WANN DANN? - der Abtei Münsterschwarzach
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Der Atem<br />
Egal, was ich tue, <strong>der</strong> Atem begleitet mich. Wenn es kein Stress gibt, wenn alles so seinen<br />
Lauf nimmt, atmen wir halt – so wie wir es gelernt haben – ein – und aus. Bzw. vielmehr at-<br />
met es in uns – ganz automatisch.<br />
Nur, wenn sich <strong>der</strong> natürliche Lebensfluss verän<strong>der</strong>t, wenn sich plötzlich etwas einstellt, was<br />
ich noch nicht kenne, was beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit verlangt o<strong>der</strong> gar, wenn ich in irgend-<br />
einer Sache geprüft werde, geistig o<strong>der</strong> körperlich, dann än<strong>der</strong>t sich auch <strong>der</strong> Atem. Das gan-<br />
ze System „stellt sich höher“. Wenn ich nun nicht trainiert bin, komme ich dann recht schnell<br />
außer Atem, die Herz-Pumpe, das ganze Kreislauf-System wird überfor<strong>der</strong>t. Wohl dem, <strong>der</strong><br />
dann o<strong>der</strong> überhaupt in guter Form ist. Wohl dem, <strong>der</strong> sein Atem-, Kreislauf-, Muskel-, Kör-<br />
per-, Seelen- und Geist- System regelmäßig trainiert, <strong>der</strong> sich for<strong>der</strong>t, <strong>der</strong> seine täglichen, wö-<br />
chentlichen und monatlichen Trainingseinheiten pflegt – eben nicht nur im Urlaub. Die Kunst<br />
und die Aufgabe ist zunächst, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, sich dann dafür zu ent-<br />
scheiden und vor allem das Trainingsprogramm zu tun. Wie schwer ist das dann! Wie schwer<br />
ist es oft, seinen eigenen Schweinehund zu überwinden – o<strong>der</strong> die Einwände „was könnten die<br />
an<strong>der</strong>en von mir denken“ – und trotz Müdigkeit o<strong>der</strong> Anspannung sich dennoch aufzuraffen,<br />
spazieren zu gehen, zu joggen, das Fahrrad zu schnappen, die Walkingstöcke, in den Kraft-<br />
raum zu gehen, in den Tanzclub, zum Singen, zum Beten, zum Lesen o<strong>der</strong> sonst was, wo man<br />
wirklich zum Durchatmen kommt. Spätestens wenn man es tatsächlich macht, merkt man, wie<br />
gut es tut, wie viel Sauerstoff dem Kreislauf und Körper und letztlich auch dem Geist und <strong>der</strong><br />
Seele gut tun.<br />
Ein Mitbru<strong>der</strong> sagte mir einmal: eigentlich sollten wir Mönche so leben, dass wir keinen Ur-<br />
laub bräuchten. Wir haben ja schon einen durchstrukturierten Tagesablauf: Gebet, Arbeit und<br />
geistliche Lesung. Da wir lei<strong>der</strong> nicht mehr so viele Handwerker unter uns Mönchen haben,<br />
fehlt uns allerdings an manchen Stellen einfach auch die körperliche Bewegung. Die muss ich<br />
mir dann schon wirklich in meine Woche mit einplanen. Hier geht es mir also auch nicht an-<br />
<strong>der</strong>s als an<strong>der</strong>en Menschen „draußen“. Vielleicht ist es durch die festgelegten Gebets- und<br />
Arbeitszeiten noch eine größere Herausfor<strong>der</strong>ung, die Zeiten für den Leib mit einzuplanen.<br />
Also, wir sind hier auch am üben und tun.<br />
Wenn wir es christlich formulieren möchten: Jesus hat auch immer wie<strong>der</strong> seine Zeiten zum<br />
Durchatmen genommen. Er hat es einfach getan. Er war sein eigener Herr. Und trotzdem hat<br />
er sich auch immer wie<strong>der</strong> anrühren und bewegen lassen, für die Menschen da zu sein, auch<br />
zu den unterschiedlichsten Zeiten.<br />
Was ist die Kunst? Wenn das Pendel an <strong>der</strong> einen Stelle eben mal stärker ausgeschlagen hat,<br />
sich <strong>der</strong> Bewegung zum Ausgleich anzuvertrauen – das Pendel auch auf die an<strong>der</strong>e Seite aus-<br />
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