<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>, heißt für mich, einen Ortswechsel vornehmen. Ob nun verrei- sen o<strong>der</strong> einfach nur <strong>mal</strong> abschalten o<strong>der</strong> <strong>mal</strong> Freunde besuchen, die ich schon lan- ge nicht mehr gesehen habe. <strong>Ich</strong> kann mich entsinnen, als ich noch jung war, sagte ich oft zu meiner Großmutter: <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>. Das bedeutete, ich gehe in die Disco mit Freunden o<strong>der</strong> auch <strong>mal</strong> bummeln über den Hamburger Dom o<strong>der</strong> <strong>mal</strong> ins Kino. Eben halt etwas erleben und Spaß haben. Ruhe und Stille war nur langweilig. Je lauter die Musik, je mehr Trubel umso besser. Das hat sich im Laufe <strong>der</strong> Jahre geän<strong>der</strong>t. Heute bedeutet diese Aussage bei mir, ich tauche ab, ab in die Stille um zu mir selbst zu finden. Der beste Ort ist für mich das Kloster. Dort befindet man sich in einem geschützten Raum und ich <strong>bin</strong>, wenn ich es will, ganz für mich allein und kann zu mir selbst finden. Nie war mir bewusst, wie wichtig es für meine Seele ist. Seit kurzem habe ich festgestellt, dass sich durch mein Abtauchen mein gesamtes Leben verän<strong>der</strong>t hat. Plötzlich sehe ich mein Leben mit ganz an<strong>der</strong>en Augen. <strong>Ich</strong> lebe bewusster und nehme alles wahr. <strong>Ich</strong> genieße je- den Augenblick und <strong>bin</strong> glücklich, dass ich <strong>mal</strong> eben <strong>weg</strong> <strong>bin</strong>. Weg, an einem Ort, wo ich mich wohl fühle, wo ich die Wärme, die Herzlichkeit und Geborgenheit spüren kann. An dem Ort, wo ich wie<strong>der</strong> zu Gott fand, den ich viele Jahre gemieden hatte. Gemieden vor Angst, ich wäre ein schlechter Mensch. Viele Jahre war meine Seele krank, da ich an einer unheilbaren Krankheit leide. <strong>Ich</strong> vergoss viele Tränen vor Kummer und verkroch mich. Doch <strong>dann</strong> fand ich einen Verein, <strong>der</strong> meine Hilfe brauchte und plötzlich stand ich wie<strong>der</strong> mitten im Leben. Heute betreue ich Patien- ten, die auf eine Organspende warten o<strong>der</strong> auch ein Organ bekommen haben. <strong>Ich</strong> mache teilweise auch Trauerbegleitung, denn nicht alle Patienten überleben die Transplantation o<strong>der</strong> bekommen nicht rechtzeitig ein Organ. Es ist sehr anstrengend und vielseitig und verlangt sehr viel Fingerspitzengefühl. Deshalb kommt <strong>dann</strong> auch ein<strong>mal</strong> im Jahr <strong>der</strong> Spruch von mir: <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>. Einfach abschalten und nur an sich denken, die Seele baumeln lassen. Es ist für mich immer wie<strong>der</strong> eine neue Erfahrung, wie häufig <strong>der</strong> Mensch sich im Leben verän<strong>der</strong>t. <strong>Ich</strong> kann nur sagen, jedes Alter hat seine schönen Seiten und ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>, das sagt wohl je<strong>der</strong> ein<strong>mal</strong>, egal ob alt o<strong>der</strong> jung. Wichtig dabei ist, dass man sich wohl fühlt und entspannt. Marion Jäcks Hamburg 16
Gott hat einen Weg 17