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Ein Jahr als Au-pair im Kloster Zu guter Letzt noch ... - Hotel Waldhaus

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Hermann Hesse und Rudolf Serkin – zwei <strong>Waldhaus</strong>-Gäste<br />

Hermann Hesse (1877–1962) und<br />

Rudolf Serkin (1903–1991) standen<br />

in engem Kontakt miteinander.<br />

Der Dichter erhielt vom<br />

Pianisten, der mit ihm um zwei<br />

Ecken herum verschwägert war,<br />

<strong>im</strong>mer wieder Schallplatten mit<br />

Konzertaufnahmen. Beide waren<br />

treue <strong>Waldhaus</strong>-Gäste, wenn auch<br />

zu verschiedenen Zeiten, sodass<br />

sie sich in Sils nicht trafen.<br />

Rudolf Serkin sei ja «jetzt ganz auf der<br />

Höhe» und habe «eine Reife und Überlegenheit<br />

schönster Art», schrieb Hesse 1957 anerkennend<br />

in einem Brief an die Frau seines<br />

Vetters Fritz Gundert, Grete Gundert-<br />

Schmälzle. Diese war die Schwester des<br />

schwäbischen Pfarrers Reinhold Schmälzle,<br />

der mit Serkins Schwester Martha verheiratet<br />

war. Martha Serkin hatte sich bei der<br />

Eheschliessung taufen lassen, galt aber bei<br />

den Nazis weiterhin <strong>als</strong> nicht-arisch bzw.<br />

jüdisch. Als Reinhold Schmälzle 1938 nach<br />

St. Gallen berufen wurde, konnten er und<br />

Martha Deutschland verlassen. Serkin selber<br />

war bereits 1927 in die Schweiz übergesiedelt,<br />

zusammen mit dem deutschen<br />

Violinisten Adolf Busch, mit dem er seit 1920<br />

auftrat und dessen Tochter Irene er 1935<br />

heiratete. Die Familien Serkin und Busch<br />

emigrierten 1939 in die USA, wo Serkins<br />

grosse solistische Karriere begann.<br />

Als Serkin nach dem 2. Weltkrieg für<br />

Gastspiele wieder nach Europa kam, stand<br />

Hesse in persönlichem Kontakt mit ihm. In<br />

den 1950er-<strong>Jahr</strong>en liess Hesse dem Pianisten<br />

<strong>im</strong>mer wieder Grüsse zukommen, sei<br />

es in Briefform, auf Ansichtskarten oder<br />

auf Sonderdrucken. Am 12. April 1951 besuchte<br />

Serkins Schwiegervater Adolf Busch<br />

mit seinem Streichquartett Hesse in Montagnola<br />

und spielte für ihn Mozarts d-Moll-<br />

Quartett (KV 421) und Beethovens B-Dur-<br />

Quartett (op. 130). Als Busch <strong>im</strong> folgenden<br />

<strong>Jahr</strong> erst 60-jährig einem Herzschlag erlag,<br />

antwortete Serkin auf Hesses Kondolenzbrief:<br />

«Dass Adolf Busch nicht mehr lebt,<br />

ist unfassbar. Unsere Leben waren so reich<br />

miteinander verflochten, dass sich für mich<br />

jetzt die Grenzen zwischen Tod und Leben<br />

zu verwischen scheinen.» Im Dezember 1952<br />

schrieb Serkin einen warmherzigen Brief<br />

an Hesse: «Ich denke so oft und mit so viel<br />

Dankbarkeit und Wärme an Sie, dass ich es<br />

Ihnen gerne sagen will. Wie soll jemand wie<br />

ich auch nur versuchen, seinen Dank an Sie<br />

auszusprechen! Ich sende Ihnen das Es-Dur-<br />

Konzert von Mozart auf einer Platte aufgenommen.<br />

Cas<strong>als</strong> und ich haben es mit viel<br />

Freude musiziert, und vielleicht fühlt man<br />

etwas davon be<strong>im</strong> <strong>Zu</strong>hören. […] Ich wäre<br />

lieber selbst zu Ihnen gekommen, um Ihnen<br />

Haydn und Mozart vorzuspielen. Vielleicht<br />

darf ich das <strong>im</strong> Frühling tun.»<br />

Hesse antwortete <strong>noch</strong> <strong>im</strong> gleichen Monat<br />

und schrieb: «Ihr liebes Briefchen ist diesmal,<br />

obwohl es wieder f<strong>als</strong>ch adressiert war<br />

(Castagnola statt Montagnola) richtig angelangt<br />

und hat mir das alte Herz erfreut. Und<br />

wie sehr freut mich die <strong>Au</strong>ssicht auf das<br />

wunderbare Es-Dur-Konzert! Ich hoffe nur,<br />

es trage die rechte Adresse, oder die Post<br />

sei wieder einmal findig und freundlich –<br />

<strong>im</strong> letzten <strong>Jahr</strong> liess sie einen Gruss von<br />

Ihnen nach Amerika zurückgehen, obwohl<br />

Castagnola so nah bei meinem Dorfe liegt.»<br />

Tatsächlich kam die Platte an, und am<br />

1. Februar 1953 konnte Hesse nach Amerika<br />

melden: «Diesmal hatte der richtige Mann<br />

Dienst auf der Post in Castagnola, und so<br />

ist Ihre wundervolle Platte nicht über den<br />

Ozean zurück gereist, sondern mir wohlbehalten<br />

zugestellt worden. Von Herzen danke<br />

ich Ihnen für diese edle Gabe – ich würde<br />

sagen ‹ich drücke Ihnen die Hand›, aber mit<br />

Händedrücken ist es, der Gicht wegen, seit<br />

<strong>Jahr</strong>en bei mir vorbei. Wenn ein Gruss von<br />

Ihnen kommt oder wenn ich Ihren Namen<br />

in einer Zeitung zu lesen bekomme, sehe<br />

ich Sie <strong>noch</strong> <strong>im</strong>mer zusammen mit Freund<br />

Busch, und alte liebe Erinnerungen kommen<br />

herauf an Konzerte in Zürich, Bern, Stutt-<br />

gart, und Gestalten und Gesichter aus jenen<br />

harmloseren Zeiten tauchen auf, von denen<br />

die meisten vom Tod nicht so lang vergessen<br />

wurden wie ich.»<br />

Im Frühjahr 1957 dankte Hesse dem<br />

Pianisten für «vier Mozartkonzerte […] auf<br />

Platten» und drückte die Hoffnung aus, Serkin<br />

anlässlich des bevorstehenden Gastspiels<br />

in Lugano zu treffen: «Sollten Sie<br />

einen Tag in Lugano bleiben und Lust haben<br />

zu uns heraufzukommen, so wäre das sehr<br />

schön. Aber ich kenne die Hetze wohl, in<br />

der man auf Konzertreisen lebt, und möchte<br />

nicht Anlass zu einer Mehr-Anstrengung<br />

für Sie sein.» Das Klavierrezital fand am<br />

22. Mai 1957 in Lugano statt, Serkin spielte<br />

Bach, Beethoven (Appassionata), Brahms,<br />

Mendelssohn und Schubert, das Publikum<br />

war begeistert, der Applaus vor der Pause<br />

und dann am Schluss des Konzerts dauerte<br />

jeweils mehrere Minuten, wie der «Corriere<br />

del Ticino» zu berichten wusste, und Serkin<br />

machte zwei <strong>Zu</strong>gaben. Das Konzert wurde<br />

live von Radio Monte Ceneri übertragen –<br />

und vor dem Apparat in der Casa rossa in<br />

Montagnola sassen Hermann Hesse und Ninon.<br />

Am darauf folgenden Sonntag kam auch<br />

der ersehnte Besuch zustande – Vorspielen<br />

konnte Serkin allerdings nicht, da in Hesses<br />

Haus kein Klavier stand. (Im Sommer 1934<br />

hatte Hermann Hesse für 14 Tage ein Klavier<br />

gemietet, damit er mit seinem Neffen Carlo<br />

Isenberg die alte Musik und Formgesetze<br />

der Musik studieren konnte.)<br />

Zwei <strong>Jahr</strong>e später, <strong>im</strong> Mai 1959, erhielt<br />

Hesse wieder eine Mozart-Platte von Serkin,<br />

dem er schrieb: «Caro maestro/Froh und<br />

dankbar höre ich die neue Platte mit den<br />

beiden Mozart-Konzerten und denke Ihrer<br />

in alter Sympathie./Ihr H. Hesse Montagnola<br />

(nicht Castagnola)»<br />

<strong>Ein</strong> andermal schrieb Hesse dem Pianisten:<br />

«Caro maestro – Heut haben wir den<br />

halben Tag Serkin-Platten gespielt und ich<br />

habe Ihrer und alter Zeiten intensiv gedacht.»<br />

1961 sandte Serkin zur Abwechslung<br />

nicht Mozart-Platten nach Montagnola,<br />

sondern eine <strong>Au</strong>fnahme des Klavierkonzertes<br />

von Max Reger. Er tue das «nicht ohne Furcht,<br />

dass der Sturm und Donner Ihre Ruhe stören<br />

könnte», wie er <strong>im</strong> Begleitbrief sagte.<br />

Aber, fügte er mit grosser Anerkennung hinzu:<br />

«Wir Musiker zählen Sie so sehr zu den<br />

Unsrigen, dass ich Ihnen dieses Stück nicht<br />

vorenthalten darf.»<br />

Serkin und Hesse verbrachten beide Ferien<br />

<strong>im</strong> <strong>Waldhaus</strong> Sils, trafen sich dort<br />

aber nicht persönlich. Rudolf Serkin hat<br />

das <strong>Waldhaus</strong> relativ spät in seinem Leben<br />

für sich und seine Familie entdeckt. Er<br />

war zwischen 1979 und 1989 zu mindestens<br />

fünf Ferienaufenthalten hier, <strong>als</strong>o erst nach<br />

Hesses Tod <strong>im</strong> <strong>Jahr</strong>e 1962. Serkin hatte sein<br />

eigenes Klavier ins <strong>Waldhaus</strong> liefern lassen,<br />

da er sich auf eine Mozart-<strong>Ein</strong>spielung vorbereitete,<br />

wie die <strong>Waldhaus</strong>-Chronik zu berichten<br />

weiss: «An der Tür zu seinem Z<strong>im</strong>mer<br />

in der Beletage standen oft flüsternde<br />

Gäste, die horchen wollten, was der Star<br />

denn spielt. Doch welche Enttäuschung! Tag<br />

für Tag, Woche um Woche hat Serkin Triller<br />

geübt. Nachmittags kam er in die Halle,<br />

trank mit der Familie Kaffee, hörte dem<br />

Trio zu, nickte freundlich, ging wieder nach<br />

oben und übte weiter Triller.» Serkin starb<br />

1991 <strong>im</strong> Alter von 88 <strong>Jahr</strong>en. Seine Biografen<br />

wissen zu berichten, der Pianist habe <strong>als</strong><br />

alter Mann auf dem <strong>Hotel</strong>balkon <strong>im</strong> Engadin<br />

gesessen und nachdenklich bemerkt, <strong>als</strong> «armer<br />

Junge aus Wien» habe er es eigentlich<br />

weit gebracht.<br />

Serkin gehörte zu den Pionieren der Tonaufzeichnung:<br />

1927/1928 bespielte er Rollen<br />

für das Welte-Mignon-Piano. <strong>Au</strong>f dem Welte-<br />

Mignon-Piano <strong>im</strong> <strong>Waldhaus</strong> lassen sich die<br />

<strong>Au</strong>fnahmen von Rudolf Serkin allerdings<br />

nicht abspielen, wie Urs Kienberger erklärt:<br />

«Unsere Rollen (und unser Instrument) sind<br />

aus einer viel früheren Zeit <strong>als</strong> die <strong>Au</strong>fnahmen<br />

mit Serkin. Jene stammen aus den <strong>Jahr</strong>en<br />

1927 bis 1928; unsere Rollen, bzw. <strong>Au</strong>fnahmen<br />

stammen hingegen aus den <strong>Jahr</strong>en<br />

1905 bis spätestens 1911. <strong>Au</strong>ch das Format<br />

der Rollen hat sich nachher geändert, sodass<br />

die Rollen aus den Zwanzigerjahren –<br />

der Spätzeit der mechanischen Klaviere, <strong>als</strong><br />

diese schon sehr bedrängt wurden durch<br />

das Grammophon – auf unserem Instrument<br />

leider gar nicht spielbar wären.»<br />

Thomas Feitknecht<br />

Was ist ein <strong>guter</strong> Chef?<br />

Vor weit über zehn <strong>Jahr</strong>en schoss ich <strong>im</strong><br />

Schweizer Circus Monti ein Schwarz-Weiss<br />

Foto, welches die das Unternehmen heute<br />

leitende Generation der Familie Muntwyler<br />

<strong>noch</strong> <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Chapiteau so aufhängt, dass<br />

das Publikum daran vorbei ins Zelt geht.<br />

Das Bild zeigt ihren Vater, Grossvater und<br />

Gründer des Circus, Guido Muntwyler, wie<br />

er auf dem Platz von Neuenburg nach dem<br />

Abbau der Zeltstadt die letzten Abfallresten<br />

mit einem Besen zusammenwischt. Ich fühle<br />

mich <strong>im</strong>mer wieder geehrt, dass dieses Bild<br />

(auch <strong>im</strong> Fotobuch des Circus abgedruckt)<br />

<strong>im</strong>mer <strong>noch</strong> und <strong>im</strong>mer wieder aufgehängt<br />

wird. Das Bild ehrt wohl aber vor allem die<br />

leitende Familie, welche damit nicht nur<br />

ihrem Vater die Ehre erweist, sondern auch<br />

einen Geist, eine Unternehmenskultur dokumentieren<br />

will, welche besagt: Bei uns tut<br />

jeder alles – auch Direktor, Chef und Familienoberhaupt<br />

ist sich nicht zu fein, den<br />

vom Unternehmen – und von den <strong>Zu</strong>schauern<br />

– hinterlassenen Dreck eigenhändig zusammenzunehmen<br />

und zu entsorgen. Chapeau<br />

den Firmen, die so denken!<br />

Warum schreibe ich das? Donnerstag,<br />

18. Oktober 2012, gegen 22 Uhr, <strong>im</strong> Entrée<br />

zu den Speisesälen des <strong>Waldhaus</strong>es: Heute<br />

Abend gab es ein Vorspeisen-Buffet, wun-<br />

JANUAR 2013 7<br />

Demnächst: Vierzehnte Silser Hesse-Tage <strong>im</strong><br />

<strong>Waldhaus</strong>, 13. bis 16. Juni 2013. Thema: «Die<br />

Antwort bist du selbst!» – Hermann Hesse<br />

in seinen Briefen.<br />

Thomas Feitknecht, der von 2006 bis<br />

2012 zusammen mit Volker Michels<br />

das Programm der Silser Hesse-Tage<br />

betreut hat, berichtete <strong>im</strong> Juni 2012<br />

in seinem Vortrag «Wie der Steppenwolf<br />

Radio und Grammophon schätzen<br />

lernte» u. a. auch über die Beziehung<br />

zwischen Hesse und Rudolf Serkin. Der<br />

volle Text des Vortrags ist abgedruckt<br />

<strong>im</strong> Sammelband «… die Grenzen überfliegen.<br />

Hermann Hesse zum 50. Todesjahr»,<br />

herausgegeben von Henriette<br />

Herwig und Florian Trabert (Rombach<br />

Verlag, Freiburg <strong>im</strong> Breisgau).<br />

Prosit Neujahr 2013!! <strong>Ein</strong>e gelungene Silvesterparty motiviert uns alle, 2013 mit viel<br />

Freude, Spass und Motivation zu starten!<br />

derschön arrangiert von den Köchen und<br />

Lernenden unter ihrem Chef Kurt Röösli.<br />

Bis vor Kurzem konnte man sich in diesem<br />

Schlaraffenland bedienen. Dann ist abgeräumt<br />

worden. Als ich den Speisesaal verlasse,<br />

ist man daran, die letzten Resten, die<br />

nicht ausgegessenen Schalen und Pfannen,<br />

die dreckigen Tischtücher in Küche und Wäscherei<br />

zu schaffen. Wer ist «man»? Noch<br />

zwei Personen sind <strong>im</strong> <strong>Ein</strong>satz: <strong>Ein</strong> Lehrling<br />

und – Küchenchef Kurt Röösli…<br />

Ich geniesse die Produkte aus der Küche<br />

des <strong>Waldhaus</strong>es jedes Mal vorbehaltlos, ich<br />

bewundere den Chef dieser ausgezeichneten<br />

Produktionsstätte, Kurt Röösli. Aber dass ich<br />

ihn bei dieser «Dreckarbeit» zufällig «erwischt»<br />

hatte, hob meine Achtung vor diesem<br />

begnadeten Koch <strong>noch</strong> gewaltig – mein<br />

aufrichtiges Kompl<strong>im</strong>ent, Kurt Röösli! So<br />

lässt sich wohl <strong>noch</strong> besser verstehen, warum<br />

seine ehemaligen Lernenden initiierten,<br />

dass er zum besten Lehrmeister des <strong>Jahr</strong>es<br />

2011 in der Schweiz gewählt worden ist.<br />

Beeindruckt ging ich zu Bett – erfüllt mit<br />

guten Vorsätzen, da ich auch ein kleiner<br />

Chef bin… Mögen sich auch andere grosse<br />

und kleine Chefs und Chefinnen dieses kleine<br />

Erlebnis zu Herzen nehmen!<br />

Fritz Zollinger, Otelfingen

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