NuR WO Du Zu FuSS WARSt, WARSt Du WiRKLiCH tibetisches sprichwort
autor annette rübesamen In Meran kann man leicht auf den Holzweg geraten. Jedenfalls dann, wenn man die Stadt nur aus dem Reiseführer kennt. Denn dort ist von Kurgästen die Rede und von gemütlichen Flanierwegen. gilfpromenade und Tappeinerweg werden von Palmen beschattet und von Spaziergängern bevölkert, die mit Turnschuhen und Fotoapparat unterwegs sind. So ähnlich stellen sich viele auch den Meraner Höhenweg vor. Kartaus SCHNALSTAL Vorderkaser T E X E L G R U P P E Texel Spitze Katharinaberg Roteck Gfallwand ein irrtum. denn nichts ist der meraner Höhenweg so wenig wie ein spazierweg. er ist ein Wanderweg, und zwar einer der schweißtreibenden sorte. auf durchschnittlich 1400 meter Höhe führt er einmal rund um das Gebirgsmassiv der Texelgruppe. das sind circa 100 km, für die man vier bis sechs Tage veranschlagen sollte. von Turnschuhen und Handtäschchen als ausrüstung wird dringend abgeraten. deshalb mache ich mich in schweren bergschuhen und einem rucksack, der knapp 15 kilo wiegt, auf den Weg. Heute ist »eingehtag«, schlappe sechs Gehstunden hoch über meran an der südseite der Texelgruppe entlang. der eingehtag beginnt mit einer gemütlichen Gondelfahrt von dorf Tirol auf die Hochmut, die auf 1361 meter liegt, direkt am Höhenweg. im Zickzack geht es den berg hinauf, vorbei an bergbauernhöfen. Hühner flattern zur seite, der blick schweift weit vom Ortler bis zur sellagruppe. abends sitze ich auf der Terrasse des Gasthofs Giggelberg. der schweinsbraten ist bestellt, mein nachtlager bereitet. die untergehende sonne färbt das südtiroler felsdach zartrot. es könnte so schön sein, wenn das magazin nicht wäre, das die Höhenweg-etappen beschreibt. »Tag der Leistung« gibt er für morgen vor, neun stunden reine Gehzeit. das schaffe ich nie, denke ich düster, nicht mit dieser Zentnerlast auf dem rücken. Was mache ich bloß? richtiges Wandern ist auch eine übung in selbstdisziplin. man darf sich nicht so schnell entmutigen lassen. Hohe Weiße Lodner Spitze Lodner Hütte Nassereith Giggelberg Innerforch VINSCHGAU Tschigat Tablander Alm rabland Hochganghaus Leiteralm Partschins natUre Spronser Seen schön wird es erst, wenn das Wehgeschrei des körpers von den marschfanfaren des Gehirns übertönt wird: Zähne zusammenbeißen, weiter gehen! am ende winken stolz und euphorische mattigkeit. am morgen der Leistung springe ich um sieben aus den federn. ich werde ein winziges stück mit dem bus fahren und mich im schnalstal wieder einklinken in den Höhenweg. dann habe ich immer noch fünf stunden Gehzeit ins Pfossental vor mir, auf denen ich die Zähne zusammenbeißen kann, um dann den abend euphorisch auf der rableid-alm zu verbringen. die Wanderung am nächsten Tag bringt totale, vollkommene seligkeit auf weichen, gefederten Waldböden hoch über dem schnalstal und später im Pfossental, an duftenden sonnenhängen und beim blick auf die schneebedeckten ötztaler alpen. auf der rableid-alm liege ich nachts in rotkarierter bettwäsche, schaue in den dunkler werdenden Himmel und lausche auf das rauschen des baches. ich bin glücklich und will nie wieder ins Tal zurück. am nächsten Tag ist die überquerung des eisjöchls dran, mit 2895 meter der höchste Punkt des Höhenweges. ich fliege förmlich hinauf, so schön ist das steigen in der frischen morgenluft. nach drei stunden stehe ich vor der stettiner Hütte und mitten in den Wolken. schnell einen heißen Tee und absteigen durch eine unwirtliche steinwüste ins grüne Pfelderertal. absteigen. Und absteigen. es dauert ewig. meine knie schnackeln, der rechte knöchel merano maGaZine Mutspitze 71 Hochwart Hochmut Vellau algund