<br />

eigenständigen, <strong>in</strong> die westlichen Bündnissysteme <strong>in</strong>tegrierten Staatswesen. Parallel dazu<br />

erfolgte die ab 1948 erfolgte Neuglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>r entstehen<strong>de</strong>n B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland. Diese führte 1952 zur Bildung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong>. Der<br />

Südweststaat erlangte auch <strong>in</strong>folge e<strong>in</strong>er zunehmend größer wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Wirtschaftsleistung<br />

große Be<strong>de</strong>utung <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>s Systems <strong>de</strong>r „freien Marktwirtschaft“ <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik,<br />

auch im Rahmen von Strukturwan<strong>de</strong>l, Ölkrise(n) <strong>und</strong> wirtschaftlichem Auf <strong>und</strong> Ab am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s 20. <strong>und</strong> am Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 21. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> parallel zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s „Kalten Krieges“<br />

<strong>und</strong> zur („Wie<strong>de</strong>r“-) Vere<strong>in</strong>igung von B<strong>und</strong>esrepublik <strong>und</strong> Deutscher Demokratischer Republik<br />

(1990).<br />

III. Entwicklung <strong>de</strong>s Mönchtums<br />

Or<strong>de</strong>n (ordo (monasticus), „Stand, Regel“) bezeichnet e<strong>in</strong>e dauern<strong>de</strong> geme<strong>in</strong>schaftliche Lebensweise<br />

nach bestimmten Regeln, <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re gemäß <strong>de</strong>n evangelischen Räten Armut,<br />

Keuschheit <strong>und</strong> Gehorsam. Zu <strong>de</strong>n im Mittelalter relevanten Or<strong>de</strong>n gehören allen voran die<br />

Mönchsor<strong>de</strong>n wie Benedikt<strong>in</strong>er (6. Jahrh<strong>und</strong>ert), Kamaldulenser, Vallombrosaner, Kartäuser<br />

(11. Jahrh<strong>und</strong>ert) o<strong>de</strong>r Zisterzienser (11./12. Jahrh<strong>und</strong>ert), daneben die Regularkanoniker<br />

wie August<strong>in</strong>erchorherren o<strong>de</strong>r Prämonstratenser (11./12. Jahrh<strong>und</strong>ert), die Ritteror<strong>de</strong>n wie<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 11


<strong>de</strong>r Johanniteror<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Deutsche Or<strong>de</strong>n (12. Jahrh<strong>und</strong>ert) <strong>und</strong> die Bettelor<strong>de</strong>n wie<br />

Franziskaner, Dom<strong>in</strong>ikaner <strong>und</strong> August<strong>in</strong>ereremiten (13. Jahrh<strong>und</strong>ert). Die Vielzahl <strong>de</strong>r<br />

(Mönchs-) Or<strong>de</strong>n seit <strong>de</strong>m Zeitalter <strong>de</strong>r gregorianischen Kirchenreform be<strong>de</strong>utete dabei natürlich<br />

e<strong>in</strong>e Konkurrenz für die alten Benedikt<strong>in</strong>erabteien <strong>und</strong> die neuen benedikt<strong>in</strong>ischen<br />

Reformklöster, die damals offenbar nicht mehr fähig waren, <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen religiösen<br />

Strömungen im abendländischen Christentum zu entsprechen.<br />

In <strong>de</strong>r frühen Neuzeit traten im Rahmen <strong>de</strong>r katholischen Erneuerung im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert die<br />

Jesuiten <strong>und</strong> (franziskanischen) Kapuz<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung, die Zäsur <strong>de</strong>r Säkularisation ließ<br />

im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert Kongregationen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong> rücken, während sich noch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r 2.<br />

Hälfte <strong>de</strong>s 20. Jahrh<strong>und</strong>erts im <strong>de</strong>utschen Südwesten neue Or<strong>de</strong>n wie die polnischen Paul<strong>in</strong>ereremiten<br />

ansie<strong>de</strong>lten. Die christlich-evangelische Religion bil<strong>de</strong>te im <strong>de</strong>utschen Südwesten<br />

ke<strong>in</strong>e Klosterkultur aus.<br />

Benedikt<strong>in</strong>er<br />

Das benedikt<strong>in</strong>ische Mönchtum hat – neben <strong>de</strong>m irofränkischen – entschei<strong>de</strong>nd zur Ausbildung<br />

e<strong>in</strong>es christlichen Alemanniens beigetragen. Die klösterliche Kultur reicht wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

<strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland bis <strong>in</strong> das 7. Jahrh<strong>und</strong>ert zurück. Der Ire Trudpert (7. Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />

1. Hälfte) soll angeblich im Südschwarzwald missioniert haben, zu nennen s<strong>in</strong>d weiter<br />

e<strong>in</strong> irischer Eremit Lan<strong>de</strong>l<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>r irische König Offo. Mit Pirm<strong>in</strong>, <strong>de</strong>m Abtsbischof irofränkischer<br />

Herkunft (†ca.755), wird dann das Reich <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong>n verlassen. Seit <strong>de</strong>r 1. Hälfte<br />

<strong>de</strong>s 8. Jahrh<strong>und</strong>erts waren die <strong>Klöster</strong> Gengenbach, Schwarzach <strong>und</strong> Schuttern wichtige<br />

Stützpunkte fränkisch-karol<strong>in</strong>gischer Herrschaft <strong>in</strong> Alemannien. Weitere Gründungen von<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaften überzogen im 8. <strong>und</strong> 9. Jahrh<strong>und</strong>ert Südwest<strong>de</strong>utschland; diese<br />

<strong>Klöster</strong>, die oft als adlige Eigenklöster begonnen hatten, g<strong>in</strong>gen vielfach <strong>in</strong> das Eigentum <strong>de</strong>s<br />

Königs über, <strong>de</strong>r sie mit Königsschutz, Immunität <strong>und</strong> Vogtei begabte <strong>und</strong> damit an das Königtum<br />

band. So bil<strong>de</strong>ten diese königlichen <strong>Klöster</strong> mit ihren mitunter ausge<strong>de</strong>hnten Gr<strong>und</strong>herrschaften<br />

e<strong>in</strong> wirtschaftliches <strong>und</strong> politisches Gegengewicht zur Macht <strong>de</strong>s A<strong>de</strong>ls. Die<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaften, bis <strong>in</strong>s 8. Jahrh<strong>und</strong>ert auch missionierend tätig, wur<strong>de</strong>n durch die<br />

Reformbestrebungen <strong>de</strong>r fränkischen Herrscher – Karl <strong>de</strong>r Große (768-814) <strong>und</strong> Ludwig <strong>de</strong>r<br />

Fromme (814-840) s<strong>in</strong>d hier zu nennen – sowie <strong>de</strong>s Benedikt von Aniane (*ca.750-†821)<br />

schließlich im Aachener Konzil (816) auf die regula sancti Benedicti („Benediktregel“) verpflichtet,<br />

ihre Aufgaben beschränkten sich auf mönchische Askese, Gebet, Liturgie, Unterricht<br />

<strong>und</strong> Studium. Die Benedikt<strong>in</strong>erklöster wur<strong>de</strong>n damit zu Mittelpunkten <strong>de</strong>r Bildung im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r für das frühe Mittelalter so be<strong>de</strong>utsamen kulturellen Bewegung <strong>de</strong>r sog. karol<strong>in</strong>gischen<br />

Renaissance. In diesem Zusammenhang ist auf die Blütezeit <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

Reichenau von Abt Waldo (786-806) bis Walahfrid Strabo (838-849) zu verweisen<br />

(z.B. St. Galler Klosterplan, ca.820).<br />

Der Zerfall <strong>de</strong>s karol<strong>in</strong>gischen Gesamtreiches im 9. Jahrh<strong>und</strong>ert bed<strong>in</strong>gte auch e<strong>in</strong>en Rückgang<br />

bei <strong>de</strong>n Klostergründungen. Lediglich das Herzogskloster auf <strong>de</strong>m Hohentwiel, Petershausen,<br />

e<strong>in</strong> Eigenkloster <strong>de</strong>s Bischofs von Konstanz, sowie das schweizerische E<strong>in</strong>sie<strong>de</strong>ln<br />

waren im 10. Jahrh<strong>und</strong>ert entstan<strong>de</strong>n. Hier, aber auch auf <strong>de</strong>r Reichenau vermittelte die<br />

Klosterreform <strong>de</strong>s lothr<strong>in</strong>gischen Gorze neue Impulse. Doch erst die Kirchen- <strong>und</strong> Klosterreform<br />

<strong>de</strong>s 11. Jahrh<strong>und</strong>erts führte <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folge zu e<strong>in</strong>er tiefgreifen<strong>de</strong>n Umgestaltung <strong>de</strong>r Klosterlandschaft<br />

<strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland. Zu nennen s<strong>in</strong>d hier St. Blasien, weiter die Mönchs-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 12


geme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> Hirsau <strong>und</strong> St. Georgen. Die drei <strong>Klöster</strong> entfalteten als benedikt<strong>in</strong>ische<br />

Reformzentren e<strong>in</strong>e über <strong>de</strong>n Schwarzwald h<strong>in</strong>ausgehen<strong>de</strong> Wirksamkeit, auch B<strong>in</strong>dungen an<br />

<strong>de</strong>n Papst <strong>und</strong> <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen König über Privilegierungen gelangen. Im Verlauf <strong>de</strong>s 12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts verblasste <strong>de</strong>r reformerische Eifer <strong>de</strong>r <strong>Klöster</strong> jedoch, <strong>de</strong>r Benedikt<strong>in</strong>eror<strong>de</strong>n<br />

stand <strong>in</strong> Konkurrenz zu erfolgreicheren Or<strong>de</strong>n wie <strong>de</strong>n Zisterziensern o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Deutschen<br />

Ritteror<strong>de</strong>n. Er<strong>in</strong>nert sei an die Gründung <strong>de</strong>r Zisterze Tennenbach (ca.1160) am Westabhang<br />

<strong>de</strong>s Schwarzwalds o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Prämonstratenserstifts Allerheiligen im Nordschwarzwald<br />

(ca.1190). Das spätere Mittelalter sah darüber h<strong>in</strong>aus z.B. <strong>in</strong> St. Georgen e<strong>in</strong>en Verfall <strong>de</strong>s<br />

monastischen Lebens. Auch Hirsau sank zu e<strong>in</strong>er prov<strong>in</strong>ziellen Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft herab<br />

(13. Jahrh<strong>und</strong>ert), während Gengenbach erfolglos darum kämpfte, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> adliges Chorherrenstift<br />

umgewan<strong>de</strong>lt zu wer<strong>de</strong>n (15. Jahrh<strong>und</strong>ert). So war <strong>de</strong>r religiöse <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />

Zustand <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Benedikt<strong>in</strong>erklöster im späten Mittelalter im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

schlecht, doch gab es Ausnahmen wie Gengenbach o<strong>de</strong>r St. Blasien, die im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st wirtschaftlich konsolidiert erschienen. Dass Reichsabteien <strong>und</strong> Reformklöster <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n spätmittelalterlichen Sog <strong>de</strong>r sich herausbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sherrschaften gerieten, ergab<br />

sich aus <strong>de</strong>m Institut <strong>de</strong>r adligen Klostervogtei, die <strong>de</strong>m lan<strong>de</strong>sherrlichen Vogt zunehmen<strong>de</strong>n<br />

E<strong>in</strong>fluss auf Kloster <strong>und</strong> Klosterbesitz verschaffte, <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re über das nicht genau abgegrenzte<br />

Obrigkeitsrecht <strong>de</strong>s ius reformandi („Recht zur Klosterreform“).<br />

Spätmittelalterlich ist die von Papst Benedikt XII. (1334-1342) <strong>de</strong>m Benedikt<strong>in</strong>eror<strong>de</strong>n gegebene<br />

Reformbulle Benedict<strong>in</strong>a (1336), die <strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong>n e<strong>in</strong>e geordnete Güterverwaltung,<br />

geistige Arbeit <strong>und</strong> <strong>in</strong>nerklösterliche Ausbildung vorschrieb sowie e<strong>in</strong>e Zentralisierung <strong>de</strong>s<br />

Or<strong>de</strong>ns, 36 Or<strong>de</strong>nsprov<strong>in</strong>zen (u.a. die Ma<strong>in</strong>z-Bamberger Prov<strong>in</strong>z für die süd<strong>de</strong>utschen <strong>Klöster</strong>)<br />

<strong>und</strong> Prov<strong>in</strong>zialkapitel verfügte. Geistige <strong>und</strong> wirtschaftliche Erneuerung war auch das Ziel<br />

<strong>de</strong>r benedikt<strong>in</strong>ischen Reformen <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts. Schon beim Konstanzer Konzil (1414-<br />

1418) stand <strong>de</strong>r St. Georgener Abt Johannes III. Kern (1392-1427) <strong>in</strong> enger Beziehung zu<br />

<strong>de</strong>n Reformern <strong>de</strong>r Konzilsbewegung, doch entfalteten die vom Donaukloster Melk <strong>und</strong> Weserkloster<br />

Bursfel<strong>de</strong> ausgehen<strong>de</strong>n Reformbewegungen e<strong>in</strong>e ungleich stärkere Wirkung. Ihnen<br />

schlossen sich, teilweise gezwungenermaßen, Hirsau (1458), Alpirsbach (1470 <strong>und</strong><br />

1482) <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re <strong>Klöster</strong> an. Dabei erhielten verstärkt Mönche aus <strong>de</strong>m Bürgertum E<strong>in</strong>gang<br />

<strong>in</strong> die Kommunitäten.<br />

Aller reformerischer Eifer wur<strong>de</strong> aber im Verlauf <strong>de</strong>s 16. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>in</strong> Frage gestellt durch<br />

Mart<strong>in</strong> Luther (*1483-†1546) <strong>und</strong> die evangelisch-protestantische Reformation, die <strong>in</strong> Überschneidung<br />

mit lan<strong>de</strong>sherrschaftlichen Interessen zur Aufhebung vieler Benedikt<strong>in</strong>erklöster<br />

führen sollte. Lediglich wenige <strong>Klöster</strong> überlebten wie die Reichsabtei Gengenbach, das<br />

Kloster St. Blasien unter <strong>de</strong>m Schirm <strong>de</strong>r katholischen Habsburger o<strong>de</strong>r St. Georgen, <strong>de</strong>ssen<br />

Mönche im österreichischen Vill<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>e neue Heimat fan<strong>de</strong>n. Doch auch die noch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

frühen Neuzeit bestehen<strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong> wur<strong>de</strong>n nach Barock <strong>und</strong> Aufklärung im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>r napoleonischen Neuordnung (Mittel-) Europas zwischen 1803 <strong>und</strong> 1806 säkularisiert.<br />

Zisterzienser<br />

Das en<strong>de</strong>n<strong>de</strong> 11. <strong>und</strong> das 12. Jahrh<strong>und</strong>ert s<strong>in</strong>d geprägt durch e<strong>in</strong>e neue Auffassung vom<br />

christlichen Glauben <strong>und</strong> Leben (vita religiosa). Im Verlauf <strong>de</strong>r Jahrzehnte um die Wen<strong>de</strong><br />

vom 11. zum 12. Jahrh<strong>und</strong>ert sollte sich daher e<strong>in</strong>e Differenzierung im Mönchtum anbahnen,<br />

das bisher dom<strong>in</strong>ieren<strong>de</strong> Benedikt<strong>in</strong>ertum (gera<strong>de</strong> cluniazensischer Prägung) wur<strong>de</strong> zu ei-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 13


nem Mönchsor<strong>de</strong>n unter an<strong>de</strong>ren – Vielfalt statt E<strong>in</strong>heit also. Zu <strong>de</strong>n damals entstehen<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> sehr erfolgreichen neuen Or<strong>de</strong>n im Bereich <strong>de</strong>s christlichen Mönchtums gehörten die<br />

Zisterzienser. Die Anfänge <strong>de</strong>s Zisterzienseror<strong>de</strong>ns lagen dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em neuen Verständnis<br />

von religiösem Leben <strong>in</strong> Abgrenzung zum damaligen Benedikt<strong>in</strong>ertum. Das Novum monasterium<br />

im Cîteaux <strong>de</strong>s Jahres 1098 (?), die Gründungsväter Robert von Molesme (†1111),<br />

Alberich (†1109) <strong>und</strong> Stephan Hard<strong>in</strong>g (†1134), die Persönlichkeit e<strong>in</strong>es Bernhard von Clairvaux<br />

(*1090-†1153) stehen am Beg<strong>in</strong>n zisterziensischer Geschichte. Im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

bil<strong>de</strong>te sich heraus die Organisation <strong>de</strong>r Zisterzienser als Klosterverband mit Mutter- <strong>und</strong><br />

Tochterklöstern, <strong>de</strong>m e<strong>in</strong>mal jährlich stattf<strong>in</strong><strong>de</strong>n<strong>de</strong>m Generalkapitel <strong>de</strong>r Äbte <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Kontrolle<br />

<strong>de</strong>r Tochtergründungen durch das jeweilige Mutterkloster. E<strong>in</strong>zelne <strong>Klöster</strong> <strong>de</strong>s Zisterzienseror<strong>de</strong>ns<br />

erhielten damals von <strong>de</strong>n Päpsten e<strong>in</strong>e Reihe be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Privilegien, <strong>de</strong>r Zisterzienseror<strong>de</strong>n<br />

selbst Or<strong>de</strong>nsprivilegien, erstmals durch Papst Eugen III. (1145-1153) im Jahr<br />

1152. Päpstliche Vergünstigungen betrafen die Abtswahl, das Verhältnis zwischen <strong>de</strong>m Or<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Bischöfen, die Unantastbarkeit <strong>de</strong>r Grangien, also <strong>de</strong>r selbst bewirtschafteten<br />

Klostergüter, die Erlaubnis <strong>de</strong>s Messelesens auch während e<strong>in</strong>es Interdikts sowie die Unabhängigkeit<br />

<strong>de</strong>r Zisterzienser von weltlichen Gerichten.<br />

Die Zeit Bernhards von Clairvaux war auch die Zeit <strong>de</strong>s Übergreifens <strong>de</strong>r Zisterzienser nach<br />

Deutschland. Die Abtei Kamp am Nie<strong>de</strong>rrhe<strong>in</strong> (1123) ist hier zu erwähnen, ebenso weitere<br />

von Morimond (1115) errichtete Filialen <strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland wie das elsässische Engelskloster<br />

Lützel (1124), Maulbronn (1139) o<strong>de</strong>r das von Lützel aus errichtete Kloster Salem<br />

(1136/38). Tennenbach ist dann von Frienisberg aus besie<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n, Frienisberg, bei Bern<br />

gelegen, war wie<strong>de</strong>rum e<strong>in</strong>e Gründung Lützels (1138) <strong>und</strong> gelangte im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert zu<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>m Besitz. Lützel im Oberelsass ist 1123 <strong>in</strong> Anwesenheit Bernhards von Clairvaux<br />

gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n.<br />

Nicht zuletzt das Scheitern <strong>de</strong>r Zisterzienser bei <strong>de</strong>r Ketzerbekämpfung brachte aber im Zusammenwirken<br />

von Papsttum <strong>und</strong> Or<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Wen<strong>de</strong>punkt, während die Frauenklöster <strong>de</strong>r<br />

Zisterzienser<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e größere Rolle spielten. Zwar gab es noch bis nach <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 13.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts für <strong>de</strong>n Or<strong>de</strong>n Privilegierungen – <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re von Papst Alexan<strong>de</strong>r IV. (1254-<br />

1261) die Bestimmung, dass Zisterzienseräbte ihren Mönchen nie<strong>de</strong>re Weihen erteilen konnten<br />

–, doch ist spätestens seit Papst Urban IV. (1261-1264) e<strong>in</strong>e Umkehr <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Politik <strong>de</strong>r<br />

römischen Bischöfe zu verzeichnen. Im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert versuchte <strong>de</strong>r zisterziensische Papst<br />

Benedikt XII. (1334-1342) die Reform <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns, jedoch ohne durchschlagen<strong>de</strong>n Erfolg.<br />

Seit Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts war <strong>de</strong>m Zisterzienseror<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Bettelor<strong>de</strong>n ebenfalls<br />

Konkurrenz erstan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r nur schwer zu begegnen war. Durch die Reformation erlitt <strong>de</strong>r<br />

Zisterzienseror<strong>de</strong>n weitere Verluste, im Rahmen von Gegenreformation <strong>und</strong> Tri<strong>de</strong>nt<strong>in</strong>ischem<br />

Konzil (1545-1563) gelang aber e<strong>in</strong>e weitere Zentralisierung <strong>und</strong> Straffung <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns; es<br />

trat 1618 e<strong>in</strong>e ober<strong>de</strong>utsche Zisterzienserkongregation <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung, die 1624 <strong>in</strong> vier Prov<strong>in</strong>zen<br />

(u.a. e<strong>in</strong>e schwäbische <strong>und</strong> fränkische) geteilt wur<strong>de</strong>. Französische Revolution <strong>und</strong><br />

Säkularisation führten dazu, dass nur noch wenige Männer- <strong>und</strong> Frauenklöster weiterbestan<strong>de</strong>n.<br />

Prämonstratenser<br />

Von <strong>de</strong>r hochmittelalterlichen Kirchenreform waren neben <strong>de</strong>n Mönchs- auch die Klerikergeme<strong>in</strong>schaften<br />

betroffen. Der heilige Norbert von Xanten (*ca.1082-†1134) grün<strong>de</strong>te im<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 14


nordfranzösischen Prémontré e<strong>in</strong>e Kommunität, die Ausgangspunkt <strong>de</strong>s Prämonstratenseror<strong>de</strong>ns<br />

wer<strong>de</strong>n sollte, e<strong>in</strong>es Or<strong>de</strong>ns von Geistlichen, die nach <strong>de</strong>r August<strong>in</strong>usregel ohne<br />

persönliches Eigentum geme<strong>in</strong>sam leben wollten (vita communis). Die August<strong>in</strong>usregel<br />

(praeceptum), auf <strong>de</strong>n heiligen Kirchenvater August<strong>in</strong>us (*354-†430) zurückgehend, kann <strong>in</strong><br />

Teilen als Vorgänger <strong>de</strong>r Benediktregel gelten; sie ordnete allgeme<strong>in</strong> das Zusammenleben <strong>in</strong><br />

geistlichen Geme<strong>in</strong>schaften <strong>und</strong> war daher – über die Benediktregel – Gr<strong>und</strong>lage für die monastische<br />

vita communis <strong>und</strong> seit <strong>de</strong>m Mittelalter für Kanoniker- <strong>und</strong> Chorherrengeme<strong>in</strong>schaften<br />

wie <strong>de</strong>n August<strong>in</strong>erchorherren <strong>und</strong> eben <strong>de</strong>n Prämonstratensern.<br />

Der Prämonstratenseror<strong>de</strong>n war zentralistisch organisiert, an <strong>de</strong>r Spitze stand <strong>de</strong>r Generalabt<br />

von Prémontré, es gab Generalversammlungen, die prämonstratensischen Geme<strong>in</strong>schaften<br />

e<strong>in</strong>es Gebietes/e<strong>in</strong>er Diözese waren zu e<strong>in</strong>er Zirkarie zusammengeschlossen, <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r e<strong>in</strong> Generalvikar <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Zirkator gewisse Aufsichtsfunktionen ausübten. Für <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />

Südwesten war bis zur Säkularisation die schwäbische Zikarie zuständig.<br />

Johanniteror<strong>de</strong>n<br />

Die geistlichen Ritteror<strong>de</strong>n vere<strong>in</strong>igten <strong>in</strong> sich die Eigenschaften von Mönchsor<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Rittertum.<br />

Sie entstan<strong>de</strong>n aus <strong>und</strong> waren eng verb<strong>und</strong>en mit <strong>de</strong>r Kreuzzugsbewegung <strong>de</strong>s hohen<br />

Mittelalters (1. Kreuzzug 1096-1099). Der Johanniteror<strong>de</strong>n entwickelte sich aus e<strong>in</strong>er<br />

Jerusalemer Laienbru<strong>de</strong>rschaft, die sich für Pilger, Arme <strong>und</strong> Kranke e<strong>in</strong>setzte. Beson<strong>de</strong>rs<br />

ab <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts gab es im <strong>de</strong>utschen Reich Johanniterkommen<strong>de</strong>n, im<br />

<strong>de</strong>utschen Südwesten waren dies: Wölch<strong>in</strong>gen (1192), Schwenn<strong>in</strong>gen (ca.1200), Schwäbisch<br />

Hall (v.1228), Rottweil (v.1250), Mergentheim (1268), Neckarelz (1297) u.a. Die Vill<strong>in</strong>ger<br />

Or<strong>de</strong>nskommen<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> 1253 von Graf He<strong>in</strong>rich I. von Fürstenberg (1237-1284) gegrün<strong>de</strong>t<br />

<strong>und</strong> verleibte sich um 1300 das Schwenn<strong>in</strong>ger Haus e<strong>in</strong>. In Mergentheim konnten<br />

die Johanniter sich nicht auf Dauer gegen <strong>de</strong>n Deutschen Or<strong>de</strong>n durchsetzen, so dass die<br />

dortige Kommen<strong>de</strong> 1554 an <strong>de</strong>n Deutschmeister verkauft wur<strong>de</strong>. Das breisgauische Heitersheim,<br />

zunächst von <strong>de</strong>r Kommen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Freiburg abhängig, war seit 1505 Resi<strong>de</strong>nzort <strong>de</strong>s für<br />

Deutschland zuständigen Großpriors („Johannitermeisters“), <strong>de</strong>r 1548 Reichsfürst <strong>de</strong>s oberrhe<strong>in</strong>ischen<br />

Reichskreises wur<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>r frühen Neuzeit war <strong>de</strong>r Johanniteror<strong>de</strong>n (Malteseror<strong>de</strong>n<br />

mit Hauptsitz Malta 1530-1798) eher e<strong>in</strong>e Versorgungsanstalt für A<strong>de</strong>lssöhne bei fehlen<strong>de</strong>m<br />

religiösem <strong>und</strong> karitativem Engagement. 1802 erhielt <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>n als Entschädigung<br />

für l<strong>in</strong>ksrhe<strong>in</strong>ische Gebietsverluste die Schwarzwaldabteien St. Blasien, St. Trudpert, St. Peter,<br />

Schuttern <strong>und</strong> Tennenbach, 1806 wur<strong>de</strong> er säkularisiert.<br />

Deutscher Or<strong>de</strong>n<br />

Der Deutsche Or<strong>de</strong>n, entstan<strong>de</strong>n gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts als e<strong>in</strong>er <strong>de</strong>r großen<br />

Ritteror<strong>de</strong>n, ist weniger wegen se<strong>in</strong>er Be<strong>de</strong>utung für die Kreuzfahrerstaaten im Vor<strong>de</strong>ren<br />

Orient bekannt als durch die Missionierung <strong>und</strong> Eroberung Preußens <strong>und</strong> Livlands, wo er im<br />

Verlauf <strong>de</strong>s 13. <strong>und</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong> Territorium ausbil<strong>de</strong>n konnte. Innere <strong>und</strong> äußere<br />

Konflikte (mit Polen) führten dann im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert zum Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>nsstaates<br />

<strong>und</strong> schließlich zur Säkularisierung Preußens (1525).<br />

Im <strong>de</strong>utschen Reich besaß <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>n e<strong>in</strong>e Vielzahl von Besitzungen, aufgeteilt <strong>in</strong> Besitzver-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 15


än<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n Balleien <strong>und</strong> Kommen<strong>de</strong>n. Das Or<strong>de</strong>nshaus <strong>in</strong> Mergentheim, die neben Ulm <strong>und</strong><br />

Heilbronn älteste Nie<strong>de</strong>rlassung im <strong>de</strong>utschen Südwesten, war e<strong>in</strong>e Gründung <strong>de</strong>r Herren<br />

von Hohenlohe (1219/20), bestätigt durch König Friedrich II. (1212-1250). Mergentheim entwickelte<br />

sich zur be<strong>de</strong>utendsten Or<strong>de</strong>nskommen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland, es war im 13.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert so etwas wie e<strong>in</strong>e „Hauskommen<strong>de</strong>“ <strong>de</strong>r Hohenlohe <strong>und</strong> gehörte formal zu <strong>de</strong>r<br />

sich ab 1268 entwickeln<strong>de</strong>n, Franken, Bayern <strong>und</strong> Schwaben umfassen<strong>de</strong>n Ballei Franken.<br />

Die zahlreichen Privilegierungen Kaiser Ludwigs <strong>de</strong>s Bayern für <strong>de</strong>n Deutschen Or<strong>de</strong>n waren<br />

dann auch für Mergentheim Gr<strong>und</strong>lage für e<strong>in</strong> sich ausbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>nsterritorium. Im<br />

15. Jahrh<strong>und</strong>ert wuchs <strong>de</strong>r Gegensatz zwischen <strong>de</strong>m Or<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Preußen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m im <strong>de</strong>utschen<br />

Reich, was <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re die Stellung <strong>de</strong>r Deutschmeister betraf. Letztere hatten die<br />

Leitung <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns im Reich <strong>in</strong>ne <strong>und</strong> waren vielfach mit Mergentheim verb<strong>und</strong>en, das seit<br />

hohenlohischer Zeit als Grablege mehrerer Deutschmeister fungierte, Ort von Generalkapiteln<br />

(wie 1444) war <strong>und</strong> nicht zuletzt unter <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>r Kurpfalz stand. Seit <strong>de</strong>m Bauernkrieg<br />

(1524/25) war das Mergentheimer Or<strong>de</strong>nshaus Resi<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>s Deutschmeisters, <strong>de</strong>r seit<br />

1429 als Reichsstand an <strong>de</strong>n Reichsmatrikeln beteiligt war <strong>und</strong> 1494 zum geistlichen Reichsfürsten<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

Im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert löste das oberschwäbische Altshausen Beuggen als Vorort <strong>de</strong>r 1235 gegrün<strong>de</strong>ten<br />

Ballei Elsass-Lothr<strong>in</strong>gen ab; die Or<strong>de</strong>nsprov<strong>in</strong>z umfasste dabei u.a. die Bistümer<br />

Konstanz, Straßburg <strong>und</strong> Basel. Altshausen stand unter <strong>de</strong>r Leitung e<strong>in</strong>es Landkomturs, <strong>de</strong>m<br />

dort die Ausbildung e<strong>in</strong>es reichsunmittelbaren Territoriums mit eigener (Hoch-) Gerichtsbarkeit<br />

(1389, 1398) gelang. Der Landkomtur wur<strong>de</strong> somit <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>s schwäbischen Kreises<br />

zum Reichsprälaten <strong>und</strong> -grafen. Die gute wirtschaftliche Ausstattung Altshausens ermöglichte<br />

im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>de</strong>n Ankauf <strong>de</strong>r Herrschaften Hohenfels, Ellhofen, Illerrie<strong>de</strong>n usw.,<br />

im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>de</strong>s Achberger Territoriums. Daneben gab es <strong>in</strong> Ulm e<strong>in</strong>e reiche, reichsunmittelbare<br />

Deutschor<strong>de</strong>nskommen<strong>de</strong>, die auch noch nach <strong>de</strong>r Reformation weiter bestand<br />

<strong>und</strong> somit e<strong>in</strong> konfliktträchtiger Fremdkörper <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Reichsstadt war. Weitere Kommen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Deutschen Or<strong>de</strong>ns waren zu<strong>de</strong>m: Heilbronn, Horneck, W<strong>in</strong>nen<strong>de</strong>n, Kapfenburg. H<strong>in</strong>gewiesen<br />

sei noch auf das Deutschor<strong>de</strong>nsterritorium <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nsee<strong>in</strong>sel Ma<strong>in</strong>au <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>m<br />

Bodanrück. Hier entstand seit 1271/72 e<strong>in</strong>e geschlossene <strong>und</strong> reichsunmittelbare Herrschaft<br />

<strong>de</strong>s Ritteror<strong>de</strong>ns.<br />

Im Zuge <strong>de</strong>r Reformation war <strong>de</strong>r Deutschor<strong>de</strong>nsstaat Preußen protestantisch gewor<strong>de</strong>n<br />

(1525), <strong>de</strong>r Mergentheimer Deutschmeister verwaltete das nunmehr vakante Hochmeisteramt.<br />

Nach <strong>de</strong>m Scheitern <strong>de</strong>r Übernahme <strong>de</strong>r Fürstpropstei Ellwangen (Hei<strong>de</strong>lberger Vertrag<br />

1555) lehnte sich <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>n seit <strong>de</strong>r Regierung <strong>de</strong>s Deutschmeisters Maximilian von<br />

Österreich (1589-1618) politisch zunehmend an Habsburg-Vor<strong>de</strong>rösterreich an. Verb<strong>und</strong>en<br />

damit waren notwendige Reformen, zumal die Anzahl <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>nsrittern immer mehr abgenommen<br />

hatte. Der Deutsche Or<strong>de</strong>n überstand im habsburgischen Fahrwasser weitgehend<br />

unbescha<strong>de</strong>t die Kriege <strong>de</strong>s 17. Jahrh<strong>und</strong>erts, 1788/89 wur<strong>de</strong> die Ballei Franken <strong>de</strong>m<br />

Deutschmeistertum territorial angeglie<strong>de</strong>rt, 1805/06 teilten <strong>Württemberg</strong>, <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> <strong>und</strong> Hohenzollern-Sigmar<strong>in</strong>gen<br />

die Gebiete <strong>de</strong>s Deutschen Or<strong>de</strong>ns im <strong>de</strong>utschen Südwesten unter sich<br />

auf.<br />

Dom<strong>in</strong>ikaner<br />

Die eher städtisch orientierten mönchischen Bettelor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Dom<strong>in</strong>ikaner <strong>und</strong> Franziskaner<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 16


traten – entstan<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r kirchlichen Armutsbewegung – zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung. Die Dom<strong>in</strong>ikaner wur<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n heiligen Dom<strong>in</strong>ikus (*ca.1170-†1221)<br />

gegrün<strong>de</strong>t (1215) <strong>und</strong> verbreiteten sich als päpstlicher Or<strong>de</strong>n (1216) rasch im katholischen<br />

Europa. Die Dom<strong>in</strong>ikaner gab es seit ca.1230 <strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland <strong>und</strong> waren hier <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Prov<strong>in</strong>zen Elsass (für <strong>de</strong>n Oberrhe<strong>in</strong>) <strong>und</strong> Schwaben (für Innerschwaben <strong>und</strong> Franken) organisiert.<br />

Neben <strong>de</strong>m (ersten) Männeror<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Dom<strong>in</strong>ikaner bil<strong>de</strong>te sich <strong>de</strong>r (zweite) Or<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nen aus. Vielfach rekrutierten sich die Nonnen aus Beg<strong>in</strong>en <strong>und</strong> frommen<br />

Frauen; <strong>de</strong>r Dom<strong>in</strong>ikaneror<strong>de</strong>n kanalisierte im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>r Amtskirche von daher mit die religiöse<br />

Frauenbewegung <strong>de</strong>s hohen Mittelalters.<br />

Franziskaner, Klarissen, Terziaren, Kapuz<strong>in</strong>er<br />

Der Bettelor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Franziskaner (M<strong>in</strong>oriten, „M<strong>in</strong><strong>de</strong>rbrü<strong>de</strong>r“, „Barfüßer“) geht auf <strong>de</strong>n heiligen<br />

Franziskus von Assisi (*1182-†1226) zurück, <strong>de</strong>r mit se<strong>in</strong>er Art <strong>de</strong>r Nachfolge Christi <strong>in</strong><br />

Armut viele Menschen se<strong>in</strong>er Zeit, Frauen wie Männer, begeisterte. In<strong>de</strong>s, bald war <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>n<br />

e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en <strong>in</strong> die katholische Kirchenhierarchie <strong>und</strong> angepasst an die gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse, wenn auch die Franziskaner zusammen mit <strong>de</strong>n Dom<strong>in</strong>ikanern zu Vertretern<br />

e<strong>in</strong>er mo<strong>de</strong>rnen Theologie wur<strong>de</strong>n. Die Franziskaner f<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich seit ca.1220 <strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland.<br />

Organisiert war <strong>de</strong>r Bettelor<strong>de</strong>n im <strong>de</strong>utschen Südwesten <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Straßburger<br />

Prov<strong>in</strong>z mit ihren Kustodien. Im 13. <strong>und</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert entwickelte sich <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>n trotz<br />

Armutsstreit <strong>und</strong> (häretischer) Spiritualenbewegung zu e<strong>in</strong>er monastischen Geme<strong>in</strong>schaft<br />

nach amtskirchlichen Vorstellungen (Bullen Papst Johannes XXII. (1316-1334) von 1317 <strong>und</strong><br />

1323). Statt e<strong>in</strong>er Bußbrü<strong>de</strong>rschaft war e<strong>in</strong> Mönchtum entstan<strong>de</strong>n, das <strong>in</strong> Seelsorge, Predigt<br />

<strong>und</strong> Wissenschaft vielfach mit <strong>de</strong>r „Welt“ verb<strong>und</strong>en war. Die sich im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert ausbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

franziskanischen (Teil-) Or<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Observanten <strong>und</strong> Konventualen wur<strong>de</strong>n 1517<br />

getrennt, die Kapuz<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>d als Or<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Franziskanertums 1528 gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n. Ebenfalls<br />

als franziskanischer Or<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d die Klarissen aufzufassen, benannt nach <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Tradition <strong>de</strong>r heiligen Klara von Assisi (*1193-1253). Die (franziskanischen) Terziaren <strong>und</strong><br />

Terziar<strong>in</strong>nen bil<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>n dritten Franziskaneror<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Leuten <strong>und</strong> Laien <strong>in</strong> <strong>de</strong>r „Welt“ e<strong>in</strong><br />

klosterähnliches Leben ermöglichte.<br />

Jesuiten<br />

Die Jesuiten o<strong>de</strong>r die „Gesellschaft Jesu“ waren von Ignatius von Loyola (*1491-†1556) <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n 1530er-Jahren <strong>in</strong>s Leben gerufen wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Jesuitenor<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> 1540 durch e<strong>in</strong>e<br />

Bulle Papst Pauls III. (1534-1549) gegrün<strong>de</strong>t. Dar<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zweiten Bulle von 1550 verpflichteten<br />

sich die Jesuiten e<strong>in</strong>er monastisch-spirituellen Lebensweise (Exerzitien, Verzicht<br />

auf Chorgebet <strong>und</strong> Klausur) bei beson<strong>de</strong>rem Gehorsam gegenüber <strong>de</strong>m Papst. Im <strong>de</strong>utschen<br />

Südwesten entfalteten die Jesuiten mit ihrer apostolischen Sendung (Verbreitung <strong>und</strong><br />

Verteidigung <strong>de</strong>s katholischen Glaubens) <strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong> ihrer Ortsungeb<strong>und</strong>enheit e<strong>in</strong>e beträchtliche<br />

Wirkung auch im Rahmen <strong>de</strong>r Gegenreformation (Erteilen von Exerzitien, Beratertätigkeit,<br />

Bildung). Im Zeitalter <strong>de</strong>r Aufklärung gerieten die Jesuiten unter Druck, 1773 kam<br />

es zur Aufhebung <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns, <strong>de</strong>r 1814 wie<strong>de</strong>rhergestellt wur<strong>de</strong>.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 17


Mönchtum im <strong>de</strong>utschen Südwesten<br />

Fränkisches Königtum <strong>und</strong> irofränkisches bzw. benedikt<strong>in</strong>isches Mönchtum schufen zwischen<br />

<strong>de</strong>m 6. <strong>und</strong> 9. Jahrh<strong>und</strong>ert die Gr<strong>und</strong>lagen für das monastische Leben im <strong>de</strong>utschen<br />

Südwesten. Dabei g<strong>in</strong>gen im Rahmen von Reichskirche <strong>und</strong> Reichsabteien das karol<strong>in</strong>gische<br />

Königtum <strong>und</strong> das benedikt<strong>in</strong>ische Mönchtum e<strong>in</strong>e Symbiose e<strong>in</strong>, die Kirche <strong>und</strong> Politik<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r verschränkte <strong>und</strong> zur Basis <strong>de</strong>r ottonisch-salischen Reichskirche im entstehen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschen Reich wur<strong>de</strong>. Königsklöster wie Reichenau o<strong>de</strong>r Ellwangen <strong>und</strong> e<strong>in</strong> „Reichsmönchtum“<br />

wur<strong>de</strong>n zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegralen Bestandteil <strong>de</strong>r Reichsverwaltung auch im Herzogtum<br />

Schwaben, wenn auch auf die Gründungswelle <strong>de</strong>r karol<strong>in</strong>gischen Reichsabteien im<br />

<strong>de</strong>utschen Südwesten <strong>de</strong>s 10./11. Jahrh<strong>und</strong>erts bischöfliche <strong>und</strong> herzogliche Klostergründungen<br />

folgten. In <strong>de</strong>r Zäsur <strong>de</strong>s Investiturstreits waren es dann schwäbische Adlige, die die<br />

benedikt<strong>in</strong>ischen Reformklöster grün<strong>de</strong>ten. Manche <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> vom 11. zum 12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert entstan<strong>de</strong>nen A<strong>de</strong>lsklöster strahlten wie Hirsau o<strong>de</strong>r St. Blasien mit ihren Klosterreformen<br />

weit über Schwaben h<strong>in</strong>aus. Dennoch genügten die Benedikt<strong>in</strong>erklöster nicht<br />

mehr <strong>de</strong>r gewachsenen <strong>und</strong> verän<strong>de</strong>rten Religiosität <strong>de</strong>s Hochmittelalters.<br />

Die neben <strong>de</strong>n Benedikt<strong>in</strong>ern auftreten<strong>de</strong>n neuen Or<strong>de</strong>n steuerten ihre Art von monastischem<br />

Leben <strong>in</strong> beträchtlichem Umfang zur südwest<strong>de</strong>utschen Klosterlandschaft bei. Auch<br />

die <strong>Klöster</strong> <strong>de</strong>r Zisterzienser <strong>und</strong> Prämonstratenser waren von Anfang an u.a. durch (königliche<br />

o<strong>de</strong>r A<strong>de</strong>ls-) Vogtei e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en <strong>in</strong> Politik <strong>und</strong> (Lan<strong>de</strong>s-) Herrschaft, auch sie übten wie<br />

die alten Benedikt<strong>in</strong>erabteien (Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Territorial-) Herrschaft aus. Im Verlauf <strong>de</strong>s 13.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts kamen dann die städtisch orientierten Or<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Dom<strong>in</strong>ikaner <strong>und</strong> Franziskaner<br />

h<strong>in</strong>zu, sie wur<strong>de</strong>n zu e<strong>in</strong>em wichtigen Bestandteil <strong>de</strong>r Kirchenlandschaft südwest<strong>de</strong>utscher<br />

Städte <strong>und</strong> Reichsstädte. E<strong>in</strong>e große Rolle spielten dann auch die Frauenkonvente <strong>de</strong>r<br />

neuen Or<strong>de</strong>n, die Zisterzienser<strong>in</strong>nen, Franziskaner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nen.<br />

Das späte Mittelalter versuchte durch Reformen – beson<strong>de</strong>rs bei <strong>de</strong>n Benedikt<strong>in</strong>ern – die<br />

<strong>Klöster</strong> aus ihrer religiösen, politischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Selbstgefälligkeit herauszulösen<br />

<strong>und</strong> wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m monastischen I<strong>de</strong>al vom Klosterleben zu verpflichten. Dagegen war die<br />

„Steigerung“ <strong>de</strong>r Reformbewegungen zur Reformation mit <strong>de</strong>r Aufhebung vieler katholischer<br />

<strong>Klöster</strong> verb<strong>und</strong>en. In <strong>de</strong>n katholischen Lan<strong>de</strong>sherrschaften überlebten die geistlichen<br />

Kommunitäten, ebenso, <strong>in</strong>sofern sie als Reichsprälatenklöster mit <strong>de</strong>m Reich <strong>und</strong> <strong>de</strong>m katholisch-habsburgischen<br />

Kaiser verb<strong>und</strong>en waren. Gegenreformation <strong>und</strong> Jesuitenor<strong>de</strong>n<br />

sollten ab <strong>de</strong>m 16./17. Jahrh<strong>und</strong>ert letztlich zu Gleichgewicht, Koexistenz <strong>und</strong> Annäherung<br />

zwischen <strong>de</strong>r alten <strong>und</strong> neuen christlichen Religion führen. Die Säkularisationen <strong>de</strong>r Zeit um<br />

1800 (auch die <strong>de</strong>s Kaisers Joseph II. von Habsburg (1765-1790); Joseph<strong>in</strong>ismus <strong>und</strong> Aufklärung)<br />

been<strong>de</strong>ten dann allerorten das Klosterleben im (alten) römisch-<strong>de</strong>utschen Reich.<br />

IV. Lebensläufe<br />

Gründungsgeschichten<br />

Benedikt<strong>in</strong>erklöster am <strong>und</strong> im Schwarzwald. Über die frühen Benedikt<strong>in</strong>erklöster <strong>de</strong>r 1.<br />

Gründungsperio<strong>de</strong> (7./8. Jahrh<strong>und</strong>ert) ist eher Legen<strong>de</strong>nhaftes überliefert. So steht <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 18


siedler <strong>und</strong> Märtyrer Lan<strong>de</strong>l<strong>in</strong> (7. Jahrh<strong>und</strong>ert?) am Anfang <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Klosters von<br />

Ettenheimmünster, <strong>und</strong> die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Gengenbach soll vom Abtbischof Pirm<strong>in</strong><br />

(†v.755) gestiftet wor<strong>de</strong>n se<strong>in</strong>. Festeren historischen Gr<strong>und</strong> betritt man bei <strong>de</strong>r Gründung<br />

<strong>de</strong>s Eigenklosters Hirsau (v.768?, ca.830) durch e<strong>in</strong>en gewissen Grafen Erlebald, vermutlich<br />

e<strong>in</strong>em Vorfahren <strong>de</strong>r Calwer Grafen. Hirsau ist laut <strong>de</strong>r Klostertradition von Abt Wilhelm von<br />

Hirsau (1069-1091) e<strong>in</strong> zweites Mal gestiftet wor<strong>de</strong>n. Damit ist die 2. Gründungsperio<strong>de</strong> –<br />

die <strong>de</strong>r hochmittelalterlichen Reformklöster – erreicht. U.a. nach Klosterverlegungen wie im<br />

Fall von St. Georgen o<strong>de</strong>r St. Peter stifteten adlige Anhänger <strong>de</strong>r Kirchenreform <strong>und</strong> ihre<br />

Familien(verbän<strong>de</strong>) „ihre“ Mönchsgeme<strong>in</strong>schaften, die sie zwar <strong>de</strong>m päpstlichen Schutz unterstellten,<br />

<strong>de</strong>ren Klostervögte sie aber auch waren. Die globale Randlage zwischen Oberrhe<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> Schwarzwald ist dann e<strong>in</strong> Phänomen <strong>de</strong>r frühen <strong>Klöster</strong>, die hochmittelalterlichen<br />

Reformklöster wur<strong>de</strong>n im Schwarzwald gegrün<strong>de</strong>t, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er lokalen Randlage zwischen<br />

schon besie<strong>de</strong>ltem <strong>und</strong> unbesie<strong>de</strong>ltem Land (Altsie<strong>de</strong>lland <strong>und</strong> Ausbaugebiet).<br />

Die Gründungsphase <strong>de</strong>s Klosters St. Peter im Schwarzwald (1090/93) soll hier ausführlicher<br />

beleuchtet wer<strong>de</strong>n, da sie E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> das Netzwerk <strong>de</strong>r Kirchenreformer <strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland,<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>ren kirchliche <strong>und</strong> politische Beziehungen, gibt. Sichtbar wird dieses Netzwerk <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re das <strong>de</strong>r benedikt<strong>in</strong>ischen Reformklöster bei <strong>de</strong>n zwei Weihen <strong>de</strong>r Sanpetr<strong>in</strong>er<br />

Klosterkirche. Die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> St. Peter, an <strong>de</strong>r Verb<strong>in</strong>dungsstraße zwischen<br />

Vill<strong>in</strong>gen auf <strong>de</strong>r Baar <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Oberrhe<strong>in</strong> gelegen, war e<strong>in</strong>e Stiftung <strong>de</strong>s Zähr<strong>in</strong>gerherzogs<br />

Berthold II. (1078-1111). Die Weihe von 1093 wur<strong>de</strong> vollzogen vom Reformbischof Gebhard<br />

von Konstanz (1084-1110), <strong>de</strong>r als Bru<strong>de</strong>r Bertholds wohl auch entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Impulse zur<br />

Verlegung <strong>de</strong>s Hausklosters von Weilheim nach St. Peter gegeben hatte. Anwesend waren<br />

neben Herzog Berthold weltliche Große, Geistliche <strong>und</strong> Mönche aus <strong>de</strong>n Diözesen Konstanz,<br />

Basel <strong>und</strong> Straßburg. Anwesend an Petri Kettenfeier, <strong>de</strong>m 1. August 1093, waren<br />

auch septem religiosi abbates, „sieben fromme Äbte“, wobei hier natürlich Reformäbte geme<strong>in</strong>t<br />

s<strong>in</strong>d. In <strong>de</strong>r Tat war die Versammlung <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e Zusammenkunft <strong>de</strong>r Reformpartei,<br />

bei <strong>de</strong>r Zähr<strong>in</strong>gerbischof <strong>und</strong> -herzog e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle spielten. Die anwesen<strong>de</strong>n<br />

Äbte stammten dann aus <strong>de</strong>n Reformklöstern <strong>in</strong> Schwaben: Adalbero von St. Peter, <strong>de</strong>r<br />

bei <strong>de</strong>r Zusammenkunft zum Abt (1093-1100) e<strong>in</strong>gesetzt wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> 1094, zu Papst Urban II.<br />

(1088-1099) gesandt, von Anhängern <strong>de</strong>s Gegenpapstes Wibert von Ravenna (1084-1100)<br />

<strong>in</strong> Rom gefangen genommen wur<strong>de</strong>; Gebhard von Hirsau (1091-1105), <strong>de</strong>r Nachfolger Wilhelms,<br />

Siegfried von Schaffhausen (1082-1096), <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m neuen Kloster Reliquien von Petri<br />

Ketten schenkte, Theo<strong>de</strong>rich von Petershausen (1086-1116), Konrad von Ettenheimmünster<br />

(v.1093-ca.1116), Otto I. von St. Blasien (1086-1108) <strong>und</strong> Theoger von St. Georgen (1088-<br />

1119). E<strong>in</strong>e erneute Weihe <strong>de</strong>r Klosterkirche von St. Peter am 30. September 1113, also<br />

über 20 Jahre später, fand unter Führung <strong>de</strong>s Konsekrators Bischof Wido von Chur (1095-<br />

1122) die Repräsentanten fast <strong>de</strong>rselben <strong>Klöster</strong> anwesend: Theoger von St. Georgen, Eppo<br />

von St. Peter (1108-1132), Bruno von Hirsau (1105-1120), Rustenus von St. Blasien (1108-<br />

1125), Adalbert von Schaffhausen (1099-ca.1130) sowie Otto von Rhe<strong>in</strong>au <strong>und</strong> Eg<strong>in</strong>o von<br />

(St. Afra <strong>in</strong>) Augsburg (1109-1120). Auch bei <strong>de</strong>r zweiten Weihe wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zusammenhalt<br />

<strong>de</strong>r Reformklöster <strong>und</strong> <strong>de</strong>r schwäbischen Reformpartei somit aufs Beste durch die Anwesenheit<br />

<strong>de</strong>r Äbte dokumentiert.<br />

<strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> Heilige. Heilige waren/s<strong>in</strong>d Frauen o<strong>de</strong>r Männer, die <strong>in</strong> <strong>de</strong>r christlichen Religion<br />

nicht nur <strong>de</strong>s Mittelalters auf Gr<strong>und</strong> ihrer Verdienste (Martyrium, Bekennertum u.a.) allge-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 19


me<strong>in</strong> Anerkennung <strong>und</strong> Verehrung erfuhren (Heiligenkult). Da die Heiligen als Vermittler zwischen<br />

<strong>de</strong>n Menschen <strong>und</strong> Gott angesehen wur<strong>de</strong>n, stellten sich Kirchen <strong>und</strong> <strong>Klöster</strong> unter<br />

<strong>de</strong>ren Schutz. Der Heilige wur<strong>de</strong> so zum Kirchen- <strong>und</strong> Klosterpatron, das Institut <strong>de</strong>r Patronage<br />

heißt Patroz<strong>in</strong>ium. Die Reliquien (sterbliche Überreste, Berührungsreliquien) halfen die<br />

Verehrung e<strong>in</strong>es Heiligen erleichtern. Die Art <strong>de</strong>r Verehrung von Heiligen unterlag dabei<br />

räumlichen <strong>und</strong> zeitlichen Gegebenheiten, „Mo<strong>de</strong>n“ (Kultl<strong>in</strong>ien).<br />

Das Beispiel <strong>de</strong>s heiligen Georg mag die Verehrung e<strong>in</strong>es Klosterpatrons ver<strong>de</strong>utlichen: Georg<br />

war ursprünglich e<strong>in</strong> Heiliger <strong>de</strong>r östlichen Christenheit gewesen. Der aus Kappadokien<br />

stammen<strong>de</strong> Soldat soll am Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r Christenverfolgung unter <strong>de</strong>m römischen Kaiser Diokletian<br />

(284-305) <strong>de</strong>n Märtyrertod gestorben se<strong>in</strong>. In <strong>de</strong>n ersten Jahrh<strong>und</strong>erten <strong>de</strong>s Mittelalters<br />

gelangten Verehrung <strong>und</strong> Reliquien Georgs auch nach Italien <strong>und</strong> <strong>in</strong>s merow<strong>in</strong>gische<br />

Frankenreich. Später war es <strong>de</strong>r Ma<strong>in</strong>zer Erzbischof Hatto (891-913), <strong>de</strong>r im Rom <strong>de</strong>s Jahres<br />

896 von Papst Formosus (891-896) Georgsreliquien erhielt – die stadtrömische Kirche<br />

San Giorgio al Velabro spielt hier e<strong>in</strong>e be<strong>de</strong>utsame Rolle – <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>n Reliquien nach Ostfranken<br />

zurück über die Alpen zog. Dort verteilte er das Erworbene, so dass das Bo<strong>de</strong>nseekloster<br />

Reichenau, <strong>de</strong>ssen Leitung Hatto besaß, <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Besitz von e<strong>in</strong>igen Georgsreliquien –<br />

darunter e<strong>in</strong> Stück vom Haupt <strong>de</strong>s Märtyrers – gelangte. Das „Georgshaupt“ auf <strong>de</strong>r Reichenau,<br />

genauer im von Hatto gegrün<strong>de</strong>ten Oberzell, muss die Verehrung <strong>de</strong>s kappadokischen<br />

Erzmärtyrers im mittelalterlichen Schwaben beför<strong>de</strong>rt haben. Nicht zuletzt die Reichenauer<br />

Klostervögte, die im 11. Jahrh<strong>und</strong>ert aus <strong>de</strong>r Familie <strong>de</strong>s St. Georgener Klostergrün<strong>de</strong>rs Hezelo<br />

stammten, müssen vom Georgskult bee<strong>in</strong>flusst wor<strong>de</strong>n se<strong>in</strong>. Ihr Gebetshaus bei ihrer<br />

Stammburg <strong>in</strong> Königseggwald war wohl an <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> vom 10. zum 11. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>de</strong>m<br />

heiligen Georg geweiht <strong>und</strong> mit entsprechen<strong>de</strong>n Reliquien versehen wor<strong>de</strong>n. Im Zuge <strong>de</strong>r<br />

Klostergründung Hezelos <strong>und</strong> Hessos (1084/85) erreichten Name <strong>und</strong> Reliquien <strong>de</strong>s Kappadokiers<br />

schließlich St. Georgen. Am Vorabend <strong>de</strong>s Georgstages (23. April) 1084 gelangten<br />

die ersten Mönche aus Hirsau <strong>in</strong> das neue Kloster, Besitzschenkungen an die Schwarzwäl<strong>de</strong>r<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft geschahen über <strong>de</strong>n Reliquien <strong>de</strong>s Märtyrers, <strong>de</strong>r kappadokische<br />

Heilige bezeichnete fortan das Kloster <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Ort.<br />

Georgspatroz<strong>in</strong>ien kamen bei <strong>Klöster</strong>n <strong>de</strong>r hochmittelalterlichen Benedikt<strong>in</strong>erreform übrigens<br />

öfter vor, so dass man zwar nicht von e<strong>in</strong>em Heiligen <strong>de</strong>r Klosterreform sprechen, h<strong>in</strong>gegen<br />

das Folgen<strong>de</strong> konstatieren kann: Da Adlige die Reformklöster <strong>de</strong>r Benedikt<strong>in</strong>er grün<strong>de</strong>ten<br />

<strong>und</strong> Georg zunehmend zu e<strong>in</strong>em „ritterlich“-kriegerischen Heiligen wur<strong>de</strong>, lag für manche<br />

Klosterstifter die Wahl solch e<strong>in</strong>es Heiligen nahe, repräsentierte dieser doch die aufkommen<strong>de</strong><br />

ritterliche Lebenswelt <strong>de</strong>s <strong>in</strong>vestiturzeitlichen A<strong>de</strong>ls.<br />

Hausklöster. E<strong>in</strong> Hauskloster war e<strong>in</strong>e auf (Allodial-) Besitz e<strong>in</strong>er A<strong>de</strong>lsfamilie gegrün<strong>de</strong>te<br />

Kommunität, die <strong>in</strong> beson<strong>de</strong>rer Beziehung zu <strong>de</strong>n <strong>Stifte</strong>rn <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Nachkommen stand.<br />

Meist war das Hauskloster, das nicht Eigenkloster war, Grablege <strong>de</strong>r <strong>Stifte</strong>rfamilie, die im<br />

Übrigen die auf erb-, aber auch amtsrechtlichen Vorstellungen basieren<strong>de</strong> Klostervogtei <strong>in</strong><br />

Hän<strong>de</strong>n hielt. Das Schwarzwaldkloster St. Peter, gegrün<strong>de</strong>t <strong>und</strong> geför<strong>de</strong>rt von <strong>de</strong>n Herzögen<br />

von Zähr<strong>in</strong>gen, ist hierfür e<strong>in</strong> Beispiel. Die Zähr<strong>in</strong>gertradition <strong>de</strong>s Klosters wirkte hier auch<br />

noch <strong>und</strong> gera<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit, so dass sich die Markgrafen von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> bald <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Nachfolge <strong>de</strong>r Zähr<strong>in</strong>ger sahen <strong>und</strong> Rechtsansprüche gegenüber <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

entwickeln konnten.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 20


Doppelklöster. Doppelklöster waren Kommunitäten, die als rechtliche <strong>und</strong> räumliche E<strong>in</strong>heit<br />

sowohl Mönche als auch Nonnen beherbergten. Im frühmittelalterlichen Mönchtum gab es<br />

Doppelklöster unter <strong>de</strong>r Leitung von Äbtiss<strong>in</strong>nen, während <strong>de</strong>r gregorianischen Kirchenreform<br />

entstan<strong>de</strong>n wohl <strong>in</strong> St. Georgen <strong>und</strong> St. Blasien benedikt<strong>in</strong>ische Doppelklöster, wobei<br />

<strong>de</strong>r Frauentrakt vermutlich vom <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Mönche räumlich getrennt war. Man hat <strong>in</strong><strong>de</strong>s das<br />

Institut <strong>de</strong>r Doppelklöster bald aufgegeben, so grün<strong>de</strong>te Abt Theoger von St. Georgen (1088-<br />

1119) für die Nonnen <strong>de</strong>s Brigachklosters das Priorat Amtenhausen auf <strong>de</strong>r Baar (ca.1105),<br />

<strong>in</strong> St. Blasien wur<strong>de</strong>n die Nonnen <strong>in</strong> das neu gegrün<strong>de</strong>te Frauenkloster Berau (v.1117) geschickt.<br />

Neben <strong>de</strong>n benedikt<strong>in</strong>ischen Reformklöstern <strong>de</strong>s Hochmittelalters gab es bei Prämonstratensern<br />

Doppelklöster wie etwa A<strong>de</strong>lberg o<strong>de</strong>r Weißenau.<br />

Zisterzienserklöster. Die bisher betrachteten <strong>Klöster</strong> waren die <strong>de</strong>r Benedikt<strong>in</strong>er. Bei <strong>de</strong>n<br />

Zisterziensern wen<strong>de</strong>n wir unser Augenmerk bei <strong>de</strong>r Betrachtung von Klostergründungen<br />

vornehmlich <strong>de</strong>n topografischen Gegebenheiten zu. Bei zisterziensischen Klosteranlagen<br />

spielte die Wasserversorgung e<strong>in</strong>e überragen<strong>de</strong> Rolle. Diese war e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en <strong>in</strong> die Klosteranlage,<br />

die <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Hauptsache die Klausur mit ihren „Werkräumen“ (offic<strong>in</strong>ae: Kirche, Refektorium,<br />

Dormitorium) umfasste <strong>und</strong> traditionellen Mustern folgte. Zu <strong>de</strong>r Klausur gesellten<br />

sich die Wirtschaftsgebäu<strong>de</strong> (Ställe, Speicher, Werkstätten), die unter Umstän<strong>de</strong>n auch <strong>de</strong>n<br />

Ort, an <strong>de</strong>m das Kloster errichtet wur<strong>de</strong>, (mit-) bestimmten. Dies betraf nun auch <strong>und</strong> gera<strong>de</strong><br />

die Wasserversorgung: Fließen<strong>de</strong>s Wasser war wichtig, trieb es doch die Mühlenanlage an,<br />

von <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rum z.B. die Bäckerei abhängig war; Fischteiche gruppierten sich um das Kloster;<br />

das Wasser wur<strong>de</strong> zum Bierbrauen <strong>und</strong> Kochen genutzt; es gab e<strong>in</strong>en „<strong>in</strong>neren“ Wasserkreislauf<br />

mit sauberem Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en „äußeren“ zur Energiegew<strong>in</strong>nung <strong>und</strong> Abwässerbeseitigung.<br />

Dies alles bed<strong>in</strong>gte, dass eventuell schon bei <strong>de</strong>r Klostergründung Maßnahmen<br />

zur Umleitung von fließen<strong>de</strong>m Wasser (Bäche, Flüsse, Kanäle) getroffen wur<strong>de</strong>n.<br />

Die Wasserkraft wur<strong>de</strong> damit ausgiebig genutzt. So ist <strong>in</strong> Bebenhausen unterhalb <strong>de</strong>r Klausur<br />

e<strong>in</strong> Gebäu<strong>de</strong>komplex von Wassermühlen erhalten, e<strong>in</strong> Mühlenkanal führte vom Westen<br />

her das Wasser heran, das Wasser spielte bei <strong>de</strong>r gewerblichen Klosterwirtschaft e<strong>in</strong>e große<br />

Rolle.<br />

Leben im Kloster<br />

Benediktregel. Das wohl wichtigste Vermächtnis <strong>de</strong>s Benedikt von Nursia (*ca.480-†547) ist<br />

die ihm zugeschriebene Mönchsregel, die regula Benedicti. Sie ist gera<strong>de</strong> durch frühmittelalterliche<br />

Handschriften aus <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>nseeraum, aus St. Gallen gut überliefert, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

Regeltext bei <strong>de</strong>r Zerstörung <strong>de</strong>s Klosters Montecass<strong>in</strong>o durch die Langobar<strong>de</strong>n nach Rom<br />

gerettet wer<strong>de</strong>n (ca.577) <strong>und</strong> nach <strong>de</strong>m Wie<strong>de</strong>raufbau <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft (nach 717)<br />

nach Montecass<strong>in</strong>o zurückkehren konnte. Dort haben sie <strong>de</strong>r friesische Missionar Liudger<br />

(*ca.742-†809) <strong>und</strong> König Karl <strong>de</strong>r Große (768-814) e<strong>in</strong>sehen können (787).<br />

Die Benediktregel – sie war um das Jahr 800 nur e<strong>in</strong>e von über 30 damals existieren<strong>de</strong>n<br />

Mönchsregeln – umfasst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vorwort <strong>und</strong> 73 Kapiteln die Beschreibung <strong>de</strong>s gesamten<br />

<strong>in</strong>neren <strong>und</strong> äußeren Klosterlebens, ist allerd<strong>in</strong>gs z.T. recht vage formuliert <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> daher<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Jahrh<strong>und</strong>erten <strong>de</strong>s Mittelalters recht unterschiedlich <strong>in</strong>terpretiert. Die <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Mönchsregel<br />

enthaltenen Gr<strong>und</strong>sätze geme<strong>in</strong>schaftlichen Lebens (Zönobitentum) beschäftigen sich:<br />

a) mit <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>s Mönchs zur geistigen Vollkommenheit auf Gr<strong>und</strong> von Gehorsam, Demut<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 21


<strong>und</strong> Schweigsamkeit, b) mit <strong>de</strong>m Gottesdienst <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Gebet, c) mit <strong>de</strong>m Verhalten <strong>de</strong>r<br />

Mönche (<strong>und</strong> Novizen) untere<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r, d) mit <strong>de</strong>r Hierarchie <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>s Klosters, <strong>de</strong>m Abt<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Klosterämtern, e) mit <strong>de</strong>m Verhalten zwischen Mönchen <strong>und</strong> außerhalb <strong>de</strong>s Klosters<br />

Stehen<strong>de</strong>n, f) mit <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Unabhängigkeit <strong>de</strong>s Klosters. Die Benediktregel<br />

<strong>de</strong>f<strong>in</strong>iert damit e<strong>in</strong>e „Herrschaft <strong>de</strong>r Regel“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e „geregelte Herrschaft“. Sie ist umgesetzt<br />

<strong>und</strong> erhielt ihre sichtbare Gestalt <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Form <strong>de</strong>s St. Galler Klosterplans (ca.820).<br />

Die Benediktregel, vom Or<strong>de</strong>nsgrün<strong>de</strong>r <strong>in</strong>itiiert, von <strong>de</strong>r Kirche anerkannt, gehört – neben<br />

<strong>de</strong>r Basilius-, August<strong>in</strong>us- <strong>und</strong> Franziskusregel – zu <strong>de</strong>n wirkmächtigsten, klassischen Or<strong>de</strong>nsregeln<br />

im christlichen Mönchtum <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> zur Norm, Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> zum Maßstab für<br />

das Leben <strong>de</strong>r Benedikt<strong>in</strong>ermönche <strong>und</strong> -nonnen.<br />

Die teilweise vagen Formulierungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>r Benediktregel führten dazu, dass sich<br />

<strong>Klöster</strong> „Gewohnheiten“ (consuetud<strong>in</strong>es, constitutiones) als konkrete Ausführungsbestimmungen<br />

gegeben haben. „Gewohnheiten“ treten erstmals im 8./9. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung,<br />

berühmt s<strong>in</strong>d die „Konstitutionen“ <strong>de</strong>s burg<strong>und</strong>ischen Klosters Cluny, die Abt Wilhelm<br />

von Hirsau (1069-1091) im Zeitalter von Investiturstreit <strong>und</strong> Kirchenreform für se<strong>in</strong> Kloster<br />

übernahm <strong>und</strong> die im Zuge <strong>de</strong>r Hirsauer Reform große Verbreitung fan<strong>de</strong>n. So wur<strong>de</strong>n die<br />

constitutiones Hirsaugienses vom Kloster St. Georgen <strong>und</strong> darüber von <strong>de</strong>r Admonter Reformbewegung<br />

<strong>in</strong> Österreich aufgenommen. Die „Konstitutionen“ von Hirsau be<strong>in</strong>halteten<br />

u.a. Bestimmungen über Novizen, Konversen <strong>und</strong> Mönche, zum Tagesablauf <strong>und</strong> zur Zeichensprache,<br />

zur Liturgie, zu <strong>de</strong>n Klosterämtern <strong>und</strong> zu <strong>de</strong>n Baulichkeiten. Übernahm nun<br />

e<strong>in</strong> Kloster von e<strong>in</strong>em an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>ssen Gewohnheiten, so beachtete es die Bestimmungen<br />

<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft, gehörte also zu <strong>de</strong>ren Observanz.<br />

Mönche <strong>und</strong> Nonnen. Der E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong>s Kloster konnte von frühester K<strong>in</strong>dheit bis kurz vor <strong>de</strong>m<br />

Tod erfolgen. So ist bis zum hohen Mittelalter <strong>in</strong> Benedikt<strong>in</strong>erklöstern die Oblation („Übergabe“)<br />

von pueri oblati bezeugt, während z.B. <strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Kämpfen vor Ma<strong>in</strong>z tödlich verw<strong>und</strong>ete<br />

A<strong>de</strong>lbert von Ellerbach <strong>in</strong> das Kloster St. Georgen im Schwarzwald als Mönch e<strong>in</strong>trat<br />

(1121). Se<strong>in</strong> Grabste<strong>in</strong> mit Inschrift gehört zu <strong>de</strong>m Wenigen, was an Sachüberresten vom<br />

Kloster an <strong>de</strong>r Brigach überliefert ist. Noviziat („Lehre“), Tonsur (Scheren <strong>de</strong>s Haupthaars),<br />

Gelüb<strong>de</strong> <strong>und</strong> Profess (als öffentliche Ablegung <strong>de</strong>r Mönchsgelüb<strong>de</strong>) führten die <strong>in</strong>s Kloster<br />

E<strong>in</strong>getretenen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Mönchsstand. Die Mönche waren nach <strong>de</strong>r Benediktregel <strong>de</strong>m geme<strong>in</strong>samen<br />

Leben, <strong>de</strong>r vita communis verpflichtet. Dieser Lebensweise entsprachen die Mönchsgelüb<strong>de</strong><br />

auf Ehelosigkeit, Armut <strong>und</strong> Gehorsam (als <strong>de</strong>n drei evangelischen Räten; consilia<br />

evangelica) sowie e<strong>in</strong> streng geregelter Tagesablauf bei Gebet <strong>und</strong> Arbeit <strong>in</strong> <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r<br />

Außenwelt abgeschirmten Klostergebäu<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Klausur. Der Kreuzgang diente <strong>de</strong>r Meditation,<br />

das Refektorium <strong>und</strong> das Dormitorium <strong>de</strong>m geme<strong>in</strong>samen Essen <strong>und</strong> Schlafen. E<strong>in</strong>en<br />

Teil <strong>de</strong>s klösterlichen Lebens füllte die Lektüre <strong>de</strong>r Heiligen Schrift, <strong>de</strong>r Benediktregel o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Schriften <strong>de</strong>r Kirchenväter aus. Mönche sollten lesen, z.B. im Kreuzgang <strong>de</strong>s Klosters,<br />

die Benediktregel verordnete <strong>in</strong> ihrem 48. Kapitel je<strong>de</strong>m Mönch die Lektüre e<strong>in</strong>es Buchs <strong>de</strong>r<br />

Bibel während <strong>de</strong>r Fastenzeit. Davon getrennt, las e<strong>in</strong> Vorleser (Lektor) bei <strong>de</strong>n geme<strong>in</strong>samen<br />

Mahlzeiten, die schweigend e<strong>in</strong>genommen wur<strong>de</strong>n, Abschnitte aus Büchern mit geistlich-religiösem<br />

Inhalt vor (Tischlesung). Das Chor- o<strong>de</strong>r St<strong>und</strong>engebet stand aber im liturgischen<br />

Zentrum mönchischen Lebens. Gesungen wur<strong>de</strong>n u.a. Psalmen aus <strong>de</strong>m Psalter zu<br />

<strong>de</strong>n durch die Benediktregel festgelegten Zeiten. Prozessionen <strong>und</strong> Messen gehörten ebenso<br />

zum liturgischen Alltag wie das Jahrgedächtnis, das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Religion <strong>de</strong>r Er<strong>in</strong>nerung wie<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 22


<strong>de</strong>r christlichen dazu diente, Verstorbene um ihres Seelenheils willen nicht <strong>in</strong> Vergessenheit<br />

geraten zu lassen, mith<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft von Leben<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Toten zu schaffen. Die Vorbereitung<br />

<strong>de</strong>s Jahrgedächtnisses, <strong>de</strong>r memoria, geschah dann u.a. durch Schenkungen,<br />

durch Stiftungen <strong>und</strong> testamentarische Verfügungen. So war gewährleistet, dass <strong>de</strong>r To<strong>de</strong>stag<br />

<strong>de</strong>s Tra<strong>de</strong>nten jährlich im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>s Schenken<strong>de</strong>n begangen wer<strong>de</strong>n konnte (liturgisches<br />

Gedächtnis <strong>de</strong>r Mönche). Ungehorsam <strong>und</strong> das Brechen <strong>de</strong>r Gelüb<strong>de</strong> zogen Strafen nach<br />

sich, die im Kapitelsaal verhan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n. Dies alles machte die monastische Diszipl<strong>in</strong> (religio)<br />

<strong>de</strong>r Mönche <strong>und</strong> Nonnen aus. Wirtschaftsgebäu<strong>de</strong> <strong>und</strong> Gästehäuser verban<strong>de</strong>n schließlich<br />

die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft mit <strong>de</strong>r Außenwelt, ebenso das Gebot <strong>de</strong>r Barmherzigkeit, das<br />

die Unterstützung von Armen, Frem<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Pilgern for<strong>de</strong>rte.<br />

Die soziale Schichtung <strong>de</strong>r Mönche variierte von Kloster zu Kloster <strong>und</strong> durch die Jahrh<strong>und</strong>erte<br />

<strong>de</strong>s Mittelalters. Im frühen Mittelalter mag es auch nichtadlige o<strong>de</strong>r gar unfreie Mönche<br />

<strong>in</strong> <strong>Klöster</strong>n gegeben haben, ab <strong>de</strong>m hohen Mittelalter dom<strong>in</strong>ierten unter <strong>de</strong>n benedikt<strong>in</strong>ischen<br />

Chormönchen A<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Rittertum, die Konversen mochten auch aus <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />

Schichten <strong>de</strong>r Gesellschaft kommen. Im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert gerieten unter <strong>de</strong>m E<strong>in</strong>fluss <strong>de</strong>r<br />

Konzilsbewegung (Konzil von Konstanz, 1414-1418) die A<strong>de</strong>lsklöster <strong>in</strong> die Kritik. Die benedikt<strong>in</strong>ischen<br />

Reformbewegungen verteidigten die Gleichbehandlung von Arm <strong>und</strong> Reich, adlig<br />

<strong>und</strong> nichtadlig gemäß <strong>de</strong>m 2. Kapitel <strong>de</strong>r Benediktregel. Doch drangen sie mit ihren For<strong>de</strong>rungen<br />

nur schwer gegen das klösterliche A<strong>de</strong>lsprivileg durch. Immerh<strong>in</strong> gab es auch Verän<strong>de</strong>rungen.<br />

In Alpirsbach z.B. führte die Reform von 1470 dazu, dass die alten Mönche das<br />

Kloster verließen, neue Mönche aus Wibl<strong>in</strong>gen kamen <strong>und</strong> Söhne von reichen Bürgern im<br />

Kloster E<strong>in</strong>lass fan<strong>de</strong>n. Doch war solchen Neuerungen <strong>in</strong>sofern nur e<strong>in</strong>geschränkt Zukunft<br />

beschie<strong>de</strong>n, als e<strong>in</strong>e Vielzahl von <strong>Klöster</strong>n bei E<strong>in</strong>führung <strong>de</strong>r Reformation im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

aufgehoben wur<strong>de</strong>.<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung klösterlichen Zusammenlebens war schließlich die Ortsbeständigkeit<br />

(stabilitas loci) <strong>de</strong>r Mönche. Sie war Teil <strong>de</strong>r „Standhaftigkeit“ (stabilitas) <strong>de</strong>r Kloster<strong>in</strong>sassen,<br />

Teil ihrer Treue zu Christus, ihrer Geduld im Klosterleben, ihres Festhaltens an<br />

Mönchtum <strong>und</strong> Regel. Dem entsprach e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Or<strong>de</strong>nshabit, e<strong>in</strong>e <strong>de</strong>n Mönchen <strong>und</strong><br />

Nonnen vorgeschriebene Bekleidung.<br />

Priestermönche <strong>und</strong> Konversen. Die Benediktregel ist von e<strong>in</strong>em Laien (Benedikt von<br />

Nursia) für Laien gemacht wor<strong>de</strong>n, <strong>und</strong> so waren Benedikt<strong>in</strong>erklöster wohl ursprünglich für<br />

Laien bestimmt gewesen, im Unterschied zu <strong>de</strong>n Klerikerklöstern, die sich an <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>s<br />

heiligen August<strong>in</strong>us (*354-†430) orientierten. Trotz<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n im Mittelalter viele Mönche<br />

auch <strong>in</strong> benedikt<strong>in</strong>ischen <strong>Klöster</strong>n Priestermönche gewesen se<strong>in</strong>. Als Priester vermittelten<br />

die Mönche auf Gr<strong>und</strong> ihrer spirituell herausgehobenen Stellung zwischen Gott <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />

Menschen <strong>und</strong> hatten <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Eucharistiefeier Anteil am Priestertum <strong>und</strong> Opfertod Christi.<br />

Priester waren gleichzeitig kirchliche Amtsträger, die die Priesterweihe empfangen hatten. Im<br />

klösterlichen Umfeld waren die Priestermönche seit <strong>de</strong>m hohen Mittelalter die Chor- o<strong>de</strong>r<br />

Vollmönche, die sich <strong>de</strong>r Ausbildung (Klosterschulen), geistlich-sprirituellen <strong>und</strong> wissenschaftlichen<br />

Aufgaben widmeten. Sie führten die St<strong>und</strong>engebete durch, sie saßen beim<br />

Chordienst im Chor <strong>de</strong>s Gotteshauses.<br />

Frühmittelalterlich ist <strong>de</strong>r Unterschied zwischen Mönchen, die als K<strong>in</strong><strong>de</strong>r (Oblaten) <strong>de</strong>m Kloster<br />

übergeben wur<strong>de</strong>n, <strong>und</strong> <strong>de</strong>nen, die als Erwachsene (nach ihrer Konversion) <strong>in</strong> die<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong>traten. Letztere hießen Konversen (fratres conversi) <strong>und</strong> galten als<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 23


Vollmönche (älteres Konversen<strong>in</strong>stitut). Die Konversen, die seit <strong>de</strong>m 11. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Benedikt<strong>in</strong>erklöstern e<strong>in</strong>traten, gehörten zu <strong>de</strong>r jüngeren Schicht <strong>de</strong>r Laienbrü<strong>de</strong>r. Sie unterschie<strong>de</strong>n<br />

sich als Laien ohne klerikale Weihen daher von <strong>de</strong>n Priestermönchen als <strong>de</strong>n Voll-<br />

o<strong>de</strong>r Chormönchen <strong>de</strong>s Klosters, waren von Kontemplation, geistigen Aufgaben <strong>und</strong> wissenschaftlicher<br />

Tätigkeit weitgehend ausgeschlossen <strong>und</strong> dienten als „Klosterbrü<strong>de</strong>r zweiter<br />

Klasse“ bei gemil<strong>de</strong>ter Askese <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Außenbereichen <strong>de</strong>s Klosters. Notwendige körperliche<br />

Arbeiten, landwirtschaftliche Arbeiten, Arbeiten <strong>in</strong> Werkstätten <strong>und</strong> Verwaltungsaufgaben<br />

wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Konversen geleistet, um die Vollmönche von <strong>de</strong>r Handarbeit zu entlasten.<br />

E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Versprechen genügte <strong>de</strong>m Konversen dabei, um <strong>in</strong> das Kloster aufgenommen<br />

zu wer<strong>de</strong>n. So gehörten die Laienbrü<strong>de</strong>r eher zu klösterlichen familia, waren aber von dieser<br />

durch ihren Mönchsstatus abgehoben. Das Verhältnis von Vollmönchen zu Laienbrü<strong>de</strong>rn<br />

betrug im Hochmittelalter bei Benedikt<strong>in</strong>erklöstern – wohl ähnlich wie bei <strong>de</strong>n Zisterziensern<br />

– 2:3 bis 1:3. In spätem Mittelalter <strong>und</strong> früher Neuzeit sollte die Zahl <strong>de</strong>r Konversen drastisch<br />

s<strong>in</strong>ken.<br />

Inklusen mit Kloster Amtenhausen. Das Institut <strong>de</strong>r Inklusen, <strong>de</strong>r „e<strong>in</strong>geschlossenen“<br />

Frauen <strong>und</strong> Männer, ist so alt wie das christliche Mönchtum. Es hat sich erstmals im Ägypten<br />

<strong>de</strong>s 2./3. nachchristlichen Jahrh<strong>und</strong>erts entwickelt, verbreitete sich von dort im östlichen Mittelmeerraum<br />

<strong>und</strong> erreichte m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens im 6. Jahrh<strong>und</strong>ert auch das christlich-barbarische<br />

Abendland. Die late<strong>in</strong>ischen Begriffe <strong>in</strong>clusus, <strong>in</strong>clusa bzw. reclusus, reclusa bezeichnen<br />

Männer <strong>und</strong> Frauen, die sich freiwillig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Zelle (Klause, <strong>in</strong>closorium, reclusorium) verschließen<br />

(e<strong>in</strong>mauern, zusperren) ließen <strong>und</strong> so – <strong>in</strong> <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>samkeit <strong>de</strong>r Zelle <strong>und</strong> bei stiller<br />

Meditation – ihrer Art von christlicher Askese nachg<strong>in</strong>gen (vita contemplativa). Weibliche<br />

Inklusen (Inklus<strong>in</strong>nen) traten im Verlauf <strong>de</strong>r Jahrh<strong>und</strong>erte <strong>de</strong>s europäischen Mittelalters beson<strong>de</strong>rs<br />

hervor; mit ihnen verband sich die Wertschätzung von Hand- <strong>und</strong> Textilarbeiten (vita<br />

activa). Die Kirche erließ immer wie<strong>de</strong>r Bestimmungen über die Inklusen, sie hatten e<strong>in</strong>e<br />

Ausbildungszeit (Noviziat im Kloster) vor ihrer E<strong>in</strong>schließung zu absolvieren <strong>und</strong> sollten <strong>in</strong><br />

Demut <strong>und</strong> unter Vermeidung von Kontakten zur Außenwelt sich <strong>de</strong>n Bußübungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

Gebet h<strong>in</strong>geben (u.a. gemäß Or<strong>de</strong>ns- o<strong>de</strong>r eigenen Inklusenregeln). Sie lebten <strong>in</strong> Unterkünften,<br />

die e<strong>in</strong>fach gestaltet waren o<strong>de</strong>r auch komfortabel e<strong>in</strong>gerichtet, <strong>und</strong> traten durch das<br />

Fenster ihrer Klause <strong>in</strong> mehr o<strong>de</strong>r weniger <strong>in</strong>tensiven Kontakt zur Außenwelt.<br />

Dass im Zuge <strong>de</strong>r gregorianischen Kirchen- <strong>und</strong> Klosterreform <strong>de</strong>s 11. <strong>und</strong> 12. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

das Inklusenwesen Auftrieb erfuhr, versteht sich fast von selbst. So war für viele weibliche<br />

Laien die geistliche Lebensweise als Nonne, Eremit<strong>in</strong> o<strong>de</strong>r Inkluse erstrebenswert. Auch die<br />

damals entstan<strong>de</strong>ne Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> St. Georgen im Schwarzwald sollte sich alsbald<br />

zu e<strong>in</strong>em Mittelpunkt benedikt<strong>in</strong>ischen Reformmönchtums entwickeln. Zentrale Gestalt war<br />

hier <strong>de</strong>r dritte St. Georgener Abt Theoger (1088-1119). Dessen Lebensbeschreibung, die<br />

Vita Theogeri, berichtet vom religiösen Eifer <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Zustrom von Frauen aller sozialen<br />

Schichten zu Theoger <strong>und</strong> nach St. Georgen. Und so f<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich seit <strong>de</strong>m 12. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

weibliche Inklusen auch im St. Georgener Priorat Amtenhausen, das vor 1105 auf <strong>de</strong>r Baar<br />

gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n war. Wir s<strong>in</strong>d über e<strong>in</strong>ige E<strong>in</strong>träge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em uns unbekannten Amtenhausener<br />

Totenbuch aus <strong>de</strong>r „Geschichte <strong>de</strong>s Schwarzwalds“ <strong>de</strong>s Abtes Mart<strong>in</strong> Gerbert von St.<br />

Blasien (1764-1783) unterrichtet. Gerbert führt dabei die Namen von Inklusen zu To<strong>de</strong>s- <strong>und</strong><br />

Er<strong>in</strong>nerungstagen auf. Die späte Überlieferung <strong>de</strong>r Namen im Werk Gerberts aus <strong>de</strong>m en<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

18. Jahrh<strong>und</strong>ert macht e<strong>in</strong>e genaue zeitliche E<strong>in</strong>ordnung <strong>de</strong>r Inklusen (Nochtild, Ag-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 24


nes, Iu<strong>de</strong>ntha, Elisabeth, Richunta, Margaretha u.a.) <strong>in</strong> die Jahrh<strong>und</strong>erte <strong>de</strong>s Bestehens <strong>de</strong>s<br />

Amtenhausener Klosters unmöglich. Wir können <strong>in</strong><strong>de</strong>s annehmen, dass die Inklusen beson<strong>de</strong>rs<br />

<strong>de</strong>m späten Mittelalter angehörten, <strong>und</strong> folgern dies u.a. aus <strong>de</strong>n Frauennamen, die<br />

auch auf biblische Gestalten <strong>und</strong> Heilige zurückgriffen. Im Spätmittelalter hatten Frauen das<br />

abendländische Inklusenwesen bestimmt.<br />

Gottesdienst im Kloster. Gottesdienst (opus Dei) war/ist die rituelle Verehrung <strong>de</strong>s christli-<br />

chen Gottes, Liturgie die geregelte Form <strong>de</strong>s Gottesdienstes, die im Verlauf <strong>de</strong>s Mittelalters<br />

im westlichen Christentum e<strong>in</strong>e zunehmen<strong>de</strong> Vere<strong>in</strong>heitlichung fand („gallische“, römische<br />

Liturgie). Bücher zur Liturgie enthalten die für <strong>de</strong>n Gottesdienst benötigten Texte: 1) Antiphonar<br />

(Sammlung von Antiphonen, Wechselgesängen), 2) Benediktionale, 3) Epistolar<br />

(Sammlung von biblischen Schriftstellen), 4) Evangeliar (mit <strong>de</strong>m vollständigen Text <strong>de</strong>r Evangelien),<br />

5) Evangelistar (Sammlung von Textstellen aus <strong>de</strong>n Evangelien), 6) Graduale<br />

(Verzeichnis <strong>de</strong>r zur Messfeier gehören<strong>de</strong>n Hymnen), 7) Hymnar (Verzeichnis von Hymnen),<br />

8) Kollektar, 9) Legendar (Passionar), 10) Lektionar (Sammlung von Schriftlesungen im Gottesdienst),<br />

11) Martyrologium (Verzeichnis von Märtyrern <strong>und</strong> Heiligen), 12) Orationale, 13)<br />

Perikopenbuch (mit Abschnitten aus <strong>de</strong>n Evangelien), 14) Pontifikale (mit <strong>de</strong>n bischöflichen<br />

Sakramenten), 15) Psalterium (Psalmensammlung), 16) Responsoriale, 17) Sequentiar (Lie<strong>de</strong>rbuch),<br />

18) Tonar, 19) Tropar <strong>und</strong>: 20) Sakramentar, 21) (Voll-) Brevier (Sammlungen liturgischer<br />

Texte für <strong>de</strong>n Gottesdienst <strong>und</strong> das St<strong>und</strong>engebet). Liturgische Gewän<strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

(seit <strong>de</strong>m Hochmittelalter) fünf liturgischen Farben Weiß, Rot, Grün, Schwarz <strong>und</strong> Violett<br />

spielten im gottesdienstlichen Ablauf ebenfalls e<strong>in</strong>e wichtige Rolle.<br />

Das Gerüst um Gottesdienst <strong>und</strong> liturgische Handlungen bil<strong>de</strong>ten das christliche Kirchenjahr<br />

mit se<strong>in</strong>en Festtagen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r <strong>in</strong> zwölf (ungleiche) Tag- <strong>und</strong> Nachtst<strong>und</strong>en unterteilte Tag.<br />

Zentraler Bezugspunkt <strong>de</strong>r klösterlichen Liturgie war das tägliche St<strong>und</strong>engebet als Nachtgebet,<br />

als Gebet zur Matut<strong>in</strong> usw. gemäß <strong>de</strong>n kanonischen Horen. Nach <strong>de</strong>r Prim, auch<br />

nach <strong>de</strong>r Terz wur<strong>de</strong>n zu<strong>de</strong>m Messen gehalten, Gebet <strong>und</strong> Psalmen, Hymnen <strong>und</strong> Wechselgesänge<br />

waren zu hören. Die höchsten Feiertage wie Ostern, Weihnachten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Tag<br />

<strong>de</strong>s Klosterpatrons erfor<strong>de</strong>rten e<strong>in</strong>e gesteigerte Liturgie, Prozessionen wur<strong>de</strong>n veranstaltet,<br />

die Kirche geschmückt <strong>und</strong> festlich beleuchtet. Zu Liturgie <strong>und</strong> Gottesdienst gehörten daher<br />

auch liturgisches Gerät (Kelch, Vortragekreuz u.a.) <strong>und</strong> die entsprechen<strong>de</strong> Ausstattung <strong>de</strong>r<br />

Klosterkirche. Die Sakristei als Nebenraum <strong>de</strong>r Kirche bewahrte Gewän<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Geräte auf,<br />

sie war <strong>de</strong>r Umklei<strong>de</strong>raum für die Priester.<br />

Die Messe (Messfeier, missa) war/ist <strong>de</strong>r Hauptgottesdienst <strong>de</strong>r Christen, die Eucharistiefeier,<br />

die auf das letzte Abendmahl Jesu mit se<strong>in</strong>en Jüngern zurückgeht. Sie wur<strong>de</strong> liturgisch<br />

<strong>und</strong> rituell beson<strong>de</strong>rs ausgestaltet. Gebete, Hymnen <strong>und</strong> Predigt waren Teil <strong>de</strong>r Messfeier.<br />

Zeit. Die „christliche Zeit“ <strong>de</strong>s Mittelalters, die Zeit <strong>de</strong>r Priester <strong>und</strong> Mönche ist geprägt durch<br />

das Kirchenjahr mit se<strong>in</strong>en Hochfesten <strong>und</strong> Feiertagen. Der Ostersonntag, das christliche<br />

Hauptfest, <strong>und</strong> die davon abhängigen beweglichen Feiertage e<strong>in</strong>schließlich <strong>de</strong>r Hauptfastenzeit<br />

mussten dabei mit Hilfe <strong>de</strong>s mittelalterlichen computus berechnet wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r römische<br />

Kalen<strong>de</strong>r mit se<strong>in</strong>en Kalen<strong>de</strong>n, Nonen <strong>und</strong> I<strong>de</strong>n als Bezugstagen wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> Kalendarien, Martyrologien,<br />

Nekrologien <strong>und</strong> Urk<strong>und</strong>en zur Tagesbezeichnung bis <strong>in</strong>s späte Mittelalter herangezogen.<br />

Der Tag selbst war gemäß römischer Systematik <strong>in</strong> zwölf Tag- <strong>und</strong> zwölf Nachtst<strong>und</strong>en<br />

unterteilt, wobei die Länge dieser sog. ungleichen St<strong>und</strong>en von Jahreszeit zu Jah-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 25


eszeit variierte. Die sieben kirchlichen Horen Matut<strong>in</strong>, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper <strong>und</strong><br />

Komplet waren die wichtigen Bezugspunkte <strong>de</strong>s täglichen Klosterlebens. Als Tagesablauf für<br />

die Mönche ergibt sich daraus abhängig von <strong>de</strong>r Jahreszeit <strong>und</strong> vom All-, Sonn- o<strong>de</strong>r Festtag:<br />

1) Nachtgebet, 2) Aufstehen, Gebet zur Matut<strong>in</strong>, zur Morgendämmerung, 3) Gebet zur<br />

Prim <strong>und</strong> Frühmesse, 4) Kapitelversammlung, 5) Gebet zur Terz <strong>und</strong> (meist) (Toten-) Messe,<br />

6) Lesen, 7) Gebet zur Sext, 8) Mittagsmahl, 9) Arbeiten, 10) Gebet zur Non, 11) Gebet zur<br />

Vesper, 12) Abendmahl, 13) Gebet zur Komplet, 14) Nachtruhe.<br />

Sachkultur. Nicht zuletzt durch die Benediktregel bestimmt ist die mittelalterliche Sachkultur<br />

<strong>de</strong>r Mönche <strong>und</strong> Nonnen. Dazu gehören zuerst: Essen <strong>und</strong> Tr<strong>in</strong>ken, Bekleidung, persönlicher<br />

Besitz, Wohnen. Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er gemäßigten Askese sollte <strong>in</strong> <strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong>n auf E<strong>in</strong>fachheit<br />

<strong>und</strong> Notwendigkeit geachtet wer<strong>de</strong>n, d.h.: ausreichen<strong>de</strong>s Essen, ausreichen<strong>de</strong> Kleidung<br />

stan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Mönchen zu, auch ger<strong>in</strong>ger persönlicher Besitz war erlaubt.<br />

Die zwei regelmäßigen Mahlzeiten am frühen Mittag <strong>und</strong> gegen Abend bestan<strong>de</strong>n aus gekochtem<br />

Geflügel o<strong>de</strong>r Fisch (<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Fastenzeit), aus Gemüse <strong>und</strong> Obst, h<strong>in</strong>zu kamen Wasser,<br />

We<strong>in</strong> o<strong>de</strong>r Bier. Für „zwischendurch“ wur<strong>de</strong> je<strong>de</strong>m Mönch e<strong>in</strong>e bestimmte Menge an<br />

Brot zugeteilt. Fleisch von vierfüßigen Lebewesen war <strong>de</strong>n Kranken vorbehalten. Zur<br />

(schwarzen) Kleidung <strong>de</strong>r Mönche zählten e<strong>in</strong>e Sommer- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e W<strong>in</strong>terkukulle (Mantel mit<br />

Kapuze), zwei Untergewän<strong>de</strong>r (Tunika), Skapulier (Schulterkleid), Socken <strong>und</strong> Schuhe, e<strong>in</strong><br />

Gürtel (Or<strong>de</strong>nskleidung, Habit). Gegenstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s persönlichen Gebrauchs waren: e<strong>in</strong><br />

Besteckmesser, Werkzeug, die Schreibtafel mit <strong>de</strong>m Griffel, e<strong>in</strong>e Na<strong>de</strong>l, e<strong>in</strong> Tuch. Die „Wohnung“<br />

<strong>de</strong>s Mönchs war das Kloster, im Dormitorium schlief er auf e<strong>in</strong>er Matte mit Decke <strong>und</strong><br />

Kopfkissen, im Refektorium aß er, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Kirche betete er, im Skriptorium, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Küche, <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n Werkstätten, auf <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Stallungen arbeitete er. Im Skriptorium wur<strong>de</strong>n<br />

Pergament, T<strong>in</strong>te <strong>und</strong> Farben verwen<strong>de</strong>t, die Hirsauer Gewohnheiten benennen als Küchenzubehör<br />

Töpfe, Schüsseln, Schöpfkellen, Messer, Besen <strong>und</strong> Tischtücher <strong>und</strong> geben auch<br />

Kochrezepte an. Vielfältiges Werkzeug wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Werkstätten verwen<strong>de</strong>t, Gartengerät<br />

war vorhan<strong>de</strong>n, Egge, Pflug <strong>und</strong> Sichel stan<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn zur Verfügung, Karren <strong>und</strong><br />

Fuhrwerke für <strong>de</strong>n Transport, Mühlen für das zu mahlen<strong>de</strong> Getrei<strong>de</strong>. Zur Sachkultur gehören<br />

auch das liturgische Gerät <strong>und</strong> die Ausstattung <strong>de</strong>r Kirche, schließlich die Klosterbauten<br />

selbst. An Mobiliar war u.a. vorhan<strong>de</strong>n: Tische, Stühle, Schemel, Kirchenbänke <strong>und</strong> Chorgestühl,<br />

Bücherschränke, Schreibpulte, Regale.<br />

Für das späte Mittelalter ist davon auszugehen, dass – auch mit <strong>de</strong>r Aufgabe <strong>de</strong>s geme<strong>in</strong>samen<br />

Lebens (vita communis) – e<strong>in</strong> durchaus luxuriöser Lebensstil <strong>in</strong> <strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong>n e<strong>in</strong>kehrte,<br />

so dass nun z.B. E<strong>de</strong>lfische, Rebhuhn <strong>und</strong> Fasan auf <strong>de</strong>r Speisenkarte stan<strong>de</strong>n, Betten<br />

im unterteilten Dormitorium E<strong>in</strong>zug hielten o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>e aufwändige Kleidung <strong>de</strong>n Mönch zierte.<br />

Klosterämter. Nach <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>s heiligen Benedikt konnten/können Mönche <strong>de</strong>r klösterlichen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft (Konvent) auch Ämter, die Kloster-ämter, ausüben. Der Abt stand an <strong>de</strong>r<br />

Spitze <strong>de</strong>s Klosters, das er nach außen h<strong>in</strong> vertrat <strong>und</strong> <strong>de</strong>m gegenüber er die oberste Verfügungsgewalt<br />

besaß. Ursprünglich war er auch für das Vermögen <strong>de</strong>s Klosters zuständig,<br />

doch fand <strong>in</strong> manchen <strong>Klöster</strong>n auch e<strong>in</strong>e Besitztrennung <strong>in</strong> Abts- <strong>und</strong> Propsteigut statt. Der<br />

Propst war <strong>de</strong>r Stellvertreter <strong>de</strong>s Abts <strong>und</strong> für die wirtschaftlichen <strong>und</strong> geistlichen Angelegenheiten<br />

zuständig, <strong>de</strong>r Dekan bzw. Prior u.a. für die Klosterdiszipl<strong>in</strong>. Weitere Klosterämter<br />

waren verb<strong>und</strong>en mit <strong>de</strong>m Kellner, betraut mit <strong>de</strong>m Klosterhaushalt, <strong>de</strong>m Küster bzw. The-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 26


saurar, zuständig für die Bewachung, Beleuchtung <strong>und</strong> Instandhaltung <strong>de</strong>s Klosters sowie<br />

die Verwaltung von Sakristei <strong>und</strong> Kirchenschatz, <strong>de</strong>m Lehrer (scholasticus) für die Ausbildung<br />

<strong>de</strong>r angehen<strong>de</strong>n Mönche, <strong>de</strong>m Pförtner (portarius), zuständig u.a. für das Hospital,<br />

<strong>de</strong>m Krankenwärter (<strong>in</strong>firmarius), <strong>de</strong>m Kantor, Speichermeister <strong>und</strong> sp<strong>in</strong>darius (Verwalter <strong>de</strong>r<br />

Lebensmittelvorräte). H<strong>in</strong>zu kamen Vollmönche <strong>und</strong> Laienbrü<strong>de</strong>r (Konversen) als Kanzlei-<br />

<strong>und</strong> Verwaltungspersonal, <strong>in</strong> Frauenklöstern zu<strong>de</strong>m Mönche o<strong>de</strong>r Kanoniker als Geistliche<br />

für die Seelsorge <strong>de</strong>r Nonnen.<br />

Bei <strong>de</strong>m hierarchisch organisierten Bettelor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Franziskaner stan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Generalm<strong>in</strong>ister<br />

<strong>und</strong> die Prov<strong>in</strong>zialm<strong>in</strong>ister an <strong>de</strong>r Spitze, <strong>de</strong>r Kusto<strong>de</strong> war verantwortlich für die Kustodien<br />

als Prov<strong>in</strong>zteile, die Leitung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Franziskanerkonvents hatte <strong>de</strong>r Guardian <strong>in</strong>ne.<br />

Bildung im Kloster<br />

Jegliche klösterliche Bildung im früheren Mittelalter basierte auf <strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Antike überlieferten<br />

artes liberales, <strong>de</strong>n „(sieben) freien Künsten“, also <strong>de</strong>m Trivium („Dreiweg“), bestehend<br />

aus: Grammatik, Dialektik (Logik) <strong>und</strong> Rhetorik, <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Quadrivium („Vierweg“), bestehend<br />

aus <strong>de</strong>n mathematischen Wissenschaften Arithmetik, Geometrie, Astronomie <strong>und</strong><br />

Musik. Dem Novizen o<strong>de</strong>r Mönch oblag <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Klosterschule zunächst (<strong>und</strong> z.g.T. e<strong>in</strong>zig) <strong>de</strong>r<br />

Erwerb <strong>de</strong>r late<strong>in</strong>ischen Sprache, <strong>de</strong>r Bildungssprache <strong>und</strong> Sprache <strong>de</strong>r Liturgie im Mittelalter;<br />

alle Gesänge <strong>und</strong> Gebete waren auf Late<strong>in</strong>, ebenso die Bibel (Vulgata), die Schriften <strong>de</strong>r<br />

Kirchenväter, die meisten <strong>de</strong>r Aufzeichnungen <strong>de</strong>s Klosters von <strong>de</strong>r Geschichtsschreibung<br />

bis zu <strong>de</strong>n Heberegistern. Die Bildung <strong>de</strong>r Mönche basierte auf <strong>de</strong>n Büchern, <strong>de</strong>m „geistigen<br />

Schatz“ <strong>de</strong>s Klosters. Im Skriptorium wur<strong>de</strong>n late<strong>in</strong>ische Bücher abgeschrieben, die Bibliothek<br />

bestand aus wenigen bis e<strong>in</strong>igen <strong>in</strong> Late<strong>in</strong> verfassten Codices, die man mitunter auch<br />

an<strong>de</strong>rswo erworben hatte, Tischlesungen <strong>und</strong> die Verpflichtung <strong>de</strong>r Mönche, etwa während<br />

<strong>de</strong>r Fastenzeit zu lesen, gehörten zum monastischen Alltag.<br />

Walahfrid Strabo. E<strong>in</strong>en Repräsentanten Reichenauer Kultur möchten wir hier vorstellen:<br />

Walahfrid Strabo, <strong>de</strong>n Reichenauer Mönch <strong>und</strong> Abt (838-849). Geboren 808/09 <strong>in</strong> Schwaben,<br />

war Walahfrid m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens ab 822 Mönch auf <strong>de</strong>r Reichenau <strong>und</strong> genoss hier e<strong>in</strong>e hervorragen<strong>de</strong><br />

Erziehung, die er seit 827 mit Studien bei Hrabanus Maurus <strong>in</strong> Fulda vervollständigte.<br />

829 wur<strong>de</strong> er Erzieher Karls <strong>de</strong>s Kahlen, <strong>de</strong>s Sohnes Kaiser Ludwigs <strong>de</strong>s Frommen,<br />

838 durch Letzteren als Abt <strong>de</strong>r Reichenau e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Walahfrid ist bekannt durch se<strong>in</strong> weitgespanntes literarisches Œuvre. Se<strong>in</strong>e Dichtungen, u.a.<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Hexametern verfasste Nachdichtung <strong>de</strong>r Vision <strong>de</strong>s Reichenauer Mönchs Wetti (Visio<br />

Wett<strong>in</strong>i, 826/27), s<strong>in</strong>d kunstvoll, manchmal episch <strong>und</strong> mitunter schwierig. Neben Hymnen,<br />

Epigrammen, Briefgedichten u.a. ist weiter <strong>de</strong>r Hortulus <strong>de</strong>s Walahfrid Strabo zu nennen,<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Dichter <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Zeit als Abt über <strong>de</strong>n Reichenauer Klostergarten schrieb. Der Gelehrte<br />

<strong>und</strong> Lehrer verfasste noch Kommentare zum Pentateuch <strong>und</strong> zu <strong>de</strong>n Psalmen, Predigten,<br />

e<strong>in</strong> Werk zum christlichen Gottesdienst sowie e<strong>in</strong>e Briefmustersammlung. Walahfrid überarbeitete<br />

nach älteren Quellen die Gallusvita, auch e<strong>in</strong>e Vita <strong>de</strong>s St. Galler Abtes Otmar<br />

(719-759) stammt von ihm <strong>und</strong> zeigt die damals engen Beziehungen zwischen <strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong>n<br />

St. Gallen <strong>und</strong> Reichenau auf.<br />

Schreiben, Schrift, Skriptorium. Die Benediktregel setzte bei <strong>de</strong>n Mönchen die Fähigkeit<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 27


zum Lesen <strong>und</strong> Schreiben (<strong>de</strong>r late<strong>in</strong>ischen Sprache) voraus. So war das Skriptorium, die<br />

Schreib- <strong>und</strong> Malschule, e<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil <strong>de</strong>s Klosters <strong>und</strong> <strong>de</strong>r klösterlichen <strong>und</strong><br />

mittelalterlichen Kultur. Die meisten Abschriften antiker <strong>und</strong> mittelalterlicher Werke wur<strong>de</strong>n<br />

im frühen <strong>und</strong> hohen Mittelalter eben von Mönchen geschrieben, die monastische Buchkultur<br />

wur<strong>de</strong> erst im späten Mittelalter durch neue Schreibzentren <strong>in</strong> Städten <strong>und</strong> an Universitäten<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> gedrängt. Geschrieben wur<strong>de</strong> zumeist von <strong>de</strong>n schreiben<strong>de</strong>n Mönchen<br />

(auch von außerhalb) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Saal, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Bibliothek <strong>de</strong>s Klosters <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung stand, wie <strong>de</strong>r St. Galler Klosterplan (ca.820) aufzeigt. Die Mönche stan<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

saßen an Pulten <strong>und</strong> beschrieben das vorbereitete, l<strong>in</strong>iierte Pergament, wobei (vorzugsweise<br />

schwarze <strong>und</strong> rote) T<strong>in</strong>te (aus Ruß, Galläpfeln, Mennige, Z<strong>in</strong>ober) <strong>und</strong> Gänsekiel Verwendung<br />

fan<strong>de</strong>n. E<strong>in</strong> Messer diente <strong>de</strong>r Rasur falsch geschriebener Stellen, auch <strong>de</strong>m Glätten<br />

von Unebenheiten auf <strong>de</strong>m Pergament. Illustratoren vervollständigten <strong>de</strong>n geschriebenen<br />

Co<strong>de</strong>x durch farbige Initialen <strong>und</strong> Abbildungen (Buchkunst). Dabei kamen im Verlauf <strong>de</strong>s<br />

Mittelalters unterschiedliche Schriften, basierend auf <strong>de</strong>r late<strong>in</strong>ischen Schrift (Kapitalis, Unziale),<br />

zum Zuge: Halbunziale <strong>und</strong> Kursive <strong>de</strong>r Merow<strong>in</strong>gerzeit (6.-8. Jahrh<strong>und</strong>ert), karol<strong>in</strong>gische<br />

M<strong>in</strong>uskel (9.-12. Jahrh<strong>und</strong>ert), gotische Schriften wie Textura o<strong>de</strong>r Bastarda (ab 13./14.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert).<br />

Hochmittelalterliche Geschichtsschreibung. <strong>Klöster</strong> waren <strong>in</strong>sofern Orte von Gelehrsam-<br />

keit, als dass wir bis <strong>in</strong>s hohe Mittelalter z.B. (late<strong>in</strong>ische) Geschichtsschreibung nur von<br />

Mönchen <strong>und</strong> Geistlichen her kennen. Wir stellen zunächst zwei be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> schwäbische<br />

Historiografen vor. Hermann von Reichenau (†1054), wegen spastischer Lähmung Hermannus<br />

Contractus genannt, kam mit sieben Jahren <strong>in</strong>s Kloster Reichenau (Oblation, puer oblatus),<br />

wo er als Mönch, Priester, Gelehrter, Dichter <strong>und</strong> Geschichtsschreiber wirkte. Hermann<br />

verfasste e<strong>in</strong>e von Christi Geburt bis 1054 reichen<strong>de</strong> Weltchronik <strong>und</strong> beschäftigte sich mit<br />

Chronologie <strong>und</strong> Kalen<strong>de</strong>rrechnung.<br />

Die gregorianische Kirchenreform hatte e<strong>in</strong>en ihrer be<strong>de</strong>utendsten Anhänger <strong>in</strong> Bernold von<br />

Konstanz (†1100), <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Konstanzer Domschule erzogen wur<strong>de</strong>, an <strong>de</strong>r römischen<br />

Fastensyno<strong>de</strong> von 1079 teilnahm <strong>und</strong> 1084 durch <strong>de</strong>n späteren Papst Urban II. (1088-1099)<br />

zum Priester geweiht wur<strong>de</strong>. Bekannt wur<strong>de</strong> Bernold, <strong>de</strong>r als Mönch <strong>in</strong>s Kloster St. Blasien<br />

ausweichen musste <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e letzten Lebensjahre <strong>in</strong> (Schaffhausen-) Allerheiligen verbrachte,<br />

durch se<strong>in</strong>e frühscholastisch-kanonistischen Schriften, u.a. gegen Nikolaiten <strong>und</strong> Simonisten<br />

<strong>und</strong> über die Hierarchie <strong>de</strong>r kirchlichen Rechtsquellen. Das bekannteste Werk Bernolds<br />

ist se<strong>in</strong>e Weltchronik von <strong>de</strong>r Schöpfung bis zum Jahr 1100, e<strong>in</strong>e wichtige Quelle für<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Südwesten zur Zeit <strong>de</strong>s Investiturstreits.<br />

Lesen <strong>und</strong> Schreiben im Schwarzwaldkloster St. Georgen. Das 1084 gegrün<strong>de</strong>te Bene-<br />

dikt<strong>in</strong>erkloster St. Georgen im Schwarzwald wur<strong>de</strong> unter se<strong>in</strong>em dritten Abt Theoger (1088-<br />

1119) zu e<strong>in</strong>em Reformmittelpunkt benedikt<strong>in</strong>ischen Mönchtums. Das späte Mittelalter sah<br />

das Kloster mit diversen Problemen u.a. bei Besitz <strong>und</strong> Vogtei konfrontiert.<br />

Aus <strong>de</strong>m späten Mittelalter ist e<strong>in</strong>e late<strong>in</strong>ische Urk<strong>und</strong>e St. Georgener Mönche überliefert,<br />

die <strong>de</strong>n Verkauf von Gütern zum Zweck <strong>de</strong>r klösterlichen Schul<strong>de</strong>ntilgung zum Inhalt hat. In<br />

<strong>de</strong>r Urk<strong>und</strong>e vom 29. April 1313 bekennen die Mönche <strong>und</strong> ihr Abt Ulrich I. (1308, 1332),<br />

dass „sie selbst <strong>de</strong>r Kenntnis <strong>de</strong>s Schreibens nicht mächtig s<strong>in</strong>d“; daher überließ man das<br />

Verfassen <strong>de</strong>r Urk<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r Kanzlei <strong>de</strong>s Konstanzer Bischofs. Die St. Georgener Mönche<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 28


gehörten sicher nicht zu <strong>de</strong>n illiterati, son<strong>de</strong>rn sie waren wohl durchaus <strong>de</strong>s Lesens fähig <strong>und</strong><br />

galten damit für die katholische Kirche als Personen, die ihre kirchlichen Ämter, die nur Lesefähigkeit<br />

voraussetzten, ausüben konnten. Wir sehen: Lesen <strong>und</strong> Schreiben gehörten also im<br />

Mittelalter nicht unbed<strong>in</strong>gt zusammen; jemand, <strong>de</strong>r nicht schreiben konnte, konnte sehr wohl<br />

lesen. Dass die Schreibunk<strong>und</strong>igkeit (<strong>in</strong> Late<strong>in</strong>) mitgeteilt wur<strong>de</strong>, kommt allerd<strong>in</strong>gs selten vor.<br />

Insofern ist die vorgestellte Urk<strong>und</strong>e e<strong>in</strong>e Ausnahme, die jedoch nicht dazu führen sollte,<br />

alle<strong>in</strong> daraus e<strong>in</strong>en Verfall St. Georgener Klosterbildung für das beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

zu konstatieren.<br />

Johannes Trithemius. Im Rahmen se<strong>in</strong>er Reformbewegungen <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts erlebte<br />

das Benedikt<strong>in</strong>ertum e<strong>in</strong>e gewisse geistige Blüte. Im Kloster Hirsau besann man sich unter<br />

Abt Blasius (1484-1503) auf se<strong>in</strong>e Geschichte („Hirsauer Co<strong>de</strong>x“), man sah e<strong>in</strong>en Nutzen <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r Geschichtsschreibung, die die rechtliche <strong>und</strong> wirtschaftliche Stabilität e<strong>in</strong>es Klosters mit<br />

verbürgen sollte. Benedikt<strong>in</strong>ermönche fan<strong>de</strong>n auch <strong>de</strong>n Weg <strong>in</strong> die Universitäten, Bibliotheken<br />

wur<strong>de</strong>n vergrößert, Skriptorien <strong>und</strong> Schreibkunst lebten wie<strong>de</strong>r auf.<br />

Beispielhaft stellen wir hier die Person <strong>de</strong>s auch im <strong>de</strong>utschen Südwesten wirken<strong>de</strong>n Johannes<br />

Trithemius (†1516) vor. Johannes aus Trittenheim (bei Trier) ergriff, über 20-jährig, e<strong>in</strong>e<br />

theologische <strong>und</strong> priesterliche Laufbahn <strong>und</strong> trat als Novize <strong>in</strong>s Benedikt<strong>in</strong>erkloster Sponheim<br />

e<strong>in</strong> (1484). Bald nach Ablegung <strong>de</strong>r Profess wur<strong>de</strong> Trithemius Abt <strong>de</strong>s Klosters (1485-<br />

1506), das er zu reformieren versuchte. Gleichzeitig begann se<strong>in</strong>e literarische Tätigkeit als<br />

Verfasser von liturgischen <strong>und</strong> reformerischen Schriften, schließlich als Autor historiografischer<br />

Werke. Während e<strong>in</strong>es Aufenthalts <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> formierte sich Wi<strong>de</strong>rstand <strong>in</strong> Sponheim<br />

gegen Trithemius (1505/06), so dass <strong>de</strong>r Gelehrte auf se<strong>in</strong>e Abtswür<strong>de</strong> verzichtete <strong>und</strong> sich<br />

zu se<strong>in</strong>em Fre<strong>und</strong>, <strong>de</strong>m Würzburger Bischof Lorenz von Bibra (1495-1515), begab. In Würzburg<br />

wur<strong>de</strong> er Leiter <strong>de</strong>s Schottenklosters (1506-1516) <strong>und</strong> setzte se<strong>in</strong>e literarische Tätigkeit<br />

bis zu se<strong>in</strong>em Tod fort.<br />

An Werken <strong>de</strong>s Johannes Trithemius s<strong>in</strong>d aus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r Geschichtsschreibung überliefert:<br />

e<strong>in</strong>e Schrift über „Die berühmten Männer <strong>de</strong>s Benedikt<strong>in</strong>eror<strong>de</strong>ns“, die bis zum Jahr<br />

1370 reichen<strong>de</strong> „Hirsauer Chronik“ <strong>und</strong> die zwei Teile umfassen<strong>de</strong>n „Hirsauer Annalen“ (bis<br />

1226 bzw. 1514). Dabei ist <strong>de</strong>r geschichtliche Wert se<strong>in</strong>er Schriften durchaus umstritten, s<strong>in</strong>d<br />

ihm doch häufig Fälschungen nachzuweisen. Selbst e<strong>in</strong> angebliches (zweites) Privileg Papst<br />

Urbans II. für das Kloster Hirsau wur<strong>de</strong> Trithemius’ Fälschungstätigkeit zugeschrieben, doch<br />

entpuppt es sich heute als e<strong>in</strong>e Fälschung wahrsche<strong>in</strong>lich aus <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Gründung <strong>de</strong>r Universität Tüb<strong>in</strong>gen. Den engen Zusammenhang zwischen kirchlichen<br />

Institutionen <strong>und</strong> Bildungse<strong>in</strong>richtungen beleuchtet die Gründung <strong>de</strong>r Tüb<strong>in</strong>ger Universität. In<br />

<strong>de</strong>r geteilten württembergischen Lan<strong>de</strong>sherrschaft konkretisierten sich im Verlauf <strong>de</strong>r<br />

1470er-Jahre Pläne <strong>de</strong>s Uracher Grafen Eberhard im Bart (1450-1496) zur Gründung e<strong>in</strong>er<br />

Universität <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen. Unterstützt von wichtigen Ratgebern, se<strong>in</strong>er Mutter Mechthild von<br />

<strong>de</strong>r Pfalz (†1482) <strong>und</strong> Papst Sixtus IV. (1471-1484), konnte Eberhard 1476 das S<strong>in</strong><strong>de</strong>lf<strong>in</strong>ger<br />

Stift nach Tüb<strong>in</strong>gen verlegen; es diente mit se<strong>in</strong>en Kirchenpfrün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r zu grün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Universität<br />

als Ausstattung, die zu<strong>de</strong>m durch das Patronat über die fünf Pfarrkirchen <strong>in</strong> Asch<br />

(Blaubeuren), Brackenheim, En<strong>in</strong>gen, R<strong>in</strong>g<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Stetten ergänzt wur<strong>de</strong>. Die päpstliche<br />

Gründungsbulle vom 11. März 1477 sowie e<strong>in</strong>e gedruckte gräfliche Bekanntmachung vom 3.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 29


Juli, die <strong>de</strong>n Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s Studiums auf <strong>de</strong>n 1. Oktober festlegte, waren weitere Schritte zur<br />

Entstehung <strong>de</strong>r Tüb<strong>in</strong>ger Universität. Der Lehrbetrieb begann dann auch mit <strong>de</strong>m W<strong>in</strong>tersemester<br />

1477/78. In <strong>de</strong>r Artistenfakultät gab es ziemlich von Anfang an als Lehrer die vier<br />

vorgesehenen Kollegiatmagister, die sich zwei S<strong>in</strong><strong>de</strong>lf<strong>in</strong>gen-Tüb<strong>in</strong>ger Prün<strong>de</strong>n teilten <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>n „Fachrichtungen“ <strong>de</strong>r via mo<strong>de</strong>rna <strong>und</strong> via antiqua zugehörten (Nom<strong>in</strong>alismus <strong>und</strong> Universalienstreit).<br />

In <strong>de</strong>r theologischen Fakultät gab es 1484 mit <strong>de</strong>m Theologen Gabriel Briel<br />

(†1495), <strong>de</strong>m Propst <strong>de</strong>s St. Amandus-Stifts <strong>in</strong> Urach, e<strong>in</strong>e Wendung zum Besseren; Briel<br />

hatte schon 1482 Graf Eberhard dar<strong>in</strong> unterstützt, beim Papst die Vere<strong>in</strong>igung <strong>de</strong>r Pfrün<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Tüb<strong>in</strong>ger Stifts zu erwirken, um die Universität auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche f<strong>in</strong>anzielle Gr<strong>und</strong>lage<br />

zu stellen. Mit <strong>de</strong>m theologischen Studium <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen eng verb<strong>und</strong>en waren von <strong>de</strong>n Franziskanern<br />

<strong>und</strong> Karmelitern e<strong>in</strong>gerichtete Or<strong>de</strong>nsstudien, <strong>de</strong>r Tüb<strong>in</strong>ger August<strong>in</strong>ereremit Johannes<br />

Staupitz (†1524) wur<strong>de</strong> 1500 Doktor <strong>de</strong>r Theologie. Gegen e<strong>in</strong>e ewige Rente erhielt<br />

die Universität im Kloster <strong>de</strong>r August<strong>in</strong>ereremiten zu<strong>de</strong>m e<strong>in</strong> Lectorium, e<strong>in</strong>en Lesesaal für<br />

Theologen.<br />

Insgesamt kann von e<strong>in</strong>em erfolgreichen Aufbau <strong>de</strong>r Universität Tüb<strong>in</strong>gen – auch im Fach<br />

Mediz<strong>in</strong> – <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Zeit zwischen Gründung <strong>und</strong> Reformation (1534/35) ausgegangen wer<strong>de</strong>n.<br />

Die von Herzog Ulrich von <strong>Württemberg</strong> (1498-1550) verordnete Reformation auch <strong>de</strong>r Universität<br />

Tüb<strong>in</strong>gen (1534) stieß an <strong>de</strong>r theologischen Fakultät auf Wi<strong>de</strong>rstand, doch wur<strong>de</strong> die<br />

Lehranstalt im Verlauf <strong>de</strong>s 16. Jahrh<strong>und</strong>erts endgültig protestantisch, die theologische Fakultät<br />

wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> Forschung <strong>und</strong> Lehre führend für <strong>de</strong>n lutherischen Glauben im römisch<strong>de</strong>utschen<br />

Reich.<br />

Bildung im frühneuzeitlichen Georgskloster <strong>in</strong> Vill<strong>in</strong>gen. <strong>Klöster</strong>liche Bildung <strong>in</strong> Mittelal-<br />

ter <strong>und</strong> früher Neuzeit drehte sich um Schriftlichkeit <strong>und</strong> Buch <strong>und</strong> war präsent <strong>in</strong> Bibliothek<br />

<strong>und</strong> Skriptorium. E<strong>in</strong>e Schreibstube im Benedikt<strong>in</strong>erkloster St. Georgen können wir schon<br />

seit <strong>de</strong>m St. Georgener Abt Theoger (1088-1119) annehmen, <strong>de</strong>r „Gründungsbericht <strong>de</strong>s<br />

Klosters <strong>de</strong>s heiligen Georg“, angefertigt seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 11. bis zur Mitte <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

ist dafür e<strong>in</strong> wichtiger Beleg. Über die mittelalterliche Bibliothek <strong>de</strong>s Benedikt<strong>in</strong>erklosters<br />

St. Georgen im Schwarzwald ist nichts o<strong>de</strong>r kaum etwas bekannt. Verschie<strong>de</strong>ne<br />

Klosterbrän<strong>de</strong> (1224, 1338, 1391, 1474) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r erzwungene Umzug <strong>de</strong>s katholischen Klosters<br />

nach Vill<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>folge württembergischer Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>und</strong> Reformation (1536) wer<strong>de</strong>n<br />

sich nicht günstig auf <strong>de</strong>n Buchbestand ausgewirkt haben. So f<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich erst seit <strong>de</strong>m<br />

17. Jahrh<strong>und</strong>ert Informationen zu Handschriften <strong>und</strong> Büchern aus <strong>de</strong>m Georgskloster <strong>in</strong> Vill<strong>in</strong>gen:<br />

über e<strong>in</strong>e Bibliothek auf Wan<strong>de</strong>rschaft, zum Teil e<strong>in</strong>gelagert <strong>in</strong> an<strong>de</strong>ren <strong>Klöster</strong>n, über<br />

die (teilweise?) Vernichtung <strong>de</strong>s Vill<strong>in</strong>ger Buchbestan<strong>de</strong>s durch Brand (1637), über <strong>de</strong>n Erwerb<br />

<strong>und</strong> Aufbau e<strong>in</strong>er neuen Bibliothek durch Abt Georg II. Gaisser (1627-1655) durch<br />

Kauf, über die Katalogisierung <strong>de</strong>r Bücher <strong>und</strong> Handschriften. Auch Abt Gaissers Nachfolger<br />

bemühten sich um Sicherung <strong>und</strong> Ausweitung <strong>de</strong>s Buchbestan<strong>de</strong>s, zumal <strong>in</strong> <strong>de</strong>r 2. Hälfte<br />

<strong>de</strong>s 17. Jahrh<strong>und</strong>erts die erweiterten Vill<strong>in</strong>ger Klostergebäu<strong>de</strong> e<strong>in</strong>schließlich <strong>de</strong>r Räumlichkeiten<br />

für die Bibliothek bezogen wer<strong>de</strong>n konnten. Im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert vergrößerte sich <strong>de</strong>r<br />

Buchbestand – trotz mancher Rückschläge wie <strong>de</strong>m erzwungenen Verkauf <strong>de</strong>r Musica Theogeri<br />

an das Kloster St. Blasien (1743) – weiter. Bei <strong>de</strong>r Säkularisation <strong>de</strong>s Georgsklosters<br />

(1806) kamen dann die gedruckten Bücher zum großen Teil an die Universität Freiburg, die<br />

111 (Pergament- <strong>und</strong> Papier-) Handschriften g<strong>in</strong>gen an die großherzoglich-badische Hofbibliothek,<br />

die heutige badische Lan<strong>de</strong>sbibliothek <strong>in</strong> Karlsruhe, wo sie e<strong>in</strong>en umfangreichen <strong>und</strong><br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 30


geschlossenen Teilbestand <strong>de</strong>s dort gelagerten Schrifttums bil<strong>de</strong>n. Doch g<strong>in</strong>g auch manches<br />

<strong>de</strong>r ursprünglich wohl 20000 Werke zählen<strong>de</strong>n Klosterbibliothek verloren, bei <strong>de</strong>r Säkularisation,<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n darauf folgen<strong>de</strong>n Jahren, aber auch durch Kriegse<strong>in</strong>wirkungen im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

Bei <strong>de</strong>n sog. St. Georgener Handschriften hauptsächlich <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts han<strong>de</strong>lt es<br />

sich zumeist um liturgische Texte – Psalter, Antiphonare, Breviare, St<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> Gebetbücher<br />

u.a. –; Heiligenlegen<strong>de</strong>n, Geschichtsschreibung wie das Werk Ulrich Richentals<br />

(*ca.1360-†1437) über das Konstanzer Konzil, das „Gedicht von Christus <strong>und</strong> <strong>de</strong>r m<strong>in</strong>nen<strong>de</strong>n<br />

Seele“ s<strong>in</strong>d darunter, e<strong>in</strong>e Handschrift enthält Artes liberales-Texte, es gibt mediz<strong>in</strong>ischnaturwissenschaftliche<br />

Sammelhandschriften. Die berühmte St. Georgener Predigtsammlung,<br />

<strong>de</strong>r sog. St. Georgener Prediger aus <strong>de</strong>m en<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n 13. Jahrh<strong>und</strong>ert, be<strong>in</strong>haltet 39<br />

Predigten <strong>und</strong> Traktate auf Deutsch, wahrsche<strong>in</strong>lich verfasst für Nonnen e<strong>in</strong>es Zisterzienser<strong>in</strong>nenklosters.<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit durfte <strong>und</strong> musste man sich im Vill<strong>in</strong>ger Konvent mit Geschichte<br />

beschäftigen. Die Aufzeichnung <strong>de</strong>s St. Georgener Gründungsberichts aus <strong>de</strong>r Zeit Abt Theogers<br />

<strong>und</strong> später sowie e<strong>in</strong> „Gründlicher Bericht Von <strong>de</strong>m Uralten <strong>de</strong>ß Heiligen Römischen<br />

Reichs Gottshauß St. Georgen Auf <strong>de</strong>m Schwartz=Wald“ von 1714 gehören hierher. Der<br />

Stammbaum <strong>de</strong>r St. Georgener Äbte seit <strong>de</strong>r Klostergründung, als Bild um 1760 gemalt,<br />

verwies auf das hohe Alter <strong>und</strong> die ungebrochene Tradition <strong>de</strong>s Klosters <strong>in</strong> St. Georgen <strong>und</strong><br />

Vill<strong>in</strong>gen, die St. Georgener Jahrbücher (Annalen) stammen aus <strong>de</strong>m 18. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

Sternwarte <strong>in</strong> Ochsenhausen. In <strong>de</strong>r frühen Neuzeit war das 1093 gegrün<strong>de</strong>te benedikt<strong>in</strong>i-<br />

sche Reformkloster Ochsenhausen e<strong>in</strong>e „Stätte <strong>de</strong>r Wissenschaft“. Neben <strong>de</strong>r Theologie<br />

waren die Mönche gera<strong>de</strong> auch an Naturwissenschaften <strong>und</strong> Mathematik <strong>in</strong>teressiert. Die<br />

Ochsenhausener Sternwarte entstand, aufbauend auf e<strong>in</strong>em physikalischen Armarium <strong>de</strong>r<br />

Jahrh<strong>und</strong>ertmitte, ab 1788, als Abt Romuald Weltl<strong>in</strong> (1761-1803) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Mönch Basilius<br />

Berger (†1807) im südlichen Eckturm <strong>de</strong>s barocken Konventsgebäu<strong>de</strong>s unter e<strong>in</strong>er Drehkuppel<br />

astronomische Geräte aufstellten, u.a. e<strong>in</strong> Azimutalquadrant mit knapp drei Metern<br />

Durchmesser <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Beobachtungsfernrohr. Über die Säkularisation <strong>de</strong>s Klosters h<strong>in</strong>aus<br />

bestand die Sternwarte bis 1825, bis die Klostergebäu<strong>de</strong> (endgültig) an das Königreich <strong>Württemberg</strong><br />

kamen <strong>und</strong> das Inventar <strong>de</strong>r Ochsenhausener Sternwarte zerstreut wur<strong>de</strong>.<br />

Wirtschaftliches Umfeld <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>herrschaft<br />

Klassische Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>und</strong> Rentengr<strong>und</strong>herrschaft. Gera<strong>de</strong> e<strong>in</strong> neu gegrün<strong>de</strong>tes<br />

Kloster lebte von <strong>de</strong>r Ausstattung an Gütern <strong>und</strong> Rechten, von <strong>de</strong>n Zuwendungen, die es<br />

von <strong>de</strong>n <strong>Stifte</strong>rn <strong>de</strong>s Klosters <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Tra<strong>de</strong>nten, <strong>de</strong>n Übereignern von Besitz, zugewiesen<br />

bekam. Dabei geben beson<strong>de</strong>rs die Traditionsbücher (Schenkungsbücher) <strong>de</strong>r benedikt<strong>in</strong>ischen<br />

Reformklöster <strong>de</strong>s 11./12. Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong>en Überblick über geschenkten, gekauften<br />

o<strong>de</strong>r vertauschten Gr<strong>und</strong>besitz, über die adligen <strong>und</strong> freien Tra<strong>de</strong>nten, die das Kloster unterstützten,<br />

über die (unfreien) M<strong>in</strong>isterialen (Dienstleute) e<strong>in</strong>es Mächtigen, die die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

beschenkten.<br />

Fließend s<strong>in</strong>d die Übergänge von <strong>de</strong>n Traditionsbüchern zu <strong>de</strong>n Aufzeichnungen, die mit <strong>de</strong>n<br />

Gr<strong>und</strong>herrschaften <strong>de</strong>r <strong>Klöster</strong> zu tun haben. Hier s<strong>in</strong>d Urbare, Heberegister <strong>und</strong> Rö<strong>de</strong>l zu<br />

nennen, die Aufzeichnungen über Besitz, Frondienste <strong>und</strong> Abgaben be<strong>in</strong>halten. Die Anga-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 31


en s<strong>in</strong>d meist geografisch <strong>und</strong> verwaltungstechnisch geordnet wie etwa beim Reichenbacher<br />

Urbar von 1427. Die Urbare dienten <strong>de</strong>r Kontrolle <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>herrschaft erzielten<br />

Erträge <strong>und</strong> waren damit e<strong>in</strong> Mittel <strong>de</strong>s Klosters, Entfremdungen von Gütern <strong>und</strong> Rechten<br />

vorzubeugen.<br />

Gr<strong>und</strong>herrschaft heißt dabei e<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>herrn, z.B. e<strong>in</strong> Kloster, versorgen<strong>de</strong>s Wirtschaftssystem,<br />

das auf Großgr<strong>und</strong>besitz <strong>und</strong> Abgaben von <strong>und</strong> Rechten über abhängige Bauern<br />

beruht. Gr<strong>und</strong>herrschaft ist damit – verkürzt <strong>und</strong> nicht unbed<strong>in</strong>gt korrekt ausgedrückt –<br />

„Herrschaft über Land <strong>und</strong> Leute“. Man unterschei<strong>de</strong>t – bei fließen<strong>de</strong>n Übergängen - die<br />

zweigeteilte (bipartite) klassische Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>de</strong>s frühen <strong>und</strong> hohen Mittelalters von <strong>de</strong>r<br />

spätmittelalterlichen Rentengr<strong>und</strong>herrschaft. Die zweigeteilte Gr<strong>und</strong>herrschaft bestand aus<br />

eigenbewirtschaftetem Salland <strong>und</strong> gegen Abgaben <strong>und</strong> Frondienste an bäuerliche Familien<br />

ausgegebenem Leiheland. Villikationen, Hofverbän<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>r Verwaltung e<strong>in</strong>es villicus<br />

(Meier), hatten e<strong>in</strong>en Fronhof als Zentrum, e<strong>in</strong>e Anzahl von Villikationen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>zelhöfe bil<strong>de</strong>ten<br />

die Gr<strong>und</strong>herrschaft. Die soziale Dynamik <strong>de</strong>s hohen Mittelalters brachte <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l<br />

weg von <strong>de</strong>r klassischen Gr<strong>und</strong>herrschaft. Das Villikationssystem wur<strong>de</strong> aufgelöst, eigenbewirtschaftetes<br />

Land an Bauern verpachtet. Die Rentengr<strong>und</strong>herrschaft <strong>de</strong>s späten Mittelalters<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit lebte bis auf ger<strong>in</strong>ge Reste <strong>de</strong>r Eigenbewirtschaftung von <strong>de</strong>n<br />

Abgaben <strong>und</strong> Pachtz<strong>in</strong>sen <strong>de</strong>r Bauern, die nun nicht mehr nur <strong>in</strong> gr<strong>und</strong>herrschaftliche, son<strong>de</strong>rn<br />

auch <strong>in</strong> dörfliche Strukturen e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en waren (Ortsherrschaft <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>herrn). Zur<br />

Gr<strong>und</strong>herrschaft, die sich im Allgeme<strong>in</strong>en auf Ackerbau („Vergetreidung“, Dreifel<strong>de</strong>rwirtschaft)<br />

<strong>und</strong> Viehzucht stützte, gehörten Son<strong>de</strong>rkulturen wie We<strong>in</strong>bau, Fischerei o<strong>de</strong>r Bienenzucht.<br />

Die Mühle im Dorf sicherte <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>herrn weitere E<strong>in</strong>nahmen, ebenso das Patronat<br />

über die Dorfkirche.<br />

Kloster St. Gallen auf <strong>de</strong>r Baar. Als Beispiel für e<strong>in</strong>e Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft, die außerhalb<br />

<strong>de</strong>s (jetzigen) <strong>de</strong>utschen Südwestens beheimatet war, im <strong>de</strong>utschen Südwesten aber über<br />

umfangreichen Besitz verfügte, sei St. Gallen genannt. Die Benedikt<strong>in</strong>ergeme<strong>in</strong>schaft führte<br />

sich auf <strong>de</strong>n irofränkischen Mönch <strong>und</strong> Priester Gallus (*ca.550-†v. 650) <strong>und</strong> auf se<strong>in</strong>en ersten<br />

Abt Otmar (719-759) zurück. Nähe zum vorkarol<strong>in</strong>gisch-aleman-nischen Herzogtum bei<br />

Abgrenzung vom Konstanzer Bistum prägten <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit die klösterliche Existenz, die<br />

St. Gallen im 9. <strong>und</strong> beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong>n 10. Jahrh<strong>und</strong>ert nunmehr als Reichskloster zu e<strong>in</strong>er kulturellen<br />

Hochblüte führte. E<strong>in</strong> hervorragen<strong>de</strong>s Skriptorium <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Klosterschule gehören<br />

ebenso hierher wie <strong>de</strong>r berühmte St. Galler Klosterplan (ca.820). Im „ehernen Zeitalter“ <strong>de</strong>s<br />

Investiturstreits <strong>und</strong> <strong>de</strong>s späteren Mittelalters geriet die Abtei zunehmend <strong>in</strong> wirtschaftliche<br />

Schwierigkeiten <strong>und</strong> feudal-kriegerische Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen. Benedikt<strong>in</strong>ische Reformen<br />

im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert überwan<strong>de</strong>n die <strong>in</strong>neren Schwierigkeiten, St. Gallen wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> die<br />

Schweizerische Eidgenossenschaft e<strong>in</strong>bezogen. Nach e<strong>in</strong>em kurzen reformatorischen Zwischenspiel<br />

(1531) stabilisierten sich die Zustän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Klosters weiter, erkennbar an <strong>de</strong>r barocken<br />

Stiftskirche <strong>und</strong> <strong>de</strong>r berühmten Bibliothek. 1805 wur<strong>de</strong> die Abtei aufgehoben.<br />

Schon früh erwarb St. Gallen Besitz <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Oberrhe<strong>in</strong>ebene, auch im Kirchzartener Becken.<br />

St. Galler Güter gab es auf <strong>de</strong>r Baar <strong>und</strong> im daran angrenzen<strong>de</strong>n südöstlichen Schwarzwald,<br />

doch lässt das hohe <strong>und</strong> späte Mittelalter e<strong>in</strong>e weitere Besitzaus<strong>de</strong>hnung <strong>und</strong> -entwicklung<br />

vermissen. Dies soll hier dargelegt wer<strong>de</strong>n anhand <strong>de</strong>s St. Galler Besitzes auf <strong>de</strong>r Baar, <strong>de</strong>r<br />

Landschaft an oberer Donau <strong>und</strong> oberem Neckar.<br />

Besitzschenkungen <strong>und</strong> -übertragungen an die St. Galler Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft – zumeist um<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 32


das Seelenheil <strong>de</strong>r Schenken<strong>de</strong>n willen – s<strong>in</strong>d für die Baar seit <strong>de</strong>m letzten Drittel <strong>de</strong>s 8.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts bezeugt. Damals erhielt das Kloster Güter <strong>und</strong> Rechte etwa <strong>in</strong> Ald<strong>in</strong>gen, Dürrheim,<br />

Geis<strong>in</strong>gen, Kirchdorf, Klengen, Löff<strong>in</strong>gen, M<strong>und</strong>elf<strong>in</strong>gen, Neud<strong>in</strong>gen, Pfohren, Tross<strong>in</strong>gen,<br />

Vill<strong>in</strong>gen o<strong>de</strong>r Weigheim. Der Besitz war <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er klassischen Gr<strong>und</strong>herrschaft mit<br />

Sal- <strong>und</strong> Leiheland, unterteilt nach Villikationen, organisiert. Nur <strong>in</strong>direkt erfahren wir davon<br />

aus <strong>de</strong>r St. Galler Überlieferung <strong>de</strong>s 12./13. Jahrh<strong>und</strong>erts. In ihr ist erkennbar e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>herrschaft<br />

im Übergang. Das „eherne Zeitalter“ St. Gallens <strong>und</strong> <strong>de</strong>r allgeme<strong>in</strong>e gesellschaftliche<br />

Wan<strong>de</strong>l hatten Besitzverluste <strong>und</strong> -entfremdungen auch auf <strong>de</strong>r Baar bewirkt, die dortigen<br />

Hofverbän<strong>de</strong> waren <strong>in</strong> Auflösung begriffen, die Eigenbewirtschaftung wur<strong>de</strong> aufgegeben.<br />

Der Fronhof Kirchdorf, Zentrum e<strong>in</strong>er aus fünf Mansen <strong>und</strong> zehn Schupposen (Kle<strong>in</strong>stellen)<br />

bestehen<strong>de</strong>n Villikation <strong>und</strong> vom Salland her nicht größer als e<strong>in</strong>e Bauernhufe, wur<strong>de</strong> danach<br />

<strong>in</strong> Halbbau betrieben, d.h.: für die Hälfte <strong>de</strong>s Saatgetrei<strong>de</strong>s erhielt das Kloster auch die<br />

Hälfte <strong>de</strong>r Ernte. Die Hufenbauern hatten dazu jährlich vier Tage Frondienst zu leisten. Die<br />

Villikation Kirchdorf befand sich also damals, im 12./13. Jahrh<strong>und</strong>ert, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art Übergangsstadium<br />

zwischen Villikations- <strong>und</strong> Rentensystem. Der St. Galler Besitz <strong>in</strong> <strong>und</strong> um Löff<strong>in</strong>gen<br />

bestand aus <strong>de</strong>m ehemaligen Fronhof als Kelnhof, als Lehen <strong>de</strong>s Cellerars, mit acht Mansen<br />

<strong>und</strong> zwei Schupposen, die Geld- <strong>und</strong> Naturalabgaben, darunter Getrei<strong>de</strong> <strong>und</strong> Ferkel, zu leisten<br />

hatten. Die Pflichten <strong>de</strong>s Cellerars h<strong>in</strong>sichtlich <strong>de</strong>r ordnungsgemäßen Entrichtung <strong>de</strong>r<br />

Abgaben an <strong>de</strong>n Propst <strong>de</strong>s Klosters wer<strong>de</strong>n <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Urk<strong>und</strong>e <strong>de</strong>s Konstanzer bischöflichen<br />

Offizials vom 10. Juli 1314 beschrieben. Um das Jahr 1450 kam <strong>de</strong>r Kelnhof <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Besitz<br />

<strong>de</strong>r Grafen von Fürstenberg, das Kloster St. Gallen muss damals wohl se<strong>in</strong>e gesamten zur<br />

ehemaligen Löff<strong>in</strong>ger Villikation gehören<strong>de</strong>n Güter aufgegeben haben. Der M<strong>und</strong>elf<strong>in</strong>ger<br />

Fronhofsverband war <strong>de</strong>r größte <strong>de</strong>r St. Galler Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Baar. Er bestand aus<br />

13 Hufen <strong>und</strong> 9 Schupposen, <strong>de</strong>r ehemalige Fronhof war gegen e<strong>in</strong>en hohen Naturalz<strong>in</strong>s an<br />

<strong>de</strong>n Keller ausgegeben, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Hof selbstständig bewirtschaftete <strong>und</strong> die bäuerlichen Renten<br />

e<strong>in</strong>zog. Die Frondienste waren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Getrei<strong>de</strong>z<strong>in</strong>s umgewan<strong>de</strong>lt, die Bauern auf <strong>de</strong>m<br />

Leiheland hatten Getrei<strong>de</strong>-, Schwe<strong>in</strong>e- <strong>und</strong> Le<strong>in</strong>wandabgaben zu leisten. Daneben gab es<br />

offensichtlich E<strong>in</strong>nahmen aus Rodungsgut <strong>und</strong> von e<strong>in</strong>em Lehen. Der Meier <strong>de</strong>r M<strong>und</strong>elf<strong>in</strong>ger<br />

Villikation schließlich erhielt Teile <strong>de</strong>s Zehnts <strong>und</strong> weitere Renten.<br />

Als wichtige E<strong>in</strong>nahmen verblieben St. Gallen auch noch im späten Mittelalter die Zehnten<br />

<strong>de</strong>r Pfarrkirchen, über <strong>de</strong>ren Patronat <strong>und</strong> E<strong>in</strong>nahmen das Kloster verfügte. Oftmals wur<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Zehnt o<strong>de</strong>r Teile davon verliehen wie etwa <strong>in</strong> Kirchdorf o<strong>de</strong>r <strong>in</strong> Löff<strong>in</strong>gen, wo <strong>de</strong>r Kornzehnt<br />

schließlich im Jahr 1455 an die Grafen von Fürstenberg gelangte. Wie wichtig <strong>de</strong>m<br />

Kloster St. Gallen die Zehntrechte auf <strong>de</strong>r Baar waren, beweist e<strong>in</strong> Rechtsstreit vom En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts, <strong>de</strong>n die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft gegen Konrad von Grünburg (bei Donauesch<strong>in</strong>gen)<br />

führte <strong>und</strong> <strong>de</strong>r <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Prozessro<strong>de</strong>l <strong>de</strong>s Konstanzer Offizials überliefert ist.<br />

Mit E<strong>in</strong>gabe vom 21. Juni 1297 klagte <strong>de</strong>r St. Galler Klosterpropst He<strong>in</strong>rich von Lupfen<br />

(1296-1319) im Auftrag se<strong>in</strong>es Abts Wilhelm vom Montfort (1281-1301) wegen <strong>de</strong>r se<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung nach entfrem<strong>de</strong>ten St. Galler Zehnten <strong>in</strong> M<strong>und</strong>elf<strong>in</strong>gen, Tun<strong>in</strong>gen, Weigheim, Pfohren<br />

<strong>und</strong> an<strong>de</strong>rswo. Konrad von Grünburg hielt dagegen, e<strong>in</strong> erster Gerichtsterm<strong>in</strong> wur<strong>de</strong> vom<br />

1. Oktober auf <strong>de</strong>n 21. Oktober 1297 vertagt, die Zeugenbefragung fand zwischen Januar<br />

<strong>und</strong> November 1298 statt. Lei<strong>de</strong>r bricht <strong>de</strong>r Ro<strong>de</strong>l ab, so dass wir nichts über <strong>de</strong>n Prozessausgang<br />

erfahren.<br />

Märkte. Vielfach verfügten <strong>Klöster</strong> gera<strong>de</strong> im Rahmen <strong>de</strong>s Wirtschaftssystems ihrer Gr<strong>und</strong>-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 33


herrschaft über Märkte bzw. Marktrecht. E<strong>in</strong>e Essl<strong>in</strong>gen betreffen<strong>de</strong> Urk<strong>und</strong>e König Ludwigs<br />

II. <strong>de</strong>s Deutschen (840/43-876) für das <strong>in</strong> Westfranken gelegene Kloster St. Denis datiert auf<br />

<strong>de</strong>n 28. Juli 868 <strong>und</strong> ist damit die älteste Urk<strong>und</strong>e für Südwest<strong>de</strong>utschland, die e<strong>in</strong>en Markt<br />

erwähnt. Ludwig bestätigte dar<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft Schutz <strong>und</strong> Immunität für die <strong>in</strong><br />

Alemannien gelegenen Klosterzellen sowie für <strong>de</strong>n dortigen Besitz, u.a. <strong>de</strong>n Essl<strong>in</strong>ger Markt.<br />

Das Königskloster St. Denis bei Paris, entstan<strong>de</strong>n als monastische Geme<strong>in</strong>schaft im 6. <strong>und</strong><br />

7. Jahrh<strong>und</strong>ert, Grablege merow<strong>in</strong>gischer <strong>und</strong> karol<strong>in</strong>gischer, später französischer Könige,<br />

besaß – wie aus <strong>de</strong>m Testament se<strong>in</strong>es Abtes Fulrad (777) hervorgeht – schon <strong>in</strong> <strong>de</strong>r 2.<br />

Hälfte <strong>de</strong>s 8. Jahrh<strong>und</strong>erts im Raum östlich <strong>de</strong>s Rhe<strong>in</strong>s umfangreiche Güter, u.a. im Klettgau,<br />

Hegau <strong>und</strong> Thurgau <strong>und</strong> offensichtlich auch am Neckar. In Essl<strong>in</strong>gen bestand als Nebenstation<br />

von St. Denis die „Zelle <strong>de</strong>s heiligen Vitalis“, an <strong>de</strong>r Klosterzelle gab es <strong>de</strong>n<br />

Markt, <strong>de</strong>r, aus <strong>de</strong>m gr<strong>und</strong>herrschaftlichen Umfeld <strong>de</strong>r cella entwachsen, u.a. <strong>de</strong>r Versorgung<br />

<strong>de</strong>r Mönche gedient haben muss. Die Klosterzelle lag im Bereich <strong>de</strong>r heutigen Stadtkirche<br />

St. Dionysius, <strong>de</strong>s Klosterheiligen; <strong>de</strong>r Markt war vielleicht ursprünglich e<strong>in</strong> Jahrmarkt,<br />

geschul<strong>de</strong>t <strong>de</strong>m über Essl<strong>in</strong>gen laufen<strong>de</strong>n frühmittelalterlichen Fernverkehr, vielleicht schon<br />

früh e<strong>in</strong> Wochenmarkt, auf je<strong>de</strong>n Fall die Institution, auf <strong>de</strong>ren Gr<strong>und</strong>lage sich Kaufleutesiedlung<br />

<strong>und</strong> Stadt Essl<strong>in</strong>gen entwickeln sollte zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt, als das Kloster St. Denis<br />

schon alle Rechte an Essl<strong>in</strong>gen verloren hatte. Mit <strong>de</strong>m Markt verb<strong>und</strong>en war e<strong>in</strong>e Münzstätte,<br />

Essl<strong>in</strong>ger Münzen s<strong>in</strong>d aus <strong>de</strong>m 10. <strong>und</strong> 11. Jahrh<strong>und</strong>ert auf uns gekommen.<br />

Ungefähr ab <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 10. Jahrh<strong>und</strong>erts s<strong>in</strong>d königliche Markturk<strong>und</strong>en zunächst für<br />

<strong>Klöster</strong> überliefert. Die solcherart geschaffenen Märkte lagen entwe<strong>de</strong>r direkt am Sitz <strong>de</strong>r<br />

geistlichen Geme<strong>in</strong>schaft o<strong>de</strong>r an zentralen Orten <strong>de</strong>r jeweiligen klösterlichen Gr<strong>und</strong>herrschaft.<br />

947 erhielt die St. Galler Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft Markt- <strong>und</strong> Münzrecht <strong>in</strong> Rorschach,<br />

965 das Kloster Lorsch Marktrecht <strong>in</strong> Wiesloch, 1000 dieselbe Kommunität für We<strong>in</strong>heim das<br />

Markt-, für Brumath das Münzrecht, 994 das Kloster Schwarzach Marktrecht <strong>in</strong> Vallator (Fel<strong>de</strong>rn,<br />

abgegangen), 998 die Abtei Reichenau Markt- <strong>und</strong> Münzrecht <strong>in</strong> Allensbach usw. Privilegiert<br />

wur<strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong>, die <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>r ottonisch-salischen Reichskirche <strong>in</strong> engen Beziehungen<br />

zum Königtum stan<strong>de</strong>n. Die Klostermärkte ergänzten die schon vorhan<strong>de</strong>nen Han<strong>de</strong>lsplätze<br />

an <strong>de</strong>n schwäbischen Bischofssitzen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n königlich-herzoglichen Orten.<br />

Für das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Mittelalters ist auf e<strong>in</strong> Marktprivileg Kaiser Maximilians I. (1493-1519) vom<br />

21. August 1507 für das Kloster St. Georgen zu verweisen. Es sah neben <strong>de</strong>r Bestätigung<br />

<strong>de</strong>s klösterlichen Wochenmarkts u.a. die E<strong>in</strong>richtung zweier Jahrmärkte am Ort vor, soweit<br />

diese nicht an<strong>de</strong>re Märkte <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Umgebung bee<strong>in</strong>trächtigten.<br />

Eigenwirtschaft <strong>und</strong> Grangien bei <strong>de</strong>n Zisterziensern. Nach <strong>de</strong>n Statuten von Cîteaux,<br />

<strong>de</strong>n sog. capitula, waren anfangs selbst die Vollmönche, von <strong>de</strong>r Konversen, <strong>de</strong>n Laienbrü<strong>de</strong>rn<br />

ganz abgesehen, an Handarbeit, Ackerbau <strong>und</strong> Viehzucht beteiligt, während Kirchene<strong>in</strong>künfte<br />

<strong>und</strong> Altarbenefizien, Begräbnise<strong>in</strong>nahmen <strong>und</strong> Zehnte abgelehnt wur<strong>de</strong>n, ebenso<br />

<strong>de</strong>r Besitz von Dörfern <strong>und</strong> Hörigen <strong>und</strong> die Bezüge aus Län<strong>de</strong>reien, Backhäusern <strong>und</strong> Mühlen.<br />

Jedoch bestand bei Schenkungen an Zisterzen zunehmend die Gefahr, dass Län<strong>de</strong>reien<br />

e<strong>in</strong>schließlich ihrer feudalen Lasten an das Kloster kamen, <strong>de</strong>r zisterzienischen Klosterwirtschaft<br />

auf Basis <strong>de</strong>r eigenbewirtschafteten Höfe, <strong>de</strong>r Grangien, zum Trotz.<br />

Das spätere Mittelalter brachte dann <strong>de</strong>n Übergang von <strong>de</strong>r Eigenwirtschaft zu e<strong>in</strong>er Rentengr<strong>und</strong>herrschaft,<br />

wobei weit entfernt gelegenes <strong>und</strong> unrentables Land schon früh an Bauern<br />

mit Hilfe von Zeitpachtverträgen o<strong>de</strong>r von lebenslanger Pacht ausgegeben wur<strong>de</strong>. Bäuer-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 34


liche Natural- <strong>und</strong> Geldabgaben prägten nun auch die E<strong>in</strong>künfte <strong>de</strong>r Zisterzen, die Anzahl<br />

<strong>de</strong>r Laienbrü<strong>de</strong>r g<strong>in</strong>g stark zurück, landwirtschaftliche Hilfskräfte (Saisonarbeiter) mussten<br />

nun e<strong>in</strong>gesetzt wer<strong>de</strong>n. Angebaut wur<strong>de</strong>n Getrei<strong>de</strong> (Weizen, Gerste, Hafer, Roggen) <strong>und</strong><br />

We<strong>in</strong>; daneben gab es Viehzucht, u.a. lieferten Kühe Milch <strong>und</strong> Käse, Schafe Wolle. Fischereien<br />

<strong>und</strong> Zuchtbecken bei gestauten Gewässern (Mühlen) kamen h<strong>in</strong>zu, ebenso die Zeitlerei.<br />

Zur Verwaltung <strong>de</strong>r Grangien ist noch zu sagen, dass diese <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Verantwortung <strong>de</strong>r<br />

Laienbrü<strong>de</strong>r <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Lohnarbeiter stan<strong>de</strong>n. Die Grangie wur<strong>de</strong> von e<strong>in</strong>em Hofmeister geführt,<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Regel e<strong>in</strong>em Konversen. Der Hofmeister hielt die Verb<strong>in</strong>dung zum Kloster aufrecht,<br />

wobei dort <strong>de</strong>r Cellerar se<strong>in</strong> Ansprechpartner war. Er war für se<strong>in</strong>e Wirtschaftsführung<br />

gegenüber <strong>de</strong>m Kloster verantwortlich, vertrat die Grangie nach außen bei Erwerbsfragen,<br />

pfarrrechtlichen Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen <strong>und</strong> nachbarschaftlichen Streitigkeiten. Das späte<br />

Mittelalter war dann die Zeit, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r sich die typische zisterziensische Wirtschaftsform <strong>de</strong>s<br />

hohen Mittelalters schon <strong>de</strong>n üblichen Gegebenheiten klösterlicher Gr<strong>und</strong>herrschaft angeglichen<br />

hatte.<br />

Tennenbacher Güterstreit. Das Zisterzienserkloster Tennenbach im Westen <strong>de</strong>s mittleren<br />

Schwarzwal<strong>de</strong>s war um das Jahr 1161 gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n. Besitzerwerb westlich <strong>und</strong> östlich<br />

<strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s sicherte die wirtschaftliche Existenz <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft, <strong>de</strong>ren<br />

hochmittelalterliche Gr<strong>und</strong>herrschaft – im Gegensatz zu <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Benedikt<strong>in</strong>erklöster – vorzugsweise<br />

auf <strong>de</strong>r Eigenbewirtschaftung von Grangien beruhte. Irgendwann vor 1180<br />

schenkte Werner von Roggenbach, Dienstmann <strong>de</strong>s Herzogs Berthold IV. von Zähr<strong>in</strong>gen<br />

(1152-1186), <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft Tennenbach Güter <strong>in</strong> Roggenbach (Unterkirnach),<br />

Vill<strong>in</strong>gen, Aasen <strong>und</strong> Dauch<strong>in</strong>gen. Da auch <strong>de</strong>r Herzog über diese Güter zu Gunsten <strong>de</strong>s<br />

Klosters St. Georgen im Schwarzwald verfügt hatte, kam es nach <strong>de</strong>m Tod Werners zwischen<br />

<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Mönchsgeme<strong>in</strong>schaften zu Besitzstreitigkeiten, die <strong>in</strong> <strong>de</strong>n 1180er-Jahren<br />

Äbte, Bischöfe, Kard<strong>in</strong>äle <strong>und</strong> sogar Päpste beschäftigten. Etappen <strong>de</strong>r besitzrechtlichen<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzung, <strong>de</strong>s sog. Tennenbacher Güterstreits, waren: <strong>de</strong>r Tod Werners von<br />

Roggenbach, die Anrufung <strong>de</strong>s Papstes durch die bei<strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong>, die E<strong>in</strong>setzung von päpstlichen<br />

Schiedsrichtern, die E<strong>in</strong>beziehung <strong>de</strong>r Bischöfe von Konstanz <strong>und</strong> Straßburg <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Streit (bis 1184), die Vertreibung <strong>de</strong>r Tennenbacher Mönche aus Roggenbach, die Exkommunikation<br />

von St. Georgener Abt Manegold von Berg (1169-n.1193/94) <strong>und</strong> Mönchen<br />

(1184/85), die Zuweisung <strong>de</strong>r Güter an das Kloster Tennenbach durch <strong>de</strong>n Papst (1185), die<br />

Wie<strong>de</strong>raufnahme <strong>de</strong>r Verhandlungen (ab 1185). Der Kompromiss von 1187 sah dann für St.<br />

Georgen <strong>de</strong>n Besitz, das Obereigentum, für Tennenbach die Nutzung Roggenbachs vor,<br />

während die Güter <strong>in</strong> Vill<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Aasen bei <strong>de</strong>n Zisterziensern verblieben, das herzogliche<br />

Allod <strong>in</strong> Klengen bei St. Georgen. Das Kloster Tennenbach verkaufte übrigens im Jahr 1506<br />

se<strong>in</strong>en auf Dauer doch zu entlegenen Besitz auf <strong>de</strong>r Baar an die Stadt Vill<strong>in</strong>gen.<br />

Kloster, Papsttum, Bistum<br />

<strong>Klöster</strong> waren <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en <strong>in</strong> die christliche Kirche. Die katholische Amtskirche<br />

beruhte auf <strong>de</strong>n Geistlichen als Amtsträgern <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Gna<strong>de</strong>nvermittlung, zunehmend<br />

auch auf <strong>de</strong>r Hierarchie vom Laien über <strong>de</strong>n Priester <strong>und</strong> Bischof bis h<strong>in</strong> zum Papst. Die Reformation<br />

ließ dann protestantische Lan<strong>de</strong>skirchen entstehen.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 35


Papsttum. Im frühen Mittelalter <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r ottonisch-salischen Reichskirche (10./11.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert) agierten Bischöfe <strong>und</strong> Äbte weitgehend ohne päpstliche Bee<strong>in</strong>flussung, <strong>de</strong>r<br />

König war als advocatus ecclesie, als „Vogt <strong>de</strong>r Kirche“ die wichtigere Bezugsperson zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st<br />

für Bischöfe <strong>und</strong> Reichsäbte. Mit Investiturstreit <strong>und</strong> gregorianischer Kirchenreform<br />

(11./12. Jahrh<strong>und</strong>ert) än<strong>de</strong>rte sich dies, <strong>und</strong> es begann die Entwicklung h<strong>in</strong> zur Papstkirche<br />

<strong>de</strong>s späteren Mittelalters, <strong>de</strong>r sich das Episkopat <strong>de</strong>s christlichen Abendlan<strong>de</strong>s unterzuordnen<br />

hatte. Kanonisches Recht, Universalepiskopat <strong>und</strong> Jurisdiktionsprimat halfen die Papstkirche<br />

formen, ebenso <strong>de</strong>r politische Universalanspruch <strong>de</strong>s Papsttums über die Königreiche<br />

Europas. Konflikte zwischen <strong>de</strong>m Papsttum <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Kaisertum waren von daher vorprogrammiert,<br />

doch wur<strong>de</strong>n die Päpste auch zunehmend <strong>in</strong> politische Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gezogen, wie das französisch bee<strong>in</strong>flusste Papsttum <strong>in</strong> Avignon (1309-1376) beweist,<br />

aber auch das gera<strong>de</strong> <strong>in</strong> Avignon zentral gestaltete Stellenbesetzungs- <strong>und</strong> F<strong>in</strong>anzsystem.<br />

Das Große Papstschisma (1378-1417) leitete dann <strong>in</strong> die Epoche <strong>de</strong>s Konziliarismus über,<br />

Konzilien wie das von Konstanz (1414-1418) o<strong>de</strong>r das von Basel (1431-1449) sollten über<br />

die Kirche bestimmen, was zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st teilweise gelang. Trotz<strong>de</strong>m sollte sich das (Renaissance-)<br />

Papsttum seit <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts wie<strong>de</strong>r als vorrangige Macht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Papstkirche etablieren. Von <strong>de</strong>r Zäsur <strong>de</strong>r Reformation waren gera<strong>de</strong> die Päpste betroffen.<br />

Tri<strong>de</strong>nt<strong>in</strong>isches Konzil (1545-1563) <strong>und</strong> Gegenreformation stärkten aber die Position <strong>de</strong>s<br />

Papsttums, doch hatten sich die römischen Bischöfe gera<strong>de</strong> im 17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert mit<br />

eigenständigen kirchlich-katholischen Entwicklungen <strong>in</strong> manchen europäischen Staaten ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r<br />

zu setzen (Gallikanismus). Die Trennung von Kirche <strong>und</strong> Staat <strong>in</strong> <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen<br />

Zeit machte aus <strong>de</strong>m Papst nur noch das Oberhaupt <strong>de</strong>r katholischen Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft.<br />

Bischöfe <strong>und</strong> Bistümer. Der Bischof steht <strong>de</strong>r Kirche <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Amtsbezirk (Diözese), <strong>de</strong>m<br />

Bistum, vor, <strong>de</strong>r Erzbischof se<strong>in</strong>en Suffraganbischöfen mit ihren Bistümern. Das Bistum ist<br />

die regionale Organisationse<strong>in</strong>heit <strong>de</strong>r christlichen Kirche, <strong>de</strong>r Jurisdiktionsbezirk <strong>de</strong>s Bischofs.<br />

Es basierte im Mittelalter auf <strong>de</strong>n Ortskirchen mit ihren Pfarrbezirken, wobei die<br />

kirchliche Organisation auch auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s sich entwickeln<strong>de</strong>n Eigenkirchenwesens (8.-10.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert) durchaus une<strong>in</strong>heitlich war. In <strong>de</strong>n Bistümern entstand bis zum 11. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

e<strong>in</strong>e Unterteilung <strong>in</strong> Archidiakonate, die Archidiakone waren Vertreter <strong>de</strong>s Bischofs, ebenso<br />

<strong>de</strong>r im hohen Mittelalter auftreten<strong>de</strong> Offizial. Die Kanoniker am Bischofssitz bil<strong>de</strong>ten das<br />

Domkapitel, sie wählten <strong>und</strong> berieten <strong>de</strong>n Bischof <strong>und</strong> bestimmten im späten Mittelalter die<br />

Politik <strong>de</strong>s Bischofs als Lan<strong>de</strong>sherrn mit. Denn auch <strong>de</strong>r Bischof wur<strong>de</strong> – nicht zuletzt auf<br />

Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>es Status als Reichsfürst – zum Lan<strong>de</strong>sherrn e<strong>in</strong>es Hochstift genannten Territoriums,<br />

das sich auf Besitz <strong>und</strong> Rechten <strong>de</strong>s Bischofs <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Diözese stützte <strong>und</strong> zu<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n<br />

Bischof als Mitglied se<strong>in</strong>er A<strong>de</strong>lsfamilie erkennen lässt. Auch die Benedikt<strong>in</strong>erklöster <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Diözese unterstan<strong>de</strong>n (im Allgeme<strong>in</strong>en) <strong>de</strong>m Bischof, waren also nicht exemt. Die kirchliche<br />

Salbung, das heilige Öl, Beför<strong>de</strong>rungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>r kirchlichen Ränge, die Altar- <strong>und</strong> Kirchenweihen<br />

stan<strong>de</strong>n so beim Kloster St. Georgen <strong>de</strong>m Bischof zu, wie das Privileg Papst<br />

Alexan<strong>de</strong>rs III. (1159-1181) vom 26. März 1179 für die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft aufführt. Neben<br />

<strong>de</strong>n daraus resultieren<strong>de</strong>n Gefällen bekam <strong>de</strong>r Bischof E<strong>in</strong>nahmen aus <strong>de</strong>m Send, <strong>de</strong>r kirchlichen<br />

Strafgerichtsbarkeit über die Pfarrbevölkerung, <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Viertel <strong>de</strong>s Kirchenzehnts.<br />

Die Anfänge <strong>de</strong>r Bistümer im südwest<strong>de</strong>utschen Raum <strong>und</strong> im Elsass lagen <strong>in</strong> merow<strong>in</strong>gischer<br />

Zeit, die Bischofssitze Basel, Konstanz, Speyer <strong>und</strong> Straßburg auf ehemaligem Territo-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 36


ium <strong>de</strong>s römischen Reiches westlich <strong>und</strong> südlich <strong>de</strong>s Rhe<strong>in</strong>s. Im Zuge <strong>de</strong>r Christianisierung<br />

<strong>de</strong>r Alemannen breiteten sich die Diözesen im alemannischen Herzogtum aus, die Bistümer<br />

Speyer <strong>und</strong> Straßburg waren somit auch rechtsrhe<strong>in</strong>isch vertreten <strong>und</strong> sollten <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Schwarzwald h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ragen, während die Basler Diözese <strong>de</strong>n Rhe<strong>in</strong> nicht überschritt, die Basler<br />

Bischöfe <strong>in</strong><strong>de</strong>s im späteren Mittelalter auch territorialen E<strong>in</strong>fluss bis h<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>n südwestlichen<br />

Schwarzwald besaßen. Der größte Teil <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Südwestens befand sich <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>de</strong>r Diözese <strong>de</strong>s „schwäbischen“ Bistums Konstanz. Die Bistümer Konstanz, Speyer<br />

<strong>und</strong> Straßburg unterstan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Ma<strong>in</strong>zer Erzbischof als Metropoliten. Zu nennen s<strong>in</strong>d weiter<br />

die Bistümer Würzburg <strong>und</strong> Augsburg, die zwischen Tauber <strong>und</strong> Neckar bzw. im östlichen<br />

Schwaben ihre Wirkung entfalteten. 1802 ist das Bistum Konstanz aufgehoben wor<strong>de</strong>n, <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r Folge bil<strong>de</strong>ten sich die Diözesen Freiburg (als Erzdiözese) <strong>und</strong> Stuttgart-Rottenburg aus.<br />

Kloster <strong>und</strong> Pfarrei. Die Pfarrei war/ist <strong>de</strong>r Sprengel e<strong>in</strong>er Pfarrkirche, die Pfarrkirche (<strong>in</strong><br />

Siedlungen, Dörfern <strong>und</strong> Städten) mit <strong>de</strong>m Priester (Pfarrer) an <strong>de</strong>r Spitze war für die Seelsorge<br />

<strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Pfarrei leben<strong>de</strong>n Gläubigen zuständig (Hauptgottesdienst, Taufe, Begräbnis).<br />

Die Pfarrorganisation, das Netzwerk von Pfarrkirchen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Diözese, entstand<br />

durch Erweiterung im Verlauf <strong>de</strong>s Mittelalters (Lan<strong>de</strong>sausbau, Zerglie<strong>de</strong>rung von „Urpfarreien“<br />

<strong>und</strong> Filiationen), ihr übergeordnet waren Land<strong>de</strong>kanate <strong>und</strong> Archidiakonate. An <strong>de</strong>n<br />

Pfarrkirchen h<strong>in</strong>gen beson<strong>de</strong>re Rechte <strong>und</strong> E<strong>in</strong>künfte (Kirchenrechte), <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Kirchenzehnt,<br />

eigenkirchliche Rechte <strong>und</strong> das Patronat. Zur Sicherung von E<strong>in</strong>künften wur<strong>de</strong>n<br />

gera<strong>de</strong> im Spätmittelalter Pfarrkirchen z.B. <strong>Klöster</strong>n <strong>in</strong>korporiert, d.h.: die Erträge aus <strong>de</strong>r<br />

e<strong>in</strong>verleibten Kirche kamen nun <strong>de</strong>r Kommunität zugute.<br />

Kloster, Königtum, Lan<strong>de</strong>sherrschaft, Vogtei<br />

Königtum <strong>und</strong> Vogtei. Der König hatte im mittelalterlichen Verfassungsgefüge e<strong>in</strong>e ent-<br />

schei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle <strong>in</strong>ne. Entstan<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Heerkönigtum <strong>de</strong>r Völkerwan<strong>de</strong>rungszeit, trug<br />

das fränkische Königtum <strong>de</strong>r Merow<strong>in</strong>ger <strong>und</strong> Karol<strong>in</strong>ger entschei<strong>de</strong>nd zur Ausformung <strong>de</strong>s<br />

mittelalterlichen Europas bei. Das ottonische <strong>und</strong> salische Königtum war, verb<strong>und</strong>en mit <strong>de</strong>m<br />

Kaisertum, theokratisch ausgerichtet, <strong>de</strong>r König stand <strong>de</strong>r ottonisch-salischen Reichskirche<br />

vor. Der Investiturstreit (1075-1122) leitete dann zum spätmittelalterlichen <strong>de</strong>utschen König-<br />

<strong>und</strong> Kaisertum über, <strong>de</strong>ssen Vertreter durch Wahl bestimmt wur<strong>de</strong>n <strong>und</strong> das bis zum 14.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> Ause<strong>in</strong>-an<strong>de</strong>rsetzungen mit <strong>de</strong>m Papsttum verwickelt war. Parallel dazu erfolgte<br />

<strong>in</strong> nachstaufischer Zeit, gera<strong>de</strong> auch während <strong>de</strong>s Interregnums (1245/56-1273), e<strong>in</strong><br />

substantieller Verlust an Herrschaftsrechten. So blieben z.B. die E<strong>in</strong>wirkungen <strong>de</strong>s Königtums<br />

auf die Schwarzwaldregion zu allen Zeiten <strong>de</strong>s Mittelalters eher ger<strong>in</strong>g, sieht man e<strong>in</strong>mal<br />

ab von <strong>de</strong>n königlichen Privilegierungen für e<strong>in</strong>ige Schwarzwaldklöster (Reichsb<strong>in</strong>dung)<br />

o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m Status <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft Gengenbach als Reichskloster.<br />

H<strong>in</strong>gegen waren mit <strong>de</strong>n alten benedikt<strong>in</strong>ischen Reichsabteien wie etwa <strong>de</strong>r Reichenau die<br />

königlichen Immunitätsprivilegien verb<strong>und</strong>en. Diese verfügten die Unterstellung <strong>de</strong>r jeweiligen<br />

Abtei unter Königtum <strong>und</strong> Königsschutz bei Immunität <strong>und</strong> Vogtei. Der Vogt war im Mittelalter<br />

<strong>de</strong>r Schutzherr e<strong>in</strong>er geistlichen Kommunität o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>es Klosters. Da Abt <strong>und</strong> Mönche<br />

nach Bibel <strong>und</strong> Kirchenvätern nicht das weltliche Schwert führen durften, brauchten sie für<br />

ihre weltlichen, auch rechtlichen Belange e<strong>in</strong>en Vertreter, eben <strong>de</strong>n Vogt, <strong>de</strong>r dafür Abgaben<br />

<strong>und</strong> Gerichtse<strong>in</strong>nahmen erhielt. Bei Reichsklöstern war die Vogtei mit <strong>de</strong>m Son<strong>de</strong>rrechtsbe-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 37


zirk <strong>de</strong>r Immunität <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Königsschutz verb<strong>und</strong>en. Da Schutz aber auch immer Herrschaft<br />

be<strong>de</strong>utete, <strong>de</strong>nn nur e<strong>in</strong> Mächtiger konnte <strong>de</strong>m Kloster <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Besitz wirklich Schutz<br />

bieten, kamen (mitunter massive) E<strong>in</strong>mischungen <strong>de</strong>s Vogts <strong>in</strong> <strong>in</strong>nere <strong>und</strong> äußere Angelegenheiten<br />

<strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft vor. Dagegen wandte sich die hochmittelalterliche Kirche<br />

mit ihrer For<strong>de</strong>rung nach <strong>de</strong>r „Freiheit <strong>de</strong>r Kirche“ (libertas ecclesiae).<br />

Die Vogtei kann als Abschwächung <strong>de</strong>s Eigenkirchenwesens verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. E<strong>in</strong><br />

Gr<strong>und</strong>herr, <strong>de</strong>r im früheren Mittelalter auf se<strong>in</strong>em Besitz e<strong>in</strong>e Kirche errichtete, wur<strong>de</strong> zum<br />

Eigenkirchenherren <strong>de</strong>s Gotteshauses, d.h.: er hatte sich um die Baulichkeiten zu kümmern<br />

<strong>und</strong> darum, dass e<strong>in</strong> Priester die Seelsorge übernahm <strong>und</strong> entsprechend versorgt wur<strong>de</strong>.<br />

Dafür hatte <strong>de</strong>r Eigenkirchenherr auch das Recht <strong>de</strong>r geistlichen Leitungsgewalt, d.h.: er<br />

konnte <strong>de</strong>n von ihm wirtschaftlich <strong>und</strong> rechtlich abhängigen Priester e<strong>in</strong>setzen, die Kirche<br />

verleihen, verschenken, verkaufen o<strong>de</strong>r tauschen. Ähnliches galt für das Rechts<strong>in</strong>stitut <strong>de</strong>s<br />

Eigenklosters, wobei hier auf die Be<strong>de</strong>utung bischöflicher Eigenklöster (etwa <strong>de</strong>s Bischofs<br />

von Konstanz; Petershausen) verwiesen sei. Doch brachte hier <strong>de</strong>r Investiturstreit mit <strong>de</strong>r<br />

Zurückdrängung weltlicher Kirchenherrschaft e<strong>in</strong>en Wan<strong>de</strong>l. Für das spätere Mittelalter galt<br />

die Rechtsfigur <strong>de</strong>s Patronats, das e<strong>in</strong> nunmehr e<strong>in</strong>geschränktes Laienrecht an e<strong>in</strong>er Kirche<br />

beschreibt.<br />

Bei <strong>de</strong>n hochmittelalterlichen benedikt<strong>in</strong>ischen Reformklöstern fehlte trotz herrscherlicher<br />

Privilegienvergabe e<strong>in</strong>e engere B<strong>in</strong>dung an das Königtum. Bei <strong>de</strong>n Zisterzienserklöstern<br />

konnte das staufische Königtum gera<strong>de</strong> im <strong>de</strong>utschen Südwesten <strong>in</strong> die Rolle <strong>de</strong>s Klostervogts<br />

e<strong>in</strong>rücken. Im späten Mittelalter trat dann das Königtum h<strong>in</strong>ter <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sherrschaften<br />

zurück.<br />

Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>und</strong> Kloster. (Land-) Grafschaften <strong>und</strong> autogene A<strong>de</strong>lsherrschaften bil-<br />

<strong>de</strong>ten im hohen Mittelalter das Gerüst, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m sich im Rahmen von Besitz, Rechten (z.B.<br />

Öffnungsrecht), Vogtei <strong>und</strong> Lehnswesen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „organisatorischen Chaos“ die Lan<strong>de</strong>sherrschaften<br />

ausbil<strong>de</strong>n konnten. Die regionalen Territorien <strong>de</strong>s späte(re)n Mittelalter <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

frühen Neuzeit zeichneten sich dann zunehmend durch e<strong>in</strong>e „räumliche Vere<strong>in</strong>heitlichung“,<br />

durch e<strong>in</strong> Herrschaftsmonopol <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e gleichmäßige Intensität von Herrschaft aus. Ämter<br />

unterglie<strong>de</strong>rten die Territorien, Stän<strong>de</strong> nahmen an <strong>de</strong>r politischen Herrschaft teil. Der hochmittelalterlichen<br />

„Freiheit <strong>de</strong>r Kirche“ <strong>und</strong> <strong>de</strong>r damals propagierten freien Vogtwahl o<strong>de</strong>r<br />

Vogtlosigkeit zum Trotz ergänzten im Spätmittelalter Schutz <strong>und</strong> Schirm über Mönchsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

das Instrumentarium lan<strong>de</strong>sherrlicher E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten o<strong>de</strong>r ersetzten<br />

nun das nicht mehr zeitgemäße Rechts<strong>in</strong>stitut <strong>de</strong>r Vogtei. Viele <strong>Klöster</strong> wur<strong>de</strong>n bei Landsässigkeit<br />

<strong>und</strong> Landstandschaft Teil <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>de</strong>s Fürsten o<strong>de</strong>r Grafen, <strong>de</strong>r über die<br />

geistliche Kommunität die (Kast-) Vogtei bzw. <strong>de</strong>n Schutz ausübte.<br />

Landsässigkeit be<strong>de</strong>utet E<strong>in</strong>bezug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Lan<strong>de</strong>sherrschaft, Landstandschaft die Teilnahme<br />

an <strong>de</strong>r ständischen Vertretung im Territorium. Zur Erläuterung <strong>de</strong>r Begriffe sei das Klostergebiet<br />

<strong>de</strong>r St. Georgener Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft betrachtet, wie es sich am Ausgang <strong>de</strong>s Mittelalters<br />

darstellte. Danach umfasste das Gebiet die Orte bzw. Teile <strong>de</strong>r Orte: St. Georgen,<br />

Brigach, Oberkirnach, Langenschiltach <strong>und</strong> Peterzell. Das Klostergebiet stand damit <strong>in</strong> enger<br />

Beziehung zur spätmittelalterlichen Pfarrei, <strong>de</strong>ren Mittelpunkt St. Georgen war. Es war aber<br />

alles an<strong>de</strong>re als das „souveräne“ Land e<strong>in</strong>es spätmittelalterlichen Lan<strong>de</strong>sherren (dom<strong>in</strong>us<br />

terrae), vielmehr ist mit beträchtlichem E<strong>in</strong>fluss <strong>de</strong>r Klostervögte, <strong>de</strong>r Herren von Falkenste<strong>in</strong><br />

(bis 1444/49) <strong>und</strong> (danach) <strong>de</strong>r Grafen bzw. Herzöge von <strong>Württemberg</strong>, zu rechnen. Gera<strong>de</strong><br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 38


die württembergischen Territorialherren betrachteten seit <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

das Kloster St. Georgen als Teil ihrer Lan<strong>de</strong>sherrschaft. Ab 1491 wur<strong>de</strong>n die Reichsmatrikel,<br />

also die seit 1422/27 von <strong>de</strong>n Reichsstän<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Territorien aufzubr<strong>in</strong>gen<strong>de</strong>n Leistungen<br />

zur Reichsverteidigung, zu <strong>de</strong>nen auch St. Georgen veranlagt wur<strong>de</strong>, von <strong>Württemberg</strong> e<strong>in</strong>gezogen,<br />

während vor diesem Jahr die unmittelbar vom Kloster an das Reich gegangenen<br />

Matrikel zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st Ausdruck e<strong>in</strong>es engeren Verhältnisses <strong>de</strong>s Klosters zum König bzw. Kaiser<br />

waren, auch eigene Herrschaftsrechte <strong>de</strong>s Abtes voraussetzten. Doch soll sich <strong>de</strong>r Abt<br />

auf <strong>de</strong>n Reichstagen durch <strong>de</strong>n <strong>Württemberg</strong>er Grafen haben vertreten lassen. Gera<strong>de</strong> die<br />

Vertretung bei Reichsmatrikel <strong>und</strong> Reichstag spiegelt aber die Landsässigkeit <strong>de</strong>s Schwarzwaldklosters<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>s württembergischen Territorialverban<strong>de</strong>s wi<strong>de</strong>r. Die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

war auf <strong>de</strong>m Weg, e<strong>in</strong> Landstand zu wer<strong>de</strong>n, <strong>und</strong> war es, als es 1481 zur württembergischen<br />

Lan<strong>de</strong>se<strong>in</strong>igung kam o<strong>de</strong>r 1498 zu e<strong>in</strong>em Stuttgarter Landtag. Trotz Landsässigkeit<br />

blieben aber die Beziehungen <strong>de</strong>s Klosters zum Königtum erhalten, wie die Privilegien<br />

vom 21. August 1507 <strong>und</strong> vom 24. Mai 1521 beweisen.<br />

Reichsprälatenklöster <strong>in</strong> Oberschwaben. H<strong>in</strong>gegen konnten sich gera<strong>de</strong> <strong>in</strong> Oberschwa-<br />

ben Mönchs- <strong>und</strong> Nonnenkonvente <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er reichsunmittelbaren Selbstständigkeit behaupten.<br />

Als Reichsstand waren diese Reichsprälatenklöster <strong>in</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit auf <strong>de</strong>m (Regensburger)<br />

Reichstag <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Kreistag <strong>de</strong>s schwäbischen Kreises vertreten. Sie bestimmten<br />

auf Gr<strong>und</strong> ihrer ger<strong>in</strong>gen (militärischen, f<strong>in</strong>anziellen) Leistungskraft (Reichsmatrikel) <strong>in</strong><br />

nur ebenso ger<strong>in</strong>gem Maße die Politik <strong>in</strong> Kreis <strong>und</strong> Reich mit, waren aber <strong>de</strong>r katholischen<br />

Sache verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> somit Kaiser <strong>und</strong> Reich. Auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sherrschaften <strong>und</strong><br />

Territorien bestan<strong>de</strong>n teilweise Abhängigkeiten, u.a. von <strong>de</strong>n Habsburgern <strong>und</strong> <strong>de</strong>r kaiserlichen<br />

Landvogtei Oberschwaben. Infolge<strong>de</strong>ssen wur<strong>de</strong> die politisch-wirt-schaftliche Lage<br />

mancher oberschwäbischer <strong>Klöster</strong> im Verlauf <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts immer prekärer, so dass<br />

die Säkularisation, die je<strong>de</strong> dieser Institutionen am Anfang <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts zum Opfer<br />

fiel, fast schon folgerichtig ersche<strong>in</strong>t. Zu <strong>de</strong>n oberschwäbischen Reichsprälaten- <strong>und</strong><br />

-prälat<strong>in</strong>nenklöstern gehörten u.a. die Benedikt<strong>in</strong>erabteien We<strong>in</strong>garten, Isny, Zwiefalten <strong>und</strong><br />

Ochsenhausen, die Prämonstratenserstifte Obermarchtal, Weißenau <strong>und</strong> Schussenried, die<br />

Zisterzienser- <strong>und</strong> beson<strong>de</strong>rs Zisterzienser<strong>in</strong>nenabteien Salem, Ba<strong>in</strong>dt, Gutenzell <strong>und</strong> Heggbach,<br />

das August<strong>in</strong>erchorherrenstift Beuron, das Klarissenkloster Söfl<strong>in</strong>gen.<br />

Klosterreformen<br />

Früh- <strong>und</strong> Hochmittelalter. Reform be<strong>de</strong>utet im mittelalterlichen S<strong>in</strong>n die Wie<strong>de</strong>rherstellung<br />

e<strong>in</strong>es ursprünglichen, als erstrebenswert angesehenen Zustands. Während <strong>de</strong>s gesamten<br />

Mittelalters gab es Phasen <strong>de</strong>r Klosterreform. Erstmals erstrebten die karol<strong>in</strong>gischen Frankenkönige<br />

Karl <strong>de</strong>r Große (768-814) <strong>und</strong> Ludwig <strong>de</strong>r Fromme (814-840) e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>heitlichung<br />

<strong>de</strong>s Klosterwesens. Die „allgeme<strong>in</strong>e Ermahnung“ (admonitio generalis, 789) <strong>und</strong> die<br />

Beschlüsse <strong>de</strong>r Aachener Syno<strong>de</strong> (816) gehörten zur Durchsetzung <strong>de</strong>s Benedikt<strong>in</strong>ertums<br />

ebenso wie die Reformmaßnahmen <strong>de</strong>s Benedikt von Aniane (*ca.750-†821). Im 10. <strong>und</strong> 11.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert vermittelte u.a. auf <strong>de</strong>r Reichenau die Klosterreform <strong>de</strong>s lothr<strong>in</strong>gischen Gorze<br />

Impulse („Reichsmönchtum“), während die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft im 910 gegrün<strong>de</strong>ten Cluny<br />

mit ihren angeschlossenen <strong>Klöster</strong>n cluniazenischer Observanz <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Fehlen eigenkirchlicher<br />

Strukturen bei e<strong>in</strong>em als i<strong>de</strong>ell angesehenen päpstlichen Schutz von Burg<strong>und</strong> aus<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 39


ausstrahlte. Doch erst die (gregorianische) Kloster- <strong>und</strong> Kirchenreform <strong>de</strong>s 11. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

führte <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folge zu e<strong>in</strong>er tiefgreifen<strong>de</strong>n Umgestaltung <strong>de</strong>r Klosterlandschaft Südwest<strong>de</strong>utschlands.<br />

Neben <strong>de</strong>m Schwarzwaldkloster St. Blasien, gegrün<strong>de</strong>t vielleicht im 10. o<strong>de</strong>r<br />

beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong>n 11. Jahrh<strong>und</strong>ert, kann <strong>in</strong> diesem Zusammenhang <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>in</strong> Hirsau unter ihrem Abt Wilhelm (1069-1091) genannt wer<strong>de</strong>n. Die Hirsauer<br />

Reform erfasste <strong>in</strong> Weiterentwicklung <strong>de</strong>s cluniazensischen Mönchtums fast ganz Mitteleuropa<br />

von Schwaben bis nach Thür<strong>in</strong>gen, die St. Georgener Reformbewegung als Teil <strong>de</strong>r<br />

Hirsauer Reform verbreitete sich vom Elsass bis nach Österreich. Zusammen mit <strong>de</strong>r Hirsauer<br />

Reform fan<strong>de</strong>n Hirsauer Gewohnheiten <strong>und</strong> Hirsauer Baustil Verbreitung. Die St. Blasianer<br />

Reform basierte auf <strong>de</strong>n Gewohnheiten <strong>de</strong>s oberitalienischen Klosters Fruttuaria <strong>und</strong><br />

war <strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland, <strong>de</strong>r Schweiz <strong>und</strong> Österreich verbreitet. Insbeson<strong>de</strong>re die von St.<br />

Blasien ausgehen<strong>de</strong> Reform bee<strong>in</strong>flusste auch e<strong>in</strong>ige Schwarzwaldklöster wie Alpirsbach<br />

o<strong>de</strong>r Ettenheimmünster, von <strong>de</strong>n von St. Blasien abhängigen Klosterzellen wie Berau o<strong>de</strong>r<br />

Bürgeln ganz abgesehen. Sanktblasianische, Hirsauer <strong>und</strong> St. Georgener Klosterreform be<strong>de</strong>uteten<br />

dabei die H<strong>in</strong>wendung zu e<strong>in</strong>er strengeren benedikt<strong>in</strong>ischen Lebensform cluniazenischer<br />

Ausrichtung. Der Askesegedanken, e<strong>in</strong>e aufwändige Liturgie, das Herausstellen von<br />

Pflicht <strong>und</strong> Gehorsam bei Überwachung <strong>de</strong>r Aktivitäten <strong>de</strong>r Mönche <strong>und</strong> bei härterer Bestrafung<br />

von Vergehen gehören hierher. Gr<strong>und</strong>lage waren die regula Benedicti, die Benediktregel,<br />

<strong>und</strong> die cluniazensisch-hirsauischen bzw. fruttuarischen Gewohnheiten.<br />

Die hochmittelalterliche Klosterreform war Teil <strong>de</strong>r gregorianischen Kirchenreform (11./12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert). Im Mittelpunkt <strong>de</strong>r Letzteren stand die „Freiheit <strong>de</strong>r Kirche“ von weltlichen E<strong>in</strong>flüssen.<br />

Die Kirchenreformer me<strong>in</strong>ten damit ihren Kampf gegen Simonie <strong>und</strong> Laien<strong>in</strong>vestitur,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re im Investiturstreit zwischen Papsttum <strong>und</strong> <strong>de</strong>utschem Königtum (1075-1122).<br />

Vielfach, gera<strong>de</strong> <strong>in</strong> Schwaben, stand <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>l auf Seiten <strong>de</strong>r Kirchenreformer, brachte ihm<br />

doch das H<strong>in</strong>ausdrängen <strong>de</strong>s Königtums aus <strong>de</strong>r Reichskiche wichtige Vorteile. Da war zuvor<strong>de</strong>rst<br />

die Vogtei über die benedikt<strong>in</strong>ischen Reformklöster, die <strong>de</strong>n <strong>Stifte</strong>rfamilien <strong>und</strong> ihren<br />

Nachfolgern zustand. Zwar besaßen <strong>Klöster</strong> wie St. Georgen o<strong>de</strong>r St. Peter im Schwarzwald<br />

die sog. „römische Freiheit“ (libertas Romana), verfügten also bei Unterstellung unter die<br />

römische Kirche über die freie Abts- <strong>und</strong> Vogtwahl, doch bestand das Institut <strong>de</strong>r Klostervogtei<br />

für diese Mönchsgeme<strong>in</strong>schaften weiter. Nicht mehr <strong>de</strong>r König war <strong>de</strong>r klösterliche<br />

Schutzherr, son<strong>de</strong>rn die adlige (<strong>Stifte</strong>r-) Familie, die zu<strong>de</strong>m viel wirksamer Schutz, aber auch<br />

Herrschaft <strong>und</strong> Kontrolle über das Kloster ausüben konnte. Damit war <strong>de</strong>r Weg <strong>de</strong>r Reformklöster<br />

<strong>in</strong> die spätmittelalterliche Abhängigkeit weltlicher Lan<strong>de</strong>sherren zumeist vorgezeichnet.<br />

Wilhelm von Hirsau. Wilhelm von Hirsau (†1091) stammte aus Bayern, wo er vielleicht um<br />

das Jahr 1030 geboren wur<strong>de</strong>. Über se<strong>in</strong>e Herkunft ist weiter nichts bekannt. Wilhelm erhielt<br />

– als puer oblatus <strong>de</strong>n Benedikt<strong>in</strong>ern übergeben - se<strong>in</strong>e geistliche Ausbildung zum Mönch im<br />

Emmeram-Kloster, e<strong>in</strong>er Eigenkirche <strong>de</strong>s Regensburger Bischofs. Otloh von St. Emmeram<br />

(†n.1079) war <strong>de</strong>r berühmte Lehrer Wilhelms. Und so verfasste Wilhelm etwa ab <strong>de</strong>r Mitte<br />

<strong>de</strong>s 11. Jahrh<strong>und</strong>erts gelehrte Traktate über Astronomie <strong>und</strong> Musik, Teildiszipl<strong>in</strong>en <strong>de</strong>s<br />

Quadriviums, <strong>de</strong>s „Vierwegs“ <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>r „sieben freien Künste“, <strong>de</strong>r septem artes liberales.<br />

Noch heute kann man <strong>in</strong> Regensburg das berühmte sog. ste<strong>in</strong>erne Astrolabium Wilhelms<br />

bew<strong>und</strong>ern, e<strong>in</strong> über zweie<strong>in</strong>halb Meter hohes Denkmal, auf <strong>de</strong>ssen Vor<strong>de</strong>rseite e<strong>in</strong>e<br />

Astrolab-Sphaera e<strong>in</strong>graviert ist, während die Rückseite e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Himmel blicken<strong>de</strong>n<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 40


Mann zeigt, vermutlich <strong>de</strong>n griechischen Astronomen <strong>und</strong> Dichter Aratos (3. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

v.Chr., 1. Hälfte).<br />

Im Jahr 1069 kam es zur Berufung Wilhelms zum Hirsauer Abt. In <strong>de</strong>n ersten Jahren verfolgte<br />

Wilhelm das Ziel, se<strong>in</strong> Kloster von <strong>de</strong>n weltlichen Gewalten weitgehend unabhängig zu<br />

machen. Dies geschah auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>r schon seit längerer Zeit wirksamen gorzischlothr<strong>in</strong>gischen<br />

<strong>und</strong> cluniazensischen Reformbestrebungen, ganz im kirchlich-revolutionären<br />

S<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r Zeit. Wilhelms Politik richtete sich also zunächst gegen <strong>de</strong>n Calwer Grafen, <strong>de</strong>n<br />

Schutzherrn <strong>de</strong>s Klosters. E<strong>in</strong>e Königsurk<strong>und</strong>e He<strong>in</strong>richs IV. (1056-1106) – wohl bald nach<br />

1070 formuliert – schuf immerh<strong>in</strong> die wichtige Beziehung zum Königtum, schrieb aber im<br />

Wesentlichen <strong>de</strong>n Stand Hirsaus als gräfliches Eigenkloster fest. E<strong>in</strong> 1073/75 von Papst<br />

Gregor VII. (1073-1085) ausgestelltes Privileg stellte Hirsau unter päpstlichen Schutz. Die<br />

<strong>in</strong>tegra libertas coenobii („ganze Freiheit <strong>de</strong>s Klosters“) <strong>de</strong>s sog. „Hirsauer Formulars“, e<strong>in</strong>er<br />

Urk<strong>und</strong>e König He<strong>in</strong>richs vom 9. Oktober 1075 be<strong>in</strong>haltete die freie Abtswahl <strong>und</strong> die freie<br />

Wahl bzw. Absetzung <strong>de</strong>s Vogtes (freilich aus <strong>de</strong>r <strong>Stifte</strong>rfamilie <strong>de</strong>s Klosters).<br />

Die Verschärfung <strong>de</strong>r Fronten im Investiturstreit mag auch Auswirkungen auf die <strong>in</strong>neren<br />

Verhältnisse im Hirsauer Kloster gehabt haben. Je<strong>de</strong>nfalls ist von Wilhelm überliefert, dass<br />

er <strong>in</strong> Hirsau die Gewohnheiten <strong>de</strong>s burg<strong>und</strong>ischen Klosters Cluny e<strong>in</strong>führte. Auf diesen fußen<br />

die Constitutiones Hirsaugienses („Hirsauer Gewohnheiten“), die im Rahmen <strong>de</strong>r Hirsauer<br />

Reform weite Verbreitung fan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> beson<strong>de</strong>rs Diszipl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Gehorsam von <strong>de</strong>n Mönchen<br />

for<strong>de</strong>rten. Parallel dazu hat man, um <strong>de</strong>n Ansturm von Laien auf Hirsau <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Griff zu bekommen,<br />

das Institut <strong>de</strong>r Konversen, <strong>de</strong>r Laienbrü<strong>de</strong>r geschaffen. Offensichtlich war Hirsau<br />

trotz o<strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> wegen <strong>de</strong>r mönchischen Strenge <strong>und</strong> <strong>de</strong>r asketischen Frömmigkeit für viele<br />

Menschen attraktiv. Dem Aufschwung <strong>de</strong>s Klosters unter Wilhelm von Hirsau entsprach es<br />

dann auch, dass die Enge <strong>de</strong>s Aureliusklosters verlassen wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> man sich auf <strong>de</strong>r gegenüberliegen<strong>de</strong>n<br />

Seite <strong>de</strong>r Nagold ansie<strong>de</strong>lte. Dort entstand nach 1083 die damals größte<br />

Klosteranlage <strong>in</strong> Deutschland mit <strong>de</strong>r mächtigen romanischen Kirche, die <strong>de</strong>m heiligen Petrus<br />

geweiht war.<br />

Das Wirken Wilhelms war aber nicht nur auf Hirsau beschränkt. Viele <strong>Klöster</strong>, neugegrün<strong>de</strong>te<br />

<strong>und</strong> alte<strong>in</strong>gesessene, sollten sich <strong>de</strong>r Hirsauer Reform anschließen. Neue Abteien, die von<br />

Hirsauer Mönchen besie<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n, waren: Zwiefalten, Blaubeuren, St. Peter <strong>und</strong> St.<br />

Georgen <strong>in</strong> Schwaben, Re<strong>in</strong>hardsbrunn <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen; schon bestehen<strong>de</strong> <strong>Klöster</strong>, die die<br />

Hirsauer Lebensform annahmen: Petershausen bei Konstanz, Schaffhausen, St. Peter <strong>in</strong><br />

Erfurt <strong>und</strong> Komburg; Hirsauer Priorate schließlich: Reichenbach im Murgtal, Schönra<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Franken, Fischbachau <strong>in</strong> Bayern. Die Hirsauer fan<strong>de</strong>n also beson<strong>de</strong>rs <strong>in</strong> Schwaben <strong>und</strong><br />

Franken, dann <strong>in</strong> Mittel- <strong>und</strong> Ost<strong>de</strong>utschland ihre Anhänger. Der weiten Verbreitung <strong>de</strong>r Hirsauer<br />

Reform entsprach dabei <strong>de</strong>r Ruf Wilhelms <strong>in</strong> <strong>de</strong>r kirchlich-politischen Propaganda <strong>de</strong>s<br />

Investiturstreits. Der Hirsauer Abt war die Stütze <strong>de</strong>r Gregorianer <strong>in</strong> Deutschland, <strong>in</strong> Schwaben.<br />

Er stand auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Gegenkönige Rudolf von Schwaben (1077-1080) <strong>und</strong> Hermann<br />

von Salm (1081-1088), u.a. ihm war die Geschlossenheit <strong>de</strong>r gregorianischen Partei<br />

im <strong>de</strong>utschen Südwesten zu verdanken, vom Ruf, <strong>de</strong>n das Hirsauer Kloster <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Kreisen<br />

<strong>de</strong>r Kirchenreformer besaß, ganz abgesehen. Als Wilhelm am 5. Juli 1091 starb, hatte damit<br />

die Reformpartei <strong>in</strong> Schwaben <strong>und</strong> Deutschland e<strong>in</strong>en wichtigen Repräsentanten verloren.<br />

Die Vita Willihelmi abbatis Hirsaugiensis bewahrt se<strong>in</strong> An<strong>de</strong>nken.<br />

Benedikt<strong>in</strong>ische Reformbewegungen <strong>in</strong> Spätmittelalter <strong>und</strong> früher Neuzeit. Auch das<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 41


Spätmittelalter kannte Reformen im Benedikt<strong>in</strong>ertum. Die Benedict<strong>in</strong>a Papst Benedikts XII.<br />

(1334-1342) von 1336 richtete (zunächst vergeblich) für <strong>de</strong>n Benedikt<strong>in</strong>eror<strong>de</strong>n 36 Prov<strong>in</strong>zen<br />

mit <strong>de</strong>n jeweiligen Prov<strong>in</strong>zialkapiteln e<strong>in</strong>; für Süd<strong>de</strong>utschland war die Or<strong>de</strong>nsprov<strong>in</strong>z Ma<strong>in</strong>z-<br />

Bamberg zuständig, <strong>de</strong>ren Prov<strong>in</strong>zialkapitel erstmals 1417 im Kloster Petershausen <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Reformdiskussion beim Konstanzer Konzil (1414-1418) zusammentrat.<br />

Die Melker Reform <strong>und</strong> die Bursfel<strong>de</strong>r Union waren dann benedikt<strong>in</strong>ische Observanz-<br />

<strong>und</strong> Erneuerungsbewegungen <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts. Reform be<strong>de</strong>utete (auch) damals die<br />

E<strong>in</strong>führung neuer Gewohnheiten <strong>in</strong> <strong>de</strong>n zu reformieren<strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong>n.<br />

Die 1093 gegrün<strong>de</strong>te Benedikt<strong>in</strong>erabtei Bursfel<strong>de</strong> a.d. Weser erreichte gegen Mitte <strong>de</strong>s 13.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong>e gewisse Blütezeit, verfiel aber im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> wirtschaftlicher <strong>und</strong><br />

monastischer H<strong>in</strong>sicht. Unter Abt Johannes De<strong>de</strong>roth (1430-1439) begann <strong>de</strong>r Aufstieg <strong>de</strong>s<br />

Klosters, se<strong>in</strong> Nachfolger Johannes Hagen (1439-1469) wur<strong>de</strong> zum eigentlichen Begrün<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Bursfel<strong>de</strong>r Kongregation (Union), die die von Bursfel<strong>de</strong> reformierten <strong>Klöster</strong> zusammenfasste<br />

(Urk<strong>und</strong>en von 1446, 1451, 1459). Zu <strong>de</strong>m straff organisierten Klosterverband stieß<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl von Mönchsgeme<strong>in</strong>schaften, auch <strong>Klöster</strong> im <strong>de</strong>utschen Südwesten wie Hirsau<br />

(1458) schlossen sich <strong>de</strong>r Kongregation an. Die Abtei Bursfel<strong>de</strong> g<strong>in</strong>g <strong>de</strong>r Union 1634 verloren,<br />

die Kongregation selbst bestand noch bis zum Jahr 1803.<br />

Das nie<strong>de</strong>rösterreichische Donaukloster Melk war ursprünglich e<strong>in</strong> von <strong>de</strong>n babenbergischen<br />

Markgrafen gegrün<strong>de</strong>tes Kanonikerstift (10./11. Jahrh<strong>und</strong>ert), bevor es 1089 <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Benedikt<strong>in</strong>erkloster<br />

umgewan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>. Das Kloster stand seit 1110 unter päpstlichem Schutz, unter<br />

Abt Engilschalk (1116-1121) hielt die von Hirsau <strong>und</strong> St. Georgen bee<strong>in</strong>flusste Admonter<br />

Reform hier E<strong>in</strong>zug. E<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en war das Kloster seit <strong>de</strong>m 13. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> die Lan<strong>de</strong>sherrschaft<br />

<strong>de</strong>r habsburgischen Österreicher, doch führte <strong>de</strong>r Brand <strong>de</strong>r Klosteranlage im Jahr<br />

1297 zum wirtschaftlichen Verfall <strong>de</strong>r Kommunität. Unter <strong>de</strong>m habsburgischen Herzog Rudolf<br />

IV. (1358-1365) besserte sich die Lage <strong>de</strong>s Klosters, das die vom Konstanzer Konzil (1414-<br />

1418) ausgehen<strong>de</strong>n Reformimpulse aufnahm. Melk zeichnete sich nunmehr durch e<strong>in</strong>e<br />

strenge Klosterdiszipl<strong>in</strong> aus, das Kloster wur<strong>de</strong> zum Ausgangspunkt <strong>de</strong>r sog. Melker Reform,<br />

die nach Österreich <strong>und</strong> Süd<strong>de</strong>utschland ausstrahlte <strong>und</strong> z.B. das Schwarzwaldkloster Hirsau<br />

zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st zeitweise erfasste. Die wirtschaftlichen Gr<strong>und</strong>lagen Melks blieben <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit<br />

weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong>stabil, das Kloster (Stift) besteht heute noch.<br />

<strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> Tochterklöster. Gera<strong>de</strong> im Hochmittelalter wur<strong>de</strong>n Abhängigkeiten zwischen<br />

Mutter- <strong>und</strong> Tochterklöstern geschaffen, z.B. bei <strong>de</strong>n Benedikt<strong>in</strong>ern <strong>in</strong> Form von Propsteien<br />

<strong>und</strong> Prioraten. Die Benediktregel bezeichnet mit „Propst“ <strong>de</strong>n Zweiten nach <strong>de</strong>m Klosterabt,<br />

<strong>de</strong>n Stellvertreter <strong>de</strong>s Klosterleiters. In dieser H<strong>in</strong>sicht s<strong>in</strong>d die Titel „Prior“ <strong>und</strong> „Propst“ austauschbar.<br />

Der Propst ist <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft für die Verwaltung <strong>de</strong>s Klosterbesitzes<br />

zuständig. Die Propstei ist e<strong>in</strong>e Kommunität von Mönchen, die von e<strong>in</strong>em Propst geleitet<br />

wird. Der Prior war <strong>de</strong>r Stellvertreter <strong>de</strong>s Abtes, zuständig für die <strong>in</strong>neren <strong>und</strong> äußeren Angelegenheiten<br />

<strong>de</strong>s Klosters, u.a. für die geistliche Aufsicht über die Mönche, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Vorsteher<br />

e<strong>in</strong>es Klosters, das nicht Abtei war, also nicht von e<strong>in</strong>em Abt geleitet wur<strong>de</strong>. E<strong>in</strong> Kloster, <strong>de</strong>m<br />

e<strong>in</strong> Prior vorsteht, heißt Priorat. Amt <strong>und</strong> Stellung <strong>de</strong>s Priors fan<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>r vom burg<strong>und</strong>ischen<br />

Kloster Cluny ausgehen<strong>de</strong>n Reformbewegung e<strong>in</strong>e Aufwertung.<br />

Bei <strong>de</strong>n Zisterziensern führte <strong>de</strong>r hierarchische Aufbau <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns von Anfang an dazu,<br />

dass die <strong>Klöster</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Klosterverband von Mutter- <strong>und</strong> Tochterklöstern e<strong>in</strong>bezogen waren;<br />

an <strong>de</strong>r Spitze stan<strong>de</strong>n dabei die Primarabteien, u.a. das burg<strong>und</strong>ische Morimond. Die<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 42


Tochterklöster wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Mutterabteien visitiert, die Visitation diente <strong>de</strong>r Kontrolle <strong>de</strong>r<br />

monastischen Lebensweise (Klosterleben, Klosterwirtschaft) <strong>de</strong>r nachgeordneten Kommunität.<br />

Mönchtum <strong>und</strong> Stadt<br />

Der <strong>de</strong>utsche Südwesten war die Landschaft <strong>de</strong>r staufischen Königs- <strong>und</strong> späteren Reichsstädte<br />

im <strong>de</strong>utschen Reich. Im Gegen- <strong>und</strong> Mite<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n Territorien konnten sich die<br />

Reichsstädte selbst nach <strong>de</strong>r Schlacht bei Döff<strong>in</strong>gen (23. August 1388) behaupten. Bürgertum,<br />

Selbstverwaltung (Bürgermeister, Rat), Stadtmauer, Stadtrecht <strong>und</strong> wirtschaftliche Potenz<br />

machten dann die spätmittelalterliche Stadt aus.<br />

Für die benedikt<strong>in</strong>ischen Kommunitäten im <strong>und</strong> am Schwarzwald z.B. spielten die Städte, die<br />

seit <strong>de</strong>m hohen <strong>und</strong> späten Mittelalter im <strong>de</strong>utschen Südwesten entstan<strong>de</strong>n, bis auf Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Han<strong>de</strong>l eher e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle, war doch das Waldgebirge e<strong>in</strong>e Region<br />

mit relativ wenigen Städten. Zu (Kle<strong>in</strong>-) Städten wur<strong>de</strong>n hier, beson<strong>de</strong>rs im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>m Ausbau <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sherrschaften z.B.: Altensteig (1355?), Calw (13. Jahrh<strong>und</strong>ert),<br />

Elzach (1287/90), Haslach (v.1278), Nagold (v.1329), Wolfach (v.1305). Besitzrechtliche<br />

Verb<strong>in</strong>dungen zu städtischen Siedlungen hatten die <strong>Klöster</strong> St. Blasien zu <strong>de</strong>r um 1280 gegrün<strong>de</strong>ten<br />

Marktsiedlung Todtmoos, Hirsau zu Weil <strong>de</strong>r Stadt, das sich auf Hirsauer Besitz<br />

zur Königs- <strong>und</strong> Reichsstadt (v.1241?) entwickelte, Gengenbach zu <strong>de</strong>r gleichnamigen<br />

Reichsstadt (v.1231) im unmittelbaren Vorfeld <strong>de</strong>r Mönchskommunität. Neustadt im<br />

Schwarzwald entstand um 1250 im Umfeld <strong>de</strong>s Klosters Frie<strong>de</strong>nweiler. 1349 kaufte das Hirsauer<br />

Kloster die Stadt Calw auf, die freilich schon bald von <strong>de</strong>n württembergischen Grafen<br />

zurückgekauft wur<strong>de</strong>. Daneben waren die <strong>Klöster</strong> über die Stadthöfe (Pfleghöfe) mit <strong>de</strong>n<br />

Städten verb<strong>und</strong>en. E<strong>in</strong>en Wirtschaftshof <strong>de</strong>s Klosters St. Georgen gab es <strong>in</strong> Rottweil, e<strong>in</strong>en<br />

<strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft St. Peter ab 1492 <strong>in</strong> Freiburg, e<strong>in</strong>en <strong>de</strong>r Frauengeme<strong>in</strong>schaft Frie<strong>de</strong>nweiler<br />

ab <strong>de</strong>m 14. Jahrh<strong>und</strong>ert ebenfalls <strong>in</strong> Freiburg.<br />

Wie die Benedikt<strong>in</strong>er waren auch die Zisterzienser <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Städten mit ihren Pfleghöfen vertreten.<br />

Die Bettelor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Dom<strong>in</strong>ikaner <strong>und</strong> Franziskaner waren sowieso eher städtisch<br />

orientiert, vielfach f<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich <strong>de</strong>ren <strong>Klöster</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Städten <strong>und</strong> Reichsstädten <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />

Südwestens, während Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nenkonvente wie etwa Weiler bei Essl<strong>in</strong>gen auch auf<br />

<strong>de</strong>m Land vorkamen. Bei <strong>de</strong>n Franziskanern war <strong>de</strong>r Unterschied zwischen Stadt <strong>und</strong> Land<br />

mitentschei<strong>de</strong>nd für die Ausbildung <strong>de</strong>r (städtischen) Konventualen- <strong>und</strong> (ländlichen) Observantenbewegung<br />

im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert. Die Observanten lehnten – <strong>de</strong>m Armutsi<strong>de</strong>al <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>nsgrün<strong>de</strong>rs<br />

Franziskus entsprechend – selbst geme<strong>in</strong>schaftlichen Besitz ab, über <strong>de</strong>n die<br />

Konventualen wie bei an<strong>de</strong>ren Mönchsor<strong>de</strong>n auch wie selbstverständlich verfügten.<br />

Reformation <strong>und</strong> Säkularisation<br />

Reformation. Die mittelalterlichen Benedikt<strong>in</strong>erklöster s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>de</strong>n zwei Gründungsperio<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s 7./8. <strong>und</strong> <strong>de</strong>s 11./12. Jahrh<strong>und</strong>erts entstan<strong>de</strong>n, die Kommunitäten <strong>de</strong>r Zisterzienser <strong>und</strong><br />

Prämonstratenser im 12., die <strong>de</strong>r Dom<strong>in</strong>ikaner <strong>und</strong> Franziskaner im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert. Die<br />

<strong>Klöster</strong> verschwan<strong>de</strong>n <strong>in</strong> zwei Phasen neuzeitlicher Geschichte durch Reformation (16.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert) <strong>und</strong> Säkularisation (Anfang <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts). Reformation be<strong>de</strong>utet die<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 43


Ablösung <strong>de</strong>r altkirchlichen Ordnung durch das lutherisch-protestantische Kirchensystem <strong>de</strong>r<br />

spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Lan<strong>de</strong>sherrschaften. Beson<strong>de</strong>rs das Herzogtum <strong>Württemberg</strong><br />

spielte bei <strong>de</strong>r Aufhebung <strong>de</strong>r vom Territorium abhängigen <strong>Klöster</strong> (1535/36) e<strong>in</strong>e<br />

Vorreiterrolle im <strong>de</strong>utschen Südwesten. Ihm folgte die Markgrafschaft <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-Durlach, während<br />

die <strong>Klöster</strong> im vor<strong>de</strong>rösterreichischen <strong>und</strong> mith<strong>in</strong> katholischen Machtbereich <strong>de</strong>r Habsburger<br />

von <strong>de</strong>r Reformation nicht betroffen waren. Nach <strong>de</strong>m Augsburger Interim (1548) <strong>und</strong><br />

im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) haben dann katholische Mönche die reformierten <strong>Klöster</strong><br />

für wenige Jahre besetzen können, doch setzten sich auf Dauer die protestantischen<br />

Lan<strong>de</strong>sherren durch, die <strong>Klöster</strong> wur<strong>de</strong>n z.B. im <strong>Württemberg</strong>ischen zu evangelischen Klosterschulen,<br />

<strong>de</strong>r Klosterbesitz wur<strong>de</strong> als Klosteramt organisiert.<br />

Herrenalb. Alle<strong>in</strong> <strong>de</strong>r württembergischen Reformation fielen 14 Benedikt<strong>in</strong>er- <strong>und</strong> Zisterzien-<br />

serklöster zum Opfer, daneben Chorherrenstifte <strong>und</strong> Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nenkonvente. Beson<strong>de</strong>rs<br />

umkämpft war dabei die Männerzisterze Herrenalb im Schwarzwäl<strong>de</strong>r Murgtal. Das 1149<br />

durch die Grafen von Eberste<strong>in</strong> gegrün<strong>de</strong>te Kloster kam – wie bei <strong>de</strong>n Zisterzienserkommunitäten<br />

üblich – unter königlichen Schutz <strong>und</strong> Schirm, wählte aber auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r freien<br />

Vogtwahl 1338 die württembergischen Grafen als Schutzherren. Deren E<strong>in</strong>fluss auf die<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft vergrößerte sich im späten Mittelalter beträchtlich (Lösung Herrenalbs<br />

von <strong>de</strong>r Reichsmatrikel 1496), so dass die Mönche von Herrenalb 1497 <strong>de</strong>n badischen<br />

Markgrafen als Klostervogt wählten. Die Folge e<strong>in</strong>er anschließen<strong>de</strong>n württembergischen<br />

Besetzung <strong>de</strong>s Klosters war die Behauptung <strong>de</strong>s württembergischen Schirms über das Kloster<br />

selbst. Das somit (weiterh<strong>in</strong>) landständische Kloster wur<strong>de</strong> 1535 von <strong>de</strong>r württembergischen<br />

Reformation erfasst, aufgelöst <strong>und</strong> 1555 als Klosterschule organisiert.<br />

Säkularisation. Die <strong>Klöster</strong>, die die Reformation überlebten, waren <strong>in</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit mit<br />

<strong>de</strong>n katholisch gebliebenen Lan<strong>de</strong>sherren, zuvor<strong>de</strong>rst <strong>de</strong>n österreichischen Habsburgern,<br />

o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Reich verb<strong>und</strong>en o<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>s wie etwa St. Blasien. Sie ereilte im Zuge von<br />

Aufklärung, Joseph<strong>in</strong>ismus <strong>und</strong> Französischer Revolution zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

die Säkularisation, d.h. die Umwandlung von Kirchengut <strong>in</strong> weltlichen Besitz durch das Mittel<br />

<strong>de</strong>r Enteignung. So profitierten <strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re die Territorien <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Württemberg</strong> von <strong>de</strong>n Säkularisationen. Mit <strong>de</strong>r Säkularisation verb<strong>und</strong>en war auch,<br />

dass die <strong>Klöster</strong> nunmehr ke<strong>in</strong>e Herrschaft <strong>in</strong> <strong>de</strong>r „Welt“ ausüben konnten („Entpolitisierung“).<br />

Dass Prälaten, Mönche <strong>und</strong> Chorherren ke<strong>in</strong>e Herrschaft mehr ausübten, entsprach<br />

<strong>de</strong>r Trennung von Kirche <strong>und</strong> Welt <strong>und</strong> war damit Ausfluss <strong>de</strong>r im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert verbreiteten<br />

säkularen Aufklärung.<br />

V. <strong>Klöster</strong>liches Erbe <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Gegenwart<br />

Nach <strong>de</strong>n Säkularisationen <strong>de</strong>s beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong>n 19. Jahrh<strong>und</strong>erts musste es zu Verän<strong>de</strong>rungen<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n geistlich-katholischen (Mönchs-) Or<strong>de</strong>n kommen. Dies betraf vor allem die Ritteror<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Johanniter <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Deutschen Or<strong>de</strong>ns. Die Johanniter entwickelten sich als katholischer<br />

Malteseror<strong>de</strong>n <strong>und</strong> (bran<strong>de</strong>nburgisch-) evangelischer Johanniteror<strong>de</strong>n zu karitativen E<strong>in</strong>richtungen.<br />

Der Deutsche Or<strong>de</strong>n bestand im Rahmen <strong>de</strong>s Hauses Österreich als Hausor<strong>de</strong>n<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 44


weiter, bis er nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Habsburgermonarchie 1929 zu e<strong>in</strong>er geistlich-karitativen<br />

E<strong>in</strong>richtung wur<strong>de</strong>, die ab 1946 auch wie<strong>de</strong>r <strong>in</strong> Deutschland (Mergentheimer Caritas-<br />

Krankenhaus) vertreten war.<br />

Aber auch an<strong>de</strong>re Mönchsor<strong>de</strong>n hatten Antworten auf die durch die Säkularisation stark verän<strong>de</strong>rten<br />

gesellschaftlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zu f<strong>in</strong><strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>n Benedikt<strong>in</strong>ern beispielsweise<br />

ergab sich durch die Trennung von Kirche <strong>und</strong> Welt die Möglichkeit, zu <strong>de</strong>n „unpolitischen“<br />

Anfängen <strong>de</strong>r Benediktregel zurückzukehren. Gegen die liberalen Ten<strong>de</strong>nzen<br />

<strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts, die u.a. <strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong>n ihre be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> kulturelle, soziale <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />

Leistung <strong>in</strong> Mittelalter <strong>und</strong> früher Neuzeit absprachen, <strong>und</strong> gegen e<strong>in</strong> staatliches<br />

Genehmigungsrecht für klösterliche Neugründungen beim Königreich <strong>Württemberg</strong> o<strong>de</strong>r<br />

Großherzogtum <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> war allerd<strong>in</strong>gs schwer anzukommen. So gelang lediglich im preußischen<br />

Fürstentum Hohenzollern-Sigmar<strong>in</strong>gen die Gründung <strong>de</strong>r Benedikt<strong>in</strong>erabtei Beuron<br />

(1863), während die von Beuron aus geplante Wie<strong>de</strong>rerrichtung e<strong>in</strong>er Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

auf <strong>de</strong>r badischen Reichenau am Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Staatsregierung <strong>und</strong> am fehlen<strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz<br />

<strong>de</strong>s Freiburger Erzbischofs scheiterte (1901). Nach <strong>de</strong>m Ersten Weltkrieg entstan<strong>de</strong>n u.a. <strong>in</strong><br />

Neresheim (1919) <strong>und</strong> We<strong>in</strong>garten (1922) benedikt<strong>in</strong>ische Kommunitäten. Im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

stellte sich die Frage nach <strong>de</strong>m S<strong>in</strong>n von Mönchtum <strong>und</strong> Or<strong>de</strong>n – auch vor <strong>de</strong>m H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

von Nationalsozialismus <strong>und</strong> Weltkriegen – stets aufs Neue.<br />

Klosterleben<br />

In <strong>de</strong>r („postmo<strong>de</strong>rnen“) Gesellschaft <strong>de</strong>r (heutigen) B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland <strong>und</strong> im<br />

(heutigen) B<strong>und</strong>esland <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> spielen <strong>Klöster</strong> ke<strong>in</strong>e große Rolle mehr. Die<br />

trotz<strong>de</strong>m nach vielen Tausen<strong>de</strong>n zählen<strong>de</strong>n monastischen Männer- <strong>und</strong> Frauengeme<strong>in</strong>schaften<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Alltagsleben <strong>und</strong> Öffentlichkeit wenig o<strong>de</strong>r vorzugsweise mit ihren sozialen<br />

E<strong>in</strong>richtungen (z.B. Schulen, Krankenhäuser) vertreten. Dabei beherbergen die Mönchs- <strong>und</strong><br />

Nonnenkonvente nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Anzahl an Religiosen, Ausfluss e<strong>in</strong>er (verme<strong>in</strong>tlich?) ger<strong>in</strong>gen<br />

Attraktivität monastischen Lebens <strong>in</strong> <strong>de</strong>r heutigen Gesellschaft. Die ger<strong>in</strong>gen o<strong>de</strong>r<br />

s<strong>in</strong>ken<strong>de</strong>n Zahlen be<strong>de</strong>uten <strong>in</strong><strong>de</strong>s nicht, dass das Mönchtum als e<strong>in</strong>e beson<strong>de</strong>re geistlichgeistige<br />

Lebensweise <strong>in</strong> Frage gestellt ist <strong>und</strong> auf Dauer verschw<strong>in</strong><strong>de</strong>n wird. E<strong>in</strong>er solchen<br />

eventuellen Entwicklung stehen e<strong>in</strong>erseits die vielfältigen Aktivitäten von Mönchen <strong>und</strong> Nonnen<br />

entgegen, an<strong>de</strong>rerseits e<strong>in</strong> neu erwachtes Interesse von Teilen <strong>de</strong>r Gesellschaft am<br />

monastischen Leben.<br />

Jenseits von ora et lobara („bete <strong>und</strong> arbeite“), von Kontemplation, Liturgie <strong>und</strong> Gottesdienst<br />

entfalten manche <strong>Klöster</strong> starke wirtschaftliche Aktivitäten vom Bierbrauen bis zur Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus. Manche Kommunitäten s<strong>in</strong>d – man mag diese Entwicklung beklagen<br />

o<strong>de</strong>r nicht – so zu großen Wirtschaftsunternehmen gewor<strong>de</strong>n. Daneben spielt <strong>de</strong>r<br />

Bildungssektor e<strong>in</strong>e große Rolle, ob <strong>in</strong> <strong>de</strong>r <strong>in</strong>nerkirchlichen Ausbildung o<strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Bildung für<br />

Laien (Management- <strong>und</strong> allgeme<strong>in</strong>e Sem<strong>in</strong>are usw.). Dabei s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>de</strong>r heutigen vita communis<br />

<strong>de</strong>r Mönche bzw. Nonnen durchaus noch Geme<strong>in</strong>schaft stiften<strong>de</strong> Elemente vorhan<strong>de</strong>n<br />

(Chorgebete <strong>und</strong> Messe, Essen <strong>und</strong> Rekreation), doch spielen auch persönliche Elemente<br />

im Klosterleben e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, z.B. bei Meditation <strong>und</strong> Arbeit.<br />

Stille <strong>und</strong> Exerzitien, Spiritualität <strong>und</strong> Kontemplation s<strong>in</strong>d es auch, die <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Augen von Außenstehen<strong>de</strong>n<br />

heute <strong>Klöster</strong> so attraktiv machen. In e<strong>in</strong>er „beschleunigten“ Welt ersche<strong>in</strong>en<br />

monastische Geme<strong>in</strong>schaften als Ruhepunkte, als Orte <strong>de</strong>r Stille <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bes<strong>in</strong>nung. Arbeit<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 45


<strong>und</strong> Kontemplation im Gleichgewicht bietet das „Kloster auf Zeit“, aber auch <strong>de</strong>r Urlaub im<br />

Kloster o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong> Klosteraufenthalt, <strong>de</strong>r verb<strong>und</strong>en ist mit Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

Übrigens erlauben auch e<strong>in</strong>ige <strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 20. Jahrh<strong>und</strong>erts entstan<strong>de</strong>nen<br />

evangelischen Kommunitäten e<strong>in</strong> Klosterleben auf Zeit.<br />

Klostergebäu<strong>de</strong><br />

E<strong>in</strong>en weiteren Zugang zur monastischen Lebensweise (früherer Zeiten) ermöglichen die<br />

heute vorhan<strong>de</strong>nen Klostergebäu<strong>de</strong>, die gleichsam als Ste<strong>in</strong> gewor<strong>de</strong>ne I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s Mönchtums<br />

fungieren. Die gera<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>n letzten Jahrzehnten wie<strong>de</strong>rhergestellten <strong>Klöster</strong> bil<strong>de</strong>n<br />

mitunter e<strong>in</strong>drucksvolle Ensembles romanischer, gotischer o<strong>de</strong>r barocker Architektur, von<br />

<strong>de</strong>nen nicht zuletzt e<strong>in</strong>ige – auch <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> – zum UNESCO-Weltkulturerbe<br />

gewor<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d. Zu nennen s<strong>in</strong>d die Kloster<strong>in</strong>sel Reichenau mit Ober-, Mittel- <strong>und</strong> Unterzell,<br />

die Zisterzienserabteien Maulbronn <strong>und</strong> Bebenhausen, die (Groß-) Komburg bei Schwäbisch<br />

Hall o<strong>de</strong>r die Barockklöster Ochsenhausen, St. Blasien o<strong>de</strong>r We<strong>in</strong>garten. Auch Klosterru<strong>in</strong>en<br />

strahlen e<strong>in</strong>e gewisse (romantisieren<strong>de</strong>) Attraktivität aus; hier s<strong>in</strong>d die Ru<strong>in</strong>en von Hirsau,<br />

Frauenalb o<strong>de</strong>r Allerheiligen zu erwähnen. Dass vieles Reformation <strong>und</strong> Säkularisation nicht<br />

überstan<strong>de</strong>n hat, belegen nicht zuletzt die Zisterze Tennenbach, von <strong>de</strong>m nur noch die Kapelle<br />

<strong>de</strong>s Spitals erhalten ist, <strong>und</strong> das Benedikt<strong>in</strong>erkloster St. Georgen im Schwarzwald, von<br />

<strong>de</strong>m nur wenige Ste<strong>in</strong>e überlebt haben (St. Georgener Lapidarium). Als bewegliche Güter<br />

gerieten die klösterlichen Inventare (Kirchenschatz, Bibliothek) bei <strong>de</strong>n Säkularisationen <strong>in</strong><br />

weltlichen Besitz, etwa <strong>in</strong> <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r badischen Großherzöge o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r württembergischen Könige.<br />

So f<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich heute zahlreiche mittelalterliche Handschriften <strong>und</strong> gedruckte Bücher<br />

aus Klosterbesitz <strong>in</strong> <strong>de</strong>n e<strong>in</strong>schlägigen Lan<strong>de</strong>sbibliotheken; ehemals großherzoglichbadische<br />

Handschriften waren unlängst Streitpunkt im „Kulturgüterstreit“ („Handschriftenstreit“)<br />

zwischen <strong>de</strong>r Badischen Lan<strong>de</strong>sbibliothek <strong>in</strong> Karlsruhe <strong>und</strong> <strong>de</strong>r ba<strong>de</strong>nwürttembergischen<br />

Lan<strong>de</strong>sregierung (2006).<br />

C. E<strong>in</strong>zelne <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong><br />

Geboten wir im Folgen<strong>de</strong>n nur e<strong>in</strong>e Auswahl von im heutigen B<strong>und</strong>esland <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong> sich bef<strong>in</strong><strong>de</strong>n<strong>de</strong>n bzw. ehemals vorhan<strong>de</strong>nen <strong>Klöster</strong>n, <strong>Stifte</strong>n <strong>und</strong> städtischen<br />

„Kirchenlandschaften“.<br />

A<strong>de</strong>lberg (Prämonstratenser)<br />

Das Kloster A<strong>de</strong>lberg war gelegen zwischen Göpp<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Schorndorf. Volknand von Staufen-Toggenburg,<br />

e<strong>in</strong> Vetter Kaiser Friedrich I. Barbarossas (1152-1190), hatte das Prämonstratenserkloster<br />

1178 gegrün<strong>de</strong>t, das <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Herrscher m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens zweimal aufsuchte<br />

(1181, 1188). Schon bald (1188) sie<strong>de</strong>lten sich <strong>in</strong> A<strong>de</strong>lberg auch Frauen an, so dass<br />

e<strong>in</strong> Doppelkloster entstand, das über drei Jahrh<strong>und</strong>erte e<strong>in</strong> weitgehend konfliktfreies Zusammenleben<br />

von Mönchen <strong>und</strong> Nonnen ermöglichte. Wirtschaftliche Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>l-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 46


erger Konvente bil<strong>de</strong>te im späten Mittelalter die Gr<strong>und</strong>herrschaft über e<strong>in</strong>ige Dörfer, Weiler<br />

<strong>und</strong> Mühlen, <strong>in</strong>sgesamt 17 Pfarrkirchen mit <strong>de</strong>ren E<strong>in</strong>nahmen waren <strong>de</strong>m Kloster <strong>in</strong>korporiert.<br />

Seit 1291 waren die württembergischen Grafen die Klostervögte. Im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

war die Abtei als Landstand immer mehr <strong>in</strong> die württembergische Lan<strong>de</strong>sherrschaft e<strong>in</strong>bezogen,<br />

<strong>de</strong>r württembergische Graf Ulrich V. (1419-1480) veranlasste 1476 auch die Umsiedlung<br />

<strong>de</strong>s Frauenkonvents nach Laufen am Neckar. 1536 kam es zur Aufhebung <strong>de</strong>s A<strong>de</strong>lberger<br />

Klosters im Rahmen <strong>de</strong>r württembergischen Reformation.<br />

Allerheiligen (Prämonstratenser)<br />

Das Kloster Allerheiligen, gelegen im Schwarzwäl<strong>de</strong>r Renchtal am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ortenau, g<strong>in</strong>g<br />

hauptsächlich auf Uta von Schauenburg zurück, die Ehefrau Herzog Welfs VI. (†1191). Es<br />

wur<strong>de</strong> 1191/96 gegrün<strong>de</strong>t <strong>und</strong> mit umfangreichem Gründungsgut <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Umgebung ausgestattet.<br />

Der erste Propst Gerung (1192-1217) richtete die vita communis e<strong>in</strong>, ihm gelang auch<br />

die Anerkennung <strong>de</strong>r Klerikergeme<strong>in</strong>schaft, ihres Besitzes <strong>und</strong> ihrer Rechte durch Königtum<br />

<strong>und</strong> Papst (1200, 1203). Seit Anfang <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts entstand das Kirchengebäu<strong>de</strong>;<br />

Chor, Vierung <strong>und</strong> Querschiff wur<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 13., das Langhaus zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s<br />

14. Jahrh<strong>und</strong>erts vollen<strong>de</strong>t, nach<strong>de</strong>m f<strong>in</strong>anzielle Engpässe <strong>in</strong> <strong>de</strong>n 1220/30er-Jahren überw<strong>und</strong>en<br />

wer<strong>de</strong>n konnten. Kanoniker aus Allerheiligen zogen 1248 <strong>in</strong> das südhessische Kloster<br />

Lorsch e<strong>in</strong>, das fortan prämonstratensisch war. Auch die Besitzentwicklung <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r<br />

Kommunität verlief zufrie<strong>de</strong>n stellend, die Geistlichen wandten sich <strong>de</strong>r Seelsorge <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n benachbarten Pfarreien zu. Wirtschaftliche Unzulänglichkeiten <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Verfall <strong>de</strong>s geme<strong>in</strong>samen<br />

Lebens <strong>de</strong>r Kanoniker prägten das 15. Jahrh<strong>und</strong>ert. 1470 suchte e<strong>in</strong> Brand Allerheiligen<br />

heim, Gebäu<strong>de</strong> <strong>und</strong> Kirche, heute e<strong>in</strong>e Ru<strong>in</strong>e, wur<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>raufgebaut. E<strong>in</strong>e von<br />

<strong>de</strong>r Ortenauer Ritterschaft gestiftete Wallfahrtskirche <strong>in</strong> Lautenbach (bei Oberkirch) wur<strong>de</strong><br />

unter Propst Johannes Magistri (1477-1492) vollen<strong>de</strong>t <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Prämonstratensern unterstellt.<br />

Allerheiligen selbst wur<strong>de</strong> im Bauernkrieg geplün<strong>de</strong>rt (1525), überstand aber unbescha<strong>de</strong>t<br />

die Reformation. 1657 wur<strong>de</strong> die Kommunität zur Abtei erhoben, 1802 säkularisiert.<br />

Amtenhausen (Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen)<br />

In <strong>de</strong>r Gründungsphase <strong>de</strong>s Klosters St. Georgen im Schwarzwald wird vielleicht auf <strong>de</strong>m<br />

„Scheitel Alemannniens“ e<strong>in</strong> Doppelkloster, d.h. e<strong>in</strong> Männer- <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Frauenkonvent bestan<strong>de</strong>n<br />

haben, typisch für die Hirsauer Reform. Das Doppelkloster, wenn es <strong>de</strong>nn existiert hat,<br />

wird aber die ersten Jahre nach <strong>de</strong>r Klostergründung nicht überdauert haben. Wir können<br />

uns e<strong>in</strong>e baldige Umsiedlung <strong>de</strong>r Nonnen vorstellen, die vielleicht im damals gegrün<strong>de</strong>ten<br />

Amtenhausen untergebracht wur<strong>de</strong>n. Amtenhausen, das Kloster auf <strong>de</strong>r Baar <strong>und</strong> St.<br />

Georgener Tochterkloster bzw. Priorat, war e<strong>in</strong>e Gründung <strong>de</strong>s St. Georgener Abtes Theoger<br />

(1088-1119), die wir vor <strong>de</strong>m Jahr 1107 ansetzen können. Das Nonnenkloster hatte e<strong>in</strong>en<br />

beträchtlichen Umfang. Der Vita Theogeri zufolge sollen dort ca. e<strong>in</strong>h<strong>und</strong>ert Nonnen<br />

gelebt haben. I<strong>de</strong>eller Mittelpunkt <strong>de</strong>r Geme<strong>in</strong>schaft war die „heiligste“ Beatrix, die gera<strong>de</strong><br />

nach ihrem Tod Verehrung fand. Auf Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Größe könnten von Amtenhausen aus<br />

Sanktimonialen das nach 1123 gegrün<strong>de</strong>te Kloster Frie<strong>de</strong>nweiler besie<strong>de</strong>lt haben. Auch die<br />

Besiedlung <strong>de</strong>s Admonter Frauenklosters soll mit Amtenhausener Nonnen erfolgt se<strong>in</strong>. Das-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 47


selbe gilt für das St. Georgener Priorat Urspr<strong>in</strong>g.<br />

In <strong>de</strong>n St. Georgener Papsturk<strong>und</strong>en von 1139 <strong>und</strong> 1179 ersche<strong>in</strong>t Amtenhausen als cella,<br />

Klosterzelle, <strong>und</strong> im St. Georgener Besitz. Daran sollte sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

nichts än<strong>de</strong>rn, jedoch kam es am 31. Oktober 1386 zwischen <strong>de</strong>m Abt <strong>de</strong>s Schwarzwaldklosters<br />

<strong>und</strong> Meister<strong>in</strong> bzw. Konvent von Amtenhausen zu e<strong>in</strong>em Vergleich, <strong>de</strong>r u.a. <strong>de</strong>m Abt<br />

die geistliche Aufsicht beließ <strong>und</strong> die freie Wahl <strong>de</strong>r Meister<strong>in</strong> im Nonnenkonvent festsetzte.<br />

Bevogtet wur<strong>de</strong> das Kloster Amtenhausen <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Besitz (auf <strong>de</strong>r Baar) – nach <strong>de</strong>n Herzögen<br />

von Zähr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Herren von Wartenberg – ab 1318 von <strong>de</strong>n Grafen von Fürstenberg.<br />

Die Zeit zwischen <strong>de</strong>m 14. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert sah das Kloster Amtenhausen als<br />

Teil <strong>de</strong>r fürstenbergischen Lan<strong>de</strong>sherrschaft. 1802/08 wur<strong>de</strong> das Frauenkloster säkularisiert.<br />

Alpirsbach (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Das Benedikt<strong>in</strong>erkloster Alpirsbach war e<strong>in</strong>e Gründung <strong>de</strong>r Grafen Adalbert von Zollern <strong>und</strong><br />

Alwik von Sulz sowie <strong>de</strong>s E<strong>de</strong>lfreien Ruodman von Hausen. Eng mit <strong>de</strong>r gregorianischen<br />

Kirchenreform verb<strong>und</strong>en, besie<strong>de</strong>lten 1095 erstmals Mönche aus St. Blasien <strong>de</strong>n<br />

Schwarzwaldort. Auch Hirsauer E<strong>in</strong>flüsse s<strong>in</strong>d gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts feststellbar.<br />

Wenig ist aus <strong>de</strong>r Folgezeit überliefert. 1293 wird e<strong>in</strong> rector puerorum <strong>und</strong> damit wohl e<strong>in</strong>e<br />

Klosterschule erwähnt, 1341 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Franziskanerkonvent <strong>in</strong> Kniebis Alpirsbacher Priorat.<br />

Das 15. Jahrh<strong>und</strong>ert sah die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft im Umfeld <strong>de</strong>r damaligen benedikt<strong>in</strong>ischen<br />

Reformbewegungen, auch wenn es zeitweise zur Auflösung <strong>de</strong>s Konvents kam (1451-<br />

1455) o<strong>de</strong>r Mönche aus Wibl<strong>in</strong>gen, die <strong>de</strong>r Melker Observanz angehörten, auf <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand<br />

<strong>de</strong>r alte<strong>in</strong>gesessenen Mönche trafen (1470). Abt Hieronymus Hulz<strong>in</strong>g (1479-1495)<br />

führte – gleichsam als sec<strong>und</strong>us f<strong>und</strong>ator („zweiter Klostergrün<strong>de</strong>r“) – das Kloster <strong>de</strong>r Bursfel<strong>de</strong>r<br />

Kongregation zu (1482).<br />

Das Gründungsgut <strong>de</strong>s Klosters lag relativ geschlossen um Alpirsbach, wenig kam <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Folgezeit h<strong>in</strong>zu, Streubesitz ist um Haigerloch, Oberndorf, Rottweil <strong>und</strong> Sulz erkennbar. Der<br />

Landbesitz war gr<strong>und</strong>herrschaftlich organisiert, im späten Mittelalter war das Klostervermögen<br />

<strong>in</strong> Pfrün<strong>de</strong>n unterteilt, die Abtei <strong>in</strong> <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts stark verschul<strong>de</strong>t.<br />

Die Konsolidierung am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Mittelalters betraf auch die wirtschaftlichen Verhältnisse.<br />

E<strong>in</strong>er hoch-, nie<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>herrschaftlichen Gerichtsbarkeit <strong>de</strong>s Klosters entsprach das<br />

Rechts<strong>in</strong>stitut <strong>de</strong>r Vogtei. Erbliche Klostervögte waren die Grafen von Zollern, wohl ab <strong>de</strong>r<br />

Mitte <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts die Herzöge von Teck, wahrsche<strong>in</strong>lich ab En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

die Grafen von <strong>Württemberg</strong>. Letztere för<strong>de</strong>rten die Reformbestrebungen <strong>de</strong>s Klosters<br />

im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert, u.a. mit <strong>de</strong>m Ziel e<strong>in</strong>er landständischen Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft. <strong>Württemberg</strong>ische<br />

Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>und</strong> Reformation bed<strong>in</strong>gten das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r katholischen Abtei<br />

(1535).<br />

Was die Klosteranlage anbetrifft, so folgte e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en <strong>Klöster</strong>chen als Gründungsanlage<br />

mit hölzernem Oratorium (1095) bald e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Ste<strong>in</strong>kirche (1099), schließlich die Fertigstellung<br />

<strong>de</strong>s heute noch bestehen<strong>de</strong>n Münsterbaus <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er flachge<strong>de</strong>ckten dreischiffigen<br />

Basilika mit Querhaus, Chor <strong>und</strong> Nebenchören (ca.1130). Südlich davon schloss <strong>und</strong><br />

schließt sich die Klosteranlage an mit Kapitelsaal (12. Jahrh<strong>und</strong>ert), Kreuzgang <strong>und</strong> Klausur<br />

(1480-1495). Erwähnenswert s<strong>in</strong>d weiter: das Tympanon über <strong>de</strong>m Westportal (12. Jahrh<strong>und</strong>ert),<br />

alte Skulpturen an e<strong>in</strong>igen Säulenkapitellen <strong>und</strong> -basen, e<strong>in</strong> Hochaltarschre<strong>in</strong><br />

(ca.1520) <strong>und</strong> Epitaphien u.a. Alpirsbacher Äbte.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 48


Ba<strong>in</strong>dt (Zisterzienser<strong>in</strong>nen)<br />

Um 1240 grün<strong>de</strong>te Reichsschenk Konrad von W<strong>in</strong>terstetten (†1242), <strong>de</strong>r politische Vertraute<br />

<strong>de</strong>s staufischen Kaisers Friedrich II. (1212-1250), e<strong>in</strong> Nonnenkloster, <strong>in</strong><strong>de</strong>m er e<strong>in</strong>e nach<br />

1220 <strong>in</strong> Seefel<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Birnau entstan<strong>de</strong>ne, 1231 nach Boos verlegte <strong>und</strong> 1236 <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Zisterzienseror<strong>de</strong>n<br />

e<strong>in</strong>bezogene Frauengeme<strong>in</strong>schaft (Schwesternsammlung) nach Ba<strong>in</strong>dt<br />

(nördlich We<strong>in</strong>garten) verpflanzte <strong>und</strong> die Nonnen an diesem Ort begüterte (u.a. mit <strong>de</strong>m<br />

Patronatsrecht über die dortige Kirche). Das Kloster blieb mit <strong>de</strong>n Herren von W<strong>in</strong>terstetten<br />

über Konrads Tod h<strong>in</strong>aus verb<strong>und</strong>en: Konrad wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> Ba<strong>in</strong>dt begraben, die W<strong>in</strong>terstetten<br />

übten wohl Vogteirechte über das Kloster aus, Konrads Tochter Irmengard war Äbtiss<strong>in</strong> <strong>de</strong>s<br />

Klosters. H<strong>in</strong>zu kam, dass Ba<strong>in</strong>dt Beziehungen zu Papsttum <strong>und</strong> <strong>de</strong>utschem Königtum aufbauen<br />

konnte; die Privilegien <strong>de</strong>r Stauferherrscher Friedrich II. <strong>und</strong> Konrad IV. (1237-1254)<br />

sowie König Rudolfs I. (1273-1291) gehören hierher, ebenso e<strong>in</strong> Schutzbrief von 1479. Die<br />

dadurch erlangte Reichsunmittelbarkeit Ba<strong>in</strong>dts wur<strong>de</strong> noch durch die enge Anb<strong>in</strong>dung an<br />

das zisterziensische Mutterkloster Salem verfestigt. Die Nonnengeme<strong>in</strong>schaft konnte ke<strong>in</strong><br />

eigenes Klosterterritorium ausbil<strong>de</strong>n <strong>und</strong> besaß nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>herrschaft. Im Bauernkrieg<br />

(1524/25) fast völlig zerstört, konnte sich Ba<strong>in</strong>dt <strong>in</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit <strong>de</strong>nnoch behaupten.<br />

1802 wur<strong>de</strong> das Kloster aufgehoben, 1806 <strong>in</strong> das württembergische Territorium e<strong>in</strong>geglie<strong>de</strong>rt.<br />

Heute s<strong>in</strong>d vom Kloster noch die Kirche aus <strong>de</strong>m 13. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> Wirtschaftsgebäu<strong>de</strong><br />

vorhan<strong>de</strong>n.<br />

Bebenhausen (Zisterzienser)<br />

(Kloster) Bebenhausen liegt nördlich von Tüb<strong>in</strong>gen, am Südhang <strong>de</strong>s Brombergs auf e<strong>in</strong>em<br />

seit <strong>de</strong>m Mittelalter künstlich erweiterten Plateau oberhalb <strong>de</strong>r Talsohle zweier dort zusammenfließen<strong>de</strong>r<br />

Bäche, an e<strong>in</strong>er Fernstraße von <strong>de</strong>n Alpen zum Rhe<strong>in</strong>tal, am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Schönbuchs, <strong>de</strong>s großen mittelalterlichen Reichswal<strong>de</strong>s. Das Gr<strong>und</strong>wort <strong>de</strong>s Ortsnamens<br />

-hausen mag auf die Alemannen <strong>und</strong> damit auf das 8./9. Jahrh<strong>und</strong>ert zurückgehen, das Bestimmungswort<br />

Bebo- auf e<strong>in</strong>en Mann dieses Namens, <strong>de</strong>r sagenhafter Überlieferung zufolge<br />

je nach<strong>de</strong>m Herzog, Mönch o<strong>de</strong>r E<strong>in</strong>siedler gewesen se<strong>in</strong> soll. E<strong>in</strong> Gütertausch mit <strong>de</strong>m<br />

Bistum Speyer war nun e<strong>in</strong>e Voraussetzung für das durch Pfalzgraf Rudolf I. von Tüb<strong>in</strong>gen<br />

(1182-1219) „zum Zwecke se<strong>in</strong>es Seelenheils“ wahrsche<strong>in</strong>lich 1183 gestiftete Kloster beim<br />

Dorf Bebenhausen. Die Mönche waren – <strong>de</strong>r Konzeption Bebenhausens als Grablege für die<br />

pfalzgräfliche Familie entsprechend – zunächst Prämonstratenser, die vielleicht aus Marchtal<br />

(Obermarchtal bei Eh<strong>in</strong>gen) kamen. Vor 1189/90 verließen <strong>in</strong><strong>de</strong>s die Prämonstratenser Bebenhausen,<br />

<strong>und</strong> Zisterziensermönche aus Schönau (bei Hei<strong>de</strong>lberg) sie<strong>de</strong>lten sich dort an,<br />

nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Anfrage <strong>de</strong>s Pfalzgrafen Rudolf <strong>in</strong> Cîteaux durch e<strong>in</strong>e die Örtlichkeiten untersuchen<strong>de</strong><br />

Kommission <strong>und</strong> das Generalkapitel positiv entsprochen wur<strong>de</strong>. Bebenhausen<br />

gehörte über Schönau <strong>und</strong> Eberbach damit zur Filiation <strong>de</strong>r Mutterabtei Clairvaux. Erst unter<br />

<strong>de</strong>n Zisterziensern begann <strong>de</strong>r eigentliche Bau <strong>und</strong> Ausbau von Kloster <strong>und</strong> Klostergebäu<strong>de</strong>n.<br />

Je<strong>de</strong>nfalls berichten mittelalterliche Quellen zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts von e<strong>in</strong>er<br />

angespannten wirtschaftlichen Lage, die trotz weitreichen<strong>de</strong>r Schenkungen <strong>und</strong> Güterzuwendungen<br />

das Kloster erfasst hatte. Doch zählte die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

13. Jahrh<strong>und</strong>erts bis zu 80 Mönche <strong>und</strong> 130 Konversen (Laienbrü<strong>de</strong>r) <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> im Verlauf<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 49


<strong>de</strong>s späten Mittelalters zum reichsten württembergischen Kloster.<br />

Die rechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen für das Zisterzienserkloster gaben dabei die frühen Privilegienverleihungen<br />

ab. Zu erwähnen ist zuvor<strong>de</strong>rst das „Große Gründungsprivileg“ <strong>de</strong>s Pfalzgrafen<br />

Rudolf von Tüb<strong>in</strong>gen vom 30. Juli 1191. Der Absicherung Bebenhausens gegenüber <strong>de</strong>m<br />

Königtum diente das Diplom Kaiser He<strong>in</strong>richs VI. (1190-1197) vom 29. Juni 1193, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

Herrscher die Rechte, Freiheiten <strong>und</strong> Besitzungen, die <strong>de</strong>m Kloster von se<strong>in</strong>em Grün<strong>de</strong>r<br />

gewährt wor<strong>de</strong>n waren, bestätigte. Schließlich erhielt mit Datum vom 18. Mai 1204 die<br />

Zisterze von Papst Innozenz III. (1198-1215) e<strong>in</strong> großes Privileg, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r römische Bischof<br />

nach <strong>de</strong>m üblichen Formular die üblichen zisterziensischen Rechte <strong>und</strong> Vergünstigungen,<br />

u.a. die Unterstellung unter das Papsttum <strong>und</strong> die Exemtion vom Bischof, vergab.<br />

Das Kloster Bebenhausen besaß e<strong>in</strong>e umfangreiche wirtschaftliche Gr<strong>und</strong>lage aus Gütern<br />

<strong>und</strong> Rechten, die vom Zabergäu über <strong>de</strong>n Schönbuch bis zur Schwäbischen Alb reichten.<br />

Gemäß e<strong>in</strong>er „zisterziensischen Autarkie“ wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Landbesitz – zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st bis <strong>in</strong>s 14.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> – <strong>in</strong> Eigenwirtschaft betrieben, d.h. die Gr<strong>und</strong>herrschaft bestand aus<br />

Grangien unter <strong>de</strong>r Leitung von Mönchen, die im Rahmen e<strong>in</strong>er leistungsfähigen Klosterwirtschaft<br />

von Laienbrü<strong>de</strong>rn unterstützt wur<strong>de</strong>n. Es gab Grangien mit ausgeprägtem Ackerbau<br />

neben <strong>de</strong>nen, die auf Viehzucht spezialisiert waren. Fischteiche <strong>und</strong> Fischwirtschaft spielten<br />

e<strong>in</strong> wichtige Rolle, ebenso die Waldbewirtschaftung, <strong>de</strong>r We<strong>in</strong>bau <strong>und</strong> die Gartenwirtschaft,<br />

die für die <strong>in</strong>nerklösterliche Versorgung be<strong>de</strong>utsam war. Auch auf die Verflechtung <strong>de</strong>s Klosters<br />

mit <strong>de</strong>r städtischen Wirtschaft sei h<strong>in</strong>gewiesen, besaß die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft doch<br />

städtische Klosterhöfe (Pfleghöfe), u.a. <strong>in</strong> Ulm. Über Ulm betrieb das Kloster e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiven<br />

We<strong>in</strong>han<strong>de</strong>l, die Klosterhöfe <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Städten wur<strong>de</strong>n zu Verwaltungsmittelpunkten <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>herrschaft. Dass Letztere sich im Verlauf <strong>de</strong>s späten Mittelalters unter Aufgabe<br />

<strong>de</strong>r Grangienwirtschaft zu e<strong>in</strong>er Rentengr<strong>und</strong>herrschaft mit aus <strong>de</strong>r Güterverpachtung<br />

gezogenen Z<strong>in</strong>sen entwickeln sollte, sei noch am Ran<strong>de</strong> erwähnt, ebenso, dass <strong>in</strong> dieser<br />

Zeit das Kloster an e<strong>in</strong>ige Patronats- <strong>und</strong> Zehntrechte gelangte.<br />

Im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert geriet die Zisterze Bebenhausen zunehmend <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Sog <strong>de</strong>r württembergischen<br />

Lan<strong>de</strong>sherrschaft. Schon zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s Jahrh<strong>und</strong>erts war Bebenhausen vom<br />

Reichskrieg gegen <strong>de</strong>n Grafen von <strong>Württemberg</strong> (1310-1312) betroffen, <strong>de</strong>r Druck verstärkte<br />

sich nach <strong>de</strong>r Übernahme <strong>de</strong>r Tüb<strong>in</strong>ger Pfalzgrafschaft durch <strong>Württemberg</strong> (1342) <strong>und</strong> nach<br />

<strong>de</strong>m Sieg <strong>de</strong>r <strong>Württemberg</strong>er über <strong>de</strong>n schwäbischen Städteb<strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schlacht bei Döff<strong>in</strong>gen<br />

(1388). Auf die Dauer wichen somit Reichsb<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> relative (zisterziensische)<br />

Reichsunmittelbarkeit <strong>de</strong>s Klosters <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>de</strong>r württembergischen Grafen <strong>und</strong><br />

Herzöge. Im Verlauf gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts verstärkte sich die Landsässigkeit<br />

<strong>de</strong>r Zisterze bis h<strong>in</strong> zur Landstandschaft. Bebenhausen mit se<strong>in</strong>em Klosterterritorium<br />

zwischen Altdorf/Breitenste<strong>in</strong> <strong>und</strong> Unterjes<strong>in</strong>gen/Lustnau/Pfron-dorf <strong>und</strong> um Immenhausen<br />

<strong>und</strong> Ofterd<strong>in</strong>gen wur<strong>de</strong> zu e<strong>in</strong>em württembergischen Prälatenkloster, gehörte zu <strong>de</strong>n Landstän<strong>de</strong>n<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>s Herzogtums <strong>und</strong> war seit 1498 auf <strong>de</strong>n württembergischen Landtagen<br />

vertreten. Als nach e<strong>in</strong>em habsburgischen Zwischenspiel (1519-1534) Herzog Ulrich von<br />

<strong>Württemberg</strong> (1498-1550) die Rückeroberung se<strong>in</strong>es Territoriums gelungen war, führte er <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>en Prälatenklöstern die Reformation e<strong>in</strong> (1534/35). Auch Bebenhausen war davon betroffen,<br />

die katholische Klosterzeit neigte sich nach <strong>de</strong>m Tod <strong>de</strong>s Abtes Johannes von Frid<strong>in</strong>gen<br />

(1493-1534) <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> zu, nach<strong>de</strong>m die Zisterze schon im Rahmen <strong>de</strong>s Bauernkriegs<br />

1525 Scha<strong>de</strong>n genommen hatte.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 50


Berau (Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen)<br />

Beim E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> das Kloster St. Blasien schenkte <strong>de</strong>r E<strong>de</strong>lherr Gottfried von Berau <strong>de</strong>r<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>de</strong>n Berauer Berg mit <strong>de</strong>m Zehnten sowie e<strong>in</strong>e Kirche <strong>in</strong> Neukirch.<br />

Dies muss vor o<strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Regierungszeit <strong>de</strong>s sanktblasianischen Abtes Rusten (1108-1125)<br />

geschehen se<strong>in</strong>, <strong>de</strong>r <strong>in</strong> Berau e<strong>in</strong> adliges Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nenkloster grün<strong>de</strong>te. Die Weihe <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>m heiligen Nikolaus gewidmeten Klosterkirche erfolgte 1117. Das Frauenkloster entwickelte<br />

sich rasch, Ida, die Ehefrau Werners von Kaltenbach (†1160), <strong>de</strong>s ersten Propsts von<br />

Bürgeln, trat <strong>in</strong> Berau e<strong>in</strong> (v.1130), ebenso die Töchter Uta <strong>und</strong> Helewida <strong>de</strong>s Berthold von<br />

Eberste<strong>in</strong> (um 1150). Die sehr gute Besitzausstattung <strong>und</strong> weite Streuung von Besitz <strong>und</strong><br />

Rechten wer<strong>de</strong>n dann im Berauer D<strong>in</strong>gro<strong>de</strong>l von 1349 erkennbar: Berau, Bulgenbach, Gurtweil,<br />

Aichen, Dietl<strong>in</strong>gen, Göllsdorf s<strong>in</strong>d dort genannt, ebenso e<strong>in</strong> Zw<strong>in</strong>g- <strong>und</strong> Banngebiet <strong>de</strong>r<br />

Frauengeme<strong>in</strong>schaft. Der Besitz muss ausgereicht haben, um bis 1317 mehr als, ab 1317<br />

höchstens 40 Nonnen zu versorgen. 1287 verkaufte <strong>de</strong>r Klostervogt, Graf Manegold von<br />

Nellenburg, die Vogtei an <strong>de</strong>n Schaffhausener Ritter Hermann am Sta<strong>de</strong>, seit 1478 war das<br />

Kloster St. Blasien im Besitz <strong>de</strong>r Vogtei, seit 1612 im Besitz <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>shoheit über Berau.<br />

Das Kloster ist zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts säkularisiert wor<strong>de</strong>n, e<strong>in</strong> dreistöckiges Klostergebäu<strong>de</strong><br />

ist noch vorhan<strong>de</strong>n.<br />

Beuron (August<strong>in</strong>erchorherren, Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Die Gründung e<strong>in</strong>er geistlichen Geme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Beuron im Donautal zur Zeit König Karls<br />

<strong>de</strong>s Großen (768-814), im Jahr 777, gehört <strong>in</strong> das Reich <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong>. Vor 1097 sie<strong>de</strong>lten<br />

sich h<strong>in</strong>gegen August<strong>in</strong>erchorherren <strong>in</strong> Beuron an; die Geme<strong>in</strong>schaft stand gemäß e<strong>in</strong>er Urk<strong>und</strong>e<br />

Papst Urbans II. (1088-1099) von 1097 unter päpstlichem Schutz. U.a. auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage<br />

e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>sam von Kaiser Lothar III. (1125-1137) <strong>und</strong> Papst Innozenz II. (1130-1143)<br />

ausgestellten Urk<strong>und</strong>e von 1131 besaß die Kommunität Beziehungen zum <strong>de</strong>utschen Königtum,<br />

während die Vogteirechte bei <strong>de</strong>n Grafen von Zollern (1253-1409), <strong>de</strong>n Herren von<br />

Enzburg (1409-1615) bzw. <strong>de</strong>m Konstanzer Bischof sowie <strong>de</strong>n österreichischen Herzögen<br />

lagen. Nach <strong>de</strong>r Zäsur <strong>de</strong>s Dreißigjährigen Krieges erfolgte 1687 die Erhebung <strong>de</strong>r Kommunität<br />

zur Abtei. Abt Georg Kurz (1682-1704) schuf für Beuron e<strong>in</strong> nur aus drei Höfen bestehen<strong>de</strong>s,<br />

nahe <strong>de</strong>m Stift gelegenes Territorium. Hierfür erlangte die geistliche Geme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kompromiss mit Österreich Reichsunmittelbarkeit. Unter Abt Georg Kurz begann<br />

auch ab 1694/96 <strong>de</strong>r barocke Umbau <strong>de</strong>r romanisch-gotischen Stiftsanlage, u.a. wur<strong>de</strong> die<br />

Kirche zwischen 1732 <strong>und</strong> 1738 neu erbaut <strong>und</strong> 1760/61 mit <strong>de</strong>m barocken Hochaltar versehen.<br />

1802 wur<strong>de</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft aufgehoben, Beuron kam an das Fürstentum Hohenzollern-Sigmar<strong>in</strong>gen.<br />

1863 wur<strong>de</strong> Beuron von Benedikt<strong>in</strong>ermönchen wie<strong>de</strong>rbesie<strong>de</strong>lt. In <strong>de</strong>r Folge entstand e<strong>in</strong><br />

Kloster, das <strong>de</strong>r strengen römischen Liturgie folgte <strong>und</strong> 1868 zur Abtei erhoben wur<strong>de</strong>. Im<br />

Rahmen <strong>de</strong>s preußischen Kulturkampfes war Beuron ab 1875 verlassen; 1887 konnten die<br />

Mönche zurückkehren, Beuron wur<strong>de</strong> zur Erzabtei erhoben. Das rasche Anwachsen <strong>de</strong>r<br />

geistlichen Geme<strong>in</strong>schaft führte am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus zur Erweiterung<br />

<strong>de</strong>r Klostergebäu<strong>de</strong> (Refektorium von 1888/89, Gästeflügel von 1906, Bibliotheks-<br />

<strong>und</strong> Klerikatsbau von 1925/26), auch konnten mit Maria Laach, Gerleve, Neresheim <strong>und</strong><br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 51


We<strong>in</strong>garten weitere Kommunitäten von Beuron aus (mit-) besie<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Das für Beuron<br />

zunehmend wichtiger wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Bildungswesen ließ 1898 <strong>de</strong>n „Verlag <strong>de</strong>r Beuroner Kunstschule“<br />

entstehen; hierher gehört auch die 1893 <strong>in</strong>s Leben gerufene Benedikt<strong>in</strong>erkongregation;<br />

zwischen 1907 <strong>und</strong> 1917 gab es e<strong>in</strong>e Kirchenmusikschule <strong>in</strong> Beuron, bis 1967 e<strong>in</strong>e theologische<br />

Hochschule. 1936 lebten <strong>in</strong> Beuron 300 Mönche. Heute profitiert das Kloster von<br />

<strong>de</strong>r im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert aufgekommenen Marienwallfahrt, bietet Tagungen zu Religion, Ethik<br />

<strong>und</strong> Philosophie an <strong>und</strong> ist mit <strong>de</strong>m Kunstverlag <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er eigenen Klosterbuchhandlung<br />

präsent.<br />

Bickelsberg (Klause)<br />

Vor 1386 entstand auf e<strong>in</strong>em Lehen <strong>de</strong>s Klosters St. Georgen <strong>in</strong> Bickelsberg (bei Rosenfeld)<br />

e<strong>in</strong>e Klause von Eremiten, die sich 1409 direkt <strong>de</strong>m Schwarzwaldkloster unterstellte. Damals<br />

befan<strong>de</strong>n sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>sie<strong>de</strong>lei <strong>de</strong>r Priester Georg Grabenmeister (1409, 1418) <strong>und</strong> die<br />

Laienbrü<strong>de</strong>r He<strong>in</strong>rich B<strong>in</strong><strong>de</strong>r, Hans Herre <strong>und</strong> Hensly Haffner. 1426 wur<strong>de</strong> die Klause um<br />

e<strong>in</strong>e Gruppe von zunächst fünf Franziskaner-Tertiar<strong>in</strong>nen erweitert, die Schwestern wechselten<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Benedikt<strong>in</strong>eror<strong>de</strong>n, die Frauengeme<strong>in</strong>schaft war 1435 e<strong>in</strong> St. Georgener Priorat<br />

unter <strong>de</strong>r Prior<strong>in</strong> Kathr<strong>in</strong> von Nüremberg (v.1435-ca.1448). Güterstreitigkeiten stürzten gegen<br />

Mitte <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>de</strong>n Frauenkonvent <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e schwere Krise, Kathr<strong>in</strong> von Nüremberg<br />

verließ die Schwesterngeme<strong>in</strong>schaft. Die Klause hat noch 1476 bestan<strong>de</strong>n, danach hört<br />

man nichts mehr von ihr, so dass e<strong>in</strong>e Auflösung <strong>de</strong>r Geme<strong>in</strong>schaft noch vor 1500 angenommen<br />

wer<strong>de</strong>n muss. Der Besitz <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>sie<strong>de</strong>lei kam an das Kloster St. Georgen. 1623<br />

wur<strong>de</strong>n die Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Klause als zerfallen bezeichnet.<br />

Blaubeuren (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Kurz vor 1085 hatten die drei gräflichen Brü<strong>de</strong>r Sigiboto, Anselm <strong>und</strong> Hugo von Tüb<strong>in</strong>gen <strong>in</strong><br />

Egelsee e<strong>in</strong>e Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft gegrün<strong>de</strong>t, die aber schon 1085 – wohl noch im Verlauf<br />

<strong>de</strong>r Gründungsphase – nach Blaubeuren an <strong>de</strong>n Blautopf verlegt wur<strong>de</strong>. Das von <strong>de</strong>n Blaubeurer<br />

Mönchen übernommene Klosterpatroz<strong>in</strong>ium Johannes’ <strong>de</strong>s Täufers verweist dabei<br />

wohl auf e<strong>in</strong>e ältere, vielleicht bis <strong>in</strong>s 6./7. Jahrh<strong>und</strong>ert zurückreichen<strong>de</strong> Kirche, die zum<br />

Ausgangspunkt <strong>de</strong>r geistlichen Geme<strong>in</strong>schaft wur<strong>de</strong>. Diese wur<strong>de</strong> gemäß <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

<strong>de</strong>r Hirsauer Reform organisiert, Hirsauer Mönche unter <strong>de</strong>m Gründungsabt Azel<strong>in</strong> (1085?-<br />

1101) besie<strong>de</strong>lten Blaubeuren, Privilegien wie die Papst Urbans II. (1088-1099) vom 25. Januar<br />

1099 sicherten die Existenz <strong>de</strong>s Klosters (kirchen-) rechtlich ab. Neben <strong>de</strong>m Männerkloster<br />

gab es e<strong>in</strong>en von diesem abhängigen Frauenkonvent, <strong>de</strong>r wohl im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g. E<strong>in</strong>e ausge<strong>de</strong>hnte Gr<strong>und</strong>herrschaft konzentrierte sich im Blaubeurer Talkessel um<br />

das Stiftungsgut, daneben war Streubesitz um Eh<strong>in</strong>gen, Essl<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Tüb<strong>in</strong>gen vorhan<strong>de</strong>n.<br />

Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Mittelalters hatte man <strong>de</strong>n Besitz <strong>in</strong> vier Bezirke organisiert, wobei das Klostergebiet<br />

um Blaubeuren mit se<strong>in</strong>en 52 Dörfern <strong>und</strong> 15 Ämtern <strong>de</strong>r für das Kloster wirtschaftlich<br />

wichtigste war. Daneben besaß die Kommunität mit H<strong>in</strong><strong>de</strong>bach (bei Tüb<strong>in</strong>gen) e<strong>in</strong> Priorat,<br />

Patronatsrechte an verschie<strong>de</strong>nen Orten sowie <strong>in</strong>korporierte Pfarrkirchen. Klostervögte<br />

waren bis 1267 die Tüb<strong>in</strong>ger Pfalzgrafen, danach die Grafen von Helfenste<strong>in</strong>, schließlich <strong>und</strong><br />

endgültig ab 1447 die Grafen von <strong>Württemberg</strong>. Der Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft gelang die Ausbil-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 52


dung e<strong>in</strong>es engeren Immunitätsbezirks <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>s Klosters, während daneben auf <strong>de</strong>r<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>r Klostervogtei e<strong>in</strong>e weltliche Blaubeurer Lan<strong>de</strong>sherrschaft entstand, die seit<br />

1303 ausgegebenes Erblehen <strong>de</strong>r habsburgischen Herzöge war. Im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert wur<strong>de</strong><br />

Blaubeuren zunächst zu <strong>de</strong>n Reichsmatrikeln herangezogen (1422-1471), doch geriet die<br />

geistliche Kommunität zunehmend <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Sog <strong>de</strong>s württembergischen Territoriums. Der Abt<br />

wur<strong>de</strong> zum württembergischen Prälaten, das Kloster war längst landständisch, als es<br />

1535/36 <strong>in</strong>folge <strong>de</strong>r württembergisch-evangelischen Reformation aufgehoben wur<strong>de</strong>. Kurzzeitige<br />

katholische Restaurationen wie 1548 <strong>und</strong> 1630 blieben dagegen erfolglos.<br />

Wegen <strong>und</strong> trotz <strong>de</strong>r Reformation hat <strong>in</strong> Blaubeuren das meiste aus <strong>de</strong>m Mittelalter überlebt:<br />

die spätgotische Klosteranlage aus <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts, die zwischen 1485<br />

<strong>und</strong> Jahrh<strong>und</strong>erten<strong>de</strong> erbaute Klosterkirche mit <strong>de</strong>m reichverzierten Chorgestühl <strong>de</strong>r Mönche<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>m Altar von 1493/94, die Bemalung <strong>de</strong>s Kirchenchors usw. Harmonisch e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en<br />

s<strong>in</strong>d die Blaubeurer Klostergebäu<strong>de</strong> <strong>in</strong> die umgeben<strong>de</strong> Landschaft mit <strong>de</strong>m Blautopf als<br />

Quelle <strong>de</strong>r Aach.<br />

(Bad) Buchau (Stift)<br />

Vor 857, vielleicht auch vor 819 ist <strong>in</strong> Buchau am Fe<strong>de</strong>rsee e<strong>in</strong> Frauenkloster wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

benedikt<strong>in</strong>ischer Ausrichtung nachweisbar, 999 ersche<strong>in</strong>t die Frauengeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Privileg Kaiser Ottos III. (984-1002) als Königskloster. Wahrsche<strong>in</strong>lich im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

wan<strong>de</strong>lte sich das Kloster zu e<strong>in</strong>em adligen Frauenstift, die zwölf Stiftsdamen rekrutierten<br />

sich im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert aus gräflichen <strong>und</strong> ritterschaftlichen Familien Oberschwabens. Die<br />

Vogtei über die Kommunität fiel mit König Rudolf I. (1273-1291) das Reich, im politischen<br />

Fahrwasser von <strong>de</strong>utschem Königtum <strong>und</strong> Reich stieg die Äbtiss<strong>in</strong> zur Reichsfürst<strong>in</strong> auf<br />

(1347), e<strong>in</strong> beschei<strong>de</strong>nes Stiftsterritorium sicherte <strong>de</strong>m Stift Sitz <strong>und</strong> Stimme im Kreis- <strong>und</strong><br />

Reichstag. Bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts erfolgte <strong>de</strong>r barock-klassizistische Umbau<br />

<strong>de</strong>r Stiftsanlage, 1803 wur<strong>de</strong> das Stift säkularisiert.<br />

Bürgeln (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Auf <strong>de</strong>r südwestlichen Vorbergzone <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s lag <strong>in</strong> Bürgeln e<strong>in</strong>e vor 1130 gegrün<strong>de</strong>te<br />

Klosterzelle <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> St. Blasien. Die Stiftung g<strong>in</strong>g hauptsächlich<br />

auf <strong>de</strong>n Adligen Werner von Kaltenbach (†1160) <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Familie zurück. Werner <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>e Söhne waren <strong>in</strong> das Benedikt<strong>in</strong>erkloster St. Blasien e<strong>in</strong>getreten <strong>und</strong> hatten diesem <strong>de</strong>n<br />

größten Teil ihres Allodialgutes im Breisgau <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schweiz übertragen. E<strong>in</strong> Teil <strong>de</strong>s Besitzes<br />

wur<strong>de</strong> auf Veranlassung Werners <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Abtes Rustenus von St. Blasien (1108-<br />

1125) zur Ausstattung <strong>de</strong>r Bürgelner Klosterzelle verwen<strong>de</strong>t, die Zelle selbst ist erst zur Zeit<br />

Abt Bertholds (1125-1141) entstan<strong>de</strong>n, ihre Gründung wur<strong>de</strong> 1132 von Papst Innozenz II.<br />

(1130-1143) bestätigt.<br />

Die Propstei Bürgeln, zumeist mit <strong>de</strong>m Propst <strong>und</strong> drei bis fünf Mönchen besie<strong>de</strong>lt, stand <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r Folgezeit <strong>in</strong> loser Abhängigkeit zum Mutterkloster. Die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft besaß<br />

Gr<strong>und</strong>besitz <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Umgebung, <strong>in</strong> Kaltenbach, Kan<strong>de</strong>rn, Marzell, Sitzenkirch usw., sie verwaltete<br />

die sanktblasianischen Güter im Umkreis. Bürgelner Vögte waren bis zu ihrem Aussterben<br />

(1218) die Herzöge von Zähr<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>ren Nachfolge die Markgrafen von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> bzw.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 53


Hachberg (-Sausenberg-Rötteln). 1503 fiel die Vogtei an <strong>de</strong>n badischen Markgrafen Christoph<br />

I. (1475-1516). Bauernkrieg (1525), Reformation (1556) <strong>und</strong> Dreißigjähriger Krieg<br />

(1633) ließen die Propstei e<strong>in</strong>geschränkt weiter bestehen, 1805 wur<strong>de</strong> Bürgeln badisch.<br />

Im Anschluss an e<strong>in</strong>e Johannes <strong>de</strong>m Täufer geweihte Pfarrkirche entstan<strong>de</strong>n im Zuge <strong>de</strong>r<br />

Klostergründung die Baulichkeiten für die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft. 1267 brannte die Propstei<br />

völlig nie<strong>de</strong>r <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> kurz darauf wie<strong>de</strong>r aufgebaut. 1467 erneuerte man die heruntergekommene<br />

Kirche, 1762/64 erfolgte <strong>de</strong>r völlige Neubau <strong>de</strong>r Propsteigebäu<strong>de</strong>.<br />

Ellwangen (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Das wohl 764 gegrün<strong>de</strong>te Benedikt<strong>in</strong>erkloster Ellwangen vermochte als e<strong>in</strong>e <strong>de</strong>r wenigen<br />

alten Mönchsgeme<strong>in</strong>schaften, Territorium, Reichsunmittelbarkeit <strong>und</strong> Reichsstandschaft zu<br />

erlangen. Seit <strong>de</strong>r Karol<strong>in</strong>gerzeit ist Ellwangen als Königs- <strong>und</strong> Reichskloster bezeugt, 814<br />

erhielt es von Kaiser Ludwig <strong>de</strong>m Frommen (814-840) e<strong>in</strong> Privileg über Königsschutz, Immunität<br />

<strong>und</strong> freie Abtswahl. Zwischen 870 <strong>und</strong> 873 soll hier <strong>de</strong>r Slawenapostel Methodius<br />

(†885) <strong>in</strong>haftiert gewesen se<strong>in</strong>; Ellwangen wird im Heeresaufgebot für Kaiser Otto II. (973-<br />

983) genannt (981). 1152 beschränkt e<strong>in</strong> königliches Privileg die Rechte <strong>de</strong>s Klostervogts,<br />

die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft verfügte nun über das Recht <strong>de</strong>r freien Vogtwahl. Herrschaftsausbau<br />

durch Lan<strong>de</strong>sausbau (Rodungen im Virngr<strong>und</strong>) <strong>und</strong> die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r beim Kloster gelegenen<br />

Stadt Ellwangen gehören <strong>in</strong> das hohe Mittelalter, nach e<strong>in</strong>er Brandkatastrophe<br />

(1182) entstand unter <strong>de</strong>m be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Abt Kuno (1188-1221) das noch heute bestehen<strong>de</strong><br />

Münster, e<strong>in</strong>e Kirche <strong>de</strong>r Stauferzeit. Kuno hat als erster Abt <strong>de</strong>n Titel e<strong>in</strong>es Reichsfürsten<br />

geführt, se<strong>in</strong>e Nachfolger erwarben im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert von <strong>de</strong>n Grafen von Oett<strong>in</strong>gen die<br />

Vogteirechte, die e<strong>in</strong> wichtiges Element <strong>in</strong> <strong>de</strong>r entstehen<strong>de</strong>n Ellwanger Lan<strong>de</strong>sherrschaft<br />

darstellten. Die territoriale Klosterherrschaft grün<strong>de</strong>te zu<strong>de</strong>m auf <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>beziehung <strong>de</strong>s lokalen<br />

A<strong>de</strong>ls (Lehnswesen) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r im Umkreis um Kloster <strong>und</strong> Stadt gelegenen arrondierten<br />

klösterlichen Gr<strong>und</strong>herrschaft (geschlossene Besitzlandschaft).<br />

Als Resultat ergab sich im Verlauf <strong>de</strong>s späten Mittelalters e<strong>in</strong> abteiliches Territorium mit e<strong>in</strong>er<br />

vom Königtum privilegierten Hochgerichtsbarkeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Ellwanger Stadtgericht (1470/77).<br />

Seit 1337 ist e<strong>in</strong>e Ämterorganisation bezeugt, Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>und</strong> Besitzverwaltung beruhten<br />

nicht zuletzt darauf, dass hier Schriftlichkeit e<strong>in</strong>e herausragen<strong>de</strong> Rolle spielte (Rechts-<br />

<strong>und</strong> Gültbuch ca.1337; Lehenbuch 1364; Jahresrechnungen ab 1380). Ab 1370 unterstan<strong>de</strong>n<br />

Kloster <strong>und</strong> Territorium <strong>de</strong>m Schutz <strong>und</strong> Schirm <strong>de</strong>s württembergischen Grafen, unter<br />

Abt Siegfried Gerlacher (1400-1427) kam es mit württembergischer Unterstützung im Kloster<br />

zu Reformversuchen, die aber scheiterten. Die „Mönche“ h<strong>in</strong>gen auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folge e<strong>in</strong>er adlig-stiftischen<br />

Lebensweise an, so dass das Kloster 1459/60 mit päpstlicher Erlaubnis <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

freiweltliches Chorherrenstift unter e<strong>in</strong>em Propst umgewan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>. E<strong>in</strong> gewisser E<strong>in</strong>fluss<br />

<strong>Württemberg</strong>s auf Ellwangen blieb auch danach erhalten, doch schloss sich das Stift 1488<br />

<strong>de</strong>m Schwäbischen B<strong>und</strong> an, was letztlich dazu führte, dass sich Ellwangen die<br />

Reichsstandschaft sicherte <strong>und</strong> im Gremium <strong>de</strong>s Schwäbischen Reichskreises vertreten war.<br />

Essl<strong>in</strong>gen (Stadt)<br />

Essl<strong>in</strong>gen am Neckar reicht m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens bis <strong>in</strong>s 8. Jahrh<strong>und</strong>ert zurück, zum Jahr 777 ist dort<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 54


e<strong>in</strong>e Klosterzelle <strong>de</strong>s Abtes Fulrad von St. Denis (†784) bezeugt, zum Jahr 866 s<strong>in</strong>d <strong>de</strong>r<br />

Ortsname Hetsil<strong>in</strong>ga <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Markt überliefert. Im 10. Jahrh<strong>und</strong>ert war Essl<strong>in</strong>gen Vorort <strong>de</strong>s<br />

schwäbischen Herzogtums, unter Herzog Liudolf (949-953) wer<strong>de</strong>n e<strong>in</strong> herzoglicher Tiergarten<br />

<strong>und</strong> das Gestüt „Stuttgart“ genannt, die mit Essl<strong>in</strong>gen verb<strong>und</strong>en waren. Seit 1181 staufisch,<br />

entwickelte sich Essl<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folge zu e<strong>in</strong>er Stadt unter Gericht <strong>und</strong> Verwaltung<br />

e<strong>in</strong>es königlichen Amtsträgers, schließlich zur Reichsstadt. Im Verlauf <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

entstand e<strong>in</strong> die Bürgergeme<strong>in</strong><strong>de</strong> repräsentieren<strong>de</strong>r Rat (1274), an <strong>de</strong>m auch die Zünfte Anteil<br />

hatten. 1286 wird e<strong>in</strong> Bürgermeister erwähnt, daneben gab es <strong>de</strong>n königlichen Schultheißen<br />

o<strong>de</strong>r Ammann, seit 1315 bil<strong>de</strong>te Essl<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>en autonomen Rechtsbezirk. Wichtige<br />

Bezugspunkte <strong>in</strong> <strong>de</strong>r spätmittelalterlichen Stadt waren die <strong>de</strong>m Bistum Speyer gehören<strong>de</strong><br />

Pfarrkirche <strong>und</strong> die zwischen 1321 <strong>und</strong> 1517 entstan<strong>de</strong>ne Frauenkirche, e<strong>in</strong>e <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten<br />

Hallenkirchen im <strong>de</strong>utschen Südwesten, die aber ke<strong>in</strong>e Pfarrrechte besaß.<br />

Daneben gab es Nie<strong>de</strong>rlassungen <strong>de</strong>r Bettelor<strong>de</strong>n, schließlich klösterliche Pfleghöfe wie die<br />

von Salem, Blaubeuren, Bebenhausen o<strong>de</strong>r St. Blasien. Rathaus, Markt <strong>und</strong> Spital – Letzteres<br />

1232 erstmals erwähnt – stan<strong>de</strong>n für das städtische Bürgertum. Im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert erfolgte<br />

die Ummauerung <strong>de</strong>r Kernstadt, im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert wur<strong>de</strong>n die Obertorvorstadt, die<br />

Beutau <strong>und</strong> die Mett<strong>in</strong>ger Vorstadt befestigt. 1531/32 nahm Essl<strong>in</strong>gen die Reformation an,<br />

1802 wur<strong>de</strong> die Stadt württembergisch.<br />

In <strong>de</strong>r mittelalterlichen Essl<strong>in</strong>ger „Kirchenlandschaft“ spielten die Dom<strong>in</strong>ikaner <strong>und</strong> Franziskaner<br />

e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Vielleicht war das Essl<strong>in</strong>ger Dom<strong>in</strong>ikanerkloster die älteste Gründung<br />

<strong>in</strong> Deutschland, sie<strong>de</strong>lten sich die Bettelmönche wohl 1221 <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Stadt an. Geför<strong>de</strong>rt<br />

vom städtischen Bürgertum <strong>und</strong> umliegen<strong>de</strong>m A<strong>de</strong>l, war das Dom<strong>in</strong>ikanerkloster zuständig<br />

für die Seelsorge u.a. <strong>de</strong>r dom<strong>in</strong>ikanischen Frauengeme<strong>in</strong>schaften <strong>de</strong>r Umgebung. Das<br />

Kloster war mehrmals Tagungsort <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>nskapitels <strong>de</strong>r süd<strong>de</strong>utschen Dom<strong>in</strong>ikanerprov<strong>in</strong>z,<br />

im Jahr 1268 weihte <strong>de</strong>r dom<strong>in</strong>ikanische Gelehrte Albertus Magnus (†1280) die noch<br />

heute bestehen<strong>de</strong> Kirche St. Paul.<br />

1237 hielten die Franziskaner E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> Essl<strong>in</strong>gen. Auch <strong>de</strong>ren Kloster war oftmals Tagungsort<br />

<strong>de</strong>r Prov<strong>in</strong>zialkapitel <strong>de</strong>s Franziskaneror<strong>de</strong>ns, zu<strong>de</strong>m betreuten die Franziskaner<br />

das 1246 gegrün<strong>de</strong>te Essl<strong>in</strong>ger Klarissenkloster. Wie alle <strong>Klöster</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Reichsstadt wur<strong>de</strong><br />

auch das <strong>de</strong>r Franziskaner nach 1531 Opfer <strong>de</strong>r Essl<strong>in</strong>ger Reformation.<br />

Ettenheimmünster (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Der Legen<strong>de</strong> nach soll Ettenheimmünster <strong>in</strong>s 7. Jahrh<strong>und</strong>ert zurückreichen, <strong>in</strong> die Zeit <strong>de</strong>s<br />

E<strong>in</strong>siedlers Landol<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>es schottischen Märtyrers. Um 728 soll weiter <strong>de</strong>r Straßburger Bischof<br />

Wi<strong>de</strong>gern (v.734) hier e<strong>in</strong> Kloster gegrün<strong>de</strong>t haben. Bis zum 12. Jahrh<strong>und</strong>ert bleibt die<br />

Geschichte <strong>de</strong>s Ettenheimmünsterer Klosters <strong>in</strong><strong>de</strong>s u.a. h<strong>in</strong>ter <strong>de</strong>n Urk<strong>und</strong>enfälschungen<br />

aus <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>s Investiturstreits weitgehend verborgen. Im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert war die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

vom Straßburger Bischof abhängig, ständige Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen waren die<br />

Folge, doch verbesserte sich die wirtschaftliche Lage <strong>de</strong>s Klosters zunehmend. Beträchtlicher<br />

Klosterbesitz war <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Umgebung um Ettenheimmünster vorhan<strong>de</strong>n, e<strong>in</strong>schließlich <strong>de</strong>r<br />

spätmittelalterlichen Dorfherrschaften <strong>in</strong> Münchsweier, Münstertal, Schweighausen u.a. <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r teilweise <strong>in</strong>korporierten Pfarrkirchen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Ortenau <strong>und</strong> im Elsass. Die Vogtei stand <strong>de</strong>n<br />

Straßburger Bischöfen zu <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> irgendwann vor 1370 an die Herren von Geroldseck<br />

verliehen. Letztere erwiesen sich eher als Bedrücker <strong>de</strong>nn Schutzherren <strong>de</strong>s Klosters, so<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 55


wur<strong>de</strong> Ettenheimmünster um 1440 von se<strong>in</strong>en Vögten verwüstet. 1486 g<strong>in</strong>g die Vogtei an die<br />

rhe<strong>in</strong>ischen Pfalzgrafen über <strong>und</strong> gelangte 1518 wie<strong>de</strong>r an die Geroldsecker. Von <strong>de</strong>r Reformation<br />

blieb das Kloster weitgehend unberührt, 1803 wur<strong>de</strong> die katholische Kommunität<br />

aufgelöst.<br />

Die romanischen bzw. gotischen Klostergebäu<strong>de</strong> s<strong>in</strong>d nicht mehr erhalten, e<strong>in</strong> Kirchenneubau<br />

stammt von 1669-1683, das ganze Kloster ist ab 1719 barock neu erbaut wor<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

wur<strong>de</strong> im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert bis auf wenige Reste (Umfassungsmauer, Mühle) abgetragen. Aus<br />

<strong>de</strong>r Bibliothek von Ettenheimmünster stammen e<strong>in</strong> Psalterium <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong><br />

Reste an<strong>de</strong>rer liturgischer Handschriften. Das Lan<strong>de</strong>l<strong>in</strong>sreliquar von 1506 ist ebenso erhalten<br />

wie e<strong>in</strong> romanischer Taufste<strong>in</strong>.<br />

Frauenalb (Stift)<br />

Weniger e<strong>in</strong> Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nenkloster <strong>de</strong>nn e<strong>in</strong>e Versorgungsanstalt adliger Frauen, lag die<br />

geistliche Frauengeme<strong>in</strong>schaft Frauenalb im oberen Albtal <strong>de</strong>s Nordschwarzwal<strong>de</strong>s. Das<br />

Kloster/Frauenstift <strong>in</strong> unmittelbarer Nachbarschaft <strong>de</strong>r Zisterze Herrenalb wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n<br />

Grafen von Eberste<strong>in</strong> um 1180/85, vielleicht erst 1189/90 gegrün<strong>de</strong>t, <strong>und</strong> nicht 1135, wie die<br />

Klosterüberlieferung es wollte. Die Alba dom<strong>in</strong>arum genannte Frauengeme<strong>in</strong>schaft beherbergte<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit bis zu 30 Sanktimonialen aus <strong>de</strong>m Eberste<strong>in</strong>er Grafenhaus <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />

mit <strong>de</strong>n Eberste<strong>in</strong>ern verb<strong>und</strong>enen A<strong>de</strong>ls- <strong>und</strong> M<strong>in</strong>isterialenfamilien, angefangen bei Ota <strong>und</strong><br />

Heduwidis von Eberste<strong>in</strong>, die zuvor <strong>in</strong> Berau untergekommen waren. E<strong>in</strong>e nicht datierte<br />

Gründungsurk<strong>und</strong>e Eberhards III. von Eberste<strong>in</strong> (1181, 1219) ist erhalten. Die adlige Klosterstiftung<br />

entwickelte sich, mit päpstlichen Privilegien (1193, 1197) versehen, im Schatten<br />

<strong>de</strong>r Eberste<strong>in</strong>er Lan<strong>de</strong>sherrschaft; mehrfach waren Frauen <strong>de</strong>r Eberste<strong>in</strong>er Grafenfamilie<br />

Äbtiss<strong>in</strong>nen <strong>de</strong>s Klosters. Die Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>de</strong>r Frauengeme<strong>in</strong>schaft umfasste Güter im<br />

Albtal <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>r Oberrhe<strong>in</strong>ebene. 1481 besaß die Kommunität Güter an 50 Orten, dazu<br />

Kirchenpatronate <strong>und</strong> -zehnte sowie die Ortsherrschaft über elf Dörfer. Die Schwäche <strong>de</strong>r<br />

Eberste<strong>in</strong>er im späten Mittelalter nutzen die Markgrafen von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>, um ihre Vogtei über<br />

Frauenalb zu etablieren <strong>und</strong> auszu<strong>de</strong>hnen (Klosterordnung von 1396, geme<strong>in</strong>same badischeberste<strong>in</strong>ische<br />

Vogtei 1399). Die Frauengeme<strong>in</strong>schaft sah sich zunehmend <strong>in</strong> die badische<br />

Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>in</strong>tegriert, Reformation <strong>und</strong> Oberbadische Okkupation (1594) zerschnitten<br />

endgültig das Band zu <strong>de</strong>n Eberste<strong>in</strong>ern. 1598 wur<strong>de</strong> das Kloster aufgehoben, 1631 auf Initiative<br />

<strong>de</strong>s Speyerer Bischofs wie<strong>de</strong>rhergestellt. Dieser zweiten Stiftung <strong>de</strong>r Frauengeme<strong>in</strong>schaft<br />

folgte <strong>in</strong> <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 17. Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong>e wirtschaftlich-geistliche Konsolidierung,<br />

an die sich die barocke Erneuerung von Klostergebäu<strong>de</strong>n <strong>und</strong> -kirche anschloss. Frauenalb<br />

ist 1802/03 säkularisiert wor<strong>de</strong>n, die Ru<strong>in</strong>e <strong>de</strong>r Barockkirche er<strong>in</strong>nert noch heute an<br />

die Frauengeme<strong>in</strong>schaft.<br />

Freiburg im Breisgau (Stadt)<br />

Die berühmteste <strong>de</strong>r „Zähr<strong>in</strong>gerstädte“ ist das im Breisgau gelegene Freiburg. An ältere<br />

Siedlungen anknüpfend, entstand seit <strong>de</strong>m 11. Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong> Gewerbe- <strong>und</strong> Han<strong>de</strong>lsplatz<br />

mit e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>isterialensiedlung (burgus), die civitas erhielt 1120 durch Herzog Konrad von<br />

Zähr<strong>in</strong>gen (†1152) e<strong>in</strong>en Markt (forum), Ausgangspunkt für die Stadtwerdung Freiburgs,<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 56


<strong>de</strong>ssen Stadtrecht sich im 12./13. Jahrh<strong>und</strong>ert ausformte (Freiburger Stadtro<strong>de</strong>l, ca.1218).<br />

Das Freiburger Münster wur<strong>de</strong> noch unter <strong>de</strong>m Zähr<strong>in</strong>gerherzog Berthold V. (1186-1218)<br />

begonnen, neben <strong>de</strong>m von Graben, R<strong>in</strong>gmauer <strong>und</strong> vier Toren umschlossenen Stadtkern<br />

bil<strong>de</strong>ten sich mehrere Vorstädte aus, die noch im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert befestigt wur<strong>de</strong>n. Im späteren<br />

Mittelalter entwickelte sich Freiburg zu e<strong>in</strong>er Großstadt mit bis zu 9000 E<strong>in</strong>wohnern<br />

unter <strong>de</strong>m Stadtregiment von Patriziat (M<strong>in</strong>isterialität, Kaufleute) <strong>und</strong> Zünften (seit <strong>de</strong>m 14.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert). Reichtum erlangte die Stadt durch <strong>de</strong>n Schwarzwäl<strong>de</strong>r Silberbergbau, durch<br />

Fernhan<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Gewerbe. 1368 wur<strong>de</strong> Freiburg habsburgisch-vor<strong>de</strong>rösterreichisch, zwischen<br />

1457 <strong>und</strong> 1492 entstand hier e<strong>in</strong>e lan<strong>de</strong>sherrliche Universität. 1806 wur<strong>de</strong> Freiburg<br />

badisch.<br />

In <strong>de</strong>r mittelalterlichen Stadt entfaltete sich e<strong>in</strong> reiches kirchliches Leben, u.a. erkennbar am<br />

berühmten Freiburger Münster. An <strong>in</strong> Freiburg vertretenen Or<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d zu nennen: Franziskaner<br />

(1229), Dom<strong>in</strong>ikaner (1235), Johanniter (1237), Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nen (1245), Deutscher<br />

Or<strong>de</strong>n (v.1256), Wilhelmiten (1262), Klarissen (1272), August<strong>in</strong>ereremiten (1278). Außerhalb<br />

<strong>de</strong>r Stadt wur<strong>de</strong> 1346 e<strong>in</strong>e Kartause gegrün<strong>de</strong>t. In frühen Neuzeit kamen 1599 Kapuz<strong>in</strong>er<br />

nach Freiburg, seit 1620 gab es zu<strong>de</strong>m e<strong>in</strong>e Jesuitennie<strong>de</strong>rlassung mit <strong>de</strong>r Folge, dass die<br />

Universität von da an unter starkem jesuitischen E<strong>in</strong>fluss geriet. Die meisten Kommunitäten<br />

überlebten die Säkularisationen an <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> vom 18. zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert nicht.<br />

Frie<strong>de</strong>nweiler (Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen)<br />

Am Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Frauenklosters Frie<strong>de</strong>nweiler auf <strong>de</strong>r Baar steht e<strong>in</strong>e Zusammenkunft<br />

von geistlichen <strong>und</strong> weltlichen Großen. Geme<strong>in</strong>t ist <strong>de</strong>r magnus conventus bei<br />

<strong>de</strong>r Erhebung <strong>de</strong>r Gebe<strong>in</strong>e <strong>de</strong>s heiligen Bischofs Konrad (I., 935-975) <strong>in</strong> Konstanz (26. November<br />

1123). Hier trafen Herzöge <strong>und</strong> Grafen, Äbte <strong>und</strong> Bischöfe aufe<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r. Und so war<br />

<strong>de</strong>r festlich-politische Rahmen gegeben für e<strong>in</strong>en Gütertausch zwischen <strong>de</strong>n <strong>Klöster</strong>n St.<br />

Georgen <strong>und</strong> Reichenau. St. Georgen unter se<strong>in</strong>em Abt Werner I. (1119-1134) erhielt im<br />

Rahmen dieses Tausches, <strong>de</strong>n im Übrigen viele Große bezeugten, <strong>de</strong>n Ort Frie<strong>de</strong>nweiler.<br />

Nach 1123, also nach <strong>de</strong>m Gütertausch, <strong>und</strong> noch vor 14. April 1139, <strong>de</strong>m Ausstellungsdatum<br />

<strong>de</strong>r Papsturk<strong>und</strong>e Innozenz’ II. (1130-1143) für St. Georgen, muss <strong>in</strong> Frie<strong>de</strong>nweiler e<strong>in</strong><br />

Frauenkloster errichtet wor<strong>de</strong>n se<strong>in</strong>. Denn <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Papstprivileg wird im Zuge von Besitzbestätigungen<br />

die Klosterzelle Frie<strong>de</strong>nweiler erwähnt. Offensichtlich muss es sich bei <strong>de</strong>r Zelle<br />

um e<strong>in</strong> St. Georgen unterstelltes Kloster gehan<strong>de</strong>lt haben, <strong>und</strong> wirklich wird <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit,<br />

d.h. hauptsächlich <strong>und</strong> zuerst im 13. <strong>und</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert, e<strong>in</strong>e <strong>de</strong>m St. Georgener Abt unterstellte<br />

Geme<strong>in</strong>schaft von Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen unter <strong>de</strong>r Leitung e<strong>in</strong>er magistra („Meister<strong>in</strong>“)<br />

sichtbar. Priorat <strong>und</strong> geistlicher Schirm lagen also beim Schwarzwaldkloster <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Abt.<br />

Daran än<strong>de</strong>rte auch nichts <strong>de</strong>r Wechsel <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nweiler Vogtei, die bis 1218 die Zähr<strong>in</strong>ger<br />

<strong>in</strong>nehatten, spätestens seit 1270 die Grafen von Fürstenberg. Um die Mitte <strong>de</strong>s 16. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zogen Zisterzienser<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> das leerstehen<strong>de</strong> Kloster, spätestens zu diesem Zeitpunkt<br />

waren die Ansprüche <strong>de</strong>r St. Georgener Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft an <strong>de</strong>r Kommunität auf<br />

<strong>de</strong>r Baar erloschen. 1803 wur<strong>de</strong> Frie<strong>de</strong>nweiler säkularisiert.<br />

Eng verb<strong>und</strong>en ist das Priorat Frie<strong>de</strong>nweiler mit <strong>de</strong>n mittelalterlichen Rodungsvorgängen im<br />

südöstlichen Schwarzwald. Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen mit <strong>de</strong>m Kloster St. Peter gehören hierher<br />

(1265), die Besiedlung <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s <strong>und</strong> Tales Schollach wur<strong>de</strong> seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 13.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts vom Frauenkloster aus vorangetrieben, westlich von Frie<strong>de</strong>nweiler das Gebiet<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 57


<strong>de</strong>r sog. Viertäler erschlossen (14. Jahrh<strong>und</strong>ert). Neustadt soll auf <strong>de</strong>m Waldgebiet <strong>de</strong>s Priorats<br />

gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n se<strong>in</strong> (v.1275), e<strong>in</strong> Indiz dafür, dass <strong>de</strong>r von Frie<strong>de</strong>nweiler ausgehen<strong>de</strong><br />

Lan<strong>de</strong>sausbau Teil <strong>de</strong>r territorialen Politik <strong>de</strong>r fürstenbergischen Lan<strong>de</strong>sherren gewesen<br />

war. Mitte <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts wird aber e<strong>in</strong>e Rückentwicklung <strong>de</strong>s Besiedlungsprozesses<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Erschließung erkennbar. Wüstungen, Güterverödungen <strong>und</strong><br />

damit e<strong>in</strong>hergehen<strong>de</strong> Besitzverluste machten <strong>de</strong>m Frauenkloster zu schaffen, die „Überbesiedlung“<br />

<strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s (13./14. Jahrh<strong>und</strong>ert) hörte auf.<br />

Gengenbach (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s, am Ausgang <strong>de</strong>s K<strong>in</strong>zigtales soll <strong>de</strong>r Abtbischof Pirm<strong>in</strong><br />

(†v.755) irgendwann nach se<strong>in</strong>er Vertreibung von <strong>de</strong>r Reichenau (727) das Kloster Gengenbach<br />

gegrün<strong>de</strong>t haben. Besie<strong>de</strong>lt mit Mönchen aus <strong>de</strong>m lothr<strong>in</strong>gischen Gorze, wuchs <strong>de</strong>r<br />

Konvent im 9. Jahrh<strong>und</strong>ert bis auf 100 Mitglie<strong>de</strong>r an. Die Beziehungen zu <strong>de</strong>n karol<strong>in</strong>gischen<br />

Herrschern sicherten <strong>de</strong>m Kloster <strong>de</strong>n Status e<strong>in</strong>er Reichsabtei. 1007 schenkte König He<strong>in</strong>rich<br />

II. (1002-1024) Gengenbach se<strong>in</strong>em neu gegrün<strong>de</strong>ten Bistum Bamberg, die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

wur<strong>de</strong> bischöfliches Eigenkloster, das laut e<strong>in</strong>er Urk<strong>und</strong>e Papst Innozenz’ II.<br />

(1130-1143) über freie Abts- <strong>und</strong> Vogtwahl sowie über königliche „Freiheit“ (libertas) verfügte<br />

(1139). Im Investiturstreit stand Gengenbach auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Herrscher, mit <strong>de</strong>m<br />

Bamberger Reformkloster Michelsberg war es über se<strong>in</strong>e Äbte Poppo (†1071), Ruotpert<br />

(†1075) <strong>und</strong> Willo (†1085) verb<strong>und</strong>en. Willo wur<strong>de</strong> von Anhängern <strong>de</strong>r gregorianischen Reformpartei<br />

zeitweise aus Gengenbach vertrieben, dasselbe geschah mit se<strong>in</strong>em Nachfolger<br />

Hugo I. (1080/90er-Jahre). Gegen 1117 veranlassten <strong>de</strong>r St. Georgener Abt Theoger (1088-<br />

1119) <strong>und</strong> Bischof Otto I. von Bamberg (1102-1139) <strong>in</strong> Gengenbach e<strong>in</strong>e Klosterreform im<br />

Hirsauer bzw. St. Georgener S<strong>in</strong>ne. Dem entsprach es, dass 1120 nach <strong>de</strong>m Abbruch <strong>de</strong>r<br />

alten e<strong>in</strong>e neue Klosterkirche entstand, die sich an <strong>de</strong>r Hirsauer Bauschule orientierte: e<strong>in</strong>e<br />

dreischiffige Basilika mit Querhaus, e<strong>in</strong>em Haupt- <strong>und</strong> je zwei Nebenchören <strong>und</strong> -konchen.<br />

Der Chorraum wur<strong>de</strong> 1398/1415 gotisch umgebaut, e<strong>in</strong> Westturm kam im späten Mittelalter<br />

h<strong>in</strong>zu, 1690/1722 wur<strong>de</strong> die Kirche barockisiert <strong>und</strong> <strong>in</strong>stand gesetzt, 1892/1906 das Gotteshaus<br />

neuromanisch umgestaltet.<br />

Im Umfeld <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft formte sich im hohen Mittelalter <strong>de</strong>r Klosterort Gengenbach<br />

zur Stadt (opidum, 1231) aus. Unter Abt Lambert von Brunn (1354-1374), <strong>de</strong>m Kanzler<br />

Kaiser Karls IV. (1347-1378), wur<strong>de</strong> Gengenbach Reichsstadt (1360), wobei <strong>de</strong>r Reichsschultheiß<br />

vom Klosterleiter zu ernennen war. Lambert, <strong>de</strong>r Bischof von Speyer (1363-1371),<br />

Straßburg (1371-1374) <strong>und</strong> Bamberg (1374-1399) war, reorganisierte die Wirtschaftsverhältnisse<br />

<strong>de</strong>r Abtei, setzte sich gegen die benachbarten Herren von Geroldseck durch <strong>und</strong> führte<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Stadt die Zunftverfassung e<strong>in</strong>. Obwohl die geistliche Geme<strong>in</strong>schaft <strong>de</strong>r benedikt<strong>in</strong>ischen<br />

Or<strong>de</strong>nsprov<strong>in</strong>z Ma<strong>in</strong>z-Bamberg angeglie<strong>de</strong>rt war, erreichten <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit Reformimpulse<br />

Gengenbach nicht. Im Kloster <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts herrschte e<strong>in</strong>e weltlich-stiftische<br />

Lebenweise adliger Konventualen vor, <strong>de</strong>r Zugang zur Geme<strong>in</strong>schaft wur<strong>de</strong> Nichtadligen<br />

verwehrt (1461). Doch scheiterte die Umwandlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Chorherrenstift ebenso wie die E<strong>in</strong>führung<br />

<strong>de</strong>r Bursfel<strong>de</strong>r Reform zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 16. Jahrh<strong>und</strong>erts. In <strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>s Übertritts<br />

<strong>de</strong>r Stadt Gengenbach zum lutherischen Glauben (1525) geriet auch das Kloster <strong>in</strong> Gefahr,<br />

protestantisch zu wer<strong>de</strong>n. Im Zuge <strong>de</strong>s Augsburger Interims (1548) blieb die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>in</strong><strong>de</strong>s katholisch, <strong>und</strong> auch die Stadt kehrte zum alten Glauben zurück. Das Klos-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 58


ter sollte noch bis zu se<strong>in</strong>er Säkularisierung bestehen bleiben; 1803/07 wur<strong>de</strong> Gengenbach,<br />

Stadt <strong>und</strong> (Reichs-) Abtei, badisch.<br />

Aufbauend auf Gründungsgut im K<strong>in</strong>zigtal, entstand im Verlauf <strong>de</strong>s frühen <strong>und</strong> hohen Mittelalters<br />

die Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>de</strong>s Klosters Gengenbach, die sich entlang <strong>de</strong>r unteren <strong>und</strong> mittleren<br />

K<strong>in</strong>zig, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Ortenau, aber auch im Neckargebiet aus<strong>de</strong>hnte <strong>und</strong> auf Eigenwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Fronhofsverwaltung (D<strong>in</strong>ghofverfassung) basierte. Siedlungen e<strong>in</strong>er ersten Rodungsstufe<br />

(bis 1139) entlang <strong>de</strong>s K<strong>in</strong>zigtals nutzten seit <strong>de</strong>m hohen Mittelalter die Dreifel<strong>de</strong>rwirtschaft,<br />

Orte e<strong>in</strong>er zweiten Rodungsphase (bis 1287) lagen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Seitentälern <strong>de</strong>s K<strong>in</strong>zigtals<br />

<strong>und</strong> zeichneten sich durch e<strong>in</strong>e geschlossene Hofwirtschaft aus. Patronatsrechte an <strong>de</strong>r Mart<strong>in</strong>skirche<br />

<strong>in</strong> Gengenbach, an <strong>de</strong>n Pfarrkirchen <strong>in</strong> Biberach, Ste<strong>in</strong>ach, aber auch <strong>in</strong> Nie<strong>de</strong>reschach<br />

u.a. kamen zur Gr<strong>und</strong>herrschaft h<strong>in</strong>zu, ebenso die Wallfahrtskapelle St. Jakob auf<br />

<strong>de</strong>m Bergle bei Gengenbach, die 1294 geweiht wur<strong>de</strong>. Die Kirchen s<strong>in</strong>d teilweise <strong>de</strong>m Kloster<br />

<strong>in</strong>korporiert wor<strong>de</strong>n. Päpstliche (1139, 1235, 1252, 1287) <strong>und</strong> kaiserliche Besitzbestätigungen<br />

(1309, 1331, 1516) sollten <strong>de</strong>r Abtei Güter <strong>und</strong> Rechte sichern helfen.<br />

Die Stellung als Reichsabtei verdankte das spätmittelalterliche <strong>und</strong> frühneuzeitliche Gengenbacher<br />

Kloster <strong>de</strong>r Schirmvogtei <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Herrscher, die e<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil <strong>de</strong>r<br />

Ortenauer Reichslandvogtei, e<strong>in</strong>gerichtet unter König Rudolf I. von Habsburg (1273-1291),<br />

gewesen war. Doch blieb die Reichslandvogtei zumeist (bis 1551/56) an angrenzen<strong>de</strong> Lan<strong>de</strong>sherren<br />

verpfän<strong>de</strong>t. Zuvor waren die Herzöge von Zähr<strong>in</strong>gen Gengenbacher Klostervögte<br />

gewesen, dann (1218) die staufischen Könige, schließlich (1245) die Straßburger Bischöfe.<br />

Das Kloster besaß im hohen <strong>und</strong> späten Mittelalter e<strong>in</strong> Skriptorium <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Buchb<strong>in</strong><strong>de</strong>rei,<br />

das berühmte Gengenbacher Evangeliar stammt aus <strong>de</strong>r 1. Hälfte <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Frühneuzeitlich ist die Gengenbacher Late<strong>in</strong>schule.<br />

Gutenzell (Zisterzienser<strong>in</strong>nen)<br />

Gutenzell (bei Biberach) gehörte mit Ba<strong>in</strong>dt, Heggbach o<strong>de</strong>r Rottenmünster zu <strong>de</strong>n Zisterzienser<strong>in</strong>nenklöstern,<br />

die, <strong>in</strong> <strong>de</strong>n 1220er- <strong>und</strong> 1230er-Jahren gegrün<strong>de</strong>t, unter <strong>de</strong>r geistlichen<br />

Aufsicht <strong>de</strong>r Abtei Salem stan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Reichsunmittelbarkeit bzw. Reichsstandschaft erlangten.<br />

E<strong>in</strong>e Schutzurk<strong>und</strong>e Papst Gregors IX. (1227-1241) aus <strong>de</strong>m Jahr 1238 weist auf e<strong>in</strong>en<br />

längeren Entstehungsprozess <strong>de</strong>r Frauengeme<strong>in</strong>schaft h<strong>in</strong>, die sich erst allmählich als Zisterzienser<strong>in</strong>nenkloster<br />

konstituiert haben muss. Wie bei <strong>de</strong>n Zisterziensern üblich, wur<strong>de</strong> das<br />

beschei<strong>de</strong>n ausgestattete Kloster von <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Herrschern bevogtet, so dass von daher<br />

B<strong>in</strong>dungen an das Königtum vorhan<strong>de</strong>n waren. 1418 wur<strong>de</strong> die Kommunität mit <strong>de</strong>n<br />

Reichsfreiheiten privilegiert, 1437 erhielt es Gerichtshoheit. Besitz <strong>in</strong> acht Orten ist nachweisbar,<br />

wie e<strong>in</strong> Urbar von 1449 darlegt. 1521 geschah die Aufnahme <strong>de</strong>s Klosters <strong>in</strong> die<br />

Reichsmatrikel, als Reichsstand besaß die Äbtiss<strong>in</strong> Sitz <strong>und</strong> Stimme <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Reichsprälatenbank<br />

<strong>de</strong>s Schwäbischen Reichskreises. E<strong>in</strong>e barocke Neugestaltung von Klosterkirche <strong>und</strong> -<br />

anlage erfolgte ab <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts. 1768 kaufte die Frauengeme<strong>in</strong>schaft vom<br />

Mutterkloster Salem die Hochgerichtsbarkeit. 1805 wur<strong>de</strong> Gutenzell säkularisiert <strong>und</strong> durch<br />

die Grafen von Törr<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Besitz genommen, während die Lan<strong>de</strong>shoheit an <strong>Württemberg</strong><br />

kam.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 59


Heiligenbronn (Franziskaner)<br />

In (Schramberg-) Heiligenbronn bestan<strong>de</strong>n wahrsche<strong>in</strong>lich seit <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

e<strong>in</strong> Weiler sowie die Burg Lichtenau. Letztere wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Burgherren nach 1353<br />

verlassen – diese sie<strong>de</strong>lten sich im Bernecktal an –, während <strong>de</strong>r Weiler noch bis nach 1444<br />

existierte. Daneben gab es das Lichtenauer Gotteshaus, e<strong>in</strong>e Filiale <strong>de</strong>r Pfarrkirche <strong>in</strong> Dunn<strong>in</strong>gen.<br />

Ausgangspunkt für die weitere kirchliche Entwicklung <strong>in</strong> Heiligenbronn war <strong>in</strong><strong>de</strong>s die<br />

Ansiedlung <strong>de</strong>s Tertiars Konrad, e<strong>in</strong>es Mitglieds <strong>de</strong>s franziskanischen dritten Or<strong>de</strong>ns aus<br />

Vill<strong>in</strong>gen, im Jahr 1385. E<strong>in</strong> Bildstock <strong>de</strong>r Mutter Gottes bzw. e<strong>in</strong> 1442 angefertigtes Gna<strong>de</strong>nbild<br />

Marias wur<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit spiritueller Mittelpunkt von Marienverehrung <strong>und</strong><br />

Wallfahrt. E<strong>in</strong>e 1450 errichtete Marienkapelle, <strong>de</strong>r sich bald e<strong>in</strong>e Wallfahrtskirche anschloss,<br />

e<strong>in</strong> Pilgerhaus von 1463/64 <strong>und</strong> die zwischen 1467 <strong>und</strong> 1493 erfolgten Ablässe <strong>de</strong>s Konstanzer<br />

Bischofs för<strong>de</strong>rten zunächst die Wallfahrt nach Heiligenbronn, doch zogen sich die<br />

Vill<strong>in</strong>ger Franziskaner u.a. aus f<strong>in</strong>anziellen Grün<strong>de</strong>n zurück (1532), Heiligenbronn war von<br />

1529 bis 1553/54 Lehen <strong>de</strong>s Ludwig von Rechberg, <strong>de</strong>r Ort wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>nbergischen<br />

Feh<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Reichsstadt Rottweil zu e<strong>in</strong>em beträchtlichen Teil zerstört (1538).<br />

E<strong>in</strong>e neue Entwicklung nahm Heiligenbronn, als <strong>de</strong>r katholische Priester David Fuchs<br />

(†1885) dort 1857 e<strong>in</strong> Kloster grün<strong>de</strong>te, das als sozial-karitative E<strong>in</strong>richtung noch heute besteht<br />

<strong>und</strong> franziskanische Tertiar<strong>in</strong>nen beherbergt. Seit 1991 gibt es die Stiftung „St. Franziskus<br />

Heiligenbronn“, die neben Heiligenbronn im Bistum Rottenburg-Stuttgart noch 15 weitere<br />

kirchliche E<strong>in</strong>richtungen betreibt.<br />

Heiligkreuztal (Zisterzienser<strong>in</strong>nen)<br />

Vor 1227 war im oberschwäbischen Wasserschapfen e<strong>in</strong>e Schwesternsammlung entstan<strong>de</strong>n,<br />

die vom Salemer Abt Eberhard von Rohrdorf (1191-1240) <strong>de</strong>m Zisterzienseror<strong>de</strong>n e<strong>in</strong>geglie<strong>de</strong>rt<br />

wur<strong>de</strong> (1233). Das Kloster Heiligkreuztal entwickelte sich danach rasch; 1256<br />

wur<strong>de</strong> die Klosterkirche zu Ehren <strong>de</strong>r heiligen Maria <strong>und</strong> <strong>de</strong>s heiligen Kreuzes geweiht, 1319<br />

erfolgte die Weihe <strong>de</strong>r vergrößerten Kirche sowie <strong>de</strong>s Kreuzgangs. Das Nonnenkloster wan<strong>de</strong>lte<br />

sich im späten Mittelalter immer mehr zur Versorgungsanstalt adliger Frauen, erst die<br />

1517 e<strong>in</strong>setzen<strong>de</strong>n Reformen – <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re unter <strong>de</strong>r Äbtiss<strong>in</strong> Veronika von Rietheim<br />

(1521-1551) – ermöglichten die Rückkehr zu <strong>de</strong>n zisterziensischen I<strong>de</strong>alen. Von Reformation<br />

<strong>und</strong> Dreißigjährigem Krieg weitgehend unberührt, war Heiligkreuztal seit 1611 vor<strong>de</strong>rösterreichisch,<br />

1803 gelangte die Abtei nach <strong>de</strong>r Säkularisation an <strong>Württemberg</strong>. Trotz <strong>de</strong>s nun<br />

folgen<strong>de</strong>n teilweisen Abrisses von Klostergebäu<strong>de</strong>n blieb vieles erhalten, so die gotische<br />

Kirche mit Nonnenempore <strong>und</strong> <strong>de</strong>r spätgotische Kreuzgang. Seit 1972 ist Heiligkreuztal im<br />

Besitz <strong>de</strong>r Stefanus-Geme<strong>in</strong>schaft, e<strong>in</strong>er 1948 entstan<strong>de</strong>nen Geme<strong>in</strong>schaft von Laien; heute<br />

wird die Klosteranlage als Bildungszentrum genutzt.<br />

Hirsau (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Um die Mitte <strong>de</strong>s 11. Jahrh<strong>und</strong>erts gewann e<strong>in</strong> Kloster im Nordschwarzwald, im Nagoldtal<br />

große Be<strong>de</strong>utung: Hirsau. Die Anfänge dieser noch zum Fränkischen <strong>und</strong> zur Speyerer Diözese<br />

gehören<strong>de</strong>n Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft liegen fast im Dunkel <strong>de</strong>r Geschichte. Irgendwann im<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 60


8./9. Jahrh<strong>und</strong>ert (v.768?, ca.830?) ist durch Vorfahren <strong>de</strong>r hochmittelalterlichen Grafen von<br />

Calw <strong>in</strong> Hirsau e<strong>in</strong>e Klosterzelle errichtet wor<strong>de</strong>n. E<strong>in</strong> Vorgängerbau <strong>de</strong>r romanischen Aureliuskirche<br />

<strong>de</strong>s 11. Jahrh<strong>und</strong>erts stammt aus dieser Zeit. Das 10. Jahrh<strong>und</strong>ert sah <strong>de</strong>n Verfall<br />

<strong>de</strong>s kle<strong>in</strong>en Klosters, um das Jahr 1000 muss es menschenleer gewesen se<strong>in</strong>. Auf se<strong>in</strong>er<br />

Reise durch Deutschland for<strong>de</strong>rte Papst Leo IX. (Bruno von Egisheim-Dagsburg, 1049-1054)<br />

im Jahr 1049 se<strong>in</strong>en Verwandten, Graf Adalbert II. von Calw (†1099) auf, sich um die Wie<strong>de</strong>rbesiedlung<br />

<strong>de</strong>r Klosterzelle zu kümmern. Doch erst 1065 zogen Mönche <strong>in</strong> Hirsau e<strong>in</strong>.<br />

Der erste Abt Friedrich (1065-1069) erregte <strong>de</strong>n Unwillen se<strong>in</strong>er Mönche <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Klosterstifters<br />

Adalbert <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> im Jahre 1069 durch e<strong>in</strong>en Mönch <strong>de</strong>s Regensburger Klosters St.<br />

Emmeram ersetzt: Wilhelm von Hirsau (1069-1091).<br />

Unter Wilhelm begann e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere <strong>und</strong> äußere Neugestaltung <strong>de</strong>r Abtei im S<strong>in</strong>ne von Gregorianischer<br />

Kirchenreform <strong>und</strong> cluniazensischem Mönchtum. Das „Hirsauer Formular“ vom<br />

Oktober 1075 eröffnete mit <strong>de</strong>m Verzicht <strong>de</strong>s Calwer Grafen Adalbert II. (†1099) auf eigenkirchliche<br />

Ansprüche <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>m „Recht <strong>de</strong>r vollen Freiheit“ (ius totius libertatis) bei freier<br />

Abts- <strong>und</strong> Vogtwahl neue Möglichkeiten, die das Kloster im Rahmen <strong>de</strong>r Hirsauer Reformbewegung<br />

umsetzte. Reformierte <strong>Klöster</strong> Hirsauer Prägung, Hirsauer Priorate, Hirsauer<br />

Baustil machten Wilhelm zum „Vater vieler <strong>Klöster</strong>“ <strong>in</strong> Schwaben (u.a. St. Georgen, St. Peter),<br />

Franken, Elsass, Thür<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Kärnten, ohne dass e<strong>in</strong>e auf Hirsau ausgerichtete Kongregation<br />

von <strong>Klöster</strong>n <strong>und</strong> Prioraten zustan<strong>de</strong> kam. Das Hirsauer Kloster sollte im Investiturstreit<br />

(1075-1122) e<strong>in</strong>e be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle spielen, es war <strong>de</strong>r Mittelpunkt <strong>de</strong>r Kirchenreformer<br />

<strong>in</strong> Deutschland.<br />

Unter Wilhelms Nachfolgern verblassten <strong>de</strong>r Ruhm <strong>und</strong> das Innovative <strong>de</strong>s Hirsauer Klosterlebens.<br />

In <strong>de</strong>r Regierungszeit Abt Folmars (1120-1156) wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>stmals so be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong> Prov<strong>in</strong>zkloster, das unter <strong>de</strong>m wirtschaftlichen Nie<strong>de</strong>rgang,<br />

<strong>de</strong>n Übergriffen <strong>de</strong>r Vögte <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Diszipl<strong>in</strong>losigkeiten <strong>de</strong>r Mönche schwer zu lei<strong>de</strong>n hatte.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re nahm die reichhaltige Güteraustattung <strong>de</strong>s 11. <strong>und</strong> 12. Jahrh<strong>und</strong>erts – immerh<strong>in</strong><br />

20 Fronhöfe, 1800 Hufen, 37 Mühlen, 14000 Morgen Wald <strong>und</strong> 31 Ortsherrschaften im<br />

nördlichen Schwarzwald, Breisgau, Elsass <strong>und</strong> im Schwäbischen – so ab, dass das Kloster<br />

um 1500 nunmehr nur noch an 100 Orten <strong>de</strong>r näheren Umgebung vertreten war, freilich dort<br />

mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiven Besitzstruktur. Die Rentengr<strong>und</strong>herrschaft <strong>de</strong>s 16. Jahrh<strong>und</strong>erts war<br />

dabei geografisch <strong>in</strong> Ämter <strong>und</strong> Pflegen als Verwaltungsbezirke unterteilt, Pflegeorte waren<br />

u.a. Pforzheim <strong>und</strong> Weil <strong>de</strong>r Stadt. Mit <strong>de</strong>m Tod Graf Adalberts VI. (1205-1215) en<strong>de</strong>te die<br />

zuletzt konfliktträchtige Vogtei <strong>de</strong>r Calwer Grafen, die Hirsauer Schirmvogtei kam <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Besitz<br />

von Reich <strong>und</strong> staufischem Königtum. Während <strong>de</strong>s Interregnums (1245/56-1273) war<br />

das Kloster daher ohne Vogt, König Rudolf von Habsburg (1273-1291) übertrug die Vogtei<br />

als Reichslehen an die Grafen von Hohenberg, 1334 bezeichnete sich Kaiser Ludwig <strong>de</strong>r<br />

Bayer (1314-1347) als Klostervogt, 1468 war Graf Eberhard V. von <strong>Württemberg</strong> (1450-<br />

1496) Kastvogt <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft, <strong>de</strong>ren Besitz immer mehr <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Sog verschie<strong>de</strong>ner<br />

Territorien, allen voran <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> <strong>und</strong> <strong>Württemberg</strong>, geriet.<br />

Das 13. <strong>und</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert stellte auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r <strong>in</strong>neren Entwicklung <strong>de</strong>s Klosters e<strong>in</strong>en Tiefpunkt<br />

dar. Abt Eberhard (1216-1227) soll sich schwerer Vergehen schuldig gemacht haben,<br />

unter ihm begann man mit <strong>de</strong>r Veräußerung von Besitz. Die Mönche kamen aus <strong>de</strong>n M<strong>in</strong>isterialenfamilien<br />

<strong>de</strong>r Umgegend, aus <strong>de</strong>m Nie<strong>de</strong>ra<strong>de</strong>l rekrutierten sich die Äbte <strong>und</strong> Prioren.<br />

Mönche mussten vom Abt <strong>in</strong> an<strong>de</strong>re <strong>Klöster</strong> geschickt wer<strong>de</strong>n, da <strong>in</strong> Hirsau ihre Versorgung<br />

nicht sicher gestellt war. Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts, unter Abt Friedrich Iffl<strong>in</strong>ger (1403-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 61


1428), drangen kirchlich-monastische Reformströmungen <strong>in</strong> Hirsau e<strong>in</strong>. Das Petershauser<br />

Prov<strong>in</strong>zialkapitel von 1417 spielte hier e<strong>in</strong>e Rolle, ebenso E<strong>in</strong>flüsse <strong>de</strong>r Melker Reformbewegung<br />

ab 1424. Doch entschied sich Abt Wolfram Maiser von Berg (1428-1460) letztlich für<br />

die Bursfel<strong>de</strong>r Union, <strong>in</strong> die Hirsau am 9. Oktober 1458 aufgenommen wur<strong>de</strong>. Abt Bernhard<br />

von Gernsbach (1460-1482), <strong>de</strong>r sec<strong>und</strong>us f<strong>und</strong>ator <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft, setzte die von<br />

se<strong>in</strong>en Vorgängern begonnene Erneuerung <strong>de</strong>s Klosterlebens erfolgreich fort. E<strong>in</strong> starker<br />

wirtschaftlicher Aufschwung äußerte sich <strong>in</strong> Neubau <strong>und</strong> Erweiterung <strong>de</strong>r Klostergebäu<strong>de</strong>,<br />

die Zahl <strong>de</strong>r Konventualen nahm zu, die Mönche waren nun nicht mehr nur Nie<strong>de</strong>radlige aus<br />

<strong>de</strong>m Umfeld <strong>de</strong>s Klosters, son<strong>de</strong>rn kamen aus <strong>de</strong>r württembergischen Ehrbarkeit, <strong>de</strong>m Bürgertum<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n reichen Bauernfamilien. 1493 tagte das benedikt<strong>in</strong>ische Prov<strong>in</strong>zialkapitel <strong>in</strong><br />

Hirsau, <strong>und</strong> Abt Johannes Trithemius von Sponheim (1485-1506) verfasste auf Veranlassung<br />

<strong>de</strong>s Hirsauer Klosterleiters Blasius Scheltrub (1484-1503) <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folge se<strong>in</strong>e „Hirsauer<br />

Chroniken“.<br />

Diszipl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Verfassung <strong>de</strong>s Klosters ließen an <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> zum 16. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong><strong>de</strong>s nach.<br />

Es gab aufsässige Mönche, Abt Blasius wur<strong>de</strong> zeitweilig suspendiert, die B<strong>in</strong>dung an die<br />

Bursfel<strong>de</strong>r Union litt. 1525 wur<strong>de</strong> Hirsau vom Bauernkrieg <strong>in</strong> Mitlei<strong>de</strong>nschaft gezogen, 1535<br />

führte Herzog Ulrich von <strong>Württemberg</strong> (1498-1550) als Klostervogt die Reformation e<strong>in</strong>.<br />

Nach Augsburger Interim (1548) <strong>und</strong> Restitutionsedikt (1629) kehrten vorübergehend katholische<br />

Mönche nach Hirsau zurück. 1556 wur<strong>de</strong> das Kloster <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e evangelische Klosterschule<br />

umgewan<strong>de</strong>lt, die Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Klosteramt. 1807 wur<strong>de</strong> das Klosteramt aufgelöst.<br />

Überstan<strong>de</strong>n haben die Jahrh<strong>und</strong>erte die Hirsauer Klosterru<strong>in</strong>en <strong>und</strong> -gebäu<strong>de</strong>: die Reste<br />

von Kirche (e<strong>in</strong>schließlich <strong>de</strong>s Eulenturms) <strong>und</strong> Kreuzgang, <strong>de</strong>r spätgotische Bibliothekssaal,<br />

die ebenfalls spätgotische Marienkirche, Reste von Sommerrefektorium <strong>und</strong> Umfassungsmauern.<br />

Hohentwiel (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Der Hohentwiel war nicht nur Burg <strong>de</strong>s Herzogs von Schwaben, son<strong>de</strong>rn hier entstand wohl<br />

zwischen 968 <strong>und</strong> 973 auf Betreiben Herzogs Burchard III. (954-973) <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Ehefrau,<br />

<strong>de</strong>r „Herzog<strong>in</strong>“ Hadwig (973-994), auch e<strong>in</strong> eigenständiges Georgskloster benedikt<strong>in</strong>ischer<br />

Ausprägung. Mit <strong>de</strong>m Tod Hadwigs war <strong>de</strong>r Hohentwiel <strong>de</strong>m Zugriff <strong>de</strong>r ottonischen Herrscher<br />

Otto III. (984-1002) <strong>und</strong> He<strong>in</strong>rich II. (1002-1024) preisgegeben. He<strong>in</strong>rich II. verlegte<br />

das Kloster 1005 nach Ste<strong>in</strong> am Rhe<strong>in</strong>, die verlegte Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft wur<strong>de</strong> 1007 <strong>de</strong>m<br />

damals vom König gegrün<strong>de</strong>ten Bistum Bamberg unterstellt.<br />

Honau (Schottenmönche, Stift)<br />

Frühen irischen E<strong>in</strong>fluss im <strong>de</strong>utschen Südwesten verrät das auf <strong>de</strong>r Rhe<strong>in</strong><strong>in</strong>sel nördlich von<br />

Straßburg gegrün<strong>de</strong>te Kloster Honau, für das sieben Urk<strong>und</strong>en <strong>de</strong>s elsässischen Herzogs<br />

Adalbert (684/90-722) <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Verwandten überliefert s<strong>in</strong>d (722-749). Damals leitete e<strong>in</strong><br />

Abtbischof Benedikt das Kloster nach irischer Regel. Dem Nie<strong>de</strong>rgang im 10. folgte die Ausbildung<br />

e<strong>in</strong>es Kanonikerstifts im 11. Jahrh<strong>und</strong>ert, mit Hezel<strong>in</strong> (1047, 1065) ist e<strong>in</strong> Honauer<br />

Propst bezeugt. Das Stift kam 1290 nach Rhe<strong>in</strong>au, 1398 nach Straßburg. Tochtergründun-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 62


gen Honaus waren im 8. Jahrh<strong>und</strong>ert Lautenbach <strong>und</strong> Beromünster.<br />

Isny (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Die 1042 erstmals erwähnte Kirche <strong>de</strong>r Grafen von Altshausen-Ver<strong>in</strong>gen wur<strong>de</strong> 1096 von<br />

Benedikt<strong>in</strong>ermönchen aus <strong>de</strong>m Kloster Hirsau besie<strong>de</strong>lt. Es entstand e<strong>in</strong> Reformkloster Hirsauer<br />

Prägung, das <strong>de</strong>m Papst unterstellt wur<strong>de</strong> (1106) <strong>und</strong> sich durch Zuwendungen <strong>und</strong><br />

Schenkungen Gr<strong>und</strong>besitz im Allgäu erwarb. Im Rahmen e<strong>in</strong>es „topografischen Dualismus“<br />

entstand neben <strong>de</strong>m Kloster bis vor 1235 die Stadt Isny, aus <strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit e<strong>in</strong>e<br />

Reichsstadt wer<strong>de</strong>n sollte. Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen mit <strong>de</strong>n Truchsessen bzw. Grafen von<br />

Waldburg, <strong>de</strong>n Klostervögten, <strong>und</strong> <strong>de</strong>r während <strong>de</strong>r Reformation evangelisch gewor<strong>de</strong>nen<br />

Stadt Isny brachten das Kloster an <strong>de</strong>n Rand se<strong>in</strong>er Existenz. Erst zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

führten Reformen zu e<strong>in</strong>er Vergrößerung <strong>de</strong>s Mönchskonvents <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>er (zeitweisen)<br />

Stabilisierung <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>de</strong>s Klosters. Das R<strong>in</strong>gen um Reichsunmittelbarkeit<br />

<strong>und</strong> Reichsstandschaft en<strong>de</strong>te mit <strong>de</strong>r Anerkennung von Kloster <strong>und</strong> klösterlicher<br />

Lan<strong>de</strong>sherrschaft durch <strong>de</strong>n Kaiser im Jahr 1781. 1802 ist das Kloster aufgehoben wor<strong>de</strong>n.<br />

Kniebis (Franziskaner)<br />

Am stark genutzten Fernweg Augsburg-Straßburg bestand <strong>in</strong> Kniebis vor 1276 e<strong>in</strong> Hospiz<br />

mit e<strong>in</strong>em 1267 von Graf He<strong>in</strong>rich I. von Fürstenberg (v.1245?-1284) zur Kirche erhobenen<br />

Gotteshaus. 1271 sollten hier regulierte Chorherren angesie<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, 1277 f<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich <strong>in</strong><br />

Kniebis die Franziskaner. Letztere nahmen 1341 die Benediktregel an <strong>und</strong> unterstellten sich<br />

<strong>de</strong>m Kloster Alpirsbach unter se<strong>in</strong>em Abt Brun Schenk v. Schenkenberg (1337-1377). Vere<strong>in</strong>bart<br />

wur<strong>de</strong> die freie Wahl <strong>de</strong>s Priors durch <strong>de</strong>n Konvent <strong>in</strong> Kniebis, wobei <strong>de</strong>r Alpirsbacher<br />

Abt <strong>de</strong>n Prior e<strong>in</strong>zusetzen hatte. Im Falle e<strong>in</strong>es Fehlverhaltens <strong>de</strong>s Priors konnte <strong>de</strong>r<br />

Abt <strong>de</strong>n Leiter <strong>de</strong>s Priorats auch absetzen. Der Prior hatte Stimme im Mönchskapitel von<br />

Alpirsbach <strong>und</strong> durfte Besitztransaktionen <strong>und</strong> Pfrün<strong>de</strong>nvergaben nur mit Zustimmung <strong>de</strong>s<br />

Abtes durchführen. Wenig ist <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit über das Priorat zu erfahren. 1463 <strong>und</strong> nochmals<br />

1513 brannten Kirche <strong>und</strong> Klostergebäu<strong>de</strong> nie<strong>de</strong>r <strong>und</strong> wur<strong>de</strong>n danach wie<strong>de</strong>r aufgebaut.<br />

Kastvögte waren zunächst die Grafen von Fürstenberg, dann mit <strong>de</strong>m Übergang <strong>de</strong>s<br />

fürstenbergischen Dornstetten an die Grafschaft <strong>Württemberg</strong> (1320) die württembergischen<br />

Lan<strong>de</strong>sherren. Herzog Ulrich von <strong>Württemberg</strong> (1498-1550) hob 1535 die Kommunität auf.<br />

Zwischen 1549 <strong>und</strong> 1559 kehrten die Mönche nach Kniebis zurück, danach wur<strong>de</strong> das Priorat<br />

endgültig aufgelöst.<br />

Der Besitz <strong>de</strong>s Priorats lag zwischen oberer Nagold <strong>und</strong> Neckar, im Renchtal, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Ortenau<br />

<strong>und</strong> im unteren K<strong>in</strong>zigtal. In Dornstetten <strong>und</strong> Bil<strong>de</strong>ch<strong>in</strong>gen hatte die Geme<strong>in</strong>schaft das Kirchenpatronat<br />

<strong>in</strong>ne. Die Kirche <strong>in</strong> Bil<strong>de</strong>ch<strong>in</strong>gen wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Priorat 1488 <strong>in</strong>korporiert, Fischereirechte<br />

hatte die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft im Elbachsee <strong>und</strong> im Forbach. Von <strong>de</strong>r ehemaligen<br />

Kirche <strong>de</strong>s Priorats stehen noch e<strong>in</strong>ige Ru<strong>in</strong>en aus hochgotischer Zeit, Reste <strong>de</strong>r Vorhalle,<br />

e<strong>in</strong>e spitzbogige Seitenpforte u.ä.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 63


Königseggwald (Franziskaner<strong>in</strong>nen)<br />

E<strong>in</strong> Versuch, 1083 <strong>in</strong> Königseggwald e<strong>in</strong> Kloster zu errichten, en<strong>de</strong>te damit, dass die Klosterstiftung<br />

auf Betreiben Abt Wilhelms von Hirsau (1069-1091) nach St. Georgen im<br />

Schwarzwald „umgeleitet“ wur<strong>de</strong>, Erst 1521 grün<strong>de</strong>ten <strong>in</strong> Königseggwald die Herren von<br />

Königsegg e<strong>in</strong>e Frauenklause, die <strong>de</strong>m Franziskaner<strong>in</strong>nenor<strong>de</strong>n unterstellt wur<strong>de</strong>. Im Dreißigjährigen<br />

Krieg g<strong>in</strong>g die Klause wahrsche<strong>in</strong>lich unter, 1711 wur<strong>de</strong> die beschei<strong>de</strong>ne Geme<strong>in</strong>schaft<br />

neu gegrün<strong>de</strong>t, 1806 diese mit <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>beziehung <strong>de</strong>r Grafschaft Königsegg nach<br />

<strong>Württemberg</strong> aufgehoben.<br />

Komburg (Benedikt<strong>in</strong>er, Stift)<br />

Entstan<strong>de</strong>n ist das Benedikt<strong>in</strong>erkloster (Groß-) Komburg (bei Schwäbisch-Hall) aus e<strong>in</strong>er<br />

Stiftung <strong>de</strong>r Grafen Burkhart, Rugger <strong>und</strong> He<strong>in</strong>rich von Komburg-Rothenburg, die ihren<br />

Stammsitz 1078 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e geistliche Geme<strong>in</strong>schaft umwan<strong>de</strong>lten. Die Mönche kamen zunächst<br />

aus Brauweiler, dann (1086/88) aus Hirsau, so dass Komburg e<strong>in</strong> Reformkloster <strong>de</strong>r Hirsauer<br />

Klosterreform wur<strong>de</strong>. Der wirtschaftlichen <strong>und</strong> geistig-religiösen Aufwärtsentwicklung bis<br />

zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Stauferzeit folgten im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert wirtschaftliche Probleme <strong>und</strong> <strong>in</strong>nere<br />

Streitigkeiten. Nach e<strong>in</strong>er kurzen Phase wirtschaftlicher Stabilität an <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> vom 14. zum<br />

15. Jahrh<strong>und</strong>ert kehrten <strong>in</strong> <strong>de</strong>n darauffolgen<strong>de</strong>n Jahrzehnten die Probleme wie<strong>de</strong>r zurück,<br />

zumal die Mönche aus Haller Patriziat <strong>und</strong> Nie<strong>de</strong>ra<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Umgebung immer mehr e<strong>in</strong>e stiftische<br />

Lebensweise pflegten. Von daher war die 1488 erfolgte Umwandlung Komburgs <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

Ritterstift nur folgerichtig, trotz <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rstands <strong>de</strong>r Stadt Hall <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Benedikt<strong>in</strong>eror<strong>de</strong>ns.<br />

In <strong>de</strong>r frühen Neuzeit entfaltete sich unter Propst Erasmus Neustetter (1551-1594) <strong>und</strong> im<br />

18. Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong>e reiche Bautätigkeit; die Kloster- bzw. Stiftsanlage gleicht auch heute<br />

e<strong>in</strong>er Burg mit <strong>de</strong>r Barockkirche als Mittelpunkt, die wie<strong>de</strong>rum Romanisches wie e<strong>in</strong>en Radleuchter<br />

enthält. 1802 ist das Stift aufgehoben wor<strong>de</strong>n <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> württembergisch.<br />

Das (Groß-) Komburg benachbarte Kle<strong>in</strong>komburg mit <strong>de</strong>r romanischen Ägidiuskirche als Mittelpunkt<br />

wur<strong>de</strong> 1118 vielleicht als Frauenkloster gegrün<strong>de</strong>t, war aber 1248 e<strong>in</strong>e Propstei von<br />

Großkomburg. Im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert sie<strong>de</strong>lten hier Kapuz<strong>in</strong>ermönche, 1803 wur<strong>de</strong> das Kloster<br />

aufgelöst <strong>und</strong> war im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert zeitweise Sitz von Franziskaner<strong>in</strong>nen.<br />

Konstanz (Stadt)<br />

Das römische Konstanz überstand mit Brüchen <strong>und</strong> Kont<strong>in</strong>uitäten (romanische Bevölkerung,<br />

Ortsname) die alemannische „Landnahme“ (4./5. Jahrh<strong>und</strong>ert). In das 7. Jahrh<strong>und</strong>ert gehören<br />

die Anfänge als Bischofssitz, 762 wird Konstanz als civitas bezeichnet. Bischöfliche<br />

Münsterkirche <strong>und</strong> die Pfarrkirche St. Stephan bil<strong>de</strong>ten hier e<strong>in</strong> erstes „Kirchenensemble“,<br />

das <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Karol<strong>in</strong>gerzeit durch Handwerkerviertel <strong>und</strong> Markt e<strong>in</strong>e Erweiterung fand. Vom 9.<br />

bis zum 12. Jahrh<strong>und</strong>ert wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Bischofssitz dann e<strong>in</strong>e Bischofsstadt im spätkarol<strong>in</strong>gischen<br />

Ostfranken- bzw. im ostfränkisch-<strong>de</strong>utschen Reich. Das Wirken Bischof Salomos<br />

III. (890-919) <strong>und</strong> die Kirchengründungen <strong>de</strong>s heiligen Konrad (I., 935-975) gehören hierher,<br />

ebenso die Stiftung <strong>de</strong>s Klosters Petershausen durch Bischof Gebhard II. (979-995). Spätestens<br />

um 900 wur<strong>de</strong> aus Konstanz auch e<strong>in</strong> be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>s Fernhan<strong>de</strong>ls, wie Markt <strong>und</strong><br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 64


Kaufleute sowie e<strong>in</strong>e bischöfliche Münzstätte belegen. In Konstanz nahmen <strong>de</strong>utsche Könige<br />

bis weit <strong>in</strong> die Stauferzeit Aufenthalt, <strong>de</strong>r Ort wur<strong>de</strong> gleichsam zu e<strong>in</strong>er „Hauptstadt“ <strong>in</strong><br />

Schwaben. Als solche überstand Konstanz die Wirren <strong>de</strong>s Investiturstreits unter Bischof<br />

Gebhard III. (1084-1110). Ab <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts verstärkte sich <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>fluss<br />

<strong>de</strong>s Königtums auf Konstanz (königliche Vogtei). Im Reichssteuerverzeichnis von 1241 teilten<br />

sich Bischof <strong>und</strong> König die von <strong>de</strong>r Stadt erhobene Steuer, 1246 ist erstmals das Stadtsiegel<br />

mit <strong>de</strong>m Reichsadler belegt. Doch verzögerte sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit die Loslösung <strong>de</strong>r<br />

Bürgergeme<strong>in</strong><strong>de</strong> vom bischöflichen E<strong>in</strong>fluss. Im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert bil<strong>de</strong>te sich <strong>de</strong>r städtische<br />

Rat, im 14. das Bürgermeisteramt heraus. Die Anerkennung <strong>de</strong>r 19 Zünfte (1342) <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren<br />

Beteiligung am kle<strong>in</strong>en <strong>und</strong> großen Rat (1370, ca.1400) sowie die Formierung <strong>de</strong>s Stadtrechts<br />

gehören ebenfalls zur spätmittelalterlichen Entwicklung, die Konstanz als Reichsstadt<br />

sah. In<strong>de</strong>s scheiterte nicht zuletzt im Schwabenkrieg (1499) die Ausbildung e<strong>in</strong>es städtischen<br />

Territoriums. Konstanz übernahm die Reformation (1524/25), musste sich aber 1548<br />

Österreich <strong>und</strong> damit <strong>de</strong>m katholischen Glauben unterwerfen.<br />

Zu <strong>de</strong>n vielfältigen geistlichen Institutionen <strong>in</strong> Konstanz gehörten <strong>in</strong> Mittelalter <strong>und</strong> früher<br />

Neuzeit das Domkapitel, das wahrsche<strong>in</strong>lich im 10. Jahrh<strong>und</strong>ert entstan<strong>de</strong>ne Kollegiatstift<br />

<strong>de</strong>r Stephanuskirche, das Kollegiatstift St. Johann, das Dom<strong>in</strong>ikanerkloster (1236), das<br />

Franzisikanerkloster (1240) <strong>und</strong> das Kloster <strong>de</strong>r August<strong>in</strong>ereremiten (1268). H<strong>in</strong>zu kam das<br />

Kloster <strong>de</strong>r Schottenmönche (v.1220). Im rekatholisierten Konstanz waren die Jesuiten von<br />

1592 an e<strong>in</strong>e wichtige Institution (Jesuitengymnasium), Kapuz<strong>in</strong>er sie<strong>de</strong>lten ab 1603 <strong>in</strong> Konstanz.<br />

Daneben gab es e<strong>in</strong>e Vielzahl von Frauensammlungen.<br />

Lichtenthal (Zisterzienser<strong>in</strong>nen)<br />

Das Zisterzienser<strong>in</strong>nenkloster Lichtenthal war e<strong>in</strong>e Gründung von Irmengard, <strong>de</strong>r Tochter<br />

<strong>de</strong>s rhe<strong>in</strong>ischen Pfalzgrafen He<strong>in</strong>rich IV. (1195-1214) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ehefrau <strong>de</strong>s badischen Markgrafen<br />

Hermann V. (1190-1243). Es entwickelte sich nach <strong>de</strong>r Stiftung von 1245 zum markgräflichen<br />

Hauskloster, nur wenig vom politischen Zentrum <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> entfernt. Hermann<br />

V. wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r neuen markgräflichen Grablege <strong>in</strong> Lichtenthal beerdigt, 1288 die bis 1424<br />

genutzte Grablege mit <strong>de</strong>r Fürstenkapelle umbaut. Das Kloster wur<strong>de</strong> immer wie<strong>de</strong>r von Äbtiss<strong>in</strong>nen<br />

aus <strong>de</strong>r markgräflichen Familie geleitet. Dies erklärt auch das Interesse <strong>de</strong>r Markgrafen<br />

von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> an e<strong>in</strong>er Klosterreform <strong>in</strong> Lichtenthal im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert, während die badische<br />

Reformation das Kloster im katholischen Glauben beließ. Im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert besie<strong>de</strong>lten<br />

Lichtenthaler Nonnen die <strong>Klöster</strong> Frie<strong>de</strong>nweiler <strong>und</strong> Neud<strong>in</strong>gen a.d. Donau. Das Kloster<br />

überstand unbescha<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Dreißigjährigen <strong>und</strong> Pfälzer Krieg. Noch heute wird das<br />

Frauenkloster mit gotischer Kirche <strong>und</strong> barockem Konventsgebäu<strong>de</strong> von Zisterzienser<strong>in</strong>nen<br />

bewohnt.<br />

Lorch (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Mit <strong>de</strong>n Anfängen <strong>de</strong>r Staufer verb<strong>und</strong>en ist ihr Hauskloster Lorch, e<strong>in</strong> um 1100 gegrün<strong>de</strong>tes<br />

Benedikt<strong>in</strong>erkloster Hirsauer Observanz, das <strong>de</strong>m Papst übergeben (1102) <strong>und</strong> von <strong>de</strong>n<br />

Staufern bevogtet wur<strong>de</strong>. Zusammen mit e<strong>in</strong>em Kollegiatstift an <strong>de</strong>r Lorcher Pfarrkirche diente<br />

das Kloster <strong>de</strong>r Grablege <strong>de</strong>r frühen Staufer. Nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Königsdynastie über-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 65


nahmen die Grafen von <strong>Württemberg</strong> die Klostervogtei, die Kommunität wur<strong>de</strong> e<strong>in</strong> lan<strong>de</strong>sherrliches<br />

Kloster (Melker Reform 1462). Die frühe Neuzeit begann mit <strong>de</strong>r Zerstörung <strong>de</strong>s<br />

Klosters im Bauernkrieg (1525), Herzog Ulrich von <strong>Württemberg</strong> (1498-1550) ließ das Kloster<br />

1535 im Rahmen <strong>de</strong>r Reformation auflösen, e<strong>in</strong>e evangelische Klosterschule bestand <strong>in</strong><br />

Lorch zwischen 1556 <strong>und</strong> 1583, das württembergische Klosteramt bis 1806. Von <strong>de</strong>r romanischen<br />

Klosteranlage ist die dreischiffige Basilika mit Querhaus, Westbau <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em R<strong>und</strong>turm<br />

erhalten, ebenso <strong>de</strong>r spätgotische Nordflügel <strong>de</strong>r Konventsgebäu<strong>de</strong> sowie e<strong>in</strong>ige Wirtschaftsgebäu<strong>de</strong>.<br />

(Ober-) Marchtal (Benedikt<strong>in</strong>er, Prämonstratenser)<br />

In e<strong>in</strong>er Urk<strong>und</strong>e <strong>de</strong>s Klosters St. Gallen von 776 wird e<strong>in</strong> Kloster St. Peter <strong>in</strong> Marchtal (bei<br />

Eh<strong>in</strong>gen) erwähnt, das <strong>de</strong>r Klostergrün<strong>de</strong>r Alaholf aus <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n alemannischen A<strong>de</strong>lsfamilie<br />

<strong>de</strong>r Alaholf<strong>in</strong>ger durch Schenkung an die Schweizer Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>de</strong>m<br />

fränkischen Zugriff entziehen wollte. E<strong>in</strong>er Überlieferung <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts zufolge grün<strong>de</strong>te<br />

Bischof Gebhard II. von Konstanz (979-995) <strong>in</strong> Marchtal e<strong>in</strong> Kanonikerstift St. <strong>Michael</strong><br />

<strong>und</strong> Maria (ca.995), das durch Pfalzgraf Hugo II. von Tüb<strong>in</strong>gen (†1182) neu organisiert wur<strong>de</strong>.<br />

1171 übertrug Hugo das Stift an <strong>de</strong>n Prämonstratenseror<strong>de</strong>n, das mit Mönchen aus Rot<br />

a.d. Rot besie<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>. 1191/96 entstand von Marchtal aus mit Allerheiligen im Schwarzwald<br />

e<strong>in</strong> weiteres Prämonstratenserstift. Neben <strong>de</strong>m Männerkloster gab es <strong>in</strong> Marchtal bis<br />

zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts auch e<strong>in</strong>e Frauengeme<strong>in</strong>schaft, <strong>in</strong>sgesamt lebten dort um<br />

1200 r<strong>und</strong> 20 Chorherren, 20 Konversen <strong>und</strong> 40 Chorfrauen.<br />

Die pfalzgräflichen Vogteirechte am Stift konnten durch Letzteres <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

an das Konstanzer Bistum übertragen wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> gelangten 1357 an die Grafen<br />

von Nellenburg. Seit <strong>de</strong>m 14. Jahrh<strong>und</strong>ert versuchten die Prämonstratenser, Reichsunmittelbarkeit<br />

zu erlangen. 1440 wur<strong>de</strong> das Stift zur Abtei erhoben, seit 1491 ist <strong>de</strong>r Marchtaler Abt<br />

als Besucher von Reichstagen bezeugt, 1518 erlangte das Kloster die Hochgerichtsbarkeit <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Territorium, das im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert aus 22 Orten im Umkreis um Marchtal bestand.<br />

1802 wur<strong>de</strong> das Stift mit se<strong>in</strong>en im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert errichteten Barockbauten aufgehoben,<br />

ab 1806 stand Marchtal unter württembergischer Lan<strong>de</strong>shoheit.<br />

Mariental (Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nen)<br />

Römisches Bad, Herrenhof <strong>de</strong>r badischen Markgrafen, Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nenkloster – so könnte<br />

man die topografische Entwicklung bis zur Gründung e<strong>in</strong>er Frauengeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>heim<br />

a.d. Murr im Jahr 1255 beschreiben. Die Frauensammlung, die sich 1261 <strong>de</strong>m Dom<strong>in</strong>ikaneror<strong>de</strong>n<br />

anschließen konnte, nutzte <strong>de</strong>nn auch die Baulichkeiten <strong>de</strong>s markgräflichen Hofes, <strong>de</strong>r<br />

zum Teil <strong>in</strong> Klosterkirche <strong>und</strong> Kloster e<strong>in</strong>bezogen wer<strong>de</strong>n konnte. Als Versorgungsanstalt für<br />

Töchter aus A<strong>de</strong>l <strong>und</strong> städtischem Patriziat verfügte Mariental über reichen Gr<strong>und</strong>besitz, die<br />

Siedlung Ste<strong>in</strong>heim beim Kloster blieb h<strong>in</strong>gegen wirtschaftlich unbe<strong>de</strong>utend. Im späten Mittelalter<br />

stellte sich die Frauengeme<strong>in</strong>schaft als reichsunmittelbar dar, was württembergischen<br />

E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf notwendige Reformen im Kloster nicht ausschloss (1478). Ausfluss<br />

<strong>de</strong>r Reformen waren die wirtschaftliche Ges<strong>und</strong>ung Marientals, ablesbar am Umbau <strong>de</strong>s<br />

Klosters unter <strong>de</strong>r Prior<strong>in</strong> Ursula von Ramste<strong>in</strong> um 1500, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e geistlich-geistige Erneue-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 66


ung, die die Anzahl <strong>de</strong>r Nonnen wie<strong>de</strong>r steigen ließ. Zwischen 1556 <strong>und</strong> 1582 wur<strong>de</strong> das<br />

Kloster e<strong>in</strong> Opfer <strong>de</strong>r württembergischen Reformation.<br />

Maulbronn (Zisterzienser)<br />

Aus e<strong>in</strong>er „Gründungsurk<strong>und</strong>e“ <strong>de</strong>s Speyerer Bischofs Gunther (1146-1161) von 1148 erfahren<br />

wir e<strong>in</strong>iges über die Entstehung <strong>de</strong>r Zisterze Maulbronn. Initiator <strong>de</strong>r Gründung war e<strong>in</strong><br />

E<strong>de</strong>lfreier namens Walter von Lomersheim, auf <strong>de</strong>ssen Bitten Abt Ulrich vom Neuburger Zisterzienserkloster<br />

auf Walters Erbgut <strong>in</strong> Eckenweiher e<strong>in</strong>e Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft grün<strong>de</strong>te<br />

(1138/39). Doch genügte Eckenweiher <strong>de</strong>n Erfor<strong>de</strong>rnissen e<strong>in</strong>es Klosters nicht, so dass die<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft mit Unterstützung <strong>de</strong>s Bischofs von Speyer nach Maulbronn verlegt<br />

wur<strong>de</strong> (1147). E<strong>in</strong>e Bulle Papst Eugens III. (1145-1153) vom 29. März 1148 privilegierte<br />

schon bald das Kloster, das sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit trotz angespannter Wirtschaftslage <strong>und</strong><br />

trotz e<strong>in</strong>es bestehen<strong>de</strong>n Gegensatzes zwischen staufischen <strong>und</strong> welfischen Parteigängern<br />

etablieren konnte. Die <strong>de</strong>fensio, die „Verteidigung“ <strong>de</strong>s Klosters kam dabei <strong>in</strong> bischöfliche<br />

Hand, die geistliche Geme<strong>in</strong>schaft fand sich e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en <strong>in</strong> das Netzwerk <strong>de</strong>r Stauferanhänger<br />

nördlich <strong>de</strong>r Enz, von <strong>de</strong>nen Bischof Gunther <strong>de</strong>r prom<strong>in</strong>enteste war. Die Schutzurk<strong>und</strong>e<br />

Kaiser Friedrichs I. (1152-1190) vom 8. Januar 1156 kann dann als vorläufiger Endpunkt<br />

<strong>de</strong>r Integration Maulbronns <strong>in</strong> das staufische Herrschaftssystem gelten. Besitzvergrößerung<br />

<strong>und</strong> Rodungstätigkeiten verbesserten unter<strong>de</strong>ssen die wirtschaftliche Situation <strong>de</strong>r<br />

Zisterze, die beispielsweise 1159 massiv gegen die Bewohner <strong>de</strong>s Dorfes Eilf<strong>in</strong>gen vorg<strong>in</strong>g,<br />

um dort e<strong>in</strong>e Grangie zu errichten.<br />

Mit <strong>de</strong>m Tod Bischof Gunthers hörten die engen Beziehungen Maulbronns zum Speyerer<br />

Bistum auf, das Kloster stand während <strong>de</strong>s alexandr<strong>in</strong>ischen Papstschismas (1159-1177) auf<br />

staufischer Seite, <strong>de</strong>r Bischof übte wohl im Auftrag <strong>de</strong>s Kaisers die <strong>de</strong>fensio über die<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft aus. Nach <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n von Venedig (1177) erlangte das Kloster zwei<br />

Papstprivilegien vom 21. Dezember 1177 <strong>und</strong> April 1179. Maulbronner Äbte stan<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Folgezeit weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>de</strong>n staufischen Kaisern <strong>und</strong> Königen, die <strong>de</strong>utschen<br />

Herrscher übten die Schirmvogtei über das Kloster aus, als diesbezügliche Amtsträger s<strong>in</strong>d<br />

wohl ab 1236 die Herren von Niefern-Enzberg, e<strong>in</strong> staufisches M<strong>in</strong>isterialengeschlecht, neben<br />

<strong>de</strong>m Reichsvogt von Wimpfen (1240/43) bezeugt. In spät- <strong>und</strong> nachstaufischer Zeit gerieten<br />

die Reichsrechte gegenüber Maulbronn bald <strong>in</strong>s H<strong>in</strong>tertreffen. Gemäß e<strong>in</strong>em Diplom<br />

König Wilhelms von Holland (1247-1256) vom 23. März 1255 durfte <strong>de</strong>r Bischof von Speyer<br />

<strong>de</strong>n Schirmvogt über die Zisterze e<strong>in</strong>setzen, doch konnten die Herren von Enzberg, die die<br />

Schutzvogtei rücksichtslos ausübten, erst 1270 aus <strong>de</strong>r klösterlichen <strong>de</strong>fensio verdrängt<br />

wer<strong>de</strong>n. 1273 gelangte die Vogtei nochmals ans Reich, ab 1280 übte <strong>de</strong>r Speyerer Bischof<br />

die <strong>de</strong>fensio <strong>in</strong> königlichem Auftrag aus. Die Vogtei wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>n 1360er-Jahren kurpfälzisch,<br />

1504 württembergisch. Das 1554 endgültig evangelisch gewor<strong>de</strong>ne Kloster g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sherrschaft<br />

<strong>de</strong>r württembergischen Herzöge auf.<br />

Die Klosterkultur Maulbronns bewegte sich mit Skriptorium <strong>und</strong> Büchern im Umfeld <strong>de</strong>r Kultur<br />

<strong>de</strong>s Zisterziensertums. Das zisterziensische „Gr<strong>und</strong>gesetz“ <strong>de</strong>r charta caritatis („Urk<strong>und</strong>e<br />

<strong>de</strong>r Liebe“, endgültige Redaktion <strong>in</strong> <strong>de</strong>n 1160er-Jahren) schrieb so e<strong>in</strong>en gewissen M<strong>in</strong><strong>de</strong>ststandard<br />

<strong>in</strong> Quantität <strong>und</strong> Qualität <strong>de</strong>r im Kloster zu benutzen<strong>de</strong>n (liturgischen) Bücher vor,<br />

die damit klösterliche Lebenspraxis untermauern halfen. Das Maulbronner Antiphonar <strong>de</strong>s<br />

Jahres 1249 aus <strong>de</strong>m Kloster Lichtenthal verweist dann direkt auf die damalige zisterziensi-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 67


sche Buchkultur <strong>in</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland. Danach war diese bee<strong>in</strong>flusst vom überragen<strong>de</strong>n<br />

Kultur- <strong>und</strong> Kunstzentrum von Ile-<strong>de</strong>-France <strong>und</strong> Paris, Letzteres auch die Resi<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>s<br />

kapet<strong>in</strong>gisch-französischen Königtums <strong>und</strong> Sitz <strong>de</strong>r wichtigen Universität. Südwest<strong>de</strong>utsche<br />

Zisterzienser studierten <strong>in</strong> Paris, Pariser Handschriften gelangten <strong>in</strong> <strong>de</strong>utsche Zisterzen, liturgische<br />

Bücher orientierten sich am französischen Vorbild, z.B. bei <strong>de</strong>r Notenschrift mit <strong>de</strong>n<br />

L<strong>in</strong>ien. Damit war die klösterliche Buchkultur Südwest<strong>de</strong>utschlands, soweit sie die Zisterzienser<br />

betraf, e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en <strong>in</strong> größere, europäische Zusammenhänge. Das genannte Maulbronn-Lichtenthaler<br />

Antiphonar sowie zwei wohl von e<strong>in</strong>em Maulbronner Mönch Bertolf geschriebene<br />

Graduale aus <strong>de</strong>r Zeit um 1175 beleuchten dann die Situation von Skriptorium<br />

<strong>und</strong> Buchproduktion <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Zisterze Maulbronn im hohen Mittelalter, wenn auch kaum mehr<br />

über die Maulbronner Bücher <strong>de</strong>s 12. <strong>und</strong> 13. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>in</strong> Erfahrung zu br<strong>in</strong>gen ist.<br />

Erhalten geblieben ist immerh<strong>in</strong> die hoch- bis spätmittelalterliche Klosteranlage Maulbronns:<br />

die schmucklose romanische Pfeilerbasilika als Klosterkirche (1147/78) mit <strong>de</strong>m Chorgestühl<br />

aus <strong>de</strong>m 15. Jahrh<strong>und</strong>ert, das Paradies (ca.1215), das W<strong>in</strong>terrefektorium (ca.1230), <strong>de</strong>r Kapitelsaal,<br />

<strong>de</strong>r unterschiedlich gestaltete Kreuzgang (13.-15. Jahrh<strong>und</strong>ert) sowie die zahlreichen<br />

Wirtschaftsgebäu<strong>de</strong> (Küferei, Schmie<strong>de</strong>, Fruchtkasten) <strong>und</strong> die Klostermauer mit <strong>de</strong>n<br />

Wehrtürmen. Im sog. Faustturm <strong>de</strong>s Klosters wohnte <strong>de</strong>r 1509 an <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>lberger Universität<br />

zum Doktor <strong>de</strong>r Theologie promovierte Alchemist Johann (Georg) Faust (*ca.1480-†1540)<br />

im Jahr 1516.<br />

Neresheim (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Als Gründung <strong>de</strong>r Dill<strong>in</strong>ger Grafenfamilie entstand im Jahr 1095 <strong>in</strong> Neresheim (bei Aalen)<br />

unter päpstlichem Schutz (1095/99) e<strong>in</strong> Chorherrenstift, das 1106 <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Benedikt<strong>in</strong>erkloster<br />

umgewan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>. Die Mönche kamen damals aus Petershausen, 1119 aus Zwiefalten.<br />

Neben <strong>de</strong>m Männer- gab es e<strong>in</strong>en Frauenkonvent, <strong>de</strong>r bis zur Mitte <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

bestand. Das Kloster ist um diese Zeit <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Kämpfen zwischen <strong>de</strong>r staufischen <strong>und</strong> päpstlichen<br />

Partei schwer <strong>in</strong> Mitlei<strong>de</strong>nschaft gezogen wor<strong>de</strong>n. Bis 1258 hatten die Dill<strong>in</strong>ger die<br />

Schirmvogtei über die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong>ne, nach 1263 die Grafen von Ött<strong>in</strong>gen. Dem<br />

Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>s Klosters im 14. <strong>und</strong> 15. Jahrh<strong>und</strong>ert begegnete man ab 1481 mit <strong>de</strong>r Kastler<br />

<strong>und</strong> Melker Reformbewegung. 1764 wur<strong>de</strong> die Abtei reichsunmittelbar, 1803 aufgehoben.<br />

Neuenzell (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Sanktblasianischer Überlieferung zufolge grün<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r Freiherr Diethelm von Tiefenste<strong>in</strong> an<br />

se<strong>in</strong>em Herrschaftssitz an <strong>de</strong>r Ibach im Hotzenwald die auf <strong>de</strong>n südlichen Ausläufern <strong>de</strong>s<br />

Schwarzwal<strong>de</strong>s gelegene Zelle, die von Diethelm an das Georgskloster <strong>in</strong> Ste<strong>in</strong> am Rhe<strong>in</strong><br />

übergeben wur<strong>de</strong> (nach 1251/52?). Graf Rudolf IV. von Habsburg (1240-1291), <strong>de</strong>r spätere<br />

König, zerstörte <strong>in</strong><strong>de</strong>s die von Ste<strong>in</strong> aus errichtete Propstei, das Georgskloster trat gegen<br />

e<strong>in</strong>e Entschädigung Neuenzell ab (1266/72), während <strong>de</strong>r Habsburger 1266 nach Wie<strong>de</strong>rherstellung<br />

<strong>de</strong>r Kapelle Letztere mit e<strong>in</strong>er Pfrün<strong>de</strong> für e<strong>in</strong>en Weltgeistlichen dotierte. 1309/15<br />

tradierten die habsburgischen Herzöge Neuenzell mit Ausnahme <strong>de</strong>r Vogtei an das Kloster<br />

St. Blasien, das hier e<strong>in</strong>e Propstei e<strong>in</strong>richtete. Im Verlauf <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

geistlichen Geme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Neuenzell jedoch zunehmend die wirtschaftliche Basis durch<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 68


Güterentfremdungen entzogen, so dass e<strong>in</strong> Konventsleben nicht mehr möglich war. Unter<br />

Propst He<strong>in</strong>rich Gün<strong>de</strong>lwang (1412-n.1430) gelang die Rückgew<strong>in</strong>nung von Eigentumsrechten,<br />

gera<strong>de</strong> auch im Freiwald <strong>und</strong> gegen die Bauern von Görwihl (1425/30), doch fehlen für<br />

die Folgezeit weitere H<strong>in</strong>weise. 1558 wird letztmals e<strong>in</strong> Propst erwähnt, vermutlich wur<strong>de</strong> die<br />

Propstei aufgelöst, seit 1573 ist e<strong>in</strong> „Pfarrherr“ bezeugt. 1787 wur<strong>de</strong> die Pfarrei Neuenzell<br />

geschaffen, 1806/07 fielen mit <strong>de</strong>r Säkularisation <strong>de</strong>s Klosters St. Blasien die ehemaligen<br />

Propsteigüter an das Großherzogtum <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>.<br />

Gemäß <strong>de</strong>m Neuenzeller Weistum von 1320 gehörte <strong>de</strong>m Propst zusammen mit <strong>de</strong>m Habsburger<br />

Vogt e<strong>in</strong> von <strong>de</strong>n Freien gebil<strong>de</strong>ter Gerichtsverband, <strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>n D<strong>in</strong>ghöfen Birk<strong>in</strong>gen,<br />

Görwihl, Hochsal <strong>und</strong> Oberalpfen tagte. Das Propsteigebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts ist heute<br />

Pfarrhaus, die Kirche stammt von 1698/99.<br />

Oberndorf (August<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen)<br />

Erstmals erwähnt wird das von <strong>de</strong>n Herzögen von Teck gestiftete <strong>und</strong> großzügig ausgestattete<br />

Kloster <strong>de</strong>r August<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Oberndorf zum Jahr 1264. Damals wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Frauenkonvent<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Or<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r August<strong>in</strong>ereremiten aufgenommen. Um 1280 ist die Marienkirche<br />

<strong>de</strong>r geistlichen Geme<strong>in</strong>schaft bezeugt, <strong>de</strong>r Kommunität gehörten Frauen aus <strong>de</strong>m Nie<strong>de</strong>ra<strong>de</strong>l<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>m städtischen Bürgertum an. Begütert waren die August<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re <strong>in</strong> Boch<strong>in</strong>gen, im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert geriet das Kloster <strong>in</strong> wirtschaftliche<br />

Schwierigkeiten, die Zahl <strong>de</strong>r Schwestern g<strong>in</strong>g auf e<strong>in</strong>e zurück (1555). 1557 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Frauenkonvent<br />

durch e<strong>in</strong> Männerkloster ersetzt, die Klostergebäu<strong>de</strong> wichen nach 1596 <strong>und</strong> nochmals<br />

1772/77 Neubauten (Oberndorfer Klosterkirche). Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wur<strong>de</strong><br />

das Kloster aufgelöst.<br />

Oberried (Wilhelmiten, Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Das Breisgaukloster Oberried war 1237 von <strong>de</strong>n Herren von Tengen als Zisterzienser<strong>in</strong>nengeme<strong>in</strong>schaft<br />

gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n. Doch bewirkten im Jahr 1243 Besitzstreitigkeiten die Rückkehr<br />

<strong>de</strong>r Nonnen nach Günterstal, e<strong>in</strong>er bei Freiburg gelegenen, 1220/24 gegrün<strong>de</strong>ten<br />

Zisterze. 1252 besie<strong>de</strong>lten Mönche <strong>de</strong>s Hagenauer Wilhelmitenklosters Marienpforte Oberried.<br />

Das Kloster Maria Kron war e<strong>in</strong> eigenständiges Priorat, bis es 1507 <strong>de</strong>n Freiburger Wilhelmiten<br />

unterstellt wur<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>r Folgezeit wur<strong>de</strong>n im Zusammenschluss mit <strong>de</strong>n Wilhelmitenklöstern<br />

Freiburg <strong>und</strong> Mengen wie<strong>de</strong>rholt Reformen durchgeführt, das 17. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

sah die mehrmalige Zerstörung <strong>de</strong>s Oberrie<strong>de</strong>r Klosters. Das R<strong>in</strong>gen um das ordnungsgemäße<br />

klösterliche Leben führte 1723/24 zur Inkorporierung <strong>de</strong>r südwest<strong>de</strong>utschen Wilhelmitenklöster<br />

<strong>in</strong> die Benedikt<strong>in</strong>erabtei St. Blasien. Bis zur Säkularisation im Jahr 1806 war Oberried<br />

benedikt<strong>in</strong>isches Priorat.<br />

Ochsenhausen (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

1093 wur<strong>de</strong> das Georgskloster Ochsenhausen (bei Biberach) durch Angehörige e<strong>in</strong>es welfischen<br />

M<strong>in</strong>isterialengeschlechts gegrün<strong>de</strong>t. Die benedikt<strong>in</strong>ische Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft unterstand<br />

als Priorat <strong>de</strong>m Schwarzwaldkloster St. Blasien, bevogtet wur<strong>de</strong> sie von <strong>de</strong>n welfi-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 69


schen Herzögen. Dabei blieb es auch im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert, wie e<strong>in</strong> Diplom König Konrads III.<br />

(1138-1152) von 1152 aufzeigt. Größe <strong>und</strong> Wachstum <strong>de</strong>s Priorats führten im späteren Mittelalter<br />

zu e<strong>in</strong>er zunehmen<strong>de</strong>n Verselbstständigung Ochsenhausens vom Mutterkloster. Im<br />

Großen Papstschisma ergriffen Mutter- <strong>und</strong> Tochterkonvent Partei für verschie<strong>de</strong>ne Päpste,<br />

<strong>de</strong>r römische Papst Bonifaz IX. (1389-1404) bestimmte 1391 die Loslösung Ochsenhausens<br />

von St. Blasien, die 1404 durch <strong>de</strong>n Konstanzer Bischof bestätigt wur<strong>de</strong>.<br />

Wichtig für die Entwicklung <strong>de</strong>s Priorats war die Bevogtung Ochsenhausens <strong>und</strong> se<strong>in</strong>es umfangreichen<br />

Besitzes – im Spätmittelalter ersche<strong>in</strong>en die Klosterämter Ochsenhausen,<br />

Tannheim, W<strong>in</strong>terrie<strong>de</strong>n, Ummendorf <strong>und</strong> Sulmet<strong>in</strong>gen – durch die staufischen Könige nach<br />

<strong>de</strong>m welfischen Erbfall (1190/91), dann (1343) durch die Reichsstadt Ulm <strong>in</strong> königlichem<br />

Auftrag. Die E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten <strong>de</strong>r Stadt auf die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft waren dabei mitunter<br />

beträchtlich, beson<strong>de</strong>rs zur Zeit <strong>de</strong>r Reformation. Die im Gr<strong>und</strong>e königliche Klostervogtei<br />

war Voraussetzung für das Schutzprivileg König Ferd<strong>in</strong>ands I. (†1558) von 1548, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m<br />

Ochsenhausen Hoch- <strong>und</strong> Nie<strong>de</strong>rgerichtsbarkeit sowie weitere Reichsfreiheiten zugestan<strong>de</strong>n<br />

wur<strong>de</strong>n. Das Reichsprälatenkloster wur<strong>de</strong> 1802 säkularisiert.<br />

Petershausen (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Petershausen war e<strong>in</strong>e Gründung <strong>de</strong>s Konstanzer Bischofs Gebhard II. (979-995) vor <strong>de</strong>n<br />

Toren se<strong>in</strong>es Bischofssitzes Konstanz (v.983); Klosterpatron war <strong>de</strong>r heilige Papst Gregor I.<br />

(590-604), entsprechend <strong>de</strong>r damals nach römischem Vorbild ausgestalteten Konstanzer<br />

„Kirchenlandschaft“. Als Teil <strong>de</strong>r ottonisch-salischen Reichskirche wur<strong>de</strong> Petershausen mit<br />

Privilegien etwa König Ottos III. (984-1002) ausgestattet (993/94). Auch wur<strong>de</strong> die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

im Zeitalter <strong>de</strong>s Investiturstreits von <strong>de</strong>r Klosterreform erfasst, Bischof Gebhard<br />

III. von Konstanz (1084-1110) bewirkte bei se<strong>in</strong>em bischöflichen Eigenkloster e<strong>in</strong>e<br />

Neuorientierung h<strong>in</strong> zur Hirsauer Reformrichtung. Zwischen 1134 <strong>und</strong> 1156 verfasste e<strong>in</strong><br />

unbekannter Mönch aus Petershausen e<strong>in</strong>e Chronik se<strong>in</strong>es Klosters, zwischen 1162 <strong>und</strong><br />

1180 errichtete man e<strong>in</strong>e neue Klosterkirche, die bis 1832 bestand. Durch die königlichen<br />

Privilegien von 1214 <strong>und</strong> 1225 wur<strong>de</strong> das Kloster zur Reichsabtei, die Klostervogtei blieb<br />

trotz Begehrlichkeiten von Seiten <strong>de</strong>s Konstanzer Patriziats im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> königlicher<br />

Hand. Auch konnten Versuche <strong>de</strong>s Konstanzer Bischofs Hugo von Hohenlan<strong>de</strong>nberg (1496-<br />

1530), das Kloster zu <strong>in</strong>korporieren, mit Unterstützung Kaiser Maximilians I. (1493-1519)<br />

abgewehrt wer<strong>de</strong>n.<br />

Petershausen trat im Rahmen <strong>de</strong>s Konstanzer Konzils (1414-1418) als Ort <strong>de</strong>r Zusammenkunft<br />

<strong>de</strong>s Benedikt<strong>in</strong>erkapitels <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>nsprov<strong>in</strong>z Ma<strong>in</strong>z-Bamberg im Jahr 1417 prom<strong>in</strong>ent <strong>in</strong><br />

Ersche<strong>in</strong>ung; ebenso war Petershausen im Jahr 1447 nochmals Tagungsort <strong>de</strong>s Prov<strong>in</strong>zialkapitels.<br />

Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts traten zunehmend wirtschaftliche Schwierigkeiten<br />

<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung, die aber unter Abt Johannes Merk (1518-1524) überw<strong>und</strong>en wer<strong>de</strong>n<br />

konnten. Zwischen 1528 <strong>und</strong> 1556 ruhte als Folge <strong>de</strong>r Reformation <strong>in</strong> Konstanz weitgehend<br />

das katholische Klosterleben, erst die Rekatholisierung <strong>de</strong>r Stadt am Bo<strong>de</strong>nsee führte zur<br />

Wie<strong>de</strong>rbesiedlung <strong>de</strong>s Klosters mit katholischen Mönchen. Danach blieb Petershausen<br />

Reichskloster <strong>und</strong> konnte diese Stellung <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Besitz e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en Klosterterritoriums um<br />

Hilz<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Herdwangen als Mitglied <strong>de</strong>r oberschwäbischen Benedikt<strong>in</strong>erkongregation<br />

gegenüber <strong>de</strong>n Übergriffen <strong>de</strong>r habsburgisch-vor<strong>de</strong>rösterreichischen Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r Stadt Konstanz behaupten. 1802 ist die Abtei aufgehoben wor<strong>de</strong>n, das Klosterterritorium<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 70


wur<strong>de</strong> badisch.<br />

Reichenau (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Das um 724 gegrün<strong>de</strong>te Kloster Reichenau wur<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>n karol<strong>in</strong>gischen Kaisern <strong>und</strong> Königen<br />

Reichsabtei. Überhaupt war das 9. Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong>e erste Blütezeit <strong>de</strong>s Klosters, <strong>de</strong>r<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r 1. Hälfte <strong>de</strong>s 11. Jahrh<strong>und</strong>erts unter <strong>de</strong>m Reformmönch Bern (1008-1048) e<strong>in</strong>e zweite<br />

folgte. Aus <strong>de</strong>m frühen Mittelalter s<strong>in</strong>d von <strong>de</strong>r Reichenau <strong>de</strong>r berühmte St. Galler Klosterplan<br />

(ca.820) überliefert, weiter die herausragen<strong>de</strong>n Kodizes <strong>de</strong>r Reichenauer Schreib- <strong>und</strong><br />

Malschule (970-1030), <strong>in</strong>sgesamt r<strong>und</strong> 50 illustrierte liturgische Handschriften wie <strong>de</strong>r Trierer<br />

Egbert-Co<strong>de</strong>x, mit Unterstützung <strong>de</strong>r Reichenauer Mönche Kerald <strong>und</strong> Heribert um 985/90<br />

angefertigt, das Aachener Liuthar-Evangeliar mit <strong>de</strong>m „Krönungsbild“ Kaiser Ottos III.<br />

(ca.995/1000, sakrales Königtum <strong>und</strong> Christomimese <strong>de</strong>r ottonisch-salischen Herrscher), die<br />

Bamberger Apokalypse (n.1000) o<strong>de</strong>r das berühmte Perikopenbuch (Evangelistar) Kaiser<br />

He<strong>in</strong>richs II. (n.1007). In Totenge<strong>de</strong>nken <strong>und</strong> Gebetsverbrü<strong>de</strong>rung waren die Mönche verb<strong>und</strong>en<br />

mit an<strong>de</strong>ren geistlichen Kommunitäten (Reichenauer Verbrü<strong>de</strong>rungsbuch <strong>und</strong> Totenbuch),<br />

das Gebetsge<strong>de</strong>nken ließ Verstorbene um ihres Seelenheils willen nicht <strong>in</strong> Vergessenheit<br />

geraten.<br />

Vorromanische Architektur lässt sich anhand <strong>de</strong>r Georgskirche <strong>in</strong> Reichenau-Oberzell beobachten.<br />

Der Reichenauer Abt <strong>und</strong> Ma<strong>in</strong>zer Erzbischof Hatto (III., 888-913; I., 891-913) ließ<br />

hier e<strong>in</strong>e Klosterzelle <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Kirche zu Ehren <strong>de</strong>s heiligen Georg errichten. Die dreischiffige<br />

Kirche mit <strong>de</strong>n niedrigen Seitenschiffen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m rechteckigen, am Turm hochgezogenen<br />

Chor, die wir vom Aufbau her als das Bauwerk aus <strong>de</strong>r Zeit Hattos ansehen können, wur<strong>de</strong><br />

im beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong>n 12. Jahrh<strong>und</strong>ert nach Westen h<strong>in</strong> erweitert durch e<strong>in</strong>e Vor- o<strong>de</strong>r E<strong>in</strong>gangshalle,<br />

über <strong>de</strong>r sich e<strong>in</strong>e <strong>Michael</strong>skapelle bef<strong>in</strong><strong>de</strong>t. Die Krypta unterhalb <strong>de</strong>s Chors ist e<strong>in</strong>e<br />

quadratische Halle; vier Säulen umrahmen hier e<strong>in</strong>en Altar. Im Zentrum <strong>de</strong>r Wandmalereien<br />

<strong>de</strong>s 10. Jahrh<strong>und</strong>erts im Langhaus <strong>de</strong>r Georgskirche stehen betitelte Szenen aus <strong>de</strong>m Leben<br />

Jesu, die <strong>de</strong>n Evangelien entnommen s<strong>in</strong>d; Jesus wird dargestellt als <strong>de</strong>r Heil br<strong>in</strong>gen<strong>de</strong><br />

Christus, übernatürlich <strong>und</strong> doch <strong>in</strong> nächster Nähe zu <strong>de</strong>n Menschen.<br />

Romanischer Baustil löste im Kirchenbau (zuerst am Oberrhe<strong>in</strong>) seit Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 11. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

die Vorromanik ab. Zur Romanik gehören u.a. das Deckengewölbe aus Ste<strong>in</strong>, die<br />

Joche <strong>de</strong>s Langschiffs, Oberga<strong>de</strong>nfenster, r<strong>und</strong>bogige Fenster <strong>und</strong> Türen, Mehrturmanlagen.<br />

Romanisches f<strong>in</strong><strong>de</strong>t sich bei <strong>de</strong>r 799 gegrün<strong>de</strong>ten Kirche St. Peter <strong>und</strong> Paul <strong>in</strong> Reichenau-Unterzell,<br />

das ursprüngliche Gotteshaus wur<strong>de</strong> nach zwei Brän<strong>de</strong>n zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts durch die noch heute bestehen<strong>de</strong> dreischiffige Säulenbasilika (mit Doppelturmanlage)<br />

ersetzt, im 1104 fertiggestellten Chor <strong>de</strong>r Kirche thront <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wandbild <strong>de</strong>r<br />

Reichenauer Malschule das überlebensgroße Bild <strong>de</strong>s Christus Pantokrator.<br />

Das Münster St. Markus <strong>in</strong> Reichenau-Mittelzell verb<strong>in</strong><strong>de</strong>t verschie<strong>de</strong>ne Baustile. Die drei<br />

Seitenschiffe, das West- <strong>und</strong> das Ostquerhaus s<strong>in</strong>d romanisch – die Markusbasilika wur<strong>de</strong><br />

unter Abt Bern erbaut –, e<strong>in</strong> Turm schließt das Gotteshaus nach Westen h<strong>in</strong> ab. Der Ostabschluss<br />

ist e<strong>in</strong> gotischer Chor aus <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts. Zur gotischen Baukunst<br />

lassen sich dann stellen: die Tiefenglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Kirchenwand, das Maßwerk, Netz- <strong>und</strong><br />

Sterngewölbe, e<strong>in</strong>e reich geglie<strong>de</strong>rte Außenfassa<strong>de</strong>, die Hallenkirche, die Doppeltürme <strong>und</strong><br />

die E<strong>in</strong>turmfront.<br />

Im späteren Mittelalter trat <strong>de</strong>r wirtschaftliche <strong>und</strong> geistige Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>r adligen Mönchs-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 71


geme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Klosterbrand von 1235 verstärkte diese Entwicklung, die auch zur Aufgabe<br />

<strong>de</strong>r vita communis führte. Von <strong>de</strong>n Klosterreformen <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts unberührt,<br />

wur<strong>de</strong> im Jahr 1540 die Abtei als Priorat <strong>de</strong>m Konstanzer Bistum <strong>in</strong>korporiert. 1803 erfolgte<br />

die Säkularisation.<br />

(Kloster-) Reichenbach (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Das Priorat Reichenbach war e<strong>in</strong>e Gründung Abt Wilhelms von Hirsau (1069-1091), <strong>de</strong>r<br />

1082 auf Veranlassung <strong>de</strong>s adligen <strong>Stifte</strong>rs Bern die cella sancti Gregorii im Schwarzwald an<br />

<strong>de</strong>r Murg errichtete. Die enge Verflechtung mit Hirsau blieb <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit bestehen, <strong>de</strong>r<br />

Hirsauer Abt besaß das Recht <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>- <strong>und</strong> Absetzung <strong>de</strong>s Reichenbacher Priors, Loslösungsten<strong>de</strong>nzen<br />

<strong>de</strong>s Priorats wur<strong>de</strong>n erfolgreich unterb<strong>und</strong>en. Die Vogtei über Priorat <strong>und</strong><br />

Klosterbesitz besaßen zunächst die Grafen von Calw, um 1200 die Pfalzgrafen von Tüb<strong>in</strong>gen,<br />

im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert die Grafen von Eberste<strong>in</strong>. 1399 erlangten die Markgrafen von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong><br />

e<strong>in</strong>en Anteil an <strong>de</strong>r Kastvogtei, Markgraf Bernhard I. von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> (1372-1431) erhöhte im Interesse<br />

se<strong>in</strong>er Lan<strong>de</strong>sherrschaft <strong>de</strong>n Druck auf das Priorat, <strong>de</strong>ssen Mönche wohl daraufh<strong>in</strong> zur<br />

Besitzwahrung <strong>und</strong> -dokumentation das Reichenbacher Urbar von 1427 anfertigten. Das<br />

E<strong>in</strong>greifen <strong>de</strong>r Grafen von <strong>Württemberg</strong> auf Hirsauer Seite führte dazu, dass Reichenbach im<br />

15. <strong>und</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>ert ständiges Streitobjekt zwischen <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> <strong>und</strong> <strong>Württemberg</strong> wur<strong>de</strong>. So<br />

setzte Markgraf Karl I. von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> (1453-1475) im Jahr 1472 gewaltsam se<strong>in</strong>en Kandidaten<br />

als Prior durch, die Zusammensetzung <strong>de</strong>s Konvents, <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Landa<strong>de</strong>l <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Ratsfamilien<br />

<strong>de</strong>r Umgebung kam, wur<strong>de</strong> im badischen S<strong>in</strong>ne bee<strong>in</strong>flusst. Die Reformation <strong>und</strong> die<br />

Säkularisierung Hirsaus (1535) durch <strong>de</strong>n <strong>Württemberg</strong>er Herzog Ulrich I. (1498-1550) verstärkten<br />

<strong>de</strong>n Streit, da Reichenbach unter badischer Kontrolle <strong>und</strong> somit katholisch blieb.<br />

1595 besetzte Herzog Friedrich I. von <strong>Württemberg</strong> (1568-1608) Reichenbach, 1602 erwarb<br />

er die Vogteirechte, 1603 wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> Reichenbach die Reformation e<strong>in</strong>geführt. Nach e<strong>in</strong>em<br />

katholischen Zwischenspiel zwischen Restitutionsedikt (1629) <strong>und</strong> Westfälischem Frie<strong>de</strong>n<br />

(1648) wur<strong>de</strong> Reichenbach endgültig württembergisch.<br />

Das Reichenbacher Schenkungsbuch aus <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> das Reichenbacher<br />

Urbar von 1427 geben e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>de</strong>s Priorats. Danach<br />

besaß die geistliche Kommunität im späten Mittelalter nicht nur das Klosterterritorium<br />

im oberen Murgtal, son<strong>de</strong>rn auch Besitzschwerpunkte im Gebiet von Neckar <strong>und</strong> oberer Nagold<br />

sowie Streubesitz um Oppenau, Achern, Gernsbach, Ettl<strong>in</strong>genweier <strong>und</strong> Pforzheim. Das<br />

Urbar verweist auf Ortsherrschaften, Gerichtsrechte, Frondienste <strong>und</strong> Abgaben an über 60<br />

Orten, teilweise schimmert noch die hochmittelalterliche Fronhofsverfassung <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>herrschaft<br />

durch.<br />

Die heutige Reichenbacher Kirche geht, was Langhaus, Vorhalle <strong>und</strong> Westturmpaar betrifft,<br />

auf das Gotteshaus von o<strong>de</strong>r kurz nach 1082 zurück. Verän<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong> im ausgehen<strong>de</strong>n 12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>de</strong>r Chor, zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts die Vorhalle. Die Klosteranlage wur<strong>de</strong><br />

nach <strong>de</strong>r württembergischen Okkupation durch e<strong>in</strong>e R<strong>in</strong>gmauer geschützt.<br />

Be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Prioren aus Reichenbach waren Theoger von St. Georgen (ca.1085-1088) <strong>und</strong><br />

Wolfram Maiser von Berg (1423-1428), <strong>de</strong>r die Nie<strong>de</strong>rschrift <strong>de</strong>s Reichenbacher Urbars veranlasste.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 72


(Bad) Rippoldsau (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

E<strong>in</strong>e Urk<strong>und</strong>e Papst Alexan<strong>de</strong>rs III. (1159-1181) für das Kloster St. Geor-gen im Schwarzwald<br />

erwähnt zum 26. März 1179 erstmals die „Zelle <strong>de</strong>s heiligen Nikolaus auf <strong>de</strong>m Gut Rippoldsau“,<br />

e<strong>in</strong> Priorat im Besitz <strong>de</strong>s Klosters an <strong>de</strong>r Brigach, wohl um 1140 von <strong>de</strong>n Herren<br />

von Wolfach gegrün<strong>de</strong>t. Kirchenvögte waren die Herren von Wolfach, ab 1306 die Grafen<br />

von Fürstenberg. Im Zuge <strong>de</strong>s Übertritts <strong>de</strong>s Grafen Wilhelm von Fürstenberg (1509-1549)<br />

zum Protestantismus wur<strong>de</strong> 1537 <strong>in</strong> Rippoldsau die Reformation e<strong>in</strong>geführt <strong>und</strong> die Klostergüter<br />

e<strong>in</strong>gezogen. Die Konventualen flüchteten nach Vill<strong>in</strong>gen, konnten aber 1549 wie<strong>de</strong>r<br />

zurückkehren. Aus <strong>de</strong>m 17. Jahrh<strong>und</strong>ert ist über das „<strong>Klöster</strong>le<strong>in</strong>“ wenig zu erfahren, im Dreißigjährigen<br />

Krieg (1618-1648) kam das monastische Leben fast zum Erliegen. Im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

bil<strong>de</strong>te sich am Priorat Rippoldsau e<strong>in</strong>e Marienwallfahrt aus, die <strong>de</strong>n Mönchen e<strong>in</strong>e<br />

verstärkte Bautätigkeit ermöglichte, im Jahr 1802 wur<strong>de</strong> das Priorat badisch, säkularisiert<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Pfarrei umgewan<strong>de</strong>lt.<br />

Rot a.d. Rot (Prämonstratenser)<br />

Als ältestes Prämonstratenserkloster im <strong>de</strong>utschen Südwesten wur<strong>de</strong> Rot a.d. Rot im Jahr<br />

1126 wohl von Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Familie <strong>de</strong>r Herren von Wolfertschwen<strong>de</strong>n um Hemma von<br />

Wil<strong>de</strong>nberg gegrün<strong>de</strong>t. Die Besiedlung erfolgte mit Mönchen aus Prémontré, 1132/33 erhielt<br />

die Kommunität auf Veranlassung <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>nsgrün<strong>de</strong>rs Norbert von Xanten (†1134) e<strong>in</strong> erstes<br />

Papstprivileg, <strong>de</strong>m im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert weitere folgten (1152, 1182). Zwischen 1126 <strong>und</strong><br />

1140 bestand <strong>in</strong> Rot e<strong>in</strong> Doppelkloster, die Nonnengeme<strong>in</strong>schaft sie<strong>de</strong>lte dann nach St. Johann<br />

(südlich von Rot) um, wo das Frauenkloster bis um 1360 Bestand gehabt hatte. Das<br />

Männerkloster geriet im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> massive wirtschaftliche Schwierigkeiten, mit Abt<br />

Mart<strong>in</strong> Hesser (1420-1457) begann e<strong>in</strong>e Phase <strong>de</strong>r Konsolidierung, die auch mit Bautätigkeiten<br />

am Kloster e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>g. Behauptet <strong>und</strong> ausgebaut wer<strong>de</strong>n konnte die Reichsunmittelbarkeit<br />

<strong>de</strong>r Abtei, die <strong>in</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit auf <strong>de</strong>m Reichstag als Prälatenkloster Sitz <strong>und</strong><br />

Stimme hatte. Der Erwerb <strong>de</strong>r Hochgerichtsbarkeit von <strong>de</strong>n habsburgischen Herzögen im<br />

Jahr 1616 r<strong>und</strong>ete die Rechte <strong>de</strong>s Klosters <strong>in</strong> <strong>de</strong>ssen Territorium entschei<strong>de</strong>nd ab, das engere<br />

Klostergebiet umfasste bei <strong>de</strong>r Säkularisation 13 Dörfer mit knapp 3000 E<strong>in</strong>wohnern,<br />

darüber h<strong>in</strong>aus verfügte die Abtei über weiteren (Streu-) Besitz <strong>in</strong> <strong>de</strong>r näheren Umgebung.<br />

Die Zäsuren <strong>de</strong>s Dreißigjährigen Krieges <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Brandkatastrophe von 1681 führten zur<br />

barocken Neugestaltung <strong>de</strong>s Klosters. Das Kloster ist 1802/03 aufgehoben wor<strong>de</strong>n <strong>und</strong> wur<strong>de</strong><br />

1806 württembergisch.<br />

Rottenmünster (Zisterzienser<strong>in</strong>nen)<br />

Geistliche Frauengeme<strong>in</strong>schaften <strong>de</strong>s hohen Mittelalters waren Ausfluss e<strong>in</strong>er religiösen<br />

Frauenbewegung, e<strong>in</strong>er mittelalterlichen Suche nach e<strong>in</strong>em christlichen Leben <strong>in</strong> Armut,<br />

Demut <strong>und</strong> Fürsorge für <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren. Auch <strong>in</strong> Rottweil fan<strong>de</strong>n sich bei <strong>de</strong>r Altstadt <strong>in</strong> Hochmauren<br />

Frauen zu e<strong>in</strong>er (irregulären) geistlichen Kommunität zusammen (1217), die sich<br />

<strong>de</strong>m Zisterzienseror<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Abt von Salem unterstellte (1223) <strong>und</strong> von Papst <strong>und</strong> Kaiser<br />

privilegiert wur<strong>de</strong> (1224, 1237). Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Schutz durch König <strong>und</strong> Reich sollte <strong>de</strong>n<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 73


Weg <strong>de</strong>r Frauengeme<strong>in</strong>schaft zu e<strong>in</strong>em Reichsstift eröffnen. Spätes Mittelalter <strong>und</strong> frühe<br />

Neuzeit sahen die Kommunität als reichsunmittelbar <strong>und</strong> reichsständisch unter <strong>de</strong>r Leitung<br />

e<strong>in</strong>er Fürstäbtiss<strong>in</strong> sowie im Besitz e<strong>in</strong>es Territoriums, mit <strong>de</strong>m <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re Nie<strong>de</strong>rgerichtsbarkeit<br />

<strong>und</strong> Ortsherrschaft <strong>in</strong> <strong>de</strong>n südlich <strong>und</strong> östlich von Rottweil gelegenen Dörfern<br />

Aixheim, Frittl<strong>in</strong>gen, Neukirch, Lauffen <strong>und</strong> Zepfenhan verb<strong>und</strong>en war. Westlich von Rottweil<br />

hatte die Frauengeme<strong>in</strong>schaft zu<strong>de</strong>m Besitz <strong>in</strong> Dunn<strong>in</strong>gen, Hardt, Locherhof <strong>und</strong> Seedorf.<br />

Schutzherren <strong>und</strong> Vögte Rottenmünsters waren zunächst die königlichen Amtsträger <strong>in</strong><br />

Rottweil, später resultierte aus <strong>de</strong>n vogteilichen Ansprüchen <strong>de</strong>r Reichsstadt gegenüber <strong>de</strong>r<br />

Frauengeme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong>e Reihe von Streitigkeiten.<br />

Wirtschaftlich nahm Rottenmünster im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong>en enormen Aufschwung, die wohl<br />

bis zu 140 Nonnen kamen aus <strong>de</strong>m regionalen Hoch- <strong>und</strong> Nie<strong>de</strong>ra<strong>de</strong>l, später auch aus <strong>de</strong>m<br />

Bürgertum <strong>de</strong>r unmittelbar benachbarten Reichsstadt. Im W<strong>in</strong>dschatten <strong>de</strong>r Reichsstadt überstand<br />

das Stift die Reformation, zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts ist die Abtei aufgelöst<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Rottweil (Stadt)<br />

Rottweil tritt als Arae Flaviae <strong>de</strong>r römischen Antike <strong>und</strong> als Rotuvilla <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mittelalterlichen<br />

Urk<strong>und</strong>e von 771 <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung, für die Zeit Karls <strong>de</strong>s Großen (768-814) wird e<strong>in</strong> Königshof<br />

bei <strong>de</strong>r Rottweiler Altstadt erkennbar, Aufenthalte spätkarol<strong>in</strong>gischer <strong>und</strong> salischer Herrscher<br />

<strong>in</strong> diesem Vorort <strong>de</strong>s schwäbischen Herzogtums s<strong>in</strong>d bezeugt. In staufischer Zeit entwickelte<br />

sich nördlich <strong>de</strong>s Königshofes e<strong>in</strong>e befestigte Stadt, 1241 wird Rottweil im Reichssteuerverzeichnis<br />

genannt. Im späten Mittelalter wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r königlichen Stadt e<strong>in</strong>e Reichsstadt<br />

(Gerichtshoheit 1299, 1359; Privileg gegen Verpfändung 1348). 1415 erlangte diese das<br />

königliche (Rottweiler) Pürschgericht als Reichslehen, 1434 e<strong>in</strong>e „Gol<strong>de</strong>ne Bulle“ von Kaiser<br />

Sigism<strong>und</strong> (1411-1437), die alle bis dah<strong>in</strong> erworbenen Rechte bestätigte. Parallel dazu<br />

schritt die <strong>in</strong>nere Entwicklung voran, Patriziat <strong>und</strong> elf bzw. neun Zünfte waren 1316 im Großen<br />

<strong>und</strong> Kle<strong>in</strong>en Rat <strong>de</strong>r Stadt vertreten, e<strong>in</strong>e Verfassungsreform schuf 1378 das Gremium<br />

<strong>de</strong>r Zwei<strong>und</strong>zwanziger, aus <strong>de</strong>m später das <strong>de</strong>r Achtzehner wur<strong>de</strong>. An <strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>r Stadt<br />

stan<strong>de</strong>n noch <strong>de</strong>r Obervogt, <strong>de</strong>r Pürschvogt, <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschafts- <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Spitaloberpfleger.<br />

Die Repräsentanten <strong>de</strong>r vornehmsten Stadtämter waren zu<strong>de</strong>m Beisitzer im Rottweiler Hofgericht,<br />

das sich als höchste Instanz freiwilliger Gerichtsbarkeit <strong>in</strong> dieser Form unter König<br />

Rudolf I. von Habsburg (1273-1291) ausgebil<strong>de</strong>t hatte. Die frühe Neuzeit sah Rottweil, weitgehend<br />

unberührt von <strong>de</strong>r Reformation, als katholische Reichsstadt, die 1806 an das Königreich<br />

<strong>Württemberg</strong> überg<strong>in</strong>g.<br />

Seit <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts gab es <strong>in</strong> Rottweil e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Johanniterkommen<strong>de</strong>,<br />

1266 entstand <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Reichsstadt e<strong>in</strong> Dom<strong>in</strong>ikanerkloster, zuständig u.a. für die dom<strong>in</strong>ikanische<br />

Frauengeme<strong>in</strong>schaften <strong>de</strong>r Umgebung. Die Rottweiler Frauensammlungen vere<strong>in</strong>igten<br />

sich 1525 zum Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nenkonvent St. Ursula. 1627 wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> Rottweil e<strong>in</strong> Kapuz<strong>in</strong>erkloster<br />

gegrün<strong>de</strong>t, zwischen 1652 <strong>und</strong> 1672 unterhielten Jesuiten e<strong>in</strong>e Nie<strong>de</strong>rlassung <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Stadt. Die Säkularisationen am Anfang <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts ließen die Or<strong>de</strong>n aus Rottweil<br />

verschw<strong>in</strong><strong>de</strong>n.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 74


(Bad) Säck<strong>in</strong>gen (Stift)<br />

Die mittelalterliche Frauengeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Säck<strong>in</strong>gen, auf e<strong>in</strong>er Rhe<strong>in</strong><strong>in</strong>sel im Hochrhe<strong>in</strong><br />

gelegen, führte sich auf <strong>de</strong>n irischen Mönch <strong>und</strong> Heiligen Fridol<strong>in</strong> zurück, <strong>de</strong>r die geistliche<br />

Kommunität als Missionszelle (?) im 7. Jahrh<strong>und</strong>ert (?) grün<strong>de</strong>te <strong>und</strong> dort auch begraben<br />

liegt. In <strong>de</strong>r Karol<strong>in</strong>gerzeit stellte sich die Frauengeme<strong>in</strong>schaft als e<strong>in</strong>e <strong>de</strong>m ostfränkischen<br />

Königtum unterstellte Institution dar, für die Mitte <strong>de</strong>s 10. Jahrh<strong>und</strong>erts ist e<strong>in</strong>e Liste <strong>de</strong>r Säck<strong>in</strong>ger<br />

Klosterfrauen (sorores) überliefert, die die Frauengeme<strong>in</strong>schaft unter <strong>de</strong>r Leitung<br />

e<strong>in</strong>er praeposita Irm<strong>in</strong>gard sieht. Im späten Mittelalter besaß das „A<strong>de</strong>lsfrauenkloster“<br />

Gr<strong>und</strong>besitz auch im südlichen Schwarzwald (Rickenbach, Zell im Wiesental), 1307 erhielt<br />

die Säck<strong>in</strong>ger Äbtiss<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Status e<strong>in</strong>er Reichsfürst<strong>in</strong>. Vögte waren im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert die<br />

Grafen von Lenzburg, ab 1173 die Habsburger. Baulicher Mittelpunkt <strong>de</strong>s Stifts war das Fridol<strong>in</strong>smünster<br />

mit se<strong>in</strong>er W<strong>in</strong>kelgangkrypta aus <strong>de</strong>r Zeit um 825.<br />

Im W<strong>in</strong>dschatten <strong>de</strong>r geistlichen Kommunität entwickelte sich die Stadt Säck<strong>in</strong>gen mit <strong>de</strong>r<br />

Äbtiss<strong>in</strong> als Stadtherr<strong>in</strong>. Stadt <strong>und</strong> Stift waren <strong>in</strong> Spätmittelalter <strong>und</strong> früher Neuzeit e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en<br />

<strong>in</strong> die vor<strong>de</strong>rösterreichische Lan<strong>de</strong>sherrschaft, wenn auch die Äbtiss<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Status<br />

e<strong>in</strong>er Reichsfürst<strong>in</strong> erlangte (1307). Wirtschaftliche Probleme führten um die Mitte <strong>de</strong>s 16.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts zu e<strong>in</strong>er Stiftsreform, die Zahl <strong>de</strong>r adligen Frauen im Stift wur<strong>de</strong> auf sieben<br />

begrenzt. Um die Mitte <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts entstand das Fridol<strong>in</strong>smünster als Rokokokirche,<br />

e<strong>in</strong> Silber-Prunkschre<strong>in</strong> für die Gebe<strong>in</strong>e <strong>de</strong>s Heiligen wur<strong>de</strong> 1764 angefertigt. 1806 wur<strong>de</strong><br />

die Frauengeme<strong>in</strong>schaft säkularisiert <strong>und</strong> aufgehoben, Säck<strong>in</strong>gen wur<strong>de</strong> badisch, doch<br />

s<strong>in</strong>d hier noch heute die Reste <strong>de</strong>s ehemaligen Stiftschatzes (Evangeliare<strong>in</strong>band <strong>de</strong>s 10.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts, Reliquienkreuz <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts, Textilien) zu bew<strong>und</strong>ern.<br />

Salem (Zisterzienser)<br />

Die 1134 entstan<strong>de</strong>ne Zisterze Salem war vom elsässischen Lützel aus e<strong>in</strong>gerichtet wor<strong>de</strong>n.<br />

Sie war e<strong>in</strong>es <strong>de</strong>r ersten Zisterzienserklöster <strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> entstand unter staufischer<br />

Beteiligung. In e<strong>in</strong>em Diplom König Konrads III. (1138-1152) von 1142 erhielt das Kloster<br />

Königsschutz <strong>und</strong>, damit verb<strong>und</strong>en, die Vogtei <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Herrscher. Die daraus resultieren<strong>de</strong><br />

Königs- bzw. Reichsunmittelbarkeit <strong>de</strong>r Zisterze prägte auch die enge Anlehnung<br />

<strong>de</strong>s Klosters an die staufischen Herrscher während <strong>de</strong>r Amtszeit Abt Eberhards von Rohrdorf<br />

(1191-1240). Gegen lan<strong>de</strong>sherrschaftliche Konkurrenz <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage e<strong>in</strong>er umfangreichen<br />

geschlossenen Gr<strong>und</strong>herrschaft zwischen oberer Donau <strong>und</strong> Bo<strong>de</strong>nsee (Grangien-<br />

<strong>und</strong> Rentenwirtschaft) sowie e<strong>in</strong>es straff organisierten Klosterstaates für mitunter (1310)<br />

mehr als 300 Mönche konnte das Kloster auch im späten Mittelalter se<strong>in</strong>e reichsunmittelbare<br />

Stellung erhalten, die nochmals 1521 auf <strong>de</strong>m Wormser Reichstag Kaiser Karls V. (1519-<br />

1558) bestätigt wur<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>r frühen Neuzeit war Salem auf <strong>de</strong>n Reichstagen vertreten <strong>und</strong><br />

Mitglied <strong>de</strong>r Prälatenbank <strong>de</strong>s schwäbischen Reichskreises. Durch die Reformation g<strong>in</strong>g<br />

Besitz <strong>in</strong> Nürt<strong>in</strong>gen an das Herzogtum <strong>Württemberg</strong> verloren, e<strong>in</strong>e versuchte E<strong>in</strong>glie<strong>de</strong>rung<br />

Salems durch <strong>de</strong>n Konstanzer Bischof scheiterte spätestens 1562. Nach <strong>de</strong>r Brandkatastrophe<br />

von 1697 begann man mit <strong>de</strong>m barocken Neubau <strong>de</strong>r Klosteranlage (Kaisersaal von<br />

1708, Speisesaal mit Kachelofen von 1733, Ostflügel <strong>de</strong>s Kreuzgangs mit Bil<strong>de</strong>rzyklus zu<br />

Bernhard von Clairvaux von um 1766), die gotische Abteikirche, die vom Brand verschont<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 75


geblieben war, wur<strong>de</strong> zwischen 1774 <strong>und</strong> 1784 klassizistisch umgestaltet. H<strong>in</strong>zu kamen <strong>de</strong>r<br />

Bau <strong>de</strong>r Birnauer Wallfahrtskirche (am Bo<strong>de</strong>nsee, 1746-1750) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Innenausbau <strong>de</strong>s<br />

abteilichen Schlosses Kirchberg (bei Immenstadt).<br />

Der umfangreiche Gr<strong>und</strong>besitz <strong>de</strong>s Klosters war <strong>in</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit schon längst <strong>in</strong> Form<br />

e<strong>in</strong>er Rentengr<strong>und</strong>herrschaft organisiert, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft die nie<strong>de</strong>re <strong>und</strong><br />

hohe Gerichtsbarkeit besaß. Der Klosterbesitz war nach Ämtern geglie<strong>de</strong>rt (z.B. das Oberamt<br />

<strong>in</strong> Salem für das „unterbergische Land“ mit 22 Orten <strong>und</strong> 3800 Untertanen, das Oberamt<br />

<strong>in</strong> Ostrach mit 14 Orten <strong>und</strong> 1300 E<strong>in</strong>wohnern usw.). Die Reichsabtei Salem wur<strong>de</strong> 1802<br />

aufgehoben, <strong>de</strong>r Mönchskonvent 1804. Das Kloster selbst <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Großteil se<strong>in</strong>es Besitzes<br />

kam an die Markgrafen von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>, die die Klostergebäu<strong>de</strong> als Wohnsitz für die nicht regieren<strong>de</strong>n<br />

Familienmitglie<strong>de</strong>r nutzten („Familienfi<strong>de</strong>ikomiss“). 1920 wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> Salem e<strong>in</strong>e Reformschule<br />

gegrün<strong>de</strong>t, 2008/09 ist das Salemer Schloss Hauptverhandlungsmasse im Kompromiss<br />

zwischen <strong>de</strong>m Land <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Haus <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>.<br />

St. Blasien (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Über die Frühgeschichte <strong>de</strong>s Klosters St. Blasien besteht Unklarheit. Die cella alba <strong>de</strong>s<br />

Hochrhe<strong>in</strong>klosters Rhe<strong>in</strong>au soll im 9. Jahrh<strong>und</strong>ert am Anfang e<strong>in</strong>er Entwicklung h<strong>in</strong> zum<br />

Kloster St. Blasien <strong>de</strong>s 11. Jahrh<strong>und</strong>erts gestan<strong>de</strong>n haben. Demnach muss sich die Zelle im<br />

Südschwarzwald (<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em längeren Prozess) von Rhe<strong>in</strong>au gelöst haben. Vielleicht spielte<br />

<strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Überlieferung als „<strong>Stifte</strong>r“ bezeichnete (sanctus) Reg<strong>in</strong>bertus (10. Jahrh<strong>und</strong>ert?)<br />

e<strong>in</strong>e Rolle, je<strong>de</strong>nfalls ist mit Werner I. (1045?-1069) erstmals e<strong>in</strong> Abt von St. Blasien bezeugt.<br />

Am 8. Juni 1065 erhielt das Schwarzwaldkloster, das im Übrigen mit <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>lsfamilie<br />

um Herzog Rudolf von Rhe<strong>in</strong>fel<strong>de</strong>n (1057-1079) verb<strong>und</strong>en war, von König He<strong>in</strong>rich IV.<br />

(1056-1106) e<strong>in</strong> Immunitätsprivileg, zwischen 1070 <strong>und</strong> 1073 s<strong>in</strong>d Kontakte zum cluniazensischen<br />

Reformkloster Fruttuaria <strong>in</strong> Oberitalien anzunehmen. Folge dieser Kontakte waren<br />

<strong>de</strong>r Anschluss St. Blasiens an die fruttuarische Reformrichtung, die E<strong>in</strong>führung <strong>de</strong>s Instituts<br />

<strong>de</strong>r Laienbrü<strong>de</strong>r (Konversen) <strong>und</strong> wohl die Gestaltung St. Blasiens als Doppelkloster von<br />

Mönchen <strong>und</strong> Nonnen; die Nonnen sollten dann vor 1117 das Kloster Berau besie<strong>de</strong>ln. Der<br />

Historiograf Bernold von Konstanz (*ca.1050-†1100) stellt St. Blasien neben Hirsau <strong>und</strong> Allerheiligen<br />

(<strong>in</strong> Schaffhausen) als führen<strong>de</strong>s schwäbisches Reformkloster dar. Von St. Blasien<br />

sollten u.a. reformiert o<strong>de</strong>r (als Priorat, Propstei) gegrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n: Muri (1082), Göttweig<br />

(1094, Göttweiger Reform), Ochsenhausen (1099), Ste<strong>in</strong> am Rhe<strong>in</strong> (v.1123), Prüm (1132)<br />

<strong>und</strong> Maursmünster (v.1166). An Kommunitäten im Schwarzwald bee<strong>in</strong>flusste St. Blasien die<br />

<strong>Klöster</strong> Alpirsbach (1099), Ettenheimmünster (1124) <strong>und</strong> Sulzburg (ca.1125) sowie se<strong>in</strong>e<br />

Propsteien Weitenau (ca.1100), Bürgeln (v.1130) <strong>und</strong> Sitzenkirch (ca.1130). E<strong>in</strong>e Liste von<br />

Gebetsverbrü<strong>de</strong>rungen, um 1150 erstellt, zeigt die Weitläufigkeit <strong>de</strong>r Beziehungen zwischen<br />

St. Blasien <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Frauen- <strong>und</strong> Männerkonventen.<br />

Im Verlauf <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts erlahmte <strong>in</strong><strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Eifer <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Mönche, die<br />

Aktivitäten wur<strong>de</strong>n vom Ausbau e<strong>in</strong>er umfangreichen Gr<strong>und</strong>herrschaft dom<strong>in</strong>iert. Im 14. <strong>und</strong><br />

15. Jahrh<strong>und</strong>ert erreichte die Gr<strong>und</strong>herrschaft ihre größte Aus<strong>de</strong>hnung <strong>und</strong> erstreckte sich<br />

über weite Gebiete <strong>de</strong>s Südschwarzwal<strong>de</strong>s, unter E<strong>in</strong>beziehung <strong>de</strong>r genannten Propsteien<br />

sowie <strong>de</strong>s Nonnenklosters Gutnau <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rkirchen <strong>in</strong> Nie<strong>de</strong>rrotweil, Schluchsee, Wettelbrunn,<br />

Achdorf, Hochemm<strong>in</strong>gen, Todtnau, Efr<strong>in</strong>gen, Schönau, Wangen, Ploch<strong>in</strong>gen, Nassenbeuren<br />

usw. Die Schutzvogtei <strong>de</strong>r Bischöfe von Basel konnte abgeschüttelt wer<strong>de</strong>n, wie<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 76


e<strong>in</strong> Diplom Kaiser He<strong>in</strong>richs V. (1106-1125) vom 8. Januar 1125 beweist, das <strong>de</strong>m Kloster<br />

Königsschutz <strong>und</strong> freie Vogtwahl zugestand. In <strong>de</strong>r Folge etablierten sich die Zähr<strong>in</strong>ger als<br />

Klostervögte, nach <strong>de</strong>ren Aussterben (1218) wur<strong>de</strong> die Vogtei unter Kaiser Friedrich II.<br />

(1212-1250) Reichslehen, so dass immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gewisse Anb<strong>in</strong>dung St. Blasiens an das<br />

Reich bestand, ohne dass hier von e<strong>in</strong>em Reichskloster o<strong>de</strong>r von Reichsunmittelbarkeit gere<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Um die Mitte <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts s<strong>in</strong>d die Habsburger als Schutz- <strong>und</strong><br />

Kastvögte <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft bezeugt. St. Blasien wur<strong>de</strong> damit zu e<strong>in</strong>em Bestandteil<br />

<strong>de</strong>s vor<strong>de</strong>rösterreichischen Herrschaftsverbands <strong>de</strong>r habsburgischen Herzöge <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

frühen Neuzeit als Landstand vor<strong>de</strong>rösterreichisches Prälatenkloster. Trotz<strong>de</strong>m gab es auch<br />

Beziehungen zum Reich, die damit zusammenh<strong>in</strong>gen, dass das Kloster zwischen 1422 <strong>und</strong><br />

1521 <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Reichsmatrikeln geführt wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>r schwäbische Reichskreis 1549 vergeblich<br />

versuchte, St. Blasien als Reichsprälatenkloster e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong><strong>de</strong>n. Immerh<strong>in</strong> waren die vier<br />

seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>ert von St. Blasien erworbenen „Reichsherrschaften“ Blumegg,<br />

Bettmar<strong>in</strong>gen, Gutenburg <strong>und</strong> Berauer Berg Ausgangspunkt für die 1609 konstituierte<br />

reichsunmittelbare Herrschaft Bonndorf.<br />

St. Blasien, das von <strong>de</strong>r Reformation verschont blieb, ist dann 1806 säkularisiert wor<strong>de</strong>n, die<br />

Mönche g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>s österreichische St. Paul im Lavanttal. Von <strong>de</strong>r alten Klosteranlage ist<br />

nichts mehr vorhan<strong>de</strong>n. H<strong>in</strong>gegen ist die barocke Klosteranlage mit <strong>de</strong>r berühmten Kuppelkirche<br />

auch heute noch bee<strong>in</strong>druckend. Unter Abt Mart<strong>in</strong> Gerbert (1764-1793) wur<strong>de</strong> nach<br />

<strong>de</strong>m Klosterbrand von 1768 u.a. die neue Kirche mit ihrer strahlend weißen Rot<strong>und</strong>e unter<br />

<strong>de</strong>r Kirchenkuppel erbaut. Nach <strong>de</strong>r Säkularisation dienten die weitläufigen Konventsgebäu<strong>de</strong><br />

bis 1931 auch als Fabriken, ab 1933 besteht <strong>in</strong> St. Blasien e<strong>in</strong> Jesuitenkolleg mit Internat.<br />

St. Georgen im Schwarzwald (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

In <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>s Investiturstreits fällt die Gründung e<strong>in</strong>es Benedikt<strong>in</strong>erklosters auf <strong>de</strong>m<br />

„Scheitel Alemanniens“ im Schwarzwald: Die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> St. Georgen, an <strong>de</strong>r<br />

Quelle <strong>de</strong>r Brigach gelegen, war e<strong>in</strong> Resultat <strong>de</strong>s Zusammengehens von schwäbischem<br />

A<strong>de</strong>l <strong>und</strong> kirchlicher Reformpartei, e<strong>in</strong>drucksvoll repräsentiert durch die Klostergrün<strong>de</strong>r Hezelo<br />

(†1088) <strong>und</strong> Hesso (†1113/14) <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Abt <strong>und</strong> Klosterreformer Wilhelm von Hirsau<br />

(1069-1091). Statt <strong>de</strong>s zunächst <strong>in</strong> Aussicht genommenen oberschwäbischen Königseggwald<br />

wur<strong>de</strong> auf Betreiben Wilhelms St. Georgen als Ort <strong>de</strong>r Klostergründung ausgewählt. Mit<br />

<strong>de</strong>r Besiedlung St. Georgens durch Hirsauer Mönche im Frühjahr <strong>und</strong> Sommer 1084 <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Weihe <strong>de</strong>r Klosterkapelle am 24. Juni 1085 nahm die Geschichte <strong>de</strong>s Schwarzwaldklosters<br />

ihren Anfang.<br />

Zunächst hirsauisches Priorat, dann selbstständige Abtei (1086), begann <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Zeit Abt<br />

Theogers (1088-1119) <strong>de</strong>r Aufstieg St. Georgens zu e<strong>in</strong>em <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten <strong>Klöster</strong><br />

Süd(west)<strong>de</strong>utschlands Hirsauer Prägung. Bis um die Mitte <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts vergrößerten<br />

Schenkung, Kauf <strong>und</strong> Tausch von Land <strong>und</strong> Rechten <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>s Klosters beträchtlich<br />

<strong>und</strong> schufen damit die materielle Basis klösterlicher Existenz. Die über Schwaben <strong>und</strong><br />

das Elsass reichen<strong>de</strong>, im Raum zwischen Neckar <strong>und</strong> Donau sich verdichten<strong>de</strong> Gr<strong>und</strong>herrschaft<br />

aus Gütern, Besitzkomplexen, abhängigen Bauern, E<strong>in</strong>künften <strong>und</strong> Rechten, auch<br />

über Pfarrkirchen <strong>und</strong> <strong>Klöster</strong>n, sicherte die Versorgung <strong>de</strong>r Mönche, die u.a. <strong>in</strong> Liturgie <strong>und</strong><br />

Gebet <strong>de</strong>m Seelenheil <strong>de</strong>r klösterlichen Wohltäter gedachten. Kloster <strong>und</strong> Klosterbesitz waren<br />

dabei (theoretisch) geschützt durch <strong>de</strong>n Vogt. Die Vogtei übten zunächst <strong>de</strong>r Kloster-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 77


grün<strong>de</strong>r Hezelo <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Sohn Hermann (†1094) aus, spätestens ab 1114 die Zähr<strong>in</strong>gerherzöge.<br />

Nach <strong>de</strong>ren Aussterben (1218) fiel die Vogtei an <strong>de</strong>n staufischen König Friedrich<br />

II. (1212-1250), dann an die Herren von Falkenste<strong>in</strong>, schließlich (1444/49) an die Grafen<br />

bzw. Herzöge von <strong>Württemberg</strong>.<br />

Die Privilegien vom 8. März 1095 <strong>und</strong> vom 2. November 1105, die die Abtei von <strong>de</strong>n Päpsten<br />

Urban II. (1088-1099) <strong>und</strong> Paschalis II. (1099-1118) erlangte, dienten <strong>de</strong>r gleichsam verfassungsrechtlichen<br />

Absicherung <strong>de</strong>s Klosters: Die libertas Romana, die „römische Freiheit“<br />

be<strong>in</strong>haltete dabei die Unterstellung <strong>de</strong>s Klosters unter das Papsttum bei päpstlichem Schutz,<br />

freier Abtswahl <strong>und</strong> Verfügung <strong>de</strong>s Klosters über die Vogtei. Sie bed<strong>in</strong>gte die E<strong>in</strong>ordnung <strong>de</strong>r<br />

monastischen E<strong>in</strong>zelgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> die katholische Kirche bei Zurückdrängung von adligem<br />

Eigenkirchenrecht <strong>und</strong> Vogtei sowie bei Sicherung <strong>de</strong>r klösterlichen Existenz gegenüber bischöflichen<br />

Ansprüchen. E<strong>in</strong>es dieser hochmittelalterlichen Papstprvilegien war die Urk<strong>und</strong>e<br />

Papst Alexan<strong>de</strong>rs III. (1159-1181) für St. Georgen mit Datum vom 26. März 1179. An ihr<br />

kann die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Schwarzwaldklosters als Reformmittelpunkt <strong>de</strong>s Benedikt<strong>in</strong>ertums<br />

während <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>in</strong> Elsass, Lothr<strong>in</strong>gen, Schwaben <strong>und</strong> Bayern abgelesen wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Urk<strong>und</strong>e nennt e<strong>in</strong>e Vielzahl von Kommunitäten, die damals <strong>in</strong> engeren Beziehungen<br />

zum Schwarzwaldkloster stan<strong>de</strong>n, d.h.: sich St. Georgen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Seelsorge o<strong>de</strong>r im Rahmen<br />

<strong>de</strong>r Klosterreform unterstellten o<strong>de</strong>r von St. Georgen aus errichtet wur<strong>de</strong>n (Amtenhausen,<br />

Frie<strong>de</strong>nweiler, Urspr<strong>in</strong>g, Rippoldsau u.a.), während z.B. das Benedikt<strong>in</strong>erkloster Ottobeuren,<br />

das Stift Admont (1115, Admonter Reform), die <strong>Klöster</strong> Hugshofen (vor 1110), Gengenbach<br />

(vor 1117) <strong>und</strong> Prüfen<strong>in</strong>g (1121) von St. Georgen aus Äbte <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r Reformimpulse<br />

empf<strong>in</strong>gen. Dabei darf nicht vergessen wer<strong>de</strong>n, dass das St. Georgener Kloster unter<br />

Hirsauer E<strong>in</strong>fluss entstan<strong>de</strong>n ist, selbst also Teil <strong>de</strong>r Hirsauer Reform war. Die Reformwirkung<br />

St. Georgens muss im ersten Drittel <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Äbte Theoger<br />

<strong>und</strong> Werner I. (1119-1134) beträchtlich gewesen se<strong>in</strong>, während <strong>in</strong> <strong>de</strong>r zweiten Jahrh<strong>und</strong>erthälfte<br />

e<strong>in</strong>e Phase <strong>de</strong>r Stagnation e<strong>in</strong>trat.<br />

Parallel zu <strong>de</strong>n mehr o<strong>de</strong>r weniger engen Beziehungen zum Papsttum gewann das Verhältnis<br />

zu <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Königen im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert zunehmend an Be<strong>de</strong>utung. Er<strong>in</strong>nert sei an<br />

die H<strong>in</strong>wendung St. Georgens zum Königtum, zu König He<strong>in</strong>rich V. (1106-1125) (1108,<br />

1112), Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) (1163) o<strong>de</strong>r Kaiser Friedrich II., <strong>de</strong>r <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Urk<strong>und</strong>e vom Dezember 1245 <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft ihre Privilegien bestätigte, nicht<br />

ohne auf die staufische Vogtei <strong>und</strong> auf die daraus abgeleiteten herrscherlichen Rechte zu<br />

verweisen.<br />

Die späte Stauferzeit leitete <strong>de</strong>n wirtschaftlichen <strong>und</strong> geistig-religiösen Nie<strong>de</strong>rgang St.<br />

Georgens e<strong>in</strong>. Aspekte dieser Entwicklung waren: die Brandkatastrophe von 1224, die das<br />

Kloster zerstörte – <strong>de</strong>r Neubau wur<strong>de</strong> 1255 geweiht; <strong>de</strong>r Verfall <strong>de</strong>r klösterlichen Diszipl<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r mönchischen Bildung; Verluste an Gütern <strong>und</strong> Rechten durch Entfremdung, Verkauf<br />

<strong>und</strong> Misswirtschaft; <strong>in</strong>nere Unruhen im Klosterkonvent. Erst die Wen<strong>de</strong> vom 14. zum 15.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert brachte unter <strong>de</strong>m reformerischen Abt Johann III. Kern (1392-1427) e<strong>in</strong>e Neuorientierung<br />

monastischen Lebens <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>en Wan<strong>de</strong>l zum Besseren. H<strong>in</strong>ter <strong>de</strong>m Zugehen<br />

auf das Königtum stand die Abgrenzung gegenüber <strong>de</strong>n Klostervögten, <strong>de</strong>ren E<strong>in</strong>fluss<br />

auf Kloster <strong>und</strong> Klostergebiet (d.h.: St. Georgen <strong>und</strong> Umgebung mit Brigach, Kirnach, Peterzell)<br />

sich im Rahmen <strong>de</strong>r spätmittelalterlichen Territorialisierung noch verstärkte, während<br />

die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft selbst bei immerh<strong>in</strong> noch be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>besitz an Wichtigkeit<br />

e<strong>in</strong>büßte. Gera<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts geriet die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft im<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 78


Zuge von Landsässigkeit <strong>und</strong> Landstandschaft <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Sog <strong>de</strong>r württembergischen Lan<strong>de</strong>sherrschaft.<br />

Das Jahr 1536 brachte dann mit <strong>de</strong>r Begründung <strong>de</strong>r württembergischen Lan<strong>de</strong>shoheit<br />

über St. Georgen <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>führung <strong>de</strong>r Reformation e<strong>in</strong>e Zäsur, die die Existenz<br />

<strong>de</strong>s Klosters ganz wesentlich <strong>in</strong> Frage stellte. Das katholische Kloster <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Mönche<br />

fan<strong>de</strong>n e<strong>in</strong>e neue Heimat im österreichisch-habsburgischen Vill<strong>in</strong>gen, während sich <strong>in</strong><br />

St. Georgen e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft mit evangelischer Klosterordnung unter evangelischen Äbten<br />

etablierte (1566). Im Dreißigjährigen Krieg konnten sich die katholischen Mönche unter<br />

Abt Georg Gaisser (1627-1655) noch e<strong>in</strong>mal für e<strong>in</strong>ige Jahre (1629-1632) <strong>in</strong> St. Georgen<br />

behaupten, doch führte <strong>de</strong>r Krieg zur Zerstörung von Klosterkirche <strong>und</strong> -gebäu<strong>de</strong>n am 13.<br />

Oktober 1633 durch Brand. Das Kloster ist danach nicht wie<strong>de</strong>r aufgebaut wor<strong>de</strong>n, die katholische<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft blieb auf Vill<strong>in</strong>gen beschränkt. Vill<strong>in</strong>gen schließlich wur<strong>de</strong> im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r napoleonischen Neuordnung auch Südwest<strong>de</strong>utschlands im Jahr 1805 württembergisch,<br />

e<strong>in</strong> Jahr später badisch. Nun ereilte das Kloster das Schicksal von Säkularisation<br />

<strong>und</strong> Aufhebung (1806).<br />

St. Märgen (August<strong>in</strong>erchorherren)<br />

1115 wur<strong>de</strong> mitten im Schwarzwald das August<strong>in</strong>erchorherrenstift St. Märgen gegrün<strong>de</strong>t, das<br />

nach mühsamen Anfängen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Gefahr, vom benachbarten Benedikt<strong>in</strong>erkloster St. Peter<br />

e<strong>in</strong>verleibt zu wer<strong>de</strong>n, se<strong>in</strong>e Existenz <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folge festigen konnte, wenn es auch im 14./15.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert wie<strong>de</strong>rum zu <strong>in</strong>neren Streitigkeiten (diesmal um das persönliche Eigentum <strong>de</strong>r<br />

Chorherren) kam. Im Spanischen Erbfolgekrieg (1700-1714) wur<strong>de</strong> das Stift 1704 von französischen<br />

Soldaten zerstört, <strong>de</strong>m barocken Wie<strong>de</strong>raufbau <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts (Kirche mit<br />

Doppelturmanlage) folgte die Säkularisation von 1806.<br />

St. Peter im Schwarzwald (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> St. Peter war Hauskloster <strong>und</strong> Grablege <strong>de</strong>r Zähr<strong>in</strong>ger. Die Ursprünge<br />

<strong>de</strong>r Kommunität liegen <strong>in</strong> Weilheim, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 1073 o<strong>de</strong>r davor gegrün<strong>de</strong>ten Eigenkloster<br />

o<strong>de</strong>r -stift, das nach 1078 – erzwungen durch kriegerische Ereignisse, von <strong>de</strong>nen<br />

beson<strong>de</strong>rs Schwaben <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Jahrzehnten <strong>de</strong>s Investiturstreits betroffen war – an das Kloster<br />

Hirsau, frühestens 1085 an Herzog Berthold II. von Zähr<strong>in</strong>gen (1078-1111) gelangte. Dieser<br />

ließ dort e<strong>in</strong> Hauskloster errichten, än<strong>de</strong>rte aber gegen 1090 se<strong>in</strong>e Pläne <strong>und</strong> ließ bis 1093<br />

die geistliche Kommunität eben nach St. Peter im Schwarzwald verlegen. Hier entwickelte<br />

sich – ähnlich wie bei <strong>de</strong>r St. Georgener Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft – <strong>in</strong> kurzer Zeit e<strong>in</strong> benedikt<strong>in</strong>isches<br />

Reformkloster, das mit <strong>de</strong>m Privileg Papst Urbans II. (1088-1099) vom 10. März<br />

1095 <strong>de</strong>r römischen Kirche unterstellt wur<strong>de</strong>. Ausfluss <strong>de</strong>s zunehmen<strong>de</strong>n Wohlstands <strong>de</strong>r<br />

Mönchgeme<strong>in</strong>schaft, die mit Schenkungen <strong>de</strong>r Zähr<strong>in</strong>gerherzöge <strong>und</strong> von <strong>de</strong>ren M<strong>in</strong>isterialen<br />

begabt wur<strong>de</strong>, war <strong>de</strong>r hauptsächlich im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert angelegte Rotulus Sanpetr<strong>in</strong>us,<br />

e<strong>in</strong>e Pergamentrolle u.a. mit Traditionsnotizen, die e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die sich entwickeln<strong>de</strong><br />

klösterliche Gr<strong>und</strong>herrschaft gibt. Das Kloster wur<strong>de</strong> dabei von <strong>de</strong>n Zähr<strong>in</strong>gerherzögen<br />

bevogtet, wobei <strong>de</strong>r Rechtsakt vom 27. Dezember 1111, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r zähr<strong>in</strong>gische Verzicht<br />

auf erbrechtliche Ansprüche an Kloster <strong>und</strong> Klostergüter geregelt wur<strong>de</strong>, die auch herzogliche<br />

Vogtei über St. Peter mitbegrün<strong>de</strong>n half. Bis 1218 blieb dann die zähr<strong>in</strong>gische Klos-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 79


ter- <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong>rvogtei unbestritten, die Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen nach <strong>de</strong>m Tod <strong>de</strong>s söhnelosen<br />

Herzogs Berthold V. (1186-1218) en<strong>de</strong>ten mit <strong>de</strong>r Übernahme <strong>de</strong>r Vogtei durch Bertholds<br />

Neffen Graf Eg<strong>in</strong>o V. <strong>de</strong>m Jüngeren von Urach <strong>und</strong> Freiburg (†1236/37) (1221/26), <strong>de</strong>r nun<br />

advocatus ac <strong>de</strong>fensor („Vogt <strong>und</strong> Verteidiger“) <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft wur<strong>de</strong>. Die Vogtei<br />

verblieb bei <strong>de</strong>n Freiburger Grafen, die manchmal recht eigenmächtig über klösterliche Güter<br />

<strong>und</strong> Rechte verfügten (1284, 1314). Die Bedrückung durch die Vögte wur<strong>de</strong> so groß, dass<br />

sich das Kloster an Kaiser Karl IV. (1347-1378) wandte <strong>und</strong> – vielleicht im Rückgriff auf eventuell<br />

vorhan<strong>de</strong>n gewesene Beziehungen zu Kaiser Friedrich II. (1212-1250) – <strong>de</strong>n Schirm<br />

<strong>de</strong>s Reiches erlangte (1361). Das Privileg wur<strong>de</strong> 1443 bestätigt, 1498 sprach Kaiser Maximilian<br />

I. (1493-1519) von <strong>de</strong>r Zugehörigkeit <strong>de</strong>s Klosters zum Reich. Unter<strong>de</strong>ssen war die Vogtei<br />

auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>r Verpfändung (ab 1371) endlich an Markgraf Wilhelm von Hachberg-<br />

Sausenberg (1428-1441) gelangt (1441). 1526 übernahmen die Habsburger die Klostervogtei.<br />

Im 11. <strong>und</strong> 12. Jahrh<strong>und</strong>ert erwarb die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> St. Peter – nicht zuletzt durch<br />

die Zuwendungen <strong>de</strong>r <strong>Stifte</strong>rfamilie – be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Besitz im Nahbereich, im Breisgau, auf<br />

<strong>de</strong>r Baar, bei Weilheim, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Mittelschweiz. Kloster <strong>und</strong> Klosterort lagen auf <strong>de</strong>m Seelgut<br />

(Salland) im engeren Immunitätsbezirk <strong>de</strong>s Klosters, <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Tälern <strong>de</strong>r Umgebung bil<strong>de</strong>te<br />

sich e<strong>in</strong> kompaktes Klostergebiet aus. Im Breisgau gab es Villikationen, fronhofmäßig organisierten<br />

Besitz, im Schwarzwald existierten auf Rodungsland bäuerliche Erblehen (feoda),<br />

wobei durch Teilung <strong>und</strong> Verkauf e<strong>in</strong>e ausgeprägte Besitzzersplitterung auftrat (13./14. Jahrh<strong>und</strong>ert).<br />

Infolge <strong>de</strong>r Bevölkerungsverluste im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert kam es zu Wüstungsprozessen<br />

<strong>und</strong> zum Rückgang <strong>de</strong>r gr<strong>und</strong>herrschaftlichen E<strong>in</strong>nahmen. Die D<strong>in</strong>gro<strong>de</strong>l von 1416 <strong>und</strong><br />

1456 benennen die daraus resultieren<strong>de</strong>n Schwierigkeiten zwischen Kloster <strong>und</strong> Vogt. Sie<br />

zeigen zu<strong>de</strong>m die Art <strong>de</strong>r Güter auf: D<strong>in</strong>g- <strong>und</strong> Meierhöfe, eigenbewirtschaftete Güter <strong>de</strong>s<br />

Seelguts, bäuerliche Lehengüter.<br />

1238 <strong>und</strong> 1437 ist das Kloster St. Peter Opfer e<strong>in</strong>er Brandkatastrophe gewor<strong>de</strong>n, 1436 wur<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>m Abt Johannes Tüffer (1427-1439) die Pontifikalien verliehen. Das Kloster verlor im<br />

späten Mittelalter an Be<strong>de</strong>utung, die Klosterreformen <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts fan<strong>de</strong>n ke<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>gang, <strong>de</strong>r Besitz blieb aber weitgehend erhalten, auch im Zeitalter <strong>de</strong>r Reformation. Abt<br />

Peter Gremmelsbach (1496-1512) erneuerte Zähr<strong>in</strong>gertradition <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong>rmemoria, die Klostergebäu<strong>de</strong><br />

s<strong>in</strong>d im 17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert barock neu erbaut wor<strong>de</strong>n. Die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

wur<strong>de</strong> 1806 aufgehoben.<br />

St. Peter <strong>in</strong> Wimpfen (Stift)<br />

Im Tal vor <strong>de</strong>r Reichsstadt Wimpfen, auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n e<strong>in</strong>es Römerkastells bzw. e<strong>in</strong>er römischen<br />

Stadt, wur<strong>de</strong> von Bischof Adalbero von Worms (1065-1070) e<strong>in</strong> Stift gegrün<strong>de</strong>t, das <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahrh<strong>und</strong>erten Sitz e<strong>in</strong>es Archidiakonats im Wormser Bistum war sowie sich<br />

auf Gr<strong>und</strong> bischöflichen <strong>und</strong> königlichen Schutzes gegen die Stadt Wimpfen behaupten<br />

konnte. Im späten Mittelalter lebten hier zwölf Stiftsherren, zwei Pfrün<strong>de</strong>n waren für die Besoldung<br />

von Hei<strong>de</strong>lberger Universitätslehrern bestimmt, die übrigen Präben<strong>de</strong>n g<strong>in</strong>gen an<br />

Adlige (Ritterstift), Vikare übten als Priester die gottesdienstlich-liturgischen Verpflichtungen<br />

aus. Ab 1269 wur<strong>de</strong> die noch heute bestehen<strong>de</strong>, hochgotische Stiftskirche St. Peter errichtet,<br />

<strong>de</strong>r sich e<strong>in</strong> gotischer Kreuzgang anschließt. Bekannt s<strong>in</strong>d die um 1270/80 angefertigten<br />

Glasfenster, die sich <strong>in</strong>s gotische Maßwerk <strong>de</strong>s Gotteshauses e<strong>in</strong>fügen. Das Stift überstand<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 80


die Reformation, wur<strong>de</strong> 1803 säkularisiert <strong>und</strong> war danach hessen-darmstädtisch, bis Wimpfen<br />

1952 an das B<strong>und</strong>esland <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> kam.<br />

St. Trudpert (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Das Kloster St. Trudpert geht mittelalterlicher Überlieferung zufolge auf <strong>de</strong>n heiligen Trudpert,<br />

e<strong>in</strong>en im Südschwarzwald missionieren<strong>de</strong>n Iren <strong>und</strong> Märtyrer (7. Jahrh<strong>und</strong>ert, 1. Hälfte),<br />

zurück. Er errichtete im Münstertal <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>sie<strong>de</strong>lei, die wohl erst im<br />

(beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong>n?) 9. Jahrh<strong>und</strong>erts zu e<strong>in</strong>em Kloster umgestaltet wur<strong>de</strong>. Die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

ist spätestens um 900 von <strong>de</strong>r oberelsässischen A<strong>de</strong>lsfamilie <strong>de</strong>r Liutfri<strong>de</strong> unterstützt<br />

wor<strong>de</strong>n, für 901 <strong>und</strong> kurz nach 965 s<strong>in</strong>d Translationen von Trudpertreliquien bezeugt. Wohl<br />

<strong>in</strong> dieser Zeit vorhan<strong>de</strong>ne eigenkirchliche B<strong>in</strong>dungen an das Straßburger Bistum spiegeln<br />

sich noch im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> Patronatsrechten <strong>de</strong>r Bischöfe wi<strong>de</strong>r. Kirchenreform <strong>und</strong><br />

Investiturstreit sche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> St. Trudpert ke<strong>in</strong>e Spuren h<strong>in</strong>terlassen zu haben, die Gr<strong>und</strong>herrschaft<br />

<strong>de</strong>hnte sich hauptsächlich im Münstertal, im Breisgau, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Ortenau <strong>und</strong> im Elsass<br />

aus, wobei im späten Mittelalter e<strong>in</strong>e gewisse Besitzkonzentration e<strong>in</strong>trat <strong>und</strong> so das Kloster<br />

z.B. <strong>in</strong> Tunsel, am Ausgang <strong>de</strong>s Münstertals, die Ortsherrschaft erlangte. H<strong>in</strong>zu kamen als<br />

Kirchenbesitz die Pfarreien <strong>in</strong> Münstertal, Grunern, Kroz<strong>in</strong>gen, Tunsel, Laufen, Biengen u.a.<br />

Auch <strong>de</strong>r im Hochmittelalter aufkommen<strong>de</strong> Silberbergbau konnte von <strong>de</strong>r geistlichen Geme<strong>in</strong>schaft<br />

genutzt wer<strong>de</strong>n. Es entwickelte sich auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Bergbaus das Städtchen<br />

Münster unterhalb <strong>de</strong>r Abtei, das 1346 zusammen mit <strong>de</strong>r Burg Scharfenste<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Herren<br />

von Staufen von Freiburger Bewaffneten zerstört wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong>folge dieses Angriffs e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g.<br />

Den wirtschaftlichen Nie<strong>de</strong>rgang <strong>in</strong> <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts überwand das Kloster<br />

augensche<strong>in</strong>lich während <strong>de</strong>s Abbatiats Pauls I. (1435-1455). 1525 wur<strong>de</strong> beim Bauernkrieg<br />

St. Trudpert durch Plün<strong>de</strong>rungen <strong>in</strong> Mitlei<strong>de</strong>nschaft gezogen.<br />

Gegen 1200 gewannen die Herren von Staufen, M<strong>in</strong>isteriale <strong>de</strong>r Herzöge von Zähr<strong>in</strong>gen,<br />

Vogtrechte über St. Trudpert. <strong>Klöster</strong>liche Urk<strong>und</strong>enfälschungen waren die Folge, e<strong>in</strong>e Obervogtei<br />

<strong>de</strong>r Grafen (bzw. Herzöge) von Habsburg ist zu 1277 erstmals belegt, so dass die<br />

Herren von Staufen bis zu ihrem Aussterben (1602) als habsburgische Untervögte fungierten.<br />

Die habsburgische Obervogtei be<strong>de</strong>utete auch, dass das Kloster Teil <strong>de</strong>r vor<strong>de</strong>rösterreichischen<br />

Lan<strong>de</strong>sherrschaft wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> somit habsburgisches Prälatenkloster. Als solches<br />

machte es die Säkularisation <strong>de</strong>s Jahres 1806 mit <strong>und</strong> gelangte damals an das Großherzogtum<br />

<strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>.<br />

Mehrere mittelalterliche Klosteranlagen/-kirchen s<strong>in</strong>d bezeugt, so e<strong>in</strong>e Erneuerung <strong>de</strong>s Klosters<br />

902 <strong>und</strong> dann wie<strong>de</strong>r – nach e<strong>in</strong>em Ungarne<strong>in</strong>fall im beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong>n 10. Jahrh<strong>und</strong>ert? –<br />

vor 962. Die dreischiffige Basilika wur<strong>de</strong> um 1100 um e<strong>in</strong> Westwerk erweitert, im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

entstan<strong>de</strong>n neue Klausurgebäu<strong>de</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong> gotischer Langchor. Der Zerstörung <strong>de</strong>r<br />

Klostergebäu<strong>de</strong> durch die Schwe<strong>de</strong>n im Jahr 1632 folgte e<strong>in</strong> zunächst provisorischer Wie<strong>de</strong>raufbau,<br />

<strong>de</strong>r 1712/16 <strong>de</strong>m barocken Kirchenneubau weichen musste. Zwei Kreuze <strong>in</strong> Niellotechnik<br />

aus <strong>de</strong>m 13. Jahrh<strong>und</strong>ert s<strong>in</strong>d erhalten geblieben. Aus <strong>de</strong>r Klosterbibliothek stammt<br />

e<strong>in</strong>e Handschrift <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts, die das „St. Trudperter Hohelied“, das<br />

„erste Buch <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Mystik“, e<strong>in</strong>en nie<strong>de</strong>ralemannischen Text <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

enthält.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 81


St. Ulrich im Schwarzwald (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Die Anfänge <strong>de</strong>s cluniazensischen Priorats St. Ulrich reichen <strong>in</strong> die Zeit <strong>de</strong>s Investiturstreits<br />

zurück, als mit Ulrich von Zell (†1093) e<strong>in</strong> Mönch von Cluny am Westrand <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s,<br />

im Möhl<strong>in</strong>tal, e<strong>in</strong> Priorat <strong>de</strong>r burg<strong>und</strong>ischen Abtei grün<strong>de</strong>te. Dabei griff Ulrich auf e<strong>in</strong>e<br />

ältere, vor 1072 gestiftete Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft auf <strong>de</strong>m Tuniberg (bei Ober-<br />

/Unterrims<strong>in</strong>gen) zurück, die wie<strong>de</strong>rum zwischen 1077 <strong>und</strong> 1080 nach Grün<strong>in</strong>gen (bei Oberrims<strong>in</strong>gen)<br />

umsie<strong>de</strong>lte. Bei <strong>de</strong>r Übernahme <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft durch Ulrich kamen<br />

diesem schon bestehen<strong>de</strong> Verb<strong>in</strong>dungen zu Cluny zugute, die <strong>de</strong>r E<strong>de</strong>lfreie Hesso von Eichstetten<br />

<strong>und</strong> Rims<strong>in</strong>gen, <strong>de</strong>r <strong>Stifte</strong>r <strong>de</strong>s Klosters Tuniberg, <strong>und</strong> <strong>de</strong>r badische Markgraf Hermann<br />

II. (1074-1130) aufgebaut hatten. Auf Betreiben Ulrichs zog die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

noch e<strong>in</strong>mal um, <strong>und</strong> zwar um 1083 nach Zell im Möhl<strong>in</strong>tal, e<strong>in</strong>er Örtlichkeit, an <strong>de</strong>r sich im<br />

Jahr 868 e<strong>in</strong>e (Kloster-) „Zelle“ <strong>de</strong>r Abtei St. Gallen bef<strong>und</strong>en hatte. Vom Basler Bischof Burkard<br />

von Fenis (1072-1105) erwarb das Priorat <strong>de</strong>n Besitz <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Umgebung von Zell; freilich<br />

war hier e<strong>in</strong>iges an Rodungstätigkeit zu leisten.<br />

Das e<strong>in</strong>zige Cluniazenserkloster rechts <strong>de</strong>s Rhe<strong>in</strong>s entwickelte sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit recht<br />

zufrie<strong>de</strong>n stellend. Zur klösterlichen Gr<strong>und</strong>herrschaft gehörte Besitz im Breisgau, im Elsass<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Ortenau, das Priorat besaß u.a. die Pfarreien <strong>in</strong> Grün<strong>in</strong>gen, Wolfenweiler,<br />

Bollschweil <strong>und</strong> Hochdorf, während die besitzrechtlich umstrittene Pfarrei Achkarren 1315<br />

gegen die <strong>in</strong> Feuerbach getauscht wur<strong>de</strong>. Die Klostervogtei lag <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Grafen<br />

von Nimburg, <strong>de</strong>r Straßburger Bischöfe (1200), <strong>de</strong>r staufischen Könige (1236), <strong>de</strong>r Grafen<br />

von Freiburg <strong>und</strong> <strong>de</strong>r österreichischen Herzöge (1445). Das 13. Jahrh<strong>und</strong>ert sah <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rgang<br />

<strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft. Wie<strong>de</strong>rholte, von Cluny ausgehen<strong>de</strong> Visitationen bezeugen<br />

die stark geschrumpfte Anzahl von vier bis sieben Mönchen neben <strong>de</strong>m Prior. E<strong>in</strong> gewisser<br />

Aufschwung <strong>de</strong>s Klosters ist unter Prior Paulus von Kůnheim (1448-1489) feststellbar,<br />

doch sollte die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft während <strong>de</strong>r Reformationszeit ihre Selbstständigkeit<br />

verlieren. St. Ulrich – die Bezeichnung <strong>de</strong>s Klosters nach se<strong>in</strong>em Grün<strong>de</strong>r setzte sich im<br />

Laufe <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts durch – wur<strong>de</strong> 1547 Priorat <strong>de</strong>s Klosters St. Georgen im<br />

Schwarzwald, 1560 Priorat <strong>de</strong>r Abtei St. Peter im Schwarzwald, 1578 <strong>de</strong>m Kloster <strong>in</strong>korporiert.<br />

1806 wur<strong>de</strong> das Priorat St. Ulrich zusammen mit <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> St. Peter<br />

säkularisiert.<br />

Die barocke Kirche von St. Ulrich, Peter, Peter <strong>und</strong> Paul bzw. Ulrich geweiht, besitzt e<strong>in</strong>ige<br />

mittelalterliche Vorgängerbauten. Altarweihen, Zerstörungen, Reparaturen <strong>und</strong> Neubauten<br />

s<strong>in</strong>d überliefert, ebenso gibt es noch e<strong>in</strong>e mächtige Taufbrunnenschale <strong>de</strong>s 11./12. <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Madonna <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Schöntal (Zisterzienser)<br />

Schöntal a.d. Jagst war e<strong>in</strong> Tochterkloster Maulbronns, e<strong>in</strong>e Stiftung <strong>de</strong>s Kreuzfahrers Wolfram<br />

von Bebenburg, gegrün<strong>de</strong>t um 1151 <strong>in</strong> Neusaß, alsbald verlegt nach Schöntal (speciosa<br />

vallis). Seit 1157 verfügte das Zisterzienserkloster über Königsschutz, e<strong>in</strong> Privileg Papst Alexan<strong>de</strong>rs<br />

III. (1159-1181) von 1176 erwähnt <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>besitz <strong>de</strong>s Klosters. Ab 1282 war<br />

Kaisheim <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Hierarchie <strong>de</strong>s Zisterzienseror<strong>de</strong>ns das Mutterkloster Schöntals. Im 15.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert erlangten die Zisterzienser<strong>in</strong>nen wichtige Reichsrechte von <strong>de</strong>n Königen Sigis-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 82


m<strong>und</strong> (1411-1437) <strong>und</strong> Friedrich III. (1440-1493) (1418, 1439, 1491). Der Unterstellung unter<br />

das Ma<strong>in</strong>zer Erzbistum zur Zeit Kaiser Maximilians I. (1493-1519) konnte sich Schöntal weitgehend<br />

entziehen, blieb aber im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert durch die benachbarten, evangelisch gewor<strong>de</strong>nen<br />

Territorien <strong>Württemberg</strong> <strong>und</strong> Hohenlohe sowie die Herren von Berlich<strong>in</strong>gen<br />

(Grablege im Kreuzgang <strong>de</strong>s Klosters) gefähr<strong>de</strong>t, was gera<strong>de</strong> auch für <strong>de</strong>n Dreißigjährigen<br />

Krieg galt. Obwohl Schöntal nicht Reichsstand war, blieben die B<strong>in</strong>dungen an Reich <strong>und</strong><br />

Königtum erhalten. Im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert erfolgte die barocke Umgestaltung von Klosterkirche<br />

<strong>und</strong> Konventsgebäu<strong>de</strong>n (Or<strong>de</strong>nssaal, Rokoko-Treppenhaus). 1802 wur<strong>de</strong> das Kloster aufgehoben<br />

<strong>und</strong> württembergisch.<br />

(Bad) Schussenried (Prämonstratenser)<br />

Die Brü<strong>de</strong>r Ber<strong>in</strong>ger <strong>und</strong> Konrad, M<strong>in</strong>isterialen Herzog Welfs VI. (†1191), grün<strong>de</strong>ten 1183<br />

das Prämonstratenserstift Schussenried <strong>in</strong> Oberschwaben. Sie selbst traten <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

e<strong>in</strong>, nach ihrem Tod musste sich ab 1191 <strong>de</strong>r Schussenrie<strong>de</strong>r Konvent gegenüber<br />

Ansprüchen ihrer Verwandten behaupten. Dies gelang erst 1205, als e<strong>in</strong>e Kompromisslösung<br />

die Rückkehr <strong>de</strong>r Prämonstratenser nach Schussenried ermöglichte. Schon früh baute<br />

die Kommunität Beziehungen zu Reich <strong>und</strong> staufischem Königtum auf (Schutzurk<strong>und</strong>en von<br />

1183 <strong>und</strong> 1227), 1440 wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r bisherigen Propstei e<strong>in</strong>e Abtei, die Privilegien Kaiser<br />

Friedrichs III. (1440-1493) <strong>und</strong> Maximilians I. (1493-1519) von 1487 <strong>und</strong> 1512 machten aus<br />

Schussenried endgültig e<strong>in</strong> schwäbisches Reichsprälatenkloster, das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em aus fünf<br />

bzw. sieben Dörfern bestehen<strong>de</strong>n Territorium auch über die Hochgerichtsbarkeit verfügt.<br />

Nach <strong>de</strong>n Zäsuren von Bauernkrieg, Reformation <strong>und</strong> Dreißigjährigem Krieg (Nie<strong>de</strong>rbrennung<br />

Schussenrieds 1647) begann unter Abt Didacus Ströbele (1719-1733) die Phase <strong>de</strong>r<br />

Barockisierung <strong>de</strong>s Klosters. Zwischen 1728 <strong>und</strong> 1733 wur<strong>de</strong> die barocke Wallfahrtskirche<br />

St. Peter <strong>und</strong> Paul <strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>hausen erbaut, es folgte <strong>de</strong>r barocke Konventsbau mit <strong>de</strong>m<br />

prunkvollen Bibliothekssaal von 1754/61. H<strong>in</strong>gegen wur<strong>de</strong> die mittelalterliche Stiftskirche St.<br />

Magnus, ursprünglich die Pfarrkirche Schussenrieds, nicht neu erbaut, son<strong>de</strong>rn nur barock<br />

umgestaltet. 1802/05 wur<strong>de</strong> die Abtei aufgehoben, Kloster <strong>und</strong> Territorium gelangten zunächst<br />

an die Reichsgrafen von Sternberg-Man<strong>de</strong>rscheid, bevor Schussenried 1806 württembergisch<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

Schuttern (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Das Ortenaukloster Schuttern führte sich mittelalterlicher Tradition zufolge auf <strong>de</strong>n angelsächsischen<br />

König Offa (694-709) als Grün<strong>de</strong>r zurück. Erst im 9. Jahrh<strong>und</strong>ert setzt aber die<br />

Überlieferung richtig e<strong>in</strong>, wobei sich Schuttern als Reichskloster mit <strong>de</strong>r Verpflichtung zur<br />

Heeresfolge zu erkennen gibt (817). 975 verlieh Kaiser Otto II. (973-983) <strong>de</strong>r Abtei e<strong>in</strong> Immunitätsprivileg,<br />

1009 kam Schuttern wie Gengenbach an das neu gegrün<strong>de</strong>te Bistum Bamberg.<br />

Klosterbesitz war <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Umgebung Schutterns vorhan<strong>de</strong>n, wie e<strong>in</strong>e Urk<strong>und</strong>e Papst<br />

Innozenz’ II. (1130-1143) zeigt. Im Verlauf <strong>de</strong>s Mittelalters wur<strong>de</strong> Schuttern öfter von Katastrophen<br />

heimgesucht: Klosterbrän<strong>de</strong> (u.a. 1155, 1240), e<strong>in</strong> Streit zwischen <strong>de</strong>n Städten Kenz<strong>in</strong>gen<br />

<strong>und</strong> End<strong>in</strong>gen (um 1300), 1328 im Thronstreit zwischen König Ludwig <strong>de</strong>m Bayern<br />

(1314-1347) <strong>und</strong> Friedrich <strong>de</strong>m Schönen (1314-1330), 1333/34 <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schwanauer Feh<strong>de</strong><br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 83


zwischen <strong>de</strong>m Bistum Straßburg <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Herren von Geroldseck, die m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens seit 1327<br />

die Klostervögte waren. Streitigkeiten gab es auch mit <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Geroldseckern 1327 begrün<strong>de</strong>ten<br />

Stadt Schuttern, die 1372, 1433 <strong>und</strong> 1473 <strong>in</strong> kriegerische Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen<br />

verwickelt war. Dagegen verlief die <strong>in</strong>nere Entwicklung <strong>de</strong>s Klosters im späten 15. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

erfolgreich, als die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>de</strong>r Bursfel<strong>de</strong>r Kongregation beitrat (1489/90).<br />

Das Kloster überstand <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit Bauernkrieg (1525) <strong>und</strong> Reformation (Mitte <strong>de</strong>s 16.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts). Die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft wur<strong>de</strong> 1806 aufgehoben.<br />

Schwarzach (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Das am Oberrhe<strong>in</strong> gelegene Schwarzach geht vielleicht auf <strong>de</strong>n Abtbischof Pirm<strong>in</strong> (v.755)<br />

zurück <strong>und</strong> wird 817 <strong>und</strong> um 826 erstmals als Reichsabtei <strong>de</strong>s karol<strong>in</strong>gischen Kaisers Ludwig<br />

<strong>de</strong>s Frommen (814-840) erwähnt. 994 von König Otto III. (984-1002) mit <strong>de</strong>m Marktrecht<br />

begabt, gelangte das <strong>de</strong>m heiligen Petrus geweihte Kloster an <strong>de</strong>n Straßburger (1016) <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>n Speyerer Bischof (1032). Wirtschaftlicher Verfall war die Folge dieser Schenkungspraxis,<br />

zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts wur<strong>de</strong> das Klosterleben <strong>in</strong> Schwarzach im Rahmen <strong>de</strong>r<br />

Hirsauer Klosterreform neu geordnet. Das spätere Mittelalter sah e<strong>in</strong>e wirtschaftlich <strong>und</strong> religiös<br />

weitgehend stabilisierte Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft. Im Verlauf <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts geriet<br />

das Kloster, das Reichsunmittelbarkeit beanspruchte, <strong>in</strong> das Umfeld <strong>de</strong>r badischen Markgrafen.<br />

Die Reformation g<strong>in</strong>g an <strong>de</strong>m Kloster vorbei. Die geistliche Kommunität ist 1803 aufgehoben<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

S<strong>in</strong>sheim (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

S<strong>in</strong>sheim war im frühen Mittelalter Zentralort im Elsenzgau, die dortigen Grafen erhielten<br />

1067 von König He<strong>in</strong>rich IV. (1056-1106) Markt- <strong>und</strong> Münzrecht am Ort. Um 1100 grün<strong>de</strong>te<br />

Bischof Johann I. von Speyer (1090-1104) hier e<strong>in</strong> Benedikt<strong>in</strong>erkloster, das 1108 königlichen<br />

Schutz erhielt. Der Ort S<strong>in</strong>sheim wird 1132 als oppidum, 1234 als civitas erwähnt <strong>und</strong> wur<strong>de</strong><br />

1192 von Kaiser He<strong>in</strong>rich VI. (1190-1197) privilegiert. Damals hatte das Kloster S<strong>in</strong>sheim an<br />

<strong>de</strong>n Kaiser abgetreten, die Klostervogtei g<strong>in</strong>g vielleicht <strong>in</strong> diesem Zusammenhang an das<br />

Reich, nach<strong>de</strong>m sie zuvor bei <strong>de</strong>n E<strong>de</strong>lherren von Wiesloch gelegen hatte. Trotz umfangreicher<br />

Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Umgebung <strong>und</strong> als Fernbesitz geriet die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>in</strong> wirtschaftliche Schwierigkeiten, <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>fluss <strong>de</strong>s Speyerer<br />

Bischofs auf die Kommunität nahm <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit zu, 1464 war S<strong>in</strong>sheim <strong>de</strong>m Landkapitel<br />

Bruchsal unterstellt, Stadt <strong>und</strong> Abtei wur<strong>de</strong>n 1339 von Kaiser Ludwig <strong>de</strong>m Bayern<br />

(1314-1347) verpfän<strong>de</strong>t. Nach durchaus erfolgreichen Reformen ab Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

wandten sich die Konventualen verstärkt e<strong>in</strong>er „stiftischen“ Lebensweise zu. Folge<br />

war die Umwandlung <strong>de</strong>s Benedikt<strong>in</strong>erklosters <strong>in</strong> e<strong>in</strong> weltliches Chorherrenstift (1496), das<br />

unter <strong>de</strong>r kurpfälzischen Vogtei bis zur Reformation im Jahr 1565 bestand.<br />

Söfl<strong>in</strong>gen (Klarissen)<br />

Am Anfang <strong>de</strong>s Klarissenklosters Söfl<strong>in</strong>gen (bei Ulm) stand wohl e<strong>in</strong>e Ulmer Schwesterngeme<strong>in</strong>schaft<br />

zur heiligen Elisabeth (vor 1237), die alsbald Beziehungen zu Papsttum <strong>und</strong><br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 84


<strong>de</strong>utschem Königtum aufnahm (1239) <strong>und</strong> sich im Rahmen <strong>de</strong>s Franziskaneror<strong>de</strong>ns als Klarissenkloster<br />

konstituierte. Mit reichen Stiftungen von Nie<strong>de</strong>ra<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Ulmer Patriziat ausgestattet,<br />

wur<strong>de</strong> die Nonnengeme<strong>in</strong>schaft 1258 nach Söfl<strong>in</strong>gen verlegt. Hier gelang die Ausbildung<br />

e<strong>in</strong>es zusammenhängen<strong>de</strong>n Territoriums, das Kloster wehrte – gera<strong>de</strong> auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Zeit<br />

<strong>de</strong>r Reformation – erfolgreich Übergriffe <strong>de</strong>r Reichsstadt Ulm ab, <strong>de</strong>r Kampf um<br />

Reichsstandschaft <strong>und</strong> Reichsunmittelbarkeit en<strong>de</strong>te mit <strong>de</strong>m für die Kommunität erfolgreichen<br />

Kompromiss von 1775. 1802 wur<strong>de</strong> das Kloster aufgehoben <strong>und</strong> kam zusammen mit<br />

<strong>de</strong>m Klostergebiet an Bayern, 1810 wur<strong>de</strong>n Ulm <strong>und</strong> damit auch Söfl<strong>in</strong>gen württembergisch,<br />

<strong>de</strong>r Klarissenkonvent selbst bestand noch bis 1814, die Klostergebäu<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n 1818 abgerissen.<br />

Stuttgart (Stadt)<br />

Das ursprünglich badische Stuttgart, <strong>de</strong>r „Stutengarten“ Kaiser Konrads II. (1024-1039), gelangte<br />

1243 durch Heirat an die Grafen von <strong>Württemberg</strong> <strong>und</strong> entwickelte sich zum Vor- <strong>und</strong><br />

Resi<strong>de</strong>nzort <strong>de</strong>r Grafschaft bzw. <strong>de</strong>s Herzogtums. Neben <strong>de</strong>m herzoglichen Schloss traten<br />

die wenigen kirchlichen E<strong>in</strong>richtungen am Ort <strong>in</strong> <strong>de</strong>n H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>. Zu nennen ist zuvor<strong>de</strong>rst<br />

das Stuttgarter Kollegiatstift Heiligkreuz, e<strong>in</strong> Hausstift, das vor 1320 von Beutelsbach nach<br />

Stuttgart übertragen wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> als Grablege <strong>de</strong>r württembergischen Lan<strong>de</strong>sherren diente.<br />

Hier begann am 16. Mai 1534 mit e<strong>in</strong>er ersten evangelischen Predigt die württembergische<br />

Reformation. Schon zuvor, im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert, hatten sich die württembergischen Grafen um<br />

Reformen <strong>in</strong> ihren Kirchen bemüht; die Ansiedlung von Dom<strong>in</strong>ikanern <strong>in</strong> Stuttgart erfolgte<br />

1473 <strong>in</strong> diesem Zusammenhang, doch wur<strong>de</strong> ihr Kloster 1536 <strong>in</strong>folge <strong>de</strong>r Reformation wie<strong>de</strong>r<br />

aufgelöst. Auch zwei franziskanische Frauenklausen <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts überstan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n<br />

Übergang zum Protestantismus nicht.<br />

Sulzburg (Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen)<br />

Am Anfang <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r Frauengeme<strong>in</strong>schaft im 840 erstmals genannten Sulzburg<br />

stehen die Urk<strong>und</strong>en König Ottos III. (984-1002) <strong>und</strong> He<strong>in</strong>richs II. (1002-1024) von 993 <strong>und</strong><br />

1004. 993 errichtete e<strong>in</strong> Graf Birthilo, vielleicht i<strong>de</strong>ntisch mit <strong>de</strong>m Zähr<strong>in</strong>ger „Bezel<strong>in</strong>us von<br />

Vill<strong>in</strong>gen“ (991/96-1024), e<strong>in</strong> Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nenkloster, <strong>de</strong>ssen Kleriker Bezel<strong>in</strong> 1004 e<strong>in</strong>e<br />

Markturk<strong>und</strong>e für <strong>de</strong>n Klosterort R<strong>in</strong>ken erhielt. 1008 wur<strong>de</strong> die Frauenkommunität <strong>de</strong>m Baseler<br />

Bischof unterstellt, die Herren von Üsenberg gelangten an die Vogtei, die seit 1371 <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Grafen von Freiburg, dann <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Markgrafen von Hachberg lag. Seit<br />

1415 gehörten Kloster <strong>und</strong> Stadt Sulzburg zum badischen Territorium, Markgraf Ernst von<br />

<strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-Durlach (†1553) machte Sulzburg zu se<strong>in</strong>er Resi<strong>de</strong>nz (1515/35). Das Kloster wur<strong>de</strong><br />

1548 vorläufig, 1556 endgültig aufgehoben, 1769 fielen die Klostergebäu<strong>de</strong> e<strong>in</strong>em Brand<br />

zum Opfer, nur die vorromanisch-romanische Klosterkirche, <strong>de</strong>m Cyriakus geweiht, überstand<br />

die Zeiten.<br />

Tennenbach (Zisterzienser)<br />

Die Gründung <strong>de</strong>s Zisterzienserklosters Tennenbach – o<strong>de</strong>r wie es zunächst hieß: Porta<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 85


Coeli („Himmelspforte“) – erfolgte um das Jahr 1161. Zwölf Mönche unter ihrem Abt Hesso<br />

übersie<strong>de</strong>lten damals vom burg<strong>und</strong>ischen Kloster Frienisberg – ob auf Veranlassung Herzog<br />

Bertholds IV. von Zähr<strong>in</strong>gen (1152-1186), ist zweifelhaft. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

gefälschte Gründungsnotiz nennt <strong>de</strong>n Besitz bestimmter Güter <strong>und</strong> Rechte <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Nachbarschaft Tennenbachs <strong>und</strong> führt e<strong>in</strong>e Zeugenliste an, zu <strong>de</strong>r auch Herzog Berthold<br />

<strong>und</strong> Markgraf Hermann III. o<strong>de</strong>r IV. von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> (1130-1160 o<strong>de</strong>r 1160-1190) gehören. Rechte<br />

<strong>und</strong> Güter <strong>de</strong>r Zisterzienserabtei am Westabhang <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s s<strong>in</strong>d aber schon<br />

bald <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Privileg Papst Alexan<strong>de</strong>rs III. (1159-1181) vom 5. August 1178 aufgeführt wor<strong>de</strong>n.<br />

Die Zisterze erfreute sich also schon damals – nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s alexandr<strong>in</strong>ischen<br />

Papstschismas – reger Kontakte zum Papsttum. Wir nennen hier noch das Privileg Papst<br />

Innozenz‘ III. (1198-1216) vom 6. November 1209. Von weltlicher Seite her soll Kaiser Friedrich<br />

I. Barbarossa (1152-1190) für Tennenbach geurk<strong>und</strong>et haben, während die Wegnahme<br />

von Klostergut <strong>in</strong> Neuenburg zwecks Gründung <strong>de</strong>r gleichnamigen Stadt durch Herzog Berthold<br />

IV. (1170/80) auch noch im Tennenbacher Güterbuch <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts Protest hervorrief.<br />

Anzumerken bleibt noch, dass Tennenbach ab En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>de</strong>r Zisterzienserabtei<br />

Salem unterstand. Anzumerken bleibt ebenfalls die beson<strong>de</strong>re, zisterziensische<br />

Struktur <strong>de</strong>r Tennenbacher Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>in</strong> <strong>de</strong>n knapp ersten zwei Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

nach <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>r Zisterze: Grangien, also vom Kloster <strong>in</strong> Eigenbewirtschaftung betriebene<br />

Län<strong>de</strong>reien, waren wesentlich für das Gefüge <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>besitzes, <strong>de</strong>r sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Oberrhe<strong>in</strong>ebene<br />

<strong>und</strong> im westlichen Schwarzwald konzentrierte, während <strong>de</strong>r Tennenbacher Besitz<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Baar weitgehend davon isoliert war (Tennenbacher Güterstreit 1180-1187; Verkauf<br />

<strong>de</strong>s Baaremer Besitzes 1506). Die Klostervogtei hatten im 13. <strong>und</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert die<br />

Markgrafen von Hachberg <strong>in</strong>ne, ab 1373 beanspruchten sie die Habsburger. 1444 wur<strong>de</strong><br />

Tennenbach von <strong>de</strong>n Armagnaken verwüstet – das Kloster war über 30 Jahre unbewohnt –,<br />

1525 im Bauernkrieg verbrannt, 1807 säkularisiert. Von <strong>de</strong>r alten Klosteranlage existiert heute<br />

nur noch die Krankenkapelle.<br />

Todtmoos (Benedikt<strong>in</strong>er, Paul<strong>in</strong>ereremiten)<br />

Im Anschluss an e<strong>in</strong>e bis <strong>in</strong>s Mittelalter zurückreichen<strong>de</strong> Wallfahrt entstand 1504 <strong>in</strong> Todtmoos<br />

e<strong>in</strong> Priorat <strong>de</strong>s Klosters St. Blasien, das 1784 aufgehoben wur<strong>de</strong>. Die Wallfahrtskirche<br />

wur<strong>de</strong> 1625/29 neu erbaut, im Pfarrhaus von 1733 leben seit 1987 Paul<strong>in</strong>ereremiten.<br />

Ulm (Stadt)<br />

E<strong>in</strong> alemannisches Gräberfeld <strong>de</strong>s 5. bis 7., e<strong>in</strong> Herrenhof (mit Pfarrkirche) <strong>de</strong>s 7./8. <strong>und</strong> die<br />

karol<strong>in</strong>gische Pfalz <strong>de</strong>s 9. Jahrh<strong>und</strong>erts stehen am Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r Ulmer Geschichte. Die Pfalz<br />

wur<strong>de</strong> bis <strong>in</strong> staufische Zeit genutzt, hier sprach König He<strong>in</strong>rich IV. (1056-1106) nach se<strong>in</strong>em<br />

„Gang nach Canossa“ zu Pf<strong>in</strong>gsten 1077 die Acht über se<strong>in</strong>e Gegner aus, hier verteidigte<br />

sich <strong>de</strong>r staufische Gegenkönig Konrad (III., 1127/38-1152) im Jahr 1131 gegen <strong>de</strong>n Welfenherzog<br />

He<strong>in</strong>rich <strong>de</strong>n Stolzen (1126-1139; die Zerstörung von oppidum <strong>und</strong> Pfalz erfolgte<br />

dann 1134). Der Gegenkönig He<strong>in</strong>rich Raspe (1246-1247) belagerte Ulm im Januar 1247<br />

vergeblich, die Stadt war damals mit Mauer bzw. Wall <strong>und</strong> Graben befestigt. Im Verlauf <strong>de</strong>s<br />

13. Jahrh<strong>und</strong>erts war die Ausbildung <strong>de</strong>r Stadtgeme<strong>in</strong><strong>de</strong> mit Ammann, Rat (1255), (Essl<strong>in</strong>-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 86


ger) Stadtrecht (1274) <strong>und</strong> Bürgermeister (1292) weitgehend abgeschlossen, die Stadt besaß<br />

Autonomie <strong>in</strong>sofern, als dass die Grafen von Dill<strong>in</strong>gen als Reichsvögte 1258 ausstarben<br />

<strong>und</strong> die württembergischen Grafen als Nachfolger <strong>in</strong> diesem Amt nicht <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung traten.<br />

Das 14. Jahrh<strong>und</strong>ert war durch <strong>de</strong>n weiteren wirtschaftlichen Aufstieg <strong>de</strong>r Stadt gekennzeichnet,<br />

sichtbar u.a. an <strong>de</strong>r im Wesentlichen bis 1336 fertig gestellten neuen Ummauerung,<br />

die <strong>de</strong>n vierfachen Umfang <strong>de</strong>r alten Befestigung hatte. Gemäß <strong>de</strong>m Kle<strong>in</strong>en Schwörbrief<br />

von 1345 wur<strong>de</strong>n die 17 Zünfte <strong>de</strong>r Handwerker <strong>und</strong> Händler am Rat beteiligt, <strong>de</strong>r Bürgermeister<br />

aus <strong>de</strong>m Patriziat gewählt. Infolge von Pfandgeschäften gelangten adlige <strong>und</strong><br />

gräfliche Herrschaften <strong>in</strong> Ulmer Besitz (Erwerb <strong>de</strong>r Herrschaft <strong>de</strong>r Grafen von Wer<strong>de</strong>nberg<br />

1377/85, <strong>de</strong>r Herrschaft <strong>de</strong>r Grafen von Helfenste<strong>in</strong> 1386). Das Ulmer Territorium wur<strong>de</strong> damit<br />

zum größten e<strong>in</strong>er Reichsstadt überhaupt <strong>und</strong> war zentral organisiert, aufgeteilt <strong>in</strong> Ämter<br />

<strong>und</strong> Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>n. Die Ulmer Bürger nahmen 1531 im Gefolge <strong>de</strong>r Reformation <strong>de</strong>n evangelischen<br />

Glauben an, was das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vor 1281 entstan<strong>de</strong>nen Ulmer Dom<strong>in</strong>ikanerklosters<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>s 1229 gegrün<strong>de</strong>ten Franziskanerkonvents be<strong>de</strong>utete. H<strong>in</strong>gegen überlebte neben <strong>de</strong>r<br />

Kommen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Deutschen Or<strong>de</strong>ns das August<strong>in</strong>erchorherrenstift „Wengenkloster“ auf<br />

Gr<strong>und</strong> kaiserlichen E<strong>in</strong>greifens nach <strong>de</strong>m Schmalkaldischen Frie<strong>de</strong>n (1547) die Ulmer Reformation.<br />

Urspr<strong>in</strong>g (Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen)<br />

Vielleicht erst im 10. Jahrh<strong>und</strong>ert wur<strong>de</strong> südwestlich von Blaubeuren bei Schelkl<strong>in</strong>gen das<br />

Quellgebiet e<strong>in</strong>es Baches besie<strong>de</strong>lt, das nach ebendieser Quelle <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Bach <strong>de</strong>n Namen<br />

„Urspr<strong>in</strong>g(en)“ erhielt. Erstmals wird Urspr<strong>in</strong>g <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nur abschriftlich überlieferten Urk<strong>und</strong>e<br />

von 1127 genannt. E<strong>in</strong>e <strong>Stifte</strong>rfamilie – drei Brü<strong>de</strong>r s<strong>in</strong>d es mit <strong>de</strong>n Namen Rüdiger, Adalbert<br />

<strong>und</strong> Walther – übergab dar<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Ort Urspr<strong>in</strong>g mit <strong>de</strong>r Kirche an das Kloster St. Georgen im<br />

Schwarzwald, repräsentiert durch Abt Werner I. (1119-1134) <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Konvent. Mit <strong>de</strong>r Vogtei<br />

über Urspr<strong>in</strong>g wur<strong>de</strong> Graf Diepold II. von Berg (1116/27-1160/66), <strong>de</strong>r Vater <strong>de</strong>s St.<br />

Georgener Abts Manegold (1169-n.1193/94), betraut.<br />

Dass bald danach Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Urspr<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>zogen, ergibt sich zwanglos aus <strong>de</strong>r späteren<br />

Überlieferung. Sogar dass die Nonnen aus <strong>de</strong>m St. Georgener Tochterkloster Amtenhausen<br />

kamen, ist bekannt. E<strong>in</strong><strong>de</strong>utig spricht e<strong>in</strong> St. Georgener Privileg Papst Alexan<strong>de</strong>rs III.<br />

(1159-1181) von 1179 von <strong>de</strong>r Unterstellung Urspr<strong>in</strong>gs unter das Schwarzwaldkloster. Die<br />

cella, das Priorat, das Tochterkloster, war e<strong>in</strong> von <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

abhängiger Frauenkonvent „im Recht <strong>de</strong>s Eigentums“ St. Georgens. Obwohl uns für das 12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert diesbezügliche Nachrichten fehlen, können wir aus <strong>de</strong>r späteren Überlieferung<br />

folgern, dass das Frauenkloster e<strong>in</strong>en Prior beherbergte. Dieser war e<strong>in</strong> Mönch aus St.<br />

Georgen, war <strong>de</strong>r Vertreter <strong>de</strong>s Schwarzwaldklosters vor Ort. Gleichzeitig fungierte <strong>de</strong>r Prior<br />

als Pfarrer <strong>de</strong>r Klosterkirche, Seelsorger <strong>und</strong> Beichtvater <strong>de</strong>r Nonnen.<br />

In <strong>de</strong>n ersten h<strong>und</strong>ert Jahren se<strong>in</strong>es Bestehens muss das Kloster Urspr<strong>in</strong>g arm gewesen<br />

se<strong>in</strong>. Ke<strong>in</strong>e Güterschenkung ist uns bis 1237 überliefert. Dementsprechend können wir auch<br />

nur von e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Frauenkonvent ausgehen, <strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>r Leitung e<strong>in</strong>er Meister<strong>in</strong> stand.<br />

Seit <strong>de</strong>m 13. Jahrh<strong>und</strong>ert fließen unsere Quellen etwas reichlicher. Nach <strong>de</strong>r Zerstörung <strong>de</strong>s<br />

Klosters <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Kämpfen zwischen <strong>de</strong>m staufischen König Konrad IV. (1237-1254) <strong>und</strong> Anhängern<br />

<strong>de</strong>r päpstlichen Partei (1246/47) konnte sich die Nonnengeme<strong>in</strong>schaft wie<strong>de</strong>r erholen.<br />

Dies geht je<strong>de</strong>nfalls aus e<strong>in</strong>er Bulle Papst Alexan<strong>de</strong>rs IV. (1254-1261) hervor, die dieser<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 87


mit Datum vom 8. März 1258 für Urspr<strong>in</strong>g ausstellte. In <strong>de</strong>r Folgezeit gewann Urspr<strong>in</strong>g –<br />

auch weil es sich immer mehr von se<strong>in</strong>en benedikt<strong>in</strong>isch-klösterlichen Gr<strong>und</strong>lagen entfernte<br />

– größeres Ansehen bei <strong>de</strong>n A<strong>de</strong>lsgeschlechtern <strong>de</strong>r Umgebung, die ihre nun mit Eigenbesitz<br />

ausgestatteten Töchter stan<strong>de</strong>sgemäß unterbr<strong>in</strong>gen konnten. St. Georgen konnte <strong>und</strong><br />

wollte dieser Entwicklung nicht entgegensteuern, zumal – so sche<strong>in</strong>t es – das Frauenkloster<br />

gegenüber <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft im Schwarzwald an Selbstständigkeit gewann. E<strong>in</strong> eigenes<br />

Siegel (1258/75), die kaum feststellbare Beteiligung <strong>de</strong>s St. Georgener Abts an Urspr<strong>in</strong>ger<br />

Güterkäufen <strong>und</strong> -verkäufen, e<strong>in</strong>e über weite Strecken fehlen<strong>de</strong> geistliche <strong>und</strong><br />

rechtliche Aufsicht über das Frauenkloster belegen dies, <strong>de</strong>r Festschreibung <strong>de</strong>r Rechte St.<br />

Georgens <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Urk<strong>und</strong>e vom 14. April 1328 zum Trotz. Auch an <strong>de</strong>r Bursfel<strong>de</strong>r Klosterreform<br />

für <strong>de</strong>n zusammengeschmolzenen Urspr<strong>in</strong>ger Frauenkonvent (1475) war St. Georgen,<br />

das selbst nicht reformiert wur<strong>de</strong>, nur <strong>in</strong>direkt beteiligt. Das Kloster Urspr<strong>in</strong>g blieb aber St.<br />

Georgen weiter unterstellt. Daran än<strong>de</strong>rte ebenfalls die Reformation nichts (1536/66);<br />

Urspr<strong>in</strong>g befand sich seit 1566 unter <strong>de</strong>r Leitung <strong>de</strong>s katholischen Abtes <strong>de</strong>s Georgsklosters,<br />

<strong>de</strong>r <strong>in</strong> Vill<strong>in</strong>gen residierte. Erst Streitigkeiten im Urspr<strong>in</strong>ger Konvent nach <strong>de</strong>r Wahl <strong>de</strong>r Äbtiss<strong>in</strong><br />

Maria Ab<strong>und</strong>antia von Barille (1797-1806/15) führten 1802 dazu, dass St. Georgen auf<br />

se<strong>in</strong>e Rechte <strong>in</strong> Urspr<strong>in</strong>g verzichtete. Das Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nenkloster ist dann 1806 säkularisiert<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Vill<strong>in</strong>gen (Stadt)<br />

Der Ort Vill<strong>in</strong>gen wird erstmals 817 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Urk<strong>und</strong>e Kaiser Ludwigs <strong>de</strong>s Frommen (814-840)<br />

für das Kloster St. Gallen erwähnt. Fast zweih<strong>und</strong>ert Jahre später verlieh Kaiser Otto III.<br />

(983-1002) <strong>de</strong>m Zähr<strong>in</strong>gergrafen Berthold (991/96-1024) am 29. März 999 Markt-, Münz-<br />

<strong>und</strong> Zollrecht für Vill<strong>in</strong>gen. Im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert entwickelte sich neben Alt-Vill<strong>in</strong>gen die „Zähr<strong>in</strong>gerstadt“,<br />

die nach <strong>de</strong>m Aussterben <strong>de</strong>s Herzogsgeschlecht (1218) an die Staufer kam,<br />

schließlich 1283 als erbliches Reichslehen an die Grafen von Fürstenberg. Für die Zeit <strong>de</strong>s<br />

späteren Mittelalters wird dann die Glie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Stadt erkennbar. E<strong>in</strong> Kreuz zweier Haupt-<br />

als Marktstraßen bil<strong>de</strong>t das topografische Gerüst <strong>de</strong>s Ortes, e<strong>in</strong>es Stadtovals, umrahmt von<br />

e<strong>in</strong>er Stadtmauer aus <strong>de</strong>m 13. Jahrh<strong>und</strong>ert. Das be<strong>de</strong>utendste mittelalterliche Bau<strong>de</strong>nkmal<br />

ist das Vill<strong>in</strong>ger Münster, e<strong>in</strong>e spätromanische dreischiffige Basilika, die im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

entstand <strong>und</strong> nach <strong>de</strong>m großen Stadtbrand von 1271 bis zum 16. Jahrh<strong>und</strong>ert wie<strong>de</strong>rerrichtet<br />

wur<strong>de</strong>. Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> gegen <strong>de</strong>n fürstenbergischen Grafen als Stadtherrn führten u.a. 1326<br />

dazu, dass sich Vill<strong>in</strong>gen <strong>de</strong>r österreichischen Herrschaft unterstellte. Vill<strong>in</strong>ger Bürger waren<br />

an <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagung <strong>de</strong>s Bauernaufstands (1525) beteiligt, <strong>de</strong>r Ort nahm nach <strong>de</strong>r Reformationszeit<br />

<strong>de</strong>n katholischen Mönchskonvent <strong>de</strong>s Klosters St. Georgen auf. Drei schwedisch-württembergische<br />

Belagerungen während <strong>de</strong>s Dreißigjährigen Krieges scheiterten.<br />

Französische Angriffe auf Vill<strong>in</strong>gen prägten das ausgehen<strong>de</strong> 17. <strong>und</strong> die 1. Hälfte <strong>de</strong>s 18.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts. 1805 wur<strong>de</strong> Vill<strong>in</strong>gen württembergisch, 1806 badisch.<br />

Zur kirchlichen Topografie gehörten neben <strong>de</strong>m Münster das 1288 gestiftete Spital, die Franziskanerkirche<br />

(1268), die Kirche <strong>de</strong>r Johanniter (1257), das St. Klara-Kloster am Bickentor<br />

(Anfang <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts). Dem entsprach es, dass gera<strong>de</strong> im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> Vill<strong>in</strong>gen<br />

Beg<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Schwesternsammlungen <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung traten (Zisterzienser<strong>in</strong>nen vom<br />

„neuen Haus“ 1238, Vettersammlung 1255, Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nen 1259, Waldhauser Sammlung<br />

1274) <strong>und</strong> sich 1308 das Klarissenkloster am Bickentor ausformte. Die Vill<strong>in</strong>ger Johanniter-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 88


kommen<strong>de</strong>, geför<strong>de</strong>rt durch die Grafen von Fürstenberg, sollte zu e<strong>in</strong>er <strong>de</strong>r reichsten Nie<strong>de</strong>rlassungen<br />

<strong>de</strong>r Johanniter <strong>in</strong> Deutschland wer<strong>de</strong>n. Das Franziskanerkloster spielte seit <strong>de</strong>r<br />

Wen<strong>de</strong> vom 13. zum 14. Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong>e zunehmend wichtigere Rolle auch im Verfassungsgefüge<br />

<strong>de</strong>r Stadt; die Verlesung <strong>de</strong>s Stadtrechts <strong>und</strong> Wahlen zu öffentlichen Ämtern<br />

fan<strong>de</strong>n auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Franziskanerkirche statt. Alle genannten Institutionen überlebten im katholischen<br />

Vill<strong>in</strong>gen bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit.<br />

Waldkirch (Stift, August<strong>in</strong>erchorherren)<br />

Die Frauengeme<strong>in</strong>schaft St. Margareten <strong>in</strong> Waldkirch, verfassungs- <strong>und</strong> kirchenrechtlich nur<br />

ungefähr anzusie<strong>de</strong>ln zwischen Kloster <strong>und</strong> Stift, war vom schwäbischen Herzog Burchard I.<br />

(917-926) auf alemannischem Herzogsgut gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n <strong>und</strong> entwickelte sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Folgezeit zu e<strong>in</strong>er Reichsabtei, die u.a. 994 mit <strong>de</strong>m Recht <strong>de</strong>r freien Vogtwahl begabt wur<strong>de</strong>.<br />

Das hohe Mittelalter lässt e<strong>in</strong>en adligen Frauenkonvent auf <strong>de</strong>m Weg zur stiftischen Lebensweise<br />

von Kanoniker<strong>in</strong>nen erkennen. Seit 1212 übten die Herren von Schwarzenberg<br />

die Vogtei aus, ungefähr seit <strong>de</strong>m Interregnum die Herren von Schnabelburg-Eschenbach<br />

als das neue Haus Schwarzenberg. Das Stift konnte se<strong>in</strong>en Vögten gegenüber Herrschaft<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>herrschaft auf Dauer nicht behaupten. Beim Tod <strong>de</strong>r letzten Äbtiss<strong>in</strong> (1431) verfügte<br />

die Frauengeme<strong>in</strong>schaft nur noch über wenige Rechte <strong>und</strong> Besitzungen. Es zogen nun<br />

August<strong>in</strong>erchorherren nach Waldkirch, das Männerstift bestand bis zu se<strong>in</strong>er Aufhebung im<br />

Jahr 1806. Im Umfeld <strong>de</strong>r 1459 ausgestorbenen neuen Schwarzenberger entwickelte sich<br />

um die Burgen Kastelburg <strong>und</strong> Schwarzenberg aus Anfängen vor 1283 die 1283-1287 ummauerte,<br />

1300 mit Freiburger Stadtrecht begabte Stadt Waldkirch <strong>in</strong> Nachbarschaft zu Frauengeme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>und</strong> Klostersiedlung, <strong>de</strong>r sog. „alten Stadt“.<br />

(Bad) Waldsee (August<strong>in</strong>erchorherren)<br />

Vor 1181 entstand im oberschwäbischen Waldsee e<strong>in</strong>e Kanonikergeme<strong>in</strong>schaft von August<strong>in</strong>erchorherren,<br />

die sich im geme<strong>in</strong>schaftlichen Leben nach <strong>de</strong>r August<strong>in</strong>usregel um die Seelsorge<br />

<strong>de</strong>r Pfarrangehörigen im Haistergau kümmerten. In <strong>de</strong>r frühen Neuzeit s<strong>in</strong>d 18 Kanoniker<br />

<strong>de</strong>s Waldseer Konvents bezeugt, im Rahmen <strong>de</strong>s Joseph<strong>in</strong>ismus wur<strong>de</strong> die Kommunität<br />

1788 aufgehoben. Die barocke Stiftsanlage besteht heute noch.<br />

Weiler (Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nen)<br />

Zwischen 1230 <strong>und</strong> 1571/92 bestand <strong>in</strong> Weiler e<strong>in</strong> Dom<strong>in</strong>ikaner<strong>in</strong>nenkonvent, <strong>de</strong>r über e<strong>in</strong>e<br />

kle<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>herrschaft am mittleren Neckar verfügte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e wichtige Rolle <strong>in</strong> <strong>de</strong>r südwest<strong>de</strong>utschen<br />

Frauenmystik <strong>de</strong>s 13. Jahrh<strong>und</strong>erts spielte. Das Kloster wur<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>rholt (1377,<br />

1449, 1519) vom benachbarten Essl<strong>in</strong>gen aus zerstört, seit <strong>de</strong>m späten Mittelalter gehörte<br />

Weiler zum Machtbereich <strong>de</strong>r württembergischen Grafen <strong>und</strong> Herzöge, die die Vogtei über<br />

die Frauengeme<strong>in</strong>schaft ausübten, an <strong>de</strong>r Klosterreform von 1478 beteiligt waren <strong>und</strong> ab<br />

1534 gegen <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Klosterfrauen die Reformation <strong>und</strong> Aufhebung <strong>de</strong>r Kommunität<br />

mit letztendlichem Erfolg betrieben.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 89


We<strong>in</strong>garten (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Mit <strong>de</strong>m Welfen He<strong>in</strong>rich „mit <strong>de</strong>m gol<strong>de</strong>nen Pflug“ (†n.934) <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Ehefrau Ata hatte<br />

das 934 gestiftete Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nenkloster Altdorf (We<strong>in</strong>garten) prom<strong>in</strong>ente Grün<strong>de</strong>r. Herzog<br />

Welf IV. von Bayern (†1101) sie<strong>de</strong>lte aber 1056 <strong>in</strong> Altdorf Benedikt<strong>in</strong>ermönche an, das<br />

Kloster wur<strong>de</strong> 1094 – entsprechend <strong>de</strong>n Zielen <strong>de</strong>r damaligen Kirchen- <strong>und</strong> Klosterreform –<br />

<strong>de</strong>m Papsttum übergeben, die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft war damals hirsauisch bee<strong>in</strong>flusst. Mit<br />

<strong>de</strong>r Übergabe von 1094 verzichteten die Welfen zwar auf ihr Eigentumsrecht an ihrem Hauskloster<br />

<strong>und</strong> Begräbnisort, blieben aber bis 1191, bis zum Tod Welfs VI., Klostervögte.<br />

Gr<strong>und</strong>ausstattung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft waren durch die Zuwendungen<br />

<strong>de</strong>r welfischen Herzöge beträchtlich; die Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft hatte <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re<br />

um We<strong>in</strong>garten Besitz, daneben Streubesitz von Vorarlberg bis Ravensburg. 1191 übernahmen<br />

die Staufer die Klostervogtei, e<strong>in</strong>e kulturelle Blütezeit ist für das beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong> 13. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

auszumachen. Im späten Mittelalter konnte We<strong>in</strong>garten trotz habsburgischvor<strong>de</strong>rösterreichi-schen<br />

Drucks (Landvogtei Oberschwaben) se<strong>in</strong>e (reichsunmittelbare) Unabhängigkeit<br />

behaupten. Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r frühen Neuzeit griffen die wirtschaftlichen <strong>und</strong> <strong>in</strong>neren<br />

Reformen unter <strong>de</strong>n Äbten Gerwig Blarer (1520-1567) <strong>und</strong> Georg Wegel<strong>in</strong> (1586-1627).<br />

Das von <strong>de</strong>r Reformation verschonte Kloster entwickelte sich auf Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er benedikt<strong>in</strong>ischen<br />

Regeltreue zu e<strong>in</strong>em wichtigen katholischen Stützpunkt <strong>in</strong> Oberschwaben <strong>und</strong> darüber<br />

h<strong>in</strong>aus. Dem entsprach es, dass die oberschwäbischen Benedikt<strong>in</strong>erklöster sich 1603 unter<br />

Führung We<strong>in</strong>gartens zu e<strong>in</strong>er Kongregation zusammenschlossen. Rückhalt fan<strong>de</strong>n die<br />

We<strong>in</strong>gartener Mönche damals zu<strong>de</strong>m <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Benedikt<strong>in</strong>eruniversität Salzburg. Der wirtschaftliche<br />

Aufstieg <strong>de</strong>r Abtei ermöglichte nicht zuletzt die Barockisierung <strong>de</strong>r Klostergebäu<strong>de</strong> im<br />

Verlauf <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts. Die damals errichteten Gebäu<strong>de</strong> prägen das Bild <strong>de</strong>s Klosters<br />

We<strong>in</strong>garten auch heute noch.<br />

Unter Abt Sebastian Hyller (1697-1730) wur<strong>de</strong> zwischen 1715 <strong>und</strong> 1724 die barocke Klosterkirche<br />

erbaut, die die alte romanische Basilika von 1182 ersetzte. Es entstand nach <strong>de</strong>m<br />

Vorbild <strong>de</strong>r römischen Peterskirche die heute bestehen<strong>de</strong> Doppelturmanlage mit dreischiffigem<br />

Langhaus, das im östlichen Teil von e<strong>in</strong>er mächtigen Vierungskuppel bekrönt ist. Langhaus<br />

<strong>und</strong> Kuppel wer<strong>de</strong>n durch die großen Fenster erhellt, das von außen e<strong>in</strong>fallen<strong>de</strong> Licht<br />

beleuchtet die von Cosmas Damian Asam geschaffenen Fresken vorzüglich, <strong>de</strong>r weiße<br />

Stuck mit <strong>de</strong>n Stuckaturen Franz Xaver Schmuzers bil<strong>de</strong>t dazu e<strong>in</strong>en künstlerischen Kontrast,<br />

drei Hauptaltäre <strong>und</strong> die Orgel <strong>de</strong>s Joseph Gabler (erbaut zwischen 1737 <strong>und</strong> 1750)<br />

stehen im Innenraum <strong>de</strong>r Kirche. Zwischen 1727 <strong>und</strong> 1750/60 entstan<strong>de</strong>n zu<strong>de</strong>m an <strong>de</strong>r Kirchennordseite<br />

die neuen Klostergebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Prälatur, während auf <strong>de</strong>r Südseite die alten<br />

Konventsgebäu<strong>de</strong> erhalten blieben.<br />

Was neben <strong>de</strong>n Baulichkeiten nach <strong>de</strong>r Aufhebung <strong>de</strong>s Klosters im Jahr 1802 <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Inbesitznahme<br />

von Kloster <strong>und</strong> Klosterstaat durch das Königreich <strong>Württemberg</strong> im Jahr 1806<br />

vom Kloster übrig geblieben ist, ist die Heilig-Blut-Wallfahrt von Reitern, entstan<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r<br />

Verehrung e<strong>in</strong>er Blutreliquie Jesu Christi, die Herzog Welf IV. nach <strong>de</strong>m Tod se<strong>in</strong>er Frau<br />

Judith <strong>de</strong>m Kloster Altdorf-We<strong>in</strong>garten überließ.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 90


Weißenau (Prämonstratenser)<br />

Südlich von Ravensburg entstand auf Initiative <strong>de</strong>s welfischen M<strong>in</strong>isterialen Gebizo im Jahr<br />

1145 das Prämonstratenserkloster Weißenau. Bis 1166 war Weißenau e<strong>in</strong> Doppelkloster,<br />

dann sie<strong>de</strong>lten die Nonnen <strong>in</strong>s benachbarte Weisental um, wo <strong>de</strong>r Konvent wohl im Verlauf<br />

<strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts zu bestehen aufhörte. Die Prämonstratenser <strong>in</strong> Weißenau<br />

befan<strong>de</strong>n sich politisch im Fahrwasser <strong>de</strong>r staufischen Könige (u.a. Bewachung <strong>de</strong>r Reichs<strong>in</strong>signien<br />

auf <strong>de</strong>r benachbarten Waldburg 1220-1224), nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r staufischen Dynastie<br />

kamen wie<strong>de</strong>r Beziehungen zu <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Herrschern zustan<strong>de</strong>, als König Rudolf<br />

I. von Habsburg (1273-1291) Weißenau e<strong>in</strong>e Heilig-Blut-Reliquie schenkte. Dem Kloster gelang<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folgezeit <strong>de</strong>r Ausbau e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en Territoriums. Auch nach <strong>de</strong>r Reformation<br />

blieb die Männergeme<strong>in</strong>schaft – im Gegensatz zur unmittelbar benachbarten Reichsstadt<br />

Ravensburg – katholisch. 1802 ist die Abtei aufgehoben wor<strong>de</strong>n, die barocke Klosteranlage<br />

aus <strong>de</strong>m 18. Jahrh<strong>und</strong>ert dient heute als psychiatrische Kl<strong>in</strong>ik.<br />

Weitenau (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Auf <strong>de</strong>r südwestlichen Vorgebirgszone <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s befand sich im Mittelalter die<br />

<strong>de</strong>m heiligen Gangolf geweihte Benedikt<strong>in</strong>erpropstei Weitenau. Wie Bürgeln o<strong>de</strong>r Neuenzell<br />

war auch Weitenau e<strong>in</strong>e sanktblasianische Propstei, <strong>de</strong>ren Entstehung um 1100 veranschlagt<br />

wird. Die Brü<strong>de</strong>r Arnold, Erk<strong>in</strong>bold <strong>und</strong> He<strong>in</strong>rich von Wart übertrugen damals <strong>de</strong>m<br />

Kloster St. Blasien die Weitenauer Kirche, <strong>de</strong>r St. Blasianer Abt Udo (1085-1108) errichtete<br />

am Ort e<strong>in</strong> Kloster, das im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert wichtige Impulse für Rodung <strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>sausbau<br />

im südlichen Schwarzwald gab. An <strong>de</strong>r Spitze Weitenaus stand <strong>in</strong> geistlichen D<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong><br />

Prior, <strong>in</strong> weltlich-wirtschaftlichen e<strong>in</strong> Propst. Das Gründungsgut umfasste die „Vogtei Weitenau“<br />

mit Besitz <strong>in</strong> Weitenau, Schillighof, Eichholz usw., erweitert 1278 um Güter <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>lheid<br />

von Rotenberg. In <strong>de</strong>r „Vogtei Weitenau“ übte <strong>de</strong>r Propst die Nie<strong>de</strong>rgerichtsbarkeit aus, e<strong>in</strong><br />

Urbar von 1344 listet <strong>de</strong>n umfangreichen Besitz <strong>de</strong>s Klosters auf. Vögte über Weitenau waren<br />

wohl von Anfang an die Herren von Wart, spätesten seit 1361 die Markgrafen von Hachberg.<br />

1423 erlangte <strong>de</strong>r Vogt das Recht <strong>de</strong>r H<strong>und</strong>eherberge <strong>in</strong> Weitenau, 1525 wur<strong>de</strong> die<br />

Propstei im Bauernkrieg stark geplün<strong>de</strong>rt, 1557 war das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kommunität <strong>in</strong>folge <strong>de</strong>r<br />

Reformation erreicht, 1560 e<strong>in</strong>igten sich Markgraf Karl II. von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> (1537-1577) <strong>und</strong> das<br />

Kloster St. Blasien auf die Auflösung <strong>de</strong>r Propstei bei Anerkennung <strong>de</strong>s sanktblasianischen<br />

Besitzes. Statt <strong>de</strong>r um 1105 errichteten <strong>und</strong> gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts erneuerten<br />

Propsteigebäu<strong>de</strong> gab es nun e<strong>in</strong>e evangelische Pfarrkirche (1569).<br />

Wibl<strong>in</strong>gen (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Wibl<strong>in</strong>gen war e<strong>in</strong>e Stiftung <strong>de</strong>r Grafen von Kirchberg <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> 1093 von Mönchen <strong>de</strong>s<br />

Benedikt<strong>in</strong>erklosters St. Blasien besie<strong>de</strong>lt. Die <strong>Stifte</strong>rfamilie besaß die Vogteirechte über die<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft, die als Hauskloster <strong>und</strong> Grablege diente. Das 14. Jahrh<strong>und</strong>ert sah<br />

<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Verfall <strong>de</strong>r Kommunität, Wibl<strong>in</strong>gen war zeitweise mit <strong>de</strong>m Kloster Ochsenhausen<br />

verb<strong>und</strong>en. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 15. Jahrh<strong>und</strong>erts schloss sich Wibl<strong>in</strong>gen <strong>de</strong>r Melker<br />

Reformbewegung an, das Kloster wur<strong>de</strong> sogar selbst zu e<strong>in</strong>em Reformmittelpunkt benedikti-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 91


nischen Mönchtums <strong>de</strong>r damaligen Zeit. Die geografische Nähe zur protestantischen<br />

Reichsstadt Ulm gefähr<strong>de</strong>te während <strong>de</strong>r Reformation die Existenz <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

(1546), die Grafen Fugger verkauften 1701 ihre Vogteirechte an das Kloster. Ab 1714 erfolgte<br />

die Barockisierung <strong>de</strong>r Klostergebäu<strong>de</strong>, es entstand die barock-klassizistische Klosterkirche,<br />

<strong>de</strong>r Mittelbau <strong>de</strong>r Konventsgebäu<strong>de</strong> enthält die sich über zwei Geschosse erstrecken<strong>de</strong><br />

berühmte Wibl<strong>in</strong>ger Klosterbibliothek. 1806 wur<strong>de</strong> die Kommunität säkularisiert <strong>und</strong> schließlich<br />

württembergisch, bis 1917 wur<strong>de</strong>n die Konventsgebäu<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>n ursprünglichen Plänen<br />

fertiggestellt.<br />

Wittichen (Franziskaner<strong>in</strong>nen, Klarissen)<br />

Zwischen 1323 <strong>und</strong> 1330 entstand als Gründung <strong>de</strong>r Luitgard von Wittichen (*ca.1292-<br />

†1349) <strong>und</strong> mit Unterstützung <strong>de</strong>r Herzöge von Teck <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Grafen von Geroldseck das<br />

Frauenkloster Wittichen. Auf Geroldsecker Besitz unterhalb <strong>de</strong>r Burg Wittichenste<strong>in</strong> <strong>und</strong> bevogtet<br />

von <strong>de</strong>n Grafen, entwickelte sich nach schwierigen Anfängen (Brand <strong>de</strong>s Klosters<br />

1327, Weihe <strong>de</strong>r Klosterkirche 1330) e<strong>in</strong>e Frauengeme<strong>in</strong>schaft mit umfangreichem Klosterbesitz<br />

<strong>in</strong> Wittichen <strong>und</strong> Kaltbrunn sowie an Oberrhe<strong>in</strong> <strong>und</strong> Neckar (Schaffneien zur Besitzverwaltung<br />

u.a. <strong>in</strong> Gengenbach, Horb, Lahr, Rottweil, Straßburg, Vill<strong>in</strong>gen). 1540 zeitweise<br />

<strong>in</strong>folge <strong>de</strong>r Reformation aufgehoben, konsolidierte sich <strong>de</strong>r Frauenkonvent – allerd<strong>in</strong>gs mit<br />

e<strong>in</strong>geschränkten Möglichkeiten – wie<strong>de</strong>r <strong>und</strong> hatte im Dreißigjährigen Krieg <strong>und</strong> danach<br />

schwere E<strong>in</strong>bußen h<strong>in</strong>zunehmen (1640, 1663). Das Kloster wur<strong>de</strong> 1803 säkularisiert <strong>und</strong><br />

aufgehoben.<br />

I<strong>de</strong>ell-religiöser Mittelpunkt <strong>de</strong>r Nonnengeme<strong>in</strong>schaft, die 1376 die Klarissenregel annahm,<br />

war die Grabstätte <strong>de</strong>r seligen Luitgard, zu <strong>de</strong>r, beson<strong>de</strong>rs nach <strong>de</strong>r Graböffnung von 1629,<br />

Wallfahrten unternommen wur<strong>de</strong>n. Kloster Wittichen hatte seit se<strong>in</strong>er Gründung e<strong>in</strong>ige Be<strong>de</strong>utung<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r Herrschaft <strong>und</strong> als Hauskloster <strong>de</strong>r Grafen von Geroldseck.<br />

Zwiefalten (Benedikt<strong>in</strong>er)<br />

Die Grafen von Achalm waren <strong>Stifte</strong>r <strong>de</strong>s Benedikt<strong>in</strong>erklosters Zwiefalten, <strong>de</strong>ssen Gründung<br />

1089 <strong>in</strong> Anwesenheit <strong>de</strong>s Abtes Wilhelm von Hirsau (1069-1091) <strong>und</strong> mit Hirsauer Mönchen<br />

erfolgte. Zunächst Priorat <strong>de</strong>s Schwarzwaldklosters, erlangte Zwiefalten 1091 Selbstständigkeit<br />

<strong>und</strong> 1093 die libertas Romana. Die Klostervogtei kam zu diesem Zeitpunkt an die Welfen,<br />

dann <strong>in</strong>folge <strong>de</strong>s 1179 abgeschlossenen Erbvertrages zwischen Kaiser Friedrich I. Barbarossa<br />

(1152-1190) <strong>und</strong> Herzog Welf VI. (†1191) an die staufischen Herrscher. 70 Vollmönche<br />

<strong>und</strong> 130 Laienbrü<strong>de</strong>r gehörten im Jahr 1138 zum Konvent, neben <strong>de</strong>m es bis zur<br />

Mitte <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong>e Frauengeme<strong>in</strong>schaft gab. Die Klosterchroniken Ortliebs <strong>und</strong><br />

Bertholds stehen für die Blütezeit <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft, ab <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 12. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

ist e<strong>in</strong> Be<strong>de</strong>utungsrückgang <strong>de</strong>s Klosters zu verzeichnen. Im späten Mittelalter gelang,<br />

gestützt auf die Habsburger als Klostervögte, die Ausbildung e<strong>in</strong>es geschlossenen Territoriums,<br />

jedoch wur<strong>de</strong> die Vogtei im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert an die Grafen von <strong>Württemberg</strong> verliehen.<br />

Zwiefalten wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>nnoch erfolgreich württembergischer Reformation (1535) <strong>und</strong><br />

Lan<strong>de</strong>sherrschaft (bis 1570). Verfassungsrechtlich <strong>und</strong> machtpolitisch zwischen Reichs- <strong>und</strong><br />

württembergischer Landstandschaft, konnten <strong>in</strong><strong>de</strong>s Zwiefalter Kloster <strong>und</strong> Klostergebiet erst<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 92


im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> ihrer unabhängigen Existenz gesichert wer<strong>de</strong>n. 1750 gelang <strong>de</strong>r<br />

Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>de</strong>r Kauf <strong>de</strong>r schon seit 1696 an das Kloster verpfän<strong>de</strong>ten württembergischen<br />

Rechte, Zwiefalten gehörte nun endgültig zur Gruppe <strong>de</strong>r oberschwäbischen<br />

Reichsprälatenklöster <strong>de</strong>r frühen Neuzeit. Parallel zu dieser Entwicklung verfügten die Mönche<br />

offenbar über die nötigen Mittel, ihre Klosteranlage zu barockisieren. Von 1738 bis 1754<br />

erbaute man die Kirche neu, mächtige Doppeltürme, e<strong>in</strong> mit Fresken <strong>und</strong> Stuckaturen versehenes<br />

Langhaus sowie die Westfassa<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Architekten Johann <strong>Michael</strong> Fischer (†1766)<br />

fügen sich zu e<strong>in</strong>em harmonischen Ganzen zusammen. Das Kloster Zwiefalten wur<strong>de</strong> 1802<br />

säkularisiert <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Herzogtum <strong>Württemberg</strong> e<strong>in</strong>geglie<strong>de</strong>rt.<br />

Karte: <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 93


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Text aus: Vertex Alemanniae. Schriftenreihe <strong>de</strong>s Vere<strong>in</strong>s für Heimatgeschichte St. Georgen, Heft<br />

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<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 95

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