Wirtschaftsrecht in Europa - RheinAhrCampus
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<strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />
<strong>in</strong><br />
<strong>Europa</strong><br />
1
Vorwort:<br />
Die vorliegende kle<strong>in</strong>e Schrift ist die Zusammenfassung von<br />
Ausarbeitungen die Studierende der Betriebswirtschaft im Fachbereich<br />
Betriebs- und Sozialwirtschaft am Rhe<strong>in</strong>AhrCampus <strong>in</strong> Remagen während<br />
des Sommersemesters 2004 aus Anlass der Erweiterung der EU um 10 neue<br />
Mitgliedsstaaten im Rahmen der Vorlesung zum Vertragsrecht erstellt<br />
haben.<br />
Damit soll zu 10 zentralen Fragen des Vertragsrechts dem Nutzer e<strong>in</strong><br />
Überblick über die Verschiedenartigkeit der Rechtsordnungen <strong>in</strong> allen EU-<br />
Staaten gegeben werden, der ihm zugleich die Möglichkeit eröffnet, sich auf<br />
die Besonderheiten rechtzeitig e<strong>in</strong>zustellen und sich bestimmter Risiken<br />
bewusst zu se<strong>in</strong>. Die Ausarbeitungen s<strong>in</strong>d nach bestem Wissen erstellt<br />
worden und erheben nicht den Anspruch der Vollständigkeit und<br />
Richtigkeit. Sie s<strong>in</strong>d aber e<strong>in</strong> gutes Beispiel dafür, wie weit der Weg zu<br />
e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen Rechtsraum <strong>Europa</strong> noch ist und auf welche<br />
Besonderheiten man sich im geschäftlichen Bereich noch für e<strong>in</strong>e lange<br />
Übergangszeit e<strong>in</strong>zustellen hat.<br />
Wenn diese Schrift e<strong>in</strong>e wenig dazu beitragen kann, das Bewusstse<strong>in</strong> für die<br />
Unterschiedlichkeiten zu schärfen und eigenes Verhalten darauf<br />
e<strong>in</strong>zurichten, hat es die ihm zugedachte Funktion erfüllt.<br />
Bonn/Remagen im August 2004<br />
Prof. Dr. Hans Haarmeyer<br />
2
Inhaltsverzeichnis<br />
Länder Seiten<br />
1. Belgien 4 - 14<br />
2. Dänemark 15 - 18<br />
3. Deutschland 19 - 26<br />
4. England 27 - 34<br />
5. Estland 35 - 44<br />
6. F<strong>in</strong>nland 45 - 50<br />
7. Frankreich 51 - 67<br />
8. Griechenland 68 - 77<br />
9. Irland 78 - 82<br />
10. Italien 83 - 91<br />
11. Lettland 92 - 96<br />
12. Litauen 97 - 102<br />
13. Luxemburg 103- 107<br />
14. Malta 108- 119<br />
15. Niederlande 120- 127<br />
16. Österreich 128- 150<br />
17. Polen 151- 159<br />
18. Portugal 160- 166<br />
19. Schweden 167- 178<br />
20. Slowakei 179- 183<br />
21. Slowenien 184- 192<br />
22. Tschechien 193- 199<br />
23. Ungarn 200- 206<br />
24. Zypern 207- 214<br />
3
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
Belgien<br />
Staatsname: Belgien - België - Belgique - (Königreich Belgien - Kon<strong>in</strong>krijk België-<br />
Royaume de Belgique)<br />
Hauptstadt: Brüssel (958 800 E<strong>in</strong>wohner)<br />
Staatsform: Konstitutionelle Monarchie, parlamentarisches Zweikammersystem,<br />
Bundesstaat<br />
Staatsoberhaupt: König Albert II. (seit 9. August 1993), Erbfolge im Hause Sach-<br />
sen - Coburg-Gotha<br />
Regierungschef: Premierm<strong>in</strong>ister Guy Verhofstadt (VLD) (seit 12. Juli 1999)<br />
Internationale Mitgliedschaften: Benelux, WEU, BITD, EBRD, ECE, EEA, ESA,<br />
EU, Eurocontrol, <strong>Europa</strong>rat, FAO, IAEA, IIFC, IIT, ILO, IMCO, IMF, NATO,<br />
OAU, OECD, OSZE, UNESCO, UNO, UPU, Weltbank, WEU, WMO, WTO<br />
Weitere wichtige Städte: Antwerpen, Charleroi, Gent, Liège/Lüttich<br />
Bevölkerung: 10 274 700 E<strong>in</strong>wohner (Stand 2002); 336,6 E<strong>in</strong>wohner/km²<br />
Bevölkerungsgruppen: Flamen 58%, Wallonen 33%, Italiener 2%,<br />
Marokkaner 1%, Sonstige 6%<br />
Landessprachen: Niederländisch (6,06 Mio.), Französisch (4,1 Mio.),<br />
Deutsch (70.000)<br />
Fläche: 32 547 km²<br />
4
Belgien<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja,<br />
welche?<br />
Wie <strong>in</strong> Deutschland, so kommt auch <strong>in</strong> Belgien e<strong>in</strong> Vertrag durch zwei<br />
übere<strong>in</strong>stimmende Willenserklärungen - nämlich Angebot und Annahme –<br />
zustande. Verträge s<strong>in</strong>d grundsätzlich formfrei wirksam, es sei denn, per Gesetz<br />
s<strong>in</strong>d bestimmte Formerfordernisse vorgeschrieben. Solche Formerfordernisse<br />
f<strong>in</strong>den sich beispielsweise im Arbeitsrecht beim Abschluss befristeter<br />
Arbeitsverträge oder der Vere<strong>in</strong>barung e<strong>in</strong>er Probezeit.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Ähnlich wie mit dem Handelsgesetzbuch (HGB) im deutschen Recht, so<br />
existieren auch im belgischen Recht Sonderregelungen, die für Kaufleute gelten.<br />
Diese Regeln f<strong>in</strong>den sich zum e<strong>in</strong>en im „Code de Commerce“, zum anderen <strong>in</strong><br />
zahlreichen Spezialgesetzen. Gemäß Art.1 Code de Commerce ist Kaufmann<br />
„e<strong>in</strong>e Person, die als solche qualifizierte Handelsgewerbe hauptamtlich oder<br />
nebenberuflich ausübt“. Was als Handelsgewerbe zu qualifizieren ist, wird <strong>in</strong><br />
Art.2, 3 Code de Commerce def<strong>in</strong>iert. Hierbei ist zu beachten, dass gemäß Art.2<br />
letzter Absatz Code de Commerce als Handelsgeschäfte alle Geschäfte zu<br />
betrachten s<strong>in</strong>d, die von Kaufleuten abgeschlossen werden, es sei denn, es ist<br />
bewiesen, dass diese auf Gründen beruhen, die nicht mit der gewerblichen<br />
Tätigkeit des Kaufmanns <strong>in</strong> Zusammenhang stehen.<br />
Die Kaufmannseigenschaft hat u. a. die Pflicht zur Buchführung zur Folge. Des<br />
weiteren ist der Kaufmann verpflichtet, sich <strong>in</strong> die zentrale Unternehmens-<br />
Datenbank e<strong>in</strong>tragen zu lassen. Diese hat seit dem 1.7.2003 das Handelsregister<br />
ersetzt.<br />
5
Belgien<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Von Beg<strong>in</strong>n der 90er Jahre an s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Belgien zahlreiche Vorschriften zum<br />
Schutz des Verbrauchers ergangen. Genannt seien hier das<br />
Verbraucherkreditgesetz vom 12.6.1991, das Gesetz vom 14.7.1991 zu den<br />
Handelspraktiken und zum Verbraucherschutz sowie das Gesetz vom 9.2.1994<br />
bezüglich der Sicherheit der Verbraucher.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus existiert e<strong>in</strong> Gesetzesentwurf zur Umsetzung der<br />
Verbrauchsgüterkaufrichtl<strong>in</strong>ie der EU 44/99.<br />
Im E<strong>in</strong>zelnen gilt hierzu Folgendes:<br />
A) Verbraucherkreditgesetz<br />
Das Verbraucherkreditgesetz dient der Umsetzung der<br />
Verbraucherkreditrichtl<strong>in</strong>ie 87/102 der EU und behandelt Kreditverträge<br />
zwischen e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> Belgien ansässigen Verbraucher und e<strong>in</strong>em Kreditgeber, der<br />
ebenfalls se<strong>in</strong>en Geschäfts- oder Wohnsitz <strong>in</strong> Belgien hat. Insgesamt hat das<br />
Gesetz die Anforderungen an Werbung und Information seitens des Kreditgebers<br />
erhöht. Auch an Abschluss und Form des Kreditvertrages s<strong>in</strong>d durch das Gesetz<br />
strengere Anforderungen gestellt worden.<br />
Haustürgeschäfte im Rahmen e<strong>in</strong>es Verbraucherkredites s<strong>in</strong>d verboten.<br />
Verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation e<strong>in</strong>es Verbrauchers, so besteht<br />
die Möglichkeit e<strong>in</strong>es Zahlungsaufschubs.<br />
Derzeit ist e<strong>in</strong>e neue EU-Richtl<strong>in</strong>ie über Verbraucherkreditverträge <strong>in</strong> der<br />
Diskussion. Ob diese verabschiedet wird und <strong>in</strong> deren Umsetzung die<br />
Anforderungen an Verbraucherkreditverträge weiter verschärft werden, wird <strong>in</strong><br />
der nahen Zukunft entschieden.<br />
B) Gesetz über die Handelspraktiken sowie die Aufklärung und den Schutz der<br />
Verbraucher<br />
Das Gesetz bildet den Kern des belgischen Rechts gegen den unlauteren<br />
Wettbewerb. Bereits die Überschrift „Aufklärung des Verbrauchers und Schutz<br />
des Verbrauchers“ lässt das starke Interesse des Gesetzgebers an e<strong>in</strong>em<br />
umfassenden Verbraucherschutz <strong>in</strong> diesem Zusammenhang erkennen.<br />
6
Belgien<br />
Auch hier nehmen Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher e<strong>in</strong>en<br />
besonderen Stellenwert e<strong>in</strong>. In besonderer Weise befasst sich das Gesetz mit<br />
Missbrauchklauseln. Darunter s<strong>in</strong>d solche Klauseln zu verstehen, die als solche<br />
oder zusammen mit e<strong>in</strong>er oder mehreren anderen Klauseln e<strong>in</strong> offensichtliches<br />
Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien bewirken. In<br />
Art. 32 (Gesetz über die Handelspraktiken) nennt der Gesetzgeber Klauseln, die<br />
auf jeden Fall als missbräuchlich anzusehen s<strong>in</strong>d.<br />
C) Gesetz über die Sicherheit der Verbraucher<br />
Das Gesetz dient der Umsetzung der EG – Richtl<strong>in</strong>ie vom 29.6.1992 über die<br />
allgeme<strong>in</strong>e Produktsicherheit. Bemerkenswert ist, dass das Gesetz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
Punkten über die Sicherheitsvorschriften der Richtl<strong>in</strong>ie noch h<strong>in</strong>ausgeht. Das<br />
Gesetz statuiert die Pflicht der Produzenten, den Verbraucher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen<br />
Art und Weise zu <strong>in</strong>formieren, dass dieser die eventuell mit dem Produkt oder<br />
der Dienstleistung verbundenen Risiken während der normalen Nutzungsdauer<br />
korrekt abschätzen und sich hiergegen schützen kann.<br />
D) Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtl<strong>in</strong>ie<br />
Mit der Richtl<strong>in</strong>ie 1999/44 der EU wurde bezweckt, den Kauf über<br />
Verbrauchsgüter <strong>in</strong>nerhalb der EU zu harmonisieren. Dabei sollte e<strong>in</strong> hohes<br />
Verbraucherschutzniveau <strong>in</strong> den Mitgliedstaaten erreicht werden.<br />
In Deutschland wurde diese Richtl<strong>in</strong>ie zum Anlass genommen, weite Teile des<br />
Schuldrechts zu modernisieren. Ergebnis war im Bereich des Kaufvertrags e<strong>in</strong><br />
Recht, das erheblich käuferfreundlicher ist als die bisherigen Regeln des BGB.<br />
E<strong>in</strong>e Umsetzung <strong>in</strong> Belgien ist bislang nicht erfolgt. Es existiert aber e<strong>in</strong><br />
Gesetzentwurf. Hiernach soll e<strong>in</strong> neuer Abschnitt „Bestimmungen bezüglich der<br />
Verkäufe an Verbraucher“ e<strong>in</strong>gefügt werden. Bezüglich der Ansprüche des<br />
Käufers verbessert sich hierdurch die Lage des Verbrauchers. So könnte der<br />
Verbraucher künftig die Reparatur oder den Ersatz e<strong>in</strong>er Sache verlangen, was<br />
derzeit im Rahmen der Sachmängelhaftung nicht möglich ist.<br />
In der aktuellsten Version des Gesetzentwurfs gibt es Tendenzen, die Rechte des<br />
Verbrauchers gegenüber den <strong>in</strong> der Richtl<strong>in</strong>ie vorgesehenen weiter zu stärken.<br />
7
Belgien<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Der Code Civil enthält <strong>in</strong> Art. 1641 Code Civil Vorschriften über die<br />
Gewährleistung.<br />
Der Verkäufer muss dem Käufer an der verkauften Sache nutzbaren Besitz<br />
vermitteln (“possession utile“). Ist das nicht der Fall, liegt e<strong>in</strong> Mangel vor<br />
(„vice“). Ist dieser bedeutsam, dem Käufer unbekannt gewesen und schon vor<br />
dem Eigentumsübergang vorhanden gewesen, so hat der Käufer die Wahl<br />
zwischen Wandlungs- und M<strong>in</strong>derungsklage. Bei e<strong>in</strong>er Wandlung gibt er die<br />
Sache zurück und erhält den bezahlten Preis sowie die durch den Kauf<br />
verursachten Kosten erstattet. Bei e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>derung behält der Käufer die Sache<br />
und erhält e<strong>in</strong>en Teil des Kaufpreises erstattet, der von e<strong>in</strong>em Sachverständigen<br />
ermittelt wird. Kannte der Verkäufer den Mangel, so ist er<br />
schadensersatzpflichtig.<br />
Gemäß Art. 1648 Code Civil muss der Käufer se<strong>in</strong>e Klage „kurzfristig“ erheben.<br />
Die Bemessung der Frist obliegt letztlich dem Richter. Hierbei werden die Natur<br />
der Sache, die Natur des Mangels, sowie die örtlichen Sitten und die<br />
Gepflogenheiten der Vertragsparteien berücksichtigt.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches<br />
(z.B. Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B.<br />
Grundschuld) vor?<br />
Sicherungsmittel bezüglich des beweglichen Vermögens s<strong>in</strong>d der<br />
Eigentumsvorbehalt, und der „warrant“.<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf unbewegliches Vermögen kommt die „Hypothek“ <strong>in</strong> Betracht.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus enthält das belgische Recht e<strong>in</strong>e Reihe von Vorzugsrechten, sog.<br />
„Privilegien“.<br />
8
A) bewegliches Vermögen<br />
a) Eigentumsvorbehalt<br />
Belgien<br />
Mit Inkrafttreten des Konkursgesetzes („ loi sur les faillites“)von 1997<br />
ist das Recht des Eigentumsvorbehaltes reformiert worden. War es<br />
bislang so, dass e<strong>in</strong> Eigentumsvorbehalt zwar vere<strong>in</strong>bart werden konnte,<br />
aber ke<strong>in</strong>e Wirkung mehr entfaltete, wenn das Recht des<br />
Vorbehaltsverkäufers mit dem anderer Gläubiger konkurrierte (was<br />
<strong>in</strong>sbesondere im Konkurs sowie bei e<strong>in</strong>er Pfändung der Kaufsache der<br />
Fall war), so statuiert Art. 101 des Konkursgesetzes nunmehr die<br />
Konkursfestigkeit des e<strong>in</strong>fachen Eigentumsvorbehaltes. Voraussetzung<br />
hierfür ist allerd<strong>in</strong>gs, dass die Vorbehaltsklausel spätestens zum<br />
Zeitpunkt der Übergabe der Sachen schriftlich vere<strong>in</strong>bart worden ist.<br />
Außerdem müssen sich die Sachen <strong>in</strong> ihrem ursprünglichen Zustand beim<br />
Schuldner bef<strong>in</strong>den. Sie dürfen weder durch Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>em<br />
Grundstück zu e<strong>in</strong>er unbeweglichen Sache geworden noch mit anderen<br />
beweglichen Sachen vermengt worden se<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong> verlängerter Eigentumsvorbehalt (das heißt, e<strong>in</strong>e Vorausabtretung<br />
der Forderungen im Falle e<strong>in</strong>er Weiterveräußerung) ist unzulässig, soweit<br />
e<strong>in</strong>e sicherungsweise Abtretung von Forderungen nach belgischer<br />
Rechtsprechung unzulässig ist. Per Gesetz vom 15.7.1998 ist die<br />
Sicherungsabtretung im Rahmen verschiedener F<strong>in</strong>anzgeschäfte mit<br />
bestimmten Vertragsparteien anerkannt worden. Darüber h<strong>in</strong>aus lehnt die<br />
Rechtsprechung die Sicherungsabtretung jedoch ab.<br />
E<strong>in</strong> erweiterter Eigentumsvorbehalt <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne, dass sich der Käufer<br />
verpflichtet, die Waren nur unter Eigentumsvorbehalt weiterzuveräußern<br />
scheitert jedenfalls dann, solange e<strong>in</strong>e Sicherungsübereignung unzulässig<br />
ist (vgl. hierzu C). Denn erwirbt der 1. Vorbehaltskäufer Eigentum stellt<br />
dies die Begründung von Sicherungseigentum (zugunsten des 1.<br />
Vorbehaltskäufers) dar.<br />
9
) „warrant“<br />
Belgien<br />
Hierbei handelt es sich um e<strong>in</strong> Lagerpfandrecht. Die zur Sicherung<br />
dienenden Waren können <strong>in</strong> den Geschäftsräumen des den Kaufpreis<br />
schuldenden Kunden verbleiben. Nach Überprüfung des tatsächlichen<br />
Vorhandense<strong>in</strong>s der Waren wird zugunsten des Warenkreditgebers e<strong>in</strong><br />
Warenlagersche<strong>in</strong> ausgestellt. Ist nun der Kunde <strong>in</strong> Zahlungsverzug<br />
erhält der Gläubiger durch das Gericht die Befugnis, den Verkauf der<br />
verpfändeten Waren zu betreiben.<br />
c) Sicherungsübereignung<br />
E<strong>in</strong>e Sicherungsübereignung wird allgeme<strong>in</strong> wegen e<strong>in</strong>er Umgehung der<br />
Bestimmungen zum Pfandrecht als unzulässig bewertet, jedenfalls bis zur<br />
Neuregelung der Konkursfestigkeit des Eigentumsvorbehaltes.<br />
B) unbewegliches Vermögen<br />
Im Unterschied zur Rechtslage <strong>in</strong> Deutschland kennt das belgische Recht<br />
ke<strong>in</strong>e Grundschuld.<br />
E<strong>in</strong> durch besonderen Bestellungsakt entstandenes Grundpfandrecht ist<br />
ausschließlich die Hypothek.<br />
Sie gewährt sowohl <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>zelzwangsvollstreckung e<strong>in</strong> Vorzugsrecht<br />
als auch im Konkurs das Recht auf abgesonderte Befriedigung.<br />
Die Hypothek entsteht entweder aufgrund Gesetzes oder auf<br />
testamentarischem oder vertraglichem Weg.<br />
Die vertragliche Hypothekenbestellung muss durch e<strong>in</strong>en belgischen<br />
Notar erfolgen und anschließend im Hypothekenregister e<strong>in</strong>getragen<br />
werden.<br />
10
C) Privilegien<br />
Belgien<br />
Das belgische Recht gewährt verschiedene sog. „Privilegien“. Ihnen steht<br />
ke<strong>in</strong>e exakte Entsprechung nach deutschem Recht gegenüber.<br />
Geme<strong>in</strong>sam ist diesen Privilegien, dass sie <strong>in</strong> der<br />
E<strong>in</strong>zelzwangsvollstreckung das Recht auf vorzugsweise Befriedigung<br />
und - sofern sie im Konkurs Bestand haben – e<strong>in</strong> Vorrecht (sofern es<br />
sich um e<strong>in</strong> generelles Privileg) oder das Recht auf abgesonderte<br />
Befriedigung (bei speziellen Vorrechten) gewähren.<br />
Über die unter A) -C) beschriebenen Sicherungen existieren noch die im<br />
Außenwirtschaftsverkehr üblichen Instrumente des Akkreditivs und der<br />
Bankbürgschaft.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
E<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es Gesetz über allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen existiert <strong>in</strong><br />
Belgien nicht. Aus der Rechtsprechung haben sich allerd<strong>in</strong>gs Kriterien für die<br />
wirksame E<strong>in</strong>beziehung entwickelt.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus f<strong>in</strong>den sich gegenüber dem Verbraucher entsprechende<br />
Vorschriften <strong>in</strong> dem unter 3.) B) erwähntem Gesetz über Handelspraktiken,<br />
Information und Schutz des Verbrauchers. Schließlich ist noch das Gesetz vom<br />
2.8.2002 über irreführende und vergleichende Werbung, rechtsmissbräuchliche<br />
Vertragsklauseln und Distanzverträge betreffend die freien Berufe zu erwähnen.<br />
Unbestritten ist die wirksame E<strong>in</strong>beziehung allgeme<strong>in</strong>er Geschäftsbeziehungen<br />
<strong>in</strong> den Vertrag <strong>in</strong> folgenden Fällen:<br />
- die AGB’ s s<strong>in</strong>d dem Vertragspartner mit dem H<strong>in</strong>weis überreicht<br />
worden, dass sie Vertragsbestandteil werden sollen<br />
- sie bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> lesbarer Schrift auf der Vorderseite der Dokumente,<br />
die dem Vertragspartner ausgehändigt wurden<br />
- die AGB’ s s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> lesbarer Schrift auf der Rückseite solcher Dokumente<br />
abgedruckt, sofern auf der jeweiligen Vorderseite e<strong>in</strong> lesbarer und<br />
unmissverständlicher H<strong>in</strong>weis auf die auf der Rückseite bef<strong>in</strong>dlichen<br />
AGB’ s gegeben wird.<br />
11
Belgien<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Das belgische Vertragsrecht ist durch das sog. „Konsenspr<strong>in</strong>zip“<br />
gekennzeichnet. Das bedeutet, dass d<strong>in</strong>gliche Rechtsänderungen bereits mit<br />
Abschluss des entsprechenden schuldrechtlichen Geschäftes e<strong>in</strong>treten. Der<br />
Eigentumsübergang an e<strong>in</strong>em Grundstück vollzieht sich also bereits mit<br />
Abschluss des Kaufvertrages. Allerd<strong>in</strong>gs kann der Eigentumserwerb Dritten nur<br />
entgegen gehalten werden, wenn e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Hypothekenregister<br />
erfolgt ist. Diese setzt das Vorliegen e<strong>in</strong>es notariell beurkundeten Vertrages<br />
voraus.<br />
8) Welche Stellung haben Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Die Gläubiger müssen <strong>in</strong>nerhalb der <strong>in</strong> der Entscheidung über den<br />
provisorischen Aufschub angegebenen Frist ihre Forderung der Gerichtskanzlei<br />
beim Handelsgericht anmelden. Die Prüfung der Forderung wird vom<br />
Vergleichsverwalter mit Hilfe des Schuldners vorgenommen und bestrittene<br />
Forderungen werden dem Handelsgericht überwiesen. Bis zur Entscheidung des<br />
Handelsgerichts werden diese Forderungen <strong>in</strong> dem Vergleichsverfahren für<br />
e<strong>in</strong>en provisorischen Betrag, der vom Gericht bestimmt wird und bei der<br />
Aufstellung des Sanierungsplans <strong>in</strong> Betracht gezogen wird, zugelassen.<br />
Während der Observationsfrist kann ke<strong>in</strong>e Vollstreckung angefangen oder<br />
weitergeführt werden und s<strong>in</strong>d auch ke<strong>in</strong>e Sicherungsbeschlagnahmen möglich.<br />
Der Aufschub f<strong>in</strong>det Anwendung auf alle Gläubiger, ungeachtet der Sicherheit,<br />
über die sie verfügen. Der Sicherungseigentümer, der Hypothekengläubiger, der<br />
Pfandgläubiger und besonders bevorrechtigte Gläubiger hat jedoch die<br />
Möglichkeit, „nebensächliche Sicherheiten“ zu fordern, wenn sie beweisen, das<br />
ihre Sicherheit oder Eigentum während der Observationsfrist e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Wertm<strong>in</strong>derung erleiden könnte. Der Aufschub gilt nicht für neue Forderungen,<br />
die nach der Zusprechung des vorläufigen Aufschubs entstanden s<strong>in</strong>d. Die<br />
Gläubiger erlangen außerdem ihre Rechte gegen den Schuldner wieder, wenn die<br />
Z<strong>in</strong>sen und Lasten der Schuldforderung, die seit der Zusprechung des Vergleichs<br />
laufen, nicht bezahlt werden. Der provisorische Aufschub verh<strong>in</strong>dert nicht, dass<br />
die Gläubiger Forderungen geltend machen, um e<strong>in</strong>en Titel gegen den Schuldner<br />
zu bekommen. Aus dem Titel kann dann jedoch nur nach Beendigung des<br />
Aufschubs vollstreckt werden.<br />
Die Genehmigung des Sanierungsplans hat für die ungesicherten Gläubiger und<br />
die allgeme<strong>in</strong> bevorrechtigten Gläubiger zur Folge, dass der Plan ihnen<br />
12
Belgien<br />
gegenüber verb<strong>in</strong>dlich wird, ungeachtet, ob sie für oder gegen den Plan<br />
gestimmt haben. Hypothekengläubiger, Pfandgläubiger, besonders<br />
bevorrechtigte Gläubiger, der nicht bezahlte Verkäufer mit Eigentumsvorbehalt<br />
und die Staatskasse s<strong>in</strong>d im Pr<strong>in</strong>zip nur gebunden, wenn sie dem Plan<br />
zugestimmt haben.<br />
Der def<strong>in</strong>itive Aufschub sowie der provisorische Aufschub, gelten nicht für<br />
Mitschuldner und Bürgen des Schuldners. Die Gläubiger können ungeh<strong>in</strong>dert<br />
gegen den Bürgen und Mitschuldner vorgehen. Für ihr eigenes Regressrecht<br />
gegen den Schuldner s<strong>in</strong>d die Mitschuldner jedoch an die Bestimmungen des<br />
Plans gebunden.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen<br />
Grundstrukturen?<br />
Den Kern des Wettbewerbsrechts bildet das erwähnte Gesetz über<br />
Handelspraktiken, Information und Schutz des Verbrauchers.<br />
Das belgische „Gesetz über die Handelspraktiken und die Information und den<br />
Schutz des Verbrauchers“ vom 14.7.1991 enthält <strong>in</strong> über 120 Artikeln zahlreiche<br />
typisierte E<strong>in</strong>zeltatbestände, aber auch zwei dem deutschen § 1 UWG<br />
vergleichbare Generalklauseln zum Schutz von Mitbewerbern e<strong>in</strong>erseits und den<br />
Verbrauchern andererseits. Verboten ist danach „jede gegen die anständigen<br />
Gebräuche auf kaufmännischem Gebiet verstoßende Handlung“, durch die<br />
Mitbewerber bzw. Verbraucher verletzt werden können. Irreführende<br />
Werbeangaben über Produkte, Dienstleistungen oder die Person des Verkäufers<br />
s<strong>in</strong>d gleichfalls ausdrücklich untersagt. Dabei obliegt dem Werbenden für<br />
bestimmte, im Gesetz e<strong>in</strong>zeln aufgeführte Angaben der Wahrheitsbeweis. Bei<br />
werbemäßigen Übertreibungen s<strong>in</strong>d die belgischen Gerichte allerd<strong>in</strong>gs<br />
traditionell sehr großzügig. Vergleichende Werbung ist unzulässig, wenn sie<br />
„ohne Notwendigkeit“ e<strong>in</strong>en Mitbewerber identifiziert. Aus- und<br />
Schlussverkäufe s<strong>in</strong>d gesetzlich geregelt. Der Verkauf zu Verlustpreisen ist<br />
verboten. Rabatte s<strong>in</strong>d erlaubt, Zugaben dagegen grundsätzlich untersagt. Auch<br />
die im Versandhandel besonders beliebten Gratisverlosungen s<strong>in</strong>d neuerd<strong>in</strong>gs<br />
ohne Rücksicht auf die Begleitumstände generell verboten. Hat der Werbende<br />
ke<strong>in</strong>en Sitz <strong>in</strong> Belgien, können ersatzweise auch Verleger, Drucker oder<br />
Vertreiber unzulässiger Werbung auf Unterlassung <strong>in</strong> Anspruch genommen<br />
werden.<br />
13
Belgien<br />
10) Gibt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
Belgien ist mit Wirkung vom 1.11.1997 Vertragsstaat des UN -<br />
Übere<strong>in</strong>kommens. Das UN – Kaufrecht ist hierdurch unmittelbar anwendbares<br />
Recht <strong>in</strong> Belgien geworden.<br />
Quellenangaben :<br />
Code de Civil<br />
Code de Commerce<br />
Gesetz über die Handelspraktiken sowie die Aufklärung und Schutz der Verbraucher<br />
Münchner Kommentar zum Insolvenzrecht, Länderberichte Belgien bearbeitet von<br />
Carmen Verdonck (Altius CVBA, Brüssel)<br />
Schwappach EU-Rechtshandbuch für die Wirtschaft (2. Auflage)<br />
www.ahk.de<br />
www.bfai.de<br />
www.europa.eu.<strong>in</strong>t<br />
14
Dänemark<br />
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
Staatsform: Parlamentarische Monarchie<br />
Hauptstadt: Kopenhagen (København)<br />
Währung: Dänische Krone (DKK)<br />
Fläche: 43.094 km²<br />
E<strong>in</strong>wohner: 5,4 Millionen<br />
BIP pro E<strong>in</strong>wohner: 34.060 €<br />
Die dänische Rechtsordnung:<br />
E<strong>in</strong>führung:<br />
Die Rechtsordnung ist <strong>in</strong> gewissem Maße vom römischen Recht bee<strong>in</strong>flusst. Das dänische<br />
Rechtssystem ist beispielsweise mit dem deutschen und dem französischen System<br />
vergleichbar. Es kann nicht mit dem angloamerikanischen Recht verglichen werden.<br />
Die letztlich maßgebende Rechtsquelle ist die Verfassung (grundloven).<br />
In Dänemark gibt es drei Gerichtsebenen: die Stadtgerichte (byret), die Landgerichte<br />
(landsret) als Berufungs<strong>in</strong>stanzen und den Obersten Gerichtshof (højesteret).<br />
An den Stadtgerichten (byret) kann jeder Rechtsanwalt tätig werden; für die Landgerichte<br />
(landsret) ist dagegen e<strong>in</strong>e besondere Zulassung erforderlich. Rechtsanwälte führen den Titel<br />
1.) "Advokat" (Rechtsanwalt), 2.) "Advokat med møderet for landsretten" (Rechtsanwalt mit<br />
Zulassung für das Landgericht) oder 3.) "Advokat med møderet for Højesteret" (Rechtsanwalt<br />
mit Zulassung für den Obersten Gerichtshof).<br />
Das dänische Gesellschaftsrecht unterscheidet sich stark von dem <strong>in</strong> Deutschland. In<br />
Dänemark wird nicht zwischen Handels- und Privatrecht unterschieden. Es gibt weder<br />
Handelsgesellschaften noch e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>heitlichen Begriff von Gesellschaften. Auch e<strong>in</strong> mit dem<br />
deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) vergleichbares Gesetz gibt es nicht. Trotzdem stimmen<br />
die derzeitigen dänischen Gesellschaftsformen von Unternehmen mit den <strong>in</strong> Deutschland<br />
üblichen <strong>in</strong> ihrer Ausgestaltung im Wesentlichen übere<strong>in</strong>. 1<br />
1 www.legamedia.net (searchword: dänisches Gesellschaftsrecht)<br />
15
Dänemark<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Im dänischen Recht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Es gibt ke<strong>in</strong>e generelle<br />
Formvorschrift. Ausnahmen existieren allerd<strong>in</strong>gs im Bereich besonderer Rechtsgebiete wie<br />
z. B. bei Testamenten, im AktG und im Genossenschaftsgesetz gilt die Schriftform als<br />
erforderlich.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>es Kaufs e<strong>in</strong>er Immobilie gilt im Gegensatz zur deutschen Rechtsgebung<br />
ke<strong>in</strong>e notarielle Beurkundung als erforderlich. Es bedarf hier lediglich der<br />
Rechtsverb<strong>in</strong>dlichkeit. E<strong>in</strong> privatschriftlicher Vertrag – im Grundsatz sogar e<strong>in</strong>e mündliche<br />
Absprache – zwischen Käufer und Verkäufer ist rechtswirksam!<br />
Im dänischen Recht gibt es das sogenannte Versprechenspr<strong>in</strong>zip („løftepr<strong>in</strong>cippet“) wonach<br />
das Versprechen die zentrale anspruchsbegründende Tatsache ist. So kann auch e<strong>in</strong><br />
Versprechen Rechte, bzw. Ansprüche, und Pflichten Dritter begründen, so zum Beispiel beim<br />
Abschluss e<strong>in</strong>es Versicherungsvertrages zu Gunsten Dritter.<br />
E<strong>in</strong> Versprechen besitzt B<strong>in</strong>dungswirksamkeit, wenn das Versprechen vom Empfänger zur<br />
Kenntnis genommen wurde. Der Absender des Versprechens kann dieses wieder<br />
zurücknehmen bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Empfänger es zur Kenntnis nimmt.<br />
Wenn der Widerruf e<strong>in</strong>es solchen Versprechens vor oder zum gleichen Zeitpunkt der<br />
Kenntnisnahme durch den Empfänger diesen erreicht, so ist das Versprechen unwirksam, da<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall das Vertrauen des Empfängers nicht enttäuscht wird.<br />
Es ist jedoch generell nicht erforderlich, dass der Empfänger den Widerruf tatsächlich „zur<br />
Kenntnis nimmt“, sondern e<strong>in</strong> solcher Widerruf muss ihm lediglich zugehen.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Das dänische Kaufgesetz unterscheidet zwischen dem normalen Kauf, dem so genannten<br />
Zivilkauf und dem Handelskauf. Unter Handelskauf ist gemäß § 4 Abs.1 Kaufgesetz e<strong>in</strong><br />
Kaufgeschäft zu verstehen, das zwischen Kaufleuten <strong>in</strong> Ausübung ihrer gewerblichen<br />
Tätigkeit abgeschlossen wird. Beide Vertragsparteien müssen also Kaufleute se<strong>in</strong>. Für<br />
Handelskäufe gelten weitgehend strengere Anforderungen an die gewissenhafte Erfüllung der<br />
Verpflichtungen als für den Zivilkauf.<br />
3) Wo und wie ist e<strong>in</strong> Verbraucherschutz verankert?<br />
Durch das Verbrauchervertragsgesetz wurde e<strong>in</strong> Verbraucherschutz gegen Überrumpelung<br />
und Geschäfte, deren Konsequenzen nicht überschaubar s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>geführt.. Dies Gesetz enthält<br />
Verbote gegen Haustürgeschäfte und unangefordertes Aufsuchen e<strong>in</strong>er Person, um sofort oder<br />
später die Annahme e<strong>in</strong>es Gebots auf Vertragsabschluß zu erreichen. Versprechen, die im<br />
Widerspruch zu diesen Regelungen stehen, s<strong>in</strong>d nicht b<strong>in</strong>dend.<br />
Zudem wird der Verbraucherschutz im „Gesetz über das Marktverhalten“ geregelt.<br />
16
Dänemark<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Der Eigentümer ist berechtigt, die Sache als Grundlage für e<strong>in</strong>en Kredit e<strong>in</strong>zusetzen. Das<br />
Eigentum bildet die Grundlage für die Übertragung von Gütern durch Erbschaft.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Die Verwendung von AGB als <strong>in</strong>tegrierter Bestandteil der eigentlichen Vertragsgrundlage<br />
oder als allgeme<strong>in</strong>e Vertragsgrundlage (d.h. als eigenständige Regeln), auf die sich der<br />
Vertrag bezieht, ist bei vielen Arten des Kaufs, der Bau-, Versicherungs-, und Mietverträge<br />
sowie bei Banken üblich geworden. E<strong>in</strong>ige Unternehmen haben eigene Standardverträge, die<br />
sie selbst erstellt haben. Zudem werden zahlreiche AGB geme<strong>in</strong>sam von den verschiedenen<br />
Branchenverbänden ausgearbeitet. Im Norden wurden durch die Branchenverbände <strong>in</strong> DK, FI,<br />
NO und SE geme<strong>in</strong>same AGB „NL 85“ nach dem Vorbild der <strong>in</strong>ternationalen<br />
Standardverträge „ECE 188“ erstellt, die sich auf die Lieferung von Masch<strong>in</strong>en und andere<br />
mechanische oder elektrische Geräte zwischen den skand<strong>in</strong>avischen Staaten beziehen.<br />
Vor Gericht gilt die „M<strong>in</strong>imumregel“. Die M<strong>in</strong>imumregel besagt, dass bei der Auslegung von<br />
Standardverträgen die Interpretation ausgelegt wird, die denjenigen belastet, gegen den die<br />
undeutliche Vertragsklausel geltend gemacht wird und die am ehesten mit den allgeme<strong>in</strong>en<br />
Regeln der Rechtsordnung übere<strong>in</strong>stimmt, wenn der Vertrag von der anderen Vertragspartei<br />
oder dessen Branchenverband formuliert wurde. Die Gerichte können sich aber auch für die<br />
„Konzipistregel“ entscheiden, nach der diejenige Partei das Risiko zu tragen hat, die die<br />
Unklarheit zu vertreten hat.<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Hypotheken an unbeweglichem Eigentum müssen im Grundbuch e<strong>in</strong>getragen werden, um<br />
gegen Dritte geschützt zu werden (§ 1 und § 27 Grundbuchgesetz).<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Die Gesellschafter e<strong>in</strong>er OHG haften persönlich, gesamtschuldnerisch und unmittelbar für die<br />
Schulden der Gesellschaft. Dies unterscheidet die OHG von der AG und den Gesellschaften<br />
mit beschränkter Haftung. Die gesamtschuldnerische Haftung macht auch den Unterschied zu<br />
Reederei-Gesellschaften aus. Die Mitreeder haften nur „pro rata“, d. h. anteilsmäßig. Vielfach<br />
problematisch h<strong>in</strong>gegen stellt sich e<strong>in</strong>e Abgrenzung zu den Vere<strong>in</strong>en dar.<br />
Es gibt ke<strong>in</strong> Mahnverfahren mit Vollstreckungsbescheid <strong>in</strong> Dänemark<br />
17
Dänemark<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Das Wettbewerbsrecht <strong>in</strong> Dänemark wird auch Monopolgesetz genannt. Es enthält<br />
Regelungen, deren Zweck die Sicherung e<strong>in</strong>es effektiven Wettbewerbs <strong>in</strong> marktrechtlicher<br />
H<strong>in</strong>sicht ist. E<strong>in</strong> Teil des Wettbewerbsrechts wird im dänischen Recht unter dem Titel „Recht<br />
des Marktverhaltens“ behandelt.<br />
Der Grundsatz für das Wettbewerbsgesetz ist die Vertragsfreiheit, auch wenn die<br />
Vertragsgestaltungsfreiheit e<strong>in</strong>igen E<strong>in</strong>schränkungen unterliegt.<br />
Die Freiheit der Gewerbetreibenden im Kampf um die Kunden wird durch das Gesetz über<br />
das Marktverhalten begrenzt. Die Generalklausel dieses Gesetzes bestimmt, dass dieses auf<br />
gewerbetreibende Privatpersonen sowie öffentlich-rechtliche Betriebe, die diesen<br />
gleichzustellen s<strong>in</strong>d, anzuwenden ist. Zudem dürfen die Gewerbebetriebe ke<strong>in</strong>e Maßnahmen<br />
ergreifen, die gegen die „guten Sitten“ des Geschäftsverkehrs verstoßen. Hauptzweck des<br />
Wettbewerbsrechts ist es, Wettbewerbsbeschränkungen zu kontrollieren, <strong>in</strong>dem es für<br />
Transparenz sorgt. So sollen gleiche und freie Wettbewerbsbed<strong>in</strong>gungen für alle sichergestellt<br />
werden. Das Gesetz beruht folglich auf e<strong>in</strong>em Kontrollpr<strong>in</strong>zip. Da die Wettbewerbsbehörde<br />
Zugang zu allen gewerberelevanten Informationen haben muss, wird die Transparenz der<br />
Marktverhältnisse gesichert. Der Wettbewerbsrat, der für die Durchsetzung des<br />
Wettbewerbsgesetzes sorgt, der Wettbewerbsbeschwerdeausschuss und die allgeme<strong>in</strong>en<br />
ordentlichen Gerichte bilden zusammen die Wettbewerbsbehörden. Das dänische<br />
Wettbewerbsrecht wird durch die europarechtlichen Bestimmungen über<br />
Wettbewerbsbeschränkungen <strong>in</strong> Artikel 89 bis 90 EWG-Vertrag und die besonderen Verbote<br />
<strong>in</strong> Artikel 85 und 86 ergänzt.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
In Dänemark gilt, dass e<strong>in</strong> Vertrag die engste Verb<strong>in</strong>dung mit dem Staat habe, <strong>in</strong> dem die<br />
Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbr<strong>in</strong>gen hat, ihr Domizil hat. Im Bereich des<br />
UN-Kaufrechts wurde das UN-Übere<strong>in</strong>kommen vom 11. April 1980 zu Verträgen über den<br />
<strong>in</strong>ternationalen Warenverkauf mit Wirkung vom 1. März 1990 <strong>in</strong>s dänische Recht<br />
implementiert.<br />
H<strong>in</strong>weis:<br />
In Dänemark gilt Dänisch als e<strong>in</strong>zige Amtssprache. Laut Prof. R<strong>in</strong>g, TU Freiberg, seien die<br />
„... halboffiziellen Übersetzungen <strong>in</strong>s Englische eher ungenügend denn mangelhaft...,... selbst<br />
wenn es nur um e<strong>in</strong>en Überblick geht.“ E<strong>in</strong> Sprecher der Ausländischen Handelskammer<br />
sagte zu Frage 4, dass die Regelungen die Gleichen wie <strong>in</strong> Deutschland seien. Zu Frage 5 und<br />
7: Die Ausländische Handelskammer ist nicht bereit, zu diesen Fragen Auskunft zu geben.<br />
Rechtsberatungen gebe es nur für Firmen.<br />
Quellen:<br />
Dübeck, Inga, E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong>s dänische Recht, 1996<br />
Tysk Ret, URL: http://www.tyskret.com/deutsch/danemark/wissenswertes.html<br />
Bang & Regnardsen, Reader Standort Dänemark – Arbeiten und Leben<br />
18
Allgeme<strong>in</strong>:<br />
Deutschland<br />
Lage: Mitteleuropa<br />
Fläche: 357 023 km²<br />
E<strong>in</strong>wohner: 82.44 Mio.<br />
Hauptstadt: Berl<strong>in</strong><br />
Staatsform: Demokratisch-parlamentarischer Bundesstaat<br />
Verwaltung: 16 Länder<br />
Zeitzone: MEZ<br />
Währung: 1 Euro = 100 Cent<br />
Bruttonationale<strong>in</strong>kommen: 2115,45 Mrd. EUR (2003)<br />
Telefonvorwahl: +49<br />
Netzspannung: 230 V, 50 Hz.<br />
Geografie<br />
Lage: Mitteleuropa<br />
Fläche: 357 023 km²<br />
Angrenzende Staaten:<br />
Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Niederlande,<br />
Österreich, Polen, Schweiz, Tschechische Republik<br />
Zeitzone: Mitteleuropäische Zeit (MEZ) mit europäischer Sommerzeit<br />
Klima:<br />
Gemäßigte Klimazone<br />
durchschnittliche Jahrestemperatur 9 °C<br />
Höchster Berg: Zugspitze 2962 m<br />
Rhe<strong>in</strong> 865 km, Elbe 700 km, Donau 647 km, Ma<strong>in</strong> 542 km, Weser<br />
Längste Flüsse:<br />
440 km, Ems 374 km, Neckar 367 km, Havel 343 km, Mosel 242<br />
km, Elde 208 km, Oder 162 km<br />
Größte Seen:<br />
Bodensee 572 km², Müritz 110 km², Chiemsee 80 km², Schwer<strong>in</strong>er<br />
See 61 km², Starnberger See 56 km²<br />
Rohstoffe:<br />
Bevölkerung<br />
Ste<strong>in</strong>salz, Kalisalz, Braunkohle, Ste<strong>in</strong>kohle<br />
E<strong>in</strong>wohner: 82,44 Mio.<br />
Bevölkerungsdichte: 231 E<strong>in</strong>wohner je km²<br />
Religionszugehörigkeit:<br />
Politisches System<br />
Christen 66 % (Katholiken 33 %, Protestanten 33 %); Muslime 3<br />
%; Juden 0,1 %<br />
Staatsform: Demokratisch-parlamentarischer Bundesstaat seit 1949<br />
Hauptstadt: Berl<strong>in</strong><br />
Verfassung: Grundgesetz (GG) von 1949 (mit Änderungen)<br />
Staatsoberhaupt: Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler<br />
Parlament: Bundestag (603 Mitglieder) und Bundesrat (69 Mitglieder)<br />
Regierungschef: Bundeskanzler Gerhard Schröder<br />
19
Wirtschaft<br />
Deutschland<br />
Währung: 1 Euro = 100 Cent<br />
Bruttonationale<strong>in</strong>kommen<br />
2003:<br />
2115,45 Mrd. EUR<br />
Brutto<strong>in</strong>landsprodukt (BIP)<br />
2129,80 Mrd. EUR<br />
2003:<br />
BIP-Wachstum 2003: -0,1 %<br />
BIP je E<strong>in</strong>wohner 2003: 25 800 EUR<br />
Anteile am BIP: Dienstleistungen 70,2 %, Industrie 28,7 %, Landwirtschaft 1,1 %<br />
Exporte 2003: 763,03 Mrd. EUR<br />
Importe 2003: 667,78 Mrd. EUR<br />
Wichtige Exportgüter:<br />
Verkehr<br />
Autos und Autoteile, Masch<strong>in</strong>en, chemische Erzeugnisse<br />
Straßennetz:<br />
230 800 km; Autobahnen 11 800 km, Bundesstraßen 41 200 km,<br />
Landstraßen 86 800 km, Kreisstraßen 91 000 km<br />
Schienennetz: 44 400 km<br />
B<strong>in</strong>nenschifffahrt: 7500 km; wichtigste B<strong>in</strong>nenhäfen: Duisburg und Magdeburg<br />
Wichtigste Seehäfen: Hamburg, Wilhelmshaven, Bremen, Rostock und Lübeck<br />
L uftverkehr: 18 <strong>in</strong>ternationale Flughäfen; größter Flughafen: Frankfurt a.M.<br />
20
Deutschland<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Rechtsgeschäfte und Vertragsschlüsse s<strong>in</strong>d im deutschen Recht also grundsätzlich formfrei, es<br />
sei denn, dass gesetzliche Regelungen oder vertragliche Formerfordernisse bestehen.<br />
Formerfordernisse des deutschen Rechts s<strong>in</strong>d für Rechtsgeschäfte und Verträge im<br />
Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Die Wahrung bestimmter Formvorschriften dient<br />
Beweisgründen, soll aber auch auf Aufklärungs- und Warnfunktionen wahrnehmen. Die<br />
Nichtbeachtung gesetzlicher Formvorschriften bewirkt grundsätzlich die Nichtigkeit des<br />
Rechtsgeschäftes (§ 125 BGB). Abweichend von der Formfreiheit bedürfen bestimmte<br />
Rechtsgeschäfte immer der Schriftform bzw. der notariellen Beurkundung. Die gilt z.B. für<br />
e<strong>in</strong>e Bürgschaft (§ 766 BGB), aber auch für e<strong>in</strong>en Mietvertrag über e<strong>in</strong>e Grundstück für<br />
länger als e<strong>in</strong> Jahr (§ 550 BGB). Die notarielle Beurkundung ist z.B. auch vorgeschrieben bei<br />
der Übertragung von Grundstücken (§§ 873, 925 BGB) ebenso wie auch bei der Übertragung<br />
e<strong>in</strong>er Hypothek (§§ 1154, 1192 BGB.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Das deutsche Recht kennt neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch auch e<strong>in</strong> Handelsgesetzbuch<br />
(HGB), das nur für Rechtsgeschäfte unter Kaufleuten gilt. Das Handelsrecht wird def<strong>in</strong>iert als<br />
Sonderprivatrecht für Kaufleute und basiert auf dem subjektiven System. Es gilt nur für<br />
bestimmte Personen und Gesellschaften mit Kaufmannseigenschaft (§§ 1ff. HGB). Im<br />
Ausland herrscht das objektive System vor, welches bestimmte Arten von Geschäften erfasst.<br />
Das HGB ergänzt die fünf Bücher des BGB. Soweit ke<strong>in</strong>e speziellen handelsrechtlichen<br />
Normen e<strong>in</strong>greifen, kommt also nach wie vor das BGB subsidiär zur Anwendung.<br />
Für den Kaufmann bietet das Handelsrecht zwar e<strong>in</strong>e Reihe von Erleichterungen <strong>in</strong><br />
Beziehungen zu den Geschäftspartnern, es setzt aber auch strengere Maßstäbe an se<strong>in</strong><br />
Verhalten. Regelungen die unter Privatleuten ke<strong>in</strong>e Anwendung f<strong>in</strong>den, werden für Kaufleute<br />
besonders def<strong>in</strong>iert, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass e<strong>in</strong> Kaufmann nicht so<br />
schutzwürdig ist, wie e<strong>in</strong> Verbraucher. Im HGB s<strong>in</strong>d auch die Buchführungs- und<br />
Bilanzierungsgrundsätze für Kaufleute und Gesellschaften niedergelegt.<br />
21
Handelsgeschäfte<br />
§§ 343, 344, 345 ff HGB<br />
Handelsbräuche<br />
§ 346 HGB<br />
Sorgfaltspflichten<br />
§ 347 HGB<br />
Selbstverantwortlichkeit<br />
§§ 348 – 351 HGB<br />
Entgeltlichkeit<br />
§ 354 HGB<br />
Kontokorrentverhältnis<br />
§ 355 HGB<br />
„Schweigen“ als Antwort<br />
§362 HGB<br />
Gutgläubiger Erwerb<br />
§366 HGB<br />
Zurückbehaltungsrecht<br />
§3 369 – 371 HGB<br />
Deutschland<br />
Beispiele für Sonderregeln im Handelsverkehr<br />
Alle Geschäfte e<strong>in</strong>es Kaufmanns, die zum Betrieb<br />
e<strong>in</strong>es Handelsgewerbes gehören. Besonderheiten<br />
gelten für beiderseitige Handelsgeschäfte <strong>in</strong> §§ 369,<br />
377 ff HGB.<br />
Alle zwischen Kaufleuten verb<strong>in</strong>dlichen Verkehrssitten.<br />
Sie gelten auch wenn sie nicht ausdrücklich vere<strong>in</strong>bart<br />
wurden oder nicht bekannt waren. Hierzu gehören<br />
auch Handelsklauseln (übliche Abkürzungen).<br />
Vom ordentlichen Kaufmann wird die für<br />
Handelsgeschäfte übliche Sorgfalt und<br />
Gewissenhaftigkeit erwartet. Das betrifft z.B. die<br />
Kenntnisnahme von Geschäftsbriefen und Änderungen<br />
im Handelsregister sowie besonderen<br />
Verhaltenspflichten gegenüber Geschäftspartnern etc.<br />
Möglich s<strong>in</strong>d z.B. Vere<strong>in</strong>barungen über die Höhe von<br />
Vertragsstrafen, selbstschuldnerische Bürgschaften<br />
und deren formlose Erklärung.<br />
Die Regelungen des BGB, wonach e<strong>in</strong>e Vergütung<br />
ausdrücklich nur bei Dienst-, Werk- und e<strong>in</strong>igen<br />
anderen Verträgen zu erwarten ist, werden zugunsten<br />
der Kaufleute auf jede Geschäftsbesorgung oder<br />
sonstige Dienste <strong>in</strong> ihrem Gewerbe erweitert.<br />
Durch e<strong>in</strong>en Kontokorrent (laufende Rechnung)<br />
werden mehrere gegenseitige Ansprüche auf e<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>zige Forderung reduziert (z.B. Bank-Kontokorrent,<br />
Giro).<br />
Handelsgeschäfte können auch zustande kommen<br />
durch Schweigen auf e<strong>in</strong> kaufmännisches<br />
Bestätigungsschreiben oder durch Schweigen auf e<strong>in</strong><br />
Angebot zur Geschäftsbesorgung.<br />
Erweiterter Schutz des guten Glaubens an die<br />
Verfügungsbefugnis des Kaufmanns.<br />
Unter Kaufleuten gilt e<strong>in</strong> erweiterter Anspruch und<br />
Gegenanspruch müssen im Gegensatz zu § 273 BGB<br />
nicht denselben Rechtsgrund (Konnexität) haben.<br />
22
Deutschland<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz ist unmittelbar im BGB, z.B. <strong>in</strong> den §§ 312ff. geregelt. Verbraucher<br />
werden im deutschen Recht besonders geschützt. Dies gilt bei den Allgeme<strong>in</strong>en<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen (AGB), bei den Haustürgeschäften, Fernabsatzverträge,<br />
Verbrauchsgüterkäufen, Darlehensverträge etc. Sie haben besondere Widerrufs- und<br />
Rückgaberechte (§§ 355, 356 BGB). Zu ihren Gunsten gelten andere Beweisgrundsätze bei<br />
Mängeln e<strong>in</strong>er Sache, die strengen Vorschriften des Handelsrechts gelten nicht etc.<br />
Nachteilige Abweichungen von den Regelungen des Verbraucherschutzes s<strong>in</strong>d grundsätzlich<br />
unwirksam (§ 475 BGB). Für den Verkäufer e<strong>in</strong>er mangelhaften Sache hält das deutsche<br />
Recht die Möglichkeit e<strong>in</strong>es Rückgriffes gegen den Lieferanten bereit (§ 478 BGB).<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Der Verkäufer hat dem Käufer nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB die Sache frei von Sach- und<br />
Rechtsmängeln zu verschaffen. Verstößt er gegen diese Pflicht, dann greifen mit der<br />
Übergabe der Sache die §§ 434ff. BGB e<strong>in</strong>, welche die Rechtsfolgen regeln, denn die<br />
Lieferung e<strong>in</strong>er mangelhaften Sache ist nach deutschem Recht e<strong>in</strong>e Pflichtverletzung. Diese<br />
Pflichtverletzung gibt dem Käufer das Recht Nacherfüllung zu verlangen (Reparatur oder<br />
Neulieferung), vom Vertrag zurückzutreten, den Kaufpreis zu m<strong>in</strong>dern oder Schadensersatz<br />
bzw. Ersatz vergeblicher Aufwendungen zu verlangen. Dabei ist e<strong>in</strong>e Reihenfolge zu<br />
beachten, wobei das Recht auf Nacherfüllung allen anderen Rechten vorrangig ist. Erst wenn<br />
diese scheitert, können die anderen Rechte geltend gemacht werden.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Das deutsche Recht sieht vielfältige gesetzliche Möglichkeiten zur Kreditsicherung vor, die<br />
vornehmlich im BGB geregelt s<strong>in</strong>d. Dabei wird unterschieden zwischen persönlichen<br />
Sicherungsmitteln und Sicherungsformen an beweglichen und unbeweglichen Gegenständen.<br />
Zu den Sicherheiten gehören u.a. die persönlichen wie Bürgschaft, Garantie und Schuldbeitritt<br />
sowie die Realsicherheiten an Grundstücken, die Hypothek und die Grundschuld. Daneben<br />
gibt es Realsicherheiten an beweglichen Sachen und Rechten als Pfandrecht,<br />
Sicherungsübereignung, e<strong>in</strong>facher und verlängerter Eigentumsvorbehalt, Sicherungsabtretung<br />
sowie e<strong>in</strong>e Vielzahl von Mischformen. Bei all diesen Sicherungsformen gilt es vielfältige<br />
Besonderheiten des deutschen Rechts zu beachten, das u.a. vom sog. Abstraktionspr<strong>in</strong>zip<br />
bestimmt wird. Dabei wird der Eigentumsübergang von der vertraglichen Grundlage gelöst<br />
betrachtet, sodass auch auf e<strong>in</strong>er unwirksamen vertraglichen Grundlage Eigentum wirksam<br />
erworben und übertragen werden kann. Insbesondere die Möglichkeit des gutgläubigen<br />
Erwerbs nach § 932ff.<br />
23
Deutschland<br />
BGB auch von e<strong>in</strong>em Nichtberechtigten birgt für die Sicherungsgläubiger erhebliche Risiken,<br />
da die Berechtigung an den tatsächlichen Besitz anknüpft. Hat also jemand e<strong>in</strong>e Sache im<br />
Besitz, so gilt nach § 1006 BGB e<strong>in</strong>e gesetzliche Vermutung dafür, dass er auch<br />
verfügungsberechtigt ist.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Der deutsche Gesetzgeber hat zum Schutze des Verbrauchers und des kaufmännischen<br />
Geschäftverkehrs gesetzliche Regelungen erlassen, die e<strong>in</strong>e wirksame E<strong>in</strong>beziehung von<br />
Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen (AGB) <strong>in</strong> Verträge regeln, sowie Klauselverbote<br />
aussprechen, falls der Verwender die vertragliche Gestaltungsfreiheit e<strong>in</strong>seitig zu Lasten der<br />
anderen Vertragspartei auslegt. AGB f<strong>in</strong>den im deutschen Recht weitgehende Verwendung<br />
und schaffen faktisch e<strong>in</strong>e eigene Privatrechtsordnung.<br />
Der Begriff der AGB und die Voraussetzungen unter denen sie wirksam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Vertrag<br />
e<strong>in</strong>bezogen werden können, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> § 305 BGB niedergelegt. Um AGB handelt es sich, wenn<br />
die gewählten Klauseln für e<strong>in</strong>e Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden s<strong>in</strong>d und der<br />
Verwender diese bei Vertragsabschluss der anderen Vertragspartei stellt.<br />
AGB liegen nicht vor, soweit die Vertragsbed<strong>in</strong>gungen zwischen den Vertragsparteien<br />
im e<strong>in</strong>zelnen ausgehandelt s<strong>in</strong>d.<br />
Nach § 305 Abs. 2 BGB wird vorausgesetzt, dass der Verwender:<br />
1. die andere Vertragspartei ausdrücklich (z.B. deutlich sichtbaren Aushang am Ort des<br />
Vertragsabschlusses) auf sie h<strong>in</strong>weist<br />
2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit der Kenntnisnahme verschafft<br />
3. die andere Vertragspartei mit der Geltung der AGB e<strong>in</strong>verstanden ist.<br />
§ 305 b BGB bestimmt, dass <strong>in</strong>dividuelle Vertragsabreden immer Vorrang vor AGB haben.<br />
Überraschende und mehrdeutige Klauseln gehen nach § 305 c BGB zu Lasten des<br />
Verwenders. Werden AGB ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil, bleibt der Vertrag<br />
im übrigen wirksam. Die unwirksam gewordenen Bestimmungen richten sich nach den<br />
gesetzlichen Bestimmungen. Der Vertrag ist nur dann <strong>in</strong>sgesamt unwirksam, wenn das<br />
Festhalten an ihm für e<strong>in</strong>e Vertragspartei e<strong>in</strong>e unzumutbare Härte darstellen würde, § 306<br />
BGB.<br />
24
Deutschland<br />
Mit Hilfe des § 307 BGB kann die Inhaltskontrolle und damit die Wirksamkeit der AGB<br />
überprüft werden. § 307 BGB bestimmt somit, dass AGB unwirksam s<strong>in</strong>d, wenn sie die<br />
Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen<br />
benachteiligen.<br />
§ 308 BGB beschreibt Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, d.h. mit unbestimmten<br />
Rechtsbegriffen (z.B. unangemessen lange). Hier kommt es auf den E<strong>in</strong>zelfall an, ob e<strong>in</strong>e<br />
Klausel als zulässig angesehen wird oder nicht.<br />
Schließlich ordnet § 309 BGB die Unwirksamkeit e<strong>in</strong>er Reihe von Klauseln ohne<br />
Wertungsmöglichkeit an, die nach Auffassung des Gesetzgebers stets zu e<strong>in</strong>er<br />
unangemessenen Benachteiligung des Verbrauchers führen. Werden solche „verbotenen“<br />
Klauseln verwendet, so ordnet § 309 BGB deren Unwirksamkeit an. An deren Stelle tritt dann<br />
die gesetzliche Regelung.<br />
Den Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB legt § 310 BGB fest, wobei nach Abs. 4 die<br />
Bestimmungen auf Verträge aus dem Arbeits-, Erb-, Familien- und Gesellschaftsrecht ke<strong>in</strong>e<br />
Anwendung f<strong>in</strong>den.<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Im deutschen Recht kann das Eigentum an e<strong>in</strong>em Grundstück nur aufgrund e<strong>in</strong>es notariellen<br />
Vertrages übertragen werden. Das neue Eigentum entsteht durch E<strong>in</strong>igung (Auflassung) und<br />
Übergabe (E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong>s Grundbuch). Die sog. Auflassung bei Grundstückserwerb erfordert<br />
die gleichzeitige Anwesenheit und ihre Erklärung vor e<strong>in</strong>em Notar (§§ 925, 873 BGB).<br />
Wirksam wird der Eigentumsübergang mit der E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Grundbuch, das bei dem<br />
Amtsgericht geführt wird und <strong>in</strong> das jeder Bürger E<strong>in</strong>blick nehmen kann, wenn er daran e<strong>in</strong><br />
rechtliches Interesse hat.<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Das deutsche Insolvenzverfahren ist gestaltet als e<strong>in</strong> gläubigerautonomes Verfahren unter<br />
staatlicher Aufsicht und geregelt <strong>in</strong> der Insolvenzordnung (InsO) sowie e<strong>in</strong>er Vielzahl anderer<br />
gesetzlicher Regelungen. Die Durchführung e<strong>in</strong>es Insolvenzverfahrens obliegt e<strong>in</strong>em<br />
unabhängigen Insolvenzverwalter, der vom Insolvenzgericht e<strong>in</strong>gesetzt wird. Jeder Gläubiger<br />
e<strong>in</strong>es Schuldners kann gegen diesen e<strong>in</strong> Insolvenzverfahren e<strong>in</strong>leiten, wenn er e<strong>in</strong>en fälligen<br />
Vermögensanspruch hat und glaubhaft macht, dass der Schuldner zahlungsunfähig oder (bei<br />
Kapitalgesellschaften) überschuldet ist (§ 14 InsO). Im Verfahren selbst bestimmt die<br />
Gläubigerversammlung über die Art und Weise der Verwertung des Schuldnervermögens (§§<br />
67ff. InsO). Dazu kann gehören die Liquidation, die Fortführung, die Sanierung oder auch die<br />
Übertragung auf e<strong>in</strong>en neuen Vermögensträger.<br />
25
Deutschland<br />
Über die Art und Weise der Verwertung entscheiden die Gläubiger mit Stimmenmehrheit,<br />
wobei die Höhe der Forderung das Stimmrecht bestimmt. Auch die gesicherten Gläubiger<br />
haben bei dieser Entscheidung volles Stimmrecht. Entscheidungen der<br />
Gläubigerversammlung können <strong>in</strong> beschränktem Umfang gerichtlich überprüft werden, wenn<br />
dies von e<strong>in</strong>em Gläubiger beantragt wird (§ 78 InsO). Bei allen anderen wichtigen<br />
Entscheidungen haben die Gläubiger e<strong>in</strong> gesetzlich bestimmtes Mitwirkungsrecht (§ 160<br />
InsO). Sie haben auch das Recht e<strong>in</strong>en Gläubigerausschuss e<strong>in</strong>zusetzen, der die<br />
Geschäftsführung des Insolvenzverwalters überwacht, können aber daneben auch jederzeit<br />
e<strong>in</strong>e eigene Information oder Unterrichtung verlangen.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Seit dem Jahre 2004 gilt <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> neues Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb<br />
(UWG), das dem Schutz der Verbraucher<strong>in</strong>nen und Verbraucher, aber auch der sonstigen<br />
Marktteilnehmer vor unlauterem Wettbewerb dient. Damit wird zugleich das Interesse der<br />
Allgeme<strong>in</strong>heit an e<strong>in</strong>em „sauberen“ Wettbewerb geschützt. Das Gesetz def<strong>in</strong>iert <strong>in</strong> § 4<br />
Beispiele für unlauteren Wettbewerb, zu dem nach §§ 5ff. UWG auch die irreführende und<br />
die vergleichende Werbung sowie sog. unzumutbare Belästigungen gehören. E<strong>in</strong>e solche<br />
unzumutbare Belästigung wird z.B. bei e<strong>in</strong>er Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern<br />
ebenso gesehen wie bei Werbung mit elektronischer Post, ohne dass e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>willigung des<br />
Empfängers vorliegt. Wer den Regelungen des UWG zuwider handelt kann auf Unterlassung,<br />
Schadensersatz sowie Gew<strong>in</strong>nabschöpfung <strong>in</strong> Anspruch genommen werden.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
Das UN-Kaufrecht (CISG) gilt seit dem 1.1.1991 auch <strong>in</strong> Deutschland. Es regelt die<br />
Rechtsfolgen bei grenzüberschreitenden Kauf- und Werklieferungsverträgen, wenn die<br />
Parteien ke<strong>in</strong>e anderen Vere<strong>in</strong>barungen getroffen haben. Nach §§ 29, 29a EGBGB s<strong>in</strong>d<br />
deutsche Verbraucher davor geschützt, dass Verträge ausländischem Recht unterstellt und<br />
damit dem Verbraucherschutz entzogen werden.<br />
26
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
England<br />
In unserer Bearbeitung haben wir auch auf Erklärungen und Geschichtliches zurückgegriffen,<br />
denn die Besonderheit des englischen Rechtes besteht im sogenannten case law. Im Vordergrund<br />
stehen die orig<strong>in</strong>ären englischen Rechtsquellen: Gesetze und vor allem Entscheidungen<br />
der Richter. Der neueste Fall gibt stets das Recht wieder. Er ist grundsätzlich nie falsch und<br />
<strong>in</strong>terpretiert ältere Fälle und Gesetze authentisch. Der Weg zum englischen Recht führt also<br />
über Fälle.<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen und wenn ja, welche?<br />
Im englischen Recht wird zunächst zwischen zwei Arten von Verträgen unterschieden:<br />
sogenannte „Unter Siegel“ (under seal / specialty) und e<strong>in</strong>fache Verträge (simple contracts).<br />
Verträge mit Siegel haben meist die Form e<strong>in</strong>es deed, was hier soviel bedeutet wie Urkunde.<br />
Der deed erfolgt schriftlich, ohne Gegenleistung. Es handelt sich hier um e<strong>in</strong>e Eigenart des<br />
englischen Rechts ohne Entsprechung <strong>in</strong> Rechtssystemen anderer Länder. Darüber h<strong>in</strong>aus ist<br />
die notarielle oder gerichtliche Beglaubigung <strong>in</strong> England fremd. E<strong>in</strong> deed muss unterschrieben,<br />
mit Siegel versehen se<strong>in</strong> und übergeben werden (signed, sealed and delivered). Das<br />
Siegel wird heutzutage nicht mehr physisch angebracht; es erfolgt der - unterschriebene -<br />
Aufdruck „L.S“ (locus sigilli). Wann von e<strong>in</strong>em deed gesprochen werden kann, ist seit dem<br />
31. Juli 1990 <strong>in</strong> section 1 (2), (3) Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act 1989<br />
geregelt.<br />
In Großbritannien besteht grundsätzlich Formfreiheit, daher s<strong>in</strong>d die große Mehrzahl im<br />
Handelsverkehr sogenannte simple contracts, die auch mündlich abgeschlossen werden<br />
können, jedoch e<strong>in</strong>e Gegenleistung bieten müssen. Nur wenige e<strong>in</strong>fache Verträge müssen<br />
schriftlich abgefasst se<strong>in</strong>. Dies gilt z.B. für<br />
Verbraucherkreditverträge (Section 43 ff Consumer Credit Act 1974)<br />
Seeversicherungsverträge (Section 22 Mar<strong>in</strong>e Insurance Act 1906)<br />
Sicherungsübereignungsverträge (vgl. Bills of Sale 1878, Amendment Act 1882)<br />
Zahlungsversprechen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wechsel (Section 3, 17 Bills of Exchange Act 1882)<br />
Nach common law ist e<strong>in</strong> Vertrag under seal notwendig, um e<strong>in</strong> Versprechen ohne<br />
Gegenleistung wirksam zu machen.<br />
Zum Abschluss e<strong>in</strong>es Vertrages ist auch <strong>in</strong> Großbritannien Volljährigkeit erforderlich,<br />
allerd<strong>in</strong>gs können auch M<strong>in</strong>derjährige durch Verträge verpflichtet werden, wenn es um<br />
necessities – für den M<strong>in</strong>derjährigen notwendige D<strong>in</strong>ge – geht.<br />
27
England<br />
Dem besonderen Gegenstand der Geisteskrankheit wird nach britischem Recht nicht so viel<br />
Bedeutung beigemessen wie nach deutschem BGB.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Handelsrecht ist zu e<strong>in</strong>em großen Teil Vertragsrecht. Für die Kaufleute gilt <strong>in</strong> Großbritannien<br />
grundsätzlich das allgeme<strong>in</strong>e Vertragsrecht law of contract. Kaufmännische Sonderrechte<br />
f<strong>in</strong>den sich nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen, sodass nicht auf e<strong>in</strong> eigenständiges Handelsvertragsrecht<br />
geschlossen werden kann. Im kaufmännischen Bereich wird davon ausgegangen, dass die beiden<br />
Parteien e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>barung rechtlichen B<strong>in</strong>dungswillen haben (the <strong>in</strong>tention to create a<br />
legal relationship).<br />
Englische Kaufleute sehen häufig davon ab, ihre vertraglichen Beziehungen schriftlich zu<br />
fixieren. Bezüglich mündlicher Abreden diskrim<strong>in</strong>iert englisches Recht die betreffenden Parteien<br />
nicht. Kommt es zu schriftlichen Ausarbeitungen, werden diese selten von den Kauf-<br />
leuten selbst erstellt; sie bedienen sich dazu eher e<strong>in</strong>es Juristen. Merkmal englischer Verträge<br />
ist deren Genauigkeit und Präzisierung, andererseits s<strong>in</strong>d sie erheblich länger und umständlich<br />
als solche fremder Nationen. Dies resultiert daraus, dass versucht wird, so viele E<strong>in</strong>zelheiten<br />
wie möglich ausdrücklich zu regeln. (vgl. The Encyclopedia of Forms and Precedents, 42<br />
ständig aktualisierte Bände für das englische Zivilrecht)<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Gesetzgeber hat das im Wettbewerbsrecht lückenhafte common law durch e<strong>in</strong>zelne<br />
Vorschriften ergänzt. So hält der Trade Descriptions Act 1968 strafrechtliche Sanktionen<br />
bereit, wenn im Geschäftsverkehr Waren falsch beschriftet oder bezeichnet wurden. Zivilrechtliche<br />
Ansprüche können auf dieses Gesetz nicht gestützt werden. Als Warenkennzeichnung<br />
werden beispielsweise Angaben über Menge, Größe, Gewicht, Material, Herstellungsverfahren,<br />
Eigenschaften, Prüfungen angesehen. Jedoch fallen auch falsche oder irreführende<br />
Preisangaben und sogar Täuschungen über vom Königshaus verliehene Auszeichnungen<br />
darunter. Ebenso ist die E<strong>in</strong>fuhr von Gütern mit falscher Ursprungsbezeichnung oder Verletzung<br />
von Warenzeichen verboten. E<strong>in</strong> Gesetz aus dem Jahre 1972 fordert darüber h<strong>in</strong>aus,<br />
dass das ausländische Herkunftsland auf importierten Waren deutlich ersichtlich se<strong>in</strong> muss.<br />
Der Weights and Measures Act 1985 – Nachfolger der Gesetze aus 1963 und 1976 –<br />
ermächtigt das Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium, Vorschriften über die Abgabe von Maßen und<br />
Gewichten zu erlassen. Auch Ladenschlusszeiten s<strong>in</strong>d gesetzlich geregelt.<br />
28
England<br />
Mithilfe des Fair Trad<strong>in</strong>g Act 1973 wollte der Gesetzgeber gegen unlautere Wettbewerbshandlungen<br />
– unfair or fraudulent trad<strong>in</strong>g – vorgehen und hatte dabei vor allem den<br />
Verbraucherschutz zur Maxime. Hierzu werden drei Verfahren unterschieden: zum e<strong>in</strong>en<br />
kann der M<strong>in</strong>ister oder Director General of Fair Trad<strong>in</strong>g dem Consumer Protection<br />
Advisory Commitee (Beratender Ausschuss für Fragen des Verbraucherschutzes) bestimmte<br />
Verhaltensweisen gegenüber Verbrauchern darlegen.<br />
Dies bezieht sich auf Fälle im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren oder dem<br />
Angebot von gewerblichen Leistungen, die sich auf Preise und Vertragsbed<strong>in</strong>gungen,<br />
Werbung, Verkaufsförderung, Verpackung, Zahlung, Inkasso und Sicherung der<br />
Kaufpreisforderung beziehen. Mit der Vorlage kann der M<strong>in</strong>ister oder Director General<br />
eigene Empfehlungen aussprechen; dann entscheidet das Gremium, ob das dargelegte<br />
Verhalten wirtschaftlich die Interessen des Verbrauchers bee<strong>in</strong>trächtigt. – Ist dies der Fall,<br />
kann der Secretary of State durch Rechtsverordnung die Handelsgepflogenheiten verbieten<br />
oder e<strong>in</strong>schränken. Dazu ist die Zustimmung des Unter- und Oberhauses notwendig.<br />
Außerdem hat der Director General die Möglichkeit, e<strong>in</strong>en Be-richt des Ausschusses für<br />
Fragen des Verbraucherschutzes zu beantragen. Das Gesetz gibt ihm zudem e<strong>in</strong> Verfahren an<br />
die Hand, um gegen unlautere Praktiken vorzugehen. So kann er vor dem Restrictive Trade<br />
Practices Court oder dem Country Court Verfahren gegen Personen anstrengen, die durch<br />
ihr – unfaires -Geschäftsverhalten wirtschaftliche Interessen oder gar die Gesundheit von<br />
Verbrauchern oder anderen Verbrauchs<strong>in</strong>teressenten bee<strong>in</strong>-trächtigen. - Wenn also<br />
strafrechtliche Vorschriften, vertragliche oder andere Verpflichtungen verletzt wurden und<br />
der Verursacher sich weigert, e<strong>in</strong>e Unterlassungserklärung abzugeben. Wer gegen e<strong>in</strong>e solche<br />
gerichtliche Verfügung verstößt, macht sich strafbar (contempt of court) und kann mit<br />
Geldstrafe oder Freiheitsentzug bestraft werden.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestattet?<br />
Qualität:<br />
Auch nach englischem Recht ist der Verkäufer zur Lieferung mangelfreier Ware verpflichtet.<br />
Ursprünglich beruhte das Recht <strong>in</strong> England auf dem Gedanken des caveat emptor. Demnach<br />
standen dem Käufer Gewährleistungsansprüche nur im Falle vertraglicher Vorsorge zu. Dem<br />
hatte bereits 1893 der Sale of Goods Act e<strong>in</strong> Ende bereitet, nach dem zuvor das common law<br />
<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfragen Abhilfe geschaffen hatte. Durch den Sale of Goods Act 1979 wurde die<br />
Rechtstellung des Käufers weiter verbessert und damit die alte Maxime caveat emptor<br />
endgültig durch die neue caveat venditor ersetzt.<br />
29
England<br />
Quantität:<br />
Der Verkäufer ist durch den Sale of Goods Act 1979 verpflichtet, die vertraglich festgesetzte<br />
Menge zu liefern. Mit Ausnahme der „de-m<strong>in</strong>imis-Regel“ stellt jede noch so ger<strong>in</strong>ge Mengenabweichung<br />
e<strong>in</strong>e wesentliche Vertragsverletzung dar. Diese berechtigt den Käufer, die gesamte<br />
Lieferung zurückzuweisen; (section 30). Nimmt der Käufer e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>der- oder Mehrlieferung<br />
an, so zahlt er e<strong>in</strong>en entsprechend angepassten Kaufpreis. E<strong>in</strong>e Mengenabweichung gilt<br />
nur dann als unerheblich, wenn sie bei höchstens 1 % liegt.-Weitere E<strong>in</strong>schränkungen im<br />
Kaufrecht können sich aus Handelsbräuchen, besonderen Vere<strong>in</strong>barungen oder den<br />
Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien ergeben.<br />
Beim Kauf nach Beschreibung (sale by description) hat der Verkäufer e<strong>in</strong> weitreichendes<br />
Pflichtprogramm. Dem Ursprung nach handelte es sich um Ware, die der Käufer nicht persönlich<br />
<strong>in</strong> Augensche<strong>in</strong> genommen hatte; etwa bei e<strong>in</strong>er Katalogbestellung. Später wurde<br />
jedoch auch der Kauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Warenhaus oder Supermarkt als sale by description def<strong>in</strong>iert.<br />
Nach dem heutigen Verständnis gilt jeder Kauf e<strong>in</strong>er Gattungssache als Kauf nach Beschreibung.<br />
Nur wenn der Käufer e<strong>in</strong>en bestimmten <strong>in</strong>dividuellen Gegenstand zu erwerben gedenkt,<br />
fehlt es an diesen Voraussetzungen. Daran wird deutlich, dass der sale of description beispielsweise<br />
nicht mit der Zusicherung von Eigenschaften nach § 459, 2 BGB der Bundesrepublik<br />
Deutschland verglichen werden kann. E<strong>in</strong>e Ware wird bereits als fehlerhaft deklariert,<br />
wenn sie nicht mit der Beschreibung übere<strong>in</strong>stimmt; daraus ergibt sich e<strong>in</strong>e sehr strikte<br />
Haftung für den Verkäufer, da es rasch zu Abweichungen kommen kann und die Vorschriften<br />
sowohl für den Handel als auch unter Privatleuten gelten. Haben Waren e<strong>in</strong>en bestimmten<br />
Handelsnamen, ist dies der Qualitätsmaßstab, auch wenn die wörtliche Bedeutung e<strong>in</strong>e andere<br />
ist. Die Haftung des Verkäufers entfällt auch dann nicht, wenn der Käufer den Mangel kennt.<br />
Handelsübliche Qualität:<br />
Im Zentrum der Gewährleistungsregelung steht section 14 Sale of Goods Act 1979. Die Vorschrift<br />
betreffend die handelsübliche Ware (merchantible quality) gilt für Verkäufe, die der<br />
Verkäufer im Rahmen se<strong>in</strong>es Geschäftsbetriebes tätigt. Section 14 setzt den Standard für Neuware<br />
ebenso wie für den gewerblichen Verkauf von Gebrauchsgütern (auch KFZ).<br />
30
England<br />
Kauf nach Muster:<br />
Besondere Gewährleistungsregeln gelten beim kauf nach Muster (sale by sample), Gemäß<br />
section 15 (1) Sale of Goods Act 1979 liegt e<strong>in</strong> solcher sale by sample vor, wenn dies<br />
vertraglich fixiert wurde. Dies versteht sich dah<strong>in</strong>gehend, dass e<strong>in</strong> Kauf nach Muster nicht <strong>in</strong><br />
jedem Fall gegeben ist, wenn dem Käufer e<strong>in</strong> Vergleichsstück präsentiert wurde. Vielmehr<br />
müssen sich die Parteien darüber e<strong>in</strong>ig gewesen se<strong>in</strong>, dass die zu liefernde Ware diesem<br />
Muster entsprechen soll. Andernfalls würde es sich um e<strong>in</strong>en Kauf nach Beschreibung (sale<br />
by description) handeln.<br />
Haftungsausschluss:<br />
Der Verkäufer hat die Möglichkeit, se<strong>in</strong>e Haftung – auch durch AGB – auszuschließen.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d die Ausschlussklauseln (non-consumer sales) nur dann wirksam, wenn sie<br />
angemessen s<strong>in</strong>d und bei Kaufverträgen mit Verbrauchern grundsätzlich nicht b<strong>in</strong>dend,<br />
sondern nur bei Beziehungen zwischen Kaufleuten.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Unter e<strong>in</strong>em pledge oder pawn ist die Überlassung des Besitzes an e<strong>in</strong>em Gegenstand zur<br />
Sicherung e<strong>in</strong>er Forderung zu verstehen; er ist die älteste Sicherheit der Rechtsordnung und<br />
entspricht <strong>in</strong> Konstruktion und Funktion dem deutschen Faustpfand. vgl. Bills of Sale Act<br />
1878, 1882 für Sicherungsübereignungen. Von e<strong>in</strong>er mortage unterscheidet sich e<strong>in</strong> pledge <strong>in</strong><br />
zweierlei H<strong>in</strong>sicht: zum e<strong>in</strong>en f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Eigentumsübertragung nicht statt, zum anderen wird<br />
dem Sicherungsnehmer zw<strong>in</strong>gend Besitz e<strong>in</strong>geräumt. E<strong>in</strong> pledge kann nur an solchen Gegenständen<br />
bestellt werden, die überhaupt die Voraussetzungen e<strong>in</strong>er Besitzübertragung erfüllen.<br />
Es handelt sich meist um bewegliche Gegenstände (personal chattels) und umlauffähige<br />
Wertpapiere (negotiable <strong>in</strong>struments), also etwa Wechsel, Inhaberaktien, Inhaberschuldverschreibungen<br />
oder bestimmte Arten von Versicherungspolicen. Obwohl theoretisch<br />
möglich, gibt es heutzutage ke<strong>in</strong>e pledges mehr an Grundstücken.<br />
Eigentumsvorbehalt:<br />
Die wichtigste Regelung über den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs ist der Eigentumsvorbehalt<br />
des Verkäufers. Das Gesetz spricht von reservation of right of disposal; gebräuchlich<br />
s<strong>in</strong>d außerdem reservation of title und reservation of ownership. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>schlägige<br />
Gerichtsentscheidung zum Eigentumsvorbehalt gab es <strong>in</strong> England erst im Jahre 1976. Dem<br />
Namen dieser Entscheidung zufolge werden Regelungen zu dem Themengebiet auch <strong>in</strong><br />
jüngster Zeit noch als Romalpha2-Klausel bezeichnet („bis zur vollständigen Bezahlung<br />
bleibt die Ware Eigentum des Verkäufers.“) Es ist anerkannt, dass der Verkäufer den Eigentumsübergang<br />
auch von der Bezahlung aller Schulden abhängig machen kann.<br />
31
England<br />
Section 19 Sale of Goods Act 1979 erkennt mit dem Warenkaufgesetz den<br />
Eigentumsvorbehalt aus-drücklich an. Demnach kann der Verkäufer den Verkauf e<strong>in</strong>er<br />
Spezialsache als auch e<strong>in</strong>er Gattungssache den Übergang des Eigentums von der Erfüllung<br />
bestimmter Bed<strong>in</strong>gungen abhängig machen. Weder die Übergabe an den Käufer noch an e<strong>in</strong>e<br />
Transportperson oder e<strong>in</strong>en Treuhänder führen dann den Wechsel der Rechts<strong>in</strong>haberschaft<br />
herbei. Der Zeitpunkt des Übergangs sollte vertraglich festgelegt se<strong>in</strong>. Enthält dieser ke<strong>in</strong>e<br />
ausdrückliche Be-stimmung, wechselt nach section 18 Rule 1 Sale of Goods Act 1979 das<br />
Eigentum schon mit dem Abschluss des Kaufvertrages. E<strong>in</strong> Eigentumsvorbehalt muss also bei<br />
Vertragsabschluss ausdrücklich zwischen den Parteien vere<strong>in</strong>bart werden.<br />
Bürgschaft:<br />
E<strong>in</strong> Bürgschaftsvertrag (contract of suretyship oder contract of gurantee) ist auch <strong>in</strong><br />
Großbritannien wichtiges obligatorisches Sicherungsmittel, <strong>in</strong>sbesondere von Banken.<br />
Export Credit Gurantees:<br />
Kreditversicherungen werden von e<strong>in</strong>er privaten Versicherungsgesellschaft vergeben;<br />
heutzutage von der NCM Credit Insurance Ltd.. Es handelt sich hier um die im Vere<strong>in</strong>igten<br />
Königreich tätige Tochtergesellschaft e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternational operierenden Versicherers.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Zunehmend gew<strong>in</strong>nen AGB auch <strong>in</strong> England an Bedeutung. Die englischen Kaufleute versuchen,<br />
das allgeme<strong>in</strong>e Vertragsrecht zu ihren Gunsten zu bee<strong>in</strong>flussen. Hierfür besteht <strong>in</strong><br />
England mehr Anlass als auf dem europäischen Kont<strong>in</strong>ent, da englisches Vertragsrecht <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er Haftung grundsätzlich verschuldungsunabhängig ist. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d Bed<strong>in</strong>gungen<br />
solcherart (standard form contracts, general terms and conditions, früher auch contracts<br />
of adhesion genannt), nicht <strong>in</strong> jeder Branche üblich. So haben zum Beispiel englische Banken<br />
ke<strong>in</strong>e vorformulierten Bankbed<strong>in</strong>gungen für ihre Kunden, woh<strong>in</strong>gegen die AGB <strong>in</strong> der Baubranche<br />
seit eh und je e<strong>in</strong>e wichtige Rolle spielen. Fast immer werden dort die vom Jo<strong>in</strong>t<br />
Contracts Tribunal erarbeiteten Standard Forms of Build<strong>in</strong>g Contract vere<strong>in</strong>bart, die <strong>in</strong><br />
ihrer Bedeutung an die deutsche VOB heranreichen. Die englischen AGB be<strong>in</strong>halten – wie<br />
allgeme<strong>in</strong> üblich – ebenfalls die drei Fragen nach E<strong>in</strong>beziehung, Auslegung und Inhaltskontrolle.<br />
Die Gerichte bevorzugen frei ausgehandelte Vertragsbed<strong>in</strong>gungen und versuchen<br />
deshalb, die Geltung e<strong>in</strong>es aufgestellten Vertragswerkes e<strong>in</strong>zuschränken. Bisher konzentrierte<br />
sich deren Aufmerksamkeit auf die E<strong>in</strong>beziehung (<strong>in</strong>corporation) und Auslegung (construction).<br />
Dagegen beabsichtigt der Gesetzgeber mit se<strong>in</strong>em Unfair Contract Terms Act<br />
1977, gültig seit Februar 1978, e<strong>in</strong>e Betonung der Inhaltskontrolle.<br />
32
England<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Grundstücksverträge s<strong>in</strong>d nur dann gültig, wenn sie schriftlich abgefasst wurden und die Urkunde<br />
den gesamten Vertrags<strong>in</strong>halt, auf den sich die Parteien verständigt haben, enthält. Section<br />
2 Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act 1989. Nach common law ist e<strong>in</strong><br />
Vertrag under seal zur d<strong>in</strong>glichen Übertragung des Eigentums an Grundstücken erforderlich.<br />
Section 52, 54 Law of Property Act 1925. Es gibt ke<strong>in</strong> Grundbuch <strong>in</strong> England. Der Besitzer<br />
erhält lediglich e<strong>in</strong>e Urkunde, <strong>in</strong> der Eigentümer, ggf. Darlehensgeber und die Rechte Dritter<br />
(Wegerecht) e<strong>in</strong>getragen s<strong>in</strong>d. Registrierung der Urkunden erfolgt im HM Land Registery.<br />
Der Begriff mortage wird fälschlicherweise häufig mit der deutschen “Hypothek”<br />
gleichgesetzt. Denn anders als e<strong>in</strong>e Hypothek kann e<strong>in</strong>e mortage (=gesichertes Darlehen)<br />
auch an bewegliche Sachen (chattells) bestellt werden.<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
1. Stellung: Insolvenzverwalter<br />
2. Stellung: F<strong>in</strong>anzamt (Mehrwertsteuer – Körperschaftssteuer – Lohnsteuer)<br />
3. Stellung: Gesicherte Darlehen (Bank)<br />
4. Stellung: Arbeitnehmer<br />
5. Stellung: normale Verb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />
6. Stellung: vorrangige Anteile<br />
7. Stellung: normale Anteile<br />
Insolvenz Act 1986<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Hier kann nur von Wettbewerbsregeln gesprochen werden. Enthalten s<strong>in</strong>d diese <strong>in</strong><br />
verschiedenen Gerichtsurteilen. Das common law stand Wettbewerbsbeschränkungen<br />
grundsätzlich fe<strong>in</strong>dlich gegenüber. Die doctr<strong>in</strong>e of restra<strong>in</strong>t and trade existiert seit dem<br />
Mittelalter und besagt, dass unangemessenen Beschränkungen der wirtschaftlichen<br />
Betätigungsfreiheit (Arbeitsmarkt und Handel) unwirksam s<strong>in</strong>d.<br />
Nach dem zweiten Weltkrieg überließ der englische Gesetzgeber die Regelung der<br />
Wettbewerbsordnung nicht mehr dem Richterrecht, sonder bee<strong>in</strong>flusste durch die<br />
Verstaatlichung der Kohlen- und Stahlproduktion und Festlegung von Höchstpreisen<br />
(National Board for Prices and Income) die nationale Wettbewerbsstruktur. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
existiert e<strong>in</strong>e anti-trust Gesetzgebung, die <strong>in</strong> folgenden Gesetzen niedergelegt ist: Restrictive<br />
Trade Practices Acts 1976 und 77, Resale Prices Act 1976, Fair Trad<strong>in</strong>g Act 1973 und der<br />
Competition Act 1980. Diese Gesetze folgen weder amerikanischen noch kont<strong>in</strong>entaleuropäischem<br />
Vorbild und lassen sich <strong>in</strong> zwei Kategorien e<strong>in</strong>teilen:<br />
33
England<br />
Restrictive Trade Practices Acts 1976 und 77 und Resale Prices Act 1976 befassen sich<br />
mit bestimmten Arten von Geschäftspraktiken, die generell als wettbewerbswidrig angesehen<br />
werden (forms legislation). Fair Trad<strong>in</strong>g Act 1973 und Competition Act 1980 beziehen<br />
sich dagegen auf bestimmte wettbewerbswidrige Auswirkungen von Geschäftspraktiken<br />
(effects legislation). Hervorzuheben ist, dass der Fair Trad<strong>in</strong>g Act 1973 das<br />
Verbraucher<strong>in</strong>teresse betont, obschon er nach dem zweiten Weltkrieg vor allem die<br />
Leistungsfähigkeit der englischen Industrie fördern sollte. Ausführliche gesetzliche<br />
Vorschriften f<strong>in</strong>den sich über wettbewerbsbeschränkende Vere<strong>in</strong>barungen (restrictive<br />
trad<strong>in</strong>g agreements), vertikale Preisb<strong>in</strong>dung (resale price ma<strong>in</strong>tenance), Marktbeherrschung<br />
(monoply situations) und Unternehmenszusammenschlüsse (merger situations).<br />
Nach dem Beitritt Großbritanniens zur EG ist neben dem nationalen auch das europäische<br />
Kartellrecht zu beachten. Verfahren können gleichzeitig vor den nationalen Kartellbehörden<br />
und der EU-Kommission laufen. Im Falle e<strong>in</strong>es Widerspruches hat das Geme<strong>in</strong>schaftsrecht<br />
Vorrang. Section 5 (1) Restrictive Trade Practices Act 1976.<br />
Wettbewerbsbeschränkende Vere<strong>in</strong>barungen (restrictive trad<strong>in</strong>g agreements) werden def<strong>in</strong>iert<br />
als Vere<strong>in</strong>barung mit bestimmten Wettbewerbsbeschränkungen zwischen zwei oder<br />
mehreren Personen, die im vere<strong>in</strong>igten Königreich Waren herstellen oder vertreiben. H<strong>in</strong>sichtlich<br />
allgeme<strong>in</strong>er Wettbewerbsbeschränkungen gibt es ke<strong>in</strong>e gebräuchliche Begriffsdef<strong>in</strong>ition,<br />
sondern nur e<strong>in</strong>e Aufzählung bestimmter Arten von Wettbewerbsbeschränkungen<br />
bezüglich Preis, Preisempfehlung, Vertragsbed<strong>in</strong>gungen, Warenmengen, Beschreibung von<br />
Waren, Herstellungsverfahren, räumliche und personelle Marktaufteilung.<br />
Der Competition Act 1980 führte e<strong>in</strong> <strong>in</strong>formelles Verfahren e<strong>in</strong>, dass alle Handlungen als<br />
wettbewerbswidrig def<strong>in</strong>iert, die e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung, Verfälschung oder Verh<strong>in</strong>derung des<br />
Wettbewerbs <strong>in</strong> bezug auf Herstellung, Lieferung oder Erwerb von Waren bezwecken. Section<br />
2 (1) Competition Act 1980. Nicht wettbewerbswidrig s<strong>in</strong>d alle Handlungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Lieferung oder Nichtlieferung von Waren außerhalb Englands, bestimmte Handlungen<br />
<strong>in</strong>ternational tätiger See- und Lufttransportfirmen sowie Handlungen von Land-, Forst- und<br />
Fischereiwirtschaftsverbänden, die nach dem Restrictive Trade Act 1976 beurteilt werden.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> Großbritannien?<br />
Ne<strong>in</strong>, es gilt nationales Kaufrecht.<br />
Quellen:<br />
Englisches Handels- und <strong>Wirtschaftsrecht</strong>, 2. Auflage 1995<br />
Tribel / Hodgson / Kellenter / Müller<br />
34
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
Estland<br />
Lage: Nordosteuropa, grenzend: im Norden an den F<strong>in</strong>nischen Meerbusen,<br />
im Osten zu Russland und im Süden zu Lettland<br />
Fläche: 45.226 km ²<br />
Hauptstadt: Tall<strong>in</strong>n (ca. 400.000 E<strong>in</strong>wohner)<br />
ISO 3166 Code: EE / EST / 233<br />
Vorwahl: 00372<br />
Bevölkerung: 1,37 Mio. E<strong>in</strong>wohner, davon 68 % Esten, 26 % Russen, 2 % Ukra<strong>in</strong>er,<br />
4 % andere, Urbanisierung von 70 %<br />
Sprachen: Estnisch (Amtssprache), Russisch, Englisch, Deutsch, F<strong>in</strong>nisch<br />
Staats- /<br />
Regierungsform: Republik, parlamentarische Demokratie<br />
Zeitzone: MEZ + 1 h (osteuropäische Zeit, wie <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland)<br />
BIP pro Kopf: 4.500 Euro (etwa 33 % vom EU-Durchschnitt)<br />
Währung: Estnische Krone (EEK), 1 Euro = 15,6466 EEK<br />
Staatsfeiertage: 01. Januar: Neujahrstag<br />
24. Februar: Tag der Unabhängigkeit<br />
Karfreitag, Ostermontag<br />
01. Mai: Tag der Arbeit<br />
23. Juni: Tag des Sieges<br />
24. Juni: Sommersonnenwende<br />
20. August: Wiederherstellung der Republik Estland<br />
25. Dezember: 1. Weihnachtsfeiertag<br />
26. Dezember: 2. Weihnachtsfeiertag<br />
Attribut Mann: Este<br />
Attribut Frau: Est<strong>in</strong><br />
35
Estland<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Verträge können, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht, frei von Formvorschriften<br />
geschlossen werden (§ 77 EAZGB). Dem estnischen Recht s<strong>in</strong>d Formerfordernisse bekannt,<br />
die zum Teil gesetzlich vorgeschrieben s<strong>in</strong>d oder vertraglich vere<strong>in</strong>bart werden können. Dazu<br />
zählen u.a. Schriftform, elektronische Form, öffentliche Beglaubigung und notarielle<br />
Beurkundung (§§ 77-82 EAZGB). Sie entsprechen <strong>in</strong>haltlich den Regelungen des deutschen<br />
BGB. Auch der Bürgschaftsvertrag bedarf der Schriftform.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Im estnischen Recht gibt es, wie auch <strong>in</strong> Deutschland, e<strong>in</strong> Handelsgesetzbuch für Kaufleute,<br />
welches deren Sonderrechte regelt. Dieses Handelsgesetzbuch vom 01. September 1995<br />
(Äriseadustik, im folgenden EHGB) wurde stark an das deutsche Handelsgesetzbuch<br />
angelehnt und teilweise vere<strong>in</strong>facht, es entspricht daher weitgehend den deutschen<br />
Bestimmungen.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz <strong>in</strong> Estland ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gesonderten Verbraucherschutzgesetz geregelt.<br />
Es wird durch verschiedene staatliche E<strong>in</strong>richtungen, wie z.B. die Verbraucherschutzbehörde,<br />
das Gesundheits- und das Veter<strong>in</strong>äramt, gewährleistet. Ferner s<strong>in</strong>d auch die Städte und<br />
Geme<strong>in</strong>den dem Verbraucherschutz verpflichtet. Bei Verstoß gegen Vorschriften des<br />
Verbraucherschutzgesetzes können nach Maßgabe des Gesetzes Strafen auferlegt werden.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestattet?<br />
Der Verbraucherschutz im S<strong>in</strong>ne von Gewährleistung von Verbraucherrechten ist im<br />
estnischen Verbraucherschutzgesetz von 1994 geregelt. Danach hat der Verbraucher folgende<br />
Rechte:<br />
• Waren und Dienstleistungen angeboten zu bekommen, die dem vorgeschriebenen<br />
Standard entsprechen<br />
• vor Waren und Dienstleistungen, die gesundheits- oder lebensgefährdend, vermögensoder<br />
umweltschädigend s<strong>in</strong>d oder deren Gebrauch gesetzlich verboten ist geschützt zu<br />
werden<br />
• notwendige und <strong>in</strong>haltlich richtige Produkt<strong>in</strong>formationen zu erhalten, um e<strong>in</strong>e<br />
vernünftige Auswahl zwischen den Angeboten treffen zu können<br />
• die Berücksichtigung der Verbraucher<strong>in</strong>teressen zu fordern und sich zu diesem Zweck<br />
<strong>in</strong> Verbraucherverbänden zusammenzuschließen<br />
• Rechtsschutz nach Maßgabe der Gesetze zu fordern<br />
36
Estland<br />
Das Gesetz enthält Bestimmungen über die Voraussetzungen an die Beschaffenheit und die<br />
Qualität von Waren und Dienstleistungen. Ferner s<strong>in</strong>d Verpflichtungen und Verbote für<br />
Verkäufer und Dienstleistungsanbieter gesetzlich vorgeschrieben. Die Organisation der<br />
Verbraucher <strong>in</strong> Verbänden erfolgt nach den Bestimmungen des § 9 Verbraucherschutzgesetz.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Die estnischen Rechtsordnung kennt verschiedene Sicherungsmittel für bewegliches und<br />
unbewegliches Vermögen und Forderungen. Vorschriften diesbezüglich s<strong>in</strong>d im estnischen<br />
Schuldrechtsgesetz (ESchRG), dem Gesetz über das Handelspfand und dem estnischen<br />
Sachenrechtsgesetz enthalten.<br />
a) Bürgschaft (“käendus”)<br />
Die Bürgschaft ist <strong>in</strong> den §§ 142-154 ESchRG geregelt. Es handelt sich um e<strong>in</strong>en Vertrag,<br />
durch den sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger verpflichtet für die Erfüllung der<br />
Verb<strong>in</strong>dlichkeiten e<strong>in</strong>es Dritten e<strong>in</strong>zustehen.<br />
b) Garantie (“garantii”)<br />
Im Gegensatz zur Bürgschaft wird durch den Garantievertrag e<strong>in</strong> eigenständiges<br />
Schuldverhältnis begründet, welches unabhängig von der zu sichernden Forderung ist, auch<br />
wenn die Garantie im Zusammenhang mit dieser steht (§ 155 II ESchRG). Durch den<br />
Garantievertrag übernimmt e<strong>in</strong>e wirtschaftlich tätige Person im Rahmen dieser beruflichen<br />
Tätigkeit die Verpflichtung e<strong>in</strong>es Schuldners gegenüber e<strong>in</strong>em Gläubiger.<br />
c) Pfand (“pant”)<br />
Das estnische Recht unterscheidet neben dem Unternehmerpfandrecht, vier Arten von<br />
Pfandrechten. Vorschriften h<strong>in</strong>sichtlich dieser f<strong>in</strong>den sich im estnischen Sachenrechtsgesetz.<br />
Normiert s<strong>in</strong>d das Besitzerpfandrecht, das besitzlose Pfandrecht sowie das Pfandrecht an<br />
geistigem Eigentum und das Wertpapierpfandrecht. Bei e<strong>in</strong>em Pfandrecht handelt es sich<br />
grundsätzlich um die Belastung e<strong>in</strong>er Sache zur Sicherung e<strong>in</strong>er Forderung <strong>in</strong> der Weise, dass<br />
der Gläubiger Befriedigung aus der Sache zu suchen berechtigt ist<br />
(§ 276 I SachenRG). Nach estnischem Recht kann e<strong>in</strong> Pfandrecht grundsätzlich an<br />
beweglichen wie auch unbeweglichen Sachen bestellt werden (§ 276 II ESachenRG).<br />
ca) Besitzerpfandrecht (“käsipant”):<br />
Es zeichnet sich dadurch aus, dass dem Pfandgläubiger Besitz an der Sache e<strong>in</strong>geräumt wird.<br />
Zwischen dem zu sichernden Anspruch und dem vere<strong>in</strong>barten Pfandrecht besteht strenge<br />
Akzessorität, d.h. die Übertragung des Pfandrechtes ohne die gleichzeitige Übertragung der<br />
Forderung ist nicht möglich (§ 289 ESachenRG). Das Pfandrecht als solches entsteht mit der<br />
Inbesitznahme oder, wenn der Gläubiger bereits <strong>in</strong> Besitz der Sache ist, durch Vertrag.<br />
37
Estland<br />
cb) Besitzloses Pfandrecht (“registerpant”):<br />
Bei e<strong>in</strong>em besitzlosen Pfandrecht wird e<strong>in</strong>e bewegliche Sache <strong>in</strong> der Art belastet, dass der<br />
Schuldner zwar im Besitz der Sache bleibt, das Pfandrecht jedoch <strong>in</strong> das Register für<br />
Sicherheiten e<strong>in</strong>getragen wird (§ 297 ESachenRG).<br />
cc) Unternehmerpfandrecht (“kommertspant”):<br />
Das Unternehmerpfandrecht ist e<strong>in</strong> Pfandrecht, welches das Vermögen e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> das<br />
Handelsregister e<strong>in</strong>getragenen Unternehmens belastet. Es ist nicht akzessorisch zu der zu<br />
sichernden Forderung und kann auch auf das Vermögen e<strong>in</strong>er ausländischen Filiale <strong>in</strong> Estland<br />
bestellt werden (§§ 1,2 Kommertspandiseadus). Auf das Unternehmerpfandrecht f<strong>in</strong>den die<br />
Vorschriften über das besitzlose Pfandrecht (§§ 297 ff. ESachenRG) ergänzende Anwendung.<br />
Das Pfandrecht entsteht mit E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Handelsregister auf Grundlage e<strong>in</strong>es notariellen<br />
Pfandvertrags und erlischt mit Streichung aus demselben.<br />
cd) Wertpapierpfandrecht (“väärtpaberite pantim<strong>in</strong>e”):<br />
Das Wertpapierpfandrecht ist <strong>in</strong> den §§ 314-319 ESachenRG geregelt. Soweit diese<br />
Vorschriften nichts gegenteiliges bestimmen s<strong>in</strong>d die Bestimmungen über das<br />
Besitzerpfandrecht ergänzend anzuwenden. E<strong>in</strong> Pfandrecht an Inhaberpapieren entsteht mit<br />
Übergabe an den Pfandgläubiger.<br />
ce) Pfandrecht an geistigem Eigentum (“<strong>in</strong>tellektuaalse omandi pantim<strong>in</strong>e”):<br />
Gemäß § 313 ESachenRG besteht die Möglichkeit zur Sicherung e<strong>in</strong>er Forderung Patente,<br />
Marken, Urheberrechte und gewerbliche Muster zu verpfänden. Das Pfandrecht entsteht mit<br />
E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Patentregister.<br />
d) Hypothek (“hüpoteek”):<br />
E<strong>in</strong> Grundstück kann <strong>in</strong> der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die<br />
Belastung erfolgt, e<strong>in</strong>e bestimmte Geldsumme zur Befriedigung e<strong>in</strong>er ihm zustehenden<br />
Forderung aus dem Grundstück zu zahlen ist (Hypothek, § 325 I ESachenRG). Weitgehend<br />
entsprechen die estnischen Bestimmungen über die Hypothek denen des deutschen Rechts.<br />
Die Hypothek entsteht mit E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Grundbuch.<br />
e) Eigentumsvorbehalt:<br />
Auch die estnische Rechtsordnung kennt das Rechts<strong>in</strong>stitut des Eigentumsvorbehalts. In § 233<br />
ESchRG ist dieser, den deutschen Vorschriften entsprechend, geregelt. Danach können die<br />
Parteien e<strong>in</strong>es Kaufvertrags vere<strong>in</strong>baren, dass das Eigentum an der Kaufsache erst mit<br />
vollständiger Bezahlung des Kaufpreises an den Käufer übergehen soll.<br />
38
Estland<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Vorschriften über die Verwendung von allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> das<br />
estnische Schuldrecht <strong>in</strong>tegriert (§§ 35-45 ESchRG). Diese f<strong>in</strong>den auf vorformulierte<br />
Vertragsbed<strong>in</strong>gungen Anwendung, die nicht <strong>in</strong>dividuell zwischen den Vertragsparteien<br />
vere<strong>in</strong>bart wurden, sondern vielmehr von e<strong>in</strong>er Partei verwendet werden (Verwender). Sie<br />
s<strong>in</strong>d Bestandteil des Vertrags, sofern sie ordnungsgemäß e<strong>in</strong>bezogen wurden. Gemäß<br />
§ 37 I ESchRG hat der Verwender vor Vertragsschluss auf die Verwendung der AGB<br />
h<strong>in</strong>zuweisen und dem Vertragspartner die Möglichkeit zur Kenntnisnahme zu geben. Sie<br />
werden auch dann Bestandteil des Vertrags, wenn nach der Art des Geschäfts die<br />
Verwendung von AGB zu erwarten ist und der Vertragspartner wiederum die Möglichkeit zur<br />
Kenntnisnahme hat. Wie auch im deutschen AGB-Recht hat die Individualabrede Vorrang vor<br />
e<strong>in</strong>seitig verwendeten AGB-Klauseln (§ 38 ESchRG). Die Auslegung der Klauseln erfolgt<br />
gemäß § 39 I ESchRG im Zweifel zum Nachteil des Verwenders. In e<strong>in</strong>en Vertrag<br />
e<strong>in</strong>bezogene allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d unwirksam, soweit sie den<br />
Vertragspartner des Verwenders wider Treu und Glauben unangemessen benachteiligen und<br />
so e<strong>in</strong> unzumutbares Missverhältnis zwischen den Vertragspartnern entsteht oder die<br />
Verwendung der AGB gegen die guten Sitten verstößt (§ 42 I ESchRG). Unwirksame<br />
Klauseln s<strong>in</strong>d auf den Vertrag nicht anzuwenden, der Vertrag bleibt ungeachtet dessen jedoch<br />
wirksam, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Parteien diesen auch ohne die<br />
Klauseln geschlossen hätten (§ 41 ESchRG).<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Das estnische Sachenrecht entspricht weitgehend den deutschen Bestimmungen. So bedarf die<br />
Übertragung des Eigentums an e<strong>in</strong>er Immobilie auch nach estnischem Recht e<strong>in</strong>er notariell<br />
beglaubigten E<strong>in</strong>igung (Auflassung) sowie e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Grundbuch<br />
(§§ 118 I, 120 ESG). Auch das estnische Grundbuch enthält alle Informationen über die e<strong>in</strong><br />
Grundstück betreffenden Eigentumsverhältnisse sowie etwaige belastende Rechte.<br />
In Estland ist es allen natürlichen und juristischen Personen erlaubt, Eigentum an<br />
Grundstücken und Gebäuden zu erwerben. Nach dem estnischen Sachenrechtgesetz vom<br />
1. Dezember 1993 (ESachenRG) stehen grundsätzlich allen Eigentümern dieselben Rechte zu,<br />
§ 6 II ESG. Dem deutschen Recht entsprechend werden Gebäude und Häuser als Bestandteil<br />
des Grundstücks betrachtet. Im Gegensatz zur Regelung nach früherem estnischen Recht kann<br />
das Eigentum am Grundstück und das Eigentum an den darauf errichteten Gebäuden und<br />
Häusern nunmehr nicht ause<strong>in</strong>anderfallen. Gemäß § 5 I des estnischen Privatisierungsgesetzes<br />
ist sicherzustellen, dass der Restitutionsprozess abgeschlossen ist, bevor e<strong>in</strong>e Immobilie<br />
erworben werden kann.<br />
39
Estland<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Rechtliche Grundlage e<strong>in</strong>es Insolvenzverfahrens gegen e<strong>in</strong>e natürliche oder juristische Person<br />
mit Sitz <strong>in</strong> Estland ist die estnische Insolvenzordnung<br />
(Pankrotiseadus, im folgenden EInsO). Die Insolvenz e<strong>in</strong>es Schuldners kann nach estnischem<br />
Recht nur durch Gerichtsurteil festgestellt werden (§ 3 I EInsO). E<strong>in</strong> entsprechendes<br />
gerichtliches Verfahren kann vom Schuldner selbst, durch dessen Erben oder durch e<strong>in</strong>en<br />
Gläubiger beantragt werden. Der Insolvenzantrag des Schuldners muss den Insolvenzgrund,<br />
e<strong>in</strong>e Auflistung der gesamten Verb<strong>in</strong>dlichkeiten sowie die Namen der Gläubiger und e<strong>in</strong>e<br />
Darstellung der vorhandenen Vermögensmasse be<strong>in</strong>halten; er ist vom Schuldner zu<br />
unterzeichen (§ 8 EInsO). Der Gläubiger ist zur Stellung e<strong>in</strong>es Insolvenzantrages berechtigt,<br />
sofern er e<strong>in</strong>en der <strong>in</strong> § 9 I EInsO aufgelisteten Gründe geltend machen kann. E<strong>in</strong> solcher<br />
Grund liegt vor, wenn der Schuldner die Insolvenz durch e<strong>in</strong>e Straftat verursacht hat, das<br />
Vermögen bewusst beiseite geschafft hat oder die Insolvenz durch e<strong>in</strong>en gravierenden Fehler<br />
<strong>in</strong> der Geschäftsführung verursacht hat. Gleiches gilt für den Fall, dass jedwede<br />
Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> das Vermögen des Schuldners im Laufe der vergangenen drei<br />
Monate mangels Masse erfolglos war, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners mitunter<br />
offensichtlich ist oder Forderungen des Gläubigers <strong>in</strong>nerhalb von 10 Tagen seit Fristsetzung<br />
und schriftlicher Insolvenzandrohung vom Schuldner nicht beglichen wurden. Der Gläubiger<br />
muss die Höhe, den Grund und die Fälligkeit des Anspruchs sowie den geltendgemachten<br />
Grund vor Gericht glaubhaft machen (§ 9 III EInsO). Dies gilt lediglich dann nicht, wenn e<strong>in</strong><br />
vollstreckbarer Titel gegen den Schuldner vorliegt.<br />
Die Gläubiger des Insolvenzschuldners haben ihre Ansprüche gemäß § 69 I i.V.m.<br />
§ 23 I EInsO schriftlich <strong>in</strong>nerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung des das<br />
Insolvenzverfahren eröffnenden Urteils beim Insolvenzverwalter anzumelden. Diese<br />
Anmeldung soll gemäß § 69 I EInsO den Inhalt des Anspruchs, se<strong>in</strong>en Grund und die Höhe<br />
angeben. Ferner soll er e<strong>in</strong>e Erklärung darüber be<strong>in</strong>halten, ob der Anspruch e<strong>in</strong> Recht auf<br />
bevorzugte Befriedigung gewährt. Die den Anspruch begründenden Tatsachen s<strong>in</strong>d anhand<br />
von Urkunden zu beweisen. Wird die Anmeldung als nicht rechtzeitig angesehen, kann der<br />
Anspruch dennoch durch die Gläubigerversammlung anerkannt werden, er steht dann jedoch<br />
im Rang h<strong>in</strong>ter den fristgemäß angemeldeten Forderungen und wird erst nach diesen<br />
befriedigt (§ 69 V EInsO). Nach § 53 EInsO müssen aussonderungsberechtigte Gläubiger ihre<br />
Forderungen ebenfalls <strong>in</strong>nerhalb von zwei Monaten beim Insolvenzverwalter geltend machen.<br />
Dem deutschen Recht entsprechend s<strong>in</strong>d diejenigen Personen aussonderungsberechtigt, die<br />
geltend machen können, e<strong>in</strong>e sich im Besitz des Schuldners bef<strong>in</strong>dende Sache stehe <strong>in</strong> ihrem<br />
Eigentum.<br />
40
Estland<br />
Die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen werden vom Insolvenzverwalter auf ihr<br />
tatsächliches Bestehen geprüft. Sowohl der Schuldner als auch andere Gläubiger haben das<br />
Recht bis zum Prüfungsterm<strong>in</strong> der Gläubigerversammlung E<strong>in</strong>wände gegen die geltend<br />
gemachten Forderungen zu erheben und können die zum Beweis e<strong>in</strong>gereichten Urkunden<br />
e<strong>in</strong>sehen und prüfen (§ 70 V EInsO). In der Gläubigerversammlung erfolgt die Anhörung der<br />
Ansprüche <strong>in</strong> der Reihenfolge ihrer Anmeldung (§ 72 I EInsO). Entweder die<br />
Gläubigerversammlung erkennt die Ansprüche an oder das mit dem Insolvenzverfahren<br />
befasste Gericht hat über die Berechtigung des Anspruchs zu bef<strong>in</strong>den.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Das estnische Wettbewerbsrecht basiert auf dem estnischen Wettbewerbsgesetz<br />
(Konkurentsiseadus, im folgenden EWettbG) vom 1. Oktober 2001. Dieses ist deutlich an den<br />
Vertrag der Europäischen Geme<strong>in</strong>schaft (EGV) angelehnt und entspricht daher den<br />
europäischen Bestimmungen. Ziel des EWettbG ist es den freien Markt zu schützen sowie den<br />
freien und fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Anwendbar ist das Gesetz auf alle<br />
unternehmerisch tätigen Personen, auch auf Behörden des Staates und der Geme<strong>in</strong>den, soweit<br />
sie auf dem Wirtschaftsmarkt auftreten (§ 2 EWettbG). Im estnischen Wettbewerbsgesetz<br />
geregelt ist:<br />
• das Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen zwischen Unternehmen<br />
(§§ 4-8 EWettbG)<br />
• das Verbot des Missbrauchs e<strong>in</strong>er marktbeherrschenden Stellung<br />
(§§ 13-18 EWettbG)<br />
• die Fusionskontrolle (§§19-29 EWettbG)<br />
• die staatliche Förderung von Unternehmen durch Zuschüsse (§§ 30-49 EWettbG)<br />
• der Umgang mit unlauterem Wettbewerb (§§ 50-53 EWettbG).<br />
Die Aufsicht über den Wettbewerb am freien Markt wird durch den Staat <strong>in</strong> Gestalt der<br />
Wettbewerbsbehörde (das sog. “Konkurentsiamet”) durchgeführt. H<strong>in</strong>sichtlich der staatlichen<br />
Förderung durch Zuschüsse hat der F<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>ister die Kontroll- und Aufsichtsfunktion<br />
(§ 54 II EWettbG).<br />
41
Estland<br />
Absprachen und abgestimmte Verhaltensweisen<br />
Gemäß § 4 I EWettbG s<strong>in</strong>d alle wettbewerbsbeschränkenden Absprachen sowie abgestimmte<br />
Verhaltensweisen zwischen verschiedenen Unternehmen unzulässig. Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere<br />
für:<br />
• direkte oder <strong>in</strong>direkte Preisabsprachen<br />
• Absprachen, welche die Herstellungs- bzw. Verkaufsmengen e<strong>in</strong>er bestimmten Ware<br />
festsetzen, sowie Beschränkungen des technischen Fortschritts und der Investitionen<br />
• Absprachen zur Aufteilung des Marktes unter e<strong>in</strong>igen Anbietern zum Nachteil e<strong>in</strong>es<br />
dritten Unternehmens<br />
• Informationsaustausch, welcher zu e<strong>in</strong>er Wettbewerbsbeschränkung führt<br />
• Vere<strong>in</strong>barung unterschiedlicher Vertragsbed<strong>in</strong>gungen bei gleichartigen Verträgen,<br />
wodurch e<strong>in</strong>ige Unternehmen im Wettbewerb benachteiligt werden<br />
• Verträge, die e<strong>in</strong>er Partei zusätzliche Verpflichtungen auferlegen, die <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em<br />
Zusammenhang mit dem Vertragsgegenstand stehen.<br />
Verbot des Missbrauchs e<strong>in</strong>er marktbeherrschenden Stellung<br />
§ 16 EWettbG enthält das Verbot der missbräuchlichen, direkten oder <strong>in</strong>direkten Ausnutzung<br />
e<strong>in</strong>er marktbeherrschenden Stellung. E<strong>in</strong>e solche marktbeherrschende Stellung wird vermutet,<br />
sobald e<strong>in</strong> Unternehmen e<strong>in</strong>en Marktanteil von m<strong>in</strong>destens 40 % des Gesamtumsatzes hat (§<br />
13 EWettbG). Ferner kann e<strong>in</strong>e marktbeherrschende Stellung auch durch spezielle und<br />
exklusive Rechte begründet se<strong>in</strong>, die e<strong>in</strong> Unternehmen vom Staat oder der Geme<strong>in</strong>de erhalten<br />
hat und welche zu e<strong>in</strong>em Vorteil im Wettbewerb bis h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Monopolstellung des<br />
Unternehmens<br />
führen. Gemäß § 16 EWettbG ist es <strong>in</strong>sbesondere verboten:<br />
• unangemessene Preise oder unlautere An- und Verkaufsbed<strong>in</strong>gungen zu erzw<strong>in</strong>gen<br />
• die Produktion oder das Angebot von Waren sowie den technischen Fortschritt und<br />
Investitionen zu beschränken<br />
• unterschiedliche Bed<strong>in</strong>gungen, die gleiche Leistung betreffend, gegenüber<br />
•<br />
verschiedenen Vertragspartnern zu stellen und dadurch e<strong>in</strong>e Benachteiligung am<br />
Wettbewerb zu unterstützen oder zu verursachen<br />
Verträge abzuschließen, die e<strong>in</strong>e Verpflichtung zu zusätzlichen Leistungen der<br />
anderen Vertragspartei be<strong>in</strong>halten, die <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Zusammenhang mit dem<br />
eigentlichen Vertragsgegenstand stehen<br />
• e<strong>in</strong> anderes Unternehmen dazu zu drängen, den Betrieb auf e<strong>in</strong>en oder mehrere<br />
Bereich(e) zu konzentrieren, e<strong>in</strong>en Vertrag zu schließen, welcher zu e<strong>in</strong>er<br />
Wettbewerbsbeschränkung führt oder an verbotenen Absprachen und<br />
•<br />
Geschäftspraktiken teilzunehmen<br />
den An- und Verkauf von Waren <strong>in</strong> ungerechtfertigter Weise zu verweigern<br />
42
Estland<br />
• gegen erteilte Auflagen oder Bed<strong>in</strong>gungen zu verstoßen, welche Unternehmen<br />
auferlegt wurden, die über exklusive Rechte sowie über die für e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Branche oder e<strong>in</strong>en bestimmten Tätigkeitsbereich notwendigen E<strong>in</strong>richtungen<br />
verfügen.<br />
Um e<strong>in</strong>er Wettbewerbsverzerrung entgegenzuwirken, kann die staatliche Behörde oder die<br />
Geme<strong>in</strong>de, die e<strong>in</strong>em Unternehmen exklusive Rechte zugesteht, die Rechtsposition solcher<br />
Unternehmen durch Preisbestimmungen und andere Bed<strong>in</strong>gungen bzw. Auflagen belasten (§<br />
17 EWettbG). Schließlich s<strong>in</strong>d Unternehmen, welche die alle<strong>in</strong>ige Herrschaft über<br />
notwendige E<strong>in</strong>richtungen haben, gemäß § 18 EWettbG verpflichtet, anderen Unternehmen<br />
den Zugang und die Nutzung dieser E<strong>in</strong>richtungen zu fairen Bed<strong>in</strong>gungen zu ermöglichen.<br />
Fusionskontrolle<br />
Das Wettbewerbsgesetz enthält <strong>in</strong> den §§ 19–29 EWettbG den Zusammenschluss von<br />
Unternehmen betreffende Regelungen. Danach unterliegt die sog. Fusion der Kontrolle der<br />
Wettbewerbsbehörde, wenn der Gesamtumsatz der an der Fusion beteiligten Parteien im<br />
letzten Geschäftsjahr m<strong>in</strong>destens 500 Mio. EEK (ca. 30 Mio. EUR) und der Jahresumsatz<br />
m<strong>in</strong>destens zweier Parteien jeweils mehr als 100 Mio. EEK (ca. 6 Mio. EUR) betrug. Als<br />
Berechnungsgrundlage dient das estnische Buchhaltungsgesetz nach Maßgabe des § 24<br />
EWettbG. Zudem müssen die Geschäfte m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>es Unternehmens bzw. e<strong>in</strong>es<br />
Unternehmensteils <strong>in</strong> Estland durchgeführt worden se<strong>in</strong>. Die geplante Fusion ist der<br />
Wettbewerbsbehörde <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Woche nach Abschluss des Fusionsvertrags schriftlich<br />
anzuzeigen (§ 26 EWettbG). Es f<strong>in</strong>det dann die Überprüfung durch die Wettbewerbsbehörde<br />
statt an deren Ende, spätestens nach 30 Tagen, die Fusion genehmigt oder das<br />
Prüfungsverfahren fortgesetzt wird. Wird das Prüfungsverfahren fortgesetzt, ist das<br />
Verfahren durch die Wettbewerbsbehörde <strong>in</strong>nerhalb von vier Monaten zu beenden<br />
(§ 27 EWettbG).<br />
Unlauterer Wettbewerb<br />
Bestimmungen über den Umgang mit unlauterem Wettbewerb f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den §§ 50-53<br />
EWettbG. Dem Begriff des unlauteren Wettbewerbs unterliegen alle Handlungen e<strong>in</strong>es<br />
Unternehmens, die der gewissenhaften Praxis und den guten Sitten der wirtschaftlichen<br />
Tätigkeit widersprechen. Insbesondere muss <strong>in</strong> folgenden Fällen vom Vorliegen unlauteren<br />
Wettbewerbs ausgegangen werden (§ 50 I EWettbG):<br />
• die Veröffentlichung von missverständlichen Informationen bzw. die Unterstützung<br />
oder Ermöglichung der Veröffentlichung solcher Informationen<br />
• die Verunglimpfung e<strong>in</strong>es Konkurrenten oder der von diesem angebotenen Waren<br />
• der Missbrauch von vertraulichen Informationen.<br />
43
Estland<br />
Gemäß § 50 II EWettbG ist unlauterer Wettbewerb verboten. Bei e<strong>in</strong>em Verstoß kann das<br />
geschädigte Unternehmen auf Unterlassen und Schadensersatz klagen. Gemäß § 53 EwettbG<br />
f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Überprüfung ausschließlich bei den Gerichten im Rahmen e<strong>in</strong>er zivilrechtlichen<br />
Klage statt.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> den betreffenden Ländern?<br />
Estland ist wie auch Deutschland, Partner der “United Nations Convention on Contracts for<br />
the International Sale of Goods” (CISG). Daher f<strong>in</strong>det automatisch UN-Kaufrecht<br />
Anwendung, soweit die Vertragspartner unterschiedlicher nationaler Herkunft s<strong>in</strong>d und die<br />
Anwendung von UN-Kaufrecht nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde.<br />
Deutschland hat dieses Übere<strong>in</strong>kommen bereits am 01.01.1991 ratifiziert, woh<strong>in</strong>gegen<br />
Estland der CISG erst am 01.10.1994 beigetreten ist.<br />
Quellenangaben:<br />
Internet:<br />
www.estemb.de<br />
www.estonica.de<br />
www.auswaertiges-amt.de<br />
Literatur:<br />
<strong>Wirtschaftsrecht</strong> der Republik Estland „E<strong>in</strong> Praxisratgeber“<br />
Delegation der Deutschen Wirtschaft <strong>in</strong> Estland,<br />
Verfasser: Christ<strong>in</strong>e Hemmer – 2. Auflage – Mai 2003 – Tall<strong>in</strong>n<br />
44
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
Beitrittsjahr <strong>in</strong> die EU: 1995<br />
Staatsform: Republik<br />
Hauptstadt: Hels<strong>in</strong>ki<br />
Fläche: 338.000 km²<br />
Bevölkerung: 5,1 Millionen<br />
Währung: Euro<br />
F<strong>in</strong>nland<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Wie so vieles haben auch gesetzliche Formerfordernisse zwei Seiten. Die Schriftform oder<br />
das Erfordernis der Mitwirkung öffentlicher Stellen bewirkt e<strong>in</strong>e Verbesserung der<br />
Nachweisbarkeit und damit allgeme<strong>in</strong> der Rechtssicherheit. Insbesondere die notarielle Form<br />
ermöglicht daneben die Aufklärung der Parteien über Rechtsfolgen und nicht zuletzt den<br />
Schutz vor übereilten Entscheidungen <strong>in</strong> bedeutenden Angelegenheiten. Auf der anderen Seite<br />
führen aber Formvorschriften beim Abschluss von Verträgen <strong>in</strong> der Regel zu Verzögerungen<br />
und zusätzlichen Kosten, für die <strong>in</strong> vielen Fällen sachlich ke<strong>in</strong>e Rechtfertigung zu f<strong>in</strong>den ist.<br />
Verträge können verb<strong>in</strong>dlich auch <strong>in</strong> mündlicher Form abgeschlossen werden, solange ke<strong>in</strong>e<br />
besondere gesetzliche Regelung die E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er anderen Form fordert. Formvorschriften<br />
können auch <strong>in</strong> beiden Rechtssystemen von den Parteien vertraglich vere<strong>in</strong>bart werden.<br />
Während allerd<strong>in</strong>gs im Falle des Fehlens e<strong>in</strong>er gesetzlich vorgeschriebenen Form das<br />
Rechtsgeschäft <strong>in</strong> der Regel nicht wirksam zustande kommt, hat das Fehlen e<strong>in</strong>er gewillkürten<br />
Form <strong>in</strong> der Regel lediglich Bedeutung für die Beweislast.<br />
Damit s<strong>in</strong>d jedoch die Geme<strong>in</strong>samkeiten des deutschen und des f<strong>in</strong>nischen Rechts bezüglich<br />
der Formvorschriften weitgehend erschöpft. Das f<strong>in</strong>nische Recht verlangt <strong>in</strong> den für Handel<br />
und Industrie relevanten Bereichen nur <strong>in</strong> wenigen Ausnahmefällen die E<strong>in</strong>haltung<br />
gesetzlicher Formvorschriften und dort, wo deren E<strong>in</strong>haltung gefordert wird, genügt meist die<br />
Schriftform.<br />
Bei der Erteilung von Vollmachten müssen <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland zwei Zeugen mit unterschreiben. Für<br />
offene Anwaltsvollmachten genügt allerd<strong>in</strong>gs auch <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland die e<strong>in</strong>fache Schriftform.<br />
Auch die Gründung e<strong>in</strong>er Aktiengesellschaft nach f<strong>in</strong>nischem Recht ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher<br />
Schriftform möglich. Die Gründer müssen die Gründungsurkunde aufsetzen und<br />
unterschreiben, an diese die Satzung anfügen und die Gesellschaft zur E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong>s<br />
Handelsregister anmelden. Für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an privaten<br />
Aktiengesellschaften ist sogar e<strong>in</strong>e mündliche Absprache erforderlich.<br />
45
F<strong>in</strong>nland<br />
2)Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Es gibt <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland ke<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute im formalen S<strong>in</strong>n. Die Denkrichtung ist<br />
eher umgekehrt, es gibt e<strong>in</strong>e Vielzahl von Sonderregelungen für Verbraucher, die eben auf<br />
Kaufleute nicht anwendbar s<strong>in</strong>d. Auch im Rahmen von Generalklauseln wird natürlich darauf<br />
Rücksicht genommen, ob e<strong>in</strong>e beteiligte Person Geschäftstätigkeit betreibt oder nicht. E<strong>in</strong>en<br />
Rechtsbegriff des Kaufmanns gibt es als solchen jedoch nicht.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
In F<strong>in</strong>nland gibt es e<strong>in</strong> besonders umfassendes Verbraucherschutzgesetz. In diesem Gesetz<br />
werden die Rechte des Verbrauchers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kaufvertrag e<strong>in</strong>gehend geregelt. Der Käufer hat<br />
hiernach die <strong>in</strong>ternational üblichen Rechte auf Nachbesserung, M<strong>in</strong>derung, Wandelung und<br />
Schadensersatz.<br />
Bemerkenswert ist, dass sich diese Rechte nicht nur gegen den Verkäufer richten, sondern<br />
auch gegen alle Unternehmen, welche das Produkt auf e<strong>in</strong>er früheren Verkaufsstufe zum<br />
Zwecke des Weiterverkaufs gekauft haben. Gewährleistungsansprüche bestehen damit auch<br />
gegen den Hersteller, den Großhändler, den Importeur usw. E<strong>in</strong>zige E<strong>in</strong>schränkung ist, dass<br />
das jeweilige Unternehmen nur <strong>in</strong>soweit haftet, als das Produkt se<strong>in</strong>en Bereich bereits<br />
fehlerhaft verlassen hat. Die Beweislast hierfür trägt aber der Unternehmer.<br />
Sobald e<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>er früheren Verkaufsstufe stehendes Unternehmen dem Kunden gegenüber<br />
e<strong>in</strong>e Funktionsgarantie übernimmt oder sonstige Eigenschaften zusichert, tritt für diese<br />
Eigenschaften automatisch die volle Sachmängelhaftung e<strong>in</strong>. Das Vorliegen e<strong>in</strong>es Fehlers<br />
wird angenommen, wenn der Hersteller nicht e<strong>in</strong>e unsachgemäße Behandlung durch den<br />
Kunden als wahrsche<strong>in</strong>lich darlegen kann. Dem Kunden stehen dann die vollen Rechte zur<br />
Verfügung, d.h. durch e<strong>in</strong>e Nachbesserung dürfen ihm ke<strong>in</strong>e Kosten entstehen, er hat<br />
Anspruch auf Schadensersatz und er kann vor se<strong>in</strong>em heimischen Gericht klagen.<br />
Die Regelungen des Verbraucherschutzgesetzes s<strong>in</strong>d zw<strong>in</strong>gend und können nicht durch e<strong>in</strong>en<br />
Vertrag e<strong>in</strong>geschränkt werden.<br />
4)Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese ausgestaltet?<br />
Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer e<strong>in</strong>e mangelfreie Ware zu übergeben. Wie auch im<br />
deutschen Gewährleistungsrecht nimmt die Bestimmung des Fehlerbegriffes im f<strong>in</strong>nischen<br />
Kaufrecht e<strong>in</strong>e zentrale Stellung e<strong>in</strong>. Im Kaufgesetz wird grundsätzlich unterschieden<br />
zwischen faktischen Mängeln, Herrschaftsmängeln und Rechtsmängeln. Die praktisch bei<br />
weitem wichtigste Fehlerkategorie s<strong>in</strong>d hierbei die faktischen Mängel: E<strong>in</strong> Mangel dieser Art<br />
liegt immer dann vor, wenn die Ware ihrer physischen Beschaffenheit nach nicht dem<br />
entspricht, was der Käufer aufgrund des Vertrages verlangen kann. Herrschaftsmängel<br />
betreffen die rechtlichen Nutzungsmöglichkeiten der Ware.<br />
46
F<strong>in</strong>nland<br />
Solche Mängel s<strong>in</strong>d dann gegeben, wenn der Käufer die Ware aufgrund bestimmter<br />
Hoheitsakte nicht zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck nutzen kann.<br />
Von e<strong>in</strong>em Rechtsmangel dagegen wird gesprochen, wenn die Ware im Eigentum e<strong>in</strong>es<br />
Dritten steht bzw. wenn für e<strong>in</strong>en Außenstehenden daran e<strong>in</strong> Pfand- oder sonstiges Recht<br />
besteht.<br />
Ausgangspunkt für die Prüfung ob e<strong>in</strong> Fehler vorliegt, ist der zwischen den Parteien<br />
geschlossene Kaufvertrag. Dieser Grundsatz der vertragsgemäßen Beschaffenheit ergibt sich<br />
aus § 17 Abs. 1 Kaufgesetz, wonach die Ware nach Gattung, Menge, Qualität, sonstigen<br />
Eigenschaften sowie Verpackung dem entsprechen muss, was als vere<strong>in</strong>bart anzusehen ist.<br />
Wurde über die Beschaffenheit der Ware ke<strong>in</strong>e ausdrückliche Vere<strong>in</strong>barung getroffen, ist im<br />
Auslegungswege zu ermitteln, was als vere<strong>in</strong>bart anzusehen ist. Anhaltspunkte hierfür geben<br />
die konkreten Umstände bei Vertragsschluss, die betreffenden Handelsbräuche oder spezielle<br />
Gepflogenheiten, die sich zwischen den Parteien gegebenenfalls im Zuge e<strong>in</strong>er längeren<br />
Geschäftsbeziehung herausgebildet haben. Diese allgeme<strong>in</strong>en Auslegungsgrundsätze werden<br />
durch Regelungen im Kaufgesetz ergänzt, <strong>in</strong> denen der Gesetzgeber selbst den Fehlerbegriff<br />
näher konkretisiert. Wie auch im deutschen Kaufrecht ist der Verkäufer <strong>in</strong>sbesondere an se<strong>in</strong>e<br />
Zusicherungen h<strong>in</strong>sichtlich der Ware gebunden. Der Verkäufer hat aber nicht nur für die<br />
tatsächlich erteilten Zusicherungen e<strong>in</strong>zustehen. E<strong>in</strong>e Mängelhaftung kann sich auch daraus<br />
ergeben, dass der Verkäufer bestimmte Angaben über die Ware nicht erteilt. In bestimmten<br />
Fällen treffen den Verkäufer deshalb Aufklärungspflichten h<strong>in</strong>sichtlich des<br />
Kaufgegenstandes.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
E<strong>in</strong>en Eigentumsvorbehalt gibt es <strong>in</strong> den wirtschaftlich bedeutenden Fällen des verlängerten<br />
Eigentumsvorbehalts. Funktioniert er aber nicht, weil die Forderungsabtretung nur<br />
konkursfest ist, wenn die Abtretung dem Schuldner mitgeteilt wird, was im laufenden<br />
Geschäftsbetrieb natürlich nicht erfolgen kann.<br />
Gleichwertigen Ersatz bietet die Rechtsordnung nicht an. Es gibt e<strong>in</strong>e Hypothek an<br />
Fahrzeugen und e<strong>in</strong>e sog. Unternehmenshypothek, die sich auf das gesamte<br />
Unternehmensvermögen bezieht. An Grundstücken ist ebenfalls e<strong>in</strong>e Hypothek möglich.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Wirksamkeit allgeme<strong>in</strong>er Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen:<br />
In F<strong>in</strong>nland gibt es ke<strong>in</strong>e gesetzlichen Regelungen über das Recht der allgeme<strong>in</strong>en<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen. Die anwendbaren Regeln s<strong>in</strong>d vollständig von der Rechtsprechung<br />
entwickelt worden, wobei weitgehend auf Konzepte aus anderen europäischen Ländern<br />
zurückgegriffen wurde. Die Feststellung dessen, was <strong>in</strong> AGB erlaubt ist und was nicht, wird<br />
durch diesen Zustand natürlich erschwert.<br />
47
F<strong>in</strong>nland<br />
Vertragsbed<strong>in</strong>gungen, welche die Verpflichtungen e<strong>in</strong>er Vertragspartei gegenüber dem<br />
gesetzlichen Regelungsmodell wesentlich verschärfen bzw. ihre Rechte wesentlich<br />
beschränken, werden nur dann Vertragsbestandteil, wenn der Vertragspartner vor dem<br />
Vertragsschluss besonders auf sie aufmerksam gemacht worden ist. Das gleiche gilt für<br />
überraschende Klauseln, also solche Regelungen, die wesentlich von dem für entsprechende<br />
Vertragstypen Üblichen abweichen.<br />
Für Deutsche häufig überraschend ist die im f<strong>in</strong>nischen Recht vorgesehene generelle<br />
Möglichkeit der Anpassung von Verträgen oder e<strong>in</strong>zelnen Vertragsklauseln, die e<strong>in</strong>e Partei<br />
unangemessen benachteiligen. Dies gilt auch für Klauseln <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen. Diese sehr weitgehende Möglichkeit der Gerichte, <strong>in</strong> die von den<br />
Parteien vorgenommene Vertragsgestaltung e<strong>in</strong>zugreifen, beruht darauf, dass <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland dem<br />
Pr<strong>in</strong>zip der vertraglichen Ausgewogenheit im E<strong>in</strong>zelfall zu Lasten der Rechtssicherheit e<strong>in</strong><br />
wesentlich höherer Stellenwert zugemessen wird als beispielsweise <strong>in</strong> Deutschland.<br />
Die Unwirksamkeit allgeme<strong>in</strong>er Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen kann sich auch daraus ergeben, dass<br />
die betreffenden Bestimmungen nicht klar und verständlich s<strong>in</strong>d. Unklare oder<br />
undurchschaubare Regelungen werden <strong>in</strong> der Regel als unangemessene Benachteiligung<br />
angesehen.<br />
Soweit e<strong>in</strong>zelne Regelungen <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen nicht Vertragsbestandteil<br />
geworden oder unwirksam s<strong>in</strong>d, ist der Vertrag als solches dennoch wirksam.<br />
Haftbegrenzungen <strong>in</strong> AGB:<br />
Die Haftbegrenzungen <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d dabei sowohl e<strong>in</strong>zeln als<br />
auch <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit zu betrachten.<br />
Da das f<strong>in</strong>nische Recht bei der Beurteilung der Angemessenheit von Allgeme<strong>in</strong>en<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen weniger auf e<strong>in</strong>zelne Regelungen, sondern mehr auf die<br />
Ausgewogenheit des Vertrages als Ganzes abstellt, lassen sich <strong>in</strong> Deutschland verwendete<br />
AGB nicht ohne weiteres auf Geschäfte mit f<strong>in</strong>nischen Vertragspartnern übertragen.<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Während das deutsche Recht die notarielle Beurkundung verlangt, können solche Verträge <strong>in</strong><br />
F<strong>in</strong>nland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Schriftform geschlossen werden. Der Vertrag muss lediglich von e<strong>in</strong>em<br />
öffentlich bestellten Urkundsbeamten bekräftigt werden. In vielen Fällen werden Immobilien<br />
aber <strong>in</strong> Wohnungsaktiengesellschaften gehalten. Die Funktion der Aktien dieser<br />
Gesellschaften entspricht dem deutschen Wohnungseigentum. Die Übertragung der Anteile an<br />
diesen Gesellschaften ist wiederum bis auf e<strong>in</strong>ige verbraucherschutzbed<strong>in</strong>gte Ausnahmen <strong>in</strong><br />
der Regel formfrei möglich.<br />
48
F<strong>in</strong>nland<br />
Soweit der Urkundsbeamte bei der Übertragung von Immobilien tätig wird, hat er eher die<br />
Funktion e<strong>in</strong>es US-amerikanischen notary public als die e<strong>in</strong>es deutschen Notars was auch an<br />
den – verglichen mit den Gebühren deutscher Notare – ger<strong>in</strong>gfügigen Kosten deutlich wird.<br />
E<strong>in</strong>e Beurkundung, bei der das Dokument verlesen und dann von den Parteien im Beise<strong>in</strong> des<br />
Notars unterzeichnet wird, ist im f<strong>in</strong>nischen Recht unbekannt.<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Die Vorschrift bildet die Grundnorm des deutschen Internationalen Insolvenzrechts. Nach der<br />
automatischen Anerkennung e<strong>in</strong>es ausländischen Insolvenzverfahrens f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e<br />
Wirkungserstreckung dieses Verfahrens auf das Inland statt. Bei diesem Ansatz ist es<br />
zw<strong>in</strong>gend, dass sowohl für das Verfahrensrecht der Insolvenzabwicklung als auch für die<br />
materiellrechtliche Wirkung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich das Recht des Staates gilt,<br />
<strong>in</strong> dem das Verfahren eröffnet wurde.<br />
Die strikte Anwendbarkeit des Rechts des Eröffnungsstaats auch auf die Insolvenzanfechtung<br />
hätte am ehesten der Zielrichtung des Anfechtungsrechts Rechnung getragen, den Grundsatz<br />
der Gläubigergleichbehandlung bereits <strong>in</strong> der Zeit der Krise zu berücksichtigen. Die dagegen<br />
e<strong>in</strong>gewandten Verkehrschutzgesichtspunkte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Literatur zu Recht auf Kritik gestoßen.<br />
Da das anwendbare Recht letztlich durch Kollisionsregel festgelegt wird, müsste sich der<br />
Vertrauensschutz auf die Anwendbarkeit e<strong>in</strong>er bestimmten Kollisionsregel stützen, wobei es<br />
häufig zweifelhaft ist, welche Kollisionsregel im E<strong>in</strong>zelfall Anwendung f<strong>in</strong>det. Dennoch<br />
sollte für das autonome Internationale Insolvenzrecht ke<strong>in</strong>e Verordnung abweichende<br />
Vorschrift vorgesehen werden, da es zu erheblichen Wertungswidersprüchen führen würde,<br />
wenn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Insolvenzverfahren <strong>in</strong> der EU, e<strong>in</strong> Insolvenzverwalter sich bei e<strong>in</strong>er<br />
Anfechtung höheren Barrieren gegenüber sehen würde, als bei e<strong>in</strong>em Insolvenzverfahren, das<br />
e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Drittstaat eröffnet wurde. Die Verordnung soll gemäß dem Insolvenzstatus an sich<br />
zulässige Anfechtung nur ausgeschlossen se<strong>in</strong>, wenn der Anfechtungsgegner nachweist, dass<br />
nach dem Recht des Staates, das nach allgeme<strong>in</strong>en IPR auf die Rechtshandlung Anwendung<br />
f<strong>in</strong>det, diese weder anfechtbar noch nichtig oder sonst unwirksam wäre.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Ja, es gibt e<strong>in</strong> Wettbewerbsrecht. Die Kommission achtet strikt darauf, dass die<br />
Mitgliedsstaaten weder öffentlichen Unternehmen noch Unternehmen, denen sie besondere<br />
oder ausschließliche Rechte gewähren, ke<strong>in</strong>e dem EG-Vertrag – vor allem im H<strong>in</strong>blick auf die<br />
EG-Wettbewerbsregeln- zuwiderlaufenden Vergünstigungen gewährt. Private und öffentliche<br />
Unternehmen müssen daher behandelt werden.<br />
In der Logik der EG-Wettbewerbsregeln liegt das Beharren der Kommission darauf, alle<br />
Monopole abzubauen. Der EuGH belässt es <strong>in</strong> Bezug darauf, nicht bei e<strong>in</strong>er schlichten<br />
Missbrauchprüfung, sondern stellt regelmäßig die Existenz des jeweiligen Monopols selbst<br />
auf den Prüfstand.<br />
49
F<strong>in</strong>nland<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland?<br />
Auf <strong>in</strong>ternationale Kaufverträge ist das <strong>in</strong>ternationale Kaufrecht der Vere<strong>in</strong>ten Nationen, UN-<br />
Kaufrecht, Wiener Kaufrecht oder CISG genannt, anzuwenden. Insbesondere im deutschskand<strong>in</strong>avischen<br />
Handel ist das der Fall.<br />
Gegenstand des UN-Kaufrechts s<strong>in</strong>d Kaufverträge über Waren. Ausgeschlossen s<strong>in</strong>d Käufe<br />
für private Zwecke und Aktienkäufe. Die Anwendung des UN-Kaufrechts beschränkt sich auf<br />
den grenzüberschreitenden Handel.<br />
Vorraussetzung für die Anwendung ist, dass die Staaten zu den Vertragsstaaten des Wiener<br />
Vertrages von 1980 gehören. Die Anwendung des UN-Kaufrechts hängt nicht von der<br />
Staatsbürgerschaft der Parteien, sondern vom Standort der Geschäftssitze ab.<br />
Zu beachten ist, dass das UN-Kaufrecht nicht auf <strong>in</strong>ternationale Kaufverträge zwischen den<br />
nordischen Ländern selbst anwendbar ist, da Dänemark, F<strong>in</strong>nland, Island, Norwegen und<br />
Schweden die Anwendung der Konvention für <strong>in</strong>nernordische Käufe zugunsten der<br />
Anwendung der vere<strong>in</strong>heitlichten nordischen Kaufgesetze ausgeschlossen haben.<br />
Der Kaufvertrag kommt, genau wie im deutschen Zivilrecht, durch Angebot und Annahme<br />
zustande. Die Annahme kann ausdrücklich, durch konkludentes Verhalten oder<br />
stillschweigend erklärt werden.<br />
Der Käufer ist zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Er muss, anders wie im deutschen<br />
Recht, die Zahlung regelmäßig an den Geschäftssitz des Verkäufers leisten.<br />
Das UN-Kaufrecht gilt jedoch nicht, wenn zwischen den Parteien <strong>in</strong>dividuelle<br />
Rechtswahlvere<strong>in</strong>barungen getroffen wurden.<br />
50
1. E<strong>in</strong>leitung<br />
Frankreich<br />
2. Aspekte des französischen Rechts<br />
2.1. Verträge und deren Formerfordernisse<br />
2.1.1. Allgeme<strong>in</strong><br />
2.1.2. Besonderheiten bei Kaufleuten<br />
2.2. Verbraucherschutz<br />
2.3. Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und ihre Ausgestaltung<br />
2.4. Kreditsicherungsmittel für bewegliches und unbewegliches Vermögen<br />
2.5. Regelungen über die Zulässigkeit Allgeme<strong>in</strong>er Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen<br />
2.6. Übertragung des Eigentums an Grundstücken<br />
2.6.1. Allgeme<strong>in</strong><br />
2.6.2. Beteiligte<br />
2.6.3. Der Vertragsgegenstand<br />
2.6.4 Offerte & Akzept<br />
2.6.5. Die Vorverträge<br />
2.6.6. Der Abschluss des endgültigen Kaufvertrags<br />
2.6.7. Die Pflichten des Verkäufers<br />
2.7. Die Stellung des Gläubigers im Insolvenzfall<br />
2.7.1. Vorteile des Schuldners- Nachteile des Gläubigers<br />
2.7.2. Ablauf des Verfahrens <strong>in</strong> Frankreich<br />
2.8. Das Wettbewerbsrecht und se<strong>in</strong>e Grundstrukturen<br />
2.8.1. Institutionen<br />
2.8.2. Grundsatz<br />
2.8.3. Auswirkungen auf die e<strong>in</strong>zelnen Bereiche<br />
2.8.4. Rechtsverfolgung<br />
2.9. Das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> Frankreich<br />
3. Literatur<br />
51
Frankreich<br />
Allgeme<strong>in</strong>:<br />
Frankreich (amtlich République Française) ist e<strong>in</strong> Land <strong>in</strong> Westeuropa. Es grenzt im Norden<br />
an den Ärmelkanal, die Straße von Dover und die Nordsee, im Nordosten an Belgien und<br />
Luxemburg, im Osten an Deutschland, die Schweiz und Italien, im Süden an das Mittelmeer,<br />
Monaco, Andorra und Spanien und im Westen an den Atlantischen Ozean. Sowohl die Nord-<br />
Süd-Ausdehnung als auch die Erstreckung von Westen nach Osten betragen maximal etwa<br />
1000 Kilometer. Die Hauptstadt von Frankreich ist Paris. Zum Staatsgebiet Frankreichs<br />
gehören zudem die vier Überseedepartements (Départements d’Outre-Mer, DOM)<br />
Französisch-Guayana <strong>in</strong> Südamerika, Mart<strong>in</strong>ique und Guadeloupe <strong>in</strong> der Karibik und Réunion<br />
im Indischen Ozean, die beiden Gebietskörperschaften (Collectivités territoriales, CT) St-<br />
Pierre-et-Miquelon im Nordatlantik und Mayotte vor der ostafrikanischen Küste sowie die<br />
vier Überseeterritorien (Territoires d’Outre-Mer, TOM) mit beschränkter Selbstbestimmung,<br />
die nicht mehr als Teil des Mutterlandes gelten: Neukaledonien, Französisch-Polynesien,<br />
Terres Australes et Antarctiques (südliche und antarktische Territorien Frankreichs) sowie die<br />
Inseln Wallis et Futuna. Frankreich hat e<strong>in</strong>schließlich der Insel Korsika e<strong>in</strong>e Fläche von 543<br />
965 Quadratkilometern; damit ist es nach Russland und der Ukra<strong>in</strong>e das drittgrößte Land <strong>in</strong><br />
<strong>Europa</strong>.<br />
Das Land hat etwa 59,8 Millionen E<strong>in</strong>wohner, woraus sich e<strong>in</strong>e Bevölkerungsdichte von 110<br />
E<strong>in</strong>wohnern pro Quadratkilometer ergibt. Die Bevölkerung ist ethnisch relativ homogen, 94<br />
Prozent der E<strong>in</strong>wohner s<strong>in</strong>d französische Staatsbürger. Die größten Gruppen ausländischer<br />
Herkunft s<strong>in</strong>d Algerier, Portugiesen, Marokkaner, Italiener und Spanier. E<strong>in</strong>en<br />
Siedlungsschwerpunkt bildet die Île-de-France; <strong>in</strong> diesem Gebiet liegt die Bevölkerungsdichte<br />
bei 839 E<strong>in</strong>wohnern pro Quadratkilometer.<br />
Die Amtssprache Französisch wird von der großen Mehrheit der Landesbevölkerung<br />
gesprochen. Daneben existieren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Gebieten Regionalsprachen; Bretonisch <strong>in</strong> der<br />
Bretagne, Baskisch und Katalanisch <strong>in</strong> den Pyrenäen, Provenzalisch <strong>in</strong> Teilen der Provence,<br />
Okzitanisch im Languedoc, Flämisch <strong>in</strong> Flandern sowie Deutsch im Elsass und <strong>in</strong> Lothr<strong>in</strong>gen.<br />
Der im Elsass gesprochene deutsche Dialekt wird Elsässisch genannt.<br />
In Frankreich hat die Pflege der französischen Sprache e<strong>in</strong>en großen Stellenwert. Trotz<br />
e<strong>in</strong>iger durch den Verfassungsrat vorgeschriebener Veränderungen ist weiterh<strong>in</strong> das als Loi<br />
Toubon bekannt gewordene Gesetz aus dem Jahr 1994 <strong>in</strong> Kraft, das den obligatorischen<br />
Gebrauch der französischen Sprache <strong>in</strong> Werbung, Dokumenten und auf Kongressen vorsieht<br />
und Zuwiderhandlungen mit Geldbußen ahndet. Dies richtet sich vor allem gegen die auch <strong>in</strong><br />
Frankreich weit verbreiteten Anglizismen, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e Gefahr für die kulturelle Identität<br />
gesehen wird.<br />
52
Frankreich<br />
1. E<strong>in</strong>leitung<br />
Frankreich ist das Mutterland des romanischen Rechtskreises, dem im engeren S<strong>in</strong>ne zudem<br />
Belgien und Luxemburg angehören. Weiter gefasst s<strong>in</strong>d auch die Niederlande, Italien,<br />
Portugal, Spanien, e<strong>in</strong>ige late<strong>in</strong>amerikanische Staaten sowie die nordamerikanischen Staaten<br />
Louisiana und Quebec von diesen Wurzeln des rechtlichen Verständnisses geprägt.<br />
Der französischen Zivilgesetzgebung liegt der „Code Civil“ (CC) von 1804 zu Grunde. Dieser<br />
entstand <strong>in</strong> der Konsequenz der revolutionären Ereignisse von 1789 und hat se<strong>in</strong>e Ursprünge<br />
<strong>in</strong> der germanischen und römischen Rechtstradition. Der CC ist auch heute noch die zentrale<br />
Quelle des französischen Privatrechts. In den vergangenen 200 Jahren wurde er jedoch durch<br />
zahlreiche Ergänzungs- und Erneuerungsgesetzgebungen abgeändert.<br />
Das französische Handelsrecht ist aus dem CC ausgeklammert. Dessen Grundsätze s<strong>in</strong>d im<br />
„Code de commerce“ geregelt. Dieser ist 1807 entstanden und wurde 2000 neu kodifiziert.<br />
Romanischer<br />
Rechtskreis<br />
Frankreich<br />
BeNeLux<br />
Spanien<br />
Portugal<br />
Italien<br />
Deutscher<br />
Rechtskreis<br />
Deutschland<br />
Schweiz<br />
Türkei<br />
Österreich<br />
Griechenland<br />
Abbildung 1: Rechtskreise <strong>in</strong> <strong>Europa</strong><br />
<strong>Europa</strong><br />
Common-Law<br />
England<br />
Irland<br />
Nordischer<br />
Rechtskreis<br />
Schweden<br />
Norwegen<br />
F<strong>in</strong>nland<br />
Dänemark<br />
Island<br />
Der CC ist ähnlich wie das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) <strong>in</strong> verschiedene Teile<br />
(Buch 1-3) gegliedert. Der genaue Aufbau sowie der Inhalt der e<strong>in</strong>zelnen Bücher ist der<br />
folgenden Abbildung zu entnehmen:<br />
53
1. Buch: Über Personen<br />
Frankreich<br />
• Familienrecht, Personenstandsrecht, M<strong>in</strong>derjährigenrecht, Volljährigkeit, etc.<br />
2. Buch: Über Sachen und verschiedene Arten des Eigentums<br />
• Eigentum, Nießbrauch, Dienstbarkeiten<br />
3. Buch: Über die verschiedenen Arten des Eigentumerwerbs<br />
• Kauf, Tausch, Erbfolge, Produkthaftung, Auftrag, Verjährung, Besitztum, etc.<br />
Abbildung 2: Aufbau des Code Civil<br />
Der Code de commerce ist <strong>in</strong> neun Bücher gegliedert. Dessen Inhalt stellt sich wie folgt dar:<br />
1. Buch: Handel im Allgeme<strong>in</strong>en<br />
2. Buch: Handelsgesellschaften<br />
3. Buch: Besondere Arten des Kaufs und Exklusivvere<strong>in</strong>barungen<br />
4. Buch: Wettbewerbs-/Kartellrecht<br />
5. Buch: Wechselrecht und handelsrechtliche Sicherheiten<br />
6. Buch: Insolvenzrecht<br />
7. Buch: Organisation des Handels<br />
8. Buch: Reglementierte Berufe<br />
9. Buch: Geltung des Code de commerce <strong>in</strong> Überseeterritorien Frankreichs<br />
Abbildung 3: Aufbau des Code de commerce<br />
In der folgenden Ausarbeitung werden wir uns überwiegend mit dem 2. und<br />
3. Buch des CCf sowie Auszügen aus dem Code de commerce befassen.<br />
2. Aspekte des französischen Rechts<br />
2.1. Verträge und deren Formerfordernisse<br />
54
Frankreich<br />
2.1.1. Allgeme<strong>in</strong><br />
Rechtsgeschäfte <strong>in</strong> Frankreich können nach dem CC grundsätzlich formfrei gestaltet und<br />
geschlossen werden.<br />
In e<strong>in</strong>igen Ausnahmefällen def<strong>in</strong>iert das französische Recht jedoch gewisse<br />
Formerfordernisse. Diese Formvorschriften s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Article (Art.) 1317 ff CC näher def<strong>in</strong>iert.<br />
Es gibt die Möglichkeit der notariellen Beurkundung („acte authentique) oder der Schriftform<br />
(„acte sous se<strong>in</strong>g privé“) des Vertrages. Für die Nichte<strong>in</strong>haltung dieser Formerfordernisse<br />
sieht der CC zweierlei Konsequenzen vor:<br />
Zum e<strong>in</strong>en kann die Nichte<strong>in</strong>haltung entsprechend dem §125 BGB im deutschen Recht die<br />
Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes mit sich br<strong>in</strong>gen. Derart gelagerte Fälle bezeichnet man<br />
dann als so genannte „formes solonnelles“ (feierliche Form).<br />
Im Gegensatz dazu gibt es jedoch auch die Möglichkeit, dass die E<strong>in</strong>haltung der Form nur<br />
dem Beweis im Streitfall dient. Hier spricht man von „formes probantes“ (beweiskräftige<br />
Form). Das Rechtsgeschäft besitzt zwar volle Gültigkeit, der Anspruchsberechtigte erhält<br />
jedoch nur e<strong>in</strong> materielles Recht. Prozessual wird er es nur dann durchsetzen können, wenn es<br />
ihm gel<strong>in</strong>gt, den Anspruch begründende schriftliche Äußerungen des Gegners beizubr<strong>in</strong>gen.<br />
Zeugenbeweise s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> solchen Fällen nicht zugelassen.<br />
E<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong>en solchen Fall ist jeder Kaufvertrag zwischen Privatleuten, der e<strong>in</strong>en<br />
Verkaufs-/Kaufpreis von 800 € (5000 FF) überschreitet. Dieser Sachverhalt ist <strong>in</strong> Art. 1341<br />
CC geregelt.<br />
Art. 1341. „Rechtsgeschäfte müssen notariell beurkundet oder privatschriftlich se<strong>in</strong>, wenn ihr<br />
Gegenstand e<strong>in</strong>e Summe oder e<strong>in</strong>en Wert übersteigt, der durch Verordnung bestimmt wird,<br />
selbst für H<strong>in</strong>terlegungsverträge, und es wird ke<strong>in</strong> Zeugenbeweis zugelassen gegen oder über<br />
den Inhalt der Urkunde h<strong>in</strong>aus, noch über da, was angeblich vor, während oder nach der<br />
Rechtshandlung gesagt wurde, falls es sich nicht um e<strong>in</strong>e niedrigere Summe oder niedrigeren<br />
Wert handelt. Das berührt nicht, was für Handelsverträge vorgeschrieben ist.“<br />
2.1.2. Besonderheiten bei Kaufleuten<br />
Wie dem letzten Satz des Art. 1341 CC zu entnehmen ist, gelten die <strong>in</strong> den vorangegangenen<br />
Ausführungen genanten Formvorschriften pr<strong>in</strong>zipiell nicht für Handelsverträge. Ähnlich wie<br />
im deutschen Recht, <strong>in</strong> dem Verträge zwischen Kaufleuten ergänzend im Handelsgesetzbuch<br />
(HGB) geregelt s<strong>in</strong>d, kennt man wie bereits erwähnt <strong>in</strong> Frankreich neben dem CC noch den<br />
„Code de Commerce“ (C.Com).<br />
Der C.Com sieht im Rechtsverkehr zwischen Kaufleuten ke<strong>in</strong>e besonderen Formerfordernisse<br />
vor. Die Schriftform wird aus Nachweisgründen jedoch empfohlen. Es ist gemäß Art. 109<br />
C.Com jedoch auch möglich, Beweise anders als durch schriftliche Verträge zu erbr<strong>in</strong>gen.<br />
Beispiele für derartige Beweise s<strong>in</strong>d: akzeptierte Rechnungen, Schriftverkehr,<br />
Zeugenaussagen, etc.<br />
55
Frankreich<br />
2.2. Verbraucherschutz<br />
In Frankreich ist der Verbraucherschutz, im Folgenden auch als Konsumentenschutz<br />
bezeichnet, sehr stark ausgeprägt. Der Konsument wird als zu schützendes Subjekt<br />
hervorgehoben. Unter Konsument versteht man nach der französischen Auffassung zum e<strong>in</strong>en<br />
hauptsächlich den Endverbraucher von Waren und Dienstleistungen, andererseits wird aber<br />
auch der Zwischenabnehmer/-händler als Konsument bzw. Verbraucher betrachtet.<br />
Grundlage des französischen Konsumentenschutzes s<strong>in</strong>d der „code de la consommation de<br />
1983“, der „nouveau code de commerce“ und die „strategie pour la politique des<br />
consommateurs de 2002 à 2006“. Die 1999 verabschiedete Verbraucherschutzrichtl<strong>in</strong>ie für<br />
<strong>Europa</strong>, die europaweit gewisse Standardrechte für Verbraucher vere<strong>in</strong>heitlichen soll, wurde<br />
<strong>in</strong> Frankreich bisher noch nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gesetz umgesetzt. Hauptverantwortlich für den<br />
Schutz des Konsumenten ist das M<strong>in</strong>isterium für Wirtschaft, F<strong>in</strong>anzen und Industrie unter<br />
Leitung von Monsieur Renaud Dutreil.<br />
Der Verbraucherschutz verfolgt <strong>in</strong> Frankreich die folgenden beiden Hauptaufgaben:<br />
1. Physische Sicherheit von Waren und Dienstleistungen<br />
2. Wirtschaftlicher Schutz des Verbrauchers, d.h. der<br />
Verbraucher soll durch h<strong>in</strong>reichende Aufklärung zu<br />
e<strong>in</strong>em eigenverantwortlich handelndem Wirtschafts-<br />
subjekt werden und somit am Marktgeschehen als<br />
gleichwertiger Partner der Kaufleute teilnehmen können.<br />
Zum Abschluss dieses Gliederungspunktes möchten wir noch e<strong>in</strong> Beispiel für die anfangs<br />
erwähnte starke Ausprägung des französischen Konsumentenschutzes geben. Hierzu bedienen<br />
wir uns dem Verbot missbräuchlicher Klauseln, auf das im franzischen Recht besonders Wert<br />
gelegt wird:<br />
Gerichte s<strong>in</strong>d dafür zuständig, die Verwendung missbräuchlicher Klauseln zu untersagen.<br />
Dabei können sie sich auf zwei nützliche Verzeichnisse beziehen. E<strong>in</strong>erseits die dem „Code<br />
de la consommation“ als Anlage beigefügte, aus der bereits erwähnten europäischen<br />
Richtl<strong>in</strong>ie entnommene, Liste mit 17 allgeme<strong>in</strong>verb<strong>in</strong>dlichen missbräuchlichen Klauseln.<br />
Zum anderen die Empfehlung der „Commission des Clausens Abusives“ (CCA), die e<strong>in</strong>e Art<br />
„rote Liste“ von missbräuchlichen Klauseln darstellt. Diese dient auch Verbrauchern als Hilfe<br />
zur Erkennung rechtswidriger Formulierungen.<br />
2.3. Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und ihre Ausgestaltung<br />
Das UN-Kaufrecht regelt das Zustandekommen(Angebot und Annahme) von Kaufverträgen<br />
e<strong>in</strong>schließlich der Vere<strong>in</strong>barung von AGB´s. Den eigentlichen Schwerpunkt bilden jedoch die<br />
Rechte und Pflichten des Käufers und des Verkäufers sowie ausführliche Bestimmungen für<br />
den Fall , dass e<strong>in</strong>e Seite die ihr obliegenden Vertragspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt.<br />
56
Frankreich<br />
Gemäß den Grundlagen des Code Civil (CC) ist e<strong>in</strong> Kaufvertrag abgeschlossen, sobald<br />
Käufer und Verkäufer übere<strong>in</strong>stimmende Willenserklärungen abgegeben haben. Une<strong>in</strong>igkeit<br />
h<strong>in</strong>dert den Vertragsschluss mangels Übere<strong>in</strong>stimmung, außer wenn sie sich auf<br />
Zusatzelemente(bzw. unwesentliche Bestandteile) des Vertrages beziehen ,also auf solche<br />
Bestandteile, welche die Parteien nicht zu wesentlichen gemacht haben. Die wesentlichen<br />
Bestandteile des Vertrages s<strong>in</strong>d die verkaufte Sache und der Preis. Die Übere<strong>in</strong>stimmung hat<br />
e<strong>in</strong>e sofortige und abschließende Wirkung, so dass ke<strong>in</strong>e Vertragspartei ohne Zustimmung der<br />
anderen Seite mehr die Ausführung des Vertrages verweigern darf.<br />
Nach den Regeln des französischen Rechts gilt e<strong>in</strong> Kaufvertrag dann als abgeschlossen, wenn<br />
die Zustimmung vom Vertragspartner abgegeben wird, nicht erst beim Empfang dieser<br />
Willenserklärung. Diese Regeln können jedoch durch vorvertragliche Klauseln abgeändert<br />
werden.<br />
Die Annahme kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen, gewisse Umstände oder<br />
Verhaltensweisen können als Übere<strong>in</strong>stimmung gedeutet werden. Der Angebotsempfänger<br />
kann das Angebot erörtern, soll heißen ,zu den Bed<strong>in</strong>gungen verhandeln, unter denen er zu<br />
e<strong>in</strong>er Annahmen bereit ist. Wenn er e<strong>in</strong> Gegenangebot aufstellt, so gilt dies als Ablehnung des<br />
ihm angetragenen Angebotes, begleitet von e<strong>in</strong>em neuen Angebot. Bis zur Annahme kann<br />
dieses frei widerrufen werden. Trotzdem gesteht die Rechtssprechung gelegentlich<br />
Schadensersatz zu, oder verurteilt zu der somit erzwungenen Ausführung des Vertrages ,<br />
wenn sie davon ausgeht, das von vornhere<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Widerruf dieses Angebotes geplant war.<br />
Nach Art. 1641 Code Civil haftete der Verkäufer verschuldensabhängig für verborgene<br />
Mängel der Kaufsache mit der Folge, das der Käufer Wandlung oder M<strong>in</strong>derung verlangen<br />
kann. Hat der Verkäufer den versteckten Fehler gekannt, ist er darüber h<strong>in</strong>aus nach Art. 1645<br />
CC zum Schadensersatz verpflichtet. Kannte der Käufer den Mangel, entfällt der<br />
Gewährleistungsanspruch. E<strong>in</strong>e eigentliche Gewährleistungsfrist gibt es nicht. Die<br />
Geltendmachung der Sachmängel ist auf e<strong>in</strong>e „kurze Frist“ nach deren Entdeckung<br />
beschränkt. Sie beträgt ca. sechs bis zwölf Monate.<br />
2.4. Kreditsicherungsmittel für bewegliches und unbewegliches Vermögen<br />
• Bürgschaft<br />
• Privilegien<br />
• Hypothek<br />
• Pfandrecht<br />
• Besitzabhängige Pfandrechte<br />
57
Frankreich<br />
2.5. Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen<br />
E<strong>in</strong> dem AGB-Gesetz vergleichbarer, von den Gerichten durchsetzbarer Schutz gegen<br />
missbräuchliche und unbillige Vertragsklauseln ist <strong>in</strong> Frankreich noch nicht vollständig<br />
erreicht. Auch das neue Verbraucherschutzgesetz v. 18.01.1992 erteilt den Gerichten nicht die<br />
Befugnis, unangemessene Vertragsklauseln für nichtig zu erklären. Allerd<strong>in</strong>gs kündigt das<br />
Gesetz e<strong>in</strong>en „ Code de la Consommation“ (Verbrauchergesetzbuch) an, das<br />
Verbraucherschützende Klauselverbote enthalten soll. Die Vorschriften betreffen nicht nur<br />
den Kauf von beweglichen Konsumgütern durch den Endverbraucher sondern auch den<br />
Erwerb von Immobilien durch Private. Der Richter wird „clauses abusives“ <strong>in</strong> solchen<br />
Verträgen außer Kraft setzen. Die Klauseln sollten vielmehr erst durch die Verordnung der<br />
Exekutive auf Vorschlag der „ Commission des Clauses abusives“ für unwirksam erklärt<br />
werden. Diese Commission hat zwar zahlreiche Empfehlungen ausgesprochen, jedoch wurden<br />
nur zwei Verbotsverordnungen erlassen.<br />
2.6. Übertragung des Eigentums an Grundstücken<br />
Zu den Besonderheiten des Grundstückkaufs & -verkaufs <strong>in</strong> Frankreich zählen<br />
• der unmittelbarer Übergang des Eigentums bei Vertragsabschluss<br />
• die verschiedene Formen von Vorverträgen<br />
• der Umfang der Haftung für Sach- & Rechtsmängel und<br />
• e<strong>in</strong>ige steuerliche Aspekte des Grundstückgeschäfts<br />
2.6.1. Allgeme<strong>in</strong><br />
Natürliche Personen können <strong>in</strong> Frankreich ohne weiteres Grundstücke erwerben und<br />
veräußern. Das Gleiche gilt für juristische Personen, wenn ihre Rechtspersönlichkeit <strong>in</strong><br />
Frankreich anerkannt ist.<br />
Die Parteien könne e<strong>in</strong>e Drittperson zu e<strong>in</strong>em Grundstückkauf bevollmächtigen, wobei e<strong>in</strong><br />
Notar im Allgeme<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e notariell beurkundete Vollmacht verlangt.<br />
Die Vertragsparteien müssen selbstverständlich rechts- & handlungsfähig se<strong>in</strong>.<br />
2.6.2. Beteiligte am Grundstückkauf &-verkauf<br />
a) Die Immobiliar<strong>in</strong>vestitionsgesellschaft ( „S.C.I.“ )<br />
Überaus flexible Gesellschaftsform, die den allgeme<strong>in</strong>en Regeln der Zivilgesellschaften<br />
unterworfen ist. Sie dient der Verwaltung e<strong>in</strong>er oder mehrerer Immobiliarobjekte, welche<br />
von Teilhabern beispielsweise bei der Gründung als Sache<strong>in</strong>lage e<strong>in</strong>gebracht werden.<br />
E<strong>in</strong>erseits ermöglicht sie mehreren Personen den geme<strong>in</strong>samen Grundstückerwerb,<br />
andererseits wird beim Ableben e<strong>in</strong>es Eigentümers mit mehreren Erben e<strong>in</strong>e komplizierte<br />
Teilung vermieden, da lediglich e<strong>in</strong> Anrecht auf Gesellschaftsanteile besteht.<br />
58
Frankreich<br />
b) Der Immobilienmakler ( „agent immobilier“ )<br />
Se<strong>in</strong>e Tätigkeit wird <strong>in</strong> Frankreich durch das Gesetz vom 2.Januar 1970 erfasst. „Der<br />
Immobilienmakler ist e<strong>in</strong> Kaufmann, dessen Tätigkeit durch e<strong>in</strong>e Provision („commission“)<br />
vergütet wird“. Neben gewissen beruflichen Pflichten, wie dem Führen e<strong>in</strong>es<br />
chronologischen Registers der erhaltenen Aufträge sowie dem lesbaren Anschlagen se<strong>in</strong>er<br />
Gewerbesche<strong>in</strong>nr. & Umfang der Garantie, besteht ebenfalls e<strong>in</strong>e Aufklärungspflicht.<br />
Diese bezieht sich <strong>in</strong>sbesondere auf den Auftragsumfang, den Wert des Objekts und die<br />
geltenden gesetzlichen Vorschriften (weite Auslegung franz. Gerichte).<br />
Der erteilte Auftrag muss zw<strong>in</strong>gend schriftlich abgefasst se<strong>in</strong> und bestimmte Klauseln<br />
enthalten. E<strong>in</strong>e zeitliche Beschränkung als auch die festgelegte Provision s<strong>in</strong>d Bestandteil<br />
dessen.<br />
Grundsätzlich handelt es sich um e<strong>in</strong>e auf die Vermittlung e<strong>in</strong>es Vertrags gerichtete<br />
Beauftragung.<br />
c) Der Notar<br />
Se<strong>in</strong>e Mitwirkung ist bei jedem Liegenschaftserwerb notwendig, da nur der Notar den<br />
sogenannten „acte authentique“, d.h. den öffentlich beurkundeten Kaufvertrag aufsetzen<br />
kann, der für die E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong>s Grundbuch („fichier dela conservation des hypotheques“)<br />
unumgänglich ist. Erst mit dem Grundbuche<strong>in</strong>trag kann der Eigentumsübergang Dritten<br />
entgegengehalten werden.<br />
Abgesehen von der Aufklärungspflicht, muss er sich zusätzlich über die Zweckmäßigkeit<br />
der Verträge, die Rechte der Parteien, ihre Identität etc. versichern.<br />
2.6.3. Der Vertragsgegenstand<br />
Dieser muss bestimmt oder bestimmbar se<strong>in</strong>. Ferner machen die Regeln des Grundbuches<br />
e<strong>in</strong>e klare Identifizierung der Liegenschaft unumgänglich, wozu die Beschreibung des<br />
Grundstücks, des Ortes, die Fläche & Parzellennr. sowie Straße & Hausnr. gehören.<br />
a) Verkauf e<strong>in</strong>es Stockwerkeigentumsanteil („lot de copropriete“)<br />
Nach Informieren der Stockwerkeigentümer kann der Ver-/kauf frei erfolgen. Zw<strong>in</strong>gend ist<br />
dabei das Erwähnen der Fläche des vom Sonderrecht erfassten Teil. Bei Nichtbeachtung<br />
kann der zu Schaden gekommene Erwerber während 1 Jahres M<strong>in</strong>derung des Kaufpreises<br />
verlangen.<br />
Die Verwendung des Anteils kann durch Bestimmungen im Stockwerkeigentumsreglement<br />
beschränkt werden.<br />
b) Mangels entgegenstehender Abmachungen f<strong>in</strong>det der Ver-/kauf mit Bestandteilen statt, d.h.<br />
was nicht abtrennbar ist und zum Gebrauch unerlässlich. Dort bef<strong>in</strong>dliche Möbel & an die<br />
Person des Eigentümers gebundene Rechte werden vom Ver-/kauf nicht erfasst.<br />
Der Mieter verfügt im Allgeme<strong>in</strong>en über e<strong>in</strong> Vorkaufsrecht bei Kündigung des Verkäufers<br />
59
Frankreich<br />
zum Zweck des Verkaufs der Liegenschaft. In diesem Fall muss der Verkäufer dem Mieter<br />
m<strong>in</strong>destens 6Monate vor Ablauf des Mietvertrages e<strong>in</strong>e Kaufofferte machen.<br />
2.6.4 Offerte & Akzept<br />
Im juristischen S<strong>in</strong>ne muss das zum Verkauf angebotene Objekt m<strong>in</strong>destens preislich<br />
bestimmt oder bestimmbar se<strong>in</strong>. Sie muss ohne Vorbehalt, im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Aufforderung zur<br />
E<strong>in</strong>leitung von Verhandlungen formuliert werden, um die b<strong>in</strong>dende Wirkung e<strong>in</strong>es<br />
vorbehaltlos abgegebenen Akzepts zu vermeiden. Aufmerksamkeit gilt der Tatsache, dass der<br />
Kaufvertrag gemäß Art. 1583 des franz. Zivilgesetzbuches („Code Civil“) „gültig zustande<br />
gekommen ist, sobald die Offerte ohne Vorbehalt akzeptiert wurde.<br />
Der Austausch der übere<strong>in</strong>stimmenden gegenseitigen Willensäußerungen der Parteien ist<br />
formlos gültig und zur Vertragsbildung genügend.“<br />
Ohne Fristsetzung kann die Offerte frei widerrufen werden. Richtet sie sich an e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Person, ist der Widerruf erst nach Ablauf e<strong>in</strong>er angemessenen Frist möglich.<br />
Seit dem Gesetz „SRU“ (vom 13.12.2000) verfügt der nicht berufsmäßige Käufer über e<strong>in</strong>e<br />
Frist von 7 Tagen zum Widerruf.<br />
Immobilienagenturen fordern häufig e<strong>in</strong>e Kaufofferte des Interessenten, also e<strong>in</strong> schriftliches<br />
Kaufangebot mit/ohne Gültigkeitsdauer. Bei Akzeptanz durch den Verkäufer kommt dann e<strong>in</strong><br />
gültiger Vertrag zustande. Der Vorteil des Verkäufers besteht <strong>in</strong> der Auswahl zwischen<br />
mehreren Offerten.<br />
E<strong>in</strong>e Offerte ohne Gültigkeitsdauer kann jederzeit zurückgenommen werden, solange der<br />
Verkäufer sie nicht angenommen hat. Gemäß dem oben genannten „SRU“ „ist e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>seitiges<br />
Versprechen im H<strong>in</strong>blick auf den Erwerb e<strong>in</strong>es Grundstückes nichtig, wenn e<strong>in</strong> Geldbetrag<br />
verlangt oder entgegengenommen wird.“<br />
2.6.5 Die Vorverträge<br />
In den überaus meisten Fällen wird e<strong>in</strong> Liegenschaftsgeschäft mit e<strong>in</strong>em Vorvertrag<br />
abgeschlossen.<br />
a) Das e<strong>in</strong>seitiges Verkaufsversprechen ( „promesse unilaterale“ )<br />
In e<strong>in</strong>em formlos gültigen, üblicherweise notariell beglaubigten Verkaufsversprechen<br />
verpflichtet sich der Eigentümer, die Liegenschaft dem Begünstigten zu verkaufen, der zum<br />
e<strong>in</strong>en über e<strong>in</strong>e gewisse Frist verfügt, um se<strong>in</strong>en Entscheid zu bestätigen, zum anderen<br />
besitzt er e<strong>in</strong>e Kaufoption, die gegen H<strong>in</strong>terlegung e<strong>in</strong>es Geldbetrages (allg. 10% des<br />
Kaufpreises) <strong>in</strong> die Praxis umgesetzt wird. Grundsätzlich wird dem Begünstigten der<br />
Geldbetrag zurückbezahlt, wenn die Option nicht wahrgenommen wird.<br />
Das e<strong>in</strong>seitige Verkaufsversprechen muss bei der Steuerverwaltung registriert werden.<br />
60
Frankreich<br />
Die Unterlassung zieht die Nichtigkeit des Versprechens nach sich.<br />
Das Optionsrecht des Begünstigten kann an e<strong>in</strong>e Drittperson übertragen werden. Häufig ist<br />
das die <strong>in</strong> der Zwischenzeit gegründete „S.C.I.“.<br />
b) Das gegenseitige Verkaufsversprechen ( „promesse synallagmatique“ )<br />
Verpflichtung der Parteien, Ver-/kauf bei e<strong>in</strong>em bestimmten Preis durchzuführen. Gemäß<br />
Art. 1489 Zivilgesetzbuch „kommt das Verkaufsversprechen dem Verkauf gleich, wenn<br />
E<strong>in</strong>igkeit über die Sache und den Preis besteht.“ Das gegenseitige Verkaufsversprechen<br />
be<strong>in</strong>haltet sämtliche Elemente des endgültigen Vertrags. In der Praxis enthält es ebenfalls<br />
e<strong>in</strong>e oder mehrere Suspensivbed<strong>in</strong>gungen bezüglich e<strong>in</strong>er zukünftigen und ungewissen<br />
Tatsache. Nach franz. Recht ist die potestative Bed<strong>in</strong>gung anzufügen, d.h. wenn die<br />
Erfüllung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Handlung e<strong>in</strong>er Vertragspartei besteht, die Ungültigkeit der Obligation<br />
zur Folge hat.<br />
„Das gegenseitige Verkaufsversprechen ist e<strong>in</strong> Vorvertrag, anhand dessen die Parteien<br />
sich zum Ver-/kauf zu e<strong>in</strong>em bestimmten Preis verpflichten.“<br />
Er ist unabhängig von anderen Verträgen oder kann Teil e<strong>in</strong>es anderen Vertrages se<strong>in</strong>.<br />
Im Fall der Missachtung kann der Begünstigte lediglich Schadensersatz geltend machen.<br />
E<strong>in</strong>e Ungültigkeitserklärung des Verkaufs ist nur möglich, wenn der Käufer nicht nur<br />
Kenntnis des Rechts hatte, sondern auch von dessen Absicht, es auszuüben.<br />
2.6.6 Der Abschluss des endgültigen Kaufvertrags<br />
Im Allgeme<strong>in</strong>en wird der Vorvertrag durch Unterzeichnung e<strong>in</strong>es notariell beurkundeten<br />
Vertrags erfüllt, der weitgehend dem Inhalt des Vorvertrags entspricht, was dessen zentrale<br />
Bedeutung offenbar macht. Die Frist zwischen diesen Verträgen beträgt grundsätzlich 2-3<br />
Monate und dient dem Notar zur Beschaffung der notwendigen Unterlagen.<br />
Nach franz. Rechtsauffassung ist „der Vertrag gültig zustande gekommen und das Eigentum<br />
übertragen worden, sobald die Parteien die übere<strong>in</strong>stimmenden Willenserklärungen<br />
ausgetauscht haben.“ E<strong>in</strong> Notar nimmt danach die öffentliche Beurkundung des Vertrages<br />
vor, damit der Vertragsabschluss grundbuchamtlich publiziert werden kann und somit auch<br />
gegenüber 3. wirksam ist.<br />
Die Gefahr geht zusammen mit dem Eigentum vom Verkäufer auf den Käufer über. Bei<br />
e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>seitigen Verkaufsversprechen geht die Gefahr mit Ausübung der Kaufsoption über,<br />
unabhängig davon, ob Sache schon übertragen oder bezahlt wurde. Besondere<br />
Aufmerksamkeit gilt den Vertragsklauseln, da eventuelle Schäden vom Käufer getragen<br />
werden müssen, obwohl er noch nicht Eigentümer ist.<br />
Der Käufer wird Besitzer durch Übergabe der Schlüssel.<br />
Jeder Ver-/kauf muss <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Monatsfrist beim Steueramt registriert und<br />
Mutationskosten bezahlt werden. Der Besitzantritt kann als Eigentumsübertragung qualifiziert<br />
werden.<br />
61
Frankreich<br />
Zudem sollte der Verkäufer e<strong>in</strong>e Garantie e<strong>in</strong>holen, dass der Kaufpreis und weitere Kosten<br />
auch wirklich bezahlt werden können.<br />
2.6.7 Die Pflichten des Verkäufers<br />
Er hat den Käufer bezüglich der Liegenschaft über se<strong>in</strong>e Grundfläche, die Bauweise,<br />
beschränkte d<strong>in</strong>gliche Rechte, hängige Verfahren etc. zu <strong>in</strong>formieren. Ebenfalls muss er den<br />
Besitz übertragen, d.h. im Zustand zum Zeitpunkt des Verkaufs.<br />
Der Verkäufer gewährt dem Käufer den friedlichen Genuss von Eigentum und Besitz<br />
(„garantie d’eviction“).Besonders wichtig stellt sich die Klausel „charges et conditions“ dar,<br />
gemäß der der Verkäufer zulasten des Käufers se<strong>in</strong>e Haftung <strong>in</strong>sbesondere bezüglich<br />
versteckter Mängel teilweise reduzieren kann.<br />
„Sowohl natürliche als auch juristische Personen s<strong>in</strong>d für den realisierten Gew<strong>in</strong>n<br />
steuerpflichtig.“<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden:<br />
• Jede Partei sollte über ihren eigenen Notar und für den Vorvertrag über e<strong>in</strong>en eigenen<br />
Rechtsbeistand verfügen<br />
• Es ist auf die Redaktion der Vertragsofferte und ganz besonders des Vorvertrags zu<br />
achten<br />
• Der Käufer hat die Liegenschaft, welche er zu kaufen beabsichtigt, selbstverständlich<br />
sorgfältig auf Mängel zu untersuchen und die entsprechenden Abklärungen zu treffen.<br />
2.7. Die Stellung des Gläubigers im Insolvenzfall<br />
Das deutsche Insolvenzrecht ist sehr zu Gunsten der Gläubiger ausgelegt. Mith<strong>in</strong> dauert die<br />
„Wohlverhaltensperiode“ 6 Jahre. In Deutschland ist mit e<strong>in</strong>er Dauer des Verfahrens von<br />
gegenwärtig 7-9 Jahren bis zur Erlangung der Restschuldbefreiung zu rechnen.<br />
Das EU-Ausland, <strong>in</strong>sbesondere Frankreich, ist bedeutend schuldnerfreundlicher und gibt<br />
se<strong>in</strong>en Bürgern wesentlich schneller die Möglichkeit e<strong>in</strong> normales Leben schuldenfrei zu<br />
führen.<br />
62
Frankreich<br />
2.7.1. Vorteile des Schuldners- Nachteile des Gläubigers<br />
Wie schon erwähnt, beansprucht das Insolvenzverfahren <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>en Zeitraum von<br />
m<strong>in</strong>destens 7-9 Jahren. An e<strong>in</strong>en vom Gericht festgesetzten Treuhänder muss der pfändbare<br />
Teil des E<strong>in</strong>kommens während der Wohlverhaltensphasen abgetreten werden. Die<br />
Gerichtskosten können vorübergehend gestundet aber nicht erlassen werden.<br />
In Frankreich dauert dieses Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung je nach Komplexität<br />
zwischen 9-18 Monaten. E<strong>in</strong>e Wohlverhaltenphase von 5-6 Jahren gibt es dort nicht. Mit<br />
Beschluss vom 18.09.2001 hat der Bundesgerichtshof <strong>in</strong> Karlsruhe (BGH) festgelegt, dass<br />
„die Entscheidungen der franz. Gerichte von jedem deutschen Gericht anerkannt werden<br />
müssen, sofern sich dieses franz. Gericht für zuständig erklärt.“ Also können auch deutsche<br />
Staatsbürger <strong>in</strong> Frankreich das Verfahren erfolgreich durchführen, wenn sichergestellt ist,<br />
dass e<strong>in</strong> Verbraucher<strong>in</strong>solvenzverfahren auf sie zutrifft.<br />
2.7.2. Ablauf des Verfahrens <strong>in</strong> Frankreich<br />
Durch e<strong>in</strong>en Anwalt wird der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren & auf Erteilung<br />
der Restschuldbefeiung unter Vorlage e<strong>in</strong>es Mietvertrags (m<strong>in</strong>destens 6 Monate vor<br />
Antragsstellung), e<strong>in</strong>er Liste de Pieces, e<strong>in</strong>er Zusammenstellung der Gläubiger,<br />
Geburtsurkunde usw.<br />
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden alle Zwangs- und<br />
Vollstreckungsmaßnahmen gestoppt. Sie kommen also <strong>in</strong> den Genuss des vollen<br />
Gläubigerschutzes.<br />
Nach Übergabe e<strong>in</strong>es Berichts über ihre Rechts- und Sachlage durch den Insolvenzverwalter<br />
wird, sofern ke<strong>in</strong>e Masse vorhanden ist, das Verfahren wie <strong>in</strong> Deutschland abgewiesen.<br />
Anschließend wird das Gericht die Erteilung der Restschuldbefreiung vornehmen.<br />
Der Gläubiger hat demnach kaum bis gar ke<strong>in</strong>e Anspruchsgrundlage.<br />
2.8. Das Wettbewerbsrecht und se<strong>in</strong>e Grundstrukturen<br />
Das Wettbewerbsrecht umfasst die Gesamtheit aller Regeln, die auf Marktteilnehmer im<br />
Wettbewerb Anwendung f<strong>in</strong>den, damit der Wettbewerb ausreichend & nicht ausufernd ist.<br />
Der Gebrauch der französischen Sprache <strong>in</strong> Werbung und Warenvertrieb ist zw<strong>in</strong>gend.<br />
Es hat die e<strong>in</strong>zelnen Marktteilnehmer zu schützen und zugleich den Wettbewerb im<br />
öffentlichen Interesse zu erhalten.<br />
63
Frankreich<br />
Das Verbraucherschutzgesetz ist ke<strong>in</strong> konzeptioneller Teil des Wettbewerbsrechts, es<br />
bestehen aber zum Teil sehr ausufernde & restriktive Verbraucherschutzregeln im<br />
„Code de la Consommation“(Konsumentengesetz). Weiter Rechtsgrundlagen stellen die von<br />
der Rechtssprechung aus dem allgeme<strong>in</strong>en Deliktsrecht abgeleiteten Grundsätze sowie die<br />
Verordnung über Werbevorschriften dar.<br />
2.8.1. Institutionen<br />
a) Direction Generale<br />
E<strong>in</strong>e Abteilung des M<strong>in</strong>isteriums für Wirtschaft und F<strong>in</strong>anzen, die das Funktionieren des<br />
Marktes überwacht. Zum Schutz des Verbrauchers und als Hüter<strong>in</strong> der Wettbewerbsfreiheit<br />
kann sie Richtl<strong>in</strong>ien erlassen, um wettbewerbswidrige Praktiken zu unterb<strong>in</strong>den.<br />
b) Conseil de la Concurrence<br />
Als unabhängige Verwaltungsbehörde mit weitreichenden Machtbefugnissen ausgestattet,<br />
kann sie Entscheidungen fällen und Sanktionen verhängen. Diese beziehen sich auf<br />
Rechtsschutzmaßnahmen, Beendigung oder Änderung wettbewerbswidriger Praktiken<br />
und die Weiterleitung von Akten an die Staatsanwaltschaft (Verordnung vom 01.12.1986)<br />
Der Conseil hat e<strong>in</strong>e beratende und e<strong>in</strong>e rechtssprechende Aufgabe. Er setzt sich aus 16<br />
Mitgliedern zusammen, aus Bereichen der ordentlichen oder<br />
Verwaltungsgerichtsbarkeit, den Berufsgruppen oder aufgrund ihrer Kompetenzen <strong>in</strong><br />
wirtschaftlichen, wettbewerbsrechtlichen oder verbraucherrechtlichen Angelegenheiten.<br />
Die Benennung erfolgt alle 6 Jahre.<br />
c)Die Gerichtsbarkeit<br />
Als Zivil- & Strafgerichtsbarkeit und evtl. Verwaltungsgerichtsbarkeit sichern sie den<br />
Respekt vor der Freiheit des Wettbewerbs, <strong>in</strong>sbesondere im Fall der „Concurrence<br />
deloyale“. Darunter wird e<strong>in</strong> Wettbewerbshandeln verstanden, das sich <strong>in</strong> exzessiven<br />
oder aggressiven Verhaltensweisen äußert. Nicht jedes „wilde“ Verhalten wird akzeptiert,<br />
die Wettbewerber sollen die „usages loyaux du commerce“ also die Handelssitten<br />
akzeptieren.<br />
2.8.2. Grundsatz<br />
Die Generalklauseln der Art. 1382 & 1383 Code Civil „verpflichten jede Person dazu, den<br />
Schaden wieder gut zu machen, den sie angerichtet haben“(wettbewerbsrechtlicher<br />
Schadensersatz- und Unterlassungsanspruch).<br />
Die Elemente des wettbewerbsrechtlichen Anspruchs s<strong>in</strong>d:<br />
• E<strong>in</strong> rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten<br />
• E<strong>in</strong> Schaden<br />
• Die Kausalität zwischen dem Verhalten und dem Schaden<br />
64
Frankreich<br />
Die wettbewerbswidrigen Handlungen werden <strong>in</strong> 9 verschiedenen Fallgruppen erfasst.<br />
2.8.3. Auswirkung auf die e<strong>in</strong>zelnen Bereiche<br />
a) Direktmarket<strong>in</strong>g<br />
Brief-, Telefon- und Faxwerbung ist zulässig. Will man ke<strong>in</strong>e derartigen Anrufe erhalten,<br />
kann man sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e„orangefarbenen Liste“ (France Telecom) e<strong>in</strong>tragen lassen.<br />
b) Werbung mit dem Preis<br />
Wie <strong>in</strong> Deutschland gelten auch hier die Grundsätze der Preisklarheit &-wahrheit. Der<br />
Verbraucher ist über Preise, Zahlungsbed<strong>in</strong>gungen und eventuelle<br />
Haftungsbeschränkungen zu unterrichten.<br />
E<strong>in</strong>e produktübergreifende Regelung der Rabatte gibt es nicht. Bei Beachtung des<br />
E<strong>in</strong>standspreis und des allgeme<strong>in</strong> kartellrechtlichen Diskrim<strong>in</strong>ierungsverbot s<strong>in</strong>d sie<br />
grundsätzlich zulässig.<br />
c) Zugaben<br />
Verboten s<strong>in</strong>d Verkäufe und Dienstleistungen oder andere Angebote, die kostenlos das<br />
Recht gewähren, e<strong>in</strong>e Zugabe <strong>in</strong> Form von Waren, Gütern oder Dienstleistungen zu<br />
verlangen. Verstöße s<strong>in</strong>d strafbar. Ausnahmen gelten für identische Waren oder<br />
Dienstleistungen („3 zum Preis von 1“). Treuekarten und Muster mit e<strong>in</strong>er<br />
entsprechenden Aufschrift s<strong>in</strong>d vom Zugabeverbot nicht erfasst.<br />
d) Vergleiche<br />
Das Grundsatzurteil des Kassationshofes aus dem Jahre 1986 lässt vergleichende Werbung<br />
zu. Wesentliche, bedeutsame, relevante und nachprüfbare Eigenschaften dürfen auf<br />
neutrale & objektive Art & Weise mite<strong>in</strong>ander verglichen werden, wenn der verglichene<br />
Konkurrent zuvor <strong>in</strong>formiert wurde, und zwar frühzeitig.<br />
e) Schädigung und Ausnutzen von Konkurrenten<br />
Kritisierende und herabsetzende Werbung (denigrement) ist unzulässig. Ebenso<br />
unzulässig ist die Nachahmung von Firma, Logo, Marke oder Produktaufmachung<br />
mit dem Ziel, von dessen guten Ruf zu profitieren.<br />
2.8.4. Rechtsverfolgung<br />
Wie <strong>in</strong> Deutschland auch, so kann gegen Wettbewerbsverstöße zivilrechtlich vorgegangen<br />
werden. Die Besonderheit <strong>in</strong> Frankreich liegt <strong>in</strong> der überwiegend auch strafrechtlichen<br />
Sanktionierung. Das entsprechende Ermittlungsverfahren kann sowohl von Verbrauchern als<br />
auch der „Direction Generale de la Concurrence, de la Consommation et de la Repression des<br />
Fraudes“ e<strong>in</strong>geleitet werden.<br />
65
2.9. Das UN- Kaufrecht <strong>in</strong> Frankreich<br />
Frankreich<br />
Das UN- Kaufrecht regelt das Zustandekommen (Angebot & Annahme) von Kaufverträgen<br />
(auch Werklieferungsverträge) e<strong>in</strong>schließlich der Vere<strong>in</strong>barungen über Allgeme<strong>in</strong>e<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen. Den eigentlichen Schwerpunkt bilden die Rechte und Pflichten des<br />
Käufers und Verkäufers sowie ausführliche Bestimmungen für den Fall, dass e<strong>in</strong>e Seite die<br />
ihr obliegenden Vertragspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt.<br />
Frankreich unterzeichnete den Vertrag zum UN- Kaufrecht am 27.08.1981. Die Ratifizierung<br />
folgte am 06.08.1982. Das Übere<strong>in</strong>kommen der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über Verträge über den<br />
<strong>in</strong>ternationalen Warenverkauf tritt dann letztendlich knapp 6 Jahre später am 01.01.1988 <strong>in</strong><br />
Kraft.<br />
Im Vergleich dazu wird <strong>in</strong> Deutschland der Vertrag am 26.05.1981 unterzeichnet, die<br />
Ratifizierung erfolgt erst am 21.12.1989 und schließlich am 01.01.1991 tritt es auch <strong>in</strong> Kraft.<br />
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens hat ke<strong>in</strong>erlei Bedeutung. Nach Art. 1, Abs. 1b CISG<br />
„ist das Übere<strong>in</strong>kommen auch dann anzuwenden, wenn die Regeln des <strong>in</strong>ternationalen<br />
Privatrechts zur Anwendung des Rechts e<strong>in</strong>es Vertragsstaates führen.“ Dies ist auch beim<br />
maßgeblichen französischen <strong>in</strong>ternationalen Privatrecht der Fall.<br />
Bei <strong>in</strong>ternationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen muss h<strong>in</strong>gegen das Haagener<br />
Übere<strong>in</strong>kommen vom 15.06.1955 beachtet werden.<br />
66
3. Literatur und L<strong>in</strong>kangaben<br />
Frankreich<br />
Selbstverständlich gibt es zum französischen Privatrecht zahlreiche Lehrbücher,<br />
Enzyklopädien und Publikationen <strong>in</strong> der französischen Landessprache, deren Lektüre für den<br />
deutschsprachigen Studenten, selbst wenn er die Sprache ausreichend gut beherrschen sollte,<br />
wohl zunächst mit zu großen Schwierigkeiten verbunden wäre. Doch gibt es daneben auch<br />
gute Kurze<strong>in</strong>führungen <strong>in</strong> deutscher Sprache, die dem Interessierten aus e<strong>in</strong>er Rechtsordnung<br />
e<strong>in</strong>es anderen Rechtskreises den Zugang zu diesen Rechten erheblich erleichtern; zudem<br />
haben wir auf zahlreichen Internet-Seiten von Rechtsanwälten oder sonstigen Institutionen gut<br />
verwertbare Informationen f<strong>in</strong>den können. In der Folge führen wir die herangezogenen<br />
Quellen auf:<br />
• Ulrich Hübner/Vlad Constant<strong>in</strong>esco, E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das französische Recht,<br />
Jus-Schriftenreihe<br />
• Hans Jürgen Sonnenberger/Eugen Schwe<strong>in</strong>berger, E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das französische<br />
Recht<br />
• Georges E. Hubrecht, Das französische Zivilrecht (1974)<br />
• Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, 2. Auflage, <strong>in</strong>sbesondere Band II<br />
• http://www.uni-kiel.de<br />
• http://www.osec.ch<br />
• http://www.uni-bayreuth.de<br />
• http://europa.eu.<strong>in</strong>t<br />
• http://www.schmeltz.fr<br />
• http://www.f<strong>in</strong>ances.gouv.fr<br />
• http://www.legamedia.net<br />
• http://www.saarland.ihk.de<br />
• http://www.cisg-library.org<br />
• http://www.firma-ausland.de<br />
• http://www.dr-hoek.de<br />
• http://www.bfai.com<br />
67
Griechenland<br />
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
Hauptstadt: Athen<br />
Bevölkerung: ca. 10,5 Mio. E<strong>in</strong>wohner (D: 82,5 Mio.)<br />
Gesamtfläche: 131.990 km² (D: 357 023 km²)<br />
Regionen: Griechenland ist <strong>in</strong> 13 Regionen aufgeteilt<br />
Sprache: Griechisch<br />
Religion: 97,5 % griechisch-orthodox, 1,3 % Moslems<br />
Politische Daten:<br />
Staatsform: parlamentarische Demokratie<br />
Verfassung: Republik; Verfassung am 11.6.1975 <strong>in</strong> Kraft<br />
getreten<br />
Staatspräsident: Konstant<strong>in</strong>os Stefanopoulos<br />
M<strong>in</strong>isterpräsident: Kostas Karamanlis<br />
Wirtschaftliche Daten (Stand: 2003):<br />
BIP pro Kopf: 13.950 € (D: 25.800 €)<br />
Arbeitslosenquote: 9,5 %<br />
Wirtschaftsstruktur: Landwirtschaft: 7%, Industrie: 23 %,<br />
Dienstleistung: 70%<br />
die wichtigsten Handelspartner: Deutschland, Italien, Frankreich, USA,<br />
Großbritannien, Bulgarien<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja,<br />
welche?<br />
Beim Grundstückskauf gibt es besondere Regelungen für die Form der Verträge,<br />
diese s<strong>in</strong>d jedoch unter Frage 7 ausgearbeitet. E<strong>in</strong> wichtiges Problem, welches <strong>in</strong> Griechenland<br />
gelöst werden muss, ist das Problem der digitalen Signatur. Anders als z.B. <strong>in</strong> Deutschland oder<br />
<strong>in</strong> Frankreich, wo Gesetze zur digitalen Signatur verabschiedet wurden oder <strong>in</strong> Vorbereitung<br />
s<strong>in</strong>d, gibt es <strong>in</strong> Griechenland ke<strong>in</strong>e konkreten Pläne für die zukünftige Zulassung der<br />
elektronischen Verfahrense<strong>in</strong>leitung. Weitere genaue Regelungen haben wir leider nicht<br />
gefunden.<br />
68
Griechenland<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Das Handelsrecht (emporikon dikaion) wird <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Teil des Rechts der Kaufleute<br />
und <strong>in</strong> das private Seerecht unterteilt. Es ist sehr stark von der französischen Rechtssprechung<br />
bee<strong>in</strong>flusst und ist faktisch e<strong>in</strong>e Übersetzung des ursprünglichen französischen Handelsrechts.<br />
Grundlage ist das Gewerbe der Kaufleute, d.h. der Personen, welche <strong>in</strong> Handelsgeschäfte<br />
verwickelt s<strong>in</strong>d und deren Hauptbeschäftigung der Handel ist. Bei der Entwicklung der<br />
Rechtsprechung haben sich die griechischen Gesetzgeber an der Handelsgesetzgebung von<br />
Ländern mit höher entwickelten Wirtschaftssystemen orientiert. Neuere Bereiche der<br />
Gesetzgebung, wie Kartell- und Bankengesetzgebung, welche über das Gebiet des traditionellen<br />
Rechts h<strong>in</strong>ausgehen, werden durch spezifische Statuten e<strong>in</strong>gebunden.<br />
3) Wo und wie ist Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz wird geregelt durch das Gesetz 2251/94. Das griechische<br />
Handelsm<strong>in</strong>isterium hat sich 1994 für e<strong>in</strong>e Reform des Verbraucherschutzgesetzes entschieden,<br />
wobei hier die neuen EU-Richtl<strong>in</strong>ien e<strong>in</strong>gearbeitet wurden. In deren Mittelpunkt stand die<br />
E<strong>in</strong>führung der Verbandsklage. Diese besagt, dass jede Verbraucherorganisation, die gewisse<br />
Anforderungen erfüllt, e<strong>in</strong>e Klage zum Schutz der kollektiven Interessen der Verbraucher<br />
erheben und die Unterlassung von rechtswidrigem Verhalten des Anbieters verlangen kann.<br />
Des weiteren ist <strong>in</strong> Griechenland e<strong>in</strong> neues allgeme<strong>in</strong>es Verbraucherschutzgesetz mit wichtigen<br />
Bestimmungen zum Kundendienst erlassen worden, nach welchem der Verkäufer verpflichtet ist,<br />
e<strong>in</strong>e Bedienungsanleitung mitzuliefern, ferner den Käufer über die voraussichtliche Lebensdauer<br />
der erworbenen Erzeugnisse zu <strong>in</strong>formieren und <strong>in</strong>nerhalb dieser Zeitspanne für Reparatur- und<br />
Wartungsdienste bereitzustehen.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Leider ke<strong>in</strong>erlei Material, das zur Beantwortung dieser Frage notwendig ist, erhalten oder<br />
gefunden.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches<br />
(z.B. Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Kreditsicherungsmittel für unbewegliches Vermögen:<br />
1. Dienstbarkeiten<br />
Dienstbarkeiten existieren als d<strong>in</strong>gliche Dienstbarkeiten und persönliche<br />
69
Griechenland<br />
Dienstbarkeiten.<br />
a. Die d<strong>in</strong>glichen Dienstbarkeiten belasten e<strong>in</strong> Grundstück zugunsten e<strong>in</strong>es anderen,<br />
unabhängig von den jeweiligen Eigentumsverhältnissen an den Grundstücken. Die<br />
Dienstbarkeit wird zugunsten des herrschenden Grundstücks am dienenden<br />
Grundstück bestellt. Sie werden durch notarielle Urkunde errichtet und im Grundbuch<br />
e<strong>in</strong>getragen.<br />
b. E<strong>in</strong>e persönliche Dienstbarkeit wird an e<strong>in</strong>em Grundstück zugunsten e<strong>in</strong>er<br />
bestimmten Person bestellt. Sie ist mith<strong>in</strong> an die Existenz e<strong>in</strong>er Person geknüpft.<br />
Stirbt die Person oder geht sie unter (bei juristischen Personen), erlischt die<br />
persönliche Dienstbarkeit.<br />
c. Der Nießbrauch ist e<strong>in</strong> Unterfall der Dienstbarkeit. Er kann durch Ersitzung und<br />
notariellen Akt erlangt werden. Der Nießbrauch kann auch an Wohnungseigentum<br />
bestellt werden.<br />
d. Das Wohnungsrecht ist e<strong>in</strong> Unterfall der Dienstbarkeit. Es verschafft dem<br />
Begünstigten das exklusive Nutzungsrecht. Der Berechtigte hat das Recht, die<br />
Wohnung alle<strong>in</strong> oder mit se<strong>in</strong>er Familie samt Personal zu nutzen.<br />
Die Dienstbarkeiten stellen ke<strong>in</strong>e Sicherheit dar, mit Ausnahme möglicherweise des<br />
Nießbrauchs.<br />
2. Hypotheken<br />
An e<strong>in</strong>em Grundstück kann zugunsten e<strong>in</strong>es Dritten e<strong>in</strong>e Hypothek bestellt werden,<br />
um e<strong>in</strong>e Forderung zu besichern. Die Hypothek berechtigt den Begünstigten, sich<br />
aus dem Grundstück zu befriedigen. Die Forderung kann bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong> oder erst <strong>in</strong><br />
der Zukunft entstehen. Die Hypothek wird <strong>in</strong> Art. 1257 ff. ZGB (GR) geregelt. Sie ist<br />
e<strong>in</strong>e der wichtigsten Kreditsicherheiten, die von dem Schuldner gestellt werden kann.<br />
Sie verliert normalerweise nicht an Wert und sie bleibt dem Gläubiger unabhängig<br />
von den jeweiligen Eigentumsverhältnissen am Grundstück erhalten.<br />
Die Hypothek kann an jedem Grundstück bestellt werden, das auf e<strong>in</strong>en Dritten<br />
übertragen werden kann. Nicht übertragbar s<strong>in</strong>d Grundstücke, die der öffentlichen<br />
Hand gehören (Denkmale), solche die der öffentlichen Nutzung dienen (öffentliche<br />
E<strong>in</strong>richtungen wie Parkanlagen, Plätze), Grundstücke durch e<strong>in</strong>e Bewaldung<br />
charakterisiert s<strong>in</strong>d, Grundstücke, die von archäologischer Bedeutung s<strong>in</strong>d.<br />
Die Hypothek entsteht durch Gesetz, gerichtliche Entscheidung oder Vertrag und<br />
muss im Grundbuch e<strong>in</strong>getragen werden. Sie existiert ab dem Datum ihrer<br />
E<strong>in</strong>tragung.<br />
70
Griechenland<br />
Von Gesetzes wegen entstehen Hypotheken:<br />
zugunsten des Fiskus, bei rückständigen Steuerverb<strong>in</strong>dlichkeiten des Schuldners<br />
• zugunsten des Fiskus, der Geme<strong>in</strong>den, kirchlichen E<strong>in</strong>richtungen, E<strong>in</strong>richtungen<br />
von öffentlichem Interesse auf den Grundstücken ihrer Verwalter für die<br />
Forderungen aus der Verwaltung<br />
• zugunsten der unter Vormundschaft gestellten Personen an dem Vermögen ihrer<br />
Vormünder<br />
• zugunsten der Ehegatten<br />
• zugunsten der Vermächtnisnehmer am Nachlass<br />
• zugunsten der Erben an den Nachlassgrundstücken<br />
• zugunsten der Hypothekengläubiger, die die Hypothek zugunsten desjenigen<br />
halten, auf dessen Grundstück die Hypotheken lasten, und zwar für die<br />
E<strong>in</strong>tragungskosten<br />
Die vertragliche Hypothek setzt e<strong>in</strong>en Notariatsakt voraus, <strong>in</strong> dem die zu besichernde Forderung<br />
und das zu besichernde Grundstück exakt zu bezeichnen s<strong>in</strong>d. In der Regel wird die Hypothek<br />
vere<strong>in</strong>bart, wenn die Forderung entsteht, selbst wenn sie noch nicht fällig ist. Die Hypothek<br />
nimmt den Rang e<strong>in</strong>, den sie durch den Tag der E<strong>in</strong>tragung erhält. Hypotheken, die am selben<br />
Tag e<strong>in</strong>getragen werden, haben denselben Rang. Rangvere<strong>in</strong>barungen s<strong>in</strong>d zulässig. Die<br />
Hypothek ist unteilbar.<br />
Zwangsverwertung<br />
Auch <strong>in</strong> Griechenland gilt, dass die Hypothek ke<strong>in</strong> Eigentum oder eigentumsähnliche<br />
Rechte verschafft. Wenn die besicherte Forderung fällig wird, kann die Hypothek im<br />
Wege der Zwangsvollstreckung aktiviert werden. Vollstreckungstitel s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong>sbesondere:<br />
• Gerichtsurteile<br />
• Schiedsgerichtsurteile<br />
• Gerichtliche Vergleichsprotokolle<br />
• Notarielle Urkunden<br />
• Ausländische Vollstreckungstitel, die für vollstreckbar erklärt wurden<br />
• Anordnungen und Akte, die vom Gesetz als Vollstreckungstitel anerkannt s<strong>in</strong>d<br />
Die Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> Immobilien geschieht durch Zwangsveräußerung oder<br />
Zwangsverwaltung.<br />
Kreditsicherungsmittel für bewegliches Vermögen:<br />
71
Griechenland<br />
Pfandrecht<br />
Gemäß Art. 1209 gr. ZGB kann an e<strong>in</strong>er fremden beweglichen Sache e<strong>in</strong> Pfandrecht<br />
als d<strong>in</strong>gliches akzessorisches Recht zur Sicherung e<strong>in</strong>er bestehenden, künftigen<br />
oder auch bed<strong>in</strong>gten Forderung bestellt werden.<br />
Neben der E<strong>in</strong>igung über die Bestellung durch notarielle Beurkundung oder<br />
Privaturkunde mit sicherem Datum, muss der Eigentümer die betreffende Sache dem<br />
Gläubiger übergeben. Die Übergabe kann gemäß Art. 1212 gr. ZGB auch an e<strong>in</strong>en<br />
Dritten erfolgen, allerd<strong>in</strong>gs darf die Sache nicht, auch nicht durch Verabredung e<strong>in</strong>es<br />
Besitzmittlungsverhältnis, im Besitz des Verpfänders verbleiben.<br />
E<strong>in</strong> Pfandrecht ohne Übergabe der Sache kann nach Art. 1214 gr. ZGB bestellt<br />
werden, wenn die Vere<strong>in</strong>barung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zu diesem Zwecke durch Gesetz<br />
bestimmten öffentlichen Buch e<strong>in</strong>getragen wird.<br />
Gegenstand e<strong>in</strong>es Pfandrechts können nach Art. 1244 - 1251 gr. ZGB neben<br />
beweglichen Sachen auch Rechte, die übertragbar s<strong>in</strong>d, Inhaberpapiere<br />
<strong>in</strong>sbesondere Aktien, Forderungen und Orderpapiere se<strong>in</strong>.<br />
Der Gläubiger kann ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung das Pfand auf<br />
dem Wege der Versteigerung verkaufen, wenn er e<strong>in</strong>en vollstreckbaren Titel hat.<br />
Eigentumsvorbehalt<br />
Gemäß Art. 532 gr. ZGB kann der Verkäufer mit Hilfe des Eigentumsvorbehaltes<br />
se<strong>in</strong>e gestundete Kaufpreisforderung d<strong>in</strong>glich sichern, <strong>in</strong>dem er sich im Kaufvertrag<br />
schriftlich das Eigentum an der verkauften Sache bis zur vollständigen Zahlung des<br />
Kaufpreises vorbehält. Ab der Übergabe der Sache trägt aber der Käufer die Gefahr<br />
für den Untergang der Sache.<br />
Die Parteien können vere<strong>in</strong>baren, dass bei e<strong>in</strong>em Verzug h<strong>in</strong>sichtlich der Zahlung<br />
des Kaufpreises, der Verkäufer die gesamte Zahlung fordern kann oder aber vom<br />
Vertrag zurücktreten darf. Bei e<strong>in</strong>em etwaigen Rücktritt des Verkäufers sollen dann<br />
die bereits gezahlten Raten als Entschädigung oder Vertragsstrafe verfallen können.<br />
Der Käufer hat <strong>in</strong> diesem Fall allerd<strong>in</strong>gs das Recht, nach Art. 282 gr. ZGB die<br />
Rückerstattung dieser Beträge aufgrund Rechtsmissbrauchs zu verlangen.<br />
Der Eigentumsvorbehalt muss bereits bei Abschluss des Vertrages vere<strong>in</strong>bart<br />
worden se<strong>in</strong>.<br />
Der Eigentumsvorbehalt geht unter, wenn der Käufer die Sache an e<strong>in</strong>en<br />
gutgläubigen Dritten weiterverkauft, der dadurch Eigentum erwirbt.<br />
72
Griechenland<br />
Im Falle des Konkurses des Käufers erlischt der Eigentumsvorbehalt nach Art. 670<br />
HGB, wenn die Ware <strong>in</strong> dem Lager des Käufers oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em öffentlichen Lager<br />
aufbewahrt wird. Der Verkäufer kann allerd<strong>in</strong>gs se<strong>in</strong> Rücktrittsrecht ausüben, so dass<br />
die belastete Sache ausgesondert wird.Der Eigentumsvorbehalt geht unter, wenn die verkaufte<br />
Sache Bestandteil e<strong>in</strong>es Grundstücks wird.<br />
Bürgschaft<br />
Der Bürge übernimmt nach Art. 847 gr. ZGB dem Gläubiger gegenüber die Haftung<br />
dafür, dass e<strong>in</strong>e bestimmte Verb<strong>in</strong>dlichkeit erfüllt wird. Die Bürgschaft ist<br />
akzessorisch, d.h. sie ist abhängig vom Bestehen und vom Umfang der Hauptschuld.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Grundsätzlich s<strong>in</strong>d Allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen zulässig. Der E<strong>in</strong>beziehungsrund<br />
Inhaltskontrolle des AGB bef<strong>in</strong>den sich im Gesetz 2251/94, Art. 2, unter dem Titel „Allgeme<strong>in</strong>e<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen - Missbräuchliche Klausel“.<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Auch <strong>in</strong> Griechenland ist der Erwerb von Immobilieneigentum strenger geregelt als<br />
der Erwerb von Mobilien. Die Eigentumsübertragung erfolgt nach Art. 1033 ZGB<br />
(GR) durch E<strong>in</strong>igung zwischen Eigentümer und Erwerber auf der Grundlage e<strong>in</strong>es<br />
wirksamen Verpflichtungsgeschäfts. In Betracht kommt z.B. Verkauf, Schenkung,<br />
Tausch. Über den Eigentumswechsel muss e<strong>in</strong> notarieller Kaufvertrag<br />
abgeschlossen werden, <strong>in</strong> den die d<strong>in</strong>gliche E<strong>in</strong>igung über den Eigentumsübergang<br />
mit aufgenommen ist. Diese ist - anders als im deutschen Recht - von der<br />
Wirksamkeit des Kausalgeschäfts abhängig. Abschließend erfolgt die E<strong>in</strong>tragung im<br />
Grundbuch. In Griechenland ist daher der rechtsgeschäftliche Erwerb vom<br />
Nichtberechtigten ausgeschlossen. Die Grundbuche<strong>in</strong>tragung ist Bestandteil des<br />
Eigentumsübergangs. Anderseits ist zu beachten, dass Eigentum nur jeweils vom<br />
wahren Eigentümer erworben werden kann, und zwar gleich ob die Umschreibung<br />
erfolgt ist oder der Übertragungsakt notariell vorgenommen wurde. Es muss daher<br />
jeweils auch der Eigentumstitel des Veräußerers überprüft werden. Der gutgläubige<br />
Erwerb vom Nichtberechtigten kraft guten Glaubens <strong>in</strong> die Grundbuche<strong>in</strong>tragung ist<br />
nicht geschützt. Der Erwerb vom Nichtberechtigten kann nur durch Ersitzung<br />
erfolgen. Voraussetzung ist, dass der Erwerber sich im guten Glauben bef<strong>in</strong>det. Die<br />
ordentliche Ersitzungsfrist beträgt 10 Jahre (Art. 1041 ZGB (GR)).<br />
73
Griechenland<br />
Grundsätzlich s<strong>in</strong>d<br />
aber die Erwerbstatbestände der zurückliegenden 20 Jahre zu untersuchen, um<br />
sicherzustellen, dass der Veräußerer auch Eigentümer ist. Erst dann ersitzt auch der<br />
bösgläubige Erwerber (Art. 1045 ZGB (GR)). Voraussetzung für die Ersitzung ist <strong>in</strong><br />
jedem Fall der ununterbrochene und andauernde Besitz des Erwerbers. Der Besitz<br />
auf der Grundlage e<strong>in</strong>es Mietvertrages reicht nicht aus.<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Das griechische Konkursrecht unterscheidet zwischen den Geme<strong>in</strong>-, Masse- und<br />
Nachkonkursgläubigern. Geme<strong>in</strong>gläubiger s<strong>in</strong>d diejenigen Gläubiger, deren<br />
Forderungen bis zum Tag der Konkurseröffnung entstanden s<strong>in</strong>d. Sie können nur im<br />
Rahmen des Konkursverfahrens und aus dem Konkursvermögen befriedigt werden.<br />
Massegläubiger s<strong>in</strong>d die Gläubiger, deren Forderungen im Zusammenhang mit der<br />
Tätigkeit des Konkursverwalters entstanden s<strong>in</strong>d. Sie werden vom Konkursverfahren<br />
nicht berührt und können ihre Forderungen nur befriedigen, <strong>in</strong>dem sie den<br />
Konkursverwalter verklagen, um aus dem Konkursvermögen der Geme<strong>in</strong>gläubiger<br />
befriedigt zu werden.<br />
Es wird weiterh<strong>in</strong> unterschieden <strong>in</strong> (d<strong>in</strong>glich) gesicherte und ungesicherte<br />
Geme<strong>in</strong>gläubiger. Das griechische Konkursrecht lässt die d<strong>in</strong>glichen Rechte, wie<br />
Eigentum, Pfandrecht und Hypothek, unberührt. Daraus folgt, dass die<br />
entsprechenden Ansprüche vor sowie nach der Konkurseröffnung geltend gemacht<br />
werden können und diese werden dann auch vorrangig befriedigt.<br />
Für alle Gläubiger gilt der fest verankerte Grundsatz der E<strong>in</strong>stellung der<br />
„E<strong>in</strong>zelverfolgung“ gegen den Gesamtschuldner. Dieser besagt, dass den Gläubigern<br />
jegliche Art der gerichtlichen E<strong>in</strong>zelverfolgung gegen den Geme<strong>in</strong>schuldner<br />
untersagt ist. Die vor der Konkurseröffnung e<strong>in</strong>geleiteten Maßnahmen werden nach<br />
Verkündung des konkurseröffnenden Urteils e<strong>in</strong>gestellt, wobei hierbei e<strong>in</strong>e vor<br />
Konkurseröffnung erfolgte Pfändung ihre Wirkung nicht verliert. Gemäß griechischem<br />
HGB begründet e<strong>in</strong> konkurseröffnendes Urteil e<strong>in</strong> Recht der Gläubigergeme<strong>in</strong>schaft<br />
auf Bestellung e<strong>in</strong>er Hypothek an den Grundstücken des Geme<strong>in</strong>schuldners,<br />
welches alle Forderungen der Geme<strong>in</strong>gläubiger abdeckt.<br />
Damit die Gläubiger des Geme<strong>in</strong>schuldners an der Verteilung se<strong>in</strong>es Vermögens<br />
teilnehmen dürfen, müssen sie ihre Forderungen gegen ihn prüfen und feststellen<br />
lassen. Die Gläubiger, die die Frist zur Anmeldung von 20 Tagen, versäumen, s<strong>in</strong>d<br />
vom Konkursverfahren ausgeschlossen.<br />
74
Griechenland<br />
Die Gläubiger selbst können das Konkursverfahren nur durch die Beschlüsse der<br />
Geme<strong>in</strong>gläubigerversammlung bee<strong>in</strong>flussen. Diese gilt als Organ des<br />
Konkursverfahrens und der Charakter der Versammlung ist entweder beratend<br />
(Bestellung des endgültigen Konkursverwalters) oder zw<strong>in</strong>gend (Aufhebung des<br />
Konkursvergleichs).<br />
Eigentum und Eigentumsvorbehalt<br />
Es wird unterschieden zwischen Herausgabeanspruch im Konkurs, welcher der<br />
allgeme<strong>in</strong>e zivilrechtliche Herausgabeanspruch des Eigentümers e<strong>in</strong>er beweglichen<br />
Sache be<strong>in</strong>haltet und dem konkursrechtlichen Herausgabeanspruch, der nicht nur<br />
auf die Eigentümerschaft des Anspruchsberechtigten, sondern auch auf weitere<br />
Voraussetzungen abstellt.<br />
Hypothek<br />
Die Hypothek erstreckt sich auf das ganze Hypothekengrundstück sowie auf se<strong>in</strong>e<br />
Bestandteile und se<strong>in</strong> Zubehör. Haben die Gläubiger Ansprüche, die über den Erlös<br />
aus dem Verkauf der mit Hypothek belasteten, unbeweglichen Sache h<strong>in</strong>ausgehen,<br />
s<strong>in</strong>d diese im gleichen Range zu sehen, wie die übrigen nicht gesicherten<br />
Geme<strong>in</strong>gläubiger<br />
Pfandrecht<br />
Die durch e<strong>in</strong> Pfandrecht an Sachen des Geme<strong>in</strong>schuldners gesicherten Gläubiger<br />
werden ebenfalls vorrangig befriedigt. Der Konkursverwalter kann die Pfandsache<br />
durch Erfüllung des gesicherten Anspruchs auflösen. Tut er das nicht, hat der<br />
Gläubiger das Recht, die Pfandsache zu verkaufen.<br />
Schwebende zweiseitige Geschäfte<br />
Es gibt hierzu ke<strong>in</strong>e Vorschriften im griechischen Konkursrecht. Deshalb fallen diese<br />
Fälle <strong>in</strong> den Bereich der im Gesetz geregelten Ausnahmefälle. Der Konkursverwalter<br />
hat dann die Option, die vertraglichen Pflichten zu erfüllen oder vom Vertrag zurück<br />
zu treten.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Gesetz 703/77 (dem GWB entsprechend) und Gesetz 146/14 (dem UWG<br />
entsprechend).<br />
Im Jahr 1977 wurde zum ersten Mal <strong>in</strong> Griechenland e<strong>in</strong>e Kartellgesetzgebung<br />
erlassen, die das System e<strong>in</strong>es freien (unverfälschten) Wettbewerbs e<strong>in</strong>geführt hat<br />
(Gesetz 703/1977).<br />
75
Griechenland<br />
Bis zu diesem Zeitpunkt kannte das Land nur die Gesetzgebung<br />
über den unlauteren Wettbewerb, die bereits seit 1914 bestand, sowie die<br />
Gesetzgebung über das sog. Marktrecht (“agoranomiko dikaio”), aufgrund derer die<br />
Verwaltung befugt war, <strong>in</strong> das Marktgeschehen e<strong>in</strong>zugreifen, etwa die Preise von<br />
bestimmten Warenkategorien (z.B. Mangelwaren) festzusetzen. Als Vorbild für das<br />
griechische Kartellrecht dienten Art. 81 und 82 EG-V sowie die Durchsetzungs-<br />
Verordnung 17/1962.<br />
Unlauterer Wettbewerb wird geregelt <strong>in</strong> Gesetz Nr. 146/1914, welches geprägt ist<br />
durch die deutschen Statuten von 1906. Artikel 1 be<strong>in</strong>haltet das generelle Verbot,<br />
dass im Handel, der Industrie und Landwirtschaft jeder Akt, der gegen die Sittlichkeit<br />
geht, verboten ist. E<strong>in</strong>ige spezielle Verbote werden danach aufgezählt.<br />
E<strong>in</strong>getragene Warenzeichen<br />
Gesetz-Nr. 1998/1939 "zu e<strong>in</strong>getragenen Warenzeichen" (simata), geändert und<br />
ergänzt durch neuere Statuten, vornehmlich Gesetz-Nr. 3205/1955, enthält die<br />
gesetzlichen Regelungen auf e<strong>in</strong>getragenen Warenzeichen. Präsidentenverordnung<br />
Nr. 317/1992 ändert und ergänzt dieses Gesetz, um es mit der ersten Richtl<strong>in</strong>ie des<br />
EWG Rates vom 21. Dezember 1988 anzupassen, auf der Harmonisierung der<br />
Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten von der EWG.<br />
Patente<br />
Die Schlüsselstatuten auf Patente (diplomata euresitehnias) ist Gesetz-Nr.<br />
1733/1987, das Gesetz-Nr. 2527/1920 abschaffte. Patente werden bei neuen<br />
Erf<strong>in</strong>dungen gewährt, die gegen <strong>in</strong>dustrielle Benutzung anfällig s<strong>in</strong>d. Gesetz-Nr.<br />
2029/1992 ratifizierte die Vere<strong>in</strong>barung über die Geme<strong>in</strong>schaftspatente, die <strong>in</strong><br />
Luxemburg 1989 unterzeichnet wurden. Der Antrag für e<strong>in</strong> Patent (Organismos<br />
Viomihanikis Idioktisias) muss gestellt werden bei der Agentur des Industriellen<br />
Eigentums. E<strong>in</strong> Patent wird nur dann gewährt, wenn die Erf<strong>in</strong>dung den<br />
Anforderungen der Neuheit und des <strong>in</strong>dustriellen Nutzens gerecht wird.<br />
Copyright<br />
Artikel 60 des Zivilgesetzbuches stellt e<strong>in</strong> ausschließliches Recht auf geistiges<br />
Eigentum zur Verfügung, d.h. das Copyright. Schöpfer dieser <strong>in</strong>tellektuellen Produkte<br />
haben e<strong>in</strong> Doppelrecht, Gesetz-Nr. 2121/1993 "Zu Geistigem Eigentum, Relativem<br />
Rechte und kulturellen Angelegenheiten". Sie haben erstens das ausschließliche<br />
Recht, die Kreation auszunutzen und zweitens das moralische Recht des Schutzes<br />
der Anteile, die sie mit der Kreation haben. Dieses Gesetz schützt auch Computer-<br />
Software.<br />
76
Griechenland<br />
Der Schutz des geistigen Eigentums ist durch Rechtsvorschrift Nr.<br />
4254/1962 verlängert worden, durch die die universelle Copyright – Vere<strong>in</strong>barung<br />
von 1952 ratifiziert wurde.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
Das Übere<strong>in</strong>kommen der Vere<strong>in</strong>ten Nationen vom 11. 4. 1980 über Verträge über<br />
den Internationalen Warenkauf (UN-Kaufrecht bzw. CISG) ist <strong>in</strong> Griechenland <strong>in</strong> Kraft<br />
seit dem 1. 2. 1999.<br />
Quellen:<br />
http://ruessmann.jura.uni-sb.de/grotius/Reports/griech.htm<br />
http://www.cisg-library.org/content/piltz00_1.html<br />
http://www.hypotheca-europae.net/d-Hypotheken-Griechenland.htm<br />
http://jurist.law.pitt.edu/world/greececor2.htm<br />
www.vzbv.de/mediapics/ 1036052857Statements_UWG_Tagung_10_2002.pdf<br />
http://www.griechische-botschaft.de/<strong>in</strong>dex2.shtml<br />
77
Irland<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Im irischen Recht gibt es bei Grundstücksverträgen die Formerfordernis e<strong>in</strong>en schriftlichen<br />
Vertrag abzuschließen. Weitere Formerfordernisse habe ich leider nicht gefunden.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
E<strong>in</strong> Sonderrecht für im deutschen das HGB gibt es <strong>in</strong> Irland nicht, es gelten die allgeme<strong>in</strong>en<br />
Vorschriften.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz <strong>in</strong> Irland verankert?<br />
Der irische Verbraucherschutz ist im irischen Gesetzbuch (Irish Statute Book) <strong>in</strong><br />
verschiedenen Gesetzen auf Grundlage des EU-Rechts, basierend auf dem Vertrag von<br />
Maastricht 1992, verankert. Die wichtigsten Verbraucherschutzgesetze s<strong>in</strong>d:<br />
Verbraucher<strong>in</strong>formationsgesetzt von 1978 (Consumer Information Act). Es regelt die<br />
Zulässigkeiten bei Warenkennzeichnungen<br />
Gesetz zum Verkauf von Waren und Dienstleistungen 1980 (Sale of Goods and Supply of<br />
Services Act). Hier<strong>in</strong> werden die Rechte beim Abschluss von Verbraucherverträgen (Kauf-<br />
und Dienstleistungsverträge) geregelt.<br />
Gesetz über irreführende Werbung von 1988 (European Communities Mislead<strong>in</strong>g<br />
Advertisement). In ihm ist def<strong>in</strong>iert unter welchen Gesichtspunkten Werbung irreführend ist,<br />
wobei nach irischem Recht der Begriff irreführend sehr eng gefasst ist.<br />
Gesetz zur Haftung für fehlerhafte Produkte von 1991 (Liability for Defective Products Act).<br />
Dieses Gesetz enthält die Haftungs- und Schadensersatzregelungen für Verbraucherverträge.<br />
Verbraucherkreditgesetz von 1995 (Consumer Credit Act). Es regelt u. a. Verträge über<br />
Verbraucherkredite, Mietkauf, Leas<strong>in</strong>g, Darlehen- und Hypothekenverträge beim Hauskauf,<br />
Pfandleihe. Außerdem überträgt es die Verantwortung der Kontrolle von Bankgebühren von<br />
der Central Bank auf den Director of Comsumer Affairs.<br />
Gesetz zu Urlaubspaketen und Reisehandel von 1995 (Package Holidays and Travel Trade<br />
Act). Hierbei handelt es sich um die Vorschriften für Reiseverträge.<br />
Die Durchsetzung der Verbrauchergesetze und die allgeme<strong>in</strong>e Förderung der<br />
Verbraucher<strong>in</strong>teressen, sowie die Kontrolle deren E<strong>in</strong>haltung obliegt dem Büro des Direktors<br />
für Verbraucherangelegenheiten (Office of the Director of Consumer Affairs) , e<strong>in</strong>er<br />
Körperschaft des öffentlichen Rechts, die dem Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium „Departement of<br />
Enterprise, Trade and Employment“ unterstellt ist.<br />
Bei Verstößen gegen die Verbraucherschutzgesetzte kann der „Director of Consumer Affairs“<br />
aus eigenem Recht den High Court anrufen, um gerichtliche Verfügungen zu erwirken.<br />
Frage: Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wenn ja, wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Die Gewährleistung im Kaufrecht ist im „Sale of Goods and Supply of Services Act“ von<br />
1980 geregelt.<br />
Abschnitt 15: Def<strong>in</strong>ition von Garantie<br />
E<strong>in</strong>e Garantie ist jede Art von schriftlichem Dokument, welches im Zusammenhang mit der<br />
Lieferung bzw. Verfügungstellung des Produktes ausgehändigt wird.<br />
78
Irland<br />
Abschnitt 16: Garantiebed<strong>in</strong>gungen<br />
E<strong>in</strong>e Garantie muss klar und deutlich abgefasst se<strong>in</strong> und folgendes enthalten:<br />
Art und Güter, für die sie gilt<br />
Name und Anschrift des Ausstellers<br />
Dauer, unterschiedliche Zeiten für verschiedene Komponenten s<strong>in</strong>d möglich<br />
Verfahrensweise, wie die Garantie <strong>in</strong> Anspruch genommen werden kann; diese muß im<br />
üblichen Rahmen bleiben und darf ke<strong>in</strong>e besonderen Erschwernisse enthalten.<br />
Kostenverteilung, <strong>in</strong>kl. der Transportkosten muss geregelt se<strong>in</strong><br />
E<strong>in</strong>e Abweichung zu Ungunsten des Käufers ist unzulässig.<br />
Abschnitt 17: Haftbarkeit von Verkäufern während der Garantie<br />
Gibt der Verkäufer e<strong>in</strong>e Garantie ab, so ist er <strong>in</strong> gleicher Weise haftbar wie e<strong>in</strong> Hersteller, der<br />
e<strong>in</strong>e Garantie abgibt, es sei denn, er weist ausdrücklich darauf h<strong>in</strong>.<br />
Gibt e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelhändler e<strong>in</strong>e Garantie ab, so ist er, wenn nicht das Gegenteil bewiesen ist, er<br />
für die Ausführung der Garantieleistungen verantwortlich.<br />
Die Abschnitte 16, 18 und 19 gelten für alle abgegeben Versprechen, die e<strong>in</strong>er Garantie<br />
ähneln.<br />
Die Haftbarkeit e<strong>in</strong>es Verkäufers gegenüber dem Käufer <strong>in</strong> diesem Abschnitt ist ohne<br />
Bee<strong>in</strong>trächtigung durch den Abschnitt 19 anzuwenden.<br />
Abschnitt 18: Ausschluss von Käuferrechten während der Garantie<br />
Unzulässig s<strong>in</strong>d alle Ausschlüsse von Rechten, die den Käufer schlechter stellen als das<br />
„normale Recht“ vorsieht. Jede Klausel, die ihn schlechter stellt ist nichtig.<br />
E<strong>in</strong>e Klausel, die besagt, dass nur der Garantiegeber selber entscheidet, ob e<strong>in</strong> Garantiefall<br />
e<strong>in</strong>getreten ist, ist nichtig.<br />
Abschnitt 19: Klagerecht <strong>in</strong> der Garantiezeit<br />
Der Käufer hat das Recht, wenn der Garantiegeber die Garantiebed<strong>in</strong>gungen nicht e<strong>in</strong>hält, zu<br />
klagen und das Gericht kann den Garantiegeber dazu verurteilen, entweder alles zu tun, um<br />
die Garantiebed<strong>in</strong>gungen zu erfüllen, oder den entstandenen Schaden dem Käufer zu ersetzen.<br />
Käufer <strong>in</strong> diesem Abschnitt ist jeder, der e<strong>in</strong> Anrecht auf die Waren während der Garantiezeit<br />
hat und Verkäufer, be<strong>in</strong>haltet ebenfalls sowohl Hersteller als auch Importeur.<br />
Immer wenn der Garantiegeber zu Schadenersatz verpflichtet ist, kann das Gericht nach<br />
eigenem Ermessen und Bed<strong>in</strong>gungen dem Verkäufer zugestehen, diese Verpflichtungen zu<br />
erfüllen. Ebenso legt das Gericht nach eigenem Ermessen e<strong>in</strong>e Frist fest.<br />
79
Irland<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches Eigentum<br />
(z.B. Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Bei unbeweglichem Vermögen gibt es das Kreditsicherungsmittel des „Legal & equitable<br />
mortgage“ (Law of Property Act 1925), das der E<strong>in</strong>tragung im Grundbuch <strong>in</strong> Deutschland<br />
entspricht.<br />
Grundsätzlich ist der Eigentumsvorbehalt <strong>in</strong>nerhalb der Vertragsfreiheit möglich, aber bei<br />
beweglichem Vermögen wird vor allem das „hire purchase agreement“ benutzt, (§56 - 83<br />
„Consumer Credit Act 1995“), dem Mietkaufvertrag. Obwohl das irische Recht analog dem<br />
Englischen Recht folgt, nach der Unabhängigkeit 1922 wurde das Englische Recht nur<br />
ergänzt. E<strong>in</strong> wie <strong>in</strong> England im „Sale of Goods Act“ von 1979 war im irischen Recht nicht zu<br />
f<strong>in</strong>den.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Pr<strong>in</strong>zipiell s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Irland nach dem Gesetz „Unfair Terms <strong>in</strong> Consumer Contracts“, mit dem<br />
die EU Richtl<strong>in</strong>ie 93/13/EEL umgesetzt wurde, bei allen Verträgen zwischen Verbrauchern<br />
und Kaufleuten zum Kauf bzw. Verkauf von Waren und Dienstleistungen AGB´ s zulässig.<br />
Wie <strong>in</strong> Deutschland betreffen sie die Regelungen <strong>in</strong> Verträgen, die nicht <strong>in</strong>dividuell vere<strong>in</strong>bart<br />
werden. Das Gesetz bestimmt, dass Vere<strong>in</strong>barungen <strong>in</strong> Verbraucherverträgen, die im<br />
Widerspruch zu Treu und Glauben stehen, unzulässig („unfair terms“) s<strong>in</strong>d. In beispielhafter<br />
Aufzählung enthalten die EU-Richtl<strong>in</strong>ie (im Anhang) und das nationale Gesetz (Anhang<br />
„Schedule 3“) Vertragsbestimmungen die als „unfair terms“ e<strong>in</strong>gestuft werden. In Streitfällen<br />
entscheidet der irische „High Court“, ob e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung als unzulässig e<strong>in</strong>zustufen ist.<br />
Dabei werden drei Hauptkategorien unterschieden:<br />
Möglichkeit für den Verkäufer, die Vertragsbed<strong>in</strong>gungen zu ändern,<br />
Haftungsausschluss- und –beschränkungen,<br />
unverhältnismässige Belastungen des Verbrauchers (Käufers).<br />
Die AGB´ s f<strong>in</strong>den hauptsächlich Anwendung bei Reiseverträgen, Autokaufverträgen,<br />
Onl<strong>in</strong>everträgen. Ke<strong>in</strong>e Anwendung f<strong>in</strong>den diese Regelungen bei Arbeitsverträgen, im<br />
Familien-, Erb- und Gesellschaftsrecht.<br />
Für die Anwendung und Überwachung der E<strong>in</strong>haltung des Gesetzes ist die<br />
Verbraucherschutzbehörde „Director of Consumer Affairs“, die dem Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium<br />
„Departement of Enterprise, Trade and Employment“ untersteht, zuständig.<br />
80
Irland<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Im irischen Recht gibt es ke<strong>in</strong> Grundeigentum im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es absoluten Rechtes.<br />
Dafür existieren so genannte Berechtigungen über e<strong>in</strong>geschränkten Grund und Boden.<br />
In den meisten Fällen ist e<strong>in</strong>e jährliche Geldsumme (fee farm rent oder ground rent) zu<br />
entrichten, die dann das Nutzungsrecht bzw. den bloßen Besitz oder das une<strong>in</strong>geschränkte<br />
Eigentum für e<strong>in</strong> weiteres Jahr verlängern.<br />
Bei bereits bebauten Grundstücken kann man meist davon ausgehen nur e<strong>in</strong>malig e<strong>in</strong>en<br />
Geldbetrag entrichten zu müssen.<br />
Allgeme<strong>in</strong> werden <strong>in</strong> Irland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em öffentlichen Register alle bestehenden Rechte an<br />
Immobilien dokumentiert. Dies soll den Schutz der Rechtsverhältnisse garantieren.<br />
Bei e<strong>in</strong>em Immobilienerwerb trägt der Käufer das Risiko (caveat emptor). Hierbei werden die<br />
bestehenden Rechtsverhältnisse auf den Käufer <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es schriftlichen Vertrages<br />
übertragen. Somit auch bestehende Steuerschulen und bauliche oder umweltrechtliche<br />
Probleme.<br />
Bei der Vertragsunterzeichnung ist <strong>in</strong> Irland e<strong>in</strong>e Anzahlung von 10 % üblich, der Restbetrag<br />
wird dann bei Vertragserfüllung fällig, die im Normalfall kurz danach erfolgt.<br />
Anschließend muss noch e<strong>in</strong>e so genannte Stempelsteuer (4 % – 9 % des Kaufpreises) bezahlt<br />
werden.<br />
Beim Kauf von nicht registrierten Grundstücken muss durch e<strong>in</strong>e Reihe von<br />
Eigentumspapieren, <strong>in</strong> der Regel die Besitzer der letzten 40 Jahren, der momentane Besitzer<br />
nachgewiesen werden.<br />
8) Welche Stellung haben Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Im irischen Insolvenzrecht wird zwischen außergerichtlicher (Voluntary) und gerichtlicher<br />
(compulsory) Liquidation unterschieden. Die rechtlichen Bestimmungen s<strong>in</strong>d im Companies<br />
Act von 1963 <strong>in</strong> der Fassung von 1990 zu f<strong>in</strong>den.<br />
Bei der außergerichtlichen Liquidation beschließen die Gesellschafter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Gesellschaftsversammlung die Auflösung des Unternehmens und berufen e<strong>in</strong>e<br />
Gläubigerversammlung e<strong>in</strong>. In dieser kann dann e<strong>in</strong> Gläubigerausschuss ernannt werden.<br />
Der Konkursverwalter wird <strong>in</strong> diesem Fall von den Gesellschaftern bzw. Gläubigern bestellt.<br />
Im Falle der gerichtlichen Liquidation wird der auf Antrag e<strong>in</strong>es oder mehrerer Gläubiger, die<br />
erfolglos auf die Bezahlung ihrer Forderungen gewartet haben, das Verfahren e<strong>in</strong>geleitet.<br />
Der Konkursverwalter wird <strong>in</strong> diesem Fall vom Gericht bestellt.<br />
81
Irland<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Das irische Wettbewerbsrecht („Irish Competition Law“) wurde erstmals 1991 gesetzlich<br />
verankert, zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Competition Authority, e<strong>in</strong>e Körperschaft des<br />
öffentlichen Rechts, gegründet, die über die E<strong>in</strong>haltung der Wettbewerbsregeln wacht und bei<br />
Verstößen tätig wird. Die „Competition Authority“ ist dem irischen Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium<br />
„Departement of Enterprise, Trade and Employment“ unterstellt. Ergänzungen zum Gesetz<br />
von 1991 gab es 1996 und die letzte Fassung von 2002 („Competition Act of 2002“). Das<br />
irische Wettbewerbsrecht hat die Artikel 81 und 82 der „Römischen Verträge“ (Treaty of<br />
Rome) umgesetzt, welche die Grundlage des europäischen Wettbewerbs- und Kartellrechts<br />
darstellen. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund des Abbaus wirtschaftlicher Schranken <strong>in</strong>nerhalb <strong>Europa</strong>s<br />
soll das Wettbewerbsrecht verh<strong>in</strong>dern, dass durch Absprachen und Vere<strong>in</strong>barungen diese<br />
Handelsfreiheit unterlaufen wird.<br />
Im irischen Wettbewerbsrecht s<strong>in</strong>d die Wettbewerbsregeln und deren<br />
Durchsetzungsverordnungen, Regelungen bei Fusionen und beim Erwerb von Unternehmen<br />
und die Stellung der Wettbewerbsbehörde „Competition Authority“ geregelt. Die wichtigsten<br />
Regelungen s<strong>in</strong>d das Preisabspracheverbot / Kartellverbot (Part 2 Abschnitt 4) und das Verbot<br />
zur Ausnutzung e<strong>in</strong>er marktbeherrschenden Stellung / Monopolverbot- (Part 2 Abschnitt 5).<br />
Bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht kann die Competition Authority zivil- und<br />
strafrechtliche Maßnahmen ergreifen. Die Strafen reichen von Geld- bis zu Gefängnisstrafen.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> Irland?<br />
Irland ist dem „Übere<strong>in</strong>kommen der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über Verträge über den<br />
<strong>in</strong>ternationalen Warenkauf“ (United Nations Convention on Contracts for the <strong>in</strong>ternational<br />
Sale of Goods – CISG) vom 11.04.1980 bislang nicht beigetreten.<br />
(Quelle: Pace Law School Institute of International Commercial Law- last update 21.01.2004)<br />
Alle Gesetzestexte s<strong>in</strong>d auch nachzulesen unter http://www.irishstatutebook.ie<br />
82
Italien<br />
E<strong>in</strong>leitung :<br />
Italien gehört zu den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands und auch zu e<strong>in</strong>em der<br />
beliebtesten Urlaubsländer der Deutschen. Deshalb ist es gut e<strong>in</strong>paar grundlegende D<strong>in</strong>ge<br />
über die italienische Rechtsordnung zu wissen. In Italien besteht e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong> größere<br />
Rechtsunsicherheit, die sich vor allem durch Auslegungsprobleme ausdrückt.<br />
Das italienische Recht ist seit 1942 <strong>in</strong> dem so genannten Codice civile (Zivilgesetzbuch)<br />
verankert.<br />
Dieses ist <strong>in</strong> sechs Bücher e<strong>in</strong>geteilt.<br />
Im ersten Buch (Delle persone e della famiglia) ist das gesamte Personen- und Familienrecht,<br />
und zwar unter E<strong>in</strong>schluss e<strong>in</strong>iger Grundsätze über juristische Personen sowie des<br />
Ehegüterrechts geregelt.<br />
Das zweite Buch (Delle successioni) behandelt das Erb- und Schenkungsrecht.<br />
Mit dem dritten Buch (Delle proprietà) werden verschiedene Rechtsgegenstände, wie das<br />
Eigentum und andere d<strong>in</strong>gliche Rechte sowie die Rechtsgeme<strong>in</strong>schaft und der Besitz<br />
dargestellt.<br />
Das vierte Buch (Delle obbligazioni) beschreibt das italienische Schuldrecht.<br />
Das Handels- und <strong>Wirtschaftsrecht</strong> wird umfassend im fünften Buch (Del lavoro) erläutert.<br />
Schließlich werden im sechsten und letzten Buch (Della tutela dei diritti) formale Fragen<br />
von schuldrechtlichen Ansprüchen geregelt, wie Publizität, Beweis, Zwangsvollstreckung,<br />
Rechtsverlust durch Zeitablauf sowie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen Abschnitt verschiedene Fragen der<br />
Haftung und der Kreditsicherung.<br />
Bestimmungen über das Gesetz im allgeme<strong>in</strong>en (Disposizioni sulla legge <strong>in</strong> generale) s<strong>in</strong>d<br />
den Büchern vorangestellt. Hier s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Grundsätze der Rechtsquellen- und<br />
Methodenlehre kodifiziert.<br />
Wir haben uns mit zehn Fragen bezüglich des italienischen Rechts beschäftigt.<br />
An e<strong>in</strong>igen Stellen werden Parallelen zum deutschen Recht sichtbar, an anderen Stellen<br />
s<strong>in</strong>d Unterschiede erkennbar.<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
In Italien gilt grundsätzlich das Pr<strong>in</strong>zip der Formfreiheit (Art.1350 Codice civile).<br />
Das heißt, dass die meisten Verträge grundsätzlich ke<strong>in</strong>em Formzwang unterliegen.<br />
In diesem Artikel werden auch e<strong>in</strong>ige Ausnahmen aufgezählt, bei denen die Verträge an e<strong>in</strong>e<br />
gewisse Form gebunden s<strong>in</strong>d. Dazu gehören unter anderem der Grundstückskauf (Art. 1350<br />
Nr.1 c. c.), der Erbschaftskauf (Art. 1543 I c. c.), der Ehevertrag<br />
(Art. 162 c. c.), das Testament (Art. 601-623 c. c.), die Schenkung (Art. 782 c. c.) und die<br />
Vere<strong>in</strong>barung e<strong>in</strong>es Z<strong>in</strong>ssatzes, der über dem gesetzlichen liegt (Art. 1284 III c. c.).<br />
Das Gesetz unterscheidet zwischen den Fällen, <strong>in</strong> denen die Beobachtung der Formvorschrift<br />
Voraussetzung für die Vertragsgültigkeit ist (forma ad substantiam) und den anderen Fällen,<br />
<strong>in</strong> denen das Geschäft formlos gültig ist, aber vor Gericht nur noch mit bestimmten Mitteln<br />
bewiesen werden kann (forma ad probationem).<br />
83
Italien<br />
Ob die E<strong>in</strong>haltung der Form Gültigkeitsvoraussetzung ist, wird im E<strong>in</strong>zelfall festgestellt.<br />
Bei Missachtung der gesetzlichen vorgegebenen Form, ist der Vertrag auf jeden Fall nichtig.<br />
Das italienische Recht kennt als Formvorschriften die notarielle Urkunde (per atto pubblico,<br />
Artt.2699-2701 c. c.) sowie die privatschriftliche Form (per scrittura privata, Art. 2702-2708<br />
c. c.). Im Vergleich zum deutschen Recht fällt vor allem e<strong>in</strong> Unterschied bei<br />
Grundstückskaufverträgen auf. Im italienischen Recht genügt für die Rechtswirksamkeit die<br />
Schriftform, während im deutschen Recht die notarielle Beurkundung notwendig ist. Jedoch<br />
besteht auch im italienischen Recht bei Grundstückskaufverträgen e<strong>in</strong> mittelbarer Zwang zur<br />
notariellen Beurkundung, da nur mittels Urkunde e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Immobilienregister<br />
erfolgen kann und nur so die Wirksamkeit des Geschäfts gegenüber Dritten hergestellt werden<br />
kann.<br />
Außerhalb des Formzwangs reichen mündliche oder konkludente Erklärungen<br />
(comportamento concludente) aus, um e<strong>in</strong>en Vertrag rechtswirksam schließen zu können.<br />
Die Vertragspartner können auch <strong>in</strong>dividuelle Formerfordernisse für zukünftige Geschäfte<br />
vere<strong>in</strong>baren (patto di forma), wenn ke<strong>in</strong>e gesetzliche Form vorgeschrieben ist. Der Vertrag<br />
ist dann im Zweifel ungültig, wenn sich die Vertragsparteien nicht an die <strong>in</strong>dividuell<br />
vere<strong>in</strong>barte Form halten (Art. 1352 c. c.). Die Vertragspartner können mit gegenseitigem<br />
E<strong>in</strong>verständnis dieser Formerfordernis jederzeit formlos wieder aufheben.<br />
Geschäfte, die im elektronischen Verkehr geschlossen wurden und die eigentlich an die<br />
gesetzliche Schriftform gebunden s<strong>in</strong>d, dürfen nach Art. 9 der E–commerce-Richtl<strong>in</strong>ie<br />
(Rdnr.21) nicht ungültig se<strong>in</strong>. Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten, die im <strong>in</strong>nerstaatlichen<br />
Recht vorhandenen Formvorschriften dann außer Anwendung lassen, wenn e<strong>in</strong><br />
Rechtsgeschäft im elektronischen Geschäftsverkehr vorgenommen wurde. Für Italien als<br />
Mitgliedsstaat gelten diese Vorraussetzungen. Art. 9 II der Richtl<strong>in</strong>ie lässt aber auch<br />
<strong>in</strong>nerstaatliche Formerfordernisse weiterh<strong>in</strong> für bestimmte Sachbereiche zu (z.B. Verträge<br />
über Grundstücke).<br />
E<strong>in</strong> elektronisches Dokument, welches mit e<strong>in</strong>er elektronischen Signatur versehen ist, wahrt<br />
die gesetzliche Schriftform. Nach Artikel 2712 c. c. (mechanische Wiedergabe von Tatsachen<br />
und Sachen) besitzt e<strong>in</strong> solches Dokument im Prozess Beweiskraft. So ist beispielsweise auch<br />
durch Fax-Mitteilungen die privatschriftliche Form gewahrt, außer dieses stimmt nicht mit<br />
dem Orig<strong>in</strong>al übere<strong>in</strong>.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Seid In-Kraft-Treten des Codice civile von 1942 gibt es <strong>in</strong> Italien ke<strong>in</strong> Handelsrecht im S<strong>in</strong>ne<br />
e<strong>in</strong>es Sonderprivatrechts für Kaufleute mehr wie es beispielsweise <strong>in</strong> Deutschland mit dem<br />
Handelsgesetzbuch (HGB) der Fall ist. Bis dah<strong>in</strong> gab es von 1882 an das so genannte Codice<br />
di commercio, <strong>in</strong> dem Sondervorschriften für Handelsgeschäfte geregelt waren.<br />
Im fünften Buch des Codice civile (Del lavoro) wird nun das Handels- und <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />
behandelt.<br />
Der zentrale Begriff dieses Buches ist das Unternehmen (impresa), zusammengesetzt aus dem<br />
Unternehmer selbst, den Mitarbeitern und dem Betrieb. Juristisch ist das Unternehmen weder<br />
Rechtssubjekt noch Rechtsobjekt.<br />
84
Italien<br />
Rechtssubjekt ist der Unternehmer (imprenditore) selbst. Er wird vom Gesetz als jemand<br />
def<strong>in</strong>iert, der berufsmäßig zur Gew<strong>in</strong>nerzielung mit der erforderlichen Organisation e<strong>in</strong>e<br />
wirtschaftliche Tätigkeit ausübt zum Zwecke des Güter- oder Dienstleistungsaustausches<br />
(Art. 2082 c. c.). Mit der Abschaffung des Handelsrechts als Sonderprivatrecht ist die Figur<br />
des Kaufmanns (commerciante) verschwunden.<br />
Die Unternehmereigenschaft hat für den Rechtsverkehr nicht dieselbe Bedeutung wie die<br />
Kaufmannseigenschaft im deutschen Recht.<br />
Im Vordergrund stehen öffentlichrechtliche B<strong>in</strong>dungen wie beispielsweise die<br />
Erforderlichkeit e<strong>in</strong>er Gewerbeerlaubnis nach Maßgabe der Sondergesetze (Art.2084 c. c.)<br />
oder arbeitssicherheitsrechtliche Auflagen (Art. 2087 c. c.).<br />
Auch im Vertragrecht gibt es Besonderheiten für Unternehmer, nach Art 1330 c. c. beim<br />
Vertragsschluss sowie nach Art. 1368 II c. c. bei der Auslegung von Verträgen.<br />
Auch die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des Codice civile<br />
(Art. 2598-2601 c. c.) f<strong>in</strong>den nur zwischen Unternehmern Anwendung.<br />
Das italienische Recht unterscheidet verschiedene Unternehmer:<br />
- nach Gegenstand des Unternehmens :<br />
Handelsunternehmer (imprenditore commerciale, Art. 2195, 2203-2221 c. c.) vom<br />
landwirtschaftlichen Unternehmer (imprenditore agricolo,<br />
Art. 2135-2187 c.c.)<br />
- nach dem Umfang des Unternehmens:<br />
Kle<strong>in</strong>unternehmer (piccolo imprenditore, Art. 2083 c. c.) vom „normalen” Unternehmer<br />
(imprenditore normale), die Zuordnung zum Kreis der „normalen“ Unternehmer hat<br />
weitreichende Konsequenzen:<br />
=> Konkursfähigkeit (Art. 2221 c. c.); das italienische Recht folgt dem Pr<strong>in</strong>zip des<br />
Kaufmannskonkurses<br />
=> Registerpflichtigkeit<br />
=> Verpflichtung zur Buchführung ( Art. 2214 c. c.)<br />
- nach der Zahl der Träger:<br />
E<strong>in</strong>zelunternehmer (imprenditore <strong>in</strong>dividuale) von den Gesellschaften (società), diese<br />
Differenzierung ist wichtig für den Umfang der Registerpflicht.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz (tutela del consumatore) soll <strong>in</strong> Italien durch e<strong>in</strong>e Reihe von<br />
Sondergesetzen / Nebengesetzen gewährleistet werden. Diese beruhen meist auf der<br />
Umsetzung entsprechender EG-Richtl<strong>in</strong>ien. Nur bei der Umsetzung der EG-Klausel-<br />
Richtl<strong>in</strong>ie und der EG-Verbrauchergüterkauf-Richtl<strong>in</strong>ie hatte sich der Gesetzgeber zu e<strong>in</strong>em<br />
E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> den Codice civile entschlossen. Für Warenkaufverträge s<strong>in</strong>d neben den hierdurch<br />
geschaffenen Vorschriften des Codice vor allem noch die Durchführungsbestimmungen zu<br />
den EG-Richtl<strong>in</strong>ien über außerhalb von Geschäftsraum geschlossene Verträge,<br />
Verbraucherkredit und Fernabsatz von Interesse.<br />
85
Italien<br />
Die Nebengesetze behandeln u.a. die Produkthaftung (Präsidialdekret Nr. 224 vom 24.5.1988<br />
zur Umsetzung der Produkthaftungs-Richtl<strong>in</strong>ie), Produktsicherheit (Gesetzesverordnung Nr.<br />
115 vom 17.3.1995 zur Umsetzung der Produktsicherheitsrichtl<strong>in</strong>ie) , Pauschalreisen<br />
(Gesetzesverordnung Nr.111 vom 17.3. 1995 zur Umsetzung der Pauschalreise-<br />
Richtl<strong>in</strong>ie),sowie Haustürgeschäfte, Fernabsatzgeschäft, Preisangabenverordnung,<br />
vergleichende und irreführende Werbung.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Der Codice civile regelt <strong>in</strong> Artt.1476-1497 die Vertragspflichten des Verkäufers beim<br />
Kaufvertrag. Grundnorm ist Art. 1476 c. c.<br />
Danach bestehen, wie im deutschen Recht, drei Kard<strong>in</strong>alpflichten für den Verkäufer:<br />
=> Pflicht zur Übergabe der Kaufsache (Nr.1)<br />
=> Pflicht zur Eigentumsverschaffung (Nr.2)<br />
=> Gewährleistungspflicht bei Sachentziehung und bei Vorliegen von<br />
Mängeln (Nr.3)<br />
Mängelhaftung des Verkäufers:<br />
a) Rechtsmängel: In Italien hat der Käufer ke<strong>in</strong>en schuldrechtlichen Anspruch auf<br />
„Verschaffung“ des Eigentums, wie dies <strong>in</strong> Deutschland der Fall ist, da <strong>in</strong> Italien bereits der<br />
Kauf selbst den Eigentumsübergang herbeiführt (Art. 1376 c. c.). Nur wenn der Käufer vom<br />
Nichteigentümer gekauft hat – und deshalb nicht Eigentümer geworden ist – kann er gegen<br />
den Verkäufer vorgehen, aber nur, wenn er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Besitz gestört ist oder dies droht.<br />
b) Sachmängel: Das System der Sachmängelgewährleistung beruht auf drei Tatbeständen,<br />
die nach der Rechtssprechung allerd<strong>in</strong>gs im wesentlichen mit denselben Käuferrechten<br />
ausgestattet s<strong>in</strong>d.<br />
1. Fehler der verkauften Sache (garanzia per i vizi della cosa venduta, Artt.1490-1495 c.<br />
c.).E<strong>in</strong> Fehler liegt vor, wenn der physische Zustand der Sache derart vom Vertrag abweicht,<br />
dass sie nicht für die vorgesehene Verwendung geeignet ist oder sie im Wert wesentlich<br />
gem<strong>in</strong>dert ist. Der Fehlerbegriff im italienischen Recht ist enger als der des deutschen BGBs.<br />
Die Haftung des Verkäufers erstreckt sich nur auf versteckte Fehler. Diese Regelung ist im<br />
wesentlichen mit § 442 des BGB vergleichbar. Der Käufer hat bei Vorliegen e<strong>in</strong>es Fehlers die<br />
Möglichkeit auf Wandlung, M<strong>in</strong>derung oder sogar auf Schadensersatz, wenn Verschulden des<br />
Verkäufers vorliegt.<br />
Die Rügefrist beträgt allerd<strong>in</strong>gs nur 8 Tage ab Entdeckung des Fehlers und die Verjährung<br />
tritt nach e<strong>in</strong>em Jahr nach Übergabe der Kaufsache e<strong>in</strong> (Art.1495 I, III c. c.). Diese Fristen<br />
gelten auch, wenn e<strong>in</strong> Nicht-Unternehmer am Vertragsschluss beteiligt ist.<br />
2. Fehlen von Eigenschaften (mancanza di qualità). Diese Eigenschaften müssen vom<br />
Verkäufer zugesichert worden se<strong>in</strong> oder für den Gebrauch wesentlich se<strong>in</strong>.<br />
3. Gebrauchsfähigkeit der verkauften Sache (garanzia di buon funzionamento, Art. 1512 c.<br />
c.). Dieser Gewährleistungstatbestand bezieht sich auf den Kauf von beweglichen Sachen, bei<br />
denen der Verkäufer e<strong>in</strong>e entsprechende Garantie über den Gebrauch abgegeben hat.<br />
86
Italien<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Im sechsten Buch des Codice civile werden Kreditsicherungsmittel dargestellt.<br />
Neben den üblichen d<strong>in</strong>glichen und persönlichen Sicherheiten gibt es auch besondere<br />
Sicherheite wie die Klageformen und die E<strong>in</strong>rede des Zurückbehaltungsrechts.<br />
a) Surrogations- (Art. 2900 c.c.) und Revokationsklage (Artt. 2901-2904 c.c.) :<br />
Mit diesen beiden Klagen hat der Gläubiger die Möglichkeit direkt gegen die Schuldner<br />
se<strong>in</strong>es Schuldners vorzugehen.<br />
b) Rechte auf vorzugsweise Befriedigung (diritti di prelazione):<br />
1. Vorzugsrechte (privilegio), diese s<strong>in</strong>d dem deutschen Recht nicht bekannt. Sie entstehen<br />
ausschließlich kraft Gesetzes und begründen zugunsten bestimmter Gläubiger das Recht, sich<br />
aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen. Vorzugsrechte können sich <strong>in</strong> der Regel<br />
auf alle Vermögensgegenstände des Schuldners erstrecken. Diese Rechte ergeben sich aus<br />
der Eigenart der Forderung des Gläubigers (Artt. 2751-2783 c. c.).<br />
2. D<strong>in</strong>gliche Sicherungsrechte (garanzie reali), dieses s<strong>in</strong>d die Hypothek und das<br />
Pfandrecht. Beide Sicherungsmittel s<strong>in</strong>d vom Bestand der Forderung abhängig<br />
(Akzessiorität) und können nur für bestimmte Sachen oder Rechte bestellt werden.<br />
Die Hypothek kann nach Art. 2810 c. c. vor allem für unbewegliche Gegenstände, gewisse<br />
Rechte an unbeweglichen Gegenständen und registrierte bewegliche Gegenstände (z.B. Kfz)<br />
verwendet werden.<br />
Pfandsachen kommen meistens bei beweglichen Gegenständen <strong>in</strong> Betracht, die nicht der<br />
Registrierung unterliegen, sowie Forderungen (Art. 2784c.c.).<br />
c) Vermögensabtretung (Art. 1977-1986 c. c.) und Nutzungspfand (Art.1960),mit diesen<br />
Rechten werden dem Gläubiger Vorrechte auf das Vermögen des Schuldners e<strong>in</strong>geräumt. Mit<br />
der Vermögensabtretung beauftragt der Schuldner e<strong>in</strong>en Teil oder alle se<strong>in</strong>e Gläubiger mit der<br />
Verwertung se<strong>in</strong>er Vermögenswerte. Beim Nutzungspfand wird dem Gläubiger e<strong>in</strong>e<br />
Liegenschaft übertragen, aus der er Früchte ziehen darf. Dieses Recht muss <strong>in</strong>s<br />
Immobilienregister e<strong>in</strong>getragen werden.<br />
d). Zurückbehaltungsrecht dieses ist geeignet, auf den Schuldner Druck auszuüben und<br />
diesen so zur Erfüllung anzuhalten. Es gibt allerd<strong>in</strong>gs nicht wie <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong><br />
allgeme<strong>in</strong>es Zurückbehaltungsrecht. ( vgl. Art. 1152 c. c. Zurückbehaltungsrecht des<br />
gutgläubigen Besitzers).<br />
e) Bürgschaften (Art. 1936-1957), Kreditauftrag (Art. 1958 f. c. c.) und<br />
Wechselbürgschaft, bei diesen Sicherheiten steht dem Gläubiger e<strong>in</strong> weiterer Schuldner zur<br />
Verfügung.<br />
f) Im Kaufrecht ist dann noch der Eigentumsvorbehalt als Sicherungsmittel gesondert<br />
geregelt (Art. 1523-1526 c. c.).Die Rechtsnatur des Eigentumsvorbehalts gehört zu den<br />
klassischen Streitfragen des italienischen Zivilrechts. Die herrschende Auffassung def<strong>in</strong>iert<br />
ihn jedoch so wie es im deutschen Recht auch der Fall ist. Das Eigentum geht erst mit<br />
vollständiger Kaufpreiszahlung auf den Käufer über.<br />
87
Italien<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Das italienische Recht hat als erste Rechtsordnung im Codice Civile von 1942 das Recht der<br />
AGB kodifiziert (Art. 1341, 1342, 1370 c. c.). Im italienischen Recht, wie auch im deutschen<br />
Recht, s<strong>in</strong>d die AGB sämtliche für e<strong>in</strong>e Vielzahl von Verträgen vorformuliere<br />
Vertragsklauseln; e<strong>in</strong>zeln ausgehandelte Klauseln s<strong>in</strong>d davon nicht erfasst. Gültig s<strong>in</strong>d<br />
allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen, wenn der Vertragspartner diese im Zeitpunkt des<br />
Vertragsabschlusses kannte, oder bei zu erwartender Sorgfalt hätte kennen müssen( Art. 1341<br />
I c. c.).<br />
Bei der Betrachtung von Individualvere<strong>in</strong>barungen geht das italienische Recht vom selben<br />
AGB-Begriff aus, wie Art. 305 BGB des deutschen Rechts. Für e<strong>in</strong>zeln vere<strong>in</strong>barte<br />
Vertragspunkte muss e<strong>in</strong> Nachweis erbracht werden, dass speziell dieser Punkt Gegenstand<br />
von Verhandlungen war. Ist dies nicht der Fall, so gelten die AGB-Richtl<strong>in</strong>ien, die für diesen<br />
Punkt zutreffen.<br />
Zur Stellung von Vertragsklauseln ist es nicht nötig, dass der Vertragsteil der sie aufnehmen<br />
möchte, die entsprechenden Klauseln selber formuliert hat, sondern es genügt bereits, wenn er<br />
<strong>in</strong> der Lage ist nachzuweisen, dass er den Inhalt der AGB kannte oder sich bei Anwendung<br />
der erforderlichen Sorgfalt davon Kenntnis hätte verschaffen können<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Grundstückskaufverträge gehören <strong>in</strong> Italien zu den Verträgen, bei denen gesetzlich die<br />
Schriftform vorgeschrieben ist, da jedoch die E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Immobilienregister<br />
Vorraussetzung dafür ist, dass das Geschäft gegenüber Dritten gilt, besteht e<strong>in</strong> mittelbarer<br />
Zwang zur notariellen Beurkundung.<br />
Beim Grundstückskauf erwirbt der Käufer, wie bei allen Kaufverträgen, bereits durch die<br />
E<strong>in</strong>igung und im Zeitpunkt der E<strong>in</strong>igung das Eigentum an der Kaufsache<br />
(Konsensualpr<strong>in</strong>zip; Art. 1376 c. c.). Allerd<strong>in</strong>gs ist beim Erwerb von zu errichtenden<br />
Gebäuden zu beachten, dass dieser Fall als „Verkauf künftiger Sachen“ (vendita di cose<br />
future; Art. 1422 Abs. 1 c. c.) behandelt wird. Hierbei wird der Bauherr <strong>in</strong> dem Zeitpunkt<br />
Eigentümer, <strong>in</strong> dem das Gebäude <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en wesentlichen Bestandteilen errichtet ist. Es kommt<br />
nicht auf die Funktionstauglichkeit nach der Rechtssprechung an, was sich im H<strong>in</strong>blick auf<br />
die Gefahrtragung nachteilig für den Käufer auswirken kann.<br />
Unter Geltung des Konsensualpr<strong>in</strong>zips ist für den Rechtserwerb durch den Käufer weder e<strong>in</strong><br />
vom Kaufvertrag getrenntes d<strong>in</strong>gliches Vollzugsgeschäft noch e<strong>in</strong>e Registere<strong>in</strong>tragung mit<br />
rechtsbegründender Wirkung erforderlich (anders als im Deutschen Gesetz, vgl. §§ 873, 925<br />
BGB). Der Erwerber hat aber dennoch e<strong>in</strong> dr<strong>in</strong>gendes Interesse an der Registere<strong>in</strong>tragung, da<br />
nach Art. 2644 c. c. die Drittwirksamkeit des Eigentumserwerbs davon abhängt.<br />
Somit ist die Registere<strong>in</strong>tragung trotzdem wichtig. Sie schützt den Erwerber im Falle der<br />
Mehrfachveräußerung des Grundstücks sowie gegen Belastungen, die nach E<strong>in</strong>tragung se<strong>in</strong>es<br />
Erwerbs e<strong>in</strong>geschrieben werden.<br />
Die E<strong>in</strong>tragung hat somit verlautbarenden Charakter. Der Rechtserwerb erfolgt, wie oben<br />
dargelegt, bereits durch E<strong>in</strong>igung der Parteien, allerd<strong>in</strong>gs begründet erst die E<strong>in</strong>tragung die<br />
Drittwirksamkeit des Erwerbs. Der vorher e<strong>in</strong>getragene Erwerber hat selbst dann Vorrang,<br />
wenn der Erwerb zeitlich nach dem Erwerb durch e<strong>in</strong>en Dritten erfolgte, dieser Dritte aber<br />
erst später e<strong>in</strong>getragen wurde.<br />
Die E<strong>in</strong>tragung erfolg im Grundstücksregisteramt, <strong>in</strong> dessen Bezirk das Grundstück belegen<br />
ist.<br />
88
Italien<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Im italienischen Recht beschränkt sich, nach französischem Vorbild, der Konkurs auf<br />
Unternehmer. Aber auch für die Gläubiger privater Schuldner gilt, anders als im deutschen<br />
Recht, das Pr<strong>in</strong>zip der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger (Artt.2741 1 c. c.).<br />
Grundsätzlich s<strong>in</strong>d alle Gläubiger gleichberechtigt am Konkursverfahren beteiligt (Art. 52 1<br />
1.fall). Man unterscheidet jedoch e<strong>in</strong>fache und bevorrechtigte Gläubiger. Die letztgenannten<br />
zeichnen sich durch den Besitz e<strong>in</strong>es Pfandrechts, e<strong>in</strong>er Hypothek o. ä. aus. Jeder Gläubiger<br />
hat die Möglichkeit, der Pfändung durch e<strong>in</strong>en anderen Gläubiger beizutreten<br />
(Artt.498ff.c.p.c.). Aus dem Erlös der Pfändung wird er, nach Befriedigung des<br />
bevorrechtigen Gläubigers (geregelt <strong>in</strong> Art. 2741 2 c. c.), anteilig befriedigt. Vor der<br />
Befriedigung der allgeme<strong>in</strong>en Gläubiger werden zunächst die entstandenen Verwaltungs- und<br />
Betriebsfortführungskosten befriedigt. An letzter Stelle werden Gläubiger mit Vorzugs- und<br />
Pfandrechten an bestimmten beweglichen und unbeweglichen Sachen befriedigt.<br />
Ebenfalls unterscheidet man Konkursgläubiger allgeme<strong>in</strong> und Massegläubiger. Die<br />
Massegläubiger haben die Gläubigerstellung erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens<br />
aufgrund e<strong>in</strong>es Rechtsgeschäftes mit dem Verwalter erlangt. Ihre Ansprüche werden von den<br />
Konkursgläubigern befriedigt. Massegläubiger gibt es vor allem da, wo das Unternehmen des<br />
Schuldners vom Verwalter fortgeführt wird. Unter dem Begriff des Konkursgläubigers<br />
werden alle anderen Gläubiger zusammengefasst.<br />
Bei e<strong>in</strong>em Insolvenzverfahren wird aus den Gläubigern vom Beauftragen Richter e<strong>in</strong><br />
Gläubigerausschuss bestellt (Art 40 1. fall.). Dieser hat im Wesentlichen nur beratende<br />
Aufgaben zu e<strong>in</strong>igen Gebieten, wie zum Beispiel der E<strong>in</strong>schaltung von Gehilfen des<br />
Verwalters, bei Ermächtigungsbeschlüssen, bei Verwertung von Sicherheiten u.a..<br />
Sachlich bedeutsam ist die Stellungnahme des Gläubigerausschusses nur bei der Entscheidung<br />
über die Fortführung des Unternehmens des Schuldners auch im Konkursverfahren. Hierbei<br />
ist die Entscheidung des Ausschusses für das Konkursgericht b<strong>in</strong>dend.<br />
Anders als <strong>in</strong> Deutschland wo viele Verfahren aufgrund von Mangel an Masse gar nicht erst<br />
eröffnet werden, wird <strong>in</strong> Italien allen Anträgen stattgegeben, solange die nötigen Formalitäten<br />
erfüllt s<strong>in</strong>d, auch dann, wenn durch die Konkursmasse die entstehenden Kosten nicht gedeckt<br />
werden.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
„L´<strong>in</strong>iziativa economica privata é libera“ (Die privatwirtschaftliche Betätigung ist frei“)<br />
besagt Art. 41 der Verfassung. Doch dieser allgeme<strong>in</strong>e Grundsatz wird durch das<br />
e<strong>in</strong>fachgesetzliche Kartell- und Wettbewerbsrecht beschränkt, um es <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>stitutionellen<br />
Wirkung zu stärken.<br />
Die Bekämpfung wettbewerbsbeschränkenden und wettbewerbswidrigen Verhaltens dient<br />
nach italienischer Auffassung dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs und der<br />
freien Entfaltung der privatwirtschaftlichen Betätigung des E<strong>in</strong>zelnen.<br />
Das Kartellgesetz von 1990, mit dem der Gesetzgeber das Rechtsgebiet erstmals umfassend<br />
geregelt hat, bezieht sich ausdrücklich auf Art. 41 der Verfassung als Rechtsgrundlage. Es<br />
konkretisiert die daraus abgeleitete verfassungsrechtliche Garantie der Wettbewerbsfreiheit.<br />
Das Gesetz unterteilt sich <strong>in</strong> sechs Titeln:<br />
89
Italien<br />
1. Bestimmungen über wettbewerbsbeschränkende Vere<strong>in</strong>barungen (Artt.2,4) , zum<br />
Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung (Art. 3) und über die<br />
Zusammenschlusskontrolle (Art. 5-9)<br />
2. Regelungen zur E<strong>in</strong>richtung der Wettbewerbsbehörde und deren Aufgaben (Art. 10-<br />
20)<br />
3. Beschreibungen zu den gutachterlichen und beratenden Tätigkeiten der<br />
Wettbewerbsbehörde. (Art. 21-24)<br />
4. Zuweisungen von Befugnissen bei der Kontrolle von Unternehmensfusionen an die<br />
Regierung (Art. 25,26)<br />
5. Vorschriften zur Beteiligung von Industrieunternehmen am Kapital von<br />
Kredit<strong>in</strong>stituten (Art. 27-30) Dieses Bestimmungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen im Art. 19ff.<br />
T.U.B. geregelt.<br />
6. Schlussbestimmungen (Artt.31-34)<br />
Neben dem allgeme<strong>in</strong>en Kartellgesetz treten für spezifische Rechtsbereiche, wie<br />
Verlagswesen und Rundfunk gesonderte Regelungen <strong>in</strong> Kraft. Diese sollten das<br />
Entstehen von marktbeherrschenden Stellungen <strong>in</strong> diesem Bereichen verh<strong>in</strong>dern, zur<br />
Aufrechterhaltung der pluralistischen Informationsgesellschaft.<br />
Grundlage des italienischen Wettbewerbsrechts s<strong>in</strong>d heute die Art. 2598-2601 c. c. Art.2598.<br />
Es unterscheidet folgende Fälle: den Namens- und Kennzeichenmissbrauch, die sklavische<br />
Nachahmung, das sonstige Hervorrufen von Verwechslungsgefahr, die Anschwärzung, das<br />
Anmaßen von Vorzügen und –generalklauselartig- den Verstoß gegen die berufliche<br />
Korrektheit.<br />
Als Sanktionen hierfür sehen die Art. 2599, 2600 c. c. Unterlassung, Folgenbeseitigung und<br />
Schadensersatzansprüche vor.<br />
Um die entsprechenden EG-Richtl<strong>in</strong>ien umzusetzen regelt e<strong>in</strong> Sondergesetz mit der<br />
Gesetzesverordnung Nr. 74 irreführende und vergleichende Werbung.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land ?<br />
Seit dem 1.1.1988 gehört Italien zu den Mitgliedstaaten des Übere<strong>in</strong>kommens der Vere<strong>in</strong>ten<br />
Nationen über Verträge über den <strong>in</strong>ternationalen Warenkauf (CISG). Somit kommt <strong>in</strong> Italien<br />
das UN-Kaufrecht zum Tragen. Das UN-Kaufrecht ist e<strong>in</strong>e im Jahre 1980 geschlossene<br />
Konvention, die <strong>in</strong> über 60 Vertragsstaaten gilt und die <strong>in</strong>ternationale Kaufverträge (z.B.<br />
wenn e<strong>in</strong> deutscher Händler e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e von e<strong>in</strong>em Hersteller <strong>in</strong> Italien kauft) über<br />
Warenlieferungen regelt.<br />
90
Quelle:<br />
Italien<br />
Literatur:<br />
- Diplomarbeit „Strategien der <strong>in</strong>terkulturellen Kommunikation und Investitionssicherheit als<br />
Problemstellung im Auslandsgeschäft – am Beispiel Italien“ von Michaela Kwast,<br />
WS2003/2004<br />
- Peter K<strong>in</strong>dler, „E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das italienische Recht“,<br />
dt. Beck Verlag München 1993<br />
- Peter K<strong>in</strong>dler, „Italienisches Handels- und <strong>Wirtschaftsrecht</strong>“,<br />
Verlag Recht und Wirtschaft GmbH, Heidelberg<br />
Internet:<br />
- www.notare.bayern.de<br />
91
Lettland<br />
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
Lettland ( lettisch Latvija ), Republik <strong>in</strong> Nordosteuropa und e<strong>in</strong>es der neuen EU-Mitglieder<br />
umfasst e<strong>in</strong>e Fläche von 63700 qkm und hat 2,39 Mio. E<strong>in</strong>wohner. Riga ist die Hauptstadt,<br />
die größte Stadt, sowie die wichtigste Handels- und Industriestadt des Landes.<br />
Die heutige Republik Lettland ist rechtlicher Nachfolger der unabhängigen Republik, die<br />
von 1918 bis 1940 bestand. Die Verfassung von 1922 trat 1993 nach dem Zusammenbruch<br />
der Sowjetunion und der Erlangung der Unabhängigkeit wieder <strong>in</strong> Kraft und gilt als<br />
Rechtsgrundlage des Landes.<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Laut Teil 4: Verpflichtungsgesetz, Abteilung 5, Artikel 1473 des Zivilgesetzbuches von Lettland<br />
(Civillikums ähnlich dem deutschen BGB) besteht allgeme<strong>in</strong>e Vertragsfreiheit. Verträge können<br />
mündlich, schriftlich oder durch notarielle Beurkundung abgeschlossen werden.<br />
Soweit sich die Vertragsparteien auf die mündliche Form gee<strong>in</strong>igt haben ist es vom Gesetz<br />
zulässig, jedoch nicht wenn die Form für diese Vertragsart vorgeschrieben ist. Wenn trotz der<br />
gesetzlichen Vorschrift der mündliche Abschluss beibehalten wird, so ist dieser bis zur Erfüllung<br />
der gesetzlichen Formerfordernisse rechtlich unwirksam.<br />
Das Gesetz (Art. 1482 – 1494) schreibt bei Kaufverträgen grundsätzlich die Schriftform vor.<br />
Ausgeschlossen von dieser Regelung ist der Kle<strong>in</strong>handel, wo der Vertrag durch Angebot und<br />
Annahme entsteht und die Ware bezahlt wird. Grundeigentumsübertragungen bedürfen der<br />
notariellen Schriftform vor der E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong>s Grundbuch.<br />
Unterschiede zu den Bestimmungen des deutschen BGB s<strong>in</strong>d z. B., dass das lettische Recht ke<strong>in</strong>e<br />
Elektronische Form e<strong>in</strong>es Vertrages zulässt bzw. ke<strong>in</strong>e Regelungen dazu enthält.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Leider haben wir bei unseren Recherchen im Handelsrecht von Lettland (Komerclikums)<br />
und im Zivilgesetzbuch von Lettland (Civillikums) ke<strong>in</strong>e Sonderrechte für Kaufleute f<strong>in</strong>den<br />
können. Lettlands Handelsrecht ist seit 01.01.2002 <strong>in</strong> Kraft und be<strong>in</strong>haltet die Grundlagen<br />
des deutschen HGB’ es, GmbH-Gesetzes, Aktiengesetzes und Umwandlungsgesetzes,<br />
somit kann man sagen, dass es ähnlich wie im deutschen Recht, vermutlich ke<strong>in</strong>e<br />
Sonderrechte für Kaufleute gibt.<br />
3. Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz ist im Verbraucherschutzgesetz verankert. Der Zweck dieses Gesetzes <strong>in</strong><br />
Lettland ist es die Rechte des Verbrauchers beim Kontakt mit Herstellern, Händlern, sowie<br />
Dienstleistungsunternehmen zu schützen. Nach dem lettischen Recht s<strong>in</strong>d die Rechte des<br />
Verbrauchers dann verletzt, wenn:<br />
92
Lettland<br />
1) bei der Ausübung e<strong>in</strong>es Geschäftes dem Verbraucher ke<strong>in</strong>e freie Wahl gelassen wurde<br />
(also er dazu gezwungen wurde)<br />
2) es besteht ke<strong>in</strong>e Vertragsparteiengleichheit und die Vertragsfristen wurden nicht erfüllt<br />
3) Informationen über das Produkt/Ware, Dienstleistung oder über deren vorher Preis dem<br />
Verbraucher nicht mitgeteilt wurden.<br />
4) die gelieferte Ware mit den Vertragsbestimmungen nicht übere<strong>in</strong>stimmt<br />
5) wenn Zahlungsbed<strong>in</strong>gungen oder Stückzahlangaben bzw. Gewichtsangaben nicht richtig /<br />
nachvollziehbar s<strong>in</strong>d und ke<strong>in</strong>e Gelegenheit zur Überprüfung dieser gegeben ist<br />
6) vertragliche Verpflichtungen nicht erfüllt s<strong>in</strong>d<br />
7) dem Verbraucher ke<strong>in</strong>e Möglichkeit zum Vertragsrücktritt gewährt wird bei Änderungen<br />
von Vertragsbed<strong>in</strong>gungen oder wenn se<strong>in</strong>e gesetzlichen Rechte verletzt wurden<br />
8) e<strong>in</strong> für den Vertragsabschluß wichtiges Dokument dem Verbraucher nicht ausgehändigt<br />
wird<br />
Das Gesetz zum Verbraucherschutz be<strong>in</strong>haltet außer den Allgeme<strong>in</strong>en Regelungen wie z. B.<br />
Schutz des Verbrauchers bei Vertragsabschlüßen, Konformität von Ware/Dienstleistung mit<br />
Vertragsbestimmungen usw. auch Regelungen bezüglich der öffentlichen Organisationen die sich<br />
mit der Überwachung, Kontrolle und Vorbeugung befassen, sowie deren Haftung.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese ausgestaltet?<br />
Regelungen zu Gewährleistung Garantie werden <strong>in</strong> der lettischen Rechtsordnung im Artikel 16<br />
des Verbraucherschutzgesetzes sehr ausführlich geregelt.<br />
Laut Bestimmungen im Verbraucherschutzgesetz ist e<strong>in</strong>e Garantie e<strong>in</strong>e Bestätigung durch e<strong>in</strong>en<br />
Hersteller, Verkäufer oder e<strong>in</strong> Dienstleistungsunternehmen, dass die Sicherheit und die<br />
betrieblichen Qualitäten e<strong>in</strong>er Ware/Dienstleistung bzw. e<strong>in</strong>es Teils davon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Zeitspanne aufrechterhalten bleiben. E<strong>in</strong>e Garantie bedarf immer der Schriftform. Die<br />
Zeitperiode, sowie der Name des Garantiegebers müssen genau benannt se<strong>in</strong>. Bei ausländischen<br />
Gesellschaften darf nur e<strong>in</strong> Vertreter <strong>in</strong> Lettland Garantiegeber se<strong>in</strong>. Herstellergarantien dürfen<br />
von Verkäufern nicht zeitlich gem<strong>in</strong>dert werden und das Wort „Garantie“ darf <strong>in</strong> Lettland nur bei<br />
Übere<strong>in</strong>stimmung mit der genauen Def<strong>in</strong>ition <strong>in</strong> diesem Artikel verwendet werden.<br />
93
Lettland<br />
5. Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigenturmsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Zu den Kreditsicherungsmitteln haben wir leider nur die Bürgschaft und die Forderungsabtretung<br />
im Zivilgesetzbuch gefunden.<br />
Über die Bürgschaft werden <strong>in</strong> den Artikeln 1692 bis 1715 sehr ausführlich die Rechte und<br />
Pflichten des Bürgen gegenüber dem Schuldner und Gläubiger aufgeführt. Das Bürgschaftsrecht<br />
stimmt fast komplett mit den deutschen Regelungen übere<strong>in</strong>.<br />
Die Forderungsabtretung wird <strong>in</strong> den Artikel 1801 bis 1803 näher beschrieben. Somit gibt es wie<br />
im deutschen Recht e<strong>in</strong>e Zessionar und e<strong>in</strong>en Zedent. Bei der Abtretung bedarf der Zedent <strong>in</strong><br />
ke<strong>in</strong>em Fall die Zustimmung des Schuldners.<br />
(Zu dieser Frage hatten wir e<strong>in</strong>en sehr guten Tipp vom Herrn Theis Klauberg LL.M. (Western<br />
Cape, Rechtsanwalt) und zwar das Buch „Handbuch zum deutschen und europäischen<br />
Bankrecht“ Derleder/ Knops/ Bamberger und wir hätten bestimmt viele Informationen<br />
bekommen, jedoch haben wir es durch die Bibliothek nicht auftreiben können und bei e<strong>in</strong>em<br />
Kaufpreis i. H. v. 149,50 EUR war es uns etwas zu teuer.)<br />
6. Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
(Zu dieser Frage haben wir leider nichts gefunden)<br />
7. Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Nach dem lettischen Recht ist derjenige Eigentümer e<strong>in</strong>er Immobilie, der im Grundbuch als<br />
Eigentümer e<strong>in</strong>getragen ist. Das bedeutet, dass jede Übertragung von Grundeigentum <strong>in</strong> das<br />
Grundbuch e<strong>in</strong>getragen werden muss; der Erwerber von Grundeigentum kann se<strong>in</strong>e<br />
Rechtsstellung als Eigentümer gegenüber Dritten erst mit der E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Grundbuch<br />
beweisen. Für die E<strong>in</strong>träge des Grundbuches gilt der öffentliche Glaube. Insgesamt gleicht der<br />
Eigentumserwerb <strong>in</strong> Lettland damit dem deutschen Recht. Allerd<strong>in</strong>gs gibt es e<strong>in</strong>ige,<br />
wesentliche Unterschiede:<br />
Nach dem Gesetz trägt der Erwerber bereits ab der Unterzeichnung des Kaufvertrags das<br />
Risiko aus dem Immobilienerwerb, er muss also für alle Schäden Dritter e<strong>in</strong>stehen und trägt<br />
die volle Haftung (Art. 2023 des lettischen Zivilgesetzbuches). Diese Regelung über den<br />
Gefahrübergang kann (und sollte) vertraglich umgangen werden. Weiterh<strong>in</strong> bedarf der<br />
Kaufvertrag rechtlich ke<strong>in</strong>er notariellen Beglaubigung oder Beurkundung, auch wenn dies die<br />
übliche Praxis ist. Erst die formale Beantragung der E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Grundbuch muss<br />
zw<strong>in</strong>gend notariell beglaubigt se<strong>in</strong>. Im Gegensatz zur deutschen Beurkundungspflicht hat der<br />
Notar aber zu ke<strong>in</strong>em Zeitpunkt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Beratungs- oder Aufklärungspflicht und<br />
haftet nur für die korrekte Antragstellung.<br />
Besondere Regeln greifen für das Wohnungseigentum:<br />
94
Lettland<br />
Lettland bef<strong>in</strong>det sich noch immer <strong>in</strong> der Phase der Privatisierung von staatlichem und<br />
geme<strong>in</strong>deeigenem Grundeigentum, das jedermann, natürliche und juristische Personen<br />
erwerben kann.<br />
Grundsätzlich wird auch das Wohnungseigentum im Grundbuch e<strong>in</strong>getragen und kann nur<br />
vom E<strong>in</strong>getragenen übertragen werden. Aufgrund des erheblichen Privatisierungsvolumens<br />
hat der lettische Gesetzgeber übergangsweise e<strong>in</strong> besonderes Wohnungseigentumsregister<br />
geschaffen, <strong>in</strong> welchem e<strong>in</strong>e erfolgte Privatisierung d<strong>in</strong>glich gesichert werden kann, bis diese<br />
schließlich im Grundbuch vermerkt wird.<br />
Der Eigentumserwerb von lettischen Grundstücken ist grundsätzlich nur lettischen<br />
Staatsbürgern erlaubt, oder Unternehmen, die mehrheitlich <strong>in</strong> lettischem Eigentum s<strong>in</strong>d.<br />
Ausländische Firmen können Grundstücke für max. 99 Jahre pachten. Der Erwerb von<br />
Gebäuden ist jedoch auch für Ausländer zulässig. Am 15.04.2003 s<strong>in</strong>d jedoch Änderungen<br />
des ,,Gesetzes über die Privatisierung von Land <strong>in</strong> ländlichen Gebieten“ <strong>in</strong> Kraft getreten.<br />
Danach sollen ab 01.05.2011 alle natürlichen und juristischen Personen <strong>in</strong>nerhalb der EU <strong>in</strong><br />
der Lage se<strong>in</strong>, Land unter den gleichen Bed<strong>in</strong>gungen wie alle anderen Personen <strong>in</strong> Lettland zu<br />
erwerben. Bereits ab dem Zeitpunkt des Beitritts zur Europäischen Union gelten für den<br />
Erwerb von Land jedoch bereits erleichterte Bed<strong>in</strong>gungen für EU-Bürger.<br />
8. Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Die Konkurs- oder Zahlungsausgleichsprozedur wird <strong>in</strong> Lettland im Gesetz zur Insolvenz von<br />
Unternehmen (Par uzņēmumu un uzņēmējabiedrību maksātnespēju) geregelt. E<strong>in</strong><br />
Unternehmen kann vom zuständigen Gericht, vom Unternehmen selbst, sowie auch von den<br />
Gläubigern für zahlungsunfähig erklärt werden. Nach dem lettischen Recht ist e<strong>in</strong><br />
Unternehmen zahlungsunfähig, wenn es se<strong>in</strong>en Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt<br />
oder die Verpflichtungen die Forderungen übersteigen.<br />
Die Gläubiger haben sich bei dem vom Gericht ernannten Insolvenzverwalter b<strong>in</strong>nen 3<br />
Monaten zu melden. Der Verwalter hält nach Ablauf dieser Frist e<strong>in</strong>e Vollversammlung der<br />
Gläubiger ab, diese stellen dann e<strong>in</strong>en Antrag auf Sanierung bzw. Liquidation des<br />
Unternehmens. Die Sanierung bzw. Liquidation wird vom Gericht beschlossen.<br />
9. Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Das neue Wettbewerbsgesetz (Konkurences likums) trat am 01.01.2002 <strong>in</strong> Kraft. Das Gesetz<br />
soll die lettischen Regelungen <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit dem EG-Wettbewerbsrecht br<strong>in</strong>gen<br />
und führt e<strong>in</strong>e Reihe von weitreichenden Neuerungen e<strong>in</strong>.<br />
Der Wettbewerb wird vom Wettbewerbsausschuss des Wirtschaftsm<strong>in</strong>isteriums überwacht.<br />
Wesentliche Grundstrukturen des Wettbewerbsgesetzes ist Vermeidung bzw. Vorbeugung<br />
von Monopolen, Vorgehen gegen unlauteren bzw. unfairen Wettbewerb und Fusionskontrolle.<br />
Alle Unternehmen die 40% e<strong>in</strong>es Marktes beherrschen dürfen ihre Vormachtsstellung nicht<br />
ausnutzen, sonst müssen sie mit sehr harten Strafen rechnen.<br />
95
Lettland<br />
Der Wettbewerbsausschuss hat das Recht den gesamten Profit dieses Unternehmens zu<br />
beschlagnahmen.<br />
Auch Beschränkungen der Konkurrenz und Verzerrung des Wettbewerbs werden vom<br />
Wettbewerbsausschuss überwacht.<br />
Die Pflicht zur Anmeldung e<strong>in</strong>er Fusion von Unternehmen besteht, sofern e<strong>in</strong>e der Parteien<br />
zuvor e<strong>in</strong>e marktbeherrschende Stellung hatte oder der Gesamtjahresumsatz LVL 25<br />
Millionen überstieg.<br />
10. Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> Lettland?<br />
Das Übere<strong>in</strong>kommen der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über Verträge über den <strong>in</strong>ternationalen<br />
Warenkauf (UN-Kaufrecht) ist <strong>in</strong> Lettland ab dem 01.08.1998 <strong>in</strong> Kraft getreten.<br />
Quellen:<br />
LATVIJAS REPUBLIKAS CIVILLIKUMS / THE CIVIL LAW OF LATVIA<br />
Tulkojums – Tulkoßanas un term<strong>in</strong>olo©ijas centrs, 2001<br />
Consumer Rights Protection Law<br />
Translation © 2002 Tulkošanas un term<strong>in</strong>oloģijas centrs (Translation and Term<strong>in</strong>ology<br />
Centre)<br />
Competition Law<br />
Translation © 2002 Tulkošanas un term<strong>in</strong>oloģijas centrs (Translation and Term<strong>in</strong>ology<br />
Centre)<br />
The Commercial Law<br />
Translation © 2002 Tulkošanas un term<strong>in</strong>oloģijas centrs (Translation and Term<strong>in</strong>ology<br />
Centre)<br />
www.ur.gov.lv<br />
www.ttc.lv<br />
www.chamber.lv<br />
96
Litauen<br />
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
Am 18. Juli 2000 verabschiedete das litauische Parlament das neue Zivilgesetzbuch, welches<br />
mit e<strong>in</strong>igen Ausnahmen seit dem 01. Juli 2001 <strong>in</strong> Kraft ist. Bis dah<strong>in</strong> galt <strong>in</strong> Litauen der<br />
sowjetische Zivilkodex von 1964, der <strong>in</strong>sgesamt trotz zahlreicher Anpassungen <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren nicht für die Marktwirtschaft geeignet war. U.A. wurde auch das deutsche Zivilrecht<br />
als Modell bei der Erstellung herangezogen.<br />
Es enthält sowohl zivil- als auch handelsrechtliche Regelungen, sowie das<br />
Verbraucherschutzgesetz. Das daneben existierende Gesellschaftsrecht soll eventuell auch<br />
noch <strong>in</strong>tegriert werden. Das neue ZGB gliedert sich <strong>in</strong> sechs Bücher: Allgeme<strong>in</strong>e<br />
Bestimmungen, Rechte der Personen, Familienrecht, Eigentumsrecht, Erbrecht sowie<br />
Schuldrecht. Auf weitere Gesetze wird unter den jeweiligen Fragen verwiesen.<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Das litauische Vertragsrecht basiert auf der Vertragsgestaltungsfreiheit und dem Grundsatz<br />
von Treu und Glauben. Zivil- und Handelsrecht enthalten den Grundsatz der Vertragsfreiheit.<br />
Wenn ke<strong>in</strong>e gesetzliche Bestimmung vorliegt, ist die Form des Vertragsabschlusses<br />
grundsätzlich frei. Verträge können <strong>in</strong> Litauen mündlich oder schriftlich, mit notarieller<br />
Beglaubigung oder mit E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> spezielles Register geschlossen werden.<br />
In § 1.73 ZGB wird für z.B. für folgende Geschäfte die e<strong>in</strong>fache Schriftform vorgeschrieben:<br />
- Geschäfte über Gründung von juristischen Personen<br />
- Ratenkaufverträge<br />
- Versicherungsverträge<br />
- Mietverträge über bewegliche Sachen mit e<strong>in</strong>er Laufzeit von mehr als e<strong>in</strong>em Jahr<br />
- Vergleiche<br />
Das litauische Recht lässt hier die Übermittlung durch Fax und andere elektronische<br />
Datenträger zu, wenn die Unterschrift den Aussteller e<strong>in</strong>deutig erkennen lässt.<br />
Auch für die notarielle Beglaubigung enthält das ZGB <strong>in</strong> § 1.74 e<strong>in</strong>e Auslistung der<br />
Geschäfte, für die sie vorgeschrieben ist. Hier e<strong>in</strong>e Auswahl:<br />
- mit Immobilien verbundene Geschäfte, wie bspw. Kauf, Schenkung, Hypothek,<br />
Nießbrauch oder Pfandrecht<br />
- Unternehmenskaufvertrag<br />
- Testamente<br />
- Schenkungsverträge<br />
Letztlich müssen bestimmte Vertragsarten mit E<strong>in</strong>tragungen <strong>in</strong> speziellen Registern e<strong>in</strong>her<br />
gehen. Dies s<strong>in</strong>d Verträge über die Eigentumsübertragung, Belastung von Grundstücken und<br />
Immobilien und über Transfer von gewerblichen Schutzrechten.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
In Litauen f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute im Handelsgesetz vom 12.1.1995 wieder.<br />
Es unterscheidet zwischen Voll- und M<strong>in</strong>derkaufleuten. E<strong>in</strong> Kaufmann wird def<strong>in</strong>iert als<br />
Unternehmer, der zu gewerblichen Zwecken Waren kauft oder verkauft, das Vermögen e<strong>in</strong>es<br />
Handelsunternehmens besitzt, es nutzt oder über es verfügt sowie die Wirtschafts- bzw.<br />
F<strong>in</strong>anztätigkeit e<strong>in</strong>es Handelsunternehmens organisiert.<br />
97
Litauen<br />
Hiervon grenzen sich M<strong>in</strong>derkaufleute ab, die natürliche Personen ohne Kaufmannsstatus<br />
verkörpern. Grundlage für die Def<strong>in</strong>ition des M<strong>in</strong>derkaufmanns ist im litauischen Gesetz die<br />
wirtschaftliche Tätigkeit. Der M<strong>in</strong>derkaufmann beschäftigt ke<strong>in</strong>e Mitarbeiter, verfügt nicht<br />
über Handelsräume oder treibt an Kiosken oder Verkaufsständen Handel. Im Gegensatz zu<br />
Handelsunternehmen, die sich als Unternehmen registrieren lassen, müssen M<strong>in</strong>derkaufleute<br />
für ihre Tätigkeit e<strong>in</strong> sog. Patent e<strong>in</strong>holen.<br />
Handelstätigkeit darf nur mit Patenterteilung oder Registrierung ausgeübt werden.<br />
Weiterh<strong>in</strong> bestimmt das Handelsgesetz noch die Regelungen zur Erteilung und Ausübung der<br />
Prokura und unterscheidet zum Kaufmann an sich noch die Handelsangestellten (angestellte<br />
Mitarbeiter). Letztere beschränken sich <strong>in</strong> ihrer Tätigkeit unmittelbar auf Handelsgeschäfte<br />
(Kauf etc.).<br />
Das litauische Handelsgesetz sieht noch weitere allgeme<strong>in</strong>e Regeln des Handelsgeschäftes<br />
vor, auf die hier nur kurz e<strong>in</strong>gegangen wird. Dies s<strong>in</strong>d v. a. die Regeln für das<br />
Zustandekommen von Verträgen, Anforderungen zur Warenqualität und<br />
Informationspflichten des Verkäufers.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Im Jahr 2000 wurde das Verbraucherschutzgesetz aus dem Jahr 1994 durch e<strong>in</strong> neues Gesetz<br />
abgelöst.<br />
Die operative Überwachung zum Schutz der Verbraucher wir durch verschiedene<br />
Institutionen gewährleistet. Seit 2001 hat der Litauische Verbraucherschutzrat den Schutz der<br />
Interessen der Verbraucher, die Gesamtkoord<strong>in</strong>ation der Marktüberwachung und die<br />
Durchführung des Gesetzes zur Produktsicherheit übernommen. Er ist direkt dem<br />
Justizm<strong>in</strong>isterium unterstellt und für den Vollzug des Verbraucherschutzgesetzes zuständig.<br />
Der Verbraucherschutzrat ist somit Nachfolger des Wettbewerbsrates, der diese Funktion<br />
noch nach altem Recht übernommen hatte.<br />
Nachdem der Litauische Verbraucherschutzrat für die Gesamtkoord<strong>in</strong>ation der<br />
Marktüberwachung verantwortlich ist, wird die Marktkoord<strong>in</strong>ation an sich durch verschiedene<br />
staatliche Stellen übernommen, z.B. Lebensmittel- und Veter<strong>in</strong>ärdienst oder Aufsichtsamt für<br />
Tabak und Alkohol.<br />
Daneben existieren noch verschiedene nichtstaatliche Verbrauchervere<strong>in</strong>igungen, die<br />
teilweise <strong>in</strong> der Litauischen Verbrauchervere<strong>in</strong>igungen oder im Litauischen Landesverband<br />
für Verbraucherschutz zusammengefasst s<strong>in</strong>d.<br />
Die Kennzeichnung und Etikettierung von Waren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den „Bestimmungen des<br />
Wirtschaftsm<strong>in</strong>isteriums über die Etikettierung und Markierung von Waren zum Verkauf <strong>in</strong><br />
Litauen“ festgelegt. Waren müssen demnach bestimmte Markierungsbestandteile enthalten,<br />
wie z.B. Name und Adresse des Herstellers/Importeurs, Angaben zur Haltbarkeit oder e<strong>in</strong>e<br />
Gebrauchsanweisung. Sie müssen <strong>in</strong> litauischer Sprache auf der Ware oder der Verpackung<br />
angebracht se<strong>in</strong>.<br />
Verschiedene Vorschriften zur Information der Verbraucher f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Artikel 5 des<br />
Verbraucherschutzgesetzes. Verbraucher haben bspw. e<strong>in</strong>en Anspruch auf Informationen zum<br />
Produkt bzw. Dienstleistung, zur Qualität, zum Preis oder Verkaufs- und zu<br />
Gewährleistungsfristen. Verantwortlich ist der jeweilige Hersteller bzw. Verkäufer.<br />
98
Litauen<br />
Die EG-Produkthaftungsrichtl<strong>in</strong>ie ist Vorbild des Gesetzes über die Produktsicherheit von<br />
1999. Demnach s<strong>in</strong>d Hersteller, Importeure und der Hersteller von Waren bzw. Erbr<strong>in</strong>ger von<br />
Dienstleistungen verpflichtet, sichere Produkte auf den Markt zu br<strong>in</strong>gen und den<br />
Verbraucher über eventuelle Risiken zu <strong>in</strong>formieren sowie beim Auftreten von<br />
Produktfehlern, das Produkt vom Markt zu nehmen.<br />
Artikel 20 des Gesetzes über die Produktsicherheit regelt die Haftung für Schäden des<br />
Verbrauchers aus Sicherheitsmängeln.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Das neue Zivilgesetzbuch sieht verschiedene Gewährleistungsregelungen der Vertragsparteien<br />
vor. Der Käufer hat zunächst bestimmte Untersuchungs- und Rügepflichten, die <strong>in</strong>nerhalb<br />
e<strong>in</strong>er angemessenen Frist nach Entdeckung geltend gemacht werden müssen. § 6.337 ZGB<br />
enthält die Pflicht zur Warenqualitätsuntersuchung des Käufers. Weiterh<strong>in</strong> hat er nach § 6.348<br />
ZGB bei Auftreten von Mängeln e<strong>in</strong>e Benachrichtigungspflicht.<br />
Die Gewährleistungsrechte gestalten sich <strong>in</strong> Nachbesserung, Ersatzlieferung, M<strong>in</strong>derung,<br />
Wandlung, Aufhebung des Vertrages bei wesentlicher Vertragsverletzung nach Fristsetzung<br />
und schließlich Schadensersatzanspruch.<br />
Das litauische ZGB erlaubt im Gegensatz zum deutschen Recht e<strong>in</strong>en Ausschluss der<br />
Gewährleistung.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Die Kreditsicherung ist vornehmlich im Hypothekengesetz und im Gesetz über<br />
Mobiliarsicherheiten geregelt. Diese Regelungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> das neue Zivilgesetzbuch am<br />
1.1.2003 e<strong>in</strong>geflossen. Zu unterscheiden s<strong>in</strong>d Mobiliarsicherheiten, Immobiliarsicherheiten<br />
und Personalsicherheiten. Auf die wesentlichen Sicherungs<strong>in</strong>strumente, wie Pfandrecht,<br />
Hypothek, Bürgschaft und Garantie wird im folgenden näher e<strong>in</strong>gegangen.<br />
Das Pfandrecht kann als gesetzliches oder vertragliches Pfandrecht begründet werden. Gemäß<br />
Artikel 4.201 ZGB kann es folgende Gegenstände erfassen:<br />
- jede bewegliche Sache, die nach <strong>in</strong>dividuellen oder Gattungsmerkmalen bestimmt ist<br />
(Ausnahme: Gegenstände, die nach dem Hypothekengesetz verpfändet werden; das<br />
litauische Gesetz kennt auch die Hypothek an beweglichen Sachen)<br />
- Wertpapiere<br />
- Geistige Eigentumsrechte<br />
- D<strong>in</strong>gliche Rechte<br />
- Geldmittel auf dem Bankkonto des Verpfänders<br />
- Forderungen, die sich aus e<strong>in</strong>em schriftlichen Vertrag ergeben<br />
Die E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Register bei der zentralen Hypothekenregisterstelle ist konstitutiv für<br />
das Entstehen des Pfandrechts.<br />
Der Hypothek kommt <strong>in</strong> Litauen e<strong>in</strong>e wichtige Bedeutung zu. Sie ist im Hypothekengesetz<br />
vom 29.8.2000 geregelt und weist gegenüber dem deutschen Recht grundlegende<br />
Unterschiede auf. E<strong>in</strong>e Hypothek kann auch bewegliche Vermögensgegenstände erfassen. Sie<br />
ist nicht auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte beschränkt. Mit Entstehen ist e<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong>s zentrale Hypothekenregister erforderlich (konstitutiv).<br />
99
Litauen<br />
Weiterh<strong>in</strong> ist <strong>in</strong> Litauen die Grundschuld nicht bekannt, es kann nur e<strong>in</strong>e Hypothek als<br />
Grundpfandrecht begründet werden.<br />
Bürgschaft und Garantie entsprechen dagegen den deutschen Regelungen.<br />
Eigentumsvorbehalt und Sicherungseigentum s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Litauen nicht bekannt, der e<strong>in</strong>fache<br />
Eigentumsvorbehalt kann aber vertraglich vere<strong>in</strong>bart werden.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Grundsätzlich war die E<strong>in</strong>beziehung von AGB schon bereits vor der E<strong>in</strong>führung des neuen<br />
litauischen ZGB möglich. Mit der Aufstellung e<strong>in</strong>es neuen Zivilrechts wurde im sechsten<br />
Buch „Schuldrecht“ unter dem Abschnitt zum Vertragsrecht auch der Vertragsschluss<br />
e<strong>in</strong>schließlich der Besonderheiten des Vertragsschlusses unter E<strong>in</strong>beziehung der Allgeme<strong>in</strong>en<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen geregelt. So kontrollieren z.B. die Verbraucherschutz<strong>in</strong>stitutionen die<br />
Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen und können die darauf basierenden Verträge anfechten<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Der private Erwerb von Grundstücken ist erst <strong>in</strong> Schritten seit 1991 möglich, nachdem<br />
Litauen das Privateigentum <strong>in</strong> das litauische Rechtssystem e<strong>in</strong>geführt hatte. In 1996 wurde<br />
der Erwerb durch Ausländer unter bestimmten Bed<strong>in</strong>gungen möglich.<br />
Der Kaufvertrag für Immobilien bedarf zunächst e<strong>in</strong>mal der Schriftform. Für den Erwerb von<br />
privatem Land muss man zudem e<strong>in</strong>e Bestätigung durch e<strong>in</strong>en Notar e<strong>in</strong>holen (siehe Frage 1).<br />
Die Eigentumsübertragung wird allerd<strong>in</strong>gs erst mit E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das entsprechende Register<br />
wirksam, die <strong>in</strong>nerhalb von drei Monaten erfolgen soll. Für Grundstücke s<strong>in</strong>d die<br />
Transaktionen im Immobilienregister e<strong>in</strong>getragen, welches als Teil des staatlichen Registers<br />
bei den örtlich zuständigen Katasterämtern <strong>in</strong> den 10 litauischen Bezirksämtern geführt wird.<br />
Das Immobilienregister enthält das Bestandsverzeichnis, Eigentumsverhältnisse und<br />
Transaktionen e<strong>in</strong>es Grundstücks, woh<strong>in</strong>gegen im Gegensatz zum deutschen Recht,<br />
Belastungen und Beschränkungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em separatem Register, dem Hypothekenregister,<br />
e<strong>in</strong>getragen s<strong>in</strong>d. Gerade die o. g. drei- Monats-Frist bis zur E<strong>in</strong>tragung kann allerd<strong>in</strong>gs beim<br />
Eigentumsübertrag von Grundstücken erhebliche Probleme verursachen, da dadurch die<br />
Aktualität des Registers nicht unbed<strong>in</strong>gt gewährleistet ist.<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Das seit 1.7.2001 <strong>in</strong> Kraft getretene Unternehmenskonkursgesetz hat sich den<br />
marktwirtschaftlichen Anforderungen angepasst und sieht außergerichtliches und<br />
gerichtliches Insolvenzverfahren vor.<br />
Bei Eröffnung e<strong>in</strong>er gerichtlichen Insolvenz wird vom Gericht e<strong>in</strong> Adm<strong>in</strong>istrator<br />
(Insolvenzverwalter) bestellt. Dieser erhält Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die<br />
Insolvenzmasse. Bei der folgenden Liquidation des Unternehmens werden die<br />
Insolvenzgläubiger nach der gesetzlichen Rangliste befriedigt. Es gilt folgende absteigende<br />
Rangliste:<br />
- Hypothekengläubiger<br />
- Lohn- und Gehaltsforderungen von Arbeitnehmern<br />
- Steuern und andere Abgaben, sowie vom Staat gewährte oder gesicherte Darlehen und<br />
Kredite<br />
- Andere Forderungen<br />
100
Litauen<br />
Der Befriedigung der nachrangigen Gläubiger geht die vollständige Befriedigung der<br />
vorrangigen Gläubiger voraus. Die Befriedigung erfolgt anteilig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Verteilungsverfahren, wenn die Insolvenzmasse zur Befriedigung nicht ausreicht.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Das 1992 <strong>in</strong> Kraft getretene Wettbewerbsgesetz wurde durch die Neufassung am 2.4.1999 den<br />
marktwirtschaftlichen Anforderungen angepasst. Gleichzeitig wurde das litauische Recht an<br />
das europäische Wettbewerbsrecht angeglichen. Es enthält nun Regelungen zu verbotenen<br />
Vere<strong>in</strong>barungen, Missbrauch e<strong>in</strong>er marktbeherrschenden Stellung, Fusionskontrolle und<br />
unlauterem Wettbewerb. Der als nationale Wettbewerbsbehörde e<strong>in</strong>gesetzte Wettbewerbsrat<br />
wird ebenfalls im Wettbewerbsgesetz geregelt.<br />
Artikel 20 regelt die Zusammensetzung des Wettbewerbsrates, mit e<strong>in</strong>em Vorsitzenden und<br />
vier Mitgliedern, die vom Staatspräsidenten ernannt werden. Die Verwaltung gliedert sich <strong>in</strong><br />
sieben Abteilungen mit 50 Angestellten. Der Wettbewerbsrat nimmt e<strong>in</strong>e<br />
Überwachungsfunktion für die gesetzlichen Anforderungen e<strong>in</strong>. Artikel 26 räumt dem Rat<br />
weitgehende Ermittlungsbefugnisse, wie z.B. die Durchsuchung von Gebäuden e<strong>in</strong>. Der Rat<br />
kann bei Gesetzesverstoß den Marktteilnehmer unter Fristen und Bed<strong>in</strong>gungen zu bestimmten<br />
Maßnahmen zur Wiederherstellung des bisherigen Zustandes zw<strong>in</strong>gen. Zur Sanktionierung<br />
steht ihm die Verhängung von Geldbußen zur Verfügung. In dr<strong>in</strong>genden Fällen kann er<br />
e<strong>in</strong>stweilige Maßnahmen anordnen, um wesentliche Schäden abzuwenden und das öffentliche<br />
Interesse zu schützen.<br />
Vere<strong>in</strong>barungen und abgestimmte Verhaltenweisen werden gemäß Artikel 5 verboten. Dies<br />
erstreckt sich bspw. auf Preisabsprachen, Absprachen zur räumlichen Aufteilung oder<br />
Vere<strong>in</strong>barungen zur Benachteiligung anderer Marktteilnehmer. Unter bestimmten<br />
Bed<strong>in</strong>gungen kann der Wettbewerbsrat Ausnahmen <strong>in</strong> Form von E<strong>in</strong>zelfreistellungen und<br />
Gruppenfreistellungen gewähren. Anlehnend an die Praxis <strong>in</strong>nerhalb der EU regelt Artikel 7<br />
die Gruppenfreistellung und Artikel 8 die E<strong>in</strong>zelfreistellung.<br />
Das Wettbewerbsgesetz verbietet weiterh<strong>in</strong> den Missbrauch e<strong>in</strong>er marktbeherrschenden<br />
Stellung <strong>in</strong> Artikel 9. Diese wird unter zwei Gesichtspunkten vermutet: entweder hat e<strong>in</strong><br />
Wirtschaftssubjekt 40 oder mehr Prozent Marktanteil oder e<strong>in</strong> Teil e<strong>in</strong>er Gruppe verbundener<br />
Wirtschaftssubjekte verfügt über e<strong>in</strong>en Marktanteil von m<strong>in</strong>destens 70 Prozent. Zu den<br />
verbotenen Handlungen zählen u. a. die Erzw<strong>in</strong>gung unangemessener Preise oder<br />
Kaufbed<strong>in</strong>gungen und e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung des Absatzes, der Erzeugung oder der technischen<br />
Entwicklung zu Lasten des Verbrauchers.<br />
In den Artikeln 10 - 15 wird die Fusionskontrolle geregelt. Fusionsvorhaben s<strong>in</strong>d unter<br />
folgenden Bed<strong>in</strong>gungen an den Wettbewerbsrat anzuzeigen:<br />
1. die an der Fusion beteiligten Wirtschaftssubjekte haben im letzten Geschäftsjahr mehr<br />
als 30 Millionen LTL an Umsatzerlösen erzielt und<br />
2. m<strong>in</strong>destens zwei der an der Fusion beteiligten Wirtschaftssubjekte haben im letzten<br />
Geschäftsjahr jeweils mehr als 5 Millionen LTL an Umsatzerlösen erzielt<br />
Die Fusion muss nur angezeigt werden, wenn beide Bed<strong>in</strong>gungen vorliegen. Der<br />
Wettbewerbsrat prüft dann die Fusion unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten und<br />
kann sie anschließend, eventuell auch unter Auflagen, genehmigen. Bislang wurde nur e<strong>in</strong><br />
Fusionsvorhaben nicht durch den Rat genehmigt.<br />
101
Litauen<br />
Der unlautere Wettbewerb wird <strong>in</strong> Artikel 16 verboten. Demnach s<strong>in</strong>d jegliche Handlungen,<br />
die im Widerspruch zu gewissenhafter Praxis und guten Sitten stehen und e<strong>in</strong>en anderen<br />
Marktteilnehmer bee<strong>in</strong>trächtigen untersagt. Hierzu zählen u. a. die Veröffentlichung von<br />
Geschäftsgeheimnissen anderer Marktteilnehmer, die nicht autorisierte Verwendung von<br />
Warenzeichen oder Marken und irreführende Werbung. Ergänzt werden die Vorschriften im<br />
litauischen Handelsgesetzbuch, die den Handelsgewerbetreibenden ausdrücklich nochmals<br />
unlautere Handlungen verbietet. Diese werden <strong>in</strong> den Artikeln 44 – 47 aufgeführt.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
Mit Wirkung zum 1.2.1996 hat Litauen das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> Kraft gesetzt.<br />
Quellen:<br />
1) <strong>Wirtschaftsrecht</strong> der Republik Litauen – E<strong>in</strong> Praxisratgeber für Investoren<br />
AHK/DIHK, Sora<strong>in</strong>en Law Offices, Delegation der deutschen Wirtschaft <strong>in</strong> Litauen<br />
2) Wirtschaftspartner Litauen, Economica Verlag<br />
Ulrich Herfurth/Marius Jakulis Jason<br />
3) Vertrags-, Kauf, Handels- und Gesellschaftsrecht <strong>in</strong> Osteuropa – E<strong>in</strong> Praxishandbuch<br />
Graf von Bernstorff<br />
4) Institut für Osteuropäisches Recht<br />
http://www.uni-kiel.de/eastlaw/<br />
102
Allgeme<strong>in</strong>:<br />
Luxemburg<br />
Ländername Großherzogtum Luxemburg / Grand-Duché du Luxembourg /<br />
Lëtzebuerg<br />
Klima gemäßigt mit maritimen E<strong>in</strong>flüssen, die das Wetter bestimmen.<br />
Die Luft ist meist mild und feucht; jährliche Niederschlagsmenge<br />
782,2 mm; Temperaturen im Jahresmittel 9° C, im Januar 0,8° C,<br />
im Juli 17,5°C.<br />
Lage 6°31’ östl. Länge, 49°26’ nördl. Breite Geographische Grenzen:<br />
belgische Ardennen, Eifel, Mosel, Sauer und Our, Lothr<strong>in</strong>ger<br />
Becken.<br />
Größe Luxemburg ist mit e<strong>in</strong>er Fläche von 2.586 qkm zur Zeit noch der<br />
kle<strong>in</strong>ste Staat der Europäischen Union (EU), 14 qkm größer als<br />
das Saarland.<br />
Hauptstadt Luxemburg (78.300 E<strong>in</strong>wohner)<br />
Bevölkerung 448.300, davon 277.600 Luxemburger. Der Anteil der Ausländer<br />
ist mit 38,1% der höchste <strong>in</strong>nerhalb der EU. In Luxemburg leben<br />
61.400 Portugiesen, 21.600 Franzosen, 19.000 Italiener, 15.900<br />
Belgier, 10.200 Deutsche. Dazu kommen täglich über 102.900<br />
Pendler (aus B 28.300, D 20.200 und F 54.400.).<br />
Bevölkerungsdichte: 170,6 E<strong>in</strong>wohner je qkm.<br />
Landessprache ist Lëtzebuergisch (Gesetz vom 24.02.1984). Amtssprache ist<br />
Französisch, Verwaltungs- und Geschäftssprachen s<strong>in</strong>d<br />
Letzebuergisch, Französisch und Deutsch, Unterrichtssprache im<br />
K<strong>in</strong>dergarten ist Letzebuergisch, <strong>in</strong> der Grundschule Deutsch, <strong>in</strong><br />
der Oberschule Französisch.<br />
Religionen / Kirchen Römisch-katholisch ca. 98%, protestantisch ca. 1,2%, Juden<br />
(0,25%), Muslime (0,1%)<br />
Nationalfeiertag 23. Juni (offizieller Geburtstag des Großherzogs [eigentlich<br />
16.04.1955], wird seit Großherzog<strong>in</strong> Charlotte [23.01.1896-<br />
01.07.1985] im Juni begangen)<br />
103
Luxemburg<br />
Unabhängigkeit Londoner Vertrag 1839, nachdem das Großherzogtum<br />
Luxemburg auf dem Wiener Kongress (1815) als eigenständige<br />
E<strong>in</strong>heit geschaffen worden war.<br />
Regierungsform parlamentarische Demokratie <strong>in</strong> der Form e<strong>in</strong>er konstitutionellen<br />
Erbmonarchie<br />
Staatsoberhaupt Großherzog Henri, Herzog von Nassau (seit 07.10.2000)<br />
Regierungschef Premierm<strong>in</strong>ister Jean-Claude Juncker (CSV)(seit 07.08.1999)<br />
Vizepremierm<strong>in</strong>ister Lydie Polfer (DP) (seit 07.08.1999)<br />
Außenm<strong>in</strong>ister Lydie Polfer (DP) (seit 07.08.1999)<br />
Parlament Abgeordnetenkammer (Chambre des Députés) 60 Sitze;<br />
Präsident Jean Spautz, CSV (seit 26.01.1995); Mitglieder zuletzt<br />
am 13.06.1999 für fünf Jahre gewählt, nächste Wahlen Juni<br />
2004. Vier Wahlkreise mit unterschiedlicher Abgeordnetenzahl,<br />
Wähler haben entsprechende Stimmenzahlen und können<br />
kumulieren und panachieren.<br />
Parteien Parteienspektrum entspricht weitgehend dem deutschen, auch<br />
programmatisch.<br />
Regierungsparteien Christlich-soziale Volkspartei (CSV, 20 Sitze)<br />
Demokratische Partei (DP, liberal, 14 Sitze)<br />
Oppositionsparteien Sozialistische Arbeiterpartei (LSAP, sozialdemokratisch, 13<br />
Sitze), Grüne (5 Sitze), Aktionskomitee für Demokratie und<br />
Rentengerechtigkeit (ADR, 7 Sitze), Die L<strong>in</strong>ke (1 Sitz)<br />
Gewerkschaften:<br />
Onofhängege Gewerkschaftsbond Letzebuerg (OGBL<br />
sozialistisch)<br />
Lëtzebuerger Chreschtleche Gewerkschaftsbond (LCGB)<br />
Fédération des Employés Privés (FEP)<br />
Neutraler Handwierker Verband (NHV)<br />
Association Luxembourgeoise des Employés de Banque et<br />
d’Assurance (ALEBA)<br />
Fédération Nationale des Chem<strong>in</strong>ots<br />
Travailleurs du Transport, Fonctionnaires et Employés<br />
Luxembourgeois (FNCTTFEL)<br />
Confédération Générale de la Fonction Publique (CGFP)<br />
Dachverband CGT<br />
104
Luxemburg<br />
Verwaltungsstruktur Zentral- und Geme<strong>in</strong>deverwaltung (118 Geme<strong>in</strong>den, die <strong>in</strong> drei<br />
Distriktskommissariate mit 12 Kantonen gegliedert s<strong>in</strong>d, ke<strong>in</strong>e<br />
Mittel<strong>in</strong>stanzen)<br />
Mitgliedschaft <strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>ternationalen<br />
Organisationen<br />
CCD, EU, <strong>Europa</strong>rat, FAO, IAEA, ICAO, ILO, ITU, IWF,<br />
OSZE, NATO, OECD, UNESCO, UNO, UPU, Weltbank,<br />
BENELUX, WHO, WMO, WTO.<br />
Wichtigste Medien Tageszeitungen: Luxemburger Wort (konservativ), Tageblatt<br />
(sozialdemokratisch), Journal (liberal),Le Quotidien<br />
(l<strong>in</strong>ksliberal), d’Lëtzebuerger Land (liberal, Wochenzeitung)<br />
Radio und Fernsehen: RTL Radio 92,5, RTL (Fernsehen)<br />
(mehrere Programme u.a. dt, frz., letz. u. portg.), ELDORADIO,<br />
DNR<br />
BIP zu Marktpreisen 2002: 22 Mrd. Euro<br />
Prokopf-E<strong>in</strong>kommen zu<br />
Marktpreisen (2002):<br />
45.380 Euro, e<strong>in</strong>es der höchsten der Welt<br />
105
Luxemburg<br />
1) Gibt es <strong>in</strong> Luxemburg Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn<br />
ja, welche?<br />
Generell ist dies zu verne<strong>in</strong>. Jedoch gibt es Ausnahmen: so unterliegt z.B. der Wechsel<br />
e<strong>in</strong>er besonderen Form.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Ja, (franz.): Droit commercial.<br />
Es beruht hauptsächlich auf dem Bürgerlichen Recht und auf Gewohnheitsrechten. Es ist aber<br />
zu bemerken dass, Kaufleute e<strong>in</strong>em wesentlich strengeren Recht unterliegen als e<strong>in</strong>e private<br />
Person.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Im vielen verschiedenen e<strong>in</strong>zel gestalteten Gesetzen des Luxemburgischen Rechtssystems.<br />
(Franz.): P.ex, "clauses abusives", "lois sur la protection du consommateur"<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Generell gilt hier der Code Civil.<br />
Des weiteren gelten die <strong>in</strong>ternationalen und europarechtlichen Regelungen die auch <strong>in</strong><br />
Deutschland anwendbar s<strong>in</strong>d.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B. <strong>in</strong><br />
Deutschland Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. <strong>in</strong> Deutschland<br />
Grundschuld) vor?<br />
Zu diesem Themenbereich war es uns nicht möglich e<strong>in</strong>e ausreichende Antwort zu ermitteln.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Hierzu ist zu sagen, dass <strong>in</strong> Luxemburg <strong>in</strong> diesem Bereich die Rechtssprechung des Obersten<br />
Luxemburgischen Gerichtshof gilt.<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Mit Hilfe e<strong>in</strong>es normalen Vertrages erfolgt dies. Dieser kann auch mündlich geschlossen<br />
werden. Jedoch ist für Dritte und für die E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong>s Register (Grundbuch) e<strong>in</strong> notariell<br />
beurkundeter Vertrag wie auch <strong>in</strong> Deutschland notwendig.<br />
106
Luxemburg<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Die Stellung für Gläubiger im Großherzogtum Luxemburg ist ähnlich der im deutschen<br />
Recht. E<strong>in</strong> besonderer H<strong>in</strong>weis gilt dem Art 420 FF des Code de Commerce<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Da Luxemburg Gründungsmitglied der Eu ist, ist es also selbstverständlich das im<br />
Wettbewerbsbereich ebenfalls wie <strong>in</strong> Deutschland das Eu Recht gilt.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> Luxemburg und wenn ja, seit wann?<br />
Seid dem 1.Februar 1998 gilt <strong>in</strong> Luxemburg das UN – Kaufrecht.<br />
Anmerkung:<br />
Leider war es uns nicht möglich, diese Aufgabe umfangreicher zu erfüllen. Wir begannen auf<br />
der Internetseite des luxemburgischem Justizm<strong>in</strong>isterium, arbeiteten uns über diverse<br />
juristische Bibliotheken weiter bis wir schließlich verzweifelt Prof. Haarmeyer um Rat<br />
fragten. Er empfahl, dass wir uns bei e<strong>in</strong>em ehemaligen Studenten des Rhe<strong>in</strong>AhrCampuses<br />
Laurent Jossa melden sollten, was wir auch taten und e<strong>in</strong>ige Antworten auf die Fragen, von<br />
Ihm und e<strong>in</strong>em Kollegen aus Wien erhielten. Das half uns schon e<strong>in</strong> ganzes Stück weiter aber<br />
es war noch nicht die Lösung der Aufgabe. Erneut fragten wir Prof. Haarmeyer um Rat, der<br />
uns Kollegen empfahl, die juristische Lehrstühle an anderen Universitäten bzw.<br />
Fachhochschulen hatten und deren Fachgebiet Luxemburg war. Doch leider mussten wir dank<br />
deren Rat feststellen das ohne fundierte französische Kenntnisse im Luxemburgischen<br />
Rechtssystem diese Aufgabe unmöglich vollständig zu lösen ist.<br />
107
Malta<br />
1. Kurzer geographischer und politischer Überblick<br />
Malta liegt zwischen <strong>Europa</strong> und Nordafrika genau südlich von Sizilien im<br />
Zentrum des Mittelmeers. Es ist e<strong>in</strong> Teil von <strong>Europa</strong> und besteht aus e<strong>in</strong>er<br />
Inselgruppe zu der Malta, Gozo und Com<strong>in</strong>o sowie drei kle<strong>in</strong>ere unbewohnte<br />
Inseln gehören. Das Land umfasst e<strong>in</strong>e Fläche von 316 km². Die E<strong>in</strong>wohnerzahl<br />
beträgt etwa 400.000 und die Hauptstadt ist Valletta. Die Währung ist das<br />
Maltesische Pfund oder auch Lire genannt (Liri Malti).<br />
Malta war 1814 bis 1964 von den Engländern besetzt. Es ist Mitglied des<br />
Commonwealth und seit dem 21.09.1964 unabhängig. Das Regierungssystem<br />
Maltas ist e<strong>in</strong>e parlamentarische Republik (seit dem 13.12.1974) mit e<strong>in</strong>em<br />
Staatspräsident als offiziellem Oberhaupt.<br />
2. Rechtssystem<br />
Trotz langer britischer Herrschaft basiert die Struktur des maltesischen Rechts auf<br />
dem Bürgerlichen Rechts <strong>Europa</strong>s. Das Prozessrecht ist angelsächsisch bee<strong>in</strong>flusst<br />
und auch <strong>in</strong> Verwaltungs- und Steuerfragen lehnt sich maltesisches Recht stark an<br />
britisches Recht an. Die Amtssprachen s<strong>in</strong>d Maltesisch und Englisch,<br />
Gerichtssprache ist die Nationalsprache Maltesisch. Ausnahmen: ke<strong>in</strong>e der<br />
Parteien ist der maltesischen Sprache mächtig, oder die maltesisch sprechende<br />
Partei ist mit der Prozessführung <strong>in</strong> Englisch e<strong>in</strong>verstanden.<br />
Das Maltesische Recht setzt sich aus e<strong>in</strong>em Grundgesetz (Constitution), dem<br />
Statute Law Revision Act (1980), 469 verschiedenen Gesetzestexten (Chapter)<br />
und diversen ergänzenden Rechtssprechungen zusammen. E<strong>in</strong>e strukturierte<br />
Aufstellung wie z.B. unser deutsches BGB gibt es nicht. Vorschriften über das<br />
Internationale Privatrecht gibt es nur wenige und diese s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> verschiedensten<br />
Gesetzen verstreut. Bei nicht kodifiziertem Recht greifen die Gerichte auf den<br />
angelsächsischen Rechtsraum, vor allem auf englische Entscheidungen zurück.<br />
Das Verfassungsgericht ist die letzte Instanz für Urteile über die<br />
Verfassungsmäßigkeit von Verwaltung und Gesetzen. 1978 hat Malta das Recht<br />
auf die <strong>in</strong>dividuelle Anrufung des Europäischen Gerichtshofs und die Europäische<br />
Konvention für Menschenrechte <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Rechtssystem übernommen.<br />
108
Malta<br />
3. Gesellschaftsrecht<br />
Die Gründung e<strong>in</strong>es Unternehmens ist <strong>in</strong> Malta unter folgenden Rechtsformen<br />
möglich:<br />
- E<strong>in</strong>zelunternehmen (wenig Formalitäten; Voraussetzungen: Handelsbefugnis<br />
und MwSt-Nummer)<br />
- Personengesellschaften (OHG/ KG)<br />
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (üblichste Geschäftsform <strong>in</strong> Malta;<br />
m<strong>in</strong>d. 2 Gesellschafter)<br />
- Zweigniederlassung e<strong>in</strong>es überseeischen Unternehmens<br />
- Treuhandgesellschaft<br />
- Genossenschaft<br />
4. Investitionsrecht<br />
Ausländischen Investoren bieten sich viele verschiedene Möglichkeiten, um <strong>in</strong><br />
Malta geschäftlich tätig zu werden. Mit Investitionsanreizen will die maltesische<br />
Regierung die wirtschaftliche Entwicklung des Landes vorantreiben. Bestimmte<br />
Industriebereiche, die sich besonders gut <strong>in</strong> die bestehende Industrie Maltas<br />
e<strong>in</strong>fügen, profitieren am meisten von den staatlichen Vorgaben.<br />
Auch wachstumsorientierte Unternehmen werden besonders gefördert.<br />
Unternehmen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em der Zielsektoren tätig s<strong>in</strong>d, können von erheblich<br />
reduzierten Steuersätzen auf die erzielten Gew<strong>in</strong>ne profitieren. Anstelle des<br />
regulären Satzes von 35 % werden <strong>in</strong> den ersten 18 Jahren z.B. Steuersätze von 5<br />
% (7 Jahre), 10 % (6 Jahre) und 15 % (5 Jahre) erhoben. Weitere<br />
Investitionsanreize s<strong>in</strong>d Steuergutschriften für Investitionen, wodurch die zu<br />
zahlende Steuer weiter reduziert oder ganz aufgehoben werden kann.<br />
Herstellerfirmen, die nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em der Zielsektoren tätig s<strong>in</strong>d, können dennoch<br />
von Investitionsförderung profitieren, wenn sie durch e<strong>in</strong>e hohe Wertschöpfung<br />
zur Stärkung der Volkswirtschaft beitragen.<br />
5. Körperschaftssteuer<br />
Unternehmen werden mit 35 % Steuern auf das versteuerbare E<strong>in</strong>kommen<br />
belastet. Jede Art von Geschäftsorganisation muss beim F<strong>in</strong>anzamt sowie beim<br />
Mehrwertsteueramt registriert werden.<br />
109
Malta<br />
6. E<strong>in</strong>fuhrverfahren, Zoll<br />
Waren aus der EU (Luft- oder Seefracht) können unter Vorlage e<strong>in</strong>er<br />
EUR 1-Warenverkehrsbesche<strong>in</strong>igung zollfrei nach Malta transportiert werden.<br />
Malta profitiert zudem vom „Allgeme<strong>in</strong>en Präferenzsystem“, das vielen<br />
Produkten Zollfreiheit bzw. reduzierte Zölle bei der E<strong>in</strong>fuhr <strong>in</strong> Drittländer<br />
e<strong>in</strong>räumt.<br />
Importe nach Malta unterliegen ke<strong>in</strong>en Quoten oder sonstigen quantitativen<br />
Beschränkungen. Lizenzpflicht besteht nur für Waren, deren E<strong>in</strong>fuhr aus Gründen<br />
des Schutzes der Gesundheit, Sicherheit oder Umwelt besonderen Vorschriften<br />
unterliegt bzw. zum Schutz lokaler Handwerksbetriebe beschränkt ist. Lizenzen<br />
werden durch die Handelsabteilung des Wirtschaftsm<strong>in</strong>isteriums erteilt.<br />
Importeure müssen als besteuerbare Personen im Zoll- und Mehrwertsteueramt<br />
registriert werden.<br />
Übersicht zu den wichtigsten Gesetzestexten (Wirtschaftliche)<br />
Aufgrund der wenigen Informationsquellen und fehlender Literatur, die es über<br />
das Rechtsystem Maltas gibt, haben wir nachfolgend als E<strong>in</strong>steig <strong>in</strong> das<br />
Rechtssystem e<strong>in</strong>e Auflistung mit den wichtigsten Gesetzestexten zum<br />
<strong>Wirtschaftsrecht</strong> erstellt.<br />
COST Constitution of Malta (Verfassung Malta)<br />
1.) Republic Of Malta<br />
Sprache, Religion, Nationalflagge, Nationalhymne etc.<br />
2.) Declaration Of Pr<strong>in</strong>ciples<br />
Gesetzesgrundsätze<br />
3.) Citizenship<br />
Bürgerrecht, Staatsbürgerschaft etc.<br />
4.) Fundamental Rights And Freedoms Of The Individual<br />
Meschenrechte<br />
110
5.) The President<br />
Aufgaben, Pflichten, Funktionen<br />
6.) The Parlament<br />
Malta<br />
a) Aufbau<br />
b) Aufgaben, Pflichten, Funktionen<br />
c) Bestimmungen über Vorladungen,<br />
Gerichtsstandsvere<strong>in</strong>barungen<br />
7.) The Executive<br />
Kab<strong>in</strong>ett, M<strong>in</strong>ister<br />
8.) The Judiciary<br />
9.) F<strong>in</strong>ance<br />
10.) The Public Service<br />
Öffentlicher Dienst<br />
11.) Miscellaneous<br />
Vermischtes<br />
Chapter 13 Commercial Code<br />
Zusammenstellung von verschiedenen Reglungen zu Handelsgeschäften<br />
Chapter 16 Civil Code<br />
Zusammenstellung von verschiedenen Reglungen zu Rechten von<br />
Personen<br />
Chapter 88 Land Acquisition / Public Purposes<br />
111
Malta<br />
Regelt den Erwerb von Land für öffentliche Zwecke<br />
Chapter 168 Commercial Partnerships<br />
Reguliert wirtschaftliche Beziehungen zwischen<br />
Personenhandelsgesellschaften<br />
Teil 1: E<strong>in</strong>leitende Bestimmungen<br />
Teil 2: Allgeme<strong>in</strong>e Regeln<br />
Teil 3: Offene Handelsgesellschaft<br />
Teil 4: Kommanditgesellschaft<br />
Teil 5: Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />
Geschäftsgründung<br />
Stammkapital und Obligationen<br />
Geschäftsführung und Handhabung<br />
Privatfirmen<br />
Geschäftsauflösung<br />
Teil 6: Fusionierung von Personenhandelsgesellschaften<br />
Teil 7: Geschäftsverb<strong>in</strong>dung „en participation“<br />
Teil 8: Handelsgesellschaften außerhalb von Malta<br />
Geschäftsgründung ausländischer Firmen <strong>in</strong> Malta<br />
Allgeme<strong>in</strong>es<br />
Chapter 169 Commissioner of Land Ord<strong>in</strong>ance<br />
Regelt die Kompetenzen des „Beauftragten für Grundbesitz“<br />
Chapter 203 Cargo Clearance and Transport Act<br />
Regelt den Import und Export von Gütern<br />
Chapter 228 Land (Compulsory Eviction) Act<br />
Enthält Bestimmungen über die Räumung von staatlichen Ländere<strong>in</strong> und<br />
Wohnungen<br />
112
Malta<br />
Chapter 233 External Transaction Act<br />
Be<strong>in</strong>haltet Reglungen über die Abwicklung von Kapitalbewegungen, z. B.<br />
für Immobilien, Firmenanteile, Investitionen, Tilgungen, Garantien etc.<br />
Chapter 234 Merchant Shipp<strong>in</strong>g Act<br />
Regelt die Handelsschifffahrt<br />
Chapter 241 Employers’ Liability (Compulsory Insurance) Act<br />
Regelt die Versicherungspflichten von Mitarbeitern<br />
Chapter 246 Immovable Property (Acquisition By Non-<br />
Residents) Act<br />
Verbietet den Erwerb von Grundbesitz für Nichte<strong>in</strong>wohner Maltas<br />
Chapter 264 Travel Agencies And Hotel Service Act<br />
Hier s<strong>in</strong>d speziell für die Reiseagenturen und das Hotelwesen regulierende<br />
und kontrollierende Bestimmungen getroffen worden<br />
Chapter 266 Industrial Relations Act<br />
Enthält die Reglungen zu Arbeitnehmervertretungen<br />
Chapter 268 Disposal Of Government Land Act<br />
Enthält Reglungen zum Verkauf und Übertragung von staatlichen<br />
Grundbesitz<br />
Chapter 281 Accountancy Profession Act<br />
Enthält Bestimmungen betreffend Wirtschaftsprüfer<br />
Chapter 282 F<strong>in</strong>ancial Year Act<br />
Bestimmt den Beg<strong>in</strong>n und Ende des Geschäftsjahres<br />
113
Malta<br />
Chapter 288 Build<strong>in</strong>g (Price Control) Act<br />
Enthält Reglungen über die Preiskontrolle bei Errichtung e<strong>in</strong>es Gebäudes<br />
durch e<strong>in</strong> Tribunal<br />
Chapter 296 Land Registration Act<br />
Hier ist der Erwerb von Grundbesitz geregelt<br />
Teil 1: E<strong>in</strong>leitende Bestimmungen<br />
Teil 2: Allgeme<strong>in</strong>e Regeln<br />
Teil 3: Beurkundung von Grundbesitz<br />
Teil 4: Kauf, Verkauf und Tausch von Grundbesitz<br />
Teil 5: Sicherungen der Rechte und Gebühren<br />
Teil 6: Zertifikate<br />
Teil 7: allgeme<strong>in</strong>e Regeln betreffend der Registrierung<br />
Teil 8: Richtigstellung von Registrierungen und<br />
Schadensersatz<br />
Teil 10: Regeln zu vererbbaren Grundrecht<br />
Chapter 307 Malta Government Sav<strong>in</strong>gs Bank (W<strong>in</strong>d<strong>in</strong>g up) Act<br />
Enthält Bestimmungen zur Abwicklung von Bankgeschäften der<br />
nationalen Sparkasse<br />
Chapter 313 Trade Description Act<br />
Enthält Reglungen für Verbote bei Handelsgeschäften, wie z.B. die<br />
Täuschung und absichtliche Falschbeschreibung von Gütern und<br />
Dienstleistungen<br />
Chapter 325 Bus<strong>in</strong>ess Promotion Act<br />
Geregelt s<strong>in</strong>d hier die Hilfen und Unterstützungen bei<br />
Firmenneugründungen und die Förderung bzw. Ausweitung von bereits<br />
bestehenden Unternehmen<br />
114
Malta<br />
Chapter 330 Malta F<strong>in</strong>ancial Services Authority Act<br />
Grundsätze für die F<strong>in</strong>anzbehörde Maltas<br />
Chapter 334 Malta Freeport Act<br />
Bestimmungen zur Freihafenzone <strong>in</strong> Malta<br />
Chapter 335 Multilateral Investment Guarantee Agency Act<br />
Enthält Regelungen zur Mitgliedschaft <strong>in</strong> der Multilateralen Behörde für<br />
Investitionen und Bürgschaften<br />
Chapter 337 Import Duties Act<br />
Gesetz über die Versteuerung bzw. Steuerbefreiung von Importen<br />
Chapter 342 Auctioneers Act<br />
Hier ist die Lizenzierung von Auktionatoren und die Auktionen generell<br />
geregelt<br />
Chapter 343 Employment And Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Service Act<br />
Bestimmungen für die nationale Arbeits- und Beschäftigungsbehörde und<br />
private Arbeitsvermittlungs- und Zeitarbeitsfirmen<br />
Chapter 344 European Communities (Establishment Of Delegation)<br />
Act<br />
Enthält Bestimmungen für und über die maltesische Delegation gegenüber<br />
den Europäischen Institutionen, wie Europäischen<br />
Wirtschaftgeme<strong>in</strong>schaft, Europäische Geme<strong>in</strong>schaft für Kohle und Stahl,<br />
Europäische Atomgeme<strong>in</strong>schaft<br />
Chapter 345 F<strong>in</strong>ancial Markets Act<br />
Enthält Bestimmungen über Investitionen im Wertpapiergeschäft und den<br />
Handel mit Wertpapieren<br />
115
Malta<br />
Chapter 347 Malta Membership Of The European Bank<br />
For Reconstruction And Development Act<br />
Bestimmungen über die Annäherung und die Beziehungen zwischen der<br />
Europäischen Zentralbank und der Zentralbank von Malta<br />
Chapter 364 Duty on Documents and Transfers Act<br />
Regelt die Besteuerung bei Wirtschaftsgeschäften, z. B. Abtretung,<br />
Verkauf, Schenkung, Ratengeschäfte etc.<br />
Teil 1: E<strong>in</strong>leitende Bestimmungen<br />
Teil 2: Allgeme<strong>in</strong>e Regeln<br />
Teil 3: Versteuerung Rechtsgeschäften<br />
Titel 1: Versicherungspolicen<br />
Titel 2: Verkäufe<br />
Title 3: Weitere Dokumente<br />
Teil 4: Besteuerung vor <strong>in</strong> Krafttreten der Dokumente<br />
Teil 5: Bescheide - E<strong>in</strong>sprüche – Beschwerden<br />
Teil 6: Erstattung<br />
Teil 7: Steuerschutz<br />
Chapter 371 Bank<strong>in</strong>g Act<br />
Reguliert die Bankgeschäfte<br />
Chapter 376 F<strong>in</strong>ancial Institution Act<br />
Reguliert die Geschäfte von F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stituten<br />
Chapter 378 Consumer Affairs Act<br />
In diesem Chapter ist der Verbraucherschutz von Malta geregelt. Hier<br />
stehen zum Beispiel die Werbeverbote, die Regelungen zur Haftung bei<br />
defekten Produkten und der Ablauf vom Verkauf an Konsumenten dr<strong>in</strong>.<br />
116
Chapter 379 Competition Act<br />
Malta<br />
Hier ist das Wettbewerbsrecht verankert. Wie zum Beispiel das<br />
Kartellrecht, der Technologie-Transfer, Forschung und Entwicklung und<br />
Kooperationen zwischen Unternehmen.<br />
Chapter 383 Controlled Companies (Procedure for Liquidation) Act<br />
In diesem Kapitel ist die Abwicklung von <strong>in</strong>solventen Unternehmen<br />
geregelt.<br />
Chapter 386 Companies Act<br />
Hier stehen die Regelungen zu den maltesischen Unternehmensformen,<br />
unter anderem e<strong>in</strong>e Gesellschaft mit beschränkter Haftung.<br />
Chapter 397 Small Enterprises (Loan Guarantee) Act<br />
Durch dieses Gesetz soll die Gründung von Kle<strong>in</strong>unternehmen mit Hilfe<br />
von garantierten Krediten unterstützt werden. Auch bereits bestehende<br />
Kle<strong>in</strong>unternehmen können über dieses Gesetz Kredite gewährt bekommen.<br />
Chapter 403 Insurance Bus<strong>in</strong>ess Act<br />
Reguliert das Versicherungswesen.<br />
Chapter 404 Insurance Brokers and other Intermediaries Act<br />
Hier ist die Registrierung von Versicherungsmaklern und anderen<br />
Mittelsleuten geregelt.<br />
Chapter 406 Value Added Tax Act<br />
In diesem Chapter f<strong>in</strong>den sich die Regelungen zur Mehrwertsteuer.<br />
Chapter 415 Copyright Act<br />
Hier ist das maltesische Copyright geregelt.<br />
117
Chapter 416 Trademarks Act<br />
Malta<br />
In diesem Kapitel ist der Markenschutz verankert.<br />
Chapter 417 Patents and Designs Act<br />
Hier f<strong>in</strong>det sich das Patentrecht.<br />
Chapter 426 Electronic Commerce Act<br />
In diesem Chapter stehen die Regelungen zum E-Commerce.<br />
Chapter 427 Product Safety Act<br />
Dieses Kapitel regelt die Qualitätskontrolle von Export- und Importgütern<br />
und von Gütern für den lokalen Markt.<br />
Chapter 441 Trad<strong>in</strong>g Licenses Act<br />
Hier ist die Erteilung von Gewerbesche<strong>in</strong>en geregelt.<br />
Chapter 442 Co-operatives Societies Act<br />
In diesem Chapter s<strong>in</strong>d der Aufbau, die Registrierung und die Kontrolle<br />
von Erwerbsgenossenschaften geregelt.<br />
Chapter 452 Employment and Industrial Relations Act<br />
Dieses Gesetz dient zur Regelung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen.<br />
Chapter 459 Set-off and Nett<strong>in</strong>g on Insolvency Act<br />
Hier f<strong>in</strong>den sich Regelungen zur Aufrechnung bei Insolvenzen<br />
118
Quellenh<strong>in</strong>weise:<br />
http://www.doi.gov.mt/<br />
http://www.jmganado.com/<strong>in</strong>dex2.htm<br />
http://www.legal-malta.com/<br />
Malta<br />
http://www.bfai.com/?uid=c600777409c4de1cc82ce3b4ede8aeec<br />
http://www.cc-advocates.com/library/<strong>in</strong>dex.htm<br />
http://www.gov.mt/<strong>in</strong>dex.asp?l=2<br />
http://www.justice.gov.mt/<br />
http://www.cia.gov/cia/publications/factbook/geos/mt.html<br />
http://www.lowtax.net/lowtax/html/jmaolaw.html<br />
Cor<strong>in</strong>na Neumann, Euro Info Centres des BDI, Schreiben vom 20.Sep. 2003<br />
119
Niederlande<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Verträge s<strong>in</strong>d grundsätzlich formfrei; diese Formfreiheit geht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wesentlichen Punkt<br />
weiter als im deutschen Recht: auch Grundstückskaufverträge bedürfen ke<strong>in</strong>er besonderen<br />
Form. Von den obligatorischen Verträgen s<strong>in</strong>d formgebunden vor allem der Mietkauf<br />
(huurkoop – Art. 7A: 1576i Burgerlijk Wetboek*) und das arbeitsrechtliche<br />
Wettbewerbsverbot (non-concurrentiebed<strong>in</strong>g – Art. 7A: 1637x Burgerlijk Wetboek).<br />
Im Schenkungsrecht gelten vorläufig noch die Vorschriften des alten BW (Burgerlijk<br />
Wetboek): nach Art. 7A: 1719 BW ist bei dem Schenkungsvertrag sowohl für das Angebot als<br />
auch für die Annahme die notarielle Beurkundung erforderlich; andernfalls ist der Vertrag<br />
unheilbar nichtig. Der Formfehler wird auch durch den Vollzug nicht geheilt. Formfrei s<strong>in</strong>d<br />
Handschenkungen (gift van hand tot hand, Art. 7A: 1724 BW). Auch der Vollzug e<strong>in</strong>er<br />
formnichtigen Schenkung heilt den Formfehler als Handschenkung aber nur unter der<br />
Voraussetzung, dass der Schenker sich der Formnichtigkeit bewusst war; andernfalls fehlt es<br />
an der Freigebigkeit, weil der Schenker sich gebunden glaubte. Nach Inkrafttreten der<br />
Neuregelung soll auch der schuldrechtliche Schenkungsvertrag formfrei wirksam se<strong>in</strong>.<br />
Testamente unterliegen <strong>in</strong> den Niederlanden bezüglich Form und Inhalt engeren<br />
Beschränkungen als im deutschen Recht. E<strong>in</strong> Testament kann immer nur von e<strong>in</strong>er Person<br />
errichtet werden (Art. 4.3.5.1). Geme<strong>in</strong>schaftliche Testamente und Erbverträge s<strong>in</strong>d<br />
ausgeschlossen. Mit Ausnahme des Kodizills (letztwillige Verfügung) kann letztwillig nur<br />
durch notarielle Urkunde (openbaar testament) oder durch e<strong>in</strong>e dem Notar <strong>in</strong> Verwahrung<br />
gegebene privatschriftliche Urkunde ( besloten testament) verfügt werden (Art. 4.3.5.2).<br />
Alle <strong>in</strong> den Niederklanden errichteten Testamente werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zentralen Register<br />
(Centraal Testamenten Register) <strong>in</strong> Den Haag vermerkt.<br />
Die Tarifverträge s<strong>in</strong>d ebenfalls formbedürftig: sie müssen privatschriftlich oder notariell<br />
beurkundet se<strong>in</strong>.<br />
* Burgerlijk Wetboek (BW) = niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Die Vorschriften des „exzeptionellen“ Handelsrechts s<strong>in</strong>d ebenso wie die Sondervorschriften<br />
für Unternehmen und Kaufleute nicht <strong>in</strong> besonderen Abschnitten, sondern am systematischen<br />
Ort ihres Regelungsgegenstandes <strong>in</strong> das Gesetzbuch e<strong>in</strong>gegliedert.<br />
120
Niederlande<br />
Das Handels- und Gesellschaftsrecht hatte se<strong>in</strong>en hergebrachten Ort im Wetboek van<br />
Koophandel (WvK) von 1838. In der neueren Kodifikationsbewegung hat man sich<br />
entschlossen, die handelsrechtlichen Vorschriften <strong>in</strong> das Burgerlijk Wetboek zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />
Dah<strong>in</strong>ter stand der Gedanke, dass das Handelsrecht ursprüngliches Privatrecht ist und dass es<br />
vor allem historische Gründe waren, die zu se<strong>in</strong>er Regelung <strong>in</strong> Sondergesetzen geführt haben.<br />
Die Integration lag auch nahe, weil das niederländische Recht anders als das BGB, <strong>in</strong>dem der<br />
Kauf eigentlich als Konsumentenkauf geregelt ist, ke<strong>in</strong>e Sondervorschriften für den<br />
Handelskauf hatte. Der Großteil der handelsrechtlichen Institute, die früher im Wetboek van<br />
Koophandel geregelt waren, f<strong>in</strong>det sich heute <strong>in</strong> den Büchern 7 und 8 des Burgerlijk<br />
Wetboek. Das Gesellschaftsrecht ist ganz <strong>in</strong> das 2. Buch des Burgerlijk Wetboek<br />
übernommen worden. Im Wetboek van Koophandel s<strong>in</strong>d nur noch e<strong>in</strong>zelne Materien, darunter<br />
auch das Recht der Personengesellschaften und das Wertpapierrecht, erhalten geblieben.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Die Vorschriften zum Schutz von Verbrauchern s<strong>in</strong>d wie auch die Sonderrechte und<br />
-vorschriften für Kaufleute (s. o.) nicht <strong>in</strong> speziellen Kapiteln geregelt, sondern den<br />
Gegenstand betreffend <strong>in</strong> dem jeweiligen Gesetzbuch verankert.<br />
Als Beispiel soll hier die Bürgschaft des Niederländischen Rechts genommen werden: sie ist<br />
im 14. Titel des 7. Buches (Art. 850-870 BW) zu f<strong>in</strong>den. Die Bürgschaft ist genauso geregelt<br />
wie im deutschen Recht. Sie bedarf weder der Schriftform noch hat der Bürge andere Rechte<br />
als der Schuldner. Ist der Bürge jedoch e<strong>in</strong> Verbraucher, so bedarf die Bürgschaft e<strong>in</strong>er<br />
Schriftform. Außerdem ist der Verbraucher durch besondere Kündigungsrechte für zukünftige<br />
Forderungen besonders geschützt.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Die Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht f<strong>in</strong>det man im 7. Buch (Art. 7: 17 ff. BW).<br />
Verpflichtungen des Verkäufers<br />
Nach Art. 7: 9 I BW ist der Verkäufer verpflichtet dem Käufer das Eigentum und den Besitz<br />
an der Kaufsache zu verschaffen. Die Kaufsache muss frei von Belastungen und Rechten<br />
Dritter se<strong>in</strong>, die der Käufer nicht ausdrücklich akzeptiert hat.<br />
Mängelhaftung<br />
Der Verkäufer steht dafür e<strong>in</strong>, dass der gelieferte Gegenstand der Vere<strong>in</strong>barung entspricht<br />
(Art. 7: 17 BW – conformiteitseis), entscheidend s<strong>in</strong>d die nach der Vere<strong>in</strong>barung berechtigten<br />
Erwartungen des Käufers.<br />
121
Niederlande<br />
Der Verkäufer darf nicht e<strong>in</strong>e andere Sache als vere<strong>in</strong>bart liefern oder e<strong>in</strong>e Sache aus e<strong>in</strong>er<br />
anderen Gattung. Die Sache ist auch mangelhaft, wenn sie <strong>in</strong> Zahl, Maß oder Gewicht von<br />
e<strong>in</strong>em Muster abweicht.<br />
Rechte des Käufers bei Mängeln<br />
a) Nacherfüllung (Nachbesserung oder Ersatzlieferung)<br />
Sofern e<strong>in</strong>e Reparatur angemessen ersche<strong>in</strong>t, kann e<strong>in</strong>e Nachbesserung der fehlerhaften Ware<br />
verlangt werden, wenn der Verkäufer hierzu imstande ist und ihm dies zugemutet werden<br />
kann. Reagiert der Verkäufer auf e<strong>in</strong>e schriftliche Aufforderung nicht oder lehnt er die<br />
Reparatur ab, hat der Käufer das Recht, die Ware anderweitig reparieren zu lassen und die<br />
anfallenden Kosten zurückzuverlangen ( Art. 7: 21 III BW)<br />
Anspruch auf die Lieferung e<strong>in</strong>er fehlerfreien neuen Ware hat der Kunde dann, wenn der<br />
festgestellte Mangel erheblich ist – so erheblich, dass beispielsweise e<strong>in</strong>e Reparatur nicht<br />
ohne besonderen Aufwand möglich ist (Art. 7:22 BW).<br />
E<strong>in</strong>e Besonderheit stellt der Konsumentenkauf dar: hier kann der Verkäufer selbst<br />
entscheiden, ob er dem Kunden neue Ware liefert oder durch Rückerstattung des Kaufpreises<br />
vom Vertrag zurücktritt. Auch wenn der Käufer e<strong>in</strong>e Nachbesserung verlangt, kann der<br />
Verkäufer ihm e<strong>in</strong>e Ersatzlieferung vorschlagen oder das Geld zurückgeben. Ebenso ist es<br />
möglich, dass der Verkäufer, wenn der Kunde e<strong>in</strong>e Ersatzlieferung wünscht, auf der<br />
Erstattung des Kaufpreises besteht (Art.7: 21 II BW). Anders sieht es h<strong>in</strong>gegen aus, wenn der<br />
Verkäufer den Verbraucher zu lange im ungewissen lässt: dann kann der Verbraucher<br />
festlegen, ob nachgebessert oder e<strong>in</strong> Ersatz geliefert wird.<br />
Die Reparaturkosten bzw. die Kosten für Versand und Transport trägt der Verkäufer.<br />
b) Rückgängigmachung des Vertrages<br />
Den Kaufvertrag rückgängig zu machen ist <strong>in</strong> den Niederlanden, genauso wie <strong>in</strong> Deutschland,<br />
nicht sofort möglich: Der Käufer muss dem Verkäufer zunächst die Gelegenheit geben, den<br />
Mangel durch Reparatur oder Ersatzlieferung zu beseitigen. Schlägt das fehl, das heißt s<strong>in</strong>d<br />
die Mängel so schwerwiegend, dass e<strong>in</strong>e Nachbesserung nicht möglich ist, oder hatte die<br />
Reparatur ke<strong>in</strong>en Erfolg, dann kann der Kunde se<strong>in</strong> Geld zurückverlangen, der Käufer tritt<br />
also vom Vertrag zurück (ontb<strong>in</strong>den). Für diesen Rücktritt gelten die allgeme<strong>in</strong>en Regeln der<br />
Art. 6: 256 ff. BW.<br />
122
c) Schadensersatz bei Folgeschäden<br />
Niederlande<br />
Zieht der Mangel an der gekauften Ware e<strong>in</strong>en weitergehenden Schaden nach sich, hat der<br />
Verbraucher das Recht auf Entschädigung. Voraussetzung: der Verkäufer hat den Mangel zu<br />
vertreten. Dies ist dann der Fall, wenn dieser von dem Mangel wusste oder ihn hätte kennen<br />
müssen. Allgeme<strong>in</strong>e Regeln hierzu f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den Art. 6: 74 ff. BW.<br />
Allgeme<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise für den Käufer<br />
Der Käufer muss dem Verkäufer Mängel der Kaufsache b<strong>in</strong>nen angemessener Zeit anzeigen,<br />
nachdem er den Mangel entdeckt hat oder hätte entdecken müssen.<br />
Zeigt der Käufer den Mangel nicht rechtzeitig an, verliert er se<strong>in</strong>e Ansprüche. Aber auch nach<br />
der Anzeige beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong>e Frist von zwei Jahren zu laufen, <strong>in</strong>nerhalb welcher er se<strong>in</strong>e<br />
Ansprüche durchsetzen muss. Der Käufer behält aber das Recht, der Forderung des<br />
Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises das Rücktrittsrecht oder den Schadensersatzanspruch<br />
e<strong>in</strong>redeweise entgegenzuhalten (Art. 7: 23 II BW)<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Die Kreditsicherungsmittel des niederländischen Rechts s<strong>in</strong>d im 3. Buch Vermögensrecht des<br />
BW (Boek 3 van het Burgerlijk Wetboek Vermogensrecht <strong>in</strong> het Algemeen) verankert.<br />
Gemäß Art. 3:1 BW werden unter Sachen alle Sachen und Vermögensrechte verstanden.<br />
Gemäß Art. 3:3 BW wird bei Sachen zwischen Mobilien (zum Beispiel e<strong>in</strong> Auto) und<br />
Immobilien (zum Beispiel e<strong>in</strong> Wohnhaus) unterschieden.<br />
Vermögensrechte s<strong>in</strong>d nach Art. 3:6 BW Rechte, die bezwecken, jemandem e<strong>in</strong>en<br />
"materiellen Nutzen" zu verschaffen oder Rechte, die im Tausch für e<strong>in</strong>en "materiellen<br />
Nutzen" erworben wurden. Vermögensrechte müssen übertragbar se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Beispiel e<strong>in</strong>es<br />
Vermögensrechts ist das Recht an e<strong>in</strong>em Handelsnamen.<br />
123
5.1 für bewegliches Vermögen<br />
Niederlande<br />
• das Pfandrecht (Art. 3:236 bis e<strong>in</strong>schl. 3:259 BW);<br />
• der Eigentumsvorbehalt (Art. 3:92 BW);<br />
• das Reklamationsrecht (Art. 7:39 BW);<br />
• das Zurückbehaltungsrecht (Art. 3:290 bis e<strong>in</strong>schl. 3:295 BW).<br />
5.2 für unbewegliches Vermögen<br />
• das Hypothekenrecht (Art. 3:260 bis e<strong>in</strong>schl. 3:275 BW)<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Die Regelung der Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen (algemene voorwaarden oder<br />
standaardvoorwaarden) ist <strong>in</strong> den Niederlanden <strong>in</strong> den Art. 6:231 ff. BW <strong>in</strong> das Gesetz<br />
aufgenommen worden. Inhaltlich entspricht diese Regelung den Anforderungen der<br />
Europäischen Richtl<strong>in</strong>ie (vom 5.4. 1993, Abl. L 95/29) und damit weitestgehend auch der<br />
deutschen Regelung (§§ 305 ff. BGB).<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Für die Übertragung des Eigentums an e<strong>in</strong>em Grundstück ist nach Art. 3:89 BW die notarielle<br />
Beurkundung erforderlich, e<strong>in</strong>e sog. notari le akte, allgeme<strong>in</strong> transportakte genannt.<br />
Anschließend muss diese Urkunde <strong>in</strong> das zuständige öffentliche Register e<strong>in</strong>getragen werden,<br />
Art. 3:89 I BW.<br />
Für den Inhalt der Übertragungsurkunde verlangt das Gesetz zw<strong>in</strong>gend:<br />
1) Die Beurkundung des d<strong>in</strong>glichen Übertragungsgeschäftes, die von beiden Parteien<br />
unterzeichnet werden muss;<br />
2) Die genaue Angabe des Erwerbstitels; dabei können Nebenvere<strong>in</strong>barungen, die nicht<br />
die Übertragung selbst betreffen, weggelassen werden, Art. 3:89 II BW;<br />
3) Lässt sich e<strong>in</strong>e Partei der Beurkundung durch e<strong>in</strong>en Bevollmächtigten vertreten, muss<br />
die Bevollmächtigung <strong>in</strong> der Urkunde festgestellt werden, Art. 3:89 III BW.<br />
Die Urkunde muss außerdem die Katasterangaben (Angaben aus dem Grundbuch, amtlichen<br />
Verzeichnis) enthalten (Art. 20 Kadasterwet*, Art. 3:20 I BW), andernfalls wird sie von den<br />
Registerbeamten zurückgewiesen.<br />
Es ist für die Übertragung e<strong>in</strong>es Grundstücks <strong>in</strong> den Niederlanden nicht erforderlich, dass das<br />
Grundstück im Kataster schon als selbstständiger Gegenstand erfasst ist.<br />
124
Niederlande<br />
Der Verkauf der Teilfläche e<strong>in</strong>es Grünstücks ist möglich, <strong>in</strong>dem die Parteien den zu<br />
übertragenden Teil <strong>in</strong> der Urkunde mit genügender Deutlichkeit selbst abgrenzen. Es genügt<br />
dafür, dass sie die Teilfläche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Planskizze e<strong>in</strong>zeichnen oder anhand e<strong>in</strong>deutiger<br />
Merkmale beschreiben.<br />
Das Gesetz spricht durchgehend von der „E<strong>in</strong>tragung“ (<strong>in</strong>schrijv<strong>in</strong>g) <strong>in</strong> das zuständige<br />
Register. Tatsächlich wird im niederländischen Registersystem aber nichts „e<strong>in</strong>getragen“ wie<br />
<strong>in</strong> das deutsche Grundbuch. Im Register, das bei den Ämtern des Rijksdienst van het Kadaster<br />
en de Openbare Registers geführt wird, werden die Übertragungsurkunden gesammelt und<br />
aufbewahrt.<br />
Sowohl der Veräußerer bzw. derjenige, der das Recht bestellt, als auch der Erwerber s<strong>in</strong>d<br />
befugt die Urkunde e<strong>in</strong>zureichen, Art. 3:89 I BW. Regelmäßig übernimmt der Notar dieses<br />
Geschäft im Auftrag des Erwerbers. Als Beweis der E<strong>in</strong>lieferung beim Register wird e<strong>in</strong><br />
Beleg ausgehändigt, der die Art des Vorgangs und den Zeitpunkt der E<strong>in</strong>reichung auf die<br />
M<strong>in</strong>ute genau feststellt, Art. 3:18 BW.<br />
*Kadasterwet = Katastergesetz<br />
8) Welche Stellung haben Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Drei Formen<br />
Das niederländische Insolvenzrecht (Faillissementswet, Fw) kennt drei wichtige Regelungen<br />
bei der Insolvenz e<strong>in</strong>es Schuldners gegenüber se<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Gläubigern: den Konkurs,<br />
das Vergleichsverfahren (Zahlungsaufschub) und das gesetzliche Verbraucher-<br />
Insolvenzverfahren (Schuldenbere<strong>in</strong>igung) für natürliche Personen. Im Folgenden sollen die<br />
drei Formen und die Stellung der Gläubiger im jeweiligen Fall dargestellt werden<br />
Konkurs<br />
Jeder Gläubiger <strong>in</strong>nerhalb oder außerhalb der Niederlande kann über e<strong>in</strong>en Schuldner <strong>in</strong><br />
den Niederlanden (e<strong>in</strong>e natürliche oder e<strong>in</strong>e juristische Person) e<strong>in</strong> Konkursverfahren<br />
eröffnen. Hierzu muss e<strong>in</strong> schriftlicher Antrag durch se<strong>in</strong>en Anwalt als Prozessvertreter<br />
(procureur) an das Gericht gestellt werden(Eröffnungsverfahren: Art. 2 ff. Fw). In diesem<br />
Antrag trägt der Gläubiger vor, dass er e<strong>in</strong>e Forderung an den Schuldner hat und dass dieser<br />
sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zustand bef<strong>in</strong>det, <strong>in</strong> dem er die Zahlung(en) e<strong>in</strong>gestellt hat (Art. 1 Fw). Der<br />
Schuldner kann auch selbst den Konkurs anmelden. Über das Vermögen des Schuldners<br />
verfügt ausschließlich der Konkursverwalter (curator).<br />
125
Niederlande<br />
Letztendliches Ziel des Konkursverfahrens ist es, das gesamte Vermögen des Schuldners zu<br />
liquidieren und die Konkursgläubiger aus der Konkursmasse zu befriedigen.<br />
Der Gläubiger wird besonders geschützt, <strong>in</strong>dem unverpflichtete Rechtshandlungen vom<br />
Konkursverwalter für nichtig erklärt werden können. Es ist nämlich unzulässig, dass e<strong>in</strong><br />
Schuldner, der sich der Aussicht auf e<strong>in</strong> Konkursverfahren bewusst ist, e<strong>in</strong>e solche<br />
Rechtshandlung verübt, durch die er se<strong>in</strong>e Gläubiger benachteiligt (Pauliana).<br />
Die Forderungen der Gläubiger müssen beim Konkursverwalter angemeldet werden. Pfand-<br />
und Hypothekgläubiger s<strong>in</strong>d nach gesetzlicher Regelung separatisten; sie können ihr Recht<br />
ohne Rücksicht auf den Konkurs ausüben (Art. 57 I Fw). Sie müssen ihre Forderungen nicht<br />
anmelden. Die vorrangigen Gläubiger, darunter das niederländische F<strong>in</strong>anzamt, werden<br />
danach vom Konkursverwalter aus der Konkursmasse befriedigt. Wenn der Umfang der<br />
Konkursmasse es dann noch zulässt, kommen die gleichrangigen Gläubiger an die Reihe. Alle<br />
Gläubiger können die Forderungen bestreiten.<br />
Wird den Gläubigern vom Schuldner während des Konkursverfahrens e<strong>in</strong>e gütliche E<strong>in</strong>igung<br />
angeboten - e<strong>in</strong>e solche E<strong>in</strong>igung be<strong>in</strong>haltet häufig die Zahlung e<strong>in</strong>es Prozentsatzes jeder<br />
angemeldeten Forderung-, so f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Abstimmung unter den Gläubigern statt: Wenn die<br />
Mehrheit der Konkursgläubiger e<strong>in</strong> solches Angebot akzeptiert, ist die M<strong>in</strong>derheit der<br />
Konkursgläubiger ebenfalls an die entsprechende Übere<strong>in</strong>kunft gebunden.<br />
Vergleichsverfahren/Zahlungsaufschub(akkoord)<br />
Das Vergleichsverfahren ist e<strong>in</strong> vollständiger Zahlungsaufschub, den die gleichrangigen<br />
Vergleichsgläubiger dem Schuldner gewähren. Das Vergleichsverfahren bezweckt, dass die<br />
Gläubiger dem Schuldner e<strong>in</strong>e bestimmte Zeit gönnen, die D<strong>in</strong>ge wieder <strong>in</strong> Ordnung zu<br />
bekommen. Die Regelung ist im niederländischen Konkursgesetz enthalten.<br />
E<strong>in</strong> Zahlungsaufschub kann auf verschiedenerlei Weise enden, beispielsweise durch<br />
Rücknahme oder durch Ablauf der Frist, für die der Aufschub gewährt worden war<br />
(höchstens e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Jahre). Wenn von den Gläubigern die Aufhebung des<br />
Zahlungsaufschubs wegen Nicht-Zahlung der Schuldner gefordert wird (Art. 165 ff. Fw),<br />
lebt das Konkursverfahren wieder auf.<br />
Dem Gläubiger kann auch im Rahmen e<strong>in</strong>es Vergleichsverfahrens vom Schuldner e<strong>in</strong>e<br />
gütliche E<strong>in</strong>igung angeboten werden.<br />
126
Niederlande<br />
Schuldenbere<strong>in</strong>igung für natürliche Personen (Verbraucher-Insolvenzverfahren)<br />
Das niederländische Konkursgesetz enthält e<strong>in</strong>e Regelung, die e<strong>in</strong>er natürlichen Person die<br />
Möglichkeit bietet, nach Verlauf e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit schuldenfrei zu se<strong>in</strong>. Das Gericht<br />
kann den Antrag aus e<strong>in</strong>er Reihe von Gründen ablehnen. So wird das Gericht den Antrag<br />
beispielsweise ablehnen, wenn Anlass zu der Annahme besteht, dass e<strong>in</strong>e Benachteiligung der<br />
Gläubiger durch die Schuldner versucht wird.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
(Meded<strong>in</strong>g<strong>in</strong>gsrecht)<br />
In den Niederlanden wird das Wettbewerbsrecht ganz unter dem Aspekt des Kartellrechts<br />
gesehen. Das Recht des unlauteren Wettbewerbs ist unter der Überschrift misleidende reclame<br />
(irreführende Werbung) im Burgerlijk Wetboek im Deliktsrecht geregelt. (Art. 194 ff. BW).<br />
Das Kartellrecht ist durch das im Jahre 1998 <strong>in</strong> Kraft getretene neue Meded<strong>in</strong>g<strong>in</strong>gswet<br />
(Wettbewerbsgesetz) grundlegend geändert und an die europäischen Normen angepasst<br />
worden.<br />
Traditionell waren Kartelle und Monopole <strong>in</strong> den Niederlanden nicht grundsätzlich verboten,<br />
sondern nur, wenn sie missbraucht wurden. In bestimmten Situationen wurden Kartelle sogar<br />
als wünschenswert angesehen. Mit der neunen Gesetzgebung s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> den Niederlanden<br />
wettbewerbsbeschränkende Absprachen (concurrentiebeperkende afspraken), der Missbrauch<br />
wirtschaftlicher Machtstellung (misbruik van economische machtspositie) und unkontrollierte<br />
Zusammenschlüsse (concentratie zonder voorafgaand toezicht) auf „relevanten Märkten“<br />
grundsätzlich verboten.<br />
10) Gibt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
Die Niederlande haben am 01.01.1992 das Übere<strong>in</strong>kommen der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über den<br />
<strong>in</strong>ternationalen Warenkauf (CISG) oder umgangssprachlich UN – Kaufrecht ratifiziert. Somit<br />
s<strong>in</strong>d die Bestimmungen <strong>in</strong> den Niederlanden rechtskräftig.<br />
Quellen:<br />
• E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das niederländische Recht, Wolfgang M<strong>in</strong>cke, Verlag C. H. Beck,<br />
München 2002<br />
• Burgerlijk Wetboek (www.w<strong>in</strong>.tue.nl)<br />
• Wetboek van Koophandel (www.w<strong>in</strong>.tue.nl)<br />
• www.verbraucher.euregio.de<br />
• www.benistant.nl<br />
• Aktuelle Wirtschaftsgesetze 2003, Beck Juristischer Verlag<br />
127
Stand: Oktober 2003<br />
Österreich<br />
Name Republik Österreich<br />
Klima Mitteleuropäisches Übergangsklima mit zunehmend kont<strong>in</strong>entalem<br />
E<strong>in</strong>fluss nach Osten<br />
Geographische Lage B<strong>in</strong>nenstaat zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der<br />
Tschechischen Republik und der Slowakei im Norden, Italien und<br />
Slowenien im Süden, der Schweiz und Liechtenste<strong>in</strong> im Westen<br />
und Ungarn im Osten<br />
Fläche 83.858 qkm<br />
Hauptstadt Wien (1.606.843 Mio. E<strong>in</strong>wohner)<br />
Bevölkerung 8,2 Mio. E<strong>in</strong>wohner, davon 91% Österreicher und 9% Ausländer<br />
(aus dem ehemaligen Jugoslawien, Türken, 72.000 Deutsche)<br />
Landessprache Deutsch (92%)<br />
Amtsprachen: Deutsch, Slowenisch (regional), Kroatisch<br />
(regional)<br />
Religionen / Kirchen Katholiken (73,6%), Protestanten (4,7%), Muslime (4,2%),<br />
Orthodoxe Kirchen (2,2 %), Juden (0,1%), ohne Bekenntnis (12<br />
%)<br />
Nationaltag 26. Oktober (Verabschiedung des Neutralitätsgesetzes 1955)<br />
Staatsform Parlamentarisch-demokratische Republik<br />
Verwaltung 9 Bundesländer (Burgenland, Kärnten, Niederösterreich,<br />
Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Wien)<br />
Staatsoberhaupt Bundespräsident Dr. Thomas Klestil (ÖVP), seit 1992 , erneut<br />
wiedergewählt 1998 (Direktwahl alle sechs Jahre)<br />
Regierungschef Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP), seit 2000<br />
Außenm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Bundesm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Dr. Benita Ferrero-Waldner (ÖVP), seit 2000<br />
Parlament zwei Kammern:<br />
Nationalrat (=Parlament):<br />
183 Mitglieder (Wahl alle vier Jahre)<br />
Mandatsverteilung (Nationalratswahlen vom 24.11.2002):<br />
ÖVP: 79(42,3%), SPÖ: 69 (36,5%), FPÖ: 18 (10%), Die Grünen<br />
17 (9,5%)<br />
128
Österreich<br />
Präsident des Nationalrates: Dr. Andreas Khol, ÖVP – Bundesrat<br />
(=Länderkammer): 64 Mitglieder, die von den Landtagen, im<br />
Verhältnis zur E<strong>in</strong>wohnerzahl des entsprechenden Bundeslandes,<br />
entsandt werden-<br />
Parteien Österreichische Volkspartei (ÖVP), Freiheitliche Partei<br />
Österreichs (FPÖ), Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ),<br />
Die Grünen<br />
Gewerkschaften Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB) mit 14<br />
E<strong>in</strong>zelgewerkschaften und 1,4 Mio. Mitgliedern<br />
Internationale Mitgliedschaft:<br />
Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB)<br />
Internationaler Bund Freier Gewerkschaften (IBFG)<br />
Weltverband der Arbeitnehmer: (WVA), nur Fraktion Christlicher<br />
Gewerkschafter im ÖGB<br />
Mitgliedschaft <strong>in</strong><br />
Internationalen<br />
Organisationen<br />
Vere<strong>in</strong>te Nationen und Sonderorganisationen (OSZE), <strong>Europa</strong>rat,<br />
Europäische Union, als neutrales Land nicht Mitglied der NATO,<br />
aber Teilnahme am NATO-Programm (Partnerschaft für den<br />
Frieden) und Beobachterstatus bei der WEU, Western European<br />
Armaments Group (WEAG)<br />
Medien Elektronische Medien<br />
Österreichischer Rundfunk (ORF) mit zwei Fernseh- und vier<br />
bundesweiten Radioprogrammen sowie neun<br />
Regionalradioprogramme (neun Bundesländer), regional<br />
begrenztes Privatfernsehen, ca. 50 Privatradiosender<br />
Tageszeitungen<br />
„Kronen Zeitung" (Wien, Bundesländerausgaben; Auflage:<br />
892.084)<br />
"Kurier" (Wien, Bundesländerausgaben; Auflage: 20195.312)<br />
"Kle<strong>in</strong>e Zeitung" (Graz und Klagenfurt; Auflage: 2281.050)<br />
"Oberösterreichische Nachrichten" (L<strong>in</strong>z; Auflage: 118.157)<br />
"Tiroler Tageszeitungen" (Innsbruck; Auflage: 116.527)<br />
"Salzburger Nachrichten" (Salzburg <strong>in</strong>kl. Österreichausgabe;<br />
Auflage: 886.509)<br />
"Die Presse" (Wien; Auflage: 102.131)<br />
"Der Standard" (Wien; Auflage: 84.881)<br />
129
Österreich<br />
„Wirtschaftsblatt" (Wien; Auflage: 46.42.089)<br />
Wochenzeitungen<br />
"Die Ganze Woche" (Auflage: 3330.502)<br />
""News" (Auflage: 277.760)<br />
"Profil" (Auflage: 86.785)<br />
"Trend" (Auflage: 68.642)<br />
"Format" (Auflage: 86.647)<br />
+ jeweils verbreitete Auflage im 2. Quartal 2003 gemäß<br />
Österreichischer Auflagenkontrolle (ÖAK)<br />
Brutto<strong>in</strong>landsprodukt 2002: 216,6 Mrde. Euro,<br />
realer Zuwachs 1990-2002 von durchschnittlich 2,3 % p.a. –<br />
zwischen 1990-2002 stiegen die Verbraucherpreise nach nationaler<br />
Statistik um 2,4 % p.a.<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernisse bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Es gilt der Grundsatz der Formfreiheit bei Verträgen (§ 883 ABGB). Dieser ist aber vielfach<br />
durch zahlreiche Sonderregelungen e<strong>in</strong>geschränkt, wobei sich die Formgebundenheit<br />
unmittelbar aus dem Gesetz oder aus der Parteienvere<strong>in</strong>barung ergeben kann.<br />
Zweck der Formgebundenheit:<br />
• Schutz vor Übereilung<br />
• Beweissicherung<br />
• Offenkundigkeit<br />
Art der Formgebundenheit:<br />
• E<strong>in</strong>fache Schriftform<br />
• Öffentliche Form (Mitwirkung des Notars oder des Gerichtes; z.B. Notariatsakt oder<br />
notarielle Beurkundung, Gerichtsprotokoll)<br />
• Erfordernis von Zeugen (z.B. bei letztwilligen Verfügungen)<br />
Beispiele für Formgebundenheit:<br />
• Verpflichtungserklärung des Bürgen – Schriftlichkeit – § 1346 (2) ABGB<br />
• Schenkungsverträge bei denen Geschenk nicht sofort übergeben wird – Notariatsakt - § 1<br />
Abs 1 lit d NotaktsG<br />
• Ehepakte, Kauf-, Tausch- und Darlehensverträge zw. Ehegatten – Notariatsakt<br />
• Errichtung e<strong>in</strong>er GmbH – Notariatsakt - § 4 (3) GmbH<br />
• Erklärung über die Errichtung e<strong>in</strong>er Privatstiftung – Notariatsakt - § 39 PSG<br />
130
Österreich<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
JA. Gesetzlich normiert im HGB (Handelsgeschäftsbuch).<br />
Zum Handelskauf siehe §§ 373 ff HGB<br />
3) Wie und wo ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Hauptsächlich verankert im Konsumentenschutzgesetz (KSchG). Dieses bezieht sich nur auf<br />
Rechtsgeschäfte zwischen Verbrauchern und Unternehmern. Daneben bestehen auch <strong>in</strong><br />
diversen anderen Gesetzen Regelungen über den Verbraucherschutz. Wichtig hier noch das<br />
BTVG (Bauträgervertragsgesetz).<br />
Ziel ist es die „Ungleichgewichtslage“ der Parteien auszugleichen und den Konsumenten<br />
zu schützen.<br />
Diverse Schutzbestimmungen im KSchG:<br />
• Rücktrittsrechte (z.B. bei Haustürgeschäften)<br />
• Formerfordernisse<br />
• Unzulässige Vertragsbestandteile (diese s<strong>in</strong>d nichtig)<br />
• Transparenzgebot (unklare Vertragsbestimmungen s<strong>in</strong>d nichtig)<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
§ 922 ff ABGB bzw. § 377 HGB sowie §§ 8 ff KSchG.<br />
Kurzübersicht:<br />
Gewährleistung ist das gesetzlich verankertes Recht, vom Vertragspartner („Übergeber“) e<strong>in</strong><br />
E<strong>in</strong>stehen für Mängel an der Sache zu fordern. Der Übergeber kann dieses Recht gegenüber<br />
e<strong>in</strong>em Verbraucher <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Vertrag (z.B. <strong>in</strong> den Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen, das<br />
"Kle<strong>in</strong>gedruckte") beschränken. Der Übergeber (<strong>in</strong> der Regel der Händler, bei dem man<br />
kauft) muss Verbesserung oder Austausch kostenlos und <strong>in</strong> angemessener Frist erbr<strong>in</strong>gen.<br />
Gel<strong>in</strong>gt dies nicht, kann der Konsument Preism<strong>in</strong>derung oder Vertragsauflösung (Ware<br />
zurück, Geld zurück) durchsetzen.<br />
Garantie ist e<strong>in</strong> vertraglich e<strong>in</strong>geräumtes Versprechen – <strong>in</strong> der Regel des Herstellers (und<br />
nicht des Vertragspartners) – für Mängel, die an e<strong>in</strong>er Sache während der Garantiezeit<br />
auftreten, entsprechend der Garantieerklärung e<strong>in</strong>zustehen. Das muss nicht bedeuten, dass alle<br />
Leistungen aus der Garantie kostenlos s<strong>in</strong>d. Das muss man alles <strong>in</strong> den Garantiebed<strong>in</strong>gungen<br />
genau nachlesen.<br />
131
Österreich<br />
Daher ist das Versprechen e<strong>in</strong>er „Garantie“ nie e<strong>in</strong> Ersatz für e<strong>in</strong> gutes Gewährleistungsrecht,<br />
das im Gesetz steht.<br />
Am 1.1.2002 wird e<strong>in</strong>e Novelle zum Allgeme<strong>in</strong>en Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) und<br />
zum Konsumenteschutzgesetz (KSchG) <strong>in</strong> Kraft treten. Sie setzen die EU-Richtl<strong>in</strong>ie<br />
1999/44/EG<br />
„Verbrauchsgüterkauf-Richtl<strong>in</strong>ie“ um. Gleichzeitig ändern sich das Gewährleistungsrecht und<br />
auch Schadenersatzansprüche für Mängel- und Mängelfolgeschäden.<br />
Anwendungsbereich<br />
Der Gesetzgeber geht deutlich über die Richtl<strong>in</strong>ie h<strong>in</strong>aus, regelt die Gewährleistung im<br />
ABGB neu, harmonisiert die Regelungen für Kauf- und Werkverträge (§ 1167 ABGB<br />
verweist nur noch auf §§ 922 – 933b ABGB) und regelt nur jene Fragen im<br />
Konsumentenschutzgesetz (Zw<strong>in</strong>gendstellung des Gewährleistungsrechtes im<br />
Verbrauchergeschäft, Montagemängel, Garantie), die auf Verbrauchergeschäfte beschränkt<br />
bleiben.<br />
Neu s<strong>in</strong>d auch die Begriffe: Die neuen Regelungen gehen vom „Übergeber“ (z.B. Verkäufer)<br />
und vom „Übernehmer“ (z.B. Käufer) aus.<br />
Was ist e<strong>in</strong> „Mangel“?<br />
Die Ware muss „dem Vertrag entsprechen“, sonst ist sie mangelhaft.<br />
Das bedeutet, dass die Sache die<br />
• bedungenen und die<br />
• gewöhnlich vorausgesetzten<br />
Eigenschaften haben muss. Die Sache muss<br />
• der Beschreibung, e<strong>in</strong>er Probe oder e<strong>in</strong>em Muster entsprechen; man muss sie<br />
außerdem<br />
• der Natur des Geschäftes und<br />
• der getroffenen Verabredung<br />
gemäß verwenden können.<br />
Was die Werbung verspricht, das gilt<br />
Was immer Übergeber, Hersteller (und „Ansche<strong>in</strong>herstellers“) und Importeur <strong>in</strong> den EWR <strong>in</strong><br />
öffentlichen Äußerungen über dieses Produkt mitteilen, das gilt und ist Teil des Vertrages mit<br />
dem Käufer. Aussagen der Werbung, Gebrauchsanleitungen, usw. haben damit den<br />
Stellenwert e<strong>in</strong>er Vertragsvere<strong>in</strong>barung. Solche Äußerungen b<strong>in</strong>den den Übergeber nur dann<br />
nicht, wenn<br />
• es sie weder kannte noch kennen konnte,<br />
• wenn sie bei Vertragsabschluss berichtigt wurden,<br />
• wenn sie den Vertragsabschluss nicht bee<strong>in</strong>flusst haben konnten.<br />
132
Österreich<br />
Umkehr der Beweislast<br />
Auch künftig muss der Übergeber (<strong>in</strong> der Regel der Händler) nur für Mängel e<strong>in</strong>stehen, die<br />
bereits bei Übergabe vorhanden waren. Doch für die Zeit danach (von sechs Monaten ab<br />
Übergabe) gilt für hervorkommende Mängel die sogenannte "widerlegliche Vermutung", dass<br />
diese Mängel schon bei Übergabe vorgelegen haben. Der Übergeber trägt also <strong>in</strong>nerhalb der<br />
ersten sechs Monate ab Übergabe die Beweislast dafür, dass die Mängel nicht schon bei<br />
Übergabe vorhanden waren. Mit e<strong>in</strong>er Ausnahme: Wenn diese Vermutung mit der Art der<br />
Sache (verderbliche Waren) oder des Mangels (typische Abnützungsersche<strong>in</strong>ungen)<br />
unvere<strong>in</strong>bar ist.<br />
Gewährleistungsbehelfe<br />
Es gibt rechtlich gesehen vier Möglichkeiten, wie e<strong>in</strong> Gewährleistungsfall abgehandelt<br />
werden kann:<br />
• Wandlung (Geld zurück, Ware zurück)<br />
• Preism<strong>in</strong>derung<br />
• Verbesserung (Übergeber beseitigt den Mangel, meist e<strong>in</strong>e Reparatur)<br />
• Austausch (Übergeber nimmt das mangelhafte Produkt zurück und gibt dem<br />
Konsumenten e<strong>in</strong> neues, funktionierendes)<br />
Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeiten belassen, sieht aber nun e<strong>in</strong>en Vorrang der<br />
Verbesserung (des Austausches) vor. Der Übernehmer (<strong>in</strong> der Regel der Kunde bzw. der<br />
Konsument) kann zunächst – unabhängig von der Art des Mangels – nur Verbesserung oder<br />
Austausch verlangen.<br />
Preism<strong>in</strong>derung oder Wandlung kann er nur verlangen, wenn<br />
• Verbesserung oder Austausch unmöglich s<strong>in</strong>d<br />
• oder für den Übergeber e<strong>in</strong>en unverhältnismäßig hohen Aufwand darstellen würden,<br />
wobei auch die mit der Abhilfe für den Übernehmer verbundenen Unannehmlichkeiten<br />
zu beachten s<strong>in</strong>d;<br />
• der Übergeber Verbesserung oder Austausch verweigert oder sie<br />
• nicht <strong>in</strong> angemessener Frist vornimmt;<br />
• Verbesserung oder Austausch für den Übernehmer mit erheblichen<br />
Unannehmlichkeiten verbunden wären;<br />
• Verbesserung oder Austausch dem Übernehmer aus triftigen Gründen, die <strong>in</strong> der<br />
Person des Übergebers gelegen s<strong>in</strong>d, unzumutbar s<strong>in</strong>d.<br />
Die Wandlung (Ware zurück, Geld zurück) ist allerd<strong>in</strong>gs bei ger<strong>in</strong>gfügigen Mängeln immer<br />
ausgeschlossen.<br />
133
Österreich<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z. B. Grundschuld) vor?<br />
Kreditsicherheiten sollen dem Kreditgeber die Möglichkeit bieten, sich aus den Sicherheiten<br />
zu befriedigen, wenn der Kreditnehmer se<strong>in</strong>e Zahlungsverpflichtungen (Tilgung und Z<strong>in</strong>s)<br />
nicht erfüllen kann. Nach ihrer Sicherungsart lassen sich die Kreditsicherheiten <strong>in</strong><br />
Personalsicherheiten und <strong>in</strong> Realsicherheiten unterteilen. Bei den Personalsicherheiten<br />
liegen schuldrechtliche Ansprüche, bei den Realsicherheiten dagegen sachenrechtliche<br />
Ansprüche des Sicherungsnehmers vor. Bei e<strong>in</strong>er Personalsicherheit haftet neben dem<br />
Kreditnehmer e<strong>in</strong>e dritte Person für den Kredit, während bei e<strong>in</strong>er Realsicherheit dem<br />
Kreditgeber zur Sicherung bestimmte Rechte an Vermögenswerten e<strong>in</strong>geräumt werden.<br />
Formen der Personalsicherheit s<strong>in</strong>d die Bürgschaft, die Garantie und der Schuldbeitritt.<br />
Realsicherheiten stellen z. B. die Verpfändung oder Sicherungsübereignung beweglicher<br />
Sachen, die Zession von Rechten und die Begründung von Rechten an Grundstücken<br />
(Grundschuld, Hypothek) sowie der Eigentumsvorbehalt dar.<br />
Nach dem Grad der Abhängigkeit von der gesicherten Forderung kann man <strong>in</strong> akzessorische<br />
und <strong>in</strong> abstrakte Sicherheiten unterscheiden. Bestand, Umfang und Dauer e<strong>in</strong>er<br />
akzessorischen Sicherheit hängt von Bestand, Umfang und Dauer der gesicherten Forderung<br />
ab. Das Sicherungsrecht kann für sich alle<strong>in</strong> weder begründet noch übertragen werden.<br />
Akzessorische Sicherheiten, bei denen e<strong>in</strong>e vollkommene Verknüpfung zwischen Sicherheit<br />
und gesicherter Forderung vorliegt, s<strong>in</strong>d die Bürgschaft, die Verpfändung und die Hypothek<br />
und der Schuldbeitritt. Bei der abstrakten Sicherheit ist der Sicherungsnehmer nach außen<br />
h<strong>in</strong> im Verhältnis zu Dritten voll- und selbständig berechtigter Inhaber der Sicherheit. Im<br />
Innenverhältnis ist der Sicherungsnehmer jedoch gegenüber dem Sicherungsgeber<br />
verpflichtet, von der Sicherheit ke<strong>in</strong>en über den Sicherungszweck h<strong>in</strong>ausgehenden Gebrauch<br />
zu machen. Dritte Personen können sich allerd<strong>in</strong>gs auf dieses Innenverhältnis nicht berufen.<br />
Zu den abstrakten Sicherheiten zählen die Sicherungsübereignung, Zession, Grundschuld,<br />
Eigentumsvorbehalt oder die Garantie.<br />
Beweglich:<br />
Eigentumsvorbehalt (gesetzlich nicht geregelt!)<br />
Sicherungsübereignung<br />
Verpfändung<br />
Garantie<br />
Bürgschaft (§§ 1346 ABGB ff; <strong>in</strong> den verschiedensten Ausgestaltungen; z.B. Ausfallsbürge,<br />
als Bürge und Zahler, )<br />
Wechselsicherung<br />
Sicherungsabtretung (Zession; <strong>in</strong> den verschiedensten Ausgestaltungen z.B. still/offen,<br />
Mantel- u Globalzession etc.)<br />
134
Österreich<br />
Unbeweglich:<br />
Grundpfandrechte<br />
z.B. Höchstbetragshypothek oder Simultanhypothek<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Ja, vergleiche § 6 (2) und (3) KSchG.<br />
Mehr siehe im Anhang Punkt B und C.<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Zweiaktigkeit des Eigentumserwerbes, § 380 ABGB. Erforderlich ist e<strong>in</strong> TITEL (z.B.<br />
Kaufvertrag, Schenkungsvertrag, E<strong>in</strong>antwortung als Erbe etc) und der MODUS<br />
(Erwerbungsart), Modus ist bei unbeweglichen Sache die E<strong>in</strong>verleibung (E<strong>in</strong>tragung) im<br />
Grundbuch.<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Man unterscheidet zwischen Masse- und Konkursforderungen.<br />
Masseforderungen werden vorrangig vor den Konkursforderungen aus der Masse befriedigt<br />
(beispielsweise bestimmte Arbeitnehmerforderungen oder die Kosten des<br />
Konkursverfahrens).<br />
Konkursforderungen – das s<strong>in</strong>d Forderungen, die im Konkursverfahren angemeldet und<br />
vom Masseverwalter anerkannt wurden- werden nur quotenmäßig befriedigt.<br />
- Absonderungsberechtigte (z.B. Pfandrechte, Sicherungseigentum) haben e<strong>in</strong>en Anspruch auf<br />
bevorzugte Befriedigung aus der Masse.<br />
- Aussonderungsberechtigte (z.B. Verkauf unter Eigentumsvorbehalt) können die Sache selbst<br />
aus der Masse herausverlangen.<br />
Allgeme<strong>in</strong>es zu Insolvenzverfahren:<br />
Übersicht über die Verfahren<br />
Zunächst sollte versucht werden, mit den Gläubigern e<strong>in</strong>en außergerichtlichen Ausgleich<br />
(=stiller Ausgleich) herbeizuführen. Beim außergerichtlichen Ausgleich müssen alle<br />
Gläubiger zustimmen. Scheitert der außergerichtliche Ausgleichsversuch ist b<strong>in</strong>nen spätestens<br />
60 Tagen ab E<strong>in</strong>tritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung bei juristischen Personen<br />
e<strong>in</strong> Insolvenzverfahren e<strong>in</strong>zuleiten.<br />
135
Österreich<br />
Beim Konkurs wird das Vermögen des Schuldners unter Aufsicht e<strong>in</strong>es Masseverwalters<br />
gestellt.<br />
Im Rahmen des Konkursverfahrens besteht auch noch die Möglichkeit e<strong>in</strong>en<br />
Zwangsausgleich anzustreben. Bei Bezahlung e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>destquote von 20%, wird dem<br />
Schuldner unter bestimmten Zustimmungsvoraussetzungen die Restschuld nachgelassen.<br />
Der gerichtliche Ausgleich ist e<strong>in</strong> Insolvenzverfahren, bei dem – ähnlich wie beim<br />
Zwangsausgleich – die Restschuld nachgelassen werden kann (M<strong>in</strong>destquote 40%). Der<br />
Schuldner bleibt – im Gegensatz zum Konkurs und zum Zwangsausgleich – weiterh<strong>in</strong> über<br />
se<strong>in</strong> Vermögen verfügungsbefugt und steht nur unter Aufsicht des Ausgleichsverwalters.<br />
Natürliche Personen können auch versuchen, im Zuge e<strong>in</strong>es Privatkonkurs e<strong>in</strong>e<br />
Restschuldbefreiung zu erlangen.<br />
Details<br />
Außergerichtlicher Ausgleich<br />
Der außergerichtliche Ausgleich ist e<strong>in</strong>e Art privatrechtlicher Vertrag, <strong>in</strong> dem alle beteiligten<br />
Gläubiger e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d. Stimmt nur e<strong>in</strong> Gläubiger der Vere<strong>in</strong>barung nicht zu, so scheitert<br />
der außergerichtliche Ausgleich. Allerd<strong>in</strong>gs können verschieden Quoten angeboten werden.<br />
So stimmen erfahrungsgemäß die Sozialversicherungsträger e<strong>in</strong>em Forderungsverzicht nie zu,<br />
sodass diese voll zu befriedigen s<strong>in</strong>d. Wenn verschiedene Quoten angeboten werden, sollte<br />
dies den Gläubigern mitgeteilt werden, da ansonsten die Vere<strong>in</strong>barung wegen Irrtums<br />
angefochten werden kann.<br />
Vorteil des außergerichtlichen Ausgleichs ist, dass ke<strong>in</strong>e Gerichtskosten anfallen. Außerdem<br />
dr<strong>in</strong>gt das Problem der Zahlungsschwierigkeit nicht so an die Öffentlichkeit wie bei den<br />
verpflichtend zu verlautbarenden gerichtlichen Insolvenzverfahren.<br />
Bürgschaften erlöschen – im Gegensatz zum Zwangsausgleich und gerichtlichen Ausgleich –<br />
im selben Ausmaß wie die Hauptschuld.<br />
Konkurs<br />
Der Konkurs dient der Verwertung des gesamten Vermögens des Schuldners, der ab<br />
Konkurseröffnung "Geme<strong>in</strong>schuldner" genannt wird. Es gibt ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelexekutionen mehr.<br />
Gerichtliche Pfandrechte - mit Ausnahmen solche für Abgabenschulden – die <strong>in</strong>nerhalb von<br />
60 Tagen vor Konkurseröffnung begründet wurden, erlöschen.<br />
Ab Konkurseröffnung ist der Geme<strong>in</strong>schuldner über se<strong>in</strong> Vermögen nicht mehr<br />
verfügungsbefugt. Der vom Gericht bestellte Masseverwalter ist nunmehr Herr über das<br />
Konkursvermögen (=Masse). Zahlungen an den Geme<strong>in</strong>schuldner nach Konkurseröffnung<br />
wirken daher nicht schuldbefreiend. Es wird e<strong>in</strong>e Postsperre über den Geme<strong>in</strong>schuldner<br />
verhängt. Dies bedeutet, dass nur mehr der Masseverwalter die Post ausgehändigt bekommt.<br />
136
Österreich<br />
Voraussetzungen<br />
1. Es muss kostendeckendes Vermögen vorhanden se<strong>in</strong>, damit die Kosten des<br />
Konkursverfahrens (Masseverwalter etc.) bezahlt werden können. Fehlt es an diesem<br />
kostendeckenden Vermögen kann das Gericht vom Schuldner e<strong>in</strong>en Kostenvorschuss von bis<br />
zu EUR 4.000,- verlangt. Das vertretungsbefugte Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer<br />
e<strong>in</strong>er GesmbH oder Vorstand e<strong>in</strong>er AG) e<strong>in</strong>er juristischen Person haftet neben der<br />
Gesellschaft für die Anlaufkosten des Konkursverfahrens bis zu EUR 4.000,-.<br />
2. Antrag e<strong>in</strong>es Gläubigers oder des Schuldners: Jeder Gläubiger, der e<strong>in</strong>e – wenn auch nicht<br />
fällige – Forderung <strong>in</strong>nehat, kann den Konkursantrag stellen. Gläubigermehrheit ist nicht<br />
erforderlich. Der Gläubiger muss auch die Zahlungsunfähigkeit (siehe unten) besche<strong>in</strong>igen.<br />
Bei Personenhandels- und Erwerbsgesellschaften ist der persönlich haftende Gesellschafter<br />
antragslegitimiert und –verpflichtet. Bei GesmbH´ s ist der handelsrechtlichen<br />
Geschäftsführer bei AGs der Vorstand verpflichtet, den Antrag zu stellen.<br />
3. Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung: Es muss Zahlungsunfähigkeit vorliegen. Diese liegt<br />
dann vor, wenn die fälligen Verb<strong>in</strong>dlichkeiten <strong>in</strong> angemessener Frist nicht mehr beglichen<br />
werden können. Dagegen liegt bloße Zahlungsstockung vor, wenn sofort flüssiges Bargeld<br />
fehlt, aber Aussicht auf baldige Deckung besteht. Außerdem ist bei juristischen Personen die<br />
Überschuldung e<strong>in</strong> Konkurseröffnungsgrund. Überschuldung liegt vor, wenn die Passiva die<br />
Aktiva überwiegen und e<strong>in</strong>e negative Fortbestandsprognose vorliegt.<br />
4. Vernehmung des Geme<strong>in</strong>schuldners: Formale Voraussetzung ist weiters, dass der<br />
Geme<strong>in</strong>schuldner <strong>in</strong> der "Vernehmungstagsatzung" e<strong>in</strong>vernommen werden muss. Der<br />
Geschäftsführer e<strong>in</strong>er GesmbH oder Vorstand e<strong>in</strong>er AG haftet neben der Gesellschaft für die<br />
Anlaufkosten des Konkursverfahrens bis zu EUR 4.000,-.<br />
Abweisung mangels kostendeckendem Vermögen<br />
Gibt es ke<strong>in</strong> die Anlaufkosten des Konkursverfahrens deckendes Vermögen, wird der<br />
Konkurs "mangels Masse" abgewiesen. Die E<strong>in</strong>zelexekutionen laufen weiter. In der Folge<br />
wird <strong>in</strong> der Regel der Gewerbesche<strong>in</strong> entzogen.<br />
Beg<strong>in</strong>n der Rechtswirkungen<br />
Die Rechtswirkungen der Konkurseröffnung beg<strong>in</strong>nen mit dem Tag, der der Aufnahme <strong>in</strong> die<br />
Insolvenzdatei (bis 31.12.1999: Veröffentlichung des Ediktes) folgt.<br />
Das Verfahren<br />
Das Konkursverfahren dient der Feststellung der Aktiva und der Verwertung der Masse, die<br />
dann auf Masse- und Konkursgläubiger (siehe oben) aufgeteilt wird. Es wird e<strong>in</strong>e<br />
Prüfungstagsatzung anberaumt, <strong>in</strong> der die Gläubiger ihre Forderungen anmelden können. Der<br />
Masseverwalter anerkennt oder bestreitet die Forderungen.<br />
137
Österreich<br />
In e<strong>in</strong>er sogenannten Berichtstagsatzung wird beschlossen, ob das Unternehmen e<strong>in</strong>stweilen<br />
weitergeführt werden soll.<br />
Am Schluss des Verfahrens wird das Vermögen verwertet und auf die Gläubiger aufgeteilt.<br />
Mit Aufhebung des Konkursverfahrens erlangt der Geme<strong>in</strong>schuldner wieder se<strong>in</strong>e<br />
Verfügungsbefugnis. Die nicht bezahlten Schulden <strong>in</strong>klusive der Z<strong>in</strong>sen bleiben allerd<strong>in</strong>gs<br />
aufrecht!<br />
Zwangsausgleich<br />
Der Zwangsausgleich soll es im Rahmen des Konkursverfahrens dem Geme<strong>in</strong>schuldner<br />
ermöglichen, schuldenfrei gestellt zu werden. Es kann der Zwangsausgleichsantrag<br />
gleichzeitig mit dem Konkursantrag gestellt werden. Antragsberechtigt ist nur der<br />
Geme<strong>in</strong>schuldner.<br />
Die Zustimmungserfordernisse s<strong>in</strong>d folgende: Die Mehrheit der Gläubiger nach Köpfen, die<br />
<strong>in</strong>sgesamt 75% der Forderungen <strong>in</strong>nehaben, müssen zustimmen. Aus-,<br />
Absonderungsberechtigte und Massegläubiger haben ke<strong>in</strong>e Stimmrechte; nahe Angehörige<br />
nur dann, wenn sie gegen den Ausgleich stimmen. Es zählen nur die Stimmen und die<br />
Forderungen der bei der Tagsatzung anwesenden Gläubiger!<br />
Der Geme<strong>in</strong>schuldner muss e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destquote von 20% der Schulden, zahlbar <strong>in</strong>nerhalb von<br />
spätestens zwei Jahren, anbieten.<br />
Für die Restschuld ist der Geme<strong>in</strong>schuldner dann entschuldet.<br />
Die Bürgen haften – im Gegensatz zum außergerichtlichen Ausgleich – weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> voller<br />
Höhe.<br />
Gerät der Geme<strong>in</strong>schuldner mit der Zahlung von Raten <strong>in</strong> Verzug, so muss ihn der Gläubiger<br />
unter Setzung e<strong>in</strong>er 14-tägigen Nachfrist mahnen. Dann lebt die Forderung wieder voll auf;<br />
teilbefriedigte Forderungen allerd<strong>in</strong>gs nur quotenmäßig. Sie s<strong>in</strong>d mit dem Bruchteil als<br />
befriedigt anzusehen, die dem Verhältnis des bezahlten Betrages zu der zu leistenden<br />
Zwangsausgleichsquote entspricht.<br />
E<strong>in</strong> eröffneter Konkurs ist - im Gegensatz zur "Konkursabweisung mangels kostendeckendem<br />
Vermögen" - ke<strong>in</strong> Gewerbeentziehungsgrund.<br />
Privatkonkurs<br />
Seit 1995 besteht für natürliche Personen (auch Unternehmer) die Möglichkeit, im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>es Konkursverfahrens nicht nur durch e<strong>in</strong>en Zwangsausgleich (siehe Konkurs) <strong>in</strong> den<br />
Genuss e<strong>in</strong>es teilweisen Schuldennachlasses zu kommen, sondern auch durch die<br />
privilegierten Möglichkeiten des sog. Zahlungsplanes und des - <strong>in</strong> der Praxis am relevantesten<br />
- Abschöpfungsverfahrens.<br />
138
Österreich<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Ja. Siehe im Anhang „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
Ja. Weiterführend siehe im Anhang unter Punkt F „Das UN-Kaufrecht“.<br />
B. Die Vertragsbestimmungen des § 6 Abs 2 KSchG<br />
Die In § 6 Abs 2 KSchG aufgezählten Vertragsbestimmungen s<strong>in</strong>d für den Verbraucher<br />
nicht verb<strong>in</strong>dlich, wenn der Unternehmer nicht beweist, dass sie im e<strong>in</strong>zelnen ausgehandelt<br />
worden s<strong>in</strong>d.<br />
Die Vorschrift betrifft Klauseln, deren sachliche Unangemessenheit für sich alle<strong>in</strong> nicht<br />
zur Ungültigkeit führt. E<strong>in</strong>e Klausel ist nur dann ungültig, wenn sie nicht im e<strong>in</strong>zelnen<br />
ausgehandelt worden ist, womit vor allem Bestimmungen <strong>in</strong> AGB oder Formularen geme<strong>in</strong>t<br />
s<strong>in</strong>d. Daß e<strong>in</strong>e Klausel ausgehandelt worden ist, muß der Unternehmer beweisen.<br />
Der Begriff des „Aushandelns“ bereitet Schwierigkeiten. Nötig ist wohl, dass die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen erörtert wurden und der Verbraucher auf die Formalisierung e<strong>in</strong>fluß nehmen<br />
konnte 85 ).<br />
Unwirksam s<strong>in</strong>d nach §6 Abs 2 KSchG Bestimmungen, nach denen der Unternehmer ohne<br />
sachliche Rechtfertigung vom Vertrag zurücktreten kann (Z 1) oder ihm das Recht<br />
e<strong>in</strong>geräumt wird, se<strong>in</strong>e Pflichten oder den gesamten Vertrag mit schuldbefreiender Wirkung<br />
e<strong>in</strong>em Dritten, der im Vertrag nicht namentlich genannt ist, zu überb<strong>in</strong>den (Z 2).<br />
Die Vere<strong>in</strong>barung e<strong>in</strong>er Substitutionsmöglichkeit ist jedoch zulässig, wenn sie durch<br />
gesetzliche Bestimmungen gedeckt ist; vgl § 1010 Fall 2 und § 14 RAO 86 )<br />
83<br />
) Kritisch dazu Wukoschitz, RdW 1997, 266.<br />
84<br />
) Apathy <strong>in</strong> Schwimann § 6 KSchG Rz 49f.<br />
85<br />
) Dazu Fitz, Allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen – <strong>in</strong>dividuelle Abreden, <strong>in</strong> Krejci, Handbuch 249ff;<br />
Welser, JBI 1980, 8.<br />
86<br />
) Dazu Hofer, Substitution und Untervertretung, JBI 1980, 625; Welser, JBI 1980, 77f.<br />
139
Österreich<br />
Anhang:<br />
Ungültig s<strong>in</strong>d ferner Klauseln, die es dem Unternehmer gestatte, se<strong>in</strong>e Leistung e<strong>in</strong>seitig zu<br />
ändern – außer dies ist dem Verbraucher zumutbar – (Z 3) 87 ) oder für se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerhalb von<br />
zwei Monaten nach Vertragsabschluß zu erbr<strong>in</strong>gende Leistung e<strong>in</strong> höheres als das vertraglich<br />
bestimmte Entgelt zu fordern (Z4) 88 ).<br />
Für Leistungen, die <strong>in</strong>nerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluß zu erbr<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>d,<br />
muß also die Erhöhungsmöglichkeit, die auch hier nur im Rahmen des § 6 Abs 1 Z 5<br />
KSchG zulässig ist, <strong>in</strong>dividuell ausgehandelt worden se<strong>in</strong>, für später fällige Leistungen<br />
s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen nur die Voraussetzungen des §6 Abs 1 Z 5 zu beachten.<br />
Der besonderen Vere<strong>in</strong>barung bedarf es weiters, wenn die Plicht des Unternehmers zum<br />
Ersatz e<strong>in</strong>es Schadens an e<strong>in</strong>er Sache, die er zur Bearbeitung übernommen hat,<br />
ausgeschlossen oder beschränkt wird (Z5).<br />
Das Verhältnis dieser Vorschrift zu § 6 Abs 1 Z 9 KSchG ist relativ unklar, doch ist folgendes<br />
geme<strong>in</strong>t: Die Schadenersatzpflicht für grobes Verschulden ist zw<strong>in</strong>gendes Recht, die kann<br />
unter ke<strong>in</strong>en Umständen ausgeschlossen werden (§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG). Die Haftung für<br />
leichte Fahrlässigkeit kann der Unternehmer im allgeme<strong>in</strong>en sogar In AGB abbed<strong>in</strong>gen. Er<br />
braucht es nicht „auszuhandeln“. Dies gilt jedoch nicht für die Beschädigung von Sachen, die<br />
der Unternehmer zur Bearbeitung übernommen hat. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit<br />
kann <strong>in</strong> diesem Fall nur durch ausgehandelte Vertragsbestimmungen beseitigt oder beschränkt<br />
werden (§ 6 Abs 2 Z KSchG) 89 ).<br />
Z 6 betrifft Vertragsbestimmungen, mit denen Ansprüche des Verbrauchers auf e<strong>in</strong><br />
Angeld (§908) e<strong>in</strong>geschränkt oder ausgeschlossen werden. Will also der Unternehmer se<strong>in</strong>e<br />
Verpflichtung zur Rückgabe des doppelten Angeldes bei schuldhafter Nichterfüllung<br />
abbed<strong>in</strong>gen, so muß er dies e<strong>in</strong>zeln aushandeln.<br />
C. Das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG<br />
E<strong>in</strong>e <strong>in</strong> AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung ist unwirksam,<br />
wenn sie unklar oder unverständlich abgefaßt ist ( § 6 Abs 3 KSchG).<br />
Mit dem durch BGBl I 1997/6 neu e<strong>in</strong>geführten § 6 Abs 3 KSchG wurde das<br />
„Transparenzgebot „ des Art 5 der RL 93/13/EWG über missbräuchliche Vertragsklauseln<br />
ausdrücklich übernommen, um allfällige Zweifel an der RL-Konformität des österreichischen<br />
Rechts zu zerstreuen 90 ).<br />
„Unverständlich „ iSd § 6 Abs 3 KSchG bedeutet nicht nur, dass durch Auslegung<br />
nach den §§ 914f ke<strong>in</strong> S<strong>in</strong>n der Bestimmung festgestellt<br />
140
Österreich<br />
87<br />
) Vgl dazu Koziol, Zur Wirksamkeit der „Fakultativklausel“, RdW 1986, 327; s auch<br />
OGH <strong>in</strong> RdW 1988, 289: ecolex 1995, 26.<br />
88<br />
) Zur Anwendung auf Leas<strong>in</strong>gverträge: Krejci, Anpassungsklauseln <strong>in</strong> Leas<strong>in</strong>gverträgen,<br />
Schnorr-FS (1988) 663 ff.<br />
89<br />
) Vgl auch OGH <strong>in</strong> SZ 69/245.<br />
90<br />
) EB 311 Blg NR 20. GP 24; dazu Kiendl, JBl 1995, 96 ff; St. Kor<strong>in</strong>ek, JBl 1999,<br />
Mäßigung von Angeld und Reugeld<br />
werden kann, sondern daß jeweilige Geschäft typische Durchschnittskunde den Inhalt und die<br />
Tragweite der Klausel nicht „durchschauen“ kann 91 ). Ob damit § 6 Abs 3 KSchG über § 869<br />
h<strong>in</strong>ausgeht, ist fraglich 92 ).<br />
Klauseln, mit denen sich Unternehmer „soweit gesetzlich zulässig“ von der Haftung<br />
freizeichnen, widersprechen dem Transparenzgebot, weil sie den Konsumenten den Inhalt und<br />
die Tragweite der Klausel nicht erkennen lassen 93 ).<br />
Fraglich ist auch das Verhältnis von § 6 Abs 3 KSchG zur Unklarheitenregel des §<br />
915. Nach dieser gehen Unklarheiten zu Lasten des Erklärenden (also bei Verwendung von<br />
AGB zu Lasten des Unternehmers), nach dem Wortlaut des § 6 Abs 3 KSchG h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d<br />
unklare Bestimmungen unwirksam. ZT wird die Ansicht vertreten, § 6 Abs 3 KSchG sei im<br />
Verhältnis zu § 915 lax specialis, so daß unklare Klauseln <strong>in</strong> Verbraucherverträgen überhaupt<br />
unwirksam s<strong>in</strong>d 94 ). Nach richtiger Ansicht wird § 915 jedoch nicht verdrängt. Lassen sich<br />
Unklarheiten gemäß § 915 zugunsten des Verbrauchers lösen, f<strong>in</strong>det § 6 Abs 3 KSchG ke<strong>in</strong>e<br />
Anwendung 95 ).<br />
IX. Mäßigung von Angeld und Reugeld<br />
Ist e<strong>in</strong> Unternehmer zur E<strong>in</strong>behaltung oder Rückforderung des Angeldes berechtigt<br />
oder ist e<strong>in</strong> Verbraucher e<strong>in</strong>em Unternehmer gegenüber zur Zahlung e<strong>in</strong>es Reugeldes<br />
verpflichtet, so kann es der Richter wie e<strong>in</strong>e Vertragsstrafe nach § 1336 Abs 2 mäßigen (§ 7<br />
KSchG).<br />
X. Gewährleistung 96 )<br />
Die RL 99/44/EG über den Verbrauchsgüterkauf wollte den<br />
gewährleistungsrechtlichen Schutz der Verbraucher wesentlich verstärken. Die meisten<br />
Bestimmungen der RL wurden <strong>in</strong> Österreich allerd<strong>in</strong>gs als allgeme<strong>in</strong>es Gewährleistungsrecht<br />
e<strong>in</strong>geführt (s oben S 63 ff). In das KSchG<br />
141
Österreich<br />
91<br />
) St. Kor<strong>in</strong>ek, JBL 1999, 156.<br />
92<br />
) So G. Graf, Die EU-Vorgaben auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes, <strong>in</strong><br />
Koppenste<strong>in</strong>er, Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Teil 8/I (1997) 20 f;<br />
derselbe, Auswirkungen des Transparenzgebots, ecolex 1999, 8; Tschaler, Zur Statthaftigkeit<br />
der Klausel „soweit gesetzlich zulässig“ ÖJZ 1998, 281; vgl auch Kiendl, Unfaire Klauseln<br />
199ff,; dagegen wohl Wilhelm, ecolex 1996, 582; Wukoschitz, RdW 1997, 267; Apathy <strong>in</strong><br />
Schwimmann § 6 KSchG Rz 73f; Mottl, immolex 1997, 144; Eissler, Die Richtl<strong>in</strong>ie über<br />
missbräuchliche Klauseln <strong>in</strong> Verbraucherverträgen, ecolex 1998, 462. S zur Konkretisierung<br />
des Transpare<strong>in</strong>zgebotes im E<strong>in</strong>zelfall St Kor<strong>in</strong>ek, JBl 1999, 160 ff; OGH <strong>in</strong> RdW 1999, 458.<br />
93<br />
) Tschaler, ÖJZ 1998, 281 ff; G. Graf, ecolex 1990, 10; St. Kor<strong>in</strong>ek, JBl 1999,162.<br />
94<br />
) Saria, Zur Novellierung des ABGB, KSchG und VersVG durch BGBl I 1997/6,<br />
VersRDSch 1997, 100;G. Graf, ecolex 1999,8.<br />
95<br />
) Apathy <strong>in</strong> Schwimann § 6 KSchG Rz 74; Wukoschitz, RdW 1997, 267; St. Kor<strong>in</strong>ek,<br />
JBl 1999, 163.<br />
96 ) Dazu Welser/B. Jud, Die neue Gewährleistung (2001)<br />
F. Das UN-Kaufrecht<br />
Literatur: Bucher (Hrsg), Wiener Kaufrecht (1991); Czerwenka,<br />
Rechtsanwendungsprobleme im <strong>in</strong>ternationalen Kaufrecht (1988); Doralt (Hersg), Das<br />
UNCITRAL-Kaufrecht, JBI 1986, 681; Enderle<strong>in</strong>/Maskow/Strohbach, Internationales<br />
Kaufrecht (1991); Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht (1991); Honsell (Hrsg),<br />
Kommentar zum UN-Kaufrecht (1997); Hoyer/Posch (Hrsg), Das E<strong>in</strong>heitliche<br />
WienerKaufrecht (1992); Karollus, UN-Kaufrecht (1991); Loewe, Internationales Kaufrecht<br />
(1989); Magnus, Aktuelle Fragen des UN-Kaufrechtes, ZeuP 1993, 79; derselbe <strong>in</strong><br />
Staud<strong>in</strong>ger, Wiener UN-Kaufrecht (1999); Ofner,UN-Kaufrecht, JAP 1990/91, 112; Petrikic,<br />
Das Nacherfüllungsrecht im UN-Kaufrecht (1999); Piltz, Internationales Kaufrecht (1993);<br />
Schlechtriem, E<strong>in</strong>heitliches UN-Kaufrecht (1981); derselbe, E<strong>in</strong>heitliches Kaufrecht:<br />
Erfahrungen mit den Haager Kaufgesetzen – Folgerungen für das Wiener UN-Kaufrecht,<br />
RdW 1989, 41; derselbe, Internationales UN-Kaufrecht (1996); derselbe (Hrsg), Kommentar<br />
zum E<strong>in</strong>heitlichen UN-Kaufrecht³ (2000); Siehr, Der <strong>in</strong>ternationale Anwendungsbereich des<br />
UN-Kaufrechtes, RabelsZ 1988, 587; Wilhelm, UN-Kaufrecht (1993).<br />
142
Österreich<br />
1. Allgeme<strong>in</strong>es<br />
Das Übere<strong>in</strong>kommen der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über Verträge über den <strong>in</strong>ternationalen<br />
Warenkauf wurde 1980 auf e<strong>in</strong>er Konferenz <strong>in</strong> Wien geschlossen (deshalb auch “Wiener<br />
Kaufrechtsabkommen“). Es ist am 1.1.1989 für Österreich <strong>in</strong> Kraft getreten (BGBl<br />
1988/96). Neben Österreich haben mehr als 50 Staaten das Abkommen übernommen.<br />
Das UN-Kaufrecht schafft selbst materielles Recht 91 ) und verweist nicht bloß – wie das<br />
IPRG – auf nationale Sachnormen. Das Übere<strong>in</strong>kommen enthält dispositives Recht und kann<br />
daher von den Parteien abbedungen werden (Art 6) 92 ).<br />
2. Anwendungsbereich<br />
Nach Art 1 Abs 1 lit a gilt das Übere<strong>in</strong>kommen für alle Kaufverträge 93 ) über Waren zwichen<br />
Vertragsparteien, die ihre Niederlassung <strong>in</strong><br />
91<br />
) Zur Auslegung und Lückenfüllung nach Art 7 vgl E.A. Kramer, Uniforme<br />
Interpretation von E<strong>in</strong>heitsprivatrecht – mit besonderer Berücksichtigung von Art 7 UNKR,<br />
JBI 1996, 137 ff.<br />
92<br />
) Dazu Karollus, UN-Kaufrecht: H<strong>in</strong>weise für die Vertagspraxis durch nachträgliche<br />
Rechtswahl, wbl 1997, 234ff.<br />
93<br />
) Zur Anwendbarkeit auf Kompensationsgeschäfte s Lurger, Die Anwendung des<br />
Wiener UNCITRAL-Kaufrechtsübere<strong>in</strong>kommens 1980 auf den <strong>in</strong>ternationalen Tauschvertrag<br />
und sonstige Gegengeschäfte, ZfRV 1991, 415.<br />
Der Kauf<br />
Verschiedenen Vertragsstaaten haben. Unter „Waren“ s<strong>in</strong>d bewegliche Sachen zu<br />
verstehen. Ob nur körperliche Sachen darunterfallen oder etwa auch Software, ist strittig 94 ).<br />
Das Abkommen f<strong>in</strong>det aber auch dann Anwendung, wenn die Regeln des IPR auf das<br />
Recht e<strong>in</strong>es Vertragsstaates verweisen (Art 1 Abs 1 lit b) 95 ). Hat e<strong>in</strong> Vertragspartner mehrere<br />
Niederlassungen, so ist jene mit der engsten Beziehung zum Vertrag und se<strong>in</strong>er Erfüllung<br />
entscheidend (Art 10 lit a). Falls e<strong>in</strong>e Partei ke<strong>in</strong>e Niederlassung hat, ist ihr gewöhnlicher<br />
Aufenthalt maßgebend (Art 10 lit b).<br />
143
Österreich<br />
Nach dem UN-Kaufrecht kommt es nicht darauf an, ob die Parteien Kaufleute s<strong>in</strong>d<br />
(Art 1 Abs 3). Dieser Grundsatz wird allerd<strong>in</strong>gs dadurch e<strong>in</strong>geschränkt, dass der Ankauf von<br />
Waren für den privaten Gebrauch (persönlicher Gebrach, Gebrach <strong>in</strong> der Familie oder im<br />
Haushalt) nicht dem Übere<strong>in</strong>kommen unterliegt (Art 2 lit a). Ausdrücklich ausgenommen ist<br />
ua auch der Erwerb von Wertpapieren, Zahlungsmitteln und elektrischer Energie (genauer Art<br />
2 lit b-f).<br />
Art 3 grenzt den Werklieferungsvertrag (zu diesem unten S243), der unter das<br />
Abkommen fällt, vom Werkvertrag ab. Danach f<strong>in</strong>det das UN-Kaufrecht ke<strong>in</strong>e Anwendung,<br />
wenn der Besteller e<strong>in</strong>en wesentlichen Teil des Stoffes zur Verfügung stellt. Ebenso s<strong>in</strong>d vom<br />
Übere<strong>in</strong>kommen Verträge ausgenommen, bei denen die Ausführung von Arbeitenoder<br />
anderen Dienstleistungen die Warenlieferung überwiegt 96 ).<br />
Das UN-Kaufrecht regelt nur den Abschluß von Kaufverträgen und die daraus<br />
entstehenden Rechte und Pflichten des Verkäufers und des Käufers 97 ). Die Gültigkeit des<br />
Vertrages und se<strong>in</strong>e Wirkung auf das Eigentum der verkauften Ware unterliegen h<strong>in</strong>gegen<br />
weiterh<strong>in</strong> dem nationalen Recht (vgl Art 4). Nach diesem s<strong>in</strong>d daher Geschäftsfähigkeit,<br />
Irrtumsfolgen 98 ), Vertretungsmängel und Erlaubtheit des Vertrages zu beurteilen 99 ).<br />
94<br />
) Für ersteres Hoyer, Der Anwendungsbereich des UNCITRAL-E<strong>in</strong>heitsrechts, WBl<br />
1988, 71; für letzteres Karollus, UN-Kaufrecht21; Diedrich, Anwendbarkeit des Wiener<br />
Kaufrechts auf Softwareüberlassungsverträge, RIW 1993, 441; vgl auch E.A. Kramer, JBl<br />
1996, 145<br />
95<br />
) S OHG <strong>in</strong> SZ 69/26 (dzu Karollus <strong>in</strong> RdW 1996, 197); JBl 1999, 54 (Karollus) =<br />
ecolex 1998, 692 (Willhelm) = ZfRV 1999, 65 (Posch); vgl aber auch OHG <strong>in</strong> ZfRV 1996,<br />
161 (kritisch Hoyer).<br />
96<br />
) Vgl OHG <strong>in</strong> ZfRV 1995, 159.<br />
97<br />
) S OHG <strong>in</strong> ZfRV 1997, 156.<br />
98<br />
) Auch <strong>in</strong> Konkurenz zu den Leistungsstörungen des UN-Kaufrechtes: Lessiak,<br />
UNCITRAL-Kaufrechtsabkommen und Irrtumsanfechtung, JBl 1889, 487; Neumayer, Offene<br />
Fragen zur Anwendung des Abkommens der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über den <strong>in</strong>ternationalen<br />
Warenkauf, RIW 1994, 101 f. Dagengen Flesch, Mängelhaftung und Beschaffenheitsirrtum<br />
beim Kauf (1994) 127 ff mwN; Heilmann, Mängelgewährleistung im UN-Kaufrecht (1994)<br />
146 f. Differenzierend zuletzt Gestoehl, Das Verhältnis von Gewährleistung nach UN-<br />
Kaufrecht und Irrtumsanfechtung nach nationalem Recht, ZfRV 1998, 8 f.<br />
99) Bydl<strong>in</strong>ski, Das allgeme<strong>in</strong>e Vertragsrecht, <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL-Kaufrecht 84f.<br />
Der Begriff der Gültigkeit selbst ist jedenfalls nach nationalem Recht zu beurteilen: Lessiak,<br />
JBl 1989, 491 ff.<br />
144
Österreich<br />
Vertraglische Schuldverhältnisse<br />
Auch Formvorschriften können die Gültigkeit e<strong>in</strong>es Rechtgeschäftes bee<strong>in</strong>flussen; Art 11<br />
bestimmt aber, dass die dem Abkommen unterliegenden Verträge formfrei s<strong>in</strong>d. Die<br />
Vertragsstaatn können allerd<strong>in</strong>gs die Anwendung dieser Bestimmungen ausschließen(Art 12),<br />
so dass sich dann die Form nach nationalem Recht richtet.<br />
3. Vertragsabschluß 100 )<br />
Die Vorschriften über den Abschluß der Kaufverträge stimmen weitgehend mit jenen des<br />
ABGB übere<strong>in</strong>(s Bd I S 109ff) 101 ). Das Angebot kann allerd<strong>in</strong>gs nicht bloß bis zum Zugang,<br />
sondern bis zur Absendung der Annahmeerklärung des Empfängers widerrufen werden. Die<br />
Rückgabe ist aber ausgeschlossen, wenn im Offert dessen Unwiderruflichkeit zum Ausdruck<br />
kommt oder der Empfänger vernünftigerweise darauf vertrauen konnte und dementsprechend<br />
gehandelt hat.(Art 16).<br />
Enthält die Annahme unwesentliche Ergänzungen oder Abweichungen um Angebot,<br />
kommt der Vertrag zustande, wenn der Anbietende das Fehlen der Übere<strong>in</strong>stimmung nicht<br />
unverzüglich beanstandet(Art 19 abs. 2).Ergänzungen oder Abweichungen, die Preis,<br />
Bezahlung, Qualität und Menge der Ware, Ort und Zeit der Lieferung, Umfang der Haftung<br />
oder die Beilegung von Streitigkeiten betreffen, werden aber als wesentlich angesehen (Art 19<br />
Abs 3) 102 ).<br />
Nach Art 21 Abs 1 ist e<strong>in</strong>e verspätete Annahme wirksam, wenn der Offerent<br />
unverzüglich den Annehmenden <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne mündlich oder schriftlich unterrichtet.<br />
Nach ABGB wäre h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>e verspätete Annahme als Angebot zu werten, so dass der<br />
Vertrag erst mit Zugang der zweiten Erklärung des ursprünglichen Offerenten zustande<br />
käme. Art 21 Abs 2 enthält e<strong>in</strong>e dem § 862 a ABGB vergleichbare Regelung.<br />
4. Materielles Kaufrecht<br />
a) Vertragsverletzung<br />
100<br />
) Dazu Bydl<strong>in</strong>ski <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL - Kaufrecht 60ff; Stern, Erklärungen im UNCITRAL –<br />
Kaufrecht(1990) 15ff. Zur Bestimmbarkeit des Preises: OGH <strong>in</strong> JBI 1995, 253 (Karollus; kritisch zu<br />
dieser E Rummel, Probleme des Dissenses beim Vertragsschluß, RZ 1996, 3 f); vgl dazu auch<br />
Hofmann, Zur Auslegung des §273 ZPO, RZ 1996,9.<br />
101<br />
) Siehe dazu Bucher, Preisvere<strong>in</strong>barung als Vorraussetzung der Vertragsgültigkeit beim Kauf,<br />
Melanges Riotet (1990) 371.<br />
102<br />
) Art 19 Abs 3 stellt nach hA e<strong>in</strong>e widerlegbare Auslegungsregel dar: OGH <strong>in</strong> JBI 1997, 592 mwN<br />
= ecolex 1997, 656 (Wilhelm).<br />
145
Österreich<br />
Das UN-Kaufrecht kennt nicht die Unterscheidung zwischen ursrünglicher und nachträglicher<br />
Unmöglichkeit der Leistung, Verzug, Gewährleistung und positiver<br />
Forderungsverletzung, sondern nur die Vertragsverletzung schlechth<strong>in</strong> 103 ). Bestimmte<br />
Rechtsbefehle stehen e<strong>in</strong>er Partei nur zu, wenn e<strong>in</strong>e wesentliche Vertragsverletzung vorliegt.<br />
Der Kauf<br />
Wesentlich ist e<strong>in</strong>e Vertragsverletzung, wenn sie Dazu führt, dass die Durchführung des<br />
Vertrages für den Gläubiger nicht mehr von Interesse ist und dies entweder von der<br />
vertragsbrüchigen Partei vorausgesehen wurde oder für e<strong>in</strong>e vernünftige Partei vorhersehbar<br />
war (Art 25) 104 ). E<strong>in</strong>e wesentliche Vertragsverletzung ist z.B. der Verzug bei e<strong>in</strong>em<br />
Fixgeschäft 105 ).<br />
Wenn schon vor Fälligkeit der Leistung offensichtlich ist, dass e<strong>in</strong>e Partei e<strong>in</strong>e wesentliche<br />
Vertragsverletzung begehen wird, kann die andere den Vertrag aufheben. Unabhängig von der<br />
Wesentlichkeit der Vertragsverletzung gibt Art 71 e<strong>in</strong>er Partei das Recht, die eigene Leistung<br />
zurückzuhalten, wenn sich nach Vertragsabschluss herausstellt, dass die Erfüllung der<br />
Gegenleistung unsicher ist.<br />
b) Pflichten des Verkäufers<br />
Der Verkäufer ist nach Art 30 verpflichtet, die Ware samt den sie betrffenden Dokumenten<br />
zu liefern und dem Käufer Eigentum zu verschaffen. Art 31 regelt den Erfüllungsort, Art 33<br />
die Erfüllungszeit. Ergibt sich aus dem Vertrag weder e<strong>in</strong> Zeitpunkt noch e<strong>in</strong> Zeitraum für die<br />
Lieferung, hat der Verkäufer <strong>in</strong> angemessener Frist nach Vertragsabschluß zu leisten; zum<br />
Unterschied vom ABGB bedarf es ke<strong>in</strong>er Mahnung 106 ).<br />
Der Verkäufer muß vertragsgemäße Ware liefern 107 ).Dazu gehört auch, dass die Ware<br />
h<strong>in</strong>sichtlich Verpackung und Behältnis den Anforderungen des Vertrages entspricht (Art 35<br />
103 ) Welser, die Vertragsverletzung des Verkäufers und ihre Sanktionen, <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL –<br />
Kaufrecht 116; Honsell, die Vertragsverletzung des Verkäufers nach dem Wiener Kaufrecht, SJZ<br />
1992, 345; Petrikic, Nacherfüllungsrecht 15 f.<br />
104 ) Hierzu Schlechtriem <strong>in</strong> Schlechtriem, Kommentar, Art 25 Rz 9; Musger, Die wesentliche<br />
Vertragsverletzung (1989); Aicher <strong>in</strong> Hoyer – Posch, Wiener Kaufrecht 123ff; Wilhelm, UN-Kaufrecht 18ff;<br />
Petrikic, Nacherfüllungsrecht 17ff.<br />
105 ) Schlechtriem <strong>in</strong> Schlechtriem, Kommentar, Art 25 Rz 18; U. Huber, Die Haftung des Verkäufers für Verzug<br />
und Sachmängel nach dem Wiener Kaufrechtsübere<strong>in</strong>kommen, JBI 1989, 276.<br />
106 )Welser <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL – Kaufrecht 108.<br />
107 ) Ausführlich hierzu Heilmann, Mängelgewährleistung 166ff.<br />
146
Österreich<br />
Abs 1). Nach Art 35 Abs 3 haftet der Verkäufer aber nicht, wenn der Käufer bei<br />
Vertragsabschluß die Vertragswidrigkeit 109 kannte oder darüber nicht <strong>in</strong> Unkenntnis se<strong>in</strong><br />
konnte 108 ) (zur Vergleichbaren Bestimmung des §928 ABGB s oben s 80f). Die<br />
vertragsgemäße Beschaffenheit der Ware ist gemäß Art 36 Abs 1 für den Zeitpunkt des<br />
Gefahrenüberganges zu beurteilen 109 ). Der Verkäufer hat auch dafür e<strong>in</strong>zustehen, dass die<br />
Ware von Rechten Dritter frei ist (Art 41 f) 110 ).<br />
Wird die Ware nach dem Gefahrenübergang beschädigt oder zerstört, muß der Käufer den<br />
Kaufpreis zahlen, es sei denn, die Beschäftigung oder der Untergang ist auf e<strong>in</strong> Verhalten des<br />
Verkäufers zurückzuführen (Art 66). Im e<strong>in</strong>zelnen enthalten die<br />
Vertragliche Schuldverhältnisse<br />
Art 67 bis 69 genauere Regelungen über den Zeitpunkt des Gefahrenüberganges 111 ), die im<br />
wesentlichen dem österreichischen Recht entsprechen 112 ).<br />
Bei Vertragsverletzungen des Verkäufers kann der Käufer Erfüllung verlangen oder<br />
Vertragsaufhebung begehren (Art 46 bis 52), Als Unterfälle des Erfüllungsahnsruches kennt<br />
das UN-Kaufrecht das Recht auf Ersatzlieferung und Nachbesserung, wenn die Ware nicht<br />
vertragsgemäß ist (Art 46 Abs 2 und 3) 113 ). Sowohl das Recht auf Aufhebung als auch jenes<br />
auf Ersatzlieferung setzen grundsätzlich e<strong>in</strong>e wesentliche Vertragsverletzung 114 ) voraus (Art<br />
49 Abs 1 lit a; Art 46 Abs 2).<br />
Bei an sich unwesentlicher Vertragsverletzung kommt aber e<strong>in</strong>e Vertragsaufhebung<br />
wegen Nichtlieferung <strong>in</strong> Betracht, wobei der Käufer dem Verkäufer hier allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e<br />
angemessene Nachfrist setzen muß, außer dieser weigert sich, den Vertrag zu erfüllen (Art 49<br />
Abs 1 lit b) 115 ).<br />
Wegen vertragswidriger Beschaffenheit der Ware oder zu ger<strong>in</strong>ger Quantität kann der<br />
Käufer auch den Preis herabsetzen (Art 50). Die M<strong>in</strong>derung erfolgt wie im österreichischen<br />
108 ) Zur Auslegung des Art 35 Abs 3: Welser <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL – Kaufrecht 109; Schwenzer <strong>in</strong> 109<br />
Schlechtriem, Kommentar, Art 35 Rz 34.<br />
109 ) Den Beweis, dass die Sache im maßgebenden Zeitpunkt fehlerhaft war, muß nach der Übergabe der Käufer<br />
führen: Welser <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL – Kaufrecht 110; s auch Schwenzer <strong>in</strong> Caemmerer/Schlechtriem,<br />
Kommentar, Art 35 Rz 49; aA Karollus, UN-Kafrecht 121; Magnus <strong>in</strong> Staud<strong>in</strong>ger Art 36 Rz 25.<br />
110 ) Hierzu Langenecker, UN-E<strong>in</strong>heitskaufrecht und Immaterialgüterrechte (1993).<br />
147
Österreich<br />
Recht nach der relativen Berechnungsmethode, wobei allerd<strong>in</strong>gs der Zeitpunkt der Lieferung<br />
maßgebend ist 116 ).<br />
Konkurrierend zu den Rechtsbehelfen der Art 46 bis 52 kann der Käufer<br />
Schadenersatz verlangen (Art 74 bis 77). Wie im österreichischen Recht beseitigt daher die<br />
Aufhebung des Vertrages nicht den Anspruch auf das Erfüllungs<strong>in</strong>teresse. Der Käufer kann<br />
aber selbstverständlich e<strong>in</strong>en Nachteil nicht „doppelt liquidieren“ 117 ).<br />
Bei vertragswidriger Leistung, also bei Rechts- oder Sachmängeln, aber auch bei<br />
Aliud- oder M<strong>in</strong>derlieferung 118 ), läuft e<strong>in</strong>e relative Frist zur Geltendmachung (Art 39 Abs 1,<br />
Art 43 Abs 1): Die Vertragswidrigkeit muß dem Verkäufer <strong>in</strong>nerhalb angemessener Frist ab<br />
tatsächlicher oder möglicher Feststellung angezeigt werden 119 ). Hat der Käufer für die<br />
Unterlassung der Rüge aber e<strong>in</strong>e „vernünftige Entschuldigung“, bleibt ihm das Recht auf<br />
Preism<strong>in</strong>derung und Ersatz des positiven Schadens<br />
111<br />
) Dazu Geist, Die Gefahrtragung nach dem UN-Übere<strong>in</strong>kommen über den<br />
<strong>in</strong>ternationalen Warenkauf, WBl 1988, 388ff; Heilmann, Mängelgewährleistung 220ff;<br />
L<strong>in</strong>dacher <strong>in</strong> Hoyer/Posch, Wiener Kaufrecht 168ff; Posch <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL-Kaufrecht<br />
165ff.<br />
112<br />
) Posch, Pflichten des Käufers, Rechtsbehelfe des Verkäufers, Gefahrenübergang<br />
und Schadenersatz, <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL-Kaufrecht 171f.<br />
113<br />
) Dazu Petrikic, Nacherfüllungsrecht 54ff.<br />
114<br />
) Zur Bedeutung der Behebbarkeit des Mangels für die Beurteilung der<br />
Wesentlichkeit Karollus, UN-Kaufrecht: Vertragsaufhebung und Nacherfüllung bei Lieferung<br />
mangelhafter Ware, ZIP 1993, 490.<br />
115<br />
) S etwa Schlechtriem, Fristsetzungen bei Leistungsstörungen im E<strong>in</strong>heitlichen UN-<br />
Kaufrecht (ClSG) und der E<strong>in</strong>fluß des § 326 BGB, Tr<strong>in</strong>kner-FS (1995) 321ff.<br />
116<br />
) Welser <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL-Kaufrecht 123; Schlechtriem, UN-Kaufrecht 70.<br />
117<br />
) Welser <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL-Kaufrecht 116.<br />
118<br />
) Welser <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL-Kaufrecht 111.<br />
119<br />
) Ausführlich hiezu Heilmann, Mängelgewährleistung 284ff; Resch, Zur Rüge bei<br />
Sachmängeln nach UN-Kaufrecht; ÖJZ 1992, 470; OGH <strong>in</strong> JBl 1999, 318 (Karollus).<br />
Der Kauf<br />
Art 44). E<strong>in</strong> Sachmangel kann überdies nur geltend gemacht werden, wenn ihn der Käufer<br />
spätestens zwei Jahre nach Übergabe anzeigt, es sei denn, daß e<strong>in</strong>e andere Frist vere<strong>in</strong>bart<br />
wurde (Art 39 Abs 2.).<br />
148
Österreich<br />
Da nach Art 38 e<strong>in</strong>e Untersuchungsobliegenheit des Käufers besteht, hat die Zweijahresfrist<br />
im Ergebnis nur für verborgene Mängel Bedeutung.<br />
c) Pflichten des Käufers<br />
Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen und die Ware anzunehmen<br />
(Art 53) 120 ). Wenn die Parteien nichts anderes vere<strong>in</strong>baren, gilt das Zug um Zug-Pr<strong>in</strong>zip 121 )<br />
(Art 58), doch muß der Käufer nicht zahlen, bevor er Gelegenheit hatte, die Ware zu<br />
untersuchen (Art 58 Abs 3).<br />
Der Verkäufer kann bei e<strong>in</strong>er Vertragsverletzung des Käufers nach Art 62 bis 65<br />
vorgehen und Erfüllung verlangen oder den Vertrag aufheben. Diese Rechtsbefehle<br />
entsprechen jenen des Käufers. Darüber h<strong>in</strong>aus kann der Verkäufer den Käufer auch auf<br />
Abnahme klagen, während nach hA zum österreichischen Recht die Annahme e<strong>in</strong>e nicht<br />
erzw<strong>in</strong>gbare Obliegenheit ist (s oben S 56. Wie der Käufer kann der Verkäufer konkurrierend<br />
mit diesen Rechten Schadenersatz verlangen (Art 61 Abs 2).<br />
Bei e<strong>in</strong>em Spezifikationskauf kann der Verkäufer auch die Spezifikation selbst<br />
vornehmen. Art 65 enthält diesbezüglich e<strong>in</strong>e dem § 375 HGB vergleichbare Regelung (s<br />
oben S168f).<br />
d) Schadenersatz 122 )<br />
Das UN-Kaufrecht regelt nur die Ersatzpflicht für Sach- und Vermögensschäden<br />
wegen Vertragsverletzung, nicht aber für Personenschäden (Art 5). Der<br />
Schadenersatzanspruch nach dem UN-Kaufrecht ist verschuldensunabhängig<br />
(„Garantiehaftung“), was aber durch die Befreiungsgründe des Art 79 gemildert wird. Der<br />
vertragswidrig handelnde Teil haftet nicht, wenn er beweist, daß die Nichterfüllung auf e<strong>in</strong>em<br />
außerhalb se<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>flussbereiches liegenden Grund beruht, den er bei Vertragsabschluß<br />
vernünftigerweise nicht <strong>in</strong> Betracht ziehen, nicht vermeiden oder überw<strong>in</strong>den konnte. Bedient<br />
sich jemand zur Vertragserfüllung e<strong>in</strong>es Dritten, müssen die Entlastungsvoraussetzungen<br />
sowohl bei diesem als auch bei der Vertragspartei selbst vorliegen 123 ).<br />
120 ) Zum Zurückweisungsrecht bei mangelhafter Ware s Hager <strong>in</strong> Schlechtriem,<br />
Kommentar, Art 60 Rz 3, Rudolf, UN-Kaufrecht: Zurückweisung mangelhafter Ware? ecolex<br />
1993, 149.<br />
121 ) Posch <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL-Kaufrecht 157.<br />
122 ) Welser <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL-Kaufrecht 126ff; Heilmann, Mängelgewährleistung<br />
549ff; Keil, Die Haftungsbefreiung des Schuldners im UN-Kaufrecht (1993); Rummel <strong>in</strong><br />
149
Österreich<br />
Hoyer/Posch, Wiener Kaufrecht 177ff; Ryffel, Die Schadenersatzhaftung des Verkäufers nach<br />
dem Wiener Übere<strong>in</strong>kommen über <strong>in</strong>ternationale Warenkaufverträge (1992); Czernich, wbl<br />
1997, 231 f.<br />
123 ) Welser <strong>in</strong> Doralt, UNCITRAL-Kaufrecht 130f; Keil, Haftungsbefreiung 148ff; Rummel <strong>in</strong><br />
Hoyer – Posch, Wiener Kaufrecht 190.<br />
Vertragliche Schuldverhältnisse<br />
In die Organisation des Schuldners e<strong>in</strong>gegliederte Hilfspersonen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e „Dritten“ im<br />
S<strong>in</strong>ne des Arrt 79. Dem Schuldner steht hier nur der Befreiungsbeweis nach Abs 1 offen, der<br />
ihm aber kaum gel<strong>in</strong>gen wird, weil es sich hier typisch um se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>flussbereich handelt 124 ).<br />
Nach Art 74 ist der gesamte Schaden, e<strong>in</strong>schließlich des entgangenen Gew<strong>in</strong>ns, zu<br />
ersetzen. Allerd<strong>in</strong>gs hat die vertragsbrüchige Partei nur für den Schaden aufzukommen, den<br />
sie bei Vertragsabschluß als Folge der Vertragsverletzung voraussehen musste. Die<br />
E<strong>in</strong>schränkung auf den voraussehbaren Schaden führt zu e<strong>in</strong>er Begrenzung der<br />
Schadenersatzpflicht, die dem österreichischen Recht <strong>in</strong> dieser Form unbekannt ist. In vielen<br />
Fällen wird man aber wegen der Voraussetzung der Adäquanz und des<br />
Rechtswidrigkeitszusammenhanges zum selben Ergebnis gelangen 125 ). Art 77 bestimmt e<strong>in</strong>e<br />
Schadensm<strong>in</strong>derungspflicht des Geschädigten. Kommt er ihr nicht nach, so verliert er den<br />
Anspruch auf den nicht verh<strong>in</strong>derten Schaden (vgl § 1304) 126 ).<br />
E<strong>in</strong>e Vertragspartei, die mit der Zahlung e<strong>in</strong>es Geldbetrages <strong>in</strong> Verzug gerät, hat<br />
gemäß Art 78 als M<strong>in</strong>destersatz Z<strong>in</strong>sen zu zahlen; dies selbst dann, wenn die<br />
Befreiungsgründe des Art 79 vorliegen. Die Höhe der Verzugsz<strong>in</strong>sen richtet sich nach<br />
nationalem Recht 127 ).<br />
150
Polen<br />
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
Polen ist e<strong>in</strong>e parlamentarische Demokratie. Der traditionelle, offizielle Name - Republik<br />
Polen (Res Publica Polonorum) - geht auf die Anfänge des 16. Jahrhunderts zurück.<br />
Staatswappen ist der Weiße Adler auf rotem Feld, e<strong>in</strong> Symbol, das schon über sieben<br />
Jahrhunderte zählt. Die Nationalfarben Polens s<strong>in</strong>d weiß-rot.<br />
Das oberste gesetzgebende Organ <strong>in</strong> Polen ist das Parlament, welches aus zwei Kammern,<br />
dem Sejm und dem Senat, besteht, die für e<strong>in</strong>e vierjährige Legislaturperiode gewählt werden.<br />
Der Sejm zählt 460 Abgeordnete, der Senat 100 Senatoren. Staatsoberhaupt ist der<br />
Staatspräsident, der <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Wahlen für e<strong>in</strong>e Amtszeit von 5 Jahren gewählt wird.<br />
Oberstes Staatsorgan der Exekutive ist der M<strong>in</strong>isterrat (Regierung), an dessen Spitze der<br />
M<strong>in</strong>isterratsvorsitzende (Premierm<strong>in</strong>ister) steht.<br />
Dort, wo e<strong>in</strong>st die jahrhundertealten Handelsstraßen aufe<strong>in</strong>ander trafen und sich heute<br />
moderne Verkehrswege kreuzen, zwischen West und Ost, Nord und Süd, <strong>in</strong>mitten des<br />
europäischen Kont<strong>in</strong>ents, liegt Polen. Se<strong>in</strong>e Grenzen bilden im Norden die Gewässer der<br />
Ostsee, an der drei große Häfen, Gdynia, Gdańsk und Szczec<strong>in</strong>, Polens Fenster zur Welt,<br />
gelegen s<strong>in</strong>d. Im Süden ist es der Gebirgszug der Karpaten mit der felsigen Hohen Tatra. Im<br />
Osten verläuft die Grenze entlang des Bugs, e<strong>in</strong>es majestätischen, sich durch Flachland<br />
schlängelnden Flusses. Im Westen bildet die schiffbare Oder die Grenze. Mitten durch das<br />
Land fließt der größte Fluss Polens - die Weichsel (1047 km).<br />
An der Weichsel liegen die Hauptstadt Warschau sowie e<strong>in</strong>e Reihe anderer, historischer<br />
Städte Polens - Krakau, Sandomierz, Kazimierz, Płock, Toruń, Gdańsk. Sie s<strong>in</strong>d berühmt<br />
wegen ihrer Sehenswürdigkeiten, der herrlichen Altstädte und Gebäude mit Denkmalswert,<br />
deren Geschichte bis <strong>in</strong>s 12. und 13. Jahrhundert zurückreicht. Sie er<strong>in</strong>nern wie viele andere<br />
über das Land verstreute Orte, nicht nur an die schwierige und oftmals stürmische Geschichte<br />
Polens, sondern auch an dessen Blütezeit. Besonders im 16. Jahrhundert, als <strong>in</strong> Polen e<strong>in</strong>e der<br />
mächtigsten europäischen Dynastien die Jagiellonen herrschte, erlebte der polnische Staat<br />
e<strong>in</strong>e umfassende Entwicklung. Denkwürdig ist die Tatsache, dass diese Blüte ke<strong>in</strong>e Folge von<br />
Eroberungen, sondern umsichtigen Regierens, guten Wirtschaftens und e<strong>in</strong>es lebhaften<br />
Handels mit anderen Ländern war.<br />
Die Christianisierung Polens im Jahre 966 gilt als Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>es Staatswesens. Der Taufakt<br />
bildete die Grundlage für die Entwicklung der polnischen kulturellen Identität, verband Polen<br />
eng mit der late<strong>in</strong>ischen Zivilisation und das polnische Volk mit der römisch - katholischen<br />
Kirche. Dies wird an den erhalten gebliebenen Burgen, Schlössern, Residenzen und<br />
Gutshäusern sichtbar, die aus dem Mittelalter als auch aus späteren Jahrhunderten stammen.<br />
Sie s<strong>in</strong>d Teil des europäischen architektonischen Kulturerbes, tragen aber auch deutlich e<strong>in</strong>en<br />
eigenen polnischen Stil. Zusammen mit Hunderten wunderbarer Sakralbauten prägen sie die<br />
Landschaft Polens sowohl <strong>in</strong> den Städten als auch auf dem Lande.<br />
151
Polen<br />
Die zentrale Lage spielte und spielt auch weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle für Polen.<br />
Friedvolle Zeiten trugen zur Entwicklung des Landes bei, verbesserten die<br />
Lebensbed<strong>in</strong>gungen der E<strong>in</strong>wohner und sorgten für e<strong>in</strong>e gute Wirtschaftskonjunktur. Die von<br />
außen aufgezwungenen Kriege h<strong>in</strong>gegen brachten Niederlagen und Unglück. So war es z.B.<br />
während des I. Weltkriegs und auch während des II. Weltkriegs, e<strong>in</strong>e wahre Katastrophe für<br />
Polen. Um dies zu veranschaulichen, sei die Tatsache erwähnt, dass Polen im Ergebnis des II.<br />
Weltkriegs über 11 Mio. se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>wohner verlor.<br />
Polen grenzt im Norden an Russland (210 km, Oblast Kal<strong>in</strong><strong>in</strong>grad), im Osten an Litauen (103<br />
km), die Belarus (416 km) und die Ukra<strong>in</strong>e (529 km), im Süden an die Slowakei (539 km)<br />
und die Tschechische Republik (790 km), im Westen an Deutschland (467 km). Die Länge<br />
der Seegrenze, reich an wunderschönen Sandstränden, beläuft sich auf 524 km.<br />
Polen gehört zu den mittelgroßen Staaten. Se<strong>in</strong>e Gesamtfläche beträgt 312.683 km2, was es<br />
den 9. Rang <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> und den 66. <strong>in</strong> der Welt e<strong>in</strong>nehmen lässt. Polen ist e<strong>in</strong> wenig größer als<br />
z.B. Großbritannien oder Italien. Es nimmt 3% der Fläche <strong>Europa</strong>s e<strong>in</strong>.<br />
Landschaftlich gesehen ist Polen größtenteils e<strong>in</strong>e Ebene. Es liegt im Schnitt 173m über dem<br />
Meeresspiegel. Das bedeutet aber ke<strong>in</strong>eswegs, dass die Landschaft monoton ist. In vielen<br />
Regionen Polens trifft man auf malerische Anhöhen und Hügel. In den Bergen Südpolens ist<br />
der höchste Gipfel, Rysy (2499m), gelegen.<br />
In Polen herrscht e<strong>in</strong> gemäßigtes Klima. Die W<strong>in</strong>ter s<strong>in</strong>d nicht allzu streng, nur im Nordosten<br />
fallen die Temperaturen unter -20°C (Rekord <strong>in</strong> diesem Jahrhundert bei -34°C). Die Sommer,<br />
<strong>in</strong> den letzten Jahren immer trockener, s<strong>in</strong>d warm, manchmal sogar heiß (Rekord bei +38°).<br />
Die durchschnittlichen Niederschläge betragen etwa 600 mm jährlich. Die Pflanzenvielfalt <strong>in</strong><br />
Polen ist immer noch als recht groß e<strong>in</strong>zuschätzen, wenn sie auch nicht mehr so üppig ist, wie<br />
sie es e<strong>in</strong>st, vor Jahrhunderten, war, als <strong>in</strong> riesigen Wäldern und Urwäldern verschiedenartige<br />
Bäume wuchsen. Die Wälder waren voller Kiefern, Eichen, Weißbuchen, Buchen, Tannen,<br />
L<strong>in</strong>den Eschen, Eiben, Lärchen und vieler anderer Baumarten und machten damals 3/4 der<br />
Fläche aus. Heutzutage beträgt die Bewaldung nicht mehr als 28%. Von den im<br />
ursprünglichen Zustand bewahrten Wäldern ist der <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>s e<strong>in</strong>zigartige Bialowieza-<br />
Urwald zu nennen (58000 ha auf polnischem Staatsgebiet). Viele Reservate, Nationalparks<br />
und Landschaftsschutzgebiete, mit besonders wertvoller Natur und von seltener Schönheit,<br />
außergewöhnlich reich an Pflanzenvielfalt, stehen unter Naturschutz.<br />
Wichtigste Rohstoffe s<strong>in</strong>d: Ste<strong>in</strong>kohle <strong>in</strong> Südpolen (qualitativ e<strong>in</strong>e der besten <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>),<br />
Braunkohle, Buntmetallerzen, <strong>in</strong>sbesondere Z<strong>in</strong>k-Bleierze, Eisenerze, Nickel, Kobalt sowie<br />
Schwefel, Salz und Kalium. Polen ist auch e<strong>in</strong>er der weltgrößten Produzenten von Silber.<br />
Zu den besonders entwickelten Wirtschaftszweigen Polens gehören die Elektro-,<br />
Lebensmittel-, Leicht-, besonders Textil-, chemische-, Elektronik- sowie die<br />
Brennstoff<strong>in</strong>dustrie und Energiewirtschaft. Grundlage der Agrarproduktion s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>e und<br />
mittelgroße Familienhöfe. Der größte Teil der Anbaufläche wird genutzt für Roggen,<br />
152
Polen<br />
Kartoffeln, Futterpflanzen, Zuckerrüben, Raps sowie Gemüse und Obst. Auch die Schwe<strong>in</strong>e-,<br />
R<strong>in</strong>der- und Geflügelzucht ist gut entwickelt.<br />
Verglichen mit anderen europäischen Ländern ist Polen e<strong>in</strong> Land von mittlerer<br />
Bevölkerungsdichte. Auf jeden Quadratkilometer entfallen 123 Personen. In Polen leben 38,5<br />
Mio. Personen. Polen nimmt <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht den 7. Rang <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> und den 25. <strong>in</strong> der Welt<br />
e<strong>in</strong>. Im Ausland, <strong>in</strong> vielen Ländern der Erde, darunter den USA, Russland, Deutschland,<br />
Kasachstan, Tschechien, der Slowakei, Frankreich, Kanada, der Ukra<strong>in</strong>e, Brasilien, der<br />
Belarus und Litauen wohnen <strong>in</strong>sgesamt über 10 Millionen Polen und Personen polnischer<br />
Abstammung. Nationale M<strong>in</strong>derheiten (Weißrussen, Litauer, Deutsche, Ukra<strong>in</strong>er, Juden)<br />
machen 2-3% der Bevölkerung Polens aus. 62% der Bevölkerung wohnen <strong>in</strong> Städten. Die<br />
größten von ihnen s<strong>in</strong>d: Warschau (1652 Tsd), Łódź (631 Tsd), Krakau (746 Tsd), Wrocław<br />
(643 Tsd), Poznań 8583 Tsd), Gdańsk (464 Tsd), Szczec<strong>in</strong> (418 Tsd), Bydgoszcz (384 Tsd),<br />
Katowice (359 Tsd) und Lubl<strong>in</strong> (352 Tsd).<br />
In Polen gibt es 159 Hochschulen, an denen 682 Tausend Personen studieren. Es ist<br />
erwähnenswert, dass die Krakauer Akademie, die erste polnische und e<strong>in</strong>e der ältesten<br />
Universitäten <strong>Europa</strong>s, die jetzt unter dem Namen Jagiellonen-Universität bekannt ist, 1364<br />
gegründet worden ist.<br />
Äußerst <strong>in</strong>teressant waren die Geschicke der polnischen Nationalhymne. Man kann sie<br />
anhand der vielen Urkunden und Andenken kennen lernen, die sorgsam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ländlichen<br />
Gutshaus im Norden Polens aufbewahrt werden und <strong>in</strong> dem sich e<strong>in</strong> Museum der<br />
Nationalhymne bef<strong>in</strong>det, weil dort der Verfasser ihres Textes geboren wurde, der ihn im Juli<br />
1797 an e<strong>in</strong>em weit entfernten Ort, im fremden, wenn auch freundlichen Italien, schrieb. Dort<br />
wurde polnischen Soldaten, nachdem Polen durch die Nachbarstaaten aufgeteilt worden war,<br />
Gastfreundschaft gewährt. Das Lied, das mit den Worten "Noch ist Polen nicht verloren"<br />
beg<strong>in</strong>nt, und das spontan auf die Melodie e<strong>in</strong>er bekannten Mazurka gesungen wurde, geriet<br />
von e<strong>in</strong>em Tag auf den anderen zur Hymne der Polnischen Legionen <strong>in</strong> Italien. Das Lied<br />
wurde immer bekannter, eroberte die Herzen aller Polen und überdauerte mit ihnen die fast<br />
150 Jahre der Unterdrückung. Vielleicht wäre es sogar richtiger zu sagen, dass eben diese<br />
Hymne die Polen zur Unabhängigkeit führte. E<strong>in</strong>ige Jahre später, im Jahre 1926, wurde dieses<br />
Lied offiziell zur polnischen Nationalhymne erhoben.<br />
In Polen werden zwei Nationalfeiertage besonders feierlich begangen: der 3. Mai (Jahrestag<br />
der Beschließung der Verfassung des 3. Mai 1791 - der ersten <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> und der zweiten <strong>in</strong><br />
der Welt) sowie der 11. November (Unabhängigkeitstag).<br />
153
Polen<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Laut Art. 353 1 des polnischen Zivilgesetzbuches (folgend ZGB abgekürzt) bedarf e<strong>in</strong> Vertrag<br />
ke<strong>in</strong>er besonderen Form. Die Vertragsparteien können ihr Rechtsverhältnis nach freien Willen<br />
gestalten, soweit dessen Inhalt und Ziel der Besonderheit des Rechtsverhältnisses, dem Gesetz<br />
und den Grundsätzen des gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht widerspricht.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
In Polen gibt es zwei Sonderrechte für Kaufleute. Zum e<strong>in</strong>en das Gesetz über die<br />
Handelsgesellschaften (HGG), <strong>in</strong> dem Gesellschaftsformen und deren Regelungen<br />
festgeschrieben s<strong>in</strong>d, außerdem das Gesetz über das Recht der Wirtschaftstätigkeit (WiTG), <strong>in</strong><br />
dem die Ausübung e<strong>in</strong>er Wirtschaftstätigkeit und deren Vorschriften geregelt ist.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz ist im Gesetz über die besonderen Bed<strong>in</strong>gungen für den<br />
Verbrauchsgüterkauf und über die Änderung des Zivilgesetzbuchs (VGKaufG) geregelt. Dort<br />
werden die Pflichten und Haftung des Verkäufers und die Rechte und Ansprüche des Käufers<br />
geregelt. Außerdem wird dort die Garantie geregelt (Art. 13). Dieses Gesetz gilt<br />
ausschließlich für den Verkauf von Verbrauchsgüter (Energie, Wasser und Gas werden<br />
ausgeschlossen) an natürliche Personen, welche diese nicht für wirtschaftliche oder berufliche<br />
Zwecke nutzen.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Ja, es gibt Regelungen über Gewährleistung im Kaufrecht. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Art. 556 bis 581<br />
ZGB geregelt. Dort werden die Mängelarten (Mängel an Menge, Güte, zugesicherten<br />
Eigenschaften und Rechtsmängel [Art. 556]) und deren Rechtsfolgen beschrieben. In den<br />
Grundzügen entspricht die polnische Regelung zur Gewährleistung denen des deutschen<br />
BGB.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z. B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z. B. Grundschuld) vor?<br />
Bei beweglichen Gegenständen gibt es e<strong>in</strong> Eigentumsvorbehalt, welches <strong>in</strong> den Art. 589 – 592<br />
ZGB geregelt ist. E<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit zur Kreditsicherung bei beweglichen Sachen ist<br />
das Pfandrecht (Art. 306 – 335 ZGB), d. h. der Gegenstand wird mit dem Recht belastet, um<br />
e<strong>in</strong>e bestimmte Forderung abdecken zu können. Dieses Recht kann selbst dann ausgeübt<br />
werden, wenn die Sache <strong>in</strong>s Eigentum e<strong>in</strong>es Dritten übergegangen ist. Für unbewegliche<br />
Gegenstände sieht das polnische Recht e<strong>in</strong>e Hypothek vor, dies ist <strong>in</strong> den Art. 65 – 112 des<br />
Gesetz über Grundbücher und Hypothek (GbHypG) festgelegt. Bürgschaften s<strong>in</strong>d als<br />
allgeme<strong>in</strong>es Kreditsicherungsmittel vorgesehen, siehe Art. 876 – 887 ZGB.<br />
154
Polen<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Es gibt ke<strong>in</strong>e besonderen Regelungen über die Zulässigkeit von AGB´s. Daher s<strong>in</strong>d sie im<br />
Zuge der Formfreiheit zulässig, solange sie nicht gegen geltende Gesetze verstoßen. Beide<br />
Parteien müssen selbstverständlich e<strong>in</strong>verstanden se<strong>in</strong>.<br />
7) Wie wird Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Die Bestimmungen, die das Recht auf Grund und Boden regeln, s<strong>in</strong>d vor allem im ZGB und<br />
im Gesetz über die Agrarimmobilienwirtschaft des Fiskus vom 19. Oktober 1991 enthalten.<br />
Das Recht auf Grund und Boden kann folgende Formen annehmen: Eigentumsrecht, Recht<br />
auf ewige Nutzung, Miete, Pacht, Nießbrauch, Verwaltungsübertragung.<br />
Das Eigentumsrecht gibt dem Eigentümer <strong>in</strong> den Grenzen der Bestimmungen ( mit Ausnahme<br />
anderer Personen) die Möglichkeit, die Sachen bestimmungsgemäß zu nutzen, <strong>in</strong>sbesondere<br />
E<strong>in</strong>künfte zu erzielen und über die Sache zu verfügen. Das ist e<strong>in</strong> veräußerliches, erbliches,<br />
der Vollstreckung unterliegendes Recht. Der Erwerb und die Veräußerung dieses Rechts<br />
erfolgt <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er notariellen Urkunde.<br />
Das Recht auf ewige Nutzung betrifft staatliche und kommunale Grundstücke <strong>in</strong> Städten und<br />
Siedlungen sowie/oder im Flächennutzungsplan für nicht landwirtschaftliche Zwecke<br />
bestimmte Grundstücke. Es wird <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er notariellen Urkunde für 99 Jahre festgelegt<br />
mit der Möglichkeit, es auf weitere 40-99 Jahre zu verlängern. Es ist e<strong>in</strong> veräußerliches,<br />
erbliches, der Vollstreckung unterliegendes Recht. Mit diesem Grundstück verbundene<br />
Bestandteile (Bauten, Gebäude und Anlagen) s<strong>in</strong>d Eigentum des ewigen Nutzers. Er ist<br />
verpflichtet, entsprechende Gebühren für die Nutzung sowie mit diesem Grundstück<br />
verbundene Gebühren und Steuern zu entrichten.<br />
Jede Immobilie muss e<strong>in</strong> vom Bezirksgericht geführtes Grundbuch besitzen, das die<br />
Rechtsverhältnisse an diesem Grundstück offen legt. In Teil I des Grundbuchs wird die<br />
Immobilie gekennzeichnet, <strong>in</strong> Teil II ihr Eigentümer oder ewiger Nutzer, <strong>in</strong> Teil III<br />
beschränkte d<strong>in</strong>gliche Rechte, <strong>in</strong> Teil IV die Hypothek.<br />
Die detaillierten Bed<strong>in</strong>gungen für die Nutzung der Immobilie durch die jeweilige (staatliche<br />
oder kommunale) Organisationse<strong>in</strong>heit, die die Immobilie <strong>in</strong> ständiger Verwaltung besitzt,<br />
werden vom Landrat gegenüber staatlichen oder kreiseigenen Immobilien oder vom<br />
Geme<strong>in</strong>derat gegenüber geme<strong>in</strong>deeigenen Parzellen festgelegt, Immobilien aus dem Bestand<br />
des Agrareigentums des Staates können per Entscheidung des Geschäftsführers der Agentur<br />
für Agrareigentum des Staates unter ständige Verwaltung gestellt werden.<br />
Für Ausländer gelten besondere Gesetze, die im Gesetz über den Erwerb von Grundstücken<br />
durch Ausländer (EGA) festgelegt s<strong>in</strong>d.<br />
155
Polen<br />
8) Welche Stellung haben Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Seit dem 1. Oktober 2003 ist e<strong>in</strong> neues Insolvenzgesetz <strong>in</strong> Kraftgetreten.<br />
Ziel des neuen Gesetzes ist die Gewährleistung e<strong>in</strong>es umfangreicheren Schutzes von<br />
Kreditgebern und fördert die Möglichkeiten von Umstrukturierungsmaßnahmen<br />
während des Insolvenzverfahrens. Dabei geht es hauptsächlich um die Sicherung der weiteren<br />
Geschäftstätigkeit e<strong>in</strong>er Gesellschaft im H<strong>in</strong>blick auf Beschäftigung und<br />
Unternehmens<strong>in</strong>tegrität.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus zielt das Gesetz auf die Erholung des Unternehmens, Befriedigung der<br />
Gläubiger, den Schutz vor erneuter Insolvenz, Anwendung von Umschuldungsmaßnahmen<br />
und e<strong>in</strong>e Verstärkung verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns.<br />
Der Insolvenzprozess ist <strong>in</strong> zwei Etappen unterteilt. Die erste Etappe umfasst die<br />
Bekanntgabe und Offenlegung der Insolvenz und des Insolvenzprozesses als solchen, falls<br />
Insolvenzgründe vorliegen. Die zweite Phase betrifft die Durchführung des<br />
Insolvenzprozesses, die mit der vollständigen bzw. teilweisen Befriedigung von<br />
Gläubigeransprüchen, oder mit der Annahme von Kompromisslösungen endet.<br />
Die Wahl des Weges zur Befriedigung der Gläubiger wird gerichtlich festgelegt.<br />
Das neue Gesetz implementiert e<strong>in</strong> Konzept der Sicherung der Aktiva e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>solventen<br />
Unternehmens. Ziel ist, dass die Unternehmensaktiva des <strong>in</strong>solventen Unternehmens nicht im<br />
Zeitraum zwischen Bekanntgabe der Insolvenz und dem Moment der Bestimmung e<strong>in</strong>es<br />
Insolvenzverwalters bzw. e<strong>in</strong>es Gerichtsbevollmächtigten veräußert werden.<br />
E<strong>in</strong>e wesentliche Veränderung, die das neue Gesetz mit sich br<strong>in</strong>gt, ist die Möglichkeit e<strong>in</strong>er<br />
Unternehmensumstrukturierung. Dieses Verfahren ist gerichtet auf e<strong>in</strong>e beschleunigte<br />
Lösungsf<strong>in</strong>dung und wird <strong>in</strong> der Praxis vom <strong>in</strong>solventen Unternehmen selbst durchgeführt.<br />
Anwendung f<strong>in</strong>det diese Möglichkeit im Fall von Unternehmen, die zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en Teil<br />
ihrer Verb<strong>in</strong>dlichkeiten regulieren können, sich dennoch aber <strong>in</strong> Insolvenzgefahr bef<strong>in</strong>den.<br />
Grundlage für die Rettung des Unternehmens ist e<strong>in</strong> Umstrukturierungsplan.<br />
Umstrukturierungen können jedoch nur im Fall von im Gerichtsregister e<strong>in</strong>getragenen<br />
Unternehmen angewendet werden.<br />
Das Gesetz erweitert darüber h<strong>in</strong>aus die Anwendung von grenzüberschreitenden<br />
Insolvenz- und Umstrukturierungsverfahren. Im Moment der Insolvenz e<strong>in</strong>es<br />
ausländischen Unternehmens gelten für dessen polnische Niederlassungen und<br />
Repräsentanzen die Vorschriften des Insolvenzgesetzes. Das polnische Rechts stützt sich<br />
hierbei auf das Rechtsmodell der UNICITRAL-Bestimmungen von 1997. Mit dem EU-<br />
Beitritt Polens werden <strong>in</strong>nereuropäische Insolvenzverfahren entsprechend EU-Recht<br />
verb<strong>in</strong>dlich.<br />
156
Polen<br />
9) Gibt es geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
In Polen gibt es e<strong>in</strong>en gesonderten Gesetzestext zur Bekämpfung des Unlauteren Wettbewerbs<br />
(UWG). Der Zweck dieser Gesetze ist <strong>in</strong> Art. 1 UWG festgelegt: „Das Gesetz regelt die<br />
Unterb<strong>in</strong>dung und Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs im Wirtschaftsverkehr,<br />
<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> der <strong>in</strong>dustriellen und landwirtschaftlichen Produktion sowie im Bau-,<br />
Handels- und Dienstleistungswesen im Interesse der Öffentlichkeit, der Unternehmer und der<br />
Kunden, vor allem der Verbraucher.“<br />
Das ausführende Organ ist die polnische Wettbewerbsbehörde, das Kartellamt, welches am<br />
24. Februar 1990 e<strong>in</strong>gerichtet wurde, dessen Aufgabe im der Gewährleitung der Entwicklung<br />
e<strong>in</strong>es fairen Wettbewerbs, dem Schutz von Unternehmen vor Monopolpraktiken und<br />
Verbraucher<strong>in</strong>teressen besteht. Im Oktober 1996 wurden se<strong>in</strong>e Kompetenzbereiche durch<br />
weitere rechtliche Bestimmungen erweitert, und se<strong>in</strong> Name <strong>in</strong> Amt für Wettbewerb und<br />
Verbraucherschutz umgewandelt.<br />
Am 1. April 2001 trat die Verordnung über Wettbewerb und<br />
Verbraucherschutz vom 15. Dezember 2000 <strong>in</strong> Kraft. Die neue Verordnung ändert<br />
<strong>in</strong>sbesondere die sogenannte „rule of reason“ (Vertretbarkeitsklausel), die sie nun<br />
vollständig der im EU-Recht angenommenen Formel anpasst. Sie ersetzt das relative<br />
Verbot des Missbrauchs e<strong>in</strong>er marktbeherrschenden Position durch e<strong>in</strong> absolutes Verbot und<br />
def<strong>in</strong>iert die Verträge m<strong>in</strong>derer Bedeutung, die nach der Verordnung nicht untersagt s<strong>in</strong>d.<br />
Das Amt für Wettbewerb und Verbraucherschutz wacht über den freien Wettbewerb und<br />
schützt die Verbraucher <strong>in</strong> Polen. Der Hauptsitz des Amtes bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Warschau und es<br />
existieren weitere 9 Regionalbüros <strong>in</strong> polnischen Großstädten. Zu se<strong>in</strong>en zentralen Aufgaben<br />
gehören die Bekämpfung monopolistischer Praktiken, die<br />
Fusionskontrolle und der Verbraucherschutz. Aus der Sicht ausländischer Investoren<br />
s<strong>in</strong>d wahrsche<strong>in</strong>lich diejenigen Maßnahmen des Amts und se<strong>in</strong>er regionalen<br />
Dienststellen die <strong>in</strong>teressantesten, die sich auf die Fusionskontrolle beziehen.<br />
Die Zustimmung des Amtes für Wettbewerb und Verbraucherschutz ist bei<br />
Unternehmensfusionen erforderlich, deren geme<strong>in</strong>same Umsatzhöhe <strong>in</strong> den Folgejahren 50<br />
Mio. EUR übersteigt. Die Zustimmung des Amtes betrifft im E<strong>in</strong>zelnen:<br />
- den Zusammenschluss von zwei oder mehreren unabhängigen Unternehmen,<br />
- Übernahmen durch Erwerb von Aktien, anderen Vermögenswerten, Anteilen, e<strong>in</strong>es<br />
Unternehmens oder Teilen von diesem bzw. anderweitig, sodass e<strong>in</strong>e direkte bzw.<br />
<strong>in</strong>direkte Kontrolle über e<strong>in</strong> oder mehrere Unternehmen erzielt wird,<br />
- Gründung e<strong>in</strong>es Jo<strong>in</strong>t-Venture- Unternehmens,<br />
- Erwerb von Anteilen e<strong>in</strong>er anderen Gesellschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Umfang, der m<strong>in</strong>destens<br />
25 % der Stimmen auf der Teilhaber- bzw. Aktionärshauptversammlung sichert,<br />
- Die Übernahme von Funktionen <strong>in</strong> Konkurrenzunternehmen auf Vorstandsebene<br />
bzw. <strong>in</strong> Kontrollorganen durch e<strong>in</strong> und dieselbe Person.<br />
157
Polen<br />
E<strong>in</strong> Zusammenschluss kann erst dann wirksam werden, wenn ihn das Amt für<br />
Wettbewerb und Verbraucherschutz bewilligte. Die neue Verordnung beschreibt ebenso die<br />
Voraussetzungen der Befreiung von der Mitteilungspflicht (Zusammenschlüsse von<br />
Unternehmen, deren Marktanteil zusammengenommen ke<strong>in</strong>e Bedrohung des Wettbewerbs<br />
darstellt).<br />
Um die Effizienz des Amtes für Wettbewerb und Verbraucherschutz zu steigern,<br />
modifiziert die neue Verordnung Verfahrensvorschriften - bei wettbewerbsbeschränkenden<br />
Praktiken kann e<strong>in</strong> Untersuchungsverfahren e<strong>in</strong>geleitet werden, um e<strong>in</strong> kostenträchtigeres und<br />
umfangreiches Kartellverfahren <strong>in</strong> Fällen zu erübrigen, <strong>in</strong> denen es ausreicht, die<br />
Entscheidung anhand des <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kürzeren Verfahren gesammelten Beweismaterials zu<br />
fällen. Außerdem s<strong>in</strong>d die neuen Vorschriften auch besser auf die Bearbeitung solcher Fälle<br />
zugeschnitten, <strong>in</strong> denen die betroffenen Unternehmer e<strong>in</strong>e starke Marktposition haben.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus kam die Frage nach der Mitteilungspflicht transnationaler<br />
(grenzüberschreitender) Firmenzusammenschlüsse auf. Auf Grundlage dieser<br />
Bestimmung wurde entschieden, dass Vertragsparteien transnationaler<br />
Firmenzusammenschlüsse die Absicht ihres Zusammenschlusses dem Amt für Wettbewerb<br />
und Verbraucherschutz mitzuteilen verpflichtet s<strong>in</strong>d, wenn:<br />
- e<strong>in</strong>es der Unternehmen Niederlassungen <strong>in</strong> Polen hat oder<br />
- Vertriebsnetze <strong>in</strong> Polen unterhält oder<br />
- dauernd Umsätze auf dem Gebiet Polens tätigt.<br />
Die Verordnung verbietet ausdrücklich Abreden mit dem Ziel, den Wettbewerb zu<br />
elim<strong>in</strong>ieren, zu beschränken oder anderweitige Wettbewerbsverzerrungen <strong>in</strong> bestimmten<br />
Marktsegmenten herbeizuführen. Insbesondere handelt es sich hierbei um Abreden über:<br />
- direkte oder <strong>in</strong>direkte Absprachen über Preise und andere Bed<strong>in</strong>gungen für den<br />
E<strong>in</strong>- bzw. Verkauf von Waren,<br />
- Begrenzungen bzw. die Kontrolle von Produktion und Lieferungen bzw.<br />
technischen Entwicklungen oder Investitionen,<br />
- Marktaufteilungen,<br />
- Anwendung erschwerender bzw. ungleicher Vertragsbed<strong>in</strong>gungen bei ähnlichen<br />
Geschäftsvorfällen mit Dritten, sodass sich daraus für diese unterschiedliche<br />
Wettbewerbsbed<strong>in</strong>gungen entstehen,<br />
- Vertragsabschlüsse, die der Akzeptanz und der Realisierung e<strong>in</strong>er anderen<br />
Vertragspartei obliegt, ohne substantielle bzw. geschäftsübliche Beziehungen zum<br />
eigentlichen Vertragsgegenstand,<br />
- Beschränkungen des Marktzugangs bzw. Verdrängung von Unternehmern, die<br />
nicht Vertragspartei s<strong>in</strong>d,<br />
- Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>es Bieterangebots bei Ausschreibungen, <strong>in</strong>sbesondere h<strong>in</strong>sichtlich<br />
Leistungsumfang und Vergütung.<br />
158
Polen<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
Seit 01.06.1996 gilt <strong>in</strong> Polen das UN-Kaufrecht.<br />
Quellen:<br />
C. H. Beck – Polnische Wirtschafts- Gesetze - 6. Auflage<br />
Internetquellen: www.handelsratpolen.at<br />
www.wirtschaft-polen.de<br />
www.cisg-library.org<br />
www.lib.utexas.edu/maps/europe/poland_pol00.jpg<br />
www.botschaft-polen.de<br />
159
Allgeme<strong>in</strong>:<br />
Portugal<br />
Ländername Portugiesische Republik (República Portuguesa)<br />
Klima Atlantik- und Mittelmeerklima; Azoren: gemäßigtes Klima;<br />
Madeira: subtropisches Klima<br />
Lage Äußerster Westen des europäischen Kont<strong>in</strong>ents und der Iberischen<br />
Halb<strong>in</strong>sel; Nord-Süd-Ausdehnung: max. 561 km, West-Ost: max.<br />
218 km<br />
Größe 88.889 qkm, 91.985 qkm mit autonomen Regionen Madeira (741<br />
qkm) und Azoren (2.355 qkm)<br />
Hauptstadt Lissabon (Lisboa), Stadtkern564.657, mit Randzonen ("Grande<br />
Lisboa") 1.892.903 E<strong>in</strong>wohner<br />
Bevölkerung 10,408 Mio. E<strong>in</strong>wohner, Wachstumsrate + 0,75%<br />
Landessprache Portugiesisch<br />
Religion 93,3% Röm.-kath., ca. 48.000 Protestanten, ca. 12.000 Muslime,<br />
ca. 2.000 Juden, ca. 17.000 Orthodoxe<br />
Staatsform Parlamentarische Republik<br />
Opposition Partido Socialista (PS), sozialdemokratisch;<br />
Coligação Democrática Unitária (CDU) als Listenverb<strong>in</strong>dung von<br />
Partido Comunista Português (PCP) und Grünen (Partido<br />
Ecologista "Os Verdes")<br />
Bloque de Esquerda (l<strong>in</strong>ks unabhängige Partei);<br />
Mitgliedschaft <strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>ternationalen<br />
Organisationen<br />
Brutto<strong>in</strong>landsprodukt 2003: 129.560 Mio. EUR<br />
BIP pro Kopf 2003: 12.506 EUR<br />
EG /EU (01.01.1986), <strong>Europa</strong>rat (22.09.1976), NATO<br />
(04.04.1949), OECD (14.09.1960), UNO mit Unterorganisationen<br />
(14.12.1955), WEU (14.11.1988)<br />
160
Portugal<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Ja, z. B. bei bestimmten Darlehensverträgen muss e<strong>in</strong>e notarielle Beurkundung erfolgen.<br />
Der „Contrato de mútuo“ (vgl. Art. 1142 – 1151 Código Civil) umfasst das Gelddarlehen, als<br />
auch das Sachdarlehen (vgl. auch 488 I und 607 des deutschen BGB). Größere Bedeutung<br />
genießen die (Geld-)Darlehensverträge, wonach sich der Darlehensgeber verpflichtet, dem<br />
Darlehensnehmer e<strong>in</strong>en Geldbetrag <strong>in</strong> der vere<strong>in</strong>barten Höhe zur Verfügung zu stellen.<br />
Umgekehrt ist der Darlehensnehmer verpflichtet, den geschuldeten Z<strong>in</strong>s zu zahlen (wobei<br />
auch unentgeltliche Darlehensverträge abgeschlossen werden können = Privatautonomie) und<br />
bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurück zu erstatten.<br />
E<strong>in</strong>e Besonderheit des portugiesischen Rechts liegt dar<strong>in</strong>, dass gemäß Art. 1143 1. HS Código<br />
Civil der Darlehensvertrag über e<strong>in</strong>e Darlehenssumme, die 20.000 Euro übersteigt, nur<br />
formwirksam ist, wenn er notariell beurkundet worden ist. Übersteigt die Darlehenssumme<br />
2000 Euro, so muss der Darlehensvertrag schriftlich mit der Unterschrift des<br />
Darlehensnehmers abgeschlossen werden, Art. 1143 2. HS Código Civil.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute<br />
Ja, das portugiesische HGB (Código Comercial) enthält Sonderrechte<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz ist im Artikel 60 der Portugiesischen Verfassung verankert:<br />
Rechte der Verbraucher:<br />
Die Verbraucher haben das Recht aus Qualität der Güter und Dienstleistungen, auf Schulung<br />
und Information, auf Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und ihrer wirtschaftlichen<br />
Interessen sowie auf Ersatz für erlittene Schäden.<br />
Die Werbung wird durch Gesetz geregelt, und alle Formen der versteckten, <strong>in</strong>direkten oder<br />
betrügerischen Werbung s<strong>in</strong>d untersagt.<br />
Die Verbrauchervere<strong>in</strong>igungen und Konsumgenossenschaften haben nach Maßgabe des<br />
Gesetzes das Recht, vom Staat unterstützt und <strong>in</strong> Fragen des Verbraucherschutzes angehört zu<br />
werden.<br />
Nähere Regelungen zum Verbraucherschutz f<strong>in</strong>den sich im Gesetz Nr. 24/96 vom 31. Juli<br />
1996. Unter anderem: Bewegliche, nicht verzehrbare Güter müssen e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destgarantie von<br />
1 Jahr, unbewegliche Güter e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destgarantie von 5 Jahren haben. Innerhalb dieser Fristen<br />
hat der Verbraucher die Mängel bei beweglichen Gütern <strong>in</strong>nerhalb von 30 Tagen, im Fall der<br />
unbeweglichen Güter <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres ab se<strong>in</strong>er Kenntnis zu melden.<br />
161
Portugal<br />
Was das Recht auf Information im E<strong>in</strong>zelnen angeht, hat der Lieferant von Gütern oder<br />
Dienstleistungen sowohl bei den Verhandlungen als auch bei dem Vertrag klar und objektiv<br />
über Merkmale, Zusammensetzung, Preis, Vertragsdauer, Garantien, Lieferfristen, technische<br />
Hilfe, Risiken für die Gesundheit und die Sicherheit des Verbrauchers zu <strong>in</strong>formieren. Die<br />
Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen müssen <strong>in</strong> den Verträgen klar, genau und <strong>in</strong> gut<br />
leserlichen Schriftzeichen verfasst werden. Die Verbrauchervere<strong>in</strong>igungen haben das Recht,<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er vernünftigen Frist gehört und konsultiert zu werden, bevor Maßnahmen<br />
entschieden werden, die die Verbraucherrechte berühren.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung und wie s<strong>in</strong>d diese ausgestaltet?<br />
Das Gesetzesdekret Nr. 67/2003 vom 8. April 2003 setzt die Richtl<strong>in</strong>ie 1999/44/EG des<br />
Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des<br />
Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter <strong>in</strong> die nationale Gesetzgebung<br />
um.<br />
Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Verbraucher dem Kaufvertrag gemäße Güter zu liefern.<br />
Der Verbraucher hat Anspruch auf unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands<br />
durch Nachbesserung, Ersatzlieferung oder angemessene M<strong>in</strong>derung des Kaufpreises oder auf<br />
Vertragsauflösung. Der Verkäufer haftet hiernach, wenn die Vertragswidrigkeit b<strong>in</strong>nen zwei<br />
Jahre bzw. fünf Jahre nach der Lieferung offenbar wird, je nachdem ob es sich um bewegliche<br />
oder unbewegliche Güter handelt (bei beweglichen Gütern kann diese Frist im E<strong>in</strong>vernehmen<br />
auf 1 Jahr reduziert werden). Ab Kenntnis des Mangels, hat der Verbraucher 2 Monate bzw. 1<br />
Jahr ihn zu melden.<br />
Das Gesetzesdekret Nr. 143/2001 vom 26. April 2001 setzt die Richtl<strong>in</strong>ie Nr. 97/7/EG des<br />
Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei<br />
Vertragsabschlüssen im Fernabsatz um. Es sieht vor:<br />
Vorherige Unterrichtung des Verbrauchers vor Abschluss e<strong>in</strong>es Vertrages im Fernabsatz –<br />
anzugeben s<strong>in</strong>d Identität und (bei Vorauszahlungen) Adresse des Lieferers, Eigenschaften und<br />
Preis der Ware oder Dienstleistung e<strong>in</strong>schließlich Steuern, ev. Lieferkosten, E<strong>in</strong>zelheiten zur<br />
Zahlung und Lieferung oder Erfüllung, zum Widerrufsrecht, zur Gültigkeitsdauer des<br />
Angebots und M<strong>in</strong>destlaufzeit des Vertrags;<br />
Widerrufsrecht: Frist von m<strong>in</strong>destens 14 Tagen ohne Angabe von Gründen und ohne<br />
Strafzahlung;<br />
Erfüllung des Vertrages spätestens nach 30 Tagen ab der Bestellung;<br />
In diesem Gesetzesdekret s<strong>in</strong>d außerdem Änderungen zu den sogenannten Haustürgeschäften<br />
enthalten (die Richtl<strong>in</strong>ie 85/577/EWG des Rates vom 20.Dezember 1985 betreffend den<br />
Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen<br />
war bereits im Jahre 1987 <strong>in</strong>s portugiesische Recht umgesetzt worden).<br />
162
Portugal<br />
Gegenstand s<strong>in</strong>d Verträge, die an der Haustüre, <strong>in</strong> der Wohnung sowie am Arbeitsplatz des<br />
Verbrauchers, während e<strong>in</strong>es vom Gewerbetreibenden organisierten Ausflugs, auf Treffen <strong>in</strong><br />
der Wohnung e<strong>in</strong>er Person sowie an e<strong>in</strong>em sonstigen Ort auf E<strong>in</strong>ladung des<br />
Gewerbetreibenden geschlossen werden. Auch hier gilt die Widerrufsfrist von 14 Tagen; der<br />
Lieferer hat <strong>in</strong> diesem Fall die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen b<strong>in</strong>nen 30 Tagen<br />
zurückzuzahlen. E<strong>in</strong>e Zahlung vor Empfang der Ware oder der Dienstleistung darf nicht<br />
gefordert werden.<br />
Das Gesetzesdekret enthält außerdem Bestimmungen zum Automatenverkauf, zu<br />
Sonderverkäufen und verbotenen Arten von Verkäufen (Ketten-, Pyramide- oder<br />
Schneeballverkäufe).<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z. B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z. B. Grundschuld) vor?<br />
Als Kreditsicherungsmittel sieht das portugiesische Zivilgesetzbuch („Código Civil“ –<br />
entspricht dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch) das Arrest, die Kaution, die Bürgschaft,<br />
das Pfandrecht, den Eigentumsvorbehalt und die Hypothek vor.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Die Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d Gegenstand des Gesetzesdekretes Nr. 446/85<br />
vom 25.10.1985, geändert von den Gesetzesdekreten Nr. 220/95 vom 31. August 1995 und<br />
249/99 vom 7.7.1999.<br />
Die Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen, die Teil von E<strong>in</strong>zelvertragsangeboten s<strong>in</strong>d, werden<br />
unter bestimmten Bed<strong>in</strong>gungen durch ihre Annahme Bestandteil jener Verträge. Sie müssen<br />
im Voraus, <strong>in</strong> adäquater Weise und vollständig mitgeteilt werden. Individuelle<br />
Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen, selbst wenn sie Teil<br />
von Formularen s<strong>in</strong>d, die von beiden Parteien unterschrieben werden. Zweifel bei der<br />
Auslegung Allgeme<strong>in</strong>er Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen gehen zu Lasten des Verwenders.<br />
Absolut verboten s<strong>in</strong>d die Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen, die<br />
- gegen die Gebote von Treu und Glauben verstoßen;<br />
- dem Verwender die ausschließliche Fähigkeit zusprechen, die Qualität der Waren oder der<br />
Dienstleistungen festzustellen oder festzulegen,<br />
- juristische oder materielle Kenntnisse der Vertragsparteien besche<strong>in</strong>igen;<br />
- die Risikoverteilung ändern;<br />
- die Kriterien der Beweislast verändern;<br />
- von vornhere<strong>in</strong> die Möglichkeit der gerichtlichen Inanspruchnahme ausschließen oder<br />
begrenzen.<br />
In den Beziehungen mit den Verbrauchern s<strong>in</strong>d je nach Vertragsrahmen z.B. Bestimmungen<br />
relativ verboten, die:<br />
163
Portugal<br />
- unangemessene Fristen für die Geltung und die Kündigung des Vertrags vorsehen;<br />
- es dem Verwender erlauben, den Vertrag ohne Warnung oder Grund zu kündigen, die auf<br />
dem Gesetz basieren; dem Verwender das Recht e<strong>in</strong>räumen, den Vertrag e<strong>in</strong>seitig zu ändern;<br />
den Preis erst bei Lieferung festsetzen, oder Preiserhöhungen <strong>in</strong>nerhalb kurzer Zeitspannen<br />
zulassen ohne die Möglichkeit des sofortigen Widerrufs;<br />
- die automatische Verlängerung des Vertrags durch das Stillschweigen der anderen<br />
Vertragspartei vorschreiben, bei e<strong>in</strong>er zu langen Kündigungsfrist.<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Vor dem Kaufvertrag wird üblicherweise e<strong>in</strong> Vorvertrag oder auch Versprechungsvertrag<br />
(„contrato-promessa de compra e venda“) abgeschlossen. Dieser Vorvertrag wird meistens<br />
nicht beglaubigt, hat aber e<strong>in</strong>e rechtlich b<strong>in</strong>dende Wirkung.<br />
Danach erfolgt die vorläufige E<strong>in</strong>tragung des Erwerbs <strong>in</strong>s Grundbuch des zuständigen<br />
Grundbuchamts unter Vorlage e<strong>in</strong>es Auszugs aus dem Bestandsverzeichnis sowie e<strong>in</strong>es<br />
F<strong>in</strong>anzamtauszugs (die „caderneta predial“)<br />
Grundstücke bis zu e<strong>in</strong>em Wert von 80.000 Euro s<strong>in</strong>d von der Grunderwerbsteuer befreit; ab<br />
80.001 bis 500.000 Euro beträgt die Grunderwerbsteuer zwischen 2% und 8% des Wertes. Ab<br />
500.000 Euro: 6%.<br />
Rechtlich wirksam wird die Eigentumsübertragung durch die notarielle Beglaubigung des<br />
Kaufvertrages („escritura de compra e venda“). Der Kaufvertrag wird auf Portugiesisch<br />
abgefasst, e<strong>in</strong>e offizielle Übersetzung ist bei Käufern, die der Sprache nicht mächtig s<strong>in</strong>d,<br />
vorgeschrieben.<br />
Nach Abschluss des Vertrages sollte unverzüglich der E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong>s Grundbuch („registo<br />
predial“) erfolgen.<br />
Innerhalb von 60 Tagen ist gegebenenfalls die Befreiung von der Grundsteuer („Imposto<br />
Municipal sobre Imóveis“) zu beantragen (bis zu e<strong>in</strong>em Wert von 150.000 Euro: Befreiung<br />
für 6 Jahre; ab 150.001 bis 225.000 Euro: Befreiung für 3 Jahre).<br />
8) Welche Stellung haben Gläubiger im Insolvenzfall ?<br />
Laut neuer Insolvenzordnung (“Código da Insolvência e da Recuperação de Empresas” -<br />
Gesetzesdekret Nr. 53/2004 vom 18. März 2004), die Ende September 2004 <strong>in</strong> Kraft tritt,<br />
haben die Gläubiger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Versammlung, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Frist von 45 bis 75 Tagen stattf<strong>in</strong>det,<br />
zu entscheiden, ob das Unternehmen saniert oder abgewickelt wird.<br />
Bei der Ernennung des Insolvenzverwalters muss das Gericht die Vorschläge der Gläubiger<br />
berücksichtigen. Die Gläubiger können außerdem an dessen Stelle e<strong>in</strong>e andere Person wählen,<br />
die sie für qualifizierter halten. Der Gläubiger, der die Insolvenz beantragt, erhält e<strong>in</strong>en<br />
besonderen Vorteil von ¼ se<strong>in</strong>es Kredits (max. 40.000 Euro), um se<strong>in</strong>e Verfahrenskosten<br />
abzudecken.<br />
164
Portugal<br />
Verwandte oder Gesellschaften der gleichen Gruppe bilden e<strong>in</strong>e neue Art von nachrangigen<br />
Gläubigern; dies ermöglicht es, e<strong>in</strong>en Teil des Verdachts bezüglich des tatsächlichen<br />
Vorhandense<strong>in</strong>s von bestimmten Krediten auszuräumen.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenen Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen ?<br />
Die Regelungen zum Wettbewerb s<strong>in</strong>d:<br />
Gesetzesdekret Nr. 370/93 vom 29. Oktober 1993, mit den Änderungen vom Gesetzesdekret<br />
Nr. 140/98 vom 16. Mai 1998 (verbietet <strong>in</strong>dividuelle Praktiken, die den Handel<br />
e<strong>in</strong>schränken). Verboten s<strong>in</strong>d diskrim<strong>in</strong>ierende Verkaufspreise und –bed<strong>in</strong>gungen,<br />
verschiedene Fristen für die Ausführung von Bestellungen, verschiedene Arten von<br />
Verpackung, Lieferung und Zahlung, die e<strong>in</strong>em Preisunterschied <strong>in</strong> den Kosten oder im<br />
Service nicht entsprechen.<br />
Die Händler, Importeure, Vertreiber, Dienstleistende usw. müssen Preistabellen mit den<br />
entsprechenden Verkaufsbed<strong>in</strong>gungen führen und sie auf Anfrage zur Verfügung stellen.<br />
Verkäufe unter dem Kaufpreis (plus Steuern und eventuelle Transportkosten) s<strong>in</strong>d verboten,<br />
es sei denn, es handelt sich um verderbliche oder technisch veraltete Ware, Schluss- oder<br />
Ausverkauf. Es ist außerdem verboten, Preise, Zahlungsbed<strong>in</strong>gungen und<br />
Verkaufsmodalitäten von e<strong>in</strong>em Lieferer zu erhalten, die e<strong>in</strong>e übertriebene Vergünstigung<br />
darstellen. Die Bußgelder betragen zwischen ca. 750 Euro und 15.000 Euro.<br />
Gesetzesdekret Nr. 10/2003 vom 18. Januar 2003: schafft die Behörde für den Wettbewerb<br />
(entspricht dem deutschen Bundeskartellamt). Dieser Behörde obliegt es, die Aufsicht über<br />
wettbewerbsschädigende Praktiken und deren Bestrafung zu führen sowie Zusammenschlüsse<br />
von Unternehmen zu billigen oder zu verbieten.<br />
Gesetz Nr. 18/2003 vom 11. Juni 2003: bestimmt die Wettbewerbsregeln <strong>in</strong> Anlehnung an die<br />
Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der <strong>in</strong> den<br />
Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln.<br />
Verboten s<strong>in</strong>d Absprachen und Praktiken unter Unternehmen, die dazu führen, dass der<br />
Wettbewerb verh<strong>in</strong>dert, gefälscht oder e<strong>in</strong>geschränkt wird; außerdem der Missbrauch e<strong>in</strong>er<br />
marktbeherrschenden Stellung und der wirtschaftlichen Abhängigkeit (z.B. Lieferfirmen).<br />
Zusammenschlüsse von Unternehmen unterstehen der Anmeldepflicht beim Überschreiten<br />
e<strong>in</strong>er Marktquote von 30% oder beim Erzielen von Umsatzerlösen <strong>in</strong> Portugal von über 150<br />
Millionen Euro durch beteiligte Unternehmen oder über 2 Millionen Euro Umsatzerlöse durch<br />
m<strong>in</strong>destens zwei beteiligte Unternehmen. Das Gesetz def<strong>in</strong>iert auch die Zusammenarbeit<br />
dieser Behörde mit den Regulierungsbehörden verschiedener Bereiche.<br />
165
Portugal<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betroffenen Land ?<br />
Ne<strong>in</strong>!<br />
1988 trat das CISG (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of<br />
Goods) zunächst <strong>in</strong> 11 Staaten (u.a. USA, Ch<strong>in</strong>a, Italien) <strong>in</strong> Kraft. Bis zum heutigen Stand hat<br />
sich dies um 51 Staaten erweitert, so dass mittlerweile 62 Länder als Vertragsstaaten das<br />
CISG ratifiziert haben (Stand 31.12.2002)1. Hierzu zählen abgesehen von Großbritannien,<br />
Irland und Portugal, die gesamten EU-Staaten. Es s<strong>in</strong>d zudem nahezu alle wichtigen<br />
Handelspartner der Bundesrepublik Vertragsstaat, e<strong>in</strong>e Ausnahme bildet hier neben<br />
Großbritannien Japan<br />
Quellen:<br />
„Gesellschaftsrecht <strong>in</strong> Portugal“ von Javier Cremades Rehm Verlag 2001<br />
http://www.auswaertiges-amt.de<br />
http://www.rathenau.com<br />
Portugiesische Botschaft <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
166
Allgeme<strong>in</strong>:<br />
Fläche (Weltrang: 55): 449964 km 2<br />
Schweden<br />
E<strong>in</strong>wohner (Weltrang: 82): F2002 8924000 = 19,8/km 2<br />
Hauptstadt: Stockholm<br />
Amtssprache: Schwedisch<br />
Religion: überwiegend Christen<br />
Bruttosozialprodukt 2002 je E<strong>in</strong>w.: 25970 $<br />
Währung: 1 Schwedische Krone (skr) = 100 Öre<br />
Diplomatische Vertretung: Botschaft des Königreichs Schweden, Rauchstr. 1,<br />
10787 Berl<strong>in</strong>, T 030/505060, Fax 50 50 67 89 www.schweden.org<br />
Politische Führung: Staatsoberhaupt: Carl XVI. Gustav, Regierungschef: Göran<br />
Persson, Äußeres: Laila Freivalds<br />
Nationalfeiertag: 6.6. (Flaggentag: Regierungsantritt der Dynastie Wasa 1523)<br />
Landesstruktur: 21 Bezirke (Tabelle WA 2003, Sp. 688)<br />
Politisches System: Parlamentarische Monarchie seit 1809 - Verfassung von 1975<br />
- Parlament (Riksdag/Reichstag) mit 349 Mitgl, Wahl alle 4 J. - Wahlrecht ab 18 J.<br />
Zahlen:<br />
Demographie<br />
Bevölkerung 8.878.100<br />
Bevölkerung pro km2 20<br />
Städtee<strong>in</strong>wohner 7.368.000<br />
Urbanisierung (%) 82,99<br />
Durchschittsalter 40,1<br />
Bevölkerung 0-14 Jahre 1.571.424<br />
Bevölkerung 15-64 Jahre 5.770.765<br />
Bevölkerung über 65 Jahre 1.535.911<br />
Bevölkerungsanteil 0-14 Jahre (%) 17,7<br />
Bevölkerungsanteil 15-64 Jahre (%) 65<br />
Bevölkerungsanteil über 65 Jahre (%) 17,3<br />
Bevölkerungszuwachs 888<br />
Bevölkerungszuwachs (%) 0,01<br />
Geburtsrate pro 1000 E<strong>in</strong>wohner 9,71<br />
Geburten 86.206<br />
Sterberate pro 1000 E<strong>in</strong>wohner 10,58<br />
167
Schweden<br />
Sterbefälle 93.930<br />
Migration netto pro 1000 E<strong>in</strong>wohner 1<br />
Migration netto 8.878<br />
Verhältnis Männer/Frauen 0,98<br />
Fertilität 1,54<br />
Säugl<strong>in</strong>gssterblichkeit pro 1000 Neugeborene 3,42<br />
Lebenserwartung Männer (Jahre) 77<br />
Lebenserwartung Frauen (Jahre) 83<br />
Bildung<br />
Studenten 275.000<br />
Studenten pro 1000 E<strong>in</strong>wohner 30,98<br />
Bildungsausgaben ($) 21.522.872.800<br />
Analphabeten (Bevolkerung über 14 Jahre) 731<br />
Analphabeten (%) (Bevolkerung über 14 Jahre) 0,01<br />
Wirtschaft<br />
BIP ($) 257.215.100.000<br />
BIP ($) Kaufkraftparität 230.700.000.000<br />
BIP ($) pro Kopf Kaufkraftparität 25.985<br />
Kaufkraft e<strong>in</strong>es US$ 0,9<br />
Wirtschaftswachstum % 1,9<br />
Anteil der Landwirtschaftsproduktion am BIP ($) 5.144.302.000<br />
Anteil der Industrieproduktion am BIP ($) 74.592.379.000<br />
Anteil der Dienstleistungen am BIP ($) 177.478.419.000<br />
Anteil der Landwirtschaft am BIP (%) 2<br />
Anteil der Industrie am BIP (%) 29<br />
Anteil der Dienstleistungen am BIP (%) 69<br />
Inflationsrate (%) 2,2<br />
Arbeitskräfte 4.400.000<br />
Arbeitslosigkeit 176.000<br />
Arbeitslosigkeit (%) 4<br />
Staatshaushalt - E<strong>in</strong>nahmen ($) 119.000.000.000<br />
Staatshaushalt - Ausgaben ($) 110.000.000.000<br />
Staatsausgaben <strong>in</strong> % des BIP 42,77<br />
Export ($) 80.600.000.000<br />
Import ($) 68.600.000.000<br />
Außenverschuldung ($) 66.500.000.000<br />
Anteil der Auslandsverschuldung am BIP (%) 25,85<br />
<strong>in</strong>ternationale Hilfe ($) -1.710.000.000<br />
Elektrizitätsverbrauch (Mio. KWh) 134.900<br />
Elektrizitätsverbrauch (KWh pro E<strong>in</strong>wohner) 15.195<br />
Erdölverbrauch (Barrel pro Tag) 328.600<br />
Erdölproduktion (Barrel pro Tag) 0<br />
168
Schweden<br />
Allgeme<strong>in</strong>es zum schwedischen Recht<br />
E<strong>in</strong> wichtiges Merkmal der Gesetzgebung <strong>in</strong> Schweden ist <strong>in</strong> der starken Zusammenarbeit mit<br />
anderen skand<strong>in</strong>avischen Ländern zu sehen. Daraus entstand im letzten Jahrhundert e<strong>in</strong> hohes<br />
Maß an gesetzlicher Übere<strong>in</strong>stimmung auf dem Gebiet des Zivilrechts <strong>in</strong> Schweden, F<strong>in</strong>nland<br />
und Norwegen. Das schwedische Recht ist aufgrund se<strong>in</strong>es systematischen Aufbaus wie auch<br />
se<strong>in</strong>es Inhaltes zwischen den kont<strong>in</strong>entalen Rechtssystemen und dem angloamerikanischen<br />
System anzusiedeln. Beispielsweise wird <strong>in</strong> Schweden auf e<strong>in</strong>e umfassende Kodifikation im<br />
Stile des BGBs verzichtet.<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Grundsätzlich gilt für den Vertragsschluss <strong>in</strong> Schweden die Formfreiheit, ohne Rücksicht auf<br />
Art und Inhalt des Geschäftes. Verglichen mit dem deutschen Recht gibt es nur wenige<br />
gesetzliche Regelungen zur E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er bestimmten Form. Demnach können<br />
Vertragsangebot und –annahme mündlich erfolgen. Jedoch müssen nach §1Abs.3 des<br />
schwedischen Vertragsgesetztes (AvtL) bei bestimmten Verträgen Formvorschriften<br />
e<strong>in</strong>gehalten werden, so ist bei e<strong>in</strong>igen Grundstücks-Verträgen (z.B. Immobilienkauf,<br />
Bestellung von Hypotheken) sowie Fällen aus dem Familien- & Erbrecht (z.B. Eheverträge)<br />
die Schriftform zw<strong>in</strong>gend.<br />
Z.B.: Für die nach §4:1 des Grundstück-Gesetzes genannten Grundstücksverträge ist die<br />
Schriftform erforderlich.<br />
E<strong>in</strong>e Beurkundungspflicht von Verträgen mittel e<strong>in</strong>es Notars besteht nicht. In der Regel<br />
werden Geschäfte basierend auf standardisierten Vertragsformularen abgeschlossen.<br />
Verträge s<strong>in</strong>d u.a. unwirksam bei Nötigung, Betrug und Wucher. Das Gleiche gilt bei<br />
Verstößen gegen Wettbewerbsgesetzte. Weiterh<strong>in</strong> gibt es 2 Generalklauseln h<strong>in</strong>sichtlich<br />
sittenwidriger Verträge und unbilliger Klauseln.<br />
E<strong>in</strong>e Besonderheit des schwedischen Vertragsrechtes ist auch, dass bei e<strong>in</strong>igen Verträgen e<strong>in</strong><br />
Zeuge anwesend se<strong>in</strong> muss, dessen Anforderungen im §1Abs.4 niedergelegt s<strong>in</strong>d.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderkaufrecht für Kaufleute?<br />
In Schweden gibt es ke<strong>in</strong> Sonderkaufrecht für Kaufleute im S<strong>in</strong>ne des HGB´s. Im Gegensatz<br />
zum deutschen Rechtssystem s<strong>in</strong>d im so genannten Kaufrecht vertragsrechtliche Grundlagen<br />
zu Verträgen zwischen Nichtgewerbetreibenden, zwischen Gewerbetreibenden sowie Käufe<br />
zwischen Gewerbetreibendem und Nichtgewerbetreibendem verankert (§4 des Kaufgesetzes).<br />
Käufe zwischen Gewerbetreibendem und Verbrauchern s<strong>in</strong>d gesondert im Verbrauchergesetz<br />
geregelt. S<strong>in</strong>d zu e<strong>in</strong>em Sachverhalt ke<strong>in</strong>e Regelungen im Verbrauchergesetz getroffen, so<br />
gelten die Regelungen des Kaufrechtes, soweit sie dem Verbraucher zum Vorteil gereichen.<br />
E<strong>in</strong>e gesetzliche Regelung vergleichbar mit dem deutschen Handelrecht gibt es <strong>in</strong> Schweden<br />
nicht.<br />
169
Schweden<br />
Im Handelsrecht hat Schweden wie fast alle nordischen Staaten den Weg der<br />
E<strong>in</strong>zelgesetzgebung e<strong>in</strong>geschlagen, mit dem Ziel der Vere<strong>in</strong>heitlichung der Rechtgebung <strong>in</strong><br />
den skand<strong>in</strong>avischen Staaten. Insoweit gelten seit 1974 <strong>in</strong> Schweden folgende 3 wesentliche<br />
handelsrechtliche E<strong>in</strong>zelgesetze:<br />
- Firmengesetz (firmalag – FL)<br />
- Handelsregistergesetz (handelsregisterlag – HL) und Handelsregisterverordnung<br />
(handelsregisterförordn<strong>in</strong>g)<br />
- Prokuragesetz (prokuralag – ProkL)<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Schweden hat e<strong>in</strong>en besonders starken ausgeprägten Verbraucherschutz. Bereits 1973 wurde<br />
das erste so genannte Verbraucherkaufgesetz beschlossen, das 1991 e<strong>in</strong>e umfassende Reform<br />
erfahren hat. Die verbraucherschutzrechtlichen Bestimmungen Schwedens s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />
im so genannten Verbraucherkaufgesetz (Konsumentköplagen / KKL) niedergelegt. Diese<br />
Gesetze s<strong>in</strong>d im normalen Kaufrecht nicht erfasst, wenngleich e<strong>in</strong>ige Regelungen aus dem<br />
Kaufrecht analog angewendet werden können. Sie dienen primär dem Käufer, denn sie<br />
verschaffen diesem e<strong>in</strong>e bessere Stellung gegenüber dem Verkäufer.<br />
Im Wesentlichen f<strong>in</strong>det man verbraucherschutzrechtliche Regelungen <strong>in</strong> folgenden<br />
Gesetzten:<br />
- Verbraucherkaufgesetz (1990; §932)<br />
- Gesetz über den Haustürkauf (1981; §1361)<br />
- Verbraucherkreditgesetz (1992; §813)<br />
- Konsumentenversicherungsgesetz (1980; §38)<br />
- Konsumentendienstleistungsgesetz (1985; §716)<br />
- Gesetz über das Marktverhalten (1995; §450)<br />
Diese Regelungen f<strong>in</strong>den Anwendung auf den Kauf sowie ggf. auch den Tausch beweglicher<br />
Sachen, die e<strong>in</strong> Gewerbetreibender e<strong>in</strong>em Verbraucher hauptsächlich für den privaten<br />
Gebrauch verkauft.<br />
E<strong>in</strong>e besondere Stellung hat der so genannte Ombudsmann, der die Bürger vor<br />
Machtmissbrauch und Misswirtschaft <strong>in</strong> der öffentlichen Verwaltung schützen soll. So kann<br />
sich jeder Bürger, der sich ungerecht behandelt fühlt, an den Ombudsmann wenden, der dann<br />
kontrolliert, ob die Behörden und Beamten die Gesetze und Verordnungen befolgen.<br />
170
Schweden<br />
Er ist unter anderem dazu berechtigt, Klage zu erheben, kann jedoch Urteile oder Beschlüsse<br />
nicht aufheben. Die genauere Ausgestaltung se<strong>in</strong>er Tätigkeiten ist <strong>in</strong> der Geschäftsordnung<br />
des Reichstages (Riksdagsordn<strong>in</strong>gen) geregelt. E<strong>in</strong> spezieller Verbraucherombudsmann<br />
(Konsumentombudsmann) ist nach §21 des Wettbewerbsrechts über das Marktverhalten <strong>in</strong><br />
Fällen ger<strong>in</strong>gerer Bedeutung ohne E<strong>in</strong>schaltung der Rechtssprechung befugt,<br />
Verbotsverfügungen (§14, bzw.§17) oder Informationsverfügungen (§15 Auferlegung e<strong>in</strong>er<br />
Verpflichtung beim Vertrieb solche Informationen anzugeben, die für den Verbraucher von<br />
besonderer Bedeutung s<strong>in</strong>d), auszusprechen und ggf. mit e<strong>in</strong>er Geldbuße zu verknüpfen.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Die Regelungen des schwedischen Kaufrechtes s<strong>in</strong>d dem Deutschen-, bzw. dem EU-<br />
Kaufrecht sehr ähnlich. Tritt e<strong>in</strong> Mangel <strong>in</strong>nerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf<br />
auf, wird vermutet, dass der Mangel schon beim Kauf existiert hat, es sei denn, diese<br />
Vermutung ist mit der Beschaffenheit der Sache oder der Art des Mangels nicht vere<strong>in</strong>bar.<br />
Das bedeutet, dass der Verkäufer oder Hersteller automatisch für jegliche Sachmängel haftet,<br />
wenn er nicht nachweisen kann, dass der Fehler später aufgetreten ist oder, dass der Mangel<br />
mit der Art des Fehlers bzw. mit der Beschaffenheit der Sache unvere<strong>in</strong>bar ist. Waren, die<br />
nicht sechs Monate haltbar s<strong>in</strong>d, wie etwa frische Waren, s<strong>in</strong>d z.B. nicht von dieser Regelung<br />
erfasst. Tritt e<strong>in</strong> Mangel erst nach mehr als sechs Monaten <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung, so muss der<br />
Käufer beweisen, dass die Ware schon beim Kauf fehlerhaft gewesen ist.<br />
Nach §34 und §36 des Kaufgesetzes steht dem Käufer als vorrangige Gewährleistung e<strong>in</strong><br />
Anspruch auf kostenlose Nachbesserung (Behebung des Fehlers / avhjälpande) gegenüber<br />
dem Verkäufer zu, soweit dem Verkäufer ke<strong>in</strong>e unangemessenen Kosten oder sonstige<br />
Nachteile entstehen. Die Nachbesserung kann durch den Verkäufer selbst erfolgen oder er<br />
kann e<strong>in</strong>en Dritten mit der Reparatur beauftragen. Kommt der Verkäufer se<strong>in</strong>er Verpflichtung<br />
auf Nachbesserung nicht nach, kann der Käufer nach angemessener Nachfristsetzung gemäß §<br />
34 Abs. 3 des Kaufgesetzes die Reparatur auf Kosten des Verkäufers selbst vornehmen oder<br />
diese durch e<strong>in</strong>en Dritten erledigen lassen.<br />
Anstelle der Nachbesserung steht dem Käufer nach §34 Abs.2 i.V.m. §36Abs.1 des<br />
Kaufgesetzes frei, stattdessen e<strong>in</strong>e Ersatzlieferung (omleverans) zu verlangen. Voraussetzung<br />
für die Ersatzlieferung ist allerd<strong>in</strong>gs, dass der Käufer dem Fehler e<strong>in</strong>e wesentliche Bedeutung<br />
beimisst und dem Verkäufer der Umstand bekannt war oder hätte se<strong>in</strong> müssen.<br />
Ausgeschlossen ist die Ersatzlieferung wenn:<br />
171
Schweden<br />
- es sich um nicht vertretbaren Waren handelt (Speziessachen-bestämt gods);<br />
§34 Abs.2 S.3 Kaufgesetz<br />
- dem Verkäufer die Ersatzlieferung subjektiv unmöglich ist;<br />
§34 Abs.2 S.2 Kaufgesetz<br />
- die Kosten e<strong>in</strong>er Ersatzlieferung stehen <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em angemessenen Verhältnis zu den<br />
berechtigten Käufer<strong>in</strong>teressen an e<strong>in</strong>er fehlerfreien Ware.<br />
Wandelung oder M<strong>in</strong>derung steht dem Käufer nach §37 des Kaufgesetzes nur dann zu, wenn<br />
der vorrangige Nachbesserungsanspruch nicht <strong>in</strong> Betracht kommt, oder nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
angemessenen Frist nach Geltendmachung der Rüge durch den Käufer seitens des Verkäufers<br />
erfolgt ist.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Im schwedischen Recht wie <strong>in</strong> den anderen nordischen Rechten gibt es den<br />
Eigenturmsvorbehalt (äganderrättsförbehall) als Mittel der Kreditsicherung. Unbekannt ist im<br />
Gegensatz zum deutschen Recht die strikte Trennung zwischen schuldrechtlichen<br />
Verpflichtungs- und d<strong>in</strong>glichem Erfüllungsgeschäft. Grundsätzlich geht das Eigentum am<br />
Kaufgegenstand mit Vertragsabschluss auf den Käufer über. Es besteht die Möglichkeit e<strong>in</strong>es<br />
gleitenden Eigentumsübergangs, d. h. daß der Eigentumsanteil des Erwerbers entsprechend<br />
dem Verlauf der Vertragsabwicklung steigt. Jedoch muss der Eigentumsvorbehalt <strong>in</strong> jedem<br />
Falle vor Vertragsschluss ausdrücklich mündlich oder schriftlich vere<strong>in</strong>bart worden se<strong>in</strong>.<br />
Der Hauptanwendungsfall des Eigentumsvorbehaltes ist der Kredit- (Raten-) Kauf, der im<br />
Konsumentenkreditgesetz sowie im Gesetz über den Abzahlungskauf zwischen<br />
Gewerbetreibenden und anderen Personen geregelt ist. Beide Gesetze erfassen nur den<br />
Verkauf beweglicher Sachen. Außerhalb dieser Abzahlungsgesetze gilt der Grundsatz der<br />
Vertragsfreiheit, das bedeutet, dass Immobilien, Grundstücke und Schiffe unter<br />
Eigentumsvorbehalt veräußert werden können. Im Gegensatz zum deutschen Recht hat die<br />
schwedische Rechtssprechung das Konstrukt sowohl e<strong>in</strong>es verlängerten Eigentumsvorbehaltes<br />
als auch e<strong>in</strong>es weitergeleiteten Eigentumsvorbehaltes sowie die Vere<strong>in</strong>barung von<br />
Verarbeitungsklauseln ausdrücklich für unwirksam erklärt.<br />
Bei unbeweglichem Vermögen gibt es als Kreditsicherungsmittel <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie nur die<br />
Hypothek. Diese ist wie im deutschen Recht auch akzessorisch, d. h. an die Hauptforderung<br />
gebunden. Erlischt diese Forderung, dann erlischt automatisch auch die Hypothek. Die<br />
Belastung des Grundstückes mit e<strong>in</strong>er Hypothek erfolgt durch e<strong>in</strong>en Pfandbrief.<br />
172
Schweden<br />
Auch kann der Grundstückseigentümer se<strong>in</strong> Grundstück dadurch beleihen, dass er daran e<strong>in</strong><br />
Pfandrecht (panträtt) bestellt. Se<strong>in</strong>e Zahlungsverpflichtung wird normalerweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
e<strong>in</strong>seitigen Schuldbrief festgelegt.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von AGB’ s?<br />
Das schwedische Recht kennt ke<strong>in</strong> besonderes Gesetz über die Anwendung von allgeme<strong>in</strong>en<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen im S<strong>in</strong>ne des deutschen AGB-Gesetzes.<br />
Der Beitritt Schwedens zur Europäischen Union 1995 erforderte e<strong>in</strong>ige Anpassungen des<br />
schwedischen Rechts an die geme<strong>in</strong>schaftsrechtlichen Vorgaben auf dem Gebiet des<br />
Verbraucherschutzrechtes. Mit dem Ziel die EU-Richtl<strong>in</strong>ie gegen missbräuchliche Klauseln <strong>in</strong><br />
Verbraucherverträgen umzusetzen, trat am 01.01.1995 e<strong>in</strong> neues Gesetz über<br />
Vertragsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Verbraucherverhältnissen (Vertrags-bed<strong>in</strong>gungsgesetz / lag om<br />
avtalsvillkor i konsumentförhallanden) <strong>in</strong> Kraft, das die alten Gesetze von 1971 zwar ablöste,<br />
aber die bestehende Rechtslage nicht komplett veränderte. Die Umsetzung dieser Richtl<strong>in</strong>ie<br />
führte auch zu Erneuerungen im schwedischen Standardvertragsrecht. Die E<strong>in</strong>führung des<br />
neuen Gesetzes führte zu e<strong>in</strong>er ersten gesetzlichen Def<strong>in</strong>ition des Standardvertrages. Bis<br />
dah<strong>in</strong> waren Standardverträge üblich, um den Handelsverkehr speziell zwischen den<br />
nordischen Staaten zu vere<strong>in</strong>fachen. Individuell ausgehandelte Vertragsbed<strong>in</strong>gungen und<br />
Abgrenzungsprobleme wurden anhand des § 36 des Vertragsgesetzes von 1971 auf ihre<br />
Zulässigkeit geprüft.<br />
Erstmalig wurde im schwedischen Recht ausdrücklich die Auslegungsregel „<strong>in</strong> dubio contra<br />
stipulatorem“ (im Zweifel gegen den Verfasser der Klausel) aufgenommen, um den<br />
Verbraucher vor nachteiligen Klauseln zu schützen.<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Grundsätzlich geht das Eigentum mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages auf den Erwerber<br />
über. Anders als <strong>in</strong> Deutschland macht nicht erst die E<strong>in</strong>tragung im Grundbuch den Käufer<br />
zum Eigentümer. Mit Abschluss des Kaufvertrages (köpekontrakt) geht das Eigentum auf den<br />
Käufer über. Dies geht auch, wenn der Käufer bei Vertragsabschluß noch nicht den vollen<br />
Kaufpreis gezahlt hat. In solchen Fällen hilft dem Verkäufer der Kaufbrief (köpebrevet). Ist<br />
im Kaufvertrag vere<strong>in</strong>bart, dass e<strong>in</strong> solcher Kaufbrief ausgestellt wird, trägt das<br />
Grundbuchamt den Käufer erst gegen Vorlage dieses Kaufbriefes als Eigentümer e<strong>in</strong>. Der<br />
Verkäufer übergibt dem Käufer den unterschriebenen Kaufbrief erst nach vollständiger<br />
Bezahlung des Kaufpreises. Der neue Eigentümer muss anschließend <strong>in</strong>nerhalb von drei<br />
Monaten die E<strong>in</strong>tragung des Erwerbes im Grundstücksregister beantragen. Abgesehen davon,<br />
dass im Falle des Unterlassens die Registerbehörde e<strong>in</strong> Bußgeld verhängen kann, ist die<br />
E<strong>in</strong>tragung – wie <strong>in</strong> Deutschland – relevant, um e<strong>in</strong>en gutgläubigen Erwerb des Grundstücks<br />
durch Dritte zu verh<strong>in</strong>dern.<br />
173
Schweden<br />
In Schweden ist die E<strong>in</strong>schaltung e<strong>in</strong>es Notars nicht vorgesehen. E<strong>in</strong> privatschriftlicher<br />
Kaufvertrag ist ausreichend, wobei mittlerweile Makler und Sparkassen standardisierte<br />
Verträge anbieten. Diesen Grundstückskaufvertrag bereitet üblicherweise der<br />
Grundstücksmakler vor. In Schweden s<strong>in</strong>d Grundstücksmakler <strong>in</strong> der Regel also nicht nur bei<br />
der Vermittlung des Grundstücks behilflich, sondern sie begleiten die Parteien bis zum<br />
Vollzug des Grundstückskaufvertrages.<br />
8) Welche Stellung haben Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Nach dem schwedischen Recht gelten Schuldner dann als zahlungsunfähig, wenn er nicht <strong>in</strong><br />
der Lage ist, se<strong>in</strong>e Schulden zu begleichen und diese Unfähigkeit nicht nur vorübergehend<br />
besteht. Zahlungsunfähigkeit besteht noch nicht, wenn die Verb<strong>in</strong>dlichkeiten die<br />
Vermögensposten übersteigen. Sowohl der Schuldner als auch der Gläubiger haben das Recht,<br />
e<strong>in</strong>en Konkursantrag zu stellen. Nimmt der Gläubiger dieses Recht <strong>in</strong> Anspruch, so hat er<br />
Nachweise für se<strong>in</strong>e Forderungen gegenüber dem Schuldner zu erbr<strong>in</strong>gen. Wird diese<br />
Forderung durch die das Verfahren leitende Instanz (Gericht, Schiedsgericht, Amt für<br />
Betreibung und Vollstreckung) anerkannt, ist sie gleichzeitig die Legimitation, e<strong>in</strong><br />
Konkursverfahren zu beantragen. In diesem Falle trägt der Gläubiger die primäre Beweislast<br />
für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, wobei er sich auf 2 verschieden<br />
Beweisvermutungen für die Zahlungsunfähigkeit berufen kann:<br />
1. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerhalb der letzten 6Monate vor dem Konkursantrag erfolgte Pfändung ergab, dass<br />
nicht genügend Mittel zur Deckung der Vollstreckungsforderungen vorhanden s<strong>in</strong>d<br />
2. Der Schuldner, der <strong>in</strong>nerhalb des letzten Jahres vor Konkursantrag der Buchführungspflicht<br />
unterlag, ist zur Zahlung e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>deutigen und fälligen Schuld aufgefordert worden, hat dies<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Woche zu tun versäumt und der Gläubiger hat daraufh<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerhalb von 3<br />
Wochen Konkursantrag gestellt.<br />
In Erwartung der Prüfung des Konkursantrages kann der Gläubiger zusätzlich die<br />
Beschlagnahme des Vermögens beantragen.<br />
Er kann die Eröffnung e<strong>in</strong>es Konkursverfahrens jedoch nicht verlangen, wenn er für se<strong>in</strong>e<br />
Forderungen ausreichend Sicherheiten hat, oder Dritte unter gewissen Voraussetzungen<br />
Sicherheiten gestellt haben.<br />
Ist letztendlich e<strong>in</strong> Konkurseröffnungsbeschluss gefasst worden, werden die Forderungen des<br />
Gläubigers dadurch geschützt, dass dem Schuldner das Verfügungsrecht über se<strong>in</strong> von der<br />
Konkursmasse erfasstes Eigentum entzogen wird.<br />
174
Schweden<br />
Auch wird mit dem Konkurseröffnungsbeschluss e<strong>in</strong> Konkursverwalter bekannt gegeben, der<br />
meist dem Vorschlag e<strong>in</strong>es bedeutenden Gläubigers entspricht. Dieser Verwalter ist für die<br />
Wahrung der Gläubiger<strong>in</strong>teressen vor Gericht sowie für alle Maßnahmen e<strong>in</strong>er schnellen und<br />
vorteilhaften Abwicklung der Konkursmasse zuständig.<br />
S<strong>in</strong>d alle Kosten des Konkursverfahrens gedeckt und kommt es zu e<strong>in</strong>er Zahlung aus dem<br />
Konkursverfahren an die Gläubiger, so gibt es nach e<strong>in</strong>em so genannten Vorrechtsgesetz<br />
Prioritäten unter den Forderungen. Die wichtigsten Vorrechte werden <strong>in</strong> besondere und<br />
allgeme<strong>in</strong>e Vorrechte unterteilt, wobei die besonderen den Vorzug vor den allgeme<strong>in</strong>en<br />
Vorrechten erhalten. Nicht mit Vorrechten ausgestattete Forderungen werden gleichberechtigt<br />
behandelt.<br />
Besondere Vorrechte :<br />
- See- und Luftpfandrecht<br />
- Faustpfandrecht und Zurückbehaltungsrecht<br />
- Pfandrecht aufgrund von Hypotheken auf Schiffe, Schiffsbau, Luftfahrzeuge oder<br />
Ersatzteile für Luftfahrzeuge<br />
- Forderungen von Versicherungsnehmern gegenüber Versicherungsgebern<br />
- Vorrecht auf bestimmte Immobilien<br />
- Hypotheken auf Liegenschaften<br />
- Gepfändetes Eigentum<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Vorrechte:<br />
- Kosten des Gläubigers, die anfallen, um das Konkursverfahren zu eröffnen<br />
- Honorare und bestimmte Kosten für die Unternehmensrekonstrukion<br />
- Kosten und Honorare für bestimmte Tätigkeiten von Wirtschaftsprüfern, die sich<br />
direkt auf dem Konkursantrag oder gesetzlich vorgeschriebene Wirtschaftsprüfungen<br />
beziehen<br />
- Steuern, Zölle und allg. Gebühren<br />
- Bestimmte Lohn- und Gehaltsansprüche<br />
- Forderungen h<strong>in</strong>sichtlich künftiger Pensionen<br />
Konkursforderungen von nicht bevorrechtigten Gläubigern werden durch e<strong>in</strong> gesondertes<br />
Anmeldeverfahren aufgenommen, bei dem auch e<strong>in</strong> Gläubiger, der versäumt hat se<strong>in</strong>e<br />
Forderung anzumelden, die Möglichkeit hat diese noch nachträglich anzumelden. In Folge der<br />
Anmeldung hat der Verwalter e<strong>in</strong>en Zuteilungsvorschlag aufzustellen, <strong>in</strong> dessen Reihenfolge<br />
die Gläubiger im Falle des Rechtswirksamwerdens dieses Vorschlages ausgezahlt werden.<br />
Ausländische Gläubiger werden ke<strong>in</strong>er Sonderbehandlung unterzogen.<br />
175
Schweden<br />
Zusätzlich kann sich e<strong>in</strong> Gläubiger gegen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schützen,<br />
<strong>in</strong>dem er <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie neben den genannten Vorrechten dem Schuldner se<strong>in</strong> Eigentum nur<br />
gegen Eigentumsvorbehalt oder Rücknahmerechtsvorbehalt überlässt.<br />
In gewissen Ausnahmen genehmigt das schwedische Recht auch die Aufrechnung von<br />
Forderungen des Gläubigers mit gegen ihn stehenden Forderungen des Schuldners, soweit<br />
diese Forderungen vor dem Konkurs entstanden s<strong>in</strong>d. Dies gilt auch, wenn Zahlungen noch<br />
nicht fällig geworden s<strong>in</strong>d.<br />
E<strong>in</strong>e Unternehmensrekonstruktion kann vom Schuldnerunternehmen oder dem Gläubiger<br />
unter gewissen Umständen e<strong>in</strong>geleitet werden. In diesem Falle s<strong>in</strong>d alle bekanten Gläubiger<br />
<strong>in</strong>nerhalb von e<strong>in</strong>er Woche von der Rekonstruktion zu unterrichten. Auch kann e<strong>in</strong> Gläubiger<br />
den Abbruch dieses Verfahrens beantragen oder die Ernennung e<strong>in</strong>es Gläubigerkomitees<br />
fordern, die den Unternehmensrekonstrukteur <strong>in</strong> wichtigen Fragen beraten.<br />
Im Zweifel s<strong>in</strong>d die Richtl<strong>in</strong>ien der EU zum Insolvenzrecht richtungweisend, die natürlich<br />
auch <strong>in</strong> Schweden Gültigkeit besitzen:<br />
Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren:<br />
„(21) Jeder Gläubiger, der se<strong>in</strong>en Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz <strong>in</strong> der<br />
Geme<strong>in</strong>schaft hat, sollte das Recht haben, se<strong>in</strong>e Forderungen <strong>in</strong> jedem <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>schaft<br />
anhängigen Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners anzumelden. Dies sollte<br />
auch für Steuerbehörden und Sozialversicherungsträger gelten. Im Interesse der<br />
Gläubigergleichbehandlung muss jedoch die Verteilung des Erlöses koord<strong>in</strong>iert werden. Jeder<br />
Gläubiger sollte zwar behalten dürfen, was er im Rahmen e<strong>in</strong>es Insolvenzverfahrens erhalten<br />
hat, sollte aber an der Verteilung der Masse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Verfahren erst dann teilnehmen<br />
können, wenn die Gläubiger gleichen Rangs die gleiche Quote auf ihre Forderung erlangt<br />
haben.<br />
(26) Ist nach dem Recht des Eröffnungsstaats e<strong>in</strong>e Aufrechnung nicht zulässig, so sollte e<strong>in</strong><br />
Gläubiger gleichwohl zur Aufrechnung berechtigt se<strong>in</strong>, wenn diese nach dem für die<br />
Forderung des <strong>in</strong>solventen Schuldners maßgeblichen Recht möglich ist. Auf diese Weise<br />
würde die Aufrechnung e<strong>in</strong>e Art Garantiefunktion aufgrund von Rechtsvorschriften erhalten,<br />
auf die sich der betreffende Gläubiger zum Zeitpunkt der Entstehung der Forderung verlassen<br />
kann.<br />
...<br />
176
Schweden<br />
Artikel 32 - Ausübung von Gläubigerrechten<br />
(1)Jeder Gläubiger kann se<strong>in</strong>e Forderung im Haupt<strong>in</strong>solvenzverfahren und <strong>in</strong> jedem<br />
Sekundär<strong>in</strong>solvenzverfahren anmelden.<br />
(2)Die Verwalter des Haupt<strong>in</strong>solvenzverfahrens und der Sekundär<strong>in</strong>solvenzverfahren melden<br />
<strong>in</strong> den anderen Verfahren die Forderungen an, die <strong>in</strong> dem Verfahren, für das sie bestellt s<strong>in</strong>d,<br />
bereits angemeldet worden s<strong>in</strong>d, soweit dies für die Gläubiger des letztgenannten Verfahrens<br />
zweckmäßig ist und vorbehaltlich des Rechts dieser Gläubiger, dies abzulehnen oder die<br />
Anmeldung zurückzunehmen, sofern e<strong>in</strong> solches Recht gesetzlich vorgesehen ist.<br />
(3)Der Verwalter e<strong>in</strong>es Haupt- oder e<strong>in</strong>es Sekundär<strong>in</strong>solvenzverfahrens ist berechtigt, wie e<strong>in</strong><br />
Gläubiger an e<strong>in</strong>em anderen Insolvenzverfahren mitzuwirken, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong>dem er an e<strong>in</strong>er<br />
Gläubigerversammlung teilnimmt.“<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
1996 ist <strong>in</strong> Schweden e<strong>in</strong> neues und erweitertes Wettbewerbsgesetz <strong>in</strong> Kraft getreten. Dieses<br />
Gesetz (Konkurenslagen) erlaubt die Durchführung von Nachforschungen und anderer<br />
Maßnahmen (z.B. Durchsuchungen) durch die Wettbewerbsbehörde. Es ähnelt den<br />
Bestimmungen des EU Wettbewerbsrechts. Daher wird die Auslegung und Anwendung des<br />
schwedischen Wettbewerbsgesetzes durch die Rechtsprechung des EuGH bee<strong>in</strong>flusst.<br />
Zwei wesentliche Verbote des neuen Gesetzes:<br />
- das Verbot wettbewerbswidriger Zusammenarbeit<br />
- das Verbot des Missbrauches e<strong>in</strong>er beherrschenden Stellung<br />
Das Wettbewerbsgesetz gilt für Handelsfirmen und andere Unternehmen, die die<br />
Vermarktung von Waren und Dienstleistungen gegenüber dem Endverbraucher oder anderen<br />
Gewerbetreibenden betreiben. Jede Art kommerzieller Market<strong>in</strong>g-Praxis kann verboten<br />
werden, wenn sie gegen das Geschäftsgebaren e<strong>in</strong>es ordentlichen Kaufmannes verstößt oder<br />
<strong>in</strong> anderer Weise als ungebührlich betrachtet werden muss. Diese Regelung soll Verbraucher<br />
und Geschäftsleute hauptsächlich vor irreführender Werbung schützen.<br />
Das Wettbewerbsgesetz enthält mit der „umgekehrten Beweislast“ e<strong>in</strong>en wichtigen<br />
Grundsatz. Durch diesen Grundsatz muss der für e<strong>in</strong>e Market<strong>in</strong>gmaßnahme Verantwortliche<br />
die Richtigkeit der <strong>in</strong> Reklamen, auf Produktverpackungen, <strong>in</strong> Werbematerialien usw.<br />
gegebenen Produkt<strong>in</strong>formationen bzw. der dort gemachten Behauptungen und<br />
Versprechungen, im Zweifel beweisen können.<br />
177
Schweden<br />
Häufig wird bei Verstößen gegen das Wettbewerbsgesetz e<strong>in</strong> Verbot und/oder e<strong>in</strong><br />
Zwangsgeld verhängt. Darüber h<strong>in</strong>aus kann der schwedische Verbraucher Schadensersatz<br />
fordern, wenn der Verantwortliche für die Maßnahme Versprechungen nicht belegen kann.<br />
Wenn e<strong>in</strong> Gewerbebetreibender vorsätzlich oder fahrlässig gegen das Wettbewerbsgesetz<br />
verstoßen hat, kann ihm außerdem e<strong>in</strong>e „Marktstörungsgebühr“ auferlegt werden. Diese<br />
Gebühr beträgt m<strong>in</strong>destens 5.000 SEK und höchstens 5 Millionen SEK, darf aber 10 % des<br />
Umsatzes des Unternehmens im vorangegangenen Jahr nicht überschreiten.<br />
10) Gibt es das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> Schweden?<br />
Dem auf der Konferenz <strong>in</strong> Wien im Jahre 1980 verabschiedete Übere<strong>in</strong>kommen der Vere<strong>in</strong>ten<br />
Nationen über Verträge über den <strong>in</strong>ternationalen Warenkauf<br />
(=UN-Kaufrecht) ist Schweden am 1.1.1989 beigetreten.<br />
Erklärte Vorbehalte zur Anwendung des UN-Kaufrechtes:<br />
Vorbehalte gem. Art. 92 I CISG (Nichtanwendung der Regeln zum Vertragsabschluß) und<br />
gem. Art. 94 CISG (ke<strong>in</strong>e Anwendung im Verhältnis zu Dänemark, F<strong>in</strong>nland, Island und<br />
Norwegen).<br />
Quellen:<br />
- Aktuelle Wirtschaftgesetzte 2003, Beck´sche Textausgaben, Verlag C.H.Beck,<br />
UN-Kaufrecht S.519<br />
- E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das skand<strong>in</strong>avische Recht, R<strong>in</strong>g / Olsen-R<strong>in</strong>g, Verlag C.H.Beck, 1999<br />
- Vertragsfreiheit und Verbraucherschutz <strong>in</strong> der schwedischen Gesetzgebung der letzten<br />
Jahrzehnte, Ebersohl, V & R unipress, 2003<br />
- Münchener Kommentar zum Insolvenzrecht, Artl102 EGInsO Anhang2,<br />
- Recht und Rechtswesen, Tatsachen über Schweden, Schwedisches Institut, September<br />
2001, www.si.se<br />
- www.bjl-legal.com<br />
- www.pwc.com<br />
- www.vangeel.de<br />
- www.datenbanken.justiz.nrw.de<br />
- www.cisg-library.org<br />
- www.welt-<strong>in</strong>-zahlen.de<br />
- www.weltalmanach.de<br />
178
Slowakei<br />
E<strong>in</strong>leitung:<br />
Die Slowakische Republik ist neben der Tschechischen Republik e<strong>in</strong>er der beiden<br />
Nachfolgestaaten der Tschechoslowakei.<br />
Schon sehr bald nach der "samtenen Revolution" von 1989 und den ersten freien Wahlen im<br />
slowakischen Teil der Tschechow-Slowakischen Föderation (CSFR) setzten sich diejenigen<br />
Kräfte <strong>in</strong> der Slowakei durch, die für e<strong>in</strong>e grundsätzlich neue Stellung der Slowakei im<br />
Rahmen der Föderation e<strong>in</strong>traten. Der Trennungsprozess erreichte im Sommer 1992 e<strong>in</strong>e<br />
Dynamik, die trotz des unbestrittenen Wunsches der Mehrheit der Bevölkerung <strong>in</strong> beiden<br />
Landesteilen nach Erhalt des geme<strong>in</strong>samen Staates nicht mehr umzukehren war. Die<br />
Regierungschefs beider Teilrepubliken waren sich daraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ig geworden, dass die<br />
politischen Schwierigkeiten der CSFR nur noch durch die Trennung der Förderation gelöst<br />
werden können. Am 01.01.1993 erfolgte die Gründung der Slowakischen Republik. Es gelang<br />
<strong>in</strong>sgesamt, die Teilung des Landes geordnet und friedlich durchzuführen.<br />
Die Slowakische Republik ist e<strong>in</strong>e parlamentarische Demokratie mit e<strong>in</strong>er Verfassung.<br />
Staatsoberhaupt ist der direkt für e<strong>in</strong>e 5-jährige Amtszeit gewählte Staatspräsident (seit<br />
25.9.1999 Dr. Rudolf Schuster). Das E<strong>in</strong>kammer-Parlament, der Slowakische Nationalrat,<br />
besteht aus 150 Abgeordneten und wird für 4 Jahre gewählt.<br />
Seit dem 1.5.2004 ist die Slowakische Republik Mitglied der Europäischen Union. Das<br />
Rechtssystem der Slowakei umfasst drei Entscheidungsebenen: das Bezirksgericht, das<br />
Regionalgericht (Berufungsgericht) und den Obersten Gerichtshof. Der Oberste Gerichtshof<br />
der slowakischen Republik stellt das höchste Richtergremium des Landes dar. .)<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Formale und <strong>in</strong>haltliche Erfordernisse werden im Allgeme<strong>in</strong>en bürgerlichen Gesetzbuch<br />
(ABGB § 40/1964) und im Handelsgesetzbuch (HGB § 513/1991) geregelt. E<strong>in</strong>e spezielle<br />
Form wird bei Verträgen verlangt, die sich auf unbewegliche Güter beziehen. Diese müssen<br />
schriftlich ausgefertigt se<strong>in</strong>, die Willenserklärung beider Parteien enthalten und notariell<br />
beglaubigt werden.<br />
179
Slowakei<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Das Handelsrecht wird geregelt vom Handelsgesetzbuch von 1991. Es ist das Sonderrecht der<br />
Kaufleute und geht <strong>in</strong>sofern den Regeln des Zivilgesetzbuchs vor. Das Handelsgesetzbuch<br />
enthält besondere Vorschriften zum Vertragsabschluss unter Kaufleuten, Leistungsort und -<br />
zeit, Verzug und zum Schadensersatz.<br />
Weitere Abweichungen vom allgeme<strong>in</strong>en Zivilgesetz enthält das Handelsgesetzbuch zum<br />
Kaufvertrag, Werkvertrag und Kreditvertrag. Ansonsten ergänzt das Handelsgesetzbuch die<br />
Typenverträge um den Unternehmenskaufvertrag, den Kauf e<strong>in</strong>er gemieteten Sache, den<br />
Kreditvertrag und den Lizenzvertrag.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> beruht im wesentlichen auf EU-Richtl<strong>in</strong>ien, die<br />
M<strong>in</strong>deststandards vorgeben und von den Mitgliedstaaten <strong>in</strong>nerhalb bestimmter Fristen <strong>in</strong><br />
nationales Recht umgesetzt werden müssen. Hält sich e<strong>in</strong> Mitgliedstaat nicht an diese<br />
Umsetzungsfristen leitet die Kommission <strong>in</strong> Brüssel e<strong>in</strong> Verfahren gegen den jeweiligen Staat<br />
wegen Nicht-Umsetzung der Verbraucherschutzvorschriften e<strong>in</strong>.<br />
Der nationale Verbraucherschutz ist im Zivilgesetzbuch verankert. Dieses enthält Regelungen<br />
zu Gewährleistungsansprüchen und zum Schadensersatz bei Nicht- oder Schlechterfüllung.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Laut ABGB, <strong>in</strong> dem Regelungen zur Gewährleistung für den Konsument erfasst s<strong>in</strong>d, gilt im<br />
Falle e<strong>in</strong>es Kaufvertrages e<strong>in</strong>e Gewährleistungsfrist auf Produkte für 2 Jahre.<br />
Beispiel: Für den Kauf e<strong>in</strong>es Fahrzeugs im EU-B<strong>in</strong>nenmarkt ist <strong>in</strong>sbesondere die Garantie-<br />
Richtl<strong>in</strong>ie (Richtl<strong>in</strong>ie über den Verbrauchsgüterkauf; 1994/44/EG) wichtig: Diese Richtl<strong>in</strong>ie<br />
schreibt e<strong>in</strong>e Sachmängelhaftungszeit des Händlers bei Neufahrzeugen über e<strong>in</strong>en Zeitraum<br />
von 2 Jahren vor, wenn an e<strong>in</strong>en Verbraucher verkauft wird (bei Gebrauchtfahrzeugen kann<br />
die Frist auf e<strong>in</strong> Jahr reduziert werden). Diese Richtl<strong>in</strong>ie muss seit dem 1. Mai 2004 auch von<br />
den Beitrittsländern beachtet werden. Soweit derzeit ersichtlich s<strong>in</strong>d die Bestimmungen auch<br />
bereits umgesetzt worden.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches<br />
(z.B. Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Vertraglich geregelte Sicherheiten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie im Zivilgesetzbuch und dem<br />
Handelsgesetzbuch geregelt. Die wichtigsten Formen von Sicherheiten s<strong>in</strong>d:<br />
das Pfandrecht an unbeweglichen Sachen<br />
das Pfandrecht an beweglichen Sachen<br />
das Pfandrecht an Forderungen<br />
der Eigentumsvorbehalt.<br />
180
Slowakei<br />
Die häufigste Sicherung von Forderungen ist die Hypothek. Sie wird durch notarielle<br />
Pfandrechtsurkunde bestellt und muss beim Kreisgericht im Liegenschaftsamt e<strong>in</strong>getragen<br />
werden. Pfandrechte an beweglichen Sachen werden durch den Pfandrechtsvertrag und die<br />
Markierung der Sache bestellt.<br />
Der Eigentumsvorbehalt ist <strong>in</strong> der Slowakei zwar unüblich, aber grundsätzlich möglich und<br />
bedarf e<strong>in</strong>es schriftlichen Vertrages. Der Eigentumsvorbehalt gilt allerd<strong>in</strong>gs nur zwischen den<br />
beiden Vertragsparteien, wobei es dem Käufer untersagt ist, die Ware bis zur vollständigen<br />
Bezahlung an e<strong>in</strong>en Dritten zu veräußern.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Die AGB´ s werden im HGB behandelt. Im § 237 HGB ist verankert, dass die Parteien auf die<br />
AGB’ s e<strong>in</strong>er anderen Partei verweisen können. Die AGB’ s müssen dem Vertrag beiliegen<br />
oder den Vertragsparteien bekannt se<strong>in</strong>. In die AGB’ s können Handelsbed<strong>in</strong>gung der<br />
Interessens- und Gewerkschaftsvertretungen (z. B. INCOTERMS) e<strong>in</strong>gebunden werden.<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Eigentum an Grund und Boden wird auf Basis e<strong>in</strong>es schriftlichen Vertrages übertragen. Der<br />
Vertrag bildet e<strong>in</strong>en Rechtstitel auf e<strong>in</strong>en Besitz. Der eigentliche Besitz geht erst mit dem<br />
Bescheid des Katasteramtes am Tag der Bewilligung über (sog. Bewilligung des<br />
Besitze<strong>in</strong>lagerecht). E<strong>in</strong>e Rückwirkende Bewilligung zum Tage des Vertragsabschlusses oder<br />
Antragsstellung ist nicht möglich.<br />
In der Slowakei gilt nicht das Pr<strong>in</strong>zip des „superficies solo cedit“. Dies bedeutet, dass<br />
Gebäude nicht Bestandteil von Grund und Boden s<strong>in</strong>d, denn Gebäude bilden e<strong>in</strong>en eigenen<br />
Grundbuchskörper, an dem selbständig Rechte und Pflichten begründet werden können. Diese<br />
können unterschiedliche Besitzer haben. Ausländer können e<strong>in</strong> Grundstück nur durch e<strong>in</strong>en<br />
slowakischen Juristen erwerben.<br />
Der Liegenschaftskataster legt gemäß § 1 Absatz 1 LKatG den Umfang der Liegenschaften<br />
fest, verzeichnet und beschreibt diese. Weiterer Bestandteil des Katasters s<strong>in</strong>d Angaben über<br />
Rechte an diesen Liegenschaften, u.a. über das Eigentumsrecht, das Pfandrecht, d<strong>in</strong>gliche<br />
Lasten und diesen entsprechende Rechte, d<strong>in</strong>gliche Vorkaufs- und andere Rechte, Rechte aus<br />
der Verwaltung von Staats- und Geme<strong>in</strong>devermögen und länger als fünf Jahre andauernde<br />
Mietrechte.<br />
181
Slowakei<br />
8) Welche Stellung haben Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Die Gläubiger können e<strong>in</strong>en Konkursantrag stellen, wenn folgende Bed<strong>in</strong>gungen erfüllt s<strong>in</strong>d:<br />
- Beim Schuldner liegt Überschuldung vor<br />
- Der Schuldner ist länger als 30 Tage bei se<strong>in</strong>en Gläubigern <strong>in</strong> Verzug.<br />
Mit dem Konkursantrag beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong> eigenständiges Gerichtsverfahren, das beim<br />
Konkursgericht geführt wird. Die Gläubiger nehmen am Gerichtsprozess teil und haben<br />
gesetzliche Rechte und Pflichten. Im Pr<strong>in</strong>zip gilt, dass sie über den Verkauf des Besitzes des<br />
Schuldners abstimmen. Der eigentliche Prozess des Verkaufs, sowie die Verwaltung des<br />
Besitzes werden vom gerichtlich ernannten Besitzverwalter geführt. Die Gläubiger haben das<br />
Recht bei Unzufriedenheit diesen zu widerrufen. Der Richter <strong>in</strong> diesem Falle ist verpflichtet<br />
e<strong>in</strong>en neuen Verwalter zu bestellen.<br />
Wenn es um die Befriedigung des Gläubigers im Rahmen des Konkursverfahrens geht, geht<br />
man nach der gesetzlich vorgegebenen Rangordnung vor. Vorrang haben spezielle Kategorien<br />
von Gläubigern, wie beispielsweise das F<strong>in</strong>anzamt, Krankenkassen, Sozialversicherung,<br />
Angestellte des Schuldners. Der „normale“ Gläubiger hat e<strong>in</strong>e verbesserte Stellung wenn er <strong>in</strong><br />
das Konkursverfahren mit e<strong>in</strong>er existierenden Sicherheit e<strong>in</strong>getreten ist, z. B.: Pfandrecht,<br />
welches se<strong>in</strong>e Forderung sichert.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Der Schutz des wirtschaftlichen Wettbewerbs ist im §§ 41 - 55 HGB und im eigenen<br />
Kartellgesetz geregelt. Zuständig für den Vollzug kartellrechtlicher Regelungen ist die<br />
Antimonopolbehörde.<br />
Der Besitzstand auf dem Gebiet des Wettbewerbs umfasst das Kartellrecht und die<br />
Vorschriften über die Kontrolle staatlicher Beihilfen. Er be<strong>in</strong>haltet Regeln und Verfahren, die<br />
der Bekämpfung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen von Unternehmen<br />
(wettbewerbsbeschränkende Vere<strong>in</strong>barungen und Missbrauch marktbeherrschender<br />
Stellungen) dienen und die Regierungen daran h<strong>in</strong>dern, staatliche Beihilfen zu gewähren, die<br />
den Wettbewerb im B<strong>in</strong>nenmarkt verfälschen. Die Wettbewerbsregeln gelten generell<br />
unmittelbar <strong>in</strong> der gesamten Europäischen Union und die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer<br />
Durchsetzung une<strong>in</strong>geschränkt mit der Kommission zusammenarbeiten. Im Kartellbereich<br />
decken die slowakischen Rechtsvorschriften die wichtigsten Grundsätze der<br />
geme<strong>in</strong>schaftlichen Kartellvorschriften <strong>in</strong> Bezug auf wettbewerbsbeschränkende<br />
Vere<strong>in</strong>barungen, den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen und die Fusionskontrolle<br />
ab.<br />
Im E<strong>in</strong>klang mit der Annährung an das EU-Recht wurden <strong>in</strong>s slowakische Recht sog.<br />
Gruppenausnahmen für Kartellabsprachen <strong>in</strong>korporiert.<br />
Der Slowakei wurden zwei Übergangszeiträume e<strong>in</strong>geräumt, während deren unter bestimmten<br />
Auflagen e<strong>in</strong>em Unternehmen des Stahlsektors bis höchstens Ende 2009 und e<strong>in</strong>em<br />
Unternehmen des Kraftfahrzeugsektors ebenfalls unter bestimmten Auflagen bis Ende 2008<br />
steuerliche Beihilfen gewährt werden können.<br />
182
Slowakei<br />
10) Gibt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
Die Slowakei unterzeichnete das Wiener Abkommen über den <strong>in</strong>ternationalen<br />
Warenaustausch. Dieses Abkommen tritt automatisch beim <strong>in</strong>ternationalen Handel <strong>in</strong> Kraft,<br />
wenn unter den Vertragsparteien nicht andere Regeln vere<strong>in</strong>bart wurden. Dass das<br />
slowakische Kaufvertragsrecht ist fast identisch mit dem Wiener Abkommen ist.<br />
Quellen:<br />
In der Informationsbeschaffung wurden auf zahlreiche, externe, Informationsquellen<br />
zurückgegriffen. Die unten gelisteten Internetadressen dienen als Informationsquellen.<br />
Zusätzlich wurde e<strong>in</strong> Country Report von COFACE INTERCREDIT h<strong>in</strong>zugezogen. Mit<br />
freundlicher Unterstützung der IHK Aschaffenburg und dem General-Konsulat der Slowakei<br />
<strong>in</strong> München wurden die Daten komplettiert.<br />
Des Weiteren war es sehr arbeitsaufwendig an Fachliteratur zu gelangen. Weder <strong>in</strong> der<br />
Bibliothek der FH Koblenz, der Bibliothek des Juridicum der Universität Bonn, noch <strong>in</strong> der<br />
Landesbibliothek <strong>in</strong> Bonn fanden wir entsprechende Gesetzestexte. Der Auslandsdienst des<br />
Industrie- und Handelskammertages verlangte für übersetzte Gesetze sogar hohe Gebühren.<br />
Kanus/Wakounig, „Steuer- und Gesellschaftsrecht der EU-Beitrittskandidaten“<br />
http://www.eugenbucher.ch/pdf_files/66.pdf<br />
http://eastlex.juris.de/ausgabe_01/html/EASTLEX.2003.01.12.htm<br />
http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/laender<strong>in</strong>fos/laender/laender_ausgabe_html<br />
http://www.notar.sk<br />
http://eastlex.juris.de/ausgabe_01/html/EASTLEX.2003.01.12.htm<br />
http://www.eic.de/enlargement/Markte<strong>in</strong>stieg/Laender/eic_erw_sk.doc<br />
http://www.adac.de/Recht_und_Rat/fahrzeugkauf_leas<strong>in</strong>g/fahrzeugkauf_eu/Fahrzeugkauf_Be<br />
itrittslaendern_EU/default.asp<br />
183
Allgeme<strong>in</strong>:<br />
Slowenien<br />
Lage<br />
Südliches Zentraleuropa, zwischen Österreich, Italien, Kroatien und Ungarn<br />
Fläche<br />
gesamt: 20 253 qkm<br />
Land<br />
20 253 qkm<br />
Wasser<br />
45 qkm<br />
Landesgrenzen<br />
gesamt: 1 334 km<br />
Grenzstaaten<br />
Österreich 330 km, Kroatien 670 km, Italien 232 km, Ungarn 102 km<br />
Küste<br />
46,6 km<br />
E<strong>in</strong>wohner<br />
1 927 000 (2000 geschätzt)<br />
Hauptstadt<br />
Ljubljana (Laibach)<br />
Klima<br />
Mediterranes Klima, im H<strong>in</strong>terland kont<strong>in</strong>entaler, kühler und gemäßigt<br />
Zum Beitritt Sloweniens <strong>in</strong> die Europäische Union<br />
Die Kommission kam <strong>in</strong> ihrer Stellungnahme von 1997 zu dem Schluss, dass Slowenien die<br />
politischen Kriterien erfüllt. Seither hat das Land beträchtliche Fortschritte bei der weiteren<br />
Konsolidierung und Stabilisierung se<strong>in</strong>er Institutionen erzielt, die Demokratie,<br />
Rechtsstaatlichkeit, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von<br />
M<strong>in</strong>derheiten gewährleisten. Diese Entwicklung hat sich auch im vergangenen Jahr bestätigt.<br />
Slowenien erfüllt weiterh<strong>in</strong> die politischen Kriterien von Kopenhagen.<br />
Slowenien hat durch die Annahme von Gesetzen über Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes,<br />
öffentliche E<strong>in</strong>richtungen und die Staatsverwaltung deutliche Fortschritte bei der Reform der<br />
öffentlichen Verwaltung erzielt. Damit verfügt Slowenien nun über alle erforderlichen<br />
Rahmenvorschriften für die Durchführung der Reform. Wichtig ist, dass diese Gesetze nun<br />
auch <strong>in</strong> vollem Umfang umgesetzt werden.<br />
Durch Änderungen der Rechtsvorschriften und die Annahme von Maßnahmen zur<br />
Verr<strong>in</strong>gerung der Zahl der anhängigen Gerichtsverfahren wurde die Justizreform weiter<br />
vorangetrieben. Slowenien hat den Bedarf anerkannt, diese Situation weiter zu verbessern.<br />
184
Slowenien<br />
In Slowenien werden die Menschenrechte und Grundfreiheiten weiterh<strong>in</strong> geachtet.<br />
Bereits <strong>in</strong> der Stellungnahme von 1997 wurden die Reformbemühungen anerkannt, die die<br />
slowenischen Behörden zur Umgestaltung der Wirtschaft unternommen hatten. Seit der<br />
Stellungnahme hat sich die Wirtschaftsleistung trotz schwieriger weltwirtschaftlicher<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen weiter verbessert. Die makroökonomische Stabilität wurde erreicht und<br />
die Reformen ausgeweitet, wobei die slowenischen Behörden sich entschlossen weiter darum<br />
bemüht haben, den mit dem EU-Beitritt verbundenen wirtschaftlichen Anforderungen gerecht<br />
zu werden<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Zwar gilt im Pr<strong>in</strong>zip die Formfreiheit der Verträge (wie Art. 51 Schuldgesetzbuch), e<strong>in</strong>ige<br />
Verträge (z.B. Übertragung der Rechte an Immobilien, Bürgschaftsverträge, ect.) müssen<br />
jedoch <strong>in</strong> schriftlicher Form abgeschlossen werden. Auch im Verbraucherrecht gibt es<br />
Formerfordernisse, z.B. bei Kreditverträgen notarielle Form geschrieben (z.B.<br />
Rechtsgeschäfte zwischen den Ehegatten ect.)<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
E<strong>in</strong> Sonderrecht im S<strong>in</strong>ne vom HGB gibt es nicht, da das Schuldrecht von e<strong>in</strong>em<br />
monistischen Konzept ausgeht (wie <strong>in</strong> der Schweiz). Doch gibt es im Vertragsrecht e<strong>in</strong>ige<br />
(nicht sehr viele) Besonderheiten für die sogenannten Handelsverträge; def<strong>in</strong>iert werden sie<br />
im Art. 12 SchGB.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Es gibt e<strong>in</strong> Verbraucherschutzgesetz (Zakon o varstvu potrosnikov) und e<strong>in</strong><br />
Verbraucherschutzgesetz. Im Wesentlichen entspricht die Regelung den EU – Richtl<strong>in</strong>ien.<br />
Zustimmend der Bestimmungen zum Schuldverhältnis, hat e<strong>in</strong> Käufer, der dem Verkäufer<br />
e<strong>in</strong>en Defekt an e<strong>in</strong>er Sache rechtzeitig und formgerecht Anzeigt, folgende Möglichkeiten.<br />
Den Verkäufer zur Beseitigung des Defekt oder der Lieferung e<strong>in</strong>er<br />
Defektfreien Sache zu fordern<br />
M<strong>in</strong>derung des Kaufpreises zu erwirken<br />
Rücktritt vom Vertrag<br />
185
Slowenien<br />
<strong>in</strong> jedem dieser Falle hat der Käufer das Recht e<strong>in</strong>e Entschädigung für die daraus<br />
entstehende Bee<strong>in</strong>trächtigung zu fordern<br />
Der Käufer kann jedoch nur vom Vertrag zurücktreten, sofern e<strong>in</strong>e angemessene<br />
Zusatzzeit / Frist zur Nacherfüllung durch den Verkäufer gewährt wurde.<br />
4) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalte) und unbewegliche Vermögen (z.B. Grundstücke) vor?<br />
Es gibt alle Formen der Kreditsicherung die man auch <strong>in</strong> Deutschland f<strong>in</strong>det, e<strong>in</strong>schließlich<br />
Grundschuld. Jedoch gibt es ke<strong>in</strong>e Rentenschuld.<br />
Arten der Kreditsicherung<br />
Personalkredit<br />
Bankkredit<br />
Bürgschaftskredit<br />
a) Ausfallbürgschaft<br />
b) selbstschuldnerische Bürgschaft<br />
Wechseldiskontkredit<br />
Zession<br />
Sachkredit / Realkredit<br />
Verpfändung<br />
Sicherungsübereignung<br />
Eigentumsvorbehalt<br />
Hypothek<br />
Grundschuld<br />
186
Slowenien<br />
5) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgeschaltet?<br />
Ja. Haftung für Sach – und Rechtsmängel zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs .<br />
Voraussetzung : Untersuchung, rechtzeitige Rüge.<br />
Ansprüche : Nacherfüllungsanspruch, Preism<strong>in</strong>derung, Rücktritt, Schadensersatz.<br />
Dauer der Haftung : In der Regel 6 Monate nach Lieferung<br />
(Meldefrist beträgt 8 Tage für Privat- und<br />
Geschäftsverträge nach Entdeckung des Mangels /<br />
Defekts)<br />
Bei nicht offensichtlichen Defekten 2 Jahre<br />
(Meldefrist beträgt 2 Monate nach Entdeckung des<br />
Mangel / Defekts)<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Ja, sie entspricht der EU – Richtl<strong>in</strong>ie.<br />
Richtl<strong>in</strong>ie 93/13EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln<br />
<strong>in</strong> Verbraucherverträgen.<br />
Inhalte<br />
Erwägungen<br />
Artikel 1 : Zweck<br />
Artikel 2 : Legaldef<strong>in</strong>ition :“Verbraucher“ , “Gewerbetreibender“<br />
Artikel 3 : Legaldef<strong>in</strong>ition :“Missbräuchliche Klausel“ ;<br />
Vertragsklausel „Nicht im e<strong>in</strong>zelnen ausgehandelt“ ; Beweislast<br />
Artikel 4 : Beurteilung der Missbräuchlichkeit<br />
Artikel 5 : Auslegungsregel<br />
Artikel 6 : „Für den Verbraucher unverb<strong>in</strong>dlich“<br />
Artikel 7 : Durchsetzung<br />
Artikel 8 : Bericht<br />
Artikel 10 : Adressat der Richtl<strong>in</strong>ien<br />
Artikel 11 : Liste missbräuchlicher Klauseln<br />
187
Slowenien<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
a) Schriftlicher Vertrag (iustus titulus)<br />
b) Verfügungsgeschäft (clausula <strong>in</strong>tabulandi)<br />
c) E<strong>in</strong>tragung im Grundbuch (modus acquirendi)<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Das slowenische Insolvenzrecht orientiert sich an der österreichischen und deutschen<br />
Konkurs- bzw. Ausgleichsordnung. Das f<strong>in</strong>anzielle Reorganisationsverfahren (= slowenisches<br />
Ausgleichsrecht) basiert auf dem Chapter-11-Verfahren des United States Bankruptcy Code.<br />
Als wesentliche Grundpr<strong>in</strong>zipien dieser Gesetze s<strong>in</strong>d zu nennen<br />
Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip: Basiert auf dem Gedanken, dass der Konkurs das äußerste Regulativ<br />
darstellt. Es soll primär danach getrachtet werden, dass die Liquidität des Schuldners<br />
wiederhergestellt wird und e<strong>in</strong> Konkursverfahren vermieden werden kann.<br />
Deckungspr<strong>in</strong>zip: Sagt aus, dass e<strong>in</strong> Konkursverfahren nicht durchgeführt wird, wenn die<br />
Konkursmasse nicht e<strong>in</strong>mal die Verfahrenskosten decken kann.<br />
Universalitätspr<strong>in</strong>zip: Unterstellt, dass die Konkursmasse sich aus dem gesamten<br />
konkursunterworfenen Vermögen des Schuldners zusammensetzt.<br />
Pr<strong>in</strong>zip der Gleichbehandlung und verhältnismäßigen Befriedigung der Gläubiger:<br />
Ausnahmen bestehen für aussonderungs- und absonderungsberechtigte Gläubiger, für<br />
Verfahrenskosten und für Arbeitnehmeransprüche.<br />
Pr<strong>in</strong>zip der Beschränkung der Befugnisse des Schuldners: Bei Eröffnung e<strong>in</strong>es Konkurses<br />
wird e<strong>in</strong> Konkursverwalter bestellt. Der Schuldner verliert die Geschäftsführungs- und<br />
Vertretungsbefugnis für se<strong>in</strong> Unternehmen.<br />
Pr<strong>in</strong>zip der Vermögensverwertung: Demzufolge der Konkursverwalter die Konkursmasse<br />
entweder veräußert oder im Zuge e<strong>in</strong>er Versteigerung feil bietet.<br />
Pr<strong>in</strong>zip der Anziehung: Sagt aus, dass jenes Gericht, das dass Konkursverfahren durchführt,<br />
auch für alle mit diesem Verfahren zusammenhängenden Streitigkeiten zuständig ist.<br />
Pr<strong>in</strong>zip der Schnelligkeit des Verfahrens: Schlägt sich dar<strong>in</strong> nieder, dass die<br />
Rechtsmittelfrist gegen den Konkurseröffnungsbeschluss nur 8 Tage beträgt.<br />
188
Slowenien<br />
Dispositionspr<strong>in</strong>zip: Ermöglicht den Gläubigern e<strong>in</strong>e Mitsprache bei der Reorganisation im<br />
Rahmen e<strong>in</strong>es Konkursverfahrens.<br />
Pr<strong>in</strong>zip der amtswegeigen Verfahrensleitung: Wenn e<strong>in</strong>e Reorganisation unmöglich<br />
sche<strong>in</strong>t, ist von Amts wegen das Konkursverfahren zu eröffnen<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Ja, es entspricht den Art. 82 und Art. 83 des EG –Vertrages. (siehe auch Art. 81)<br />
Auf diesem Gebiet hat Slowenien seit der Annahme des letzten Regelmäßigen Berichts<br />
weiterh<strong>in</strong> Fortschritte erzielt. Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere für den Bereich der staatlichen Beihilfen.<br />
Auf dem Gebiet des Kartellrechts wurden das Gesetz über die Verh<strong>in</strong>derung von<br />
Wettbewerbsbeschränkungen und die anderen e<strong>in</strong>schlägigen Rechtsakte weiterh<strong>in</strong> umgesetzt.<br />
In dem Amt für den Schutz des Wettbewerbs, der nationalen Wettbewerbsbehörde <strong>in</strong><br />
Slowenien, s<strong>in</strong>d elf Mitarbeiter beschäftigt. Im Jahr 2000 leitete das Amt 43 Verfahren e<strong>in</strong>.<br />
Davon betrafen vier wettbewerbsbeschränkende Vere<strong>in</strong>barungen, drei den Missbrauch e<strong>in</strong>er<br />
beherrschenden Stellung und 36 Unternehmenszusammenschlüsse. Es erließ 51<br />
Entscheidungen. Davon betrafen neun wettbewerbsbeschränkende Vere<strong>in</strong>barungen, drei den<br />
Missbrauch e<strong>in</strong>er beherrschenden Stellung und 39 Unternehmenszusammenschlüsse. Im Jahr<br />
2000 wurden jedoch weder Geldstrafen verhängt noch Gerichtsurteile erlassen.<br />
Auf diesem Gebiet s<strong>in</strong>d die Vorbereitungen <strong>in</strong> Slowenien weit gediehen. Die geltenden<br />
slowenischen Kartellvorschriften decken den größten Teil des Besitzstands ab und stehen mit<br />
den EG-Bestimmungen im E<strong>in</strong>klang. Das Amt für den Schutz des Wettbewerbs verfügt über<br />
weitreichende Befugnisse zur Durchsetzung der Wettbewerbsregeln und wird personell<br />
verstärkt. Se<strong>in</strong>e wichtigste Herausforderung ist nun die Gewährleistung der effektiven<br />
Anwendung und Durchsetzung der kartellrechtlichen Vorschriften, wobei es sich vorrangig<br />
mit den besonders schwerwiegenden Fällen von Wettbewerbsverzerrung befassen sollte. Zu<br />
diesem Zweck ist jetzt u. a. dafür zu sorgen, dass e<strong>in</strong> wirksames Bußgeldsystem entwickelt<br />
und die Anwendung der Regeln gegebenenfalls gerichtlich durchgesetzt wird.<br />
189
Artikel 82<br />
Slowenien<br />
Mit dem geme<strong>in</strong>samen Markt unvere<strong>in</strong>bar und verboten ist die missbräuchliche<br />
Ausnutzung e<strong>in</strong>er beherrschenden Stellung auf dem geme<strong>in</strong>samen Markt oder auf e<strong>in</strong>em<br />
wesentlichen Teil desselben durch e<strong>in</strong> oder mehrerer Unternehmen, soweit die dazu<br />
führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu bee<strong>in</strong>trächtigen.<br />
Dieser Missbrauch kann <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> folgendem bestehen:<br />
a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzw<strong>in</strong>gung von unangemessenen E<strong>in</strong>kaufs-<br />
oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen;<br />
b) die E<strong>in</strong>schränkung der Erzeugung , des Absatzes oder der technischen<br />
Entwicklung zum Schaden der Verbraucher;<br />
c) der Anwendung unterschiedlicher Bed<strong>in</strong>gungen bei gleichwertigen Leistungen<br />
gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;<br />
d) der an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bed<strong>in</strong>gungen, dass die<br />
Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder schlich noch nach<br />
Handelsbrauch <strong>in</strong> Beziehung zu Vertragsgegenstand stehen.<br />
Artikel 83<br />
(1) Die Zweckdienlichen Verordnungen der Richtl<strong>in</strong>ien oder Verwirklichung der <strong>in</strong><br />
den Artikeln 81 und 82 niedergelegten Grundsätzen werden vom Rat mit<br />
qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des<br />
Europäischen Parlaments geschlossen.<br />
(2) Die <strong>in</strong> Absatz 1 vorgesehenen Vorschriften bezwecken <strong>in</strong>sbesondere:<br />
a) die Beachtung der <strong>in</strong> Artikel 81 Absatz 1 und Artikel genannten Verbote durch die<br />
E<strong>in</strong>führung von Geldbußen und Zwangsgeldern zu gewährleisten;<br />
b) die E<strong>in</strong>zelheiten der Anwendung des Artikel 81 Absatz 3 festzulegen; dabei ist dem<br />
Erfordernis e<strong>in</strong>er wirksamen Überwachung bei der möglichst e<strong>in</strong>facher<br />
Verwaltungskontrolle Rechnung zu tragen;<br />
190
Artikel 81<br />
Slowenien<br />
c) gegebenenfalls den Anwendungsbereich der Artikel 81 und 82 für die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Wirtschaftszweige näher zu bestimmen;<br />
d) die Aufgaben der Kommission und des Gerichtshofes bei der Anwendung der <strong>in</strong><br />
diesem Absatz vorgesehenen Vorschriften gegene<strong>in</strong>ander abzugrenzen;<br />
e) das Verhältnis zwischen den <strong>in</strong>nerstaatlichen Rechtsvorschriften e<strong>in</strong>erseits und den<br />
<strong>in</strong> diesem Abschnitt enthaltenen oder aufgrund dieses Artikels getroffenen<br />
Bestimmungen andererseits festzulegen.<br />
(1) Mit dem geme<strong>in</strong>samen Markt unvere<strong>in</strong>bar und verboten s<strong>in</strong>d alle Vere<strong>in</strong>barungen<br />
zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvere<strong>in</strong>igungen und aufe<strong>in</strong>ander<br />
abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu<br />
bee<strong>in</strong>trächtigen geeignet s<strong>in</strong>d und e<strong>in</strong>e Verh<strong>in</strong>derung, E<strong>in</strong>schränkung oder Verfälschung<br />
des Wettbewerbs <strong>in</strong>nerhalb des geme<strong>in</strong>samen Marktes bezwecken oder bewirken,<br />
<strong>in</strong>sbesondere:<br />
a) die unmittelbare und mittelbare Festsetzung der An – oder Verkaufspreise oder<br />
sonstige Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen<br />
b) die E<strong>in</strong>schränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen<br />
Entwicklung oder der Investitionen;<br />
c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;<br />
d) die Anwendung unterschiedlicher Bed<strong>in</strong>gungen bei gleichwertigen Leistungen<br />
gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;<br />
e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bed<strong>in</strong>gungen, dass die<br />
Vertragspartner zusätzlich Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach<br />
Handelsbrauch <strong>in</strong> Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.<br />
(2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vere<strong>in</strong>barungen oder Beschlüsse s<strong>in</strong>d nichtig<br />
191
Slowenien<br />
(3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf<br />
- Vere<strong>in</strong>barungen oder Gruppen von Vere<strong>in</strong>barungen zwischen<br />
Unternehmen<br />
- Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von<br />
Unternehmensvere<strong>in</strong>igungen,<br />
- Aufe<strong>in</strong>ander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen solchen,<br />
die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gew<strong>in</strong>n<br />
zur Verbesserung der Warenerzeugung oder Verteilung oder Förderung des<br />
technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts betragen, ohne das den beteiligten<br />
Unternehmen.<br />
a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht<br />
unerlässlich s<strong>in</strong>d, oder<br />
b) Möglichkeiten eröffnet werden, für e<strong>in</strong>en wesentlichen Teil der betreffenden Waren<br />
den Wettbewerb ausschalten.<br />
10) Gilt <strong>in</strong> Slowenien das UN - Kaufrecht?<br />
In Slowenien, <strong>in</strong> Kraft seit 25. 6. 1991<br />
192
Tschechien<br />
Kurzprofil:<br />
Die Tschechische Republik liegt geographisch gesehen ungefähr <strong>in</strong> der Mitte <strong>Europa</strong>s und<br />
umfasst e<strong>in</strong> Gebiet von 78.866 km 2 . Sie ist e<strong>in</strong> B<strong>in</strong>nenstaat, der 326 km von der Ostsee und<br />
322 km vom Adriatischen Meer entfernt liegt. Die Tschechische Republik grenzt an<br />
Deutschland (geme<strong>in</strong>same Grenze von 810 km), an Polen (762 km), an Österreich (466 km)<br />
und an die Slowakei (265 km). Die höchste Erhebung des Landes ist mit 1602 die Snezka<br />
(Schneekoppe) und der niedrigste Punkt liegt <strong>in</strong> der Nähe von Hrensko, wo die Elbe das<br />
Gebiet der Tschechischen Republik verlässt (117 m über Meeresspiegel).<br />
Daten (nach Fischer-Weltalmanach 2004 2002 Vergleichszahlen Bundesrepublik<br />
Deutschland 2004):<br />
Fläche von Tschechien <strong>in</strong> Tausend km² (Weltrangplatz): 79 (114) 357 (61)<br />
E<strong>in</strong>wohnerzahl von Tschechien <strong>in</strong> Tausend (Weltrangplatz): 10 224 (76) 10 278 (74) 82<br />
333 (12)<br />
Bevölkerungsdichte von Tschechien, E<strong>in</strong>wohner je km²: 130 130 231<br />
Bruttosozialprodukt von Tschechien <strong>in</strong> US-$ je E<strong>in</strong>wohner: 5 310 5 020 23 560<br />
Wert der Landeswährung, Tschechien, 1 Euro = Landeswährung: 32 Tschechische Kronen<br />
33 Kc<br />
Arbeitslosigkeit von Tschechien, Arbeitslosenquote: 9,8 % 8,8 % % 9,8 %<br />
Inflationsrate im Durchschnitt: 2002: 1,8 %, 1990-2001: 10,6 % 1990-1999: 12,4 % 1,8%<br />
Auslandsverschuldung von Tschechien <strong>in</strong> Millionen US-$: 21 691 22 583 ???<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
1.1 Grundsätzlich gilt Vertragsfreiheit<br />
Der Grundsatz der Vertragsfreiheit ist im § 263 HGB verankert. Die Vertragsparteien dürfen<br />
von den Regelungen dieses Buchs des HGB abweichen oder die Anwendbarkeit von<br />
Bestimmungen ausschließen, welche nicht als zw<strong>in</strong>gend vorgegeben s<strong>in</strong>d. Daraus ergibt<br />
sich, dass die Parteien zunächst die unabd<strong>in</strong>gbaren Regelungen des HGB zu beachten haben<br />
(bei Handelsbeziehungen vgl. § 263 HGB), dann die im Handelsgesetzbuch enthaltenen<br />
besonderen Vertragstypen und ihre Regelungen zu berücksichtigen haben (§ 269 Abs. 1<br />
HGB) oder e<strong>in</strong>en dort nicht aufgeführten (unbenannten) Vertragstyp verwenden (§ 269 Abs.<br />
2 HGB) können.<br />
193
Tschechien<br />
1.2 Handelsbräuche und Sitten<br />
Im Zusammenhang mit § 263 HGB s<strong>in</strong>d die Regelungen des § 264 Abs. 1 HGB zu sehen,<br />
wonach bei der Beurteilung der sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten der<br />
Vertragsparteien auch die Handelsbräuche und Sitten zu beachten s<strong>in</strong>d, welche<br />
üblicherweise <strong>in</strong> der betreffenden Branche gelten und allgeme<strong>in</strong> anerkannt s<strong>in</strong>d. Werden<br />
solche Sitten und Bräuche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Branche allgeme<strong>in</strong> anerkannt und<br />
e<strong>in</strong>gehalten, so setzt man ihre E<strong>in</strong>haltung auch dann voraus, wenn der konkrete Vertrag<br />
ke<strong>in</strong>e ausdrücklich abweichende Regelung enthält. Diese Handelsbräuche und Sitten f<strong>in</strong>den<br />
allerd<strong>in</strong>gs ihre Grenzen dort, wo sie gegen die verb<strong>in</strong>dlichen Vertragsregelungen oder gar<br />
gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen sollten.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Die rechtliche Regelung im Bereich des Gewerberechts <strong>in</strong> Tschechien folgt dem<br />
Registrationspr<strong>in</strong>zip: Der Unternehmer ist von ke<strong>in</strong>er Bewilligung abhängig, sondern hat,<br />
wenn die vorgeschriebenen Erfordernisse erfüllt s<strong>in</strong>d, Anspruch auf die E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> die<br />
e<strong>in</strong>schlägigen Register. Die grundsätzlichen Erfordernisse für die Ausübung der<br />
unternehmerischen Tätigkeit werden im Gewerbegesetz geregelt. Dieses Gesetz betrifft die<br />
meisten Bereiche der unternehmerischen Tätigkeit; nur ganz spezielle Tätigkeitsbereiche<br />
werden aus se<strong>in</strong>er Reichweite ausgeklammert, wie z.B. die Freiberufler,<br />
Energieversorgungsunternehmen, und ähnliche spezielle Tätigkeiten, deren Ausübung<br />
eigene Gesetze regeln.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz geregelt?<br />
Die Regelung der Verbraucherverträge ist <strong>in</strong> den §§ 55 und 56 enthalten. In erster L<strong>in</strong>ie gilt,<br />
dass vertragliche Vere<strong>in</strong>barungen von Verbraucherverträgen nicht zu Lasten des Verbrauchers<br />
vom Gesetz abweichen dürfen (§55 Abs. 1 Satz 1).<br />
Es kann zu Gunsten des Verbrauchers vorteilhaftere Bed<strong>in</strong>gungen vertraglich vere<strong>in</strong>bart<br />
werden.<br />
Gem. § 55 Abs. 1 Satz 2 kann der Verbraucher weder auf Rechte verzichten, die ihm das<br />
Gesetz e<strong>in</strong>räumt, noch se<strong>in</strong>e Vertragsposition auf andere Weise verschlechtern.<br />
E<strong>in</strong>ige Beispiele von unlauteren Vere<strong>in</strong>barungen (unfair Terms) enthält § 56 Abs. 3:<br />
a) die Verantwortung des Unternehmers für e<strong>in</strong>e Handlung oder Unterlassung<br />
ausschließen oder<br />
e<strong>in</strong>grenzen, durch die der Verbraucher stirbt oder e<strong>in</strong>en gesundheitlichen Schaden<br />
erleidet<br />
b) die Rechte des Verbrauchers bei der Geltendmachung von Mängel- oder<br />
Schadenshaftung ausschließen<br />
oder e<strong>in</strong>grenzen<br />
194
Tschechien<br />
c) dem Verbraucher vorschreiben, alle Verpflichtungen auch dann zu erfüllen, wenn der<br />
Unternehmer die<br />
ihm entstandenen Verpflichtungen nicht geleistet hat<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Ja, es gibt Regelungen <strong>in</strong> Form von Rücktritt und dem Schadensersatz:<br />
Der Rücktritt vom Vertrag dient im tschech. Bürgerlichem Recht dazu, den Mangel e<strong>in</strong>er<br />
Rechtshandlung zu beheben (z.B. bei der Verletzung der Pflicht e<strong>in</strong>en mängelfreien<br />
Leistungsgegenstand zu liefern). Wird der Vertrag aufgelöst, so fällt der Rechtsgrund der<br />
Leistung weg, d.h. der Pflicht alles zurückzugeben, was auf Grund des Vertrages geleistet<br />
wurde. Ausnahmen, wo der Verbraucher nicht zurücktreten kann regelt der § 53 Abs. 7.<br />
Im Fall e<strong>in</strong>es Schadens gilt der Hersteller so lange als schuldhaft, bis er das Gegenteil<br />
bewiesen hat. Der Beweis ist <strong>in</strong> folgenden Fällen möglich: Der Hersteller hat das Produkt<br />
nicht auf den Markt gebracht, der Fehler des Produktes entstand später, das Produkt wurde<br />
nicht zum Verkauf oder nicht im Rahmen unternehmerischer Tätigkeit hergestellt, der Fehler<br />
des Produktes ist e<strong>in</strong>e Folge rechtlicher Vorschriften, zur Zeit der Markte<strong>in</strong>führung konnte<br />
nach dem damaligen Stand der Technik der Fehler nicht festgestellt werden.<br />
Jeder haftet für den Schaden, den er durch die Verletzung e<strong>in</strong>er Rechtspflicht verursacht hat.<br />
E<strong>in</strong>e natürliche oder juristische Person haftet auch für Schäden, die von Gehilfen verursacht<br />
wurden. Wer beweist, dass er den Schaden nicht schuldhaft herbeigeführt hat, ist von der<br />
Haftung befreit. Zu ersetzen s<strong>in</strong>d der unmittelbar e<strong>in</strong>getretene Schaden und der entgangene<br />
Gew<strong>in</strong>n.<br />
Grundsätzlich ist der Schaden <strong>in</strong> Geld zu ersetzen. Wenn es möglich und zweckmäßig ist,<br />
kann der Geschädigte auch die Wiederherstellung des vorigen Zustandes verlangen.<br />
Unabhängig davon, ob durch e<strong>in</strong> gefährliches Produkt e<strong>in</strong> Schaden verursacht wird oder nicht,<br />
entstehen bei mangelhafter Leistung – neben allfälligen Ansprüchen aus der Produkthaftung –<br />
Gewährleistungsansprüche. Den Mangel muss jedoch – etwa im Falle e<strong>in</strong>es Kaufvertrages –<br />
der Käufer dem Verkäufer gegenüber ohne unnötige Verzögerung geltend machen. Beim<br />
Kaufvertrag beträgt die Gewährleistungsfrist derzeit noch sechs Monate nach Annahme der<br />
Sache. Die Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf zwei Jahre – entsprechend der EG-<br />
Gewährleistungs-Richtl<strong>in</strong>ie – ist zu erwarten.<br />
195
Tschechien<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Pfandrecht<br />
In Tschechien gibt es seit 2003 e<strong>in</strong> neues öffentliches Pfandregister. Durch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong><br />
dieses <strong>in</strong> elektronischer Form von der tschechischen Notarkammer geführte Register kann e<strong>in</strong><br />
besitzloses Pfand begründet werden. Als Kreditsicherungsmittel bietet e<strong>in</strong> solches<br />
Pfandrecht etwa bei der Lieferung beweglicher Sachen (z.B. Masch<strong>in</strong>en und Anlagen) e<strong>in</strong>e<br />
attraktive Alternative zu dem <strong>in</strong> Tschechien etwas e<strong>in</strong>geschränkten Eigentumsvorbehalt.<br />
Durch die E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Pfandregister erfolgt die Begründung des Pfandrechts, die jeder<br />
Notar vornehmen kann. Es besteht auch die Möglichkeit, dass jedermann, wenn er e<strong>in</strong><br />
berechtigtes Interesse nachweist oder die schriftliche Zustimmung des Eigentümers der<br />
verpfändeten Sache vorlegt, über e<strong>in</strong>en tschechischen Notar e<strong>in</strong>en Auszug oder e<strong>in</strong>e<br />
Bestätigung anfordern, ob e<strong>in</strong> Pfandrecht im Pfandregister e<strong>in</strong>getragen ist. Auch e<strong>in</strong>e<br />
Verbesserung der Effektivität der Verwertung von Pfandgegenständen wurde durchgeführt.<br />
Neue Kreditsicherheiten<br />
E<strong>in</strong>e wesentliche langfristige Verbesserung lassen die Änderungen im Bereich der<br />
Kreditsicherheiten erwarten: GmbH-Anteile s<strong>in</strong>d fortan verpfändbar und können ebenso wie<br />
Liegenschaften jetzt auch außergerichtlich von dazu befugten Unternehmen versteigert<br />
werden. Während neue Pfandgläubiger für e<strong>in</strong>e außergerichtliche Versteigerung zwar<br />
unverändert e<strong>in</strong> Gerichtsurteil oder e<strong>in</strong>en anderen vollstreckbaren Titel brauchen, belohnte der<br />
Gesetzgeber die mutigen Kreditgeber, die sich schon bisher auf e<strong>in</strong>e Hypothek als Sicherheit<br />
e<strong>in</strong>gelassen haben: Sie müssen gar nur e<strong>in</strong>e Ehrenerklärung abgeben, dass der Schuldner nicht<br />
zahlt, und schon kann versteigert werden.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Die Regelungen des § 273 Abs. 1 HGB sehen vor, dass e<strong>in</strong>zelne Bestandteile des Vertrags<br />
durch Verweise auf die Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen ersetzt werden können. Das<br />
HGB unterscheidet zwischen Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen, welche von<br />
Fachkammern oder Interessenverbänden herausgegeben wurden, und zwischen<br />
Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>es der Vertragspartner. Im ersten Fall geht man davon aus, dass<br />
sich beide Vertragspartner kennen, sofern sie derselben Branche angehören oder mit Waren<br />
derselben Gattung handeln. Andernfalls müssen die Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen<br />
dem Vertrag beigefügt werden. Allerd<strong>in</strong>gs muss beachtet werden, dass die von den<br />
Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen abweichenden vertraglichen Regelungen gem. § 273<br />
Abs. 2 HGB stets Vorrang vor diesen haben. Dies gilt auch dann, wenn der Ausschluss<br />
vertraglich nicht ausdrücklich geregelt wurde.<br />
196
Tschechien<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
In Tschechien wird Eigentum an Grundstücken durch Abschluss e<strong>in</strong>es<br />
Verpflichtungsvertrages und nachfolgender E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Immobilienkataster erworben,<br />
§§ 132 Abs. 1, 133 Abs. 2 des BGB von 1964 <strong>in</strong> der Form der Neubekanntmachung von<br />
1992. Im Gegensatz zum deutschen Recht kennt das tschechische Zivilrecht ke<strong>in</strong><br />
Abstraktionspr<strong>in</strong>zip.. Der Vertrag muss entweder von dem Rechtsanwalt, der ihn aufgesetzt<br />
hat, oder e<strong>in</strong>em Notar beglaubigt werden. E<strong>in</strong> Gebäude ist grundsätzlich nicht Bestandteil<br />
e<strong>in</strong>es Grundstücks, § 120 Abs. 2 BGB.<br />
a) Devisenausländer, die nicht die tschechische Staatsangehörigkeit haben, können nur<br />
<strong>in</strong> speziellen Fällen Immobilien erwerben.<br />
b) Gemäß § 17 Abs. 2 DevisenG können Devisenausländer, die jur. Personen s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong>geschränkt unmittelbar Eigentum an Immobilien erwerben, sofern sie <strong>in</strong> der<br />
Tschechischen Republik durch e<strong>in</strong>er Tochtergesellschaft unternehmerisch tätig s<strong>in</strong>d.<br />
Mit dem Antrag auf E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Kataster müssen folgende Unterlagen vorgelegt<br />
werden:<br />
a) Kaufvertrag gem. gesetzlichen Anforderungen<br />
b) Verfügungsbefugnis des Verkäufers<br />
c) Handelsregisterauszüge von Käufer und/oder Verkäufer, sofern diese jur. Personen<br />
s<strong>in</strong>d<br />
d) ggf. Vollmachten<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Der Gläubigerschutz ist im § 256 geregelt. Das Wesen der Gläubigerschädigung besteht<br />
dar<strong>in</strong>, dass der Schuldner durch vorsätzliche Verr<strong>in</strong>gerung se<strong>in</strong>es Vermögens die<br />
Befriedigung wenigstens e<strong>in</strong>es Gläubigers vereitelt oder schmälert. Der Schutz der<br />
Gläubiger<strong>in</strong>teressen steht also im Vordergrund. Ob der Schuldner zahlungsunfähig,<br />
überschuldet oder ob bereits e<strong>in</strong> Konkurs- oder Ausgleichsverfahren e<strong>in</strong>geleitet ist, ist für<br />
die Strafbarkeit nicht relevant.<br />
E<strong>in</strong>satz von Geschäftsanteilen als Sicherheit<br />
Bei der derzeitigen Rechtslage <strong>in</strong> Tschechien bietet die Verpfändung von<br />
Geschäftsanteilen aufgrund mangelnder Verwertungsmöglichkeit ke<strong>in</strong>e Rechtssicherheit.<br />
In e<strong>in</strong>en Geschäftsanteil kann nach dem tschechischen Zwangsvollstreckungsrecht nicht<br />
vollstreckt werden. Der Grund dafür liegt dar<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> Geschäftsanteil weder e<strong>in</strong>e<br />
Forderung noch e<strong>in</strong> eigentumsgleiches Recht darstellt, <strong>in</strong> das e<strong>in</strong>e Vollstreckung nach §<br />
320 HGB möglich wäre. Stattdessen handelt es sich um gegenüber der Gesellschaft<br />
verkörperte Rechte und Pflichten, die e<strong>in</strong>e personelle B<strong>in</strong>dung begründen und nicht der<br />
Zwangsvollstreckung unterliegen.<br />
197
Tschechien<br />
Abtretung aufschiebend bed<strong>in</strong>gt für den Sicherungsfall. Es besteht allerd<strong>in</strong>gs die<br />
Möglichkeit, die Geschäftsanteile für den Sicherungsfall aufschiebend bed<strong>in</strong>gt an den<br />
Gläubiger abzutreten. E<strong>in</strong> Vorteil der aufschiebendbbed<strong>in</strong>gten Abtretung besteht dar<strong>in</strong>,<br />
dass es e<strong>in</strong>er Vollstreckung der Sicherheit im Sicherungsfall nicht mehr bedarf. Vielmehr<br />
wird alle<strong>in</strong> durch den Bed<strong>in</strong>gungse<strong>in</strong>tritt die zuvor erfolgte Abtretung der Geschäftsanteile<br />
wirksam und diese gehen <strong>in</strong> das Eigentum des Zessionars über. Spezielle Regelungen<br />
bietet der § 115 III HGB.<br />
E<strong>in</strong>satz von Aktien als Sicherheit<br />
Die Verpfändung der Aktien ist vor allem <strong>in</strong> §§ 39-44 WPG geregelt. Nach dem<br />
tschechischen Recht besteht die Möglichkeit, Aktien zu verpfänden. Dieses muss <strong>in</strong><br />
vertraglicher Form geschehen, wobei der Vertrag über die Verpfändung der Wertpapiere<br />
sich nach den Vorschriften des BGB und des HGB über Pfandrechte richtet.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen<br />
Grundstrukturen?<br />
Es gibt ke<strong>in</strong> eigenständiges Gesetzeswerk für den unlauteren Wettbewerb. Vielmehr f<strong>in</strong>det<br />
man die Regelungen zum Wettbewerbsrecht <strong>in</strong> den §§ 41 bis 55 tschechisches HGB. E<strong>in</strong>e<br />
sog. Generalklausel (§ 44 Abs. 1 S. 1 HGB) f<strong>in</strong>det Anwendung. Zentraler Punkt hierbei ist<br />
e<strong>in</strong> notwendiger Verstoß gegen die guten Sitten, welcher <strong>in</strong> vier Fallgruppen gefasst ist:<br />
Verstoß gegen bestimmte wettbewerbsrelevante öffentlich-rechtliche Normen: so z.B. bei<br />
Nichte<strong>in</strong>haltung der gesetzlich vorgesehenen Öffnungszeiten unangemessene Formen des<br />
Kundenfangs, so z.B. wenn der Kunde durch im Schaufenster ausgestellte billige Waren<br />
gelockt und dort zum Kauf von teuren oder qualitativ schlechteren Waren überredet wird<br />
unangemessene Belästigung des Kunden, so z.B. die Zustellung unbestellter Waren, auch<br />
wenn dem Kunden die Möglichkeit e<strong>in</strong>geräumt wird, die Ware zurückzusenden bestimmte<br />
Formen versteckter Werbung, so z.B. e<strong>in</strong> Verstoß gegen den allgeme<strong>in</strong>en Grundsatz, dass<br />
<strong>in</strong> den Massenmedien der redaktionelle von dem Anzeigenteil für den Leser oder<br />
Zuschauer <strong>in</strong> klar erkennbarer Weise getrennt gehalten werden muss<br />
Weiter gibt es folgende Spezialtatbestände:<br />
irreführende Werbung (§ 45)<br />
irreführende Kennzeichnung bzw. Bezeichnung von Waren und Diensten (§ 46)<br />
Hervorrufen von Verwechslungsgefahr (§ 47)<br />
parasitäre Rufausnutzung (§ 48)<br />
Bestechung (§ 49)<br />
Herabsetzung des Mitbewerbers (§ 50)<br />
Verletzung des Geschäftsgeheimnisses (§ 51)<br />
198
Tschechien<br />
Schutz für ausländische Unternehmen<br />
Wie sich aus § 43 Abs. 2 HGB herleiten lässt, ist für ausländische Unternehmen <strong>in</strong> der<br />
Tschechischen Republik e<strong>in</strong> lückenloser Schutz vor unlauteren Wettbewerbshandlungen<br />
nicht gewährleistet. Die vorgenannte Norm sieht vor, dass ausländischen Personen<br />
grundsätzlich nur dann e<strong>in</strong> Schutz nach den Bestimmungen des tschechischen HGB zuteil<br />
wird, falls diese <strong>in</strong> der Tschechischen Republik nach den Maßgaben des<br />
Handelsgesetzbuchs tätig werden ( § 21 Abs. 3 HGB ).<br />
Somit ist bei ausländischen Personen ohne eigenes Unternehmen oder Zweigstelle <strong>in</strong> der<br />
Tschechischen Republik stets zu prüfen, ob diese nach e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationalen<br />
Übere<strong>in</strong>kommen oder e<strong>in</strong>em bilateralen Abkommen mit der Tschechischen Republik<br />
Schutz vor unlauteren Wettbewerbshandlungen beanspruchen können. Von Bedeutung ist<br />
hier die bereits e<strong>in</strong>gangs zitierte Pariser Verbandsübere<strong>in</strong>kunft, zu deren<br />
Unterzeichnerstaaten neben der Tschechischen Republik auch die Bundesrepublik<br />
Deutschland gehört.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> der Tschechischen Republik?<br />
Ja, auch <strong>in</strong> der Tschechischen Republik zählt das UN-Kaufrecht mittlerweile zum festen<br />
Bestandteil kaufmännischer und rechtlicher Praxis. Die Vorschriften des UN-Kaufrechts<br />
s<strong>in</strong>d nicht anwendbar, wenn e<strong>in</strong> staatlicher Vorbehalt besteht (Art. 92-96). Nach Art. 95<br />
können die Vertragsstaaten so u.a. die Anwendungsvariante des Art. 1 Abs. 1 lit. b<br />
ausschließen. Die ehemalige CSFR hat e<strong>in</strong>en solchen Vorbehalt erklärt. Tschechische<br />
Gerichte müssen daher das UN-Kaufrecht nur anwenden, wenn beide Parteien des zu<br />
beurteilenden Kaufvertrags ihre Niederlassungen <strong>in</strong> verschiedenen Vertragsstaaten haben.<br />
Quellen:<br />
Beck-Onl<strong>in</strong>e Datenbank<br />
WIRO-Heft<br />
199
Ungarn<br />
Ungarn: Hauptstadt: Budapest<br />
E<strong>in</strong>wohnerzahl: 10,2 Mio.<br />
Fläche: 93.036 qkm<br />
Arbeitslosigkeit: 3,8 %<br />
EU-Mitglied seit: 1. Mai 2004<br />
E<strong>in</strong>führung:<br />
Seit dem 1. Mai 2004 ist die Republik Ungarn e<strong>in</strong> offizielles Mitgliedsland der Europäischen<br />
Union. Nach der politischen Wende 1989/1990 und den folgenden ersten freien Wahlen 1 wird<br />
das, <strong>in</strong> 7 Regionen und 19 Komitate unterteilte Ungarn 2 , demokratisch verwaltet.<br />
Ungarns Hauptwirtschaftspartner ist Deutschland. Mit Gesamt<strong>in</strong>vestitionen von 10 Mrd. Euro<br />
(entspricht etwa e<strong>in</strong>em Drittel aller Auslands<strong>in</strong>vestitionen) seit der Wende hat sich die<br />
Bundesrepublik stark und erfolgreich engagiert 3 . Mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>wohnerzahl von 10.2 Millionen<br />
Menschen und e<strong>in</strong>er Fläche von 93.036 qkm zählt Ungarn zu den Größeren der neuen<br />
Beitrittsländer der europäischen Union. Die Arbeitslosenquote von 5.8 % gehört zu den<br />
niedrigsten der neuen Mitgliedstaaten und liegt auch im Vergleich zur Arbeitslosensituation<br />
der gesamten EU unter dem Durchschnitt. Budapest die Hauptstadt Ungarns ist nach Moskau<br />
und Len<strong>in</strong>grad die bevölkerungsreichste sowie wirtschaftlich und kulturell bedeutendste<br />
Metropole Ostmitteleuropas 4 . Das ungarische Gesellschaftsrecht ist dem österreichischen,<br />
durch die historisch enge Verbundenheit, sehr ähnlich 5 . Im Folgenden sollen die E<strong>in</strong>zelheiten<br />
der <strong>in</strong> Frage stehenden Rechtsgebiete erläutert werden:<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Der Grundsatz für die Formerfordernisse bei Verträgen ergibt sich aus dem § 216 I<br />
Zivilgesetzbuch Ungarn 6 der besagt, dass Verträge grundsätzlich formfrei, d. h. sowohl<br />
mündlich als auch schriftlich, abgeschlossen werden können. E<strong>in</strong>e Ausnahme für diese<br />
Regelung besteht allerd<strong>in</strong>gs, wenn e<strong>in</strong>e entgegengesetzte Bestimmung e<strong>in</strong>er anderen<br />
Rechtsvorschrift vorliegt, die die Schriftform gesetzlich anordnet. Wie im deutschen Recht<br />
gilt diese Ausnahme vor allem für den Grundstückskaufvertrag gemäß § 365 III ZGB Ungarn,<br />
den Schenkungsvertrag gemäß § 579 II ZGB Ungarn, den Bürgschaftsvertrag gemäß § 272 II<br />
ZGB Ungarn und den Kreditdarlehensvertrag gemäß 522 II ZGB Ungarn. Aber auch der, <strong>in</strong><br />
Ungarn gesetzlich geregelte Forschungsvertrag gemäß § 412 II ZGB Ungarn und der<br />
Pfandvertrag gemäß § 254 II ZGB Ungarn unterfallen den spezialgesetzlichen Ausnahmen.<br />
1<br />
http://szenarien.fgje.de/laender/hu.htm<br />
2<br />
http://www.myksv.at/ksv_edit/KSV/download_de/947-LeitfadenUngarn.pdf<br />
3<br />
http://szenarien.fgje.de/laender/hu.htm<br />
4<br />
http://www.balatonreisen.de/vandv/budapest-<strong>in</strong>fo.htm<br />
5<br />
http://www.myksv.at/ksv_edit/KSV/download_de/947-LeitfadenUngarn.pdf<br />
6<br />
Im folgenden: ZGB Ungarn<br />
200
Ungarn<br />
Den Vertragsparteien bleibt es jedoch gemäß § 217 I ZGB Ungarn grundsätzlich überlassen,<br />
ob sie auch für e<strong>in</strong>en formfreien Vertrag die Schriftform vere<strong>in</strong>baren wollen. Festzustellen<br />
bleibt folglich, dass auch <strong>in</strong> Ungarn der Grundsatz der Privatautonomie gilt, welcher lediglich<br />
durch gesetzliche Ausnahmen beschränkt wird.<br />
2) Gibt es e<strong>in</strong> Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Hierzu gibt es <strong>in</strong> Ungarn das Gesetz Nr. V/1990 über die E<strong>in</strong>zelunternehmung 7 . Ziel dieses<br />
Gesetzes ist es, die Entwicklung der ungarischen Wirtschaft – unter Berücksichtigung der<br />
Bestimmungen der Verfassung der Republik Ungarn über die Gleichberechtigung des<br />
öffentlichen Eigentums und des Privateigentums, die Garantien des Privateigentums und den<br />
Schutz der unternehmerischen Investitionen – durch die Regelung der E<strong>in</strong>zelunternehmungen<br />
sowie die Gewährleistung der Unternehmensfreiheit und der gleichen<br />
Wettbewerbsbed<strong>in</strong>gungen zu fördern 8 .<br />
Mit Inkrafttreten des GEU am 1. April 1990 ist die <strong>in</strong> Ungarn traditionelle Unterscheidung<br />
zwischen „Handwerkern“ und „E<strong>in</strong>zelhändlern“ aufgehoben und die Gewerbefreiheit<br />
e<strong>in</strong>geführt worden. Der neue Begriff des „E<strong>in</strong>zelunternehmers“ ist primär e<strong>in</strong>e gewerbe-,<br />
steuer- und bilanzrechtliche Kategorie, die aber neuerd<strong>in</strong>gs auch e<strong>in</strong>e zivilrechtliche<br />
Bedeutung erhalten hat 9 . Gemäß § 1 GEU regelt dieses Gesetz die Vorraussetzungen der<br />
Gründung, Betätigung und Beendigung von E<strong>in</strong>zelunternehmungen. Die E<strong>in</strong>zelunternehmung<br />
wird gesetzlich als e<strong>in</strong>e geschäftsmäßige, d. h. im eigenen Namen und auf eigenes Risiko,<br />
regelmäßig und <strong>in</strong> Erwerbsabsicht betriebene Wirtschaftstätigkeit e<strong>in</strong>es Devisen<strong>in</strong>länders<br />
def<strong>in</strong>iert (§ 2 I GEU). Der Begriff des „E<strong>in</strong>zelunternehmers“ steht dem Begriff des<br />
„Kaufmanns“ im deutschen Recht nahezu gleich. Grundregelungsgedanke des GEU ist die<br />
wirtschaftliche Tätigkeit von natürlichen Personen. Grundberechtigung für die Ausübung<br />
e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelunternehmertätigkeit ist der <strong>in</strong> § 4 GEU geregelte Unternehmerausweis, der e<strong>in</strong>er<br />
notariellen Beurkundung bedarf. Diese Vorraussetzung für das gewerbliche Tätigwerden ist<br />
mit der deutschen E<strong>in</strong>tragung im Handelsregister gemäß § 2 S. 1 HGB vergleichbar. Damit<br />
existiert e<strong>in</strong> ungarisches Sonderrecht für Kaufleute, welches Gewerbefreiheit garantiert.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz <strong>in</strong> Ungarn wird vor allem durch das Gesetz Nr. CLV/1997 über den<br />
Verbraucherschutz 10 als auch durch e<strong>in</strong>zelne Bestimmungen aus dem Gesetz Nr. LVII/1996<br />
über das Verbot des unlauteren Wettbewerbs- und der Wettbewerbsbeschränkung 11 geregelt.<br />
7 Im Folgenden: GEU<br />
8 WOS, Ungarn, III 2, S. 1<br />
9 WOS, Ungarn, E<strong>in</strong>führung, S. 22<br />
10 Im Folgenden: GVS<br />
11 Im Folgenden: GWett<br />
201
Ungarn<br />
Das GVS enthält Regelungen, welche den Schutz der Verbraucher<strong>in</strong>teressen - <strong>in</strong>sbesondere<br />
der Interessen an der sicheren Ware und Dienstleistung (Kap. II GVS), an dem Schutz der<br />
Vermögens<strong>in</strong>teressen (Kap. III GVS) , an e<strong>in</strong>er entsprechenden Information (Kap. IV GVS)<br />
und Unterrichtung (Kap. V GVS) bzw. an effizienten Rechtsmitteln (Kap. VI GVS) und<br />
ferner an e<strong>in</strong>er über die gesellschaftlichen Organisationen erfolgenden Interessenvertretung<br />
der Verbraucher (Kap. VII GVS) – sowie die Weiterentwicklung des zu ihrer<br />
Geltendmachung erforderlichen Systems von Institutionen gewährleistet 12 . Der<br />
Geltungsbereich des Gesetzes erstreckt sich laut §1 GVS auf sämtliche, auf dem Territorium<br />
der Republik Ungarn ausgeübten Tätigkeiten natürlicher und juristischer Personen sowie von<br />
Wirtschaftsgesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit und ferner der Niederlassungen von<br />
Unternehmen mit ausländischem Sitz <strong>in</strong> Ungarn, welche die Verbraucher berühren oder<br />
berühren könnten. Ergänzende Regelungen zum Verbraucherschutz enthält außerdem das<br />
GWett. Bezüglich des Verbraucherschutzes enthält dieses Gesetz Regelungen, die die<br />
geschäftliche Lauterkeit, Sauberkeit und Freiheit des wirtschaftlichen Wettbewerbs<br />
sicherstellen. Hier s<strong>in</strong>d vor allem die Regelungen aus Kapitel III dem Verbot der unlauteren<br />
Bee<strong>in</strong>flussung von Verbraucherentscheidungen zu erwähnen, welche <strong>in</strong>sbesondere die<br />
Verbrauchertäuschung behandeln, vgl. § 8 – 10 GWett (zum weiteren Inhalt des GWett<br />
vergleiche Antwort zu Frage 9). Somit ist der Verbraucherschutz mit Hilfe verschiedener<br />
Gesetze fest im Rechtssystem der ungarischen Republik verankert.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Regelungen über die Gewährleistung im Kaufrecht f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den §§ 305 ff ZGB Ungarn.<br />
Anknüpfungspunkt für die Gewährleistung s<strong>in</strong>d die gesetzlichen oder im Vertrag bestimmten<br />
Eigenschaften der Leistung. Gemäß § 305 II ZGB Ungarn haftet der Schuldner dafür, dass die<br />
geleistete Sache diesen Eigenschaften entspricht (Sachmängelhaftung). Die Art der Haftung<br />
bemisst sich nach der Regelung aus § 306 I ZGB Ungarn, wonach der Schuldner die Wahl<br />
zwischen der Ausbesserung (mit der deutschen Nacherfüllung vergleichbar KV: § 439 BGB,<br />
WV: § 635 BGB) und der Herabsetzung des Preises (mit der deutschen M<strong>in</strong>derung<br />
vergleichbar KV: § 441 BGB, WV: § 638 BGB) hat. Wie im deutschen Recht wird dem<br />
Gläubiger aus § 306 III ZGB Ungarn bei erloschenem Interesse an der mangelfreien Erfüllung<br />
e<strong>in</strong> Rücktrittsrecht e<strong>in</strong>geräumt. Im ungarischen Recht existiert ebenfalls e<strong>in</strong><br />
Schadensersatzanspruch aus § 310 ZBG Ungarn. Im Übrigen gelten die allgeme<strong>in</strong>en<br />
Regelungen, die auch für das Kaufrecht gelten für alle Verträge bei denen e<strong>in</strong>e Leistung<br />
erfüllt werden muss. Bis auf wenige E<strong>in</strong>zelheiten, wie z. B. die fehlende<br />
Rechtsmängelhaftung s<strong>in</strong>d die Grundstrukturen des ungarischen Gewährleistungsrechts mit<br />
denen des deutschen vergleichbar.<br />
12 WOS, Ungarn, IV 4 h, S. 1<br />
202
Ungarn<br />
5. Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z. B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z. B. Grundschuld) vor?<br />
Die Kreditsicherung im ungarischen Recht wird vor allem durch die Regelungen des<br />
Pfandrechts gewährleistet. Ziel des ungarischen Pfandrechts ist es nämlich dem Gläubiger<br />
se<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Geld bestimmte oder bestimmbare Forderung zu sichern, wenn der Schuldner nicht<br />
leistet. Gegenstand des Pfandrechts kann gemäß § 252 I ZGB Ungarn jede besitzfähige Sache,<br />
jedes übertragbare Recht oder jede übertragbare Forderung se<strong>in</strong>. Das Pfandrecht an e<strong>in</strong>er<br />
beweglichen Sache wird <strong>in</strong> der Regel als Hypothek bestellt, d. h. die Sache bleibt im Besitz<br />
des Schuldners, welcher nutzungsberechtigt ist (vgl. §1204 I BGB: Hiernach kann e<strong>in</strong>e<br />
bewegliche Sache zur Sicherung e<strong>in</strong>er Forderung <strong>in</strong> der Weise belastet werden, dass der<br />
Gläubiger das Recht hat, die Befriedigung aus der Sache zu erlangen). Zur Begründung der<br />
Hypothek an e<strong>in</strong>er beweglichen Sache s<strong>in</strong>d- wenn e<strong>in</strong>e Rechtsvorschrift nichts abweichendes<br />
bestimmt – die notarielle Beurkundung des Pfandvertrags und die E<strong>in</strong>tragung der Hypothek <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong> Register erforderlich, das bei der ungarischen Landesnotarkammer nach den<br />
Bestimmungen e<strong>in</strong>es besonderen Gesetztes geführt wird (Pfandrechtsregister). Das Pfandrecht<br />
an e<strong>in</strong>er unbeweglichen Sache muss als Hypothek begründet werden, vgl. § 262 ZGB Ungarn.<br />
Zur Begründung e<strong>in</strong>er Hypothek an e<strong>in</strong>er Immobilie e<strong>in</strong> diesbezüglicher Vertrag und die<br />
E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong>s Immobilienregister notwendig. Weitere Kreditsicherungsmittel s<strong>in</strong>d aus dem<br />
ungarischen Recht nicht ersichtlich.<br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
In Ungarn gibt es Regelungen über die so genannten allgeme<strong>in</strong>en Vertragsbed<strong>in</strong>gungen, die<br />
ihrer Art nach mit den deutschen AGB entsprechen. Als allgeme<strong>in</strong>e Vertragsbed<strong>in</strong>gungen<br />
gelten laut § 209/C die Bed<strong>in</strong>gungen die von e<strong>in</strong>er Partei zum Abschluss mehrerer Verträge<br />
e<strong>in</strong>seitig, im Voraus bestimmt werden und an deren Bestimmung die andere Partei nicht<br />
mitwirken kann. Sie werden laut § 205 III ZGB Ungarn Bestandteil des Vertrages, wenn ihr<br />
Anwender es ermöglicht hat, dass die andere Partei ihren Inhalt zur Kenntnis nimmt, und die<br />
andere Partei diese ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten angenommen hat. Diese<br />
verschiedenen Klauseln unterliegen Inhaltsvorschriften und können somit gemäß § 209 I ZGB<br />
Ungarn bei Unlauterkeit von der beschwerten Partei angefochten werden. Für die Anfechtung<br />
gelten die §§ 5,12 EGV II. E<strong>in</strong>e Klausel ist unlauter, wenn ihr die Rechte und Pflichten der<br />
Parteien aus dem Vertrag unter Verstoß gegen die Anforderungen von Treu und Glauben<br />
e<strong>in</strong>seitig und ungerechtfertigt zum Nachteil der e<strong>in</strong>en Partei festgelegt werden. Somit ähneln<br />
auch die Regelungen über die allgeme<strong>in</strong>en Vertragsbed<strong>in</strong>gungen den deutschen Regelungen<br />
über allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen gemäß § 305 ff BGB.<br />
203
Ungarn<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Das Eigentum an e<strong>in</strong>em Grundstück wird gemäß § 117 III ZGB Ungarn durch<br />
diesbezüglichen Vertrag oder e<strong>in</strong>en anderen Rechtstitel und die E<strong>in</strong>tragung der<br />
Eigentumsänderung im Grundbuch übertragen. Aus dieser Vorschrift lassen sich zwei<br />
<strong>in</strong>teressante Schlüsse ziehen. Zum e<strong>in</strong>en wird die Eigentumsübertragung e<strong>in</strong>es Grundstücks<br />
sowohl <strong>in</strong> Ungarn als auch <strong>in</strong> Deutschland erst mit der E<strong>in</strong>tragung im Grundbuch<br />
rechtswirksam, vgl. § 311 b I S. 2 BGB. Zum anderen lässt sich aus der Vorschrift schließen,<br />
dass das ungarische Rechtssystem ohne das Abstraktionspr<strong>in</strong>zip funktioniert, d. h. ohne<br />
Trennung der schuldrechtlichen und der sachenrechtlichen Ebene.<br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Dem Gläubiger stehen <strong>in</strong> Ungarn im Insolvenzfalle zwei verschiedene Verfahrensarten zur<br />
Verfügung. Das ungarische Insolvenzrecht bestimmt die Person des Gläubigers im<br />
Vergleichs- und im Konkursverfahren teilweise unterschiedlich. Sowohl im<br />
Vergleichsverfahren als auch im Konkursverfahren ist derjenige Gläubiger, der e<strong>in</strong>e<br />
rechtskräftige und vollstreckbare bzw. e<strong>in</strong>e fällige und vom Schuldner nicht bestrittene<br />
Forderung besitzt. Ferner ist im Vergleichsverfahren auch derjenige Gläubiger, dessen Geld<br />
bzw. Vermögensforderung zum Beg<strong>in</strong>n des Vergleichsverfahrens zwar noch nicht fällig ist,<br />
aber vom Schuldner anerkannt wird. Nach der Eröffnung des Konkursverfahrens wird nur<br />
derjenige als Gläubiger anerkannt, der durch den Konkursverwalter auf die Gläubigerliste<br />
aufgenommen wurde 13 . Hauptsächlicher Unterschied zwischen den beiden Verfahren, ist die<br />
Möglichkeit des Schuldners e<strong>in</strong> Moratorium zu erlangen, welches es ihm nur mit Zustimmung<br />
des Gläubigers erlaubt, die Fälligkeit der Leistung zu verschieben. Im Konkursverfahren<br />
h<strong>in</strong>gegen wird das <strong>in</strong> Rede stehende Vermögen des Schuldners aufgelöst.<br />
9) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
Das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung e<strong>in</strong>es Marktwettbewerbs, welcher der<br />
wirtschaftlichen Effizienz und dem Fortkommen der Gesellschaft dient, sowie das Interesse<br />
der Unternehmen, die die Erfordernisse der geschäftlichen Lauterkeit e<strong>in</strong>halten und der<br />
Verbraucher (siehe Antwort zu Frage 3) erfordern es, das der Staat durch gesetzliche<br />
Regelung die Sauberkeit und Freiheit des wirtschaftlichen Wettbewerbs sicherstellt. Dazu gibt<br />
es <strong>in</strong> Ungarn das GWett, welches gegen die Erfordernisse des lauteren Wettbewerbs<br />
verstoßendes bzw. e<strong>in</strong> den wirtschaftlichen Wettbewerb beschränkendes Marktverhalten<br />
verbietet, sowie e<strong>in</strong>e für den Wettbewerb nachteilige Verflechtung von Unternehmen<br />
verh<strong>in</strong>dert und dabei auch für die notwendigen organisatorischen und verfahrensrechtlichen<br />
Vorraussetzungen Sorge trägt. Das GWett wurde den Rechtsregeln der Europäischen Union<br />
angenähert.<br />
13 Jahn, Insolvenzen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, S.383.<br />
204
Ungarn<br />
Als Grundstruktur s<strong>in</strong>d die rechtlichen Beziehungen der e<strong>in</strong>zelnen Unternehmen<br />
untere<strong>in</strong>ander zu erkennen, wobei als oberstes Ziel die Chancengleichheit gewahrt werden<br />
soll. Die im GWett enthaltenen Regelungen zum Verbraucherschutz besitzen vor allem<br />
Klarstellungscharakter und gehören somit nicht zur Grundstruktur. Zu den Kernpunkten des<br />
GWett gehört das Verbot des unlauteren Wettbewerbs (Kap. II GWett), Verbot von<br />
Vere<strong>in</strong>barungen die den wirtschaftlichen Wettbewerb beschränken (Kap. IV GWett) und das<br />
Verbot des Missbrauchs wirtschaftlicher Übermacht (Kap. V GWett). E<strong>in</strong>e Parallelität zu den<br />
Wettbewerbsregelungen aus Art. 81 ff EG-Vertrag ist unverkennbar 14 .<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> Ungarn?<br />
Ungarn ist seit 01.01.1988 Vertragsstaat des Wiener UN-Übere<strong>in</strong>kommens über Verträge<br />
über den <strong>in</strong>ternationalen Warene<strong>in</strong>kauf (CISG. Das Übere<strong>in</strong>kommen geht allgeme<strong>in</strong> im<br />
Rahmen se<strong>in</strong>es Anwendungsbereiches dem ungarischen Zivilrecht vor. Neben dem<br />
Zustandekommen des grenzüberschreitenden Kaufvertrages (Art. 14 bis 24) regelt das CISG<br />
die Pflichten des Käufers/Verkäufers und die Rechtsfolgen bei nicht ordnungsgemäßer<br />
Erfüllung der Verkäufer-/Käuferpflichten (Vertragsverletzungen) 15 . Für Ungarn gilt jedoch<br />
bei der <strong>in</strong> Art. 11 CISG geregelten Formfreiheit für Verträge e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung. Laut Art.<br />
96 CISG ist es den Mitgliedsstaaten gestattet, eigene Vorbehalte zur Gültigkeit bestimmter<br />
Teile des Vertrages zu verfassen. So erklärt Ungarn nach den Art. 12 und 96 CISG, dass die<br />
Bestimmungen der Art. 11 und 29 oder des Teils II CISG, die für den Abschluss e<strong>in</strong>es<br />
Kaufvertrages, deren Änderung oder Aufhebung durch Vere<strong>in</strong>barung oder für e<strong>in</strong> Angebot<br />
e<strong>in</strong>e Annahme oder sonstige Willenserklärung e<strong>in</strong>e andere als die schriftliche Form nicht<br />
gestatten, nicht gelten, wenn e<strong>in</strong>e Partei ihre Niederlassung <strong>in</strong> der Ungarischen Volksrepublik<br />
hat 16 . Allerd<strong>in</strong>gs ist im H<strong>in</strong>blick auf die Entwicklung der Rechtsaufassung Ungarns, seit dem<br />
Beitritt anzumerken, das diese Formvorschriften vor vielen Gerichten nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />
durchgesetzt werden können, vor allem dann nicht, wenn diese Formvorschriften selbst <strong>in</strong> den<br />
betreffenden Staaten mittlerweile <strong>in</strong> Frage gestellt werden 17 . Folglich gilt das UN-Kaufrecht<br />
auch für die ungarische Republik, allerd<strong>in</strong>gs mit der Beschränkung der Formfreiheit für<br />
ausländisch-ungarische Kaufverträge.<br />
14 http://www.sidiblume.de/<strong>in</strong>fo-rom/europa/egv.htm<br />
15 http://www.bfai.com/botdb_rec_MKT20030923100634.html<br />
16 Piltz, Internationales Kaufrecht<br />
17 http://www.bfai.com/botdb_rec_MKT20030923100634.html<br />
205
Ungarn<br />
Quellen:<br />
1. WorldWideWeb: http://szenarien.fgje.de/laender/hu.htm<br />
http://www.balatonreisen.de/vandv/budapest-<strong>in</strong>fo.htm<br />
http://www.myksv.at/ksv_edit/KSV/download_de/947-<br />
LeitfadenUngarn.pdf<br />
http://www.sidiblume.de/<strong>in</strong>fo-rom/europa/egv.htm<br />
http://www.bfai.com/botdb_rec_MKT20030923100634. html<br />
2. Literatur: WOS – <strong>Wirtschaftsrecht</strong> der osteuropäischen Staaten, Ungarn<br />
Burghard Piltz, Internationales Kaufrecht, Das UN-Kaufrecht<br />
(Wiener Übere<strong>in</strong>kommen von 1980 <strong>in</strong> praxisorientierter<br />
Darstellung),München 1993<br />
Uwe Jahn, Insolvenzen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, 3. Aufl., Bonn 1998<br />
206
türkischer Teil Zyperns<br />
E<strong>in</strong>leitung:<br />
Die Zypern Republik bildet die drittgrößte Insel im Mittelmeer. Sie liegt etwa 70 Kilometer<br />
südlich der Türkei. Hauptstadt der mit 760 000 E<strong>in</strong>wohnern bevölkerten Insel und größte<br />
Stadt Zyperns ist Nikosia. Das zypriotische Rechtswesen basiert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Grundzügen auf<br />
dem englischen Common Law. Seit 1975 haben beide Landesteile e<strong>in</strong> selbständiges Justiz-<br />
und Verwaltungssystem. Im türkischen Teil Zyperns fungiert e<strong>in</strong> Oberster Gerichtshof als<br />
Verfassungs-, Appellations- und Verwaltungsgericht. Es wird türkisches Recht angewendet.<br />
Das türkische Rechtswesen wurde 1923 nach italienischem (Strafrecht) und nach<br />
schweizerischem Vorbild (Privatrecht) gestaltet.<br />
1960 erhielt Zypern die Unabhängigkeit von Großbritannien. Die im Anschluss entwickelte<br />
Verfassung weist Zypern als Präsidialdemokratie aus. Nach Ause<strong>in</strong>andersetzungen zwischen<br />
der griechischen und der türkischen Volksgruppe im Jahr 1963 entsandte die UN<br />
Friedenstruppen nach Zypern, zur Wiederherstellung des Waffenstillstandes und zur<br />
Überwachung der Demarkationsl<strong>in</strong>ie. Seit 1974 ist der nördliche Teil von türkischen Truppen<br />
besetzt; das Gebiet bildet e<strong>in</strong>en eigenständigen, offiziell jedoch nicht anerkannten Staat, der<br />
zur „Türkischen Republik Nordzypern” erklärt wurde.<br />
Im März 1998 nahm die Europäische Union (EU) offiziell Beitrittsverhandlungen mit Zypern<br />
auf; Zypern hatte bereits 1990 se<strong>in</strong> Beitrittsgesuch zur EU gestellt. Hierbei sei zu beachten,<br />
dass die griechisch zypriotische Regierung für Gesamtzypern auftritt.<br />
Der gescheiterte Beitritt des türkisch zypriotischen Nordens <strong>in</strong> die EU:<br />
Nach umfangreichen aber gescheiterten Verhandlungen zwischen den beiden Teilen Zyperns<br />
von Dezember 2001 bis Juli 2002 legten die Vere<strong>in</strong>ten Nationen e<strong>in</strong>en Plan zur Lösung des<br />
Konflikts vor. Der Plan sah die Gründung e<strong>in</strong>es Staatenbundes nach Schweizer Vorbild vor.<br />
Der künftige Staat sollte demnach über e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Bundesregierung sowie zwei<br />
gleichberechtigte Teilregierungen für die griechische und türkische Bevölkerungsgruppe<br />
verfügen. Die türkische Seite sollte im Lauf von drei Jahren circa 8 Prozent des besetzten<br />
Territoriums an den griechischen Teil der Insel zurückgeben. Außerdem sollte e<strong>in</strong><br />
stufenweiser Abzug der türkischen Militärkräfte aus Nordzypern erfolgen.<br />
Um die Lage <strong>in</strong> Nordzypern zu beruhigen, ließ Nordzyperns Regierungschef Denktasch im<br />
April 2003 überraschend die Grenze zwischen dem türkischen Norden und dem griechischen<br />
Süden für Tagesbesuche öffnen; damit waren erstmals seit fast 30 Jahren Besuche im jeweils<br />
anderen Teil der Insel möglich. Die neue Reisefreiheit wurde von der Bevölkerung umfassend<br />
genutzt.<br />
207
türkischer Teil Zyperns<br />
Im Januar 2004 bewilligten die beiden zypriotischen Teile die Wiederaufnahme von<br />
Verhandlungen über die geme<strong>in</strong>same Aufnahme <strong>in</strong> die EU. Nach straff organisierten und<br />
umfangreichen Verhandlungen entschied UN Chef Annan selbst über e<strong>in</strong>ige umstrittene<br />
Punkte. Das Ergebnis wurde von türkischer und zypriotisch türkischer Seite akzeptiert.<br />
Griechenland und der griechisch-zypriotische Teil lehnten es ab, da ihrer Me<strong>in</strong>ung nach den<br />
Türken zu große Zugeständnisse gemacht wurden.<br />
Bei der Volksabstimmung, die wie geplant am 24. April 2004 stattfand, sprachen sich etwa<br />
65 Prozent der türkischen Zyprer für e<strong>in</strong>e Wiedervere<strong>in</strong>igung mit dem griechischen Süden<br />
aus, während die griechischen Zyprioten e<strong>in</strong>e Wiedervere<strong>in</strong>igung mit rund 75 Prozent der<br />
Stimmen ablehnten. Die Wiedervere<strong>in</strong>igung war somit – vorerst – gescheitert. Die Vere<strong>in</strong>ten<br />
Nationen, <strong>in</strong>sbesondere Kofi Annan, bedauerten diesen Ausgang des Referendums. Am<br />
1. Mai 2004 trat nun zwar de jure die gesamte Insel der EU bei, de facto jedoch nur der<br />
griechische Süden.<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
E<strong>in</strong>leitend ist zu sagen, dass die Türkei und damit auch der türkische Teil Zyperns - anders als<br />
Deutschland - bisher nicht dem Wiener Übere<strong>in</strong>kommen über Verträge über den<br />
<strong>in</strong>ternationalen Warene<strong>in</strong>kauf (CISG) angehört.Im Allgeme<strong>in</strong>en kann nach türkischem Recht<br />
(OGB) e<strong>in</strong> Vertrag formfrei geschlossen werden. Die Formvorschrift nach Art. 288 türk. ZPO<br />
(Schriftlichkeit von Verträgen über e<strong>in</strong>en bestimmten Wert) hat lediglich e<strong>in</strong>e<br />
Beweisfunktion. In der Praxis werden jedoch häufig Verträge entweder durch Vere<strong>in</strong>barung<br />
der Vertragspartner oder gesetzliche Vorschriften an die E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er Form gebunden.<br />
Beispiele für Gesetzliche Formvorschriften (entsprechende gesetzliche Regelung):<br />
• Grundstückskauf (notarielle Beurkundung, ZGB)<br />
• Kauf e<strong>in</strong>es Geschäftsanteils (notariell, Art. 520 V HGB)<br />
• Kauf von Erbteilen (schriftlich, Art. 612 ZGB)<br />
• Kfz-Kauf (notariell, Art. 20 lit. D. Straßenverkehrsgesetz)<br />
• Abzahlungskauf (schriftlich, Art. 6 VerbrSG)<br />
• Haustürkauf (teilweise schriftlich, Art. 9 VerbrSG)<br />
Verstößt e<strong>in</strong> Vertragspartner gegen vere<strong>in</strong>barte oder gesetzliche Formvorschriften, so hat der<br />
Mangel der Form die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge (Art. 11 OGB).<br />
Zu beachten ist, dass das türkische Recht e<strong>in</strong>e Vielzahl von Formvorschriften (vere<strong>in</strong>barte<br />
oder gesetzliche) kennt, die gerade von Ausländischen Geschäftspartnern nicht erwartet<br />
werden. Daher empfiehlt es sich grundsätzlich vor Abschuss von Verträgen zu klären, welche<br />
besonderen Vorschriften gelten.<br />
208
türkischer Teil Zyperns<br />
2) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Die Regelungen zum Verbraucherschutz s<strong>in</strong>d im Verbraucherschutzgesetz (VerbrSG)<br />
festgeschrieben. Dar<strong>in</strong> enthalten ist die Zulässigkeit von AGB’ s und unlauterer Klauseln<br />
(siehe Frage 6) sowie Regelungen zur Gewährleistung (siehe Frage 4), des Weiteren gibt es<br />
Bestimmungen zum Schutz vor unlauterer Werbung.<br />
Nach Art.16 Abs. I VerbrSG darf Werbung nicht gegen Gesetze und die guten Sitten<br />
verstoßen, sie muss außerdem wahr se<strong>in</strong> und Treu und Glauben entsprechen. Auch wenn es<br />
sich nicht aus dem Wortlaut ergibt, so dient diese Norm doch dem Schutz der Verbraucher.<br />
Die Begriffe "guten Sitten" und "Treu und Glauben" werden im türkischen Recht sehr weit<br />
ausgelegt. Massensendungen mittels Werbemail s<strong>in</strong>d treuwidrig und verstoßen gegen die<br />
guten Sitten. Das gilt <strong>in</strong>sbesondere dann, wenn der Verbraucher, nachdem er e<strong>in</strong>mal Werbung<br />
erhalten hat, erklärt, dass er ke<strong>in</strong>e mehr erhalten möchte. Auch im Falle von<br />
Massensendungen, welche die Kommunikationsmöglichkeiten des Verbrauchers<br />
bee<strong>in</strong>trächtigen, ist e<strong>in</strong>e solche Sittenwidrigkeit anzunehmen.<br />
E<strong>in</strong> Werberat ist dazu berechtigt, zw<strong>in</strong>gende Regelungen für Werbung zu erlassen (Art. 17<br />
Abs. I VerbrSG). Der Rat orientiert sich dabei an den entsprechenden Grundsätzen <strong>in</strong> anderen<br />
Rechtsordnungen und an den <strong>in</strong> der Türkei aufgetretenen Fällen (Art. 17. Abs. II VerbrSG).<br />
Der Werberat kann den Verbraucher allerd<strong>in</strong>gs nicht schützen. Er kann dem zuständigen<br />
M<strong>in</strong>isterium jedoch e<strong>in</strong>e Geldstrafe vorschlagen. Wenn die Werbung fortgesetzt wird, kann<br />
das zuständige M<strong>in</strong>isterium diese Unternehmen vor dem Verbrauchergericht verklagen (Art.<br />
25 VerbrSG).<br />
3) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie s<strong>in</strong>d diese<br />
ausgestaltet?<br />
Regelungen zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen f<strong>in</strong>det man im türkischen<br />
Verbraucherschutzgesetz (VerbrSG). Sie wurden im Laufe der letzten Jahre für den<br />
Verbraucher erleichtert. Der Verbraucher hat (gem. Art. 4 VerbrSG) freie Wahl zwischen<br />
Wandlung, M<strong>in</strong>derung und Nachbesserung. Der Verkäufer hat immer den direkten Schaden<br />
zu ersetzen. Indirekte Schäden werden nur an „anderen im Gebrauch bef<strong>in</strong>dlichen Waren“<br />
erkannt. Nutzungs- und Gew<strong>in</strong>nausfälle gelten nicht als Mangelfolgeschaden. Die<br />
vorhandenen Ansprüche gelten aber gegenüber allen <strong>in</strong> der Vertriebskette bef<strong>in</strong>dlichen<br />
Beteiligten, d.h. vom Produzenten bis zum E<strong>in</strong>zelhändler. Beweisrechtlich hat der Verkäufer<br />
zuerst die Pflicht die Freiheit von Mängeln an der Ware nachzuweisen, bevor der Käufer den<br />
Mangel aufzeigen muss. Die 30 Tage Frist, die ab Übergabe der Ware zu laufen beg<strong>in</strong>nt,<br />
entfällt bei Arglist und verstecktem Mangel.<br />
209
türkischer Teil Zyperns<br />
Das türkische Recht unter und für Kaufleute beruht zu großen Teilen auf dem deutschen<br />
HGB. Unter Kaufleuten können auch <strong>in</strong>folge des Vorrangs e<strong>in</strong>es anderen<br />
Gewährleistungsrechts ausgeschlossen werden, z.B. können Wandlung und M<strong>in</strong>derung dem<br />
Nachlieferungs- oder Nachbesserungsrecht weichen, wenn der Verkäufer dem Käufer sofort<br />
Ersatz liefert bzw. nachbessert (Art. 203 II OGB).<br />
Die Verjährungsfrist beträgt im Normalfall 2 Jahre, bei Immobilien 5 Jahre. Wer Mängel<br />
arglistig verschweigt oder wen e<strong>in</strong> schweres Verschulden trifft, kann sich nicht auf<br />
Verjährung berufen.<br />
Im übrigen ist durch Art. 13 VerbrSG geregelt, das der Hersteller zur Ausstellung e<strong>in</strong>er<br />
Garantiekarte verpflichtet ist. Hier ist sowohl die Mängelhaftung festgelegt, als auch die<br />
Haftung für aus Mängeln resultierenden Schäden, die auf die vom Hersteller zu vertretende<br />
Beschaffenheit zurückzuführen ist. Der Verkäufer ist verpflichtet die Garantiekarte<br />
vollständig auszufüllen und dem Nachbesserungsanspruch des Käufers nachzukommen.<br />
Es gelten folgende Beschränkungen der Gewährleistungsrechte: e<strong>in</strong> Käufer, der e<strong>in</strong>en Mangel<br />
als positiv bewertet, kann im nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>erlei Ansprüche wegen e<strong>in</strong>es Fehlers geltend<br />
machen (Art. 197 OGB). Dies gilt für den Endverbraucher e<strong>in</strong>geschränkt auf den direkten<br />
Schaden (Art. 4 Abs. 5 VerbrSG)<br />
Den Käufer trifft gemäß 198 OGB e<strong>in</strong>e Untersuchungspflicht. Bei Erkennung e<strong>in</strong>es Mangels<br />
muss er diesen dem Verkäufer sofort anzeigen. Die Untersuchungspflicht muss unverzüglich<br />
ausgeführt werden, ansonsten tritt die Abnahmefiktion (Art. 198 II OGB) <strong>in</strong> Kraft. Die<br />
Anforderungen der Unersuchung s<strong>in</strong>d aber nicht überzogen. Auch bei der Entdeckung<br />
späterer Mängel s<strong>in</strong>d diese dem Verkäufer sofort anzuzeigen. Mit E<strong>in</strong>tritt der Abnahmefiktion<br />
s<strong>in</strong>d Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen. Beim Kaufmann tritt sie e<strong>in</strong> wenn er nicht<br />
ordnungsgemäß rügt (Art. 25 III HGB).<br />
Unter Kaufleuten können auch Beschränkungen von Gewährleistungsansprüchen vere<strong>in</strong>bart<br />
werden. Die Grenzen ergeben sich aus den allgeme<strong>in</strong>en Grundsätzen, <strong>in</strong>sbesondere Treu und<br />
Glauben (Art. 2 ZGB). So kann Gewährleistung für „schweres Verschulden“ oder „Arglist“<br />
nicht ausgeschlossen werden.<br />
210
türkischer Teil Zyperns<br />
4) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Bekannt s<strong>in</strong>d nach schweizerischem Vorbild allen üblichen Sicherungsmittel wie zum<br />
Beispiel Bürgschaft, Garantie, Schuldübernahme und er Eigentumsvorbehalt. Auch die<br />
gängigen d<strong>in</strong>glichen Sicherungsmittel, wie zum Beispiel die Hypothek und Grundschuld,<br />
existieren.<br />
Zu den im <strong>in</strong>ternationalen Warenkauf vielfach verwendeten Eigentumsvorbehalt ist<br />
anzumerken, dass er nach türkischem Recht gemäß Artikel 764 des am 01.01.02 <strong>in</strong> Kraft<br />
getretenen neuen ZGB (Zivilgesetzbuch) nur dann wirksam ist, wenn er am Geschäftssitz der<br />
Käufers <strong>in</strong> dem von e<strong>in</strong>em Notar geführten besonderen Register e<strong>in</strong>getragen ist.<br />
Zusätzlich gilt bei Kaufverträgen von Grundstücken <strong>in</strong> der Türkei, dass e<strong>in</strong> notariell<br />
beurkundetes Grundstückskaufversprechen (satiş vaadi) rechtlich lediglich e<strong>in</strong>en Vorvertrag<br />
darstellt. Dieser schützt vor gutgläubigen Erwerb Dritter nicht, es sei denn, es existiert e<strong>in</strong><br />
Vermerk im Grundbuch (şerh).<br />
5) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen?<br />
Laut Türkischen Verbraucherschutzgesetz s<strong>in</strong>d Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen dem<br />
Grunde nach zulässig. Entsprechende Regelungen hierzu s<strong>in</strong>d im Art. 6 VerbrSG verankert.<br />
Im Speziellen enthält der Art. 6 VerbrSG Bestimmungen, die den Verbraucher vor<br />
„unlauteren“ AGB-Klauseln schützen sollen. Des Weiteren wurde durch das Industrie- und<br />
Handelsm<strong>in</strong>isterium e<strong>in</strong>e Verordnung (AGB-VO) erlassen, welche entsprechende<br />
Bestimmungen konkretisiert.<br />
Als „unlauter“ gelten <strong>in</strong>sbesondere Klauseln, die gegen Treue und Glauben verstoßen und<br />
dadurch zu e<strong>in</strong>em vertraglichen Ungleichgewicht zu Lasten des Verbrauchers führen. Gemäß<br />
Art. 6 AGB-VO s<strong>in</strong>d dies solche Klauseln, die für den Verbraucher unverständlich formuliert<br />
s<strong>in</strong>d. Bei Auslegungsschwierigkeiten soll die für den Verbraucher günstigere Auslegung<br />
durchschlagen. Nach Art. 6 II VerbrSG, Art. 7 AGB-VO s<strong>in</strong>d unlautere Klauseln nichtig.<br />
211
türkischer Teil Zyperns<br />
Im Folgenden werden Beispiele für unlautere AGB- oder Formularvertragsklauseln<br />
beschrieben:<br />
• Beschränkung der Haftung bei Personenschäden <strong>in</strong>folge Vertragsverletzungen<br />
• Abd<strong>in</strong>gung oder unverhältnismäßige Beschränkung von Gewährleistungsrechten<br />
• Unverhältnismäßige Schadensersatzpflichten zu Lasten des Verbrauchers<br />
• Freies Rücktrittsrecht des Verkäufers ohne gleichzeitig auch dem Verbraucher dieses<br />
Recht e<strong>in</strong>zuräumen<br />
• Recht zur Beendigung von unbefristeten Verträgen ohne vorherige Ankündigung<br />
• Befugnis der Verkäuferseite, auch ohne die im Vertrag festgelegten Gründe die<br />
Vertragsbed<strong>in</strong>gungen zu ändern<br />
• Befugnis der Verkäuferseite, auch ohne berechtigten Grund die Beschaffenheit der<br />
Kaufsache bzw. Dienstleistung zu ändern<br />
Diese Aufzählung stellt zum Teil e<strong>in</strong>e Konkretisierung des eher allgeme<strong>in</strong> gehaltenen<br />
Wortlautes des Gesetzestextes dar.<br />
6) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Beim Erwerb von Grundstücken <strong>in</strong> der Türkei s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Vielzahl von Vorschriften und<br />
Regelungen zu beachten, die von den meisten Vermittlern nicht überschaubar und von<br />
Geschäftspartnern <strong>in</strong> der Türkei oftmals übergangen werden.<br />
Zunächst wird das Grundstücksrecht von den sachenrechtlichen Vorschriften des türkischen<br />
Zivilgesetzbuches (ZGB) bestimmt. E<strong>in</strong>e weitere wichtige Rolle spielt das Grundbuchgesetz.<br />
Aufgrund dieses Gesetzes ist die gut organisierte Grundbuchverwaltung mit Generaldirektion<br />
für das Grundbuch- und Katasterwesen (Tapu ve Kadastro Genel Müdürüğü) <strong>in</strong> Ankara an der<br />
Spitze tätig.<br />
Der eigentliche Eigentumserwerb von Grundstücken:<br />
Auf der Grundlage schuldrechtlicher Verpflichtungsverträge erfolgt die<br />
Eigentumsübertragung, welche den klassischen Erwerb von Grundeigentum darstellt. Der<br />
neue Eigentümer wird <strong>in</strong> das Grundbuch e<strong>in</strong>getragen. Diese E<strong>in</strong>tragung erfolgt wiederum auf<br />
der Grundlage gegenseitiger Verpflichtungserklärungen, die vor dem Grundbuchbeamten<br />
abzugeben s<strong>in</strong>d (Art 26 Grundbuchgesetz) und über die e<strong>in</strong>e öffentliche Urkunde (resmĭ<br />
senet) erstellt wird (Art. 213 türk. OR). Dies spiegelt zugleich den eigentlichen Kaufvertrag<br />
wieder.<br />
Das Grundstücksvorverkaufsversprechen (satiş vaadi) ist e<strong>in</strong>e regelmäßig getätigte Handlung,<br />
die auch notariell zu beurkunden ist. Doch stellt dies rechtlich lediglich e<strong>in</strong>en Vorvertrag dar,<br />
durch den der Erwerb durch Dritte nicht geh<strong>in</strong>dert werden kann. Wird dieser Vorvertrag<br />
allerd<strong>in</strong>gs im Grundbuch beigeschrieben (şerh), so ist der Dritte verpflichtet, das Grundstück<br />
dem ursprünglichen Käufer zu veräußern.<br />
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türkischer Teil Zyperns<br />
Der Vertrag <strong>in</strong> der Praxis gestaltet sich oftmals schwierig, da grundsätzlich Verträge die auf<br />
den Eigentumserwerb ausgerichtet s<strong>in</strong>d von Bauwerkverträgen unterscheiden. Diese werden<br />
jedoch häufig mite<strong>in</strong>ander verbunden, wodurch die Geltendmachung von<br />
Gewährleistungsansprüchen erschwert wird. E<strong>in</strong> weiterer, sehr wichtiger und auch typischer<br />
Mangel ist, die e<strong>in</strong>seitige Benachteiligung des Käufers, welche von demselbigen oftmals nicht<br />
erkannt wird und ihn zur vollständigen Vorleistung des Kaufpreises verpflichtet. In der Regel<br />
fehlt es an exakten Übergabemodalitäten und häufig ist auch der Verzicht auf notarielle<br />
Beurkundung zu beobachten, was dazu führt, dass der Vertrag, sofern der Grundstückserwerb<br />
zu e<strong>in</strong>em wesentlichen Teil gehört, bis zur Verpflichtungserklärung vor dem<br />
Grundbuchbeamten, schwebend unwirksam ist.<br />
Nach Artikel 35 des türkischen Grundbuchgesetzes dürfen Ausländer nur Immobilien<br />
erwerben, wenn das Gegenseitigkeitspr<strong>in</strong>zips gilt, dies besagt, dass es türkischen<br />
Staatsbürgern gestattet se<strong>in</strong> muss, auch Immobilien <strong>in</strong> den jeweiligen Ländern zu kaufen.<br />
Noch wichtig zu vermerken ist, das folgende Kosten anfallen.<br />
• Kaufpreis<br />
• Notarkosten<br />
• Grundbuchgebühr (4% vom Kaufpreis)<br />
• Gebühren bei der Eigentumsumschreibung, für Käufer und Verkäufer<br />
• Grundsteuer (4%), die alle vier Jahre zu verrichten ist<br />
7) Gibt es e<strong>in</strong> geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie s<strong>in</strong>d dessen Grundstrukturen?<br />
E<strong>in</strong> mit dem deutschen UWG vergleichbares Gesetz zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb<br />
gibt es <strong>in</strong> der Türkei nicht.<br />
Das Recht des unlauteren Wettbewerbs ist <strong>in</strong> der Türkei <strong>in</strong> zwei verschiedenen Gesetzen<br />
geregelt, zum e<strong>in</strong>en im türkischen Handelsgesetzbuch (HGB) <strong>in</strong> den Art. 55-65, zum anderen<br />
im türkischen Obligationengesetzbuch (OGB) <strong>in</strong> Art. 48. Dies ist e<strong>in</strong>e Situation, die immer<br />
wieder kritisiert wird und e<strong>in</strong>e Regelung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Gesetz vorteilhaft wäre. Dies ist<br />
auch e<strong>in</strong> wichtiger Streitpunkt zum Beitritt der Türkei <strong>in</strong> die EU.<br />
Die Regelungen des türkischen Handelsgesetzbuchs (HGB) s<strong>in</strong>d nur auf Kaufleute<br />
anwendbar. In allen anderen Fällen greifen die Regelungen des türkischen<br />
Obligationengesetzbuchs (OGB) e<strong>in</strong>.<br />
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türkischer Teil Zyperns<br />
E<strong>in</strong>e kurze Erläuterung anhand folgendem Beispiel:<br />
Im Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland wird Werbung <strong>in</strong> der Türkei viel stärker <strong>in</strong><br />
Bezug auf den Endverbraucher als auf benachteiligte Konkurrenten gesehen.<br />
E-Mail-Werbung ist nach dem HGB grundsätzlich zulässig. Strafbar ist lediglich Werbung<br />
mit irreführenden Inhalten. Auch nach dem OGB ist die Werbung mit irreführenden Inhalten<br />
unzulässig.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d Maßnahmen zusätzlich unzulässig, die auf e<strong>in</strong>e Abwerbung von Kunden<br />
zielen. Das HGB und das OGB bieten daher nur e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Schutz.<br />
8) Gibt das UN-Kaufrecht <strong>in</strong> dem betreffenden Land?<br />
Das UN Kaufrecht f<strong>in</strong>det sowohl <strong>in</strong> der Türkei als auch <strong>in</strong> der Türkischen Republik<br />
Nordzypern ke<strong>in</strong>e Anwendung. „The Contracts of International Sale of Goods“ oder kurz<br />
CISG wurden als Übere<strong>in</strong>kommen der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über Verträge über den<br />
<strong>in</strong>ternationalen Warenkauf am 11. April 1980 <strong>in</strong> Wien verabschiedet. Am 16. April 2004<br />
wurden die CISG Grundlage für den Warenverkehr im nunmehr 63. Staat. Die Türkei und<br />
auch Zypern gehören dieser Geme<strong>in</strong>schaft nicht an.<br />
Quellen:<br />
• Internet: www.bfai.com<br />
www.jurpc.de/aufsatz/20010226.htm#fn5<br />
www.cisg.law.pace.edu/cisg/countries/cntries.html<br />
www.diempartner.de<br />
www.tuerkei-recht.de<br />
• Bücher: Kaufvertrag <strong>in</strong> der Türkei von Dr. Prof. Christian Rumpf;<br />
Alpmann International Verlag GmbH & Co. Kg<br />
• Lexika: Encarta Enzyklopädie 2003<br />
Bemerkungen:<br />
Trotz e<strong>in</strong>gehender Recherche ist es leider nicht gelungen Informationen zur Stellung von<br />
Gläubigern im Insolvenzfall zu f<strong>in</strong>den. Daher können wir zu dieser Fragestellung ke<strong>in</strong>e<br />
tiefergehende Auskunft geben.<br />
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