Klöster und Stifte in Baden-Württemberg - Michael-buhlmann.de
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me<strong>in</strong> Anerkennung <strong>und</strong> Verehrung erfuhren (Heiligenkult). Da die Heiligen als Vermittler zwischen<br />
<strong>de</strong>n Menschen <strong>und</strong> Gott angesehen wur<strong>de</strong>n, stellten sich Kirchen <strong>und</strong> <strong>Klöster</strong> unter<br />
<strong>de</strong>ren Schutz. Der Heilige wur<strong>de</strong> so zum Kirchen- <strong>und</strong> Klosterpatron, das Institut <strong>de</strong>r Patronage<br />
heißt Patroz<strong>in</strong>ium. Die Reliquien (sterbliche Überreste, Berührungsreliquien) halfen die<br />
Verehrung e<strong>in</strong>es Heiligen erleichtern. Die Art <strong>de</strong>r Verehrung von Heiligen unterlag dabei<br />
räumlichen <strong>und</strong> zeitlichen Gegebenheiten, „Mo<strong>de</strong>n“ (Kultl<strong>in</strong>ien).<br />
Das Beispiel <strong>de</strong>s heiligen Georg mag die Verehrung e<strong>in</strong>es Klosterpatrons ver<strong>de</strong>utlichen: Georg<br />
war ursprünglich e<strong>in</strong> Heiliger <strong>de</strong>r östlichen Christenheit gewesen. Der aus Kappadokien<br />
stammen<strong>de</strong> Soldat soll am Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r Christenverfolgung unter <strong>de</strong>m römischen Kaiser Diokletian<br />
(284-305) <strong>de</strong>n Märtyrertod gestorben se<strong>in</strong>. In <strong>de</strong>n ersten Jahrh<strong>und</strong>erten <strong>de</strong>s Mittelalters<br />
gelangten Verehrung <strong>und</strong> Reliquien Georgs auch nach Italien <strong>und</strong> <strong>in</strong>s merow<strong>in</strong>gische<br />
Frankenreich. Später war es <strong>de</strong>r Ma<strong>in</strong>zer Erzbischof Hatto (891-913), <strong>de</strong>r im Rom <strong>de</strong>s Jahres<br />
896 von Papst Formosus (891-896) Georgsreliquien erhielt – die stadtrömische Kirche<br />
San Giorgio al Velabro spielt hier e<strong>in</strong>e be<strong>de</strong>utsame Rolle – <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>n Reliquien nach Ostfranken<br />
zurück über die Alpen zog. Dort verteilte er das Erworbene, so dass das Bo<strong>de</strong>nseekloster<br />
Reichenau, <strong>de</strong>ssen Leitung Hatto besaß, <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Besitz von e<strong>in</strong>igen Georgsreliquien –<br />
darunter e<strong>in</strong> Stück vom Haupt <strong>de</strong>s Märtyrers – gelangte. Das „Georgshaupt“ auf <strong>de</strong>r Reichenau,<br />
genauer im von Hatto gegrün<strong>de</strong>ten Oberzell, muss die Verehrung <strong>de</strong>s kappadokischen<br />
Erzmärtyrers im mittelalterlichen Schwaben beför<strong>de</strong>rt haben. Nicht zuletzt die Reichenauer<br />
Klostervögte, die im 11. Jahrh<strong>und</strong>ert aus <strong>de</strong>r Familie <strong>de</strong>s St. Georgener Klostergrün<strong>de</strong>rs Hezelo<br />
stammten, müssen vom Georgskult bee<strong>in</strong>flusst wor<strong>de</strong>n se<strong>in</strong>. Ihr Gebetshaus bei ihrer<br />
Stammburg <strong>in</strong> Königseggwald war wohl an <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> vom 10. zum 11. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>de</strong>m<br />
heiligen Georg geweiht <strong>und</strong> mit entsprechen<strong>de</strong>n Reliquien versehen wor<strong>de</strong>n. Im Zuge <strong>de</strong>r<br />
Klostergründung Hezelos <strong>und</strong> Hessos (1084/85) erreichten Name <strong>und</strong> Reliquien <strong>de</strong>s Kappadokiers<br />
schließlich St. Georgen. Am Vorabend <strong>de</strong>s Georgstages (23. April) 1084 gelangten<br />
die ersten Mönche aus Hirsau <strong>in</strong> das neue Kloster, Besitzschenkungen an die Schwarzwäl<strong>de</strong>r<br />
Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft geschahen über <strong>de</strong>n Reliquien <strong>de</strong>s Märtyrers, <strong>de</strong>r kappadokische<br />
Heilige bezeichnete fortan das Kloster <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Ort.<br />
Georgspatroz<strong>in</strong>ien kamen bei <strong>Klöster</strong>n <strong>de</strong>r hochmittelalterlichen Benedikt<strong>in</strong>erreform übrigens<br />
öfter vor, so dass man zwar nicht von e<strong>in</strong>em Heiligen <strong>de</strong>r Klosterreform sprechen, h<strong>in</strong>gegen<br />
das Folgen<strong>de</strong> konstatieren kann: Da Adlige die Reformklöster <strong>de</strong>r Benedikt<strong>in</strong>er grün<strong>de</strong>ten<br />
<strong>und</strong> Georg zunehmend zu e<strong>in</strong>em „ritterlich“-kriegerischen Heiligen wur<strong>de</strong>, lag für manche<br />
Klosterstifter die Wahl solch e<strong>in</strong>es Heiligen nahe, repräsentierte dieser doch die aufkommen<strong>de</strong><br />
ritterliche Lebenswelt <strong>de</strong>s <strong>in</strong>vestiturzeitlichen A<strong>de</strong>ls.<br />
Hausklöster. E<strong>in</strong> Hauskloster war e<strong>in</strong>e auf (Allodial-) Besitz e<strong>in</strong>er A<strong>de</strong>lsfamilie gegrün<strong>de</strong>te<br />
Kommunität, die <strong>in</strong> beson<strong>de</strong>rer Beziehung zu <strong>de</strong>n <strong>Stifte</strong>rn <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Nachkommen stand.<br />
Meist war das Hauskloster, das nicht Eigenkloster war, Grablege <strong>de</strong>r <strong>Stifte</strong>rfamilie, die im<br />
Übrigen die auf erb-, aber auch amtsrechtlichen Vorstellungen basieren<strong>de</strong> Klostervogtei <strong>in</strong><br />
Hän<strong>de</strong>n hielt. Das Schwarzwaldkloster St. Peter, gegrün<strong>de</strong>t <strong>und</strong> geför<strong>de</strong>rt von <strong>de</strong>n Herzögen<br />
von Zähr<strong>in</strong>gen, ist hierfür e<strong>in</strong> Beispiel. Die Zähr<strong>in</strong>gertradition <strong>de</strong>s Klosters wirkte hier auch<br />
noch <strong>und</strong> gera<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r frühen Neuzeit, so dass sich die Markgrafen von <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong> bald <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />
Nachfolge <strong>de</strong>r Zähr<strong>in</strong>ger sahen <strong>und</strong> Rechtsansprüche gegenüber <strong>de</strong>r Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
entwickeln konnten.<br />
<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Klöster</strong> <strong>und</strong> <strong>Stifte</strong> <strong>in</strong> <strong>Ba<strong>de</strong>n</strong>-<strong>Württemberg</strong> 20