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Klöster und Stifte in Baden-Württemberg - Michael-buhlmann.de

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Mann zeigt, vermutlich <strong>de</strong>n griechischen Astronomen <strong>und</strong> Dichter Aratos (3. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

v.Chr., 1. Hälfte).<br />

Im Jahr 1069 kam es zur Berufung Wilhelms zum Hirsauer Abt. In <strong>de</strong>n ersten Jahren verfolgte<br />

Wilhelm das Ziel, se<strong>in</strong> Kloster von <strong>de</strong>n weltlichen Gewalten weitgehend unabhängig zu<br />

machen. Dies geschah auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>r schon seit längerer Zeit wirksamen gorzischlothr<strong>in</strong>gischen<br />

<strong>und</strong> cluniazensischen Reformbestrebungen, ganz im kirchlich-revolutionären<br />

S<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r Zeit. Wilhelms Politik richtete sich also zunächst gegen <strong>de</strong>n Calwer Grafen, <strong>de</strong>n<br />

Schutzherrn <strong>de</strong>s Klosters. E<strong>in</strong>e Königsurk<strong>und</strong>e He<strong>in</strong>richs IV. (1056-1106) – wohl bald nach<br />

1070 formuliert – schuf immerh<strong>in</strong> die wichtige Beziehung zum Königtum, schrieb aber im<br />

Wesentlichen <strong>de</strong>n Stand Hirsaus als gräfliches Eigenkloster fest. E<strong>in</strong> 1073/75 von Papst<br />

Gregor VII. (1073-1085) ausgestelltes Privileg stellte Hirsau unter päpstlichen Schutz. Die<br />

<strong>in</strong>tegra libertas coenobii („ganze Freiheit <strong>de</strong>s Klosters“) <strong>de</strong>s sog. „Hirsauer Formulars“, e<strong>in</strong>er<br />

Urk<strong>und</strong>e König He<strong>in</strong>richs vom 9. Oktober 1075 be<strong>in</strong>haltete die freie Abtswahl <strong>und</strong> die freie<br />

Wahl bzw. Absetzung <strong>de</strong>s Vogtes (freilich aus <strong>de</strong>r <strong>Stifte</strong>rfamilie <strong>de</strong>s Klosters).<br />

Die Verschärfung <strong>de</strong>r Fronten im Investiturstreit mag auch Auswirkungen auf die <strong>in</strong>neren<br />

Verhältnisse im Hirsauer Kloster gehabt haben. Je<strong>de</strong>nfalls ist von Wilhelm überliefert, dass<br />

er <strong>in</strong> Hirsau die Gewohnheiten <strong>de</strong>s burg<strong>und</strong>ischen Klosters Cluny e<strong>in</strong>führte. Auf diesen fußen<br />

die Constitutiones Hirsaugienses („Hirsauer Gewohnheiten“), die im Rahmen <strong>de</strong>r Hirsauer<br />

Reform weite Verbreitung fan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> beson<strong>de</strong>rs Diszipl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Gehorsam von <strong>de</strong>n Mönchen<br />

for<strong>de</strong>rten. Parallel dazu hat man, um <strong>de</strong>n Ansturm von Laien auf Hirsau <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Griff zu bekommen,<br />

das Institut <strong>de</strong>r Konversen, <strong>de</strong>r Laienbrü<strong>de</strong>r geschaffen. Offensichtlich war Hirsau<br />

trotz o<strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> wegen <strong>de</strong>r mönchischen Strenge <strong>und</strong> <strong>de</strong>r asketischen Frömmigkeit für viele<br />

Menschen attraktiv. Dem Aufschwung <strong>de</strong>s Klosters unter Wilhelm von Hirsau entsprach es<br />

dann auch, dass die Enge <strong>de</strong>s Aureliusklosters verlassen wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> man sich auf <strong>de</strong>r gegenüberliegen<strong>de</strong>n<br />

Seite <strong>de</strong>r Nagold ansie<strong>de</strong>lte. Dort entstand nach 1083 die damals größte<br />

Klosteranlage <strong>in</strong> Deutschland mit <strong>de</strong>r mächtigen romanischen Kirche, die <strong>de</strong>m heiligen Petrus<br />

geweiht war.<br />

Das Wirken Wilhelms war aber nicht nur auf Hirsau beschränkt. Viele <strong>Klöster</strong>, neugegrün<strong>de</strong>te<br />

<strong>und</strong> alte<strong>in</strong>gesessene, sollten sich <strong>de</strong>r Hirsauer Reform anschließen. Neue Abteien, die von<br />

Hirsauer Mönchen besie<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n, waren: Zwiefalten, Blaubeuren, St. Peter <strong>und</strong> St.<br />

Georgen <strong>in</strong> Schwaben, Re<strong>in</strong>hardsbrunn <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen; schon bestehen<strong>de</strong> <strong>Klöster</strong>, die die<br />

Hirsauer Lebensform annahmen: Petershausen bei Konstanz, Schaffhausen, St. Peter <strong>in</strong><br />

Erfurt <strong>und</strong> Komburg; Hirsauer Priorate schließlich: Reichenbach im Murgtal, Schönra<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Franken, Fischbachau <strong>in</strong> Bayern. Die Hirsauer fan<strong>de</strong>n also beson<strong>de</strong>rs <strong>in</strong> Schwaben <strong>und</strong><br />

Franken, dann <strong>in</strong> Mittel- <strong>und</strong> Ost<strong>de</strong>utschland ihre Anhänger. Der weiten Verbreitung <strong>de</strong>r Hirsauer<br />

Reform entsprach dabei <strong>de</strong>r Ruf Wilhelms <strong>in</strong> <strong>de</strong>r kirchlich-politischen Propaganda <strong>de</strong>s<br />

Investiturstreits. Der Hirsauer Abt war die Stütze <strong>de</strong>r Gregorianer <strong>in</strong> Deutschland, <strong>in</strong> Schwaben.<br />

Er stand auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Gegenkönige Rudolf von Schwaben (1077-1080) <strong>und</strong> Hermann<br />

von Salm (1081-1088), u.a. ihm war die Geschlossenheit <strong>de</strong>r gregorianischen Partei<br />

im <strong>de</strong>utschen Südwesten zu verdanken, vom Ruf, <strong>de</strong>n das Hirsauer Kloster <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Kreisen<br />

<strong>de</strong>r Kirchenreformer besaß, ganz abgesehen. Als Wilhelm am 5. Juli 1091 starb, hatte damit<br />

die Reformpartei <strong>in</strong> Schwaben <strong>und</strong> Deutschland e<strong>in</strong>en wichtigen Repräsentanten verloren.<br />

Die Vita Willihelmi abbatis Hirsaugiensis bewahrt se<strong>in</strong> An<strong>de</strong>nken.<br />

Benedikt<strong>in</strong>ische Reformbewegungen <strong>in</strong> Spätmittelalter <strong>und</strong> früher Neuzeit. Auch das<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 41

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