Download - Stadt und Land
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Vor nunmehr 200 Jahren wurde in Leipzig<br />
der Komponist <strong>und</strong> Dichter Richard Wagner<br />
geboren, bis heute abgöttisch verehrt<br />
für seine monumentalen Opernwerke <strong>und</strong><br />
ebenso heftig umstritten. Weltweit gibt es<br />
nun wieder Themenabende <strong>und</strong> Ausstellungen<br />
über ihn. Die Städte, in denen er zu<br />
Lebzeiten wirkte, wie Leipzig, Dresden<br />
oder München, halten Festspiele zu seinen<br />
Ehren ab. Selbst in Berlin bringen die<br />
Opernhäuser derzeit allerlei Wagner auf<br />
die Bühne. Dabei dürfte nur den Wenigsten<br />
bekannt sein, dass auch Berlin eine wichtige<br />
Station in seinem Leben war.<br />
Heute steht ein Wagner-Denkmal im Tiergarten,<br />
<strong>und</strong> im U-Bahnhof Richard-Wagner-<br />
Platz sind Bilder seiner spätromantischen<br />
Mythenwelt zu sehen. Aber die Orte, die<br />
mit seinem Leben verknüpft waren, gingen<br />
im Krieg verloren. So etwa das Königstädtische<br />
Theater am Alexanderplatz, wo<br />
der erst 23-jährige Wagner 1826 zwei Monate<br />
lang Aushilfskapellmeister war. Eigentlich<br />
wollte er hier seine frühe Oper<br />
„Das Liebesverbot“ zeigen, hätte aber auch<br />
eine feste Stelle als Kapellmeister angenommen.<br />
Beides sollte er nicht bekommen.<br />
Zu den Entscheidungsträgern gehörte<br />
damals auch der Vater des Berliner<br />
Komponisten Jakob Meyer Beer, alias Giacomo<br />
Meyerbeer.<br />
Noch in Berlin schrieb der enttäuschte<br />
Wagner die ersten Noten von „Rienzi“ nieder,<br />
bevor er Kapellmeister im fernen Riga<br />
wurde. Hier vollendete er die Oper, machte<br />
Schulden <strong>und</strong> floh vor seinen Gläubigern<br />
bis nach Paris, wo Giacomo Meyerbeer inzwischen<br />
lebte. Dem schickte er „Rienzi“<br />
<strong>und</strong> bat – erfolglos – um Unterstützung.<br />
Der Beginn einer lebenslangen Feindschaft.<br />
STADT UND LAND Journal Nr. 40 • März 2013<br />
Mit seiner nächsten Oper „Der fliegende<br />
Holländer“ versuchte Wagner es wieder in<br />
Berlin, scheiterte erneut <strong>und</strong> ging nach<br />
Dresden. Erst dort erlebte er seinen künstlerischen<br />
Durchbruch als Kapellmeister<br />
der Hofoper. Trotzdem engagierte er sich<br />
für den republikanischen Dresdner Maiaufstand<br />
1849, eine Episode, die er in späteren<br />
Jahren, als er Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Nutznießer<br />
des bayrischen „Märchenkönigs“ Ludwig<br />
II war, gerne herunterspielte. Dabei wurde<br />
er sogar steckbrieflich gesucht <strong>und</strong> musste<br />
zehn Jahre im Schweizer Exil verbringen,<br />
bevor ihm eine allgemeine Amnestie 1860<br />
die Rückkehr erlaubte.<br />
In der Schweiz begann für ihn eine Liebe,<br />
die ein Berliner Nachspiel haben sollte. Es<br />
war Mathilde, die Frau seines Geldgebers<br />
Otto Wesendonck, die ihm Muse <strong>und</strong> Geliebte<br />
wurde. Als Isolde machte er sie in der<br />
Oper „Tristan <strong>und</strong> Isolde“ unsterblich,<br />
doch Wagners Frau Minna deckte die Affäre<br />
auf. Er verließ Minna <strong>und</strong> floh verzweifelt<br />
nach Venedig, während Otto Wesendonck<br />
Mathilde nach Dresden brachte, wohin der<br />
noch immer gesuchte Komponist nicht folgen<br />
konnte. Dieser reiste nun quer durch<br />
Europa <strong>und</strong> häufte Schulden an.<br />
Ein neuer Geldgeber musste her. Er fand<br />
ihn im jungen bayrischen König, dessen<br />
Verehrung für Wagner so weit ging, dass er<br />
1866 sogar auf den Thron verzichten<br />
wollte, um sein Schüler zu werden. Der<br />
einst so glühende Republikaner Wagner<br />
überredete ihn, König zu bleiben <strong>und</strong> bewahrte<br />
sich so den Zugriff auf die bayrische<br />
Staatskasse. Das war nötig, denn längst arbeitete<br />
er am dritten Teil seines gewaltigen<br />
sechzehnstündigen Hauptwerks „Der Ring<br />
des Nibelungen“, das die Opernwelt revolutionieren<br />
sollte. Es war die Vollendung<br />
seiner Idee von der Oper als Gesamtkunstwerk,<br />
<strong>und</strong> er wusste, dass er ein eigenes<br />
Theater würde bauen müssen, um den<br />
„Ring“ zur Aufführung zu bringen.<br />
In dieser Zeit hatte seine Beziehung mit<br />
Cosima begonnen, der Tochter seines<br />
Fre<strong>und</strong>es Franz Liszt. Mit ihr gründete er<br />
jene zänkische Familie, deren ständiger<br />
Streit um das Bayreuther Festspielhaus bis<br />
heute die Klatschblätter füllt. 1870 heirateten<br />
sie, der „Ring“ näherte sich seiner<br />
Fertigstellung <strong>und</strong> Wagner realisierte, dass<br />
die Gelder des königlichen Fre<strong>und</strong>es nicht<br />
hiSToriSche perSöNLichkeiTeN<br />
reichen würden, um das Festspielhaus zu<br />
bauen. 1871 reiste er deshalb in die neue<br />
Reichshauptstadt Berlin, wo ihm wieder<br />
kein Glück beschieden war. Zwar empfing<br />
ihn Kanzler Bismarck, aber Geld bekam er<br />
nicht.<br />
Dabei lieferte Wagners „Ring“-Erzählung<br />
von Siegfried <strong>und</strong> den Göttern der Germanen<br />
jene märchenhaft-romantische Geschichtsverklärung,<br />
die Kennzeichen des<br />
neuen Reiches werden sollte <strong>und</strong> Reichsdenkmäler,<br />
wie das Deutsche Eck oder das<br />
Hermannsdenkmal inspirierte. Zur Uraufführung<br />
der Oper reiste dann sogar der<br />
Kaiser an, <strong>und</strong> bis heute ist es Pflicht für<br />
deutsche Staatsoberhäupter, die Bayreuther<br />
Festspiele zu besuchen.<br />
1883 starb Wagner in Venedig. Im selben<br />
Jahr zog seine Muse Mathilde mit ihrem<br />
Mann nach Berlin. In der Nähe des heutigen<br />
Kanzleramtes bauten sie die Villa<br />
Wesendonck – auf einem Gr<strong>und</strong>stück, das<br />
zuvor Giacomo Meyerbeer gehört hatte.<br />
Vielleicht schaut er deshalb so mürrisch,<br />
der Marmor-Wagner auf seinem Sockel in<br />
der benachbarten Tiergartenstraße.<br />
Berlins Opern feiern<br />
200 Jahre Wagner<br />
Deutsche Oper Berlin<br />
Richard-Wagner-Straße 10,<br />
Charlottenburg<br />
Tel.: 030 3438-401<br />
U2 Deutsche Oper<br />
U7 Bismarckstraße<br />
Bus 101 <strong>und</strong> 109<br />
www.deutscheoperberlin.de<br />
Staatsoper im Schiller Theater<br />
Bismarckstr. 110, Tiergarten<br />
Tel.: 030 2035-40<br />
U2 Ernst-Reuter-Platz<br />
Bus M45, X9, 245, N2<br />
www.staatsoper-berlin.de<br />
Komische Oper Berlin<br />
Behrenstraße 55 – 57, Mitte<br />
Tel.: 030 2026-00<br />
U6 Französische Straße<br />
U2 <strong>Stadt</strong>mitte/Mohrenstraße<br />
Bus TXL, 100, 147, 200<br />
www.komische-oper-berlin.de<br />
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