Klöster und Stifte in Baden-Württemberg - Michael-buhlmann.de
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zum Lesen <strong>und</strong> Schreiben (<strong>de</strong>r late<strong>in</strong>ischen Sprache) voraus. So war das Skriptorium, die<br />
Schreib- <strong>und</strong> Malschule, e<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil <strong>de</strong>s Klosters <strong>und</strong> <strong>de</strong>r klösterlichen <strong>und</strong><br />
mittelalterlichen Kultur. Die meisten Abschriften antiker <strong>und</strong> mittelalterlicher Werke wur<strong>de</strong>n<br />
im frühen <strong>und</strong> hohen Mittelalter eben von Mönchen geschrieben, die monastische Buchkultur<br />
wur<strong>de</strong> erst im späten Mittelalter durch neue Schreibzentren <strong>in</strong> Städten <strong>und</strong> an Universitäten<br />
<strong>in</strong> <strong>de</strong>n H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> gedrängt. Geschrieben wur<strong>de</strong> zumeist von <strong>de</strong>n schreiben<strong>de</strong>n Mönchen<br />
(auch von außerhalb) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Saal, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Bibliothek <strong>de</strong>s Klosters <strong>in</strong><br />
Verb<strong>in</strong>dung stand, wie <strong>de</strong>r St. Galler Klosterplan (ca.820) aufzeigt. Die Mönche stan<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />
saßen an Pulten <strong>und</strong> beschrieben das vorbereitete, l<strong>in</strong>iierte Pergament, wobei (vorzugsweise<br />
schwarze <strong>und</strong> rote) T<strong>in</strong>te (aus Ruß, Galläpfeln, Mennige, Z<strong>in</strong>ober) <strong>und</strong> Gänsekiel Verwendung<br />
fan<strong>de</strong>n. E<strong>in</strong> Messer diente <strong>de</strong>r Rasur falsch geschriebener Stellen, auch <strong>de</strong>m Glätten<br />
von Unebenheiten auf <strong>de</strong>m Pergament. Illustratoren vervollständigten <strong>de</strong>n geschriebenen<br />
Co<strong>de</strong>x durch farbige Initialen <strong>und</strong> Abbildungen (Buchkunst). Dabei kamen im Verlauf <strong>de</strong>s<br />
Mittelalters unterschiedliche Schriften, basierend auf <strong>de</strong>r late<strong>in</strong>ischen Schrift (Kapitalis, Unziale),<br />
zum Zuge: Halbunziale <strong>und</strong> Kursive <strong>de</strong>r Merow<strong>in</strong>gerzeit (6.-8. Jahrh<strong>und</strong>ert), karol<strong>in</strong>gische<br />
M<strong>in</strong>uskel (9.-12. Jahrh<strong>und</strong>ert), gotische Schriften wie Textura o<strong>de</strong>r Bastarda (ab 13./14.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert).<br />
Hochmittelalterliche Geschichtsschreibung. <strong>Klöster</strong> waren <strong>in</strong>sofern Orte von Gelehrsam-<br />
keit, als dass wir bis <strong>in</strong>s hohe Mittelalter z.B. (late<strong>in</strong>ische) Geschichtsschreibung nur von<br />
Mönchen <strong>und</strong> Geistlichen her kennen. Wir stellen zunächst zwei be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> schwäbische<br />
Historiografen vor. Hermann von Reichenau (†1054), wegen spastischer Lähmung Hermannus<br />
Contractus genannt, kam mit sieben Jahren <strong>in</strong>s Kloster Reichenau (Oblation, puer oblatus),<br />
wo er als Mönch, Priester, Gelehrter, Dichter <strong>und</strong> Geschichtsschreiber wirkte. Hermann<br />
verfasste e<strong>in</strong>e von Christi Geburt bis 1054 reichen<strong>de</strong> Weltchronik <strong>und</strong> beschäftigte sich mit<br />
Chronologie <strong>und</strong> Kalen<strong>de</strong>rrechnung.<br />
Die gregorianische Kirchenreform hatte e<strong>in</strong>en ihrer be<strong>de</strong>utendsten Anhänger <strong>in</strong> Bernold von<br />
Konstanz (†1100), <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Konstanzer Domschule erzogen wur<strong>de</strong>, an <strong>de</strong>r römischen<br />
Fastensyno<strong>de</strong> von 1079 teilnahm <strong>und</strong> 1084 durch <strong>de</strong>n späteren Papst Urban II. (1088-1099)<br />
zum Priester geweiht wur<strong>de</strong>. Bekannt wur<strong>de</strong> Bernold, <strong>de</strong>r als Mönch <strong>in</strong>s Kloster St. Blasien<br />
ausweichen musste <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e letzten Lebensjahre <strong>in</strong> (Schaffhausen-) Allerheiligen verbrachte,<br />
durch se<strong>in</strong>e frühscholastisch-kanonistischen Schriften, u.a. gegen Nikolaiten <strong>und</strong> Simonisten<br />
<strong>und</strong> über die Hierarchie <strong>de</strong>r kirchlichen Rechtsquellen. Das bekannteste Werk Bernolds<br />
ist se<strong>in</strong>e Weltchronik von <strong>de</strong>r Schöpfung bis zum Jahr 1100, e<strong>in</strong>e wichtige Quelle für<br />
<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Südwesten zur Zeit <strong>de</strong>s Investiturstreits.<br />
Lesen <strong>und</strong> Schreiben im Schwarzwaldkloster St. Georgen. Das 1084 gegrün<strong>de</strong>te Bene-<br />
dikt<strong>in</strong>erkloster St. Georgen im Schwarzwald wur<strong>de</strong> unter se<strong>in</strong>em dritten Abt Theoger (1088-<br />
1119) zu e<strong>in</strong>em Reformmittelpunkt benedikt<strong>in</strong>ischen Mönchtums. Das späte Mittelalter sah<br />
das Kloster mit diversen Problemen u.a. bei Besitz <strong>und</strong> Vogtei konfrontiert.<br />
Aus <strong>de</strong>m späten Mittelalter ist e<strong>in</strong>e late<strong>in</strong>ische Urk<strong>und</strong>e St. Georgener Mönche überliefert,<br />
die <strong>de</strong>n Verkauf von Gütern zum Zweck <strong>de</strong>r klösterlichen Schul<strong>de</strong>ntilgung zum Inhalt hat. In<br />
<strong>de</strong>r Urk<strong>und</strong>e vom 29. April 1313 bekennen die Mönche <strong>und</strong> ihr Abt Ulrich I. (1308, 1332),<br />
dass „sie selbst <strong>de</strong>r Kenntnis <strong>de</strong>s Schreibens nicht mächtig s<strong>in</strong>d“; daher überließ man das<br />
Verfassen <strong>de</strong>r Urk<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r Kanzlei <strong>de</strong>s Konstanzer Bischofs. Die St. Georgener Mönche<br />
<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 28