Internationalisierung im Bekleidungseinzelhandel - Universitäts ...
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Westfälische Wilhelms-Universität Münster<br />
Dieter Ahlert (Hrsg.):<br />
<strong>Internationalisierung</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Bekleidungseinzelhandel</strong><br />
Dieter Ahlert<br />
Kristin Große-Bölting<br />
Gerrit Heinemann<br />
Maja Rohlfing<br />
ISSN 1863-6438<br />
IMADI.net<br />
Projektbericht Nr. 7
Marketinginstitut für Textilwirtschaft<br />
an der Universität Münster (FATM)<br />
Direktor: Univ.-Prof. Dr. Dieter Ahlert<br />
Fachbereich 4: Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät<br />
Fliednerstr. 21, D – 48149 Münster<br />
Tel.: ++49 (0) 251/ 83-22939<br />
Fax: ++49 (0) 251/ 83-31438<br />
In Kooperation mit:<br />
Dieter Ahlert (Hrsg.):<br />
<strong>Internationalisierung</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Bekleidungseinzelhandel</strong><br />
IMADI.net-Projektbericht 7<br />
Dieter Ahlert<br />
Kristin Große-Bölting<br />
Gerrit Heinemann<br />
Maja Rohlfing<br />
ISSN 1863-6438<br />
IMADI.net<br />
IMADI.net (Internationale Markenführung in Dienstleistungsnetzwerken) wird vom<br />
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) <strong>im</strong> Rahmen des Forschungsvorhabens<br />
"Exportfähigkeit und <strong>Internationalisierung</strong> von Dienstleistungen" gefördert (Förderkennzeichen 01HQ0523)<br />
und vom Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) betreut.<br />
Die Mitglieder des Projektteams danken für die großzügige Unterstützung<br />
ihrer Forschungs- und Transferarbeiten.<br />
Münster 2006<br />
Alle Rechte vorbehalten
Einordnung in das Forschungsprojekt IMADI.net<br />
Der vorliegende Projektbericht entstand <strong>im</strong> Rahmen des vom Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „Internationale Markenführung<br />
in Dienstleistungsnetzwerken (IMADI.net)“. Mit dem Projekt IMADI.net werden zwei<br />
grundsätzliche Zielsetzungen verfolgt: Zum einen sollen Maßnahmen ermittelt wer-<br />
den, mit denen deutsche Dienstleistungsunternehmen die Wahrnehmbarkeit und<br />
Präferenz für ihre Dienstleistungen <strong>im</strong> Ausland erhöhen können. Diese Zielsetzung<br />
stellt auf ein opt<strong>im</strong>al angepasstes Markenmanagement ab. Zweitens geht es um die<br />
Verbesserung der Verfügbarkeit deutscher Dienstleistungen <strong>im</strong> Ausland. In diesem<br />
Kontext sollen Organisationskonzepte wie Netzwerke und Franchising analysiert und<br />
so die Frage nach einer potenziell opt<strong>im</strong>alen Koordinationsform der Internationalisie-<br />
rung beantwortet werden.<br />
Im Sinne einer integrierenden Herangehensweise gliedert sich das Projekt IMADI.net<br />
in drei Handlungsfelder:<br />
• Handlungsfeld 1: Markenführung in internationalen Dienstleistungsnetzwerken<br />
• Handlungsfeld 2: <strong>Internationalisierung</strong> von KMUs<br />
• Handlungsfeld 3: <strong>Internationalisierung</strong> <strong>im</strong> Textilhandel<br />
In einer zweiten D<strong>im</strong>ension lassen sich die Handlungsfelder in Bezug auf die Ein-<br />
flussfaktoren des Markenerfolgs gliedern: Welche Faktoren müssen berücksichtigt<br />
bzw. beeinflusst werden, um eine Unternehmens-, Produkt- oder Dienstleistungs-<br />
marke erfolgreich <strong>im</strong> Ausland zu managen? Dabei müssen Unternehmen sowohl<br />
externe, schwer beeinflussbare Faktoren als auch interne Faktoren beachten. Externe<br />
Einflussfaktoren liegen einerseits <strong>im</strong> Bereich der Konsumenten, wie bspw. die<br />
soziodemografischen, psychografischen oder kulturellen Merkmale potenzieller Kunden.<br />
Weiterhin sind als externe Größen das Wettbewerbsumfeld sowie die<br />
politischen, sozialen, rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen von Relevanz.
Interne Faktoren können hingegen von der Unternehmung beeinflusst werden. Orga-<br />
nisationsbezogene Faktoren umfassen bspw. die Wahl der Koordinationsform der<br />
Auslandsaktivität, Führungs- und Controllingfragen oder die internationale Personalpolitik.<br />
Marketing-Mix bezogene Faktoren umfassen schließlich produkt-, preis-,<br />
distributions- und kommunikationspolitische Entscheidungen der Unternehmung.<br />
Zur besseren Übersichtlichkeit werden die Projektberichte in Bezug auf den Publikationstyp<br />
als Grundlagenberichte, Vertiefungsberichte oder Cases eingeordnet. Im<br />
Rahmen der Grundlagenberichte werden allgemeine Fragestellungen behandelt,<br />
während in den Vertiefungsberichten auf Spezialaspekte der <strong>Internationalisierung</strong> fokussiert<br />
wird. Im Rahmen der Cases werden Projektergebnisse und Erfahrungen zur<br />
<strong>Internationalisierung</strong> in Form von Fallstudien praxisnah dargestellt. Hier fließen insbesondere<br />
die Erfahrungen der als Projektpartner beteiligten Unternehmen ein.<br />
Die Zielsetzung des vorliegenden Projektberichts besteht in der Untersuchung folgender<br />
Fragestellungen: Es soll betrachtet werden, welche Besonderheiten bei der<br />
<strong>Internationalisierung</strong> des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s existieren und wie der <strong>Internationalisierung</strong>sprozess<br />
gesteuert werden kann. Darüber hinaus soll untersucht werden,<br />
<strong>im</strong> Rahmen welcher Organisationskonzepte und Netzwerkkonfigurationen eine opt<strong>im</strong>ale<br />
<strong>Internationalisierung</strong> vollzogen werden kann. Besondere Berücksichtigung<br />
findet mit Hinblick auf das Gesamtziel des Projekts IMADI.net der Aspekt der Markenführung.<br />
So wird auf einer Meta-Ebene der Frage nachgegangen, wie bei der<br />
<strong>Internationalisierung</strong> des Bekleidungshandels in Bezug auf die Markenführung <strong>im</strong><br />
Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Differenzierung verfahren werden<br />
sollte.<br />
Der vorliegende Grundlagenbericht fokussiert damit auf das Handlungsfeld 3, <strong>im</strong><br />
Rahmen dessen die Markenführung in internationalen Dienstleistungsnetzwerken<br />
analysiert wird. Hinsichtlich der zu untersuchenden Einflussfaktoren auf den Markenerfolg<br />
finden umweltbezogene, organisationsbezogene und marketing-mix-
ezogene Faktoren Berücksichtigung. Die Einordnung in das Gesamtschema wird<br />
durch die blauen Würfel in unten stehender Abbildung veranschaulicht.<br />
Handlungsfeld<br />
Textilwirtschaft (3)<br />
KMU (2)<br />
Markenführung (1)<br />
Konsumenten<br />
Umwelt<br />
Marketing-Mix<br />
Organisation<br />
Case<br />
Vertiefungsbericht<br />
Grundlagenbericht<br />
Einflussfaktor<br />
Publikationstyp
Inhaltsverzeichnis<br />
–I–<br />
EINORDNUNG IN DAS FORSCHUNGSPROJEKT IMADI.NET III<br />
INHALTSVERZEICHNIS I<br />
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS III<br />
ABBILDUNGSVERZEICHNIS IV<br />
TABELLENVERZEICHNIS VI<br />
1 INTERNATIONALISIERUNGSFÄHIGKEIT VON TEXTILEN NETZWERKEN 1<br />
2 INHALTLICHER RAHMEN 4<br />
3 TERMINOLOGISCHER RAHMEN 7<br />
3.1 Unternehmensnetzwerke <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong> 7<br />
3.1.1 Einordnung des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s in die textile Kette 7<br />
3.1.2 Prägnante Merkmale der textilen Märkte 9<br />
3.1.3 Systematisierung von textilen Netzwerken 14<br />
3.1.4 Besonderheiten des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s 17<br />
3.2 <strong>Internationalisierung</strong> 19<br />
3.2.1 Antriebskräfte und Motive der <strong>Internationalisierung</strong> 19<br />
3.2.2 Theoretische Ansätze der <strong>Internationalisierung</strong> 22<br />
3.2.3 Faktoren und Konfliktpotenziale der <strong>Internationalisierung</strong> <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong><br />
<strong>im</strong> Rahmen von Netzwerken 24<br />
4 INTERNATIONALISIERUNGSPROZESS ALS PHASENMODELL 26<br />
4.1 Phasen des <strong>Internationalisierung</strong>sprozesses 26
–II–<br />
4.2 Deciding International 28<br />
4.3 Preparing International 28<br />
4.3.1 Systemanpassungen 28<br />
4.3.2 Länderauswahl 29<br />
4.3.3 Festlegung des Sort<strong>im</strong>ents 34<br />
4.3.4 Operatives internationales Mode-Marketing 38<br />
4.4 Going International 40<br />
4.4.1 Eintrittszeitpunkt 40<br />
4.4.2 Formen der <strong>Internationalisierung</strong> <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong> 42<br />
4.4.2.1 Tochtergesellschaft 43<br />
4.4.2.2 Eigene Ladenkette 44<br />
4.4.2.3 Beteiligung 45<br />
4.4.2.4 Joint Venture 46<br />
4.4.2.5 Franchising 47<br />
4.4.2.6 Partnerschaftskonzepte 50<br />
4.5 Being International 56<br />
4.5.1 Fortführung der nationalen und internationalen Tätigkeit 56<br />
4.5.2 Controlling der <strong>Internationalisierung</strong>: die <strong>Internationalisierung</strong>s-Scorecard 57<br />
4.5.3 Kontrolle der internationalen Marktpartner 61<br />
4.5.4 Expansion 62<br />
FAZIT 63<br />
LITERATURVERZEICHNIS 64
Abkürzungsverzeichnis<br />
–III–<br />
AIDA Attention Interest Desire Action<br />
Aufl. Auflage<br />
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
BSC Balanced Scorecard<br />
CALCIS Cámara Argentino Lituania de Comercio. Industria y Servicios<br />
DB Deckungsbeitrag<br />
ECR Efficient Consumer Response<br />
et. al. et alii<br />
FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />
FG Franchisegeber<br />
ggf. gegebenenfalls<br />
ggü. gegenüber<br />
GU Gesamtumsatz<br />
H&M Hennes und Mauritz<br />
IMADI.net Internationale Markenführung in Dienstleistungsnetzwerken<br />
Iss. Issue<br />
Jg. Jahrgang<br />
MFN Masterfranchisenehmer<br />
MZ Mitarbeiterzufriedenheit<br />
M&S Marks and Spencer<br />
POS point of sale<br />
P&C Peek und Cloppenburg<br />
sog. sogenannte (r/s)<br />
TW Textil Wirtschaft<br />
Vol. Volume
Abbildungsverzeichnis<br />
–IV–<br />
Abbildung 1: Wertschöpfungskette der Textilwirtschaft .............................................. 7<br />
Abbildung 2: Formen der Kooperation...................................................................... 14<br />
Abbildung 3: Kooperationsformen in der textilen Kette............................................. 16<br />
Abbildung 4: Sparten des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s ............................................... 18<br />
Abbildung 5: Motive der <strong>Internationalisierung</strong>........................................................... 21<br />
Abbildung 6: Phasen der <strong>Internationalisierung</strong> ......................................................... 27<br />
Abbildung 7: Kriterien der Marktselektion ................................................................. 31<br />
Abbildung 8: Faktoren der Standortsuche ................................................................ 33<br />
Abbildung 9: Modulares Sort<strong>im</strong>entskonzept als Profilierungsinstrument .................. 35<br />
Abbildung 10: Standardisierung in Abhängigkeit vom Modegenre und der<br />
Tragegelegenheit............................................................................... 36<br />
Abbildung 11: Grundtypen internationaler Organisationsformen .............................. 37<br />
Abbildung 12: T<strong>im</strong>ing-Alternativen des Markteintritts................................................ 41<br />
Abbildung 13: Formen der internationalen Marktbearbeitung für den<br />
<strong>Bekleidungseinzelhandel</strong> ................................................................... 43<br />
Abbildung 14: Konstitutive Merkmale des Franchising ............................................. 48<br />
Abbildung 15: Überblick über textile Kooperationsformen ........................................ 51<br />
Abbildung 16: Markteintrittsformen <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>.............................. 55
–V–<br />
Abbildung 17: Balanced Scorecard bei der E. Breuninger GmbH & Co. .................. 59<br />
Abbildung 18: Balanced Scorecard für den internationalen Bekleidungshandel....... 60
Tabellenverzeichnis<br />
–VI–<br />
Tabelle 1: Differenzierung der Modegrade bei Bekleidung....................................... 11<br />
Tabelle 2: Betriebsformen des Handels.................................................................... 18<br />
Tabelle 3: Chancen und Risiken alternativer Koordinationsformen <strong>im</strong><br />
internationalen Franchising...................................................................... 50<br />
Tabelle 4: Alternative Markteintrittsformen ............................................................... 56
–1–<br />
1 <strong>Internationalisierung</strong>sfähigkeit von textilen Netzwerken<br />
Wie die meisten Konsummärkte, ist der Bekleidungsmarkt zurzeit mit einer ausge-<br />
prägten Nachfrageschwäche konfrontiert. Seit 1992 sind die Umsätze des<br />
Bekleidungshandels rückläufig (vgl. o. V. 2005a, S. 29) und auch die Bekleidungsin-<br />
dustrie verzeichnet Einbußen (BTE 2004, S. 29; KPMG 2005a, S. 3). Nach einer<br />
Umfrage der Textilwirtschaft (TW) 2005 rechnen 53 % der Händler mit weiteren Um-<br />
satzeinbußen und auch eine Trendwende scheint nicht in Sicht (vgl. o. V. 2005b, S.<br />
12; KPMG 2005b, S. 7). Der Verdrängungswettbewerb hat deutlich an Schärfe zugenommen,<br />
was zahlreiche Insolvenzen in Industrie und Handel zeigen (vgl. o. V. 2004,<br />
S. 25). In der Industrie sind weltweite Überkapazitäten, Lohnniveau bedingte inländische<br />
Wettbewerbsnachteile und weiter steigende Exporterfolge ausländischer<br />
Textilanbieter problematisch (vgl. Wojaczek 1996, S. 56).<br />
Im Handel kann eine hohe Vergleichbarkeit der Sort<strong>im</strong>ente, ein Überangebot an Bekleidung<br />
und ein permanenter Konzentrationsprozess beobachtet werden (vgl. BTE<br />
2003, S. 1). Gründe für die derzeitigen Probleme des Handels liegen unter anderem<br />
in der anhaltenden Kaufzurückhaltung (vgl. Heußinger 2000, S. 1 ff.), dem hybriden<br />
Kaufverhalten (vgl. Ahlert 2001, S. 12; Schögel/Tomczak 1999, S. 15) und der zunehmenden<br />
Preissensibilität (vgl. Ahlert 2003, S. 13). Letzteres zeigt sich auch an<br />
den steigenden Umsätzen der Textil- und Lebensmitteldiscounter sowie Textilfremder,<br />
wie bspw. bei Tchibo, die insgesamt ein Umsatzplus von 12% verzeichnen (vgl.<br />
o. V. 2005a, S. 26). Im Jahr 2005 sank der Anteil der Bekleidungsausgaben an den<br />
Gesamtausgaben <strong>im</strong> Vergleich zu den Vorjahren weiter auf 4,42% der gesamten<br />
Konsumausgaben ab (vgl. BTE 2006, S. 97). Im gesamten Textileinzelhandel ist für<br />
2005 ein Umsatzrückgang von 1,5% (entspricht ca. 820 Mio. Euro) zu verzeichnen<br />
(vgl. BTE 2006, S. 48). Die deutschen Konsumenten sparen am Outfit. Gründe dafür<br />
liegen nicht zuletzt in den Sättigungserscheinungen bei Basisartikeln der Bekleidung.<br />
Dennoch spielt Mode für die Mehrheit der (weiblichen) Bevölkerung eine bedeutende<br />
Rolle. Dies gilt nicht nur für den deutschen Modemarkt, sondern für fast alle Indus-
–2–<br />
trienationen. Positiv anzumerken ist in diesem Zusammenhang das noch vorhandene<br />
Marktpotenzial. Dieses liegt jedoch häufig nicht auf dem eigenen nationalen, sondern<br />
auf internationalen Märkten (vgl. Wißmeier 1999, S. 1147) Um die neue Aufgabe der<br />
<strong>Internationalisierung</strong> bewältigen zu können, neigen <strong>im</strong>mer mehr Akteure der Textil-<br />
wirtschaft dazu, sich in internationalen Netzwerken zusammenzuschließen. Durch<br />
die Kooperation können Effektivität und Effizienz <strong>im</strong> gesamten Distributionssystem<br />
der Bekleidungsbranche gesteigert werden.<br />
Das Projekt IMADI.net verfolgt bei der Untersuchung der Textilbranche zwei grund-<br />
sätzliche Zielsetzungen: Zum einen geht es um die Förderung der<br />
<strong>Internationalisierung</strong> des deutschen <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s. Diese Zielsetzung<br />
stellt auf ein opt<strong>im</strong>al angepasstes Markenmanagement ab. Zum anderen sollen<br />
Maßnahmen ermittelt werden, mit denen deutsche Bekleidungseinzelhändler die<br />
Wahrnehmbarkeit und Präferenz für ihr Angebot <strong>im</strong> Ausland erhöhen können.<br />
Im Rahmen dieser Zielsetzungen sollen folgende Fragen <strong>im</strong> Mittelpunkt stehen:<br />
1. Welche Besonderheiten in Bezug auf die <strong>Internationalisierung</strong> existieren <strong>im</strong><br />
<strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>?<br />
2. Welche Organisationskonzepte und Netzwerkkonfigurationen sind zur <strong>Internationalisierung</strong><br />
opt<strong>im</strong>al?<br />
3. Wie lässt sich die <strong>Internationalisierung</strong> von Unternehmen <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong><br />
steuern?<br />
4. Wie kann das internationale Markenmanagement <strong>im</strong> Spannungsfeld zwischen<br />
Differenzierung und Standardisierung opt<strong>im</strong>al gestaltet werden?<br />
Der vorliegende Projektbericht entstand <strong>im</strong> Rahmen des vom Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „Internationale Markenführung<br />
in Dienstleistungsnetzwerken (IMADI.net)“ in Kooperation mit der Hochschule Niederrhein,<br />
Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik. Die mit diesem Projektbericht<br />
verbundene Zielsetzung besteht darin, den Untersuchungsbereich „<strong>Internationalisierung</strong>sfähigkeit<br />
textiler Netzwerke“ zu entfalten, weshalb zunächst in Kapitel 2 der
–3–<br />
inhaltliche Hintergrund erläutert wird. In Kapitel 3 wird ein terminologischer Rahmen<br />
aufgebaut, um die grundlegenden Termini zu konkretisieren, die für die Studien <strong>im</strong><br />
Projekt IMADI.net benötigt werden. Somit soll ein einheitliches Begriffsverständnis<br />
erreicht werden (vgl. Ahlert et al. 2006, S. 3). Der Projektbericht erhebt allerdings<br />
nicht den Anspruch, ein vollständiges Glossar zu bilden, da an dieser Stelle nicht antizipiert<br />
werden kann, welche Termini <strong>im</strong> weiteren Verlauf des Projekts benötigt<br />
werden. Nichtsdestotrotz stellt dieser dennoch ein erstes Ergebnis der „Analyse des<br />
erweiterten Gegenstandsbereichs“ dar und somit eine wesentliche Grundlage für<br />
zeitlich nachgelagerte Arbeitspakete. In Kapitel 4 erfolgt <strong>im</strong> Rahmen der Darstellung<br />
des <strong>Internationalisierung</strong>sprozesses eine Beschreibung der Aktivitäten, die für die<br />
Planung und Durchführung der <strong>Internationalisierung</strong> des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s<br />
notwendig sind.
2 Inhaltlicher Rahmen<br />
–4–<br />
Der inhaltliche Rahmen des Projekts IMADI.net wird durch die mit dem Projekt ver-<br />
bundenen Zielsetzungen vorgegeben. So gilt es, die Wahrnehmbarkeit und<br />
Präferenz für deutsche Bekleidungseinzelhändler <strong>im</strong> Ausland zu erhöhen. Hierbei<br />
spielt die Einkaufsstätte als Marke eine besondere Rolle. Die Marke wird dabei<br />
häufig als „Seele“ des Unternehmens bzw. deren Abbild begriffen. Sie dient dem<br />
Kunden als „Vertrauensanker“ (vgl. Ahlert/Kenning 1999, S. 115) bzw. als Qualitäts-<br />
signal (vgl. Große-Bölting 2005, S. 8 f.; Keller 1993). Insbesondere bei der<br />
Vermarktung von Dienstleistungen ist diese Funktion der Marke von besonderem<br />
Gewicht (vgl. Ahlert et. al. 2006, S. 4). Hierbei bestehen für den Konsumenten<br />
Schwierigkeiten hinsichtlich der objektiven Bewertung der zu erwerbenden bzw.<br />
erbringenden Leistung. Gleiches gilt auch für den <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>: Die Beratungsleistung<br />
sowie die bloße Betrachtung der Kleidung ermöglichen dem Kunden<br />
keine objektive Bewertung. Das seitens des Konsumenten einer Marke entgegengebrachte<br />
Vertrauen kann diese objektive Nachprüfung der adäquaten<br />
Leistungserstellung ersetzen (vgl. Ahlert et. al. 2006, S. 4). Argumentiert man mit<br />
dem Fokus auf die vorhandene asymmetrischen Informationsverteilung zwischen<br />
Hersteller und Kunden, so gilt, dass die Überprüfung der Leistungsqualität umso<br />
schwerer fällt, je höher diese Informationsasymmetrie zu Ungunsten des Nachfragers<br />
ausgestaltet ist. Darüber hinaus kommt der Marke <strong>im</strong> Bereich des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s<br />
eine besondere Rolle zu: Bekleidung besonders in Form von Mode ist ein<br />
Ausdruck von Selbstdarstellung (vgl. Fuchslocher 1992, S. 37, Formatschek 2001, S.<br />
141). Der Kunde kauft dabei Kleidung, aber auch bewusst Marken, die einerseits am<br />
ehesten dem eigenen Selbstkonzept entsprechen, andererseits, um eine best<strong>im</strong>mte<br />
Gruppenzugehörigkeit darzustellen (vgl. Nerdiger/Rosenstiel 1991, S. 74 ff.).<br />
Betrachtet man die Marke aus Unternehmenssicht, so stellt sie eine intangible Ressource<br />
dar, die allgemein als Voraussetzung zur Schaffung nachhaltiger<br />
Wettbewerbsvorteile gesehen wird (vgl. Evanschitzky 2003, S. 120 f.). Liegen best<strong>im</strong>mte<br />
erfolgskritische Ressourcen in einem Unternehmen nicht vor, besteht für
–5–<br />
dieses die Möglichkeit, in kooperativen Netzwerken mit anderen Unternehmen zu-<br />
sammenzuarbeiten und dadurch über einen gebündelten Ressourcenpool zu<br />
verfügen. Es ist feststellbar, dass Netzwerke vor allem in schnelllebigen und wettbewerbsintensiven<br />
Branchen, wie der Textilbranche, eine wichtige Rolle spielen (vgl.<br />
Ringle/Hansmann/Boysen 2005, S. 69). In diesem Zusammenhang handelt es sich<br />
um kooperative Beziehungen entlang der textilen Wertschöpfungskette, wobei die<br />
beteiligten Unternehmen sich jeweils auf best<strong>im</strong>mte Aktivitäten spezialisieren und<br />
durch die Kooperationsbeziehung gemeinsame Wettbewerbsvorteile realisieren.<br />
Im Rahmen des Projekts IMADI.net sollen beide Aspekte – Marke und Netzwerk –<br />
jedoch nicht nur allein für sich analysiert werden. Vielmehr ist eine integrative Sichtweise<br />
anzustreben. Für Textile Netzwerke liegt der Wert einer Marke insbesondere<br />
in seiner differenzierenden Wirkung. In der Funktion eines Qualitätsindikators erleichtert<br />
die Marke eine Abschöpfung der Aufpreisbereitschaft des Kunden und dessen<br />
engere Bindung an das Unternehmen (vgl. Ahlert et. al. 2006, S. 5). Dadurch wirken<br />
starke Marken insbesondere für potenzielle Wettbewerber als Markteintrittbarrieren,<br />
die Wettbewerbsvorteile nach sich ziehen können (vgl. Srivastava/Shocker 1991).<br />
Eine zusätzliche Schwierigkeit stellt die internationale Markenführung <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong><br />
dar, da diese <strong>im</strong> Spannungsfeld zwischen Standardisierung und<br />
lokaler Anpassung steht. Die Mode und damit der Wunsch nach modischer Bekleidung<br />
variiert entsprechend den kulturellen Gegebenheiten und Geschmäckern der<br />
Menschen von Land zu Land (vgl. Wißmeier 1999, S. 1159 f.). Es stellt sich folglich<br />
die Frage, in wie weit eine Marke angepasst werden muss, um auch <strong>im</strong> internationalen<br />
Umfeld erfolgreich zu sein. Dass diese Frage von besonderer Bedeutung ist, sei<br />
am Beispiel von Marks & Spencer (M&S), führender britischer Bekleidungshändler,<br />
und GAP, weltweit größter Bekleidungsfachhändler aus den USA, gezeigt: Aufgrund<br />
mangelnder Berücksichtigung kultureller Distanzen zwischen den Ländermärkten<br />
mussten beide Unternehmen sich vom deutschen Markt zurückziehen (vgl. Interview<br />
Kreke 2006, Interview Boje 2006, Grabitz/Seidel 2006). Auch der Rückzug von
–6–<br />
WalMart, global führendes US-Einzelhandelsunternehmen, vom deutschen Markt <strong>im</strong><br />
Jahr 2006, zeigt erneut, welche Konsequenzen eine mangelnde Berücksichtigung<br />
kultureller Distanzen haben kann.<br />
Ziel des Forschungsprojektes ist es, Variablen zu identifizieren, die den internationa-<br />
len Erfolg beeinflussen bzw. steuern und in ihrem Wirkungszusammenhang zu<br />
quantifizieren. Der Erfolg der internationalen Markenführung <strong>im</strong> Bekleidungseinzel-<br />
handel wird durch eine Vielzahl eben dieser intervenierenden Variablen beeinflusst.<br />
Diese können <strong>im</strong> Rahmen einer speziell auf den <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong> abge-<br />
st<strong>im</strong>mten <strong>Internationalisierung</strong>s-Scorecard, einem Managementtool zur operativen<br />
Umsetzung der <strong>Internationalisierung</strong>sstrategie, abgebildet werden.
3 Terminologischer Rahmen<br />
–7–<br />
3.1 Unternehmensnetzwerke <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong><br />
3.1.1 Einordnung des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s in die textile Kette<br />
Eine der Besonderheiten in der Struktur der Textilwirtschaft liegt in der linearen Ab-<br />
folge der Produktionsschritte (vgl. Wojaczek 1996, S. 44). Aus diesem Grund und<br />
wegen eines engen zeitlichen Ver- und Bearbeitungsrahmens, kann die Produktion<br />
nur geringfügig in gleichzeitig ausführbare Teilprozesse unterteilt werden (vgl.<br />
Horstmann 1997, S. 17). Dieser, in eine best<strong>im</strong>mte Richtung festgelegte Warenfluss<br />
wird auch als „textile Pipeline“ bezeichnet (vgl. Hanker 1990, S. 154 f.). Betrachtet<br />
man die Wertschöpfungskette der Textilbranche, so schließt selbige alle Ver- und<br />
Bearbeitungsschritte sowie Beschaffungs- und Distributionsleistungen von der Fa-<br />
sererzeugung bis hin zum Verkauf des textilen Endproduktes ein (vgl. Steffen 2001,<br />
S. 9).<br />
Natur- und Chemiefaser-<br />
Aufbereitung<br />
Webereien<br />
Spinnereien<br />
Veredelung<br />
Textilindustrie<br />
Maschenindustrie<br />
Textil- und Bekleidungsindustrie<br />
(ohne technische<br />
Textilien und He<strong>im</strong>und<br />
Haustextilien)<br />
Konfektionsstufe/<br />
Weiterverarbeitung<br />
Bekleidungsindustrie<br />
Abbildung 1: Wertschöpfungskette der Textilwirtschaft<br />
Bekleidungswirtschaft<br />
Groß- und<br />
Einzelhandel<br />
Bekleidungshandel<br />
(Quelle: In Anlehnung an Diekmann 1992, S. 12)<br />
Konsument
–8–<br />
Insgesamt lässt sich die Wertschöpfungskette in drei Teilbereiche untergliedern: die<br />
Textilindustrie als Produzent von bspw. Fasern, die Bekleidungsindustrie als Stufe<br />
der Weiterverarbeitung der Textilien zu Kleidungsstücken und schließlich die Stufe<br />
des Bekleidungshandels als Kontakt zum Endverbraucher (vgl. Eickhoff 1997, S. 9).<br />
Durch die enge zeitliche Abfolge der Prozessschritte hängt die Wettbewerbs- und<br />
Überlebensfähigkeit der einzelnen Unternehmen nicht ausschließlich von der eige-<br />
nen Leistungsfähigkeit ab, sondern die gesamte Leistung innerhalb der Textilpipeline<br />
entscheidet über den Erfolg be<strong>im</strong> Nachfrager, so dass auch von einer schicksalhaften<br />
Verknüpfung gesprochen wird (vgl. Ahlert 1993, S. 6). Von besonderer<br />
Bedeutung ist diese Verknüpfung für das letzte Glied der textilen Kette, dem Bekleidungshandel.<br />
Ihm fällt die Aufgabe zu, die (komplexen) Bekleidungsprobleme des<br />
Kunden zu lösen (vgl. Steffen 2001, S. 13). Wird durch intraorganisationale Strukturen<br />
die Erstellung einer kundengerechten Dienstleistung unterbunden, so kommt es<br />
zu einer Verhinderung des bedarfsgerechten Angebotes auf der Wertschöpfungsstufe<br />
des Handels.<br />
Als Stärkung der Position des Bekleidungshandels ist die Funktion des Gate Keepers<br />
zu sehen (vgl. Hermanns 1999, S. 25). Die Machtposition ist damit zu begründen,<br />
dass der Bekleidungshandel durch die Zusammenstellung der Sort<strong>im</strong>entsstruktur<br />
darüber entscheidet, welche Artikel dem Kunden letztendlich zum Kauf angeboten<br />
werden. Ohne die Aufnahme der Produkte der Hersteller in das Sort<strong>im</strong>ent der Händler<br />
sind diese für die Kunden nicht, oder nur über Umwege, erhältlich (vgl.<br />
Allgaier/Leckenwalter, 2000, S. 83). Im Hinblick auf eine <strong>Internationalisierung</strong> kann<br />
man davon ausgehen, dass der Bekleidungshandel seine Machtposition weiter ausbauen<br />
kann, da durch den Eintritt in neue Märkte die Zahl der potenziellen Käufer<br />
weiter steigt, zumal Bekleidungshersteller dazu übergegangen sind, auch eigene<br />
Shops („Mono Label Stores“) zu eröffnen.<br />
Von besonderer Bedeutung für einen reibungslosen Ablauf kann die Logistik innerhalb<br />
der Textilkette gesehen werden. Sie fungiert in der Textilbranche aufgrund der
–9–<br />
darin enthaltenen Rationalisierungspotenziale als Wettbewerbsinstrument (vgl. Wo-<br />
jaczek 1996, S. 40, 56). Die Logistik sollte so gestaltet sein, dass die benötigte Ware<br />
zum vereinbarten Termin den Abnehmer erreicht (vgl. ebenda, S. 55 ff.). Ihre Bedeutung<br />
kann vor allem dem Faktor Zeit zugeordnet werden. Um langfristig den Erfolg <strong>im</strong><br />
Wettbewerb zu garantieren, muss schnell auf neue Trenderscheinungen reagiert<br />
werden können. Die Anforderungen an die Logistik werden dabei determiniert durch<br />
den jeweiligen Modegrad und die damit verbundene Aktualität, ebenso wie durch den<br />
Einfluss der Saisonalität und den daraus resultierenden Absatzschwankungen. Aus<br />
diesem Grund sind die Liefer- und Orderrhythmen von besonderer Bedeutung (vgl.<br />
Moritz 1987, S. 36). Im Bezug auf die Lagerhaltung ergeben sich ebenfalls branchenspezifische<br />
Probleme. In den saisonalen Spitzenzeiten lässt sich eine<br />
Lagerbelastung von oft über 100% beobachten, während sonst nur eine Kapazitätsauslastung<br />
von bis zu 50% vorliegt (vgl. ebenda, S. 68 f.). Gerade <strong>im</strong> Zuge der<br />
<strong>Internationalisierung</strong> muss ein Weg gefunden werden, die Beschaffungs-, Produktions-<br />
und Distributionsstrukturen effizient zu gestalten. Es muss ein flexibles<br />
Logistiksystem konzipiert werden, das den beschriebenen Anforderungen über alle<br />
Stufen der Wertschöpfungskette gerecht wird. Im Zuge der <strong>Internationalisierung</strong> können<br />
weiterhin große Distanzen zwischen den jeweiligen Produktionsstätten und den<br />
Absatzmärkten auftreten, was dazu führt, dass die zu erbringende Logistikleistung<br />
aufgrund der wachsenden Komplexität auch diesen erhöhten Ansprüchen genügen<br />
muss. Dieses gilt vor dem Hintergrund der zunehmenden Erfolge vollintegrierter /<br />
vertikalisierter Anbieter um so mehr, denen es gelingt, Zeitvorteile in der Supply-<br />
Chain herauszuarbeiten.<br />
3.1.2 Prägnante Merkmale der textilen Märkte<br />
Neben der Linearität der Produktionsschritte und den daraus resultierenden Abhängigkeiten,<br />
sind als weitere Kennzeichen Mode und Saisonalität sowie das Sort<strong>im</strong>ent<br />
zu nennen.
–10–<br />
Der Begriff Mode wird <strong>im</strong> Allg. Kontext definiert als „eine durch das menschliche<br />
Streben nach Abhebung und Anpassung bewirkte Änderung der Lebens- und Kon-<br />
sumgewohnheiten breiter Bevölkerungsschichten, die nach einer gewissen Zeit<br />
durch eine erneute Veränderung aufgehoben wird“ (Hermanns 1991, S. 16). Kenn-<br />
zeichen sind folglich zwei gegenläufige Tendenzen: einerseits das Streben nach<br />
Konformität, andererseits aber das Streben des „Modebewussten“ nach Individualität<br />
(vgl. Wojaczek 1996, S. 63). Weitere Merkmale sind der ständige Wandel und damit<br />
nur eine best<strong>im</strong>mten Fristigkeit, die Beständigkeit des Wandels und die mehr oder<br />
weniger zwingende Ausbreitung der Mode in der Gesellschaft (vgl. Pesch 1973, S.<br />
4). Als klassisches Modegut stellt sich die Bekleidung dar. Bekleidungsmode selbst<br />
kann definiert werden als „eine zeitlich begrenzte, sich permanent wandelnde und für<br />
best<strong>im</strong>mte Bevölkerungsgruppen vorherrschende Präferenz für Bekleidungstextilien<br />
und das entsprechende Zubehör hinsichtlich einer best<strong>im</strong>mten Kombination aus Ma-<br />
terial, Schnitt, Farbe sowie Dessin“ (Wojaczek 1996, S. 63 in Anlehnung an Pesch<br />
1973, S. 9; Wißmeier 1992, S. 171). Es lässt sich jedoch feststellen, dass die Durch-<br />
setzung eines Modetrends kaum mehr gelingt, vielmehr existiert parallel eine Vielzahl<br />
von Trends, so dass die Kleidung der vergangenen Saison neu kombiniert getragen<br />
werden kann (vgl. Horstmann 1997, S. 28). Um dieser Veränderung gerecht zu werden,<br />
erfolgt eine Unterteilung der Bekleidungsartikel in hochmodische, modische<br />
bzw. saisonale und Standardware (vgl. Tabelle 1).
Modegrad<br />
Neuigkeit<br />
Lebensdauer<br />
(Verweildauer am POS)<br />
Absatz- bzw. Moderisiko<br />
Wiederbeschaffungsmöglichkeit<br />
Hochmodische<br />
Ware<br />
Vollkommen neu,<br />
innovativ<br />
Sehr kurz<br />
(höchstens 6 Wochen<br />
Verweildauer)<br />
Sehr hoch<br />
Keine<br />
–11–<br />
Modische und<br />
saisonale Ware<br />
Neue Elemente bei<br />
Einhaltung bestehender<br />
Modelinien<br />
Kurz<br />
(höchstens 18-22 Wochen<br />
Verweildauer)<br />
Hoch<br />
Eingeschränkt<br />
Tabelle 1: Differenzierung der Modegrade bei Bekleidung 1<br />
(Quelle: in Anlehnung an Wojaczek 1996, S. 66)<br />
Basic bzw.<br />
Standardware<br />
Kaum Veränderungen<br />
Lange<br />
(bis zu unbegrenzter<br />
Verweildauer)<br />
Niedrig<br />
Längerfristig gegeben<br />
In unmittelbarem Zusammenhang mit dem Element der Mode steht die Saisonalität.<br />
Dieser wird durch jahreszeit- und themenspezifische Kollektionen in Form von Früh-<br />
jahr-/Sommer- und Herbst-/Winterkollektion <strong>im</strong> Bekleidungsmarkt Rechnung<br />
getragen (vgl. Grandke 1999, S. 34). Saisonalität kann hier als ein „das Verhalten der<br />
in einem Distributionskanal miteinander in Verbindung stehenden Unternehmen be-<br />
st<strong>im</strong>mendes, mehr oder weniger konstantes, sich ständig wiederholendes Muster von<br />
Beschaffungs- und Absatzrhythmen aufgefasst werden“ (Horstmann 1997, S. 31). In<br />
den vergangenen Jahren ließ sich der Trend erkennen, von der Zweisaisonalität ab-<br />
zuweichen und Zwischenkollektionen einzuführen (vgl. Grandke 1999, S. 34).<br />
Gründe dafür liegen zum einen in veränderten Bedürfnisstrukturen, hervorgerufen<br />
bspw. durch die wachsende Bedeutung des Freizeitsektors, zum anderen in der Tat-<br />
sache, dass viele Konsumenten die Bekleidungsstücke nicht kaufen, wenn sie<br />
witterungsbedingt eigentlich benötigt werden (vgl. ebenda sowie vertiefend Gühlert<br />
1990, S. 74 f.).<br />
1 Das Moderisiko resultiert aus der Unsicherheit der Anbieter bezüglich der zukünftigen modischen<br />
Entwicklung in zeitlicher, qualitativer und quantitativer Hinsicht (vgl. Hermanns 1999, S. 18).
–12–<br />
Darüber hinaus ist gerade mit Bezug zur <strong>Internationalisierung</strong> anzumerken, dass die<br />
Saisonverläufe in verschiedenen Ländern unterschiedlich verlaufen und somit ggf.<br />
auch unterschiedliche Produkte benötigt werden. Während in den eher nördlich gele-<br />
genen Ländern bspw. für die Wintersaison aus kl<strong>im</strong>atischen Gründen wärmende<br />
Kleidung notwendig ist, kann in südlichen Ländern auf derartige Artikel fast vollstän-<br />
dig verzichtet werden.<br />
Weiterhin von großer Bedeutung ist das Sort<strong>im</strong>ent. Unter dem Begriff werden <strong>im</strong><br />
Rahmen der Bekleidungswirtschaft alle Waren und Dienstleistungen subsumiert, die<br />
zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt in einem Textilhandelsunternehmen angeboten wer-<br />
den (Müller-Hagedorn 2005, S. 184 ff.). Das Sort<strong>im</strong>ent wird maßgeblich durch die<br />
jeweilige Zielgruppe best<strong>im</strong>mt und weist dabei eher modische, konventionelle oder<br />
konservative Elemente auf (vgl. Moritz 1987, S. 19). Um als hochmodischer Anbieter<br />
zu gelten, muss eine ständige Aktualisierung des Sort<strong>im</strong>ents erfolgen (vgl. Heußinger<br />
2000, S. 103). Die Herausforderung besteht darin, dem schnellen Wandel des Konsumverhaltens<br />
durch ein der aktuellen Mode entsprechendes Sort<strong>im</strong>ent Rechnung<br />
zu tragen. Durch die Berücksichtigung der Kundenwünsche und -bedürfnisse wird<br />
das Sort<strong>im</strong>ent zum Erfolgsfaktor des Unternehmens (vgl. Glasmeier 1995, S. 163).<br />
Im Rahmen der Sort<strong>im</strong>entsgestaltung muss vor allem <strong>im</strong> Hinblick auf eine geplante<br />
<strong>Internationalisierung</strong> den unterschiedlichen körperlichen Merkmalen und damit variierenden<br />
Passformen auf ausländischen Märkten Rechnung getragen werden.<br />
Aufgrund der Schnelllebigkeit von Mode kann ein Großteil des aktuellen Sort<strong>im</strong>ents<br />
nur in der aktuellen Periode abgesetzt werden, während es in der kommenden nur<br />
begrenzte oder keine Absatzchancen aufweist. Man unterscheidet zwischen sog.<br />
„Fast- und Slowsellern“. Unter ersteren werden textile Bekleidungsartikel zusammengefasst,<br />
die sich schnell verkaufen lassen, während es sich bei letzteren um<br />
Ladenhüter handelt (vgl. Moritz 1987, S. 30).<br />
Mit Blick auf die <strong>Internationalisierung</strong> ist festzuhalten, dass sich Modezyklen von<br />
Land zu Land unterschiedlich entwickeln. Internationale Zielgruppen können auch
–13–<br />
dann, wenn sie grundlegende übereinst<strong>im</strong>mende demographische Merkmale aufwei-<br />
sen, dennoch bezüglich Bekleidung verschiedene Präferenzen haben, die neben der<br />
Mode auch in kulturspezifischen Konsumgewohnheiten ihre Ursache finden (vgl.<br />
Wißmeier 1999, S. 1159). Die Festlegung des Sort<strong>im</strong>ents <strong>im</strong> Rahmen des <strong>Internationalisierung</strong>sbestrebens<br />
stellt einen Problembereich dar, der gemäß George (1997, S.<br />
241) darin besteht, ein „opt<strong>im</strong>ales Mischungsverhältnis zwischen länderübergreifenden<br />
und länderspezifischen Sort<strong>im</strong>entsanteilen“ zu finden. Um die modischen<br />
Präferenzen der Konsumenten in den einzelnen Ländermärkten in Erfahrung zu bringen<br />
und das Moderisiko durch exakte Prognosen zu verringern, ist Marktnähe eine<br />
notwendige Voraussetzung.<br />
In engem Zusammenhang mit den saisonalen Schwankungen steht die Problematik<br />
der Beschaffungsrhythmen: Der Handel muss ca. sechs bis acht Monate vor Beginn<br />
der folgenden Verkaufssaison einen Großteil (ca. 60-80%) seiner Order in der Bekleidungsindustrie<br />
platzieren (sog. Vor- oder Hauptorder), um der langen Vorlaufzeit<br />
der (auftragsbezogenen) Produktion begegnen zu können (vgl. Horstmann 1997, S.<br />
31; Ahlert/Holtkamp/Aumann 2000, S. 2 f.). In diesem Fall trägt der Handel ein besonders<br />
hohes Moderisiko, da er zum Zeitpunkt der Bestellung noch nicht über<br />
Informationen zu zukünftigem Nachfrageverhalten verfügt (vgl. Hermanns 1999, S.<br />
25). Demgegenüber trägt der Hersteller ein hohes Risiko <strong>im</strong> Rahmen der Nachorder;<br />
in diesem Fall handelt es sich um von der Industrie vordisponierte und ggf. auch<br />
schon produzierte Ware für die aktuelle Saison (vgl. Horstmann 1997, S. 31).<br />
Um nun den erläuterten Besonderheiten gerecht zu werden, müssen <strong>im</strong>mer neue<br />
Wege hinsichtlich der Koordination dieser komplexen Wertschöpfungskette gefunden<br />
werden. Durch die Bildung von Netzwerken <strong>im</strong> Allg. und vertikalen Kooperationen <strong>im</strong><br />
Speziellen wird es möglich, die notwendigen Aktivitäten innerhalb der Wertschöpfungskette<br />
besser zu koordinieren.
–14–<br />
3.1.3 Systematisierung von textilen Netzwerken<br />
Den Ausgangspunkt des Netzwerkverständnisses dieses Projektberichtes bildet das<br />
von Ahlert et al. (2006) gewählte Netzwerkverständnis in Form einer Min<strong>im</strong>aldefiniti-<br />
on. In Anlehnung an Ahlert/Evanschitzky (2003) werden dort Unternehmensnetz-<br />
werke als eine auf die (Dienst-) Leistungserbringung ausgelegte Zusammenarbeit<br />
von mindestens zwei, <strong>im</strong> Hinblick auf den Kooperationsbereich wirtschaftlich abhän-<br />
gigen Partnern verstanden, die innerhalb des Netzwerkes Ressourcen austauschen.<br />
Die beschriebene Kooperationsbeziehung ist dabei nicht nur einmaliger Natur, son-<br />
dern langfristig angelegt, um die Leistung dauerhaft am Markt anbieten zu können<br />
(vgl. ebenda).<br />
horizontale Kooperation<br />
(strategische Allianzen)<br />
• auf der Stufe des<br />
Handels<br />
• auf der Stufe der<br />
Industrie<br />
Abbildung 2: Formen der Kooperation<br />
(Quelle: Ahlert 1994, S. 9)<br />
KOOPERATIONSFORMEN<br />
(Netzwerkarrangements)<br />
horizontale und vertikale<br />
Kooperation<br />
ohne oder mit<br />
Beteiligung Dritter<br />
z.B. Franchise-Systemkopf<br />
Verbände<br />
Distributionsdienstleister<br />
• Logistikdienstleister<br />
• Handelsvertreter u.v.a.m.<br />
vertikale Kooperation<br />
(strategische Netzwerke)<br />
• zwischen Groß- und<br />
Einzelhandel<br />
• zwischen Industrie<br />
und Handel<br />
Im Hinblick auf textile Netzwerke müssen jedoch einige Besonderheiten beachtet<br />
werden. Ahlert (1994, S. 8 f.) erläutert vielfältige Möglichkeiten der Kooperation in
–15–<br />
textilen Netzwerken. So können ausschließlich horizontale oder ausschließlich verti-<br />
kale Kooperationsbeziehungen vorliegen, es kann jedoch auch zu einer Mischung<br />
beider Arrangements kommen (Abbildung 2).<br />
Strategische Allianzen stellen einen spezifischen Typus der Unternehmensnetz-<br />
werke dar (vgl. Höfer 1997, S. 47 f.). Sie werden definiert als dauerhafte Form der<br />
Zusammenarbeit zum Aufbau strategischer Wettbewerbsvorteile und / oder zur Stär-<br />
kung der Wettbewerbsposition der Partner (vgl. Steffen 2001, S. 102). In der<br />
Bekleidungswirtschaft beziehen sich strategische Allianzen auf die Ebene der Bekleidungsindustrie<br />
bzw. des Bekleidungshandels. Diese horizontalen Allianzen<br />
dienen zur Stärkung der eigenen Kompetenz, aber auch zum Ausgleich von Schwächen<br />
(vgl. Borchert 2001, S. 77). Gerade <strong>im</strong> Hinblick auf die durch hohen<br />
technologiebedingten Wissensverfall gekennzeichnete Umwelt, stellt diese Form der<br />
Kooperation eine wettbewerblich sinnvolle Reaktion <strong>im</strong> Konkurrenzkampf gegenüber<br />
anderen Unternehmen dar (vgl. Steffen 2001, S. 102 f.). Zu beobachten ist jedoch,<br />
dass auf der Stufe der Bekleidungsindustrie Allianzen nur von untergeordneter Bedeutung<br />
sind, während <strong>im</strong> Bereich des Bekleidungshandels eher die Bereitschaft zu<br />
horizontalen Zusammenschlüssen besteht. Hierbei spielen vor allem Einkaufskooperationen<br />
eine besondere Rolle. Die Mitglieder des Verbundes profitieren gemeinsam<br />
von den vergünstigten Einkaufskonditionen, <strong>im</strong> Hinblick auf den Endkunden stehen<br />
sie jedoch in Konkurrenz (vgl. Borchert 2001, S. 78). Strategische Allianzen allein<br />
bieten keine Möglichkeit zur Reorganisation der textilen Wertschöpfungskette, da<br />
vertikale Verbindungen unberücksichtigt bleiben (vgl. Steffen 2001, S. 103).<br />
Strategische Netzwerke stellen vertikale Arrangements entlang der Wertschöpfungskette<br />
dar (vgl. Steffen 2001, S. 103). Es handelt sich dabei um eine<br />
kooperative, relativ stabile Beziehung zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich<br />
jedoch zumeist abhängigen Unternehmen, die auf die Erzielung von komparativen<br />
Konkurrenzvorteilen gegenüber den Wettbewerbern außerhalb des Netzwerkes abzielt<br />
(vgl. Sydow 1992, S. 82). Nach außen tritt das Netzwerk als homogener
–16–<br />
Anbieter auf, der für die gesamte Leistung des Netzwerkes verantwortlich ist (vgl.<br />
Reiss/Beck 1997, S. 9). Trotz der grundlegenden vertikalen Ausrichtung können sich<br />
auf den einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette dennoch horizontale Verknüpfun-<br />
gen ergeben (vgl. Steffen 2001, S. 104). In der Bekleidungsbranche werden<br />
strategische Netzwerke als Unternehmungen verstanden, die sich vertikal, entlang<br />
der Wertschöpfungskette auf diejenigen Aktivitäten konzentrieren, die eine Kernkom-<br />
petenz darstellen (vgl. Chakravarthy/Gargiulo 1998, S. 437; Hinterhuber/Levin 1994,<br />
S. 47; Winchester et al. 1998, s. 29 f.). Ahlert (1994, S. 10) geht davon aus, dass ei-<br />
ne vertikale Kooperation zwischen den Stufen der textilen Pipeline fast zwangsläufig<br />
auch mit einer horizontalen Kooperation in Verbindung steht, wodurch komplexe<br />
Netzwerkstrukturen entstehen. Dabei erfolgt jedoch eine Unterordnung der horizonta-<br />
len Verbindungen (vgl. Steffen 2001, S. 106). Die Kooperation innerhalb der textilen<br />
Wertschöpfungskette kann nach Umfang, Intensität und Dauer der Bindung variieren.<br />
Struktur<br />
einzelne<br />
Funktionen<br />
Instanz<br />
bilateral<br />
vertikal<br />
horizontal<br />
Fächerprinzip<br />
universell / selektiv /<br />
exklusiv<br />
Multi-<br />
Fächer-<br />
Prinzip<br />
Branchenweit<br />
multilateral<br />
Komplette<br />
Funktionsspektren<br />
Inhalt und<br />
Intensität<br />
Physische<br />
Logistik<br />
Textil-<br />
Industrie<br />
Logistik + Einkauf bzw. Verkauf<br />
Informations-<br />
Fullservice<br />
logistik<br />
Bekleidungs-<br />
Industrie<br />
Teilkonzepte<br />
Handel<br />
Abbildung 3: Kooperationsformen in der textilen Kette<br />
(Quelle: Ahlert 1994, S. 11)<br />
Beschaffungs-/Produktions-/Marketingverbund<br />
Eigenmarken<br />
Separate<br />
Koordin.<br />
Instanz
–17–<br />
Der in Abbildung 3 dargestellte Kooperationswürfel zeigt, dass sich Kooperationen<br />
einerseits über ganze Funktionsbereiche, andererseits aber auch nur über einzelne<br />
Funktionen erstrecken können (vgl. Ahlert 1994, S. 11).<br />
Das Ziel strategischer textiler Netzwerke ist nicht allein die Restrukturierung von un-<br />
ternehmensinternen Geschäftsprozessen, sondern Ziel ist eine kundenorientierte<br />
Restrukturierung des gesamten Wertschöpfungsprozesses über alle vertikal inte-<br />
grierten Stufen (vgl. Reckfort 1997, S. 22). Dabei soll erreicht werden, schneller, fle-<br />
xibler und effizienter als bisher den Konsumentenwünschen zu begegnen und ihnen<br />
modische Kleidung anzubieten (vgl. Reckfort 1997, S. 22; Fissahn, 2001, S. 113).<br />
3.1.4 Besonderheiten des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s<br />
Der Einzelhandel <strong>im</strong> Allg. lässt sich anhand verschiedener Unterschiedsmerkmale<br />
wie bspw. der Sort<strong>im</strong>entsbreite und -tiefe, der Bedienungsform, dem Standort oder<br />
der Betriebsgröße systematisieren (vgl. Eickhoff 1997, S. 10). Betriebsformen stellen<br />
nach Ahlert/Olbrich (1999, S. 20) „unternehmensübergreifende Klassifikationen von<br />
Handelsbetrieben dar“ und dienen der Systematisierung von Handelsunternehmungen<br />
(vgl. Große-Bölting 2005, S. 12). Für den textilen Einzelhandel werden die<br />
folgenden Betriebsformen unterschieden: Facheinzelhandel, Großfilialisten, Kaufund<br />
Warenhäuser, SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte, Versandhandel, Textilmärkte<br />
sowie sonstige Anbieter (vgl. Horstmann 1997, S. 21). Tabelle 2 fasst die<br />
verschiedenen Betriebsformen und ihre wesentlichen Charakteristika zusammen.
Betriebsform<br />
Facheinzelhandel<br />
Großfilialisten<br />
Kauf- und<br />
Warenhäuser<br />
SB-Warenhäuser und<br />
Verbrauchermärkte<br />
Versandhandel<br />
Textilmärkte<br />
Sonstige<br />
Tabelle 2: Betriebsformen des Handels<br />
–18–<br />
Charakteristika<br />
Stationäre, kleinere und mittelgroße, häufig inhabergeführte<br />
Bekleidungsfachhandelsgeschäfte.<br />
Unternehmungen mit mehr als fünf Filialen mit einer<br />
Mindestverkaufsfläche von 2.000 qm (auch Vertikalisten).<br />
Große Einzelhandelsbetriebe ohne textilen Schwerpunkt mit<br />
breitem Sort<strong>im</strong>ent.<br />
Preispolitisch aggressive, großflächige Einzellhandelsbetriebe mit<br />
einer Mindestverkaufsfläche von 1.000 qm und Food- und Non-<br />
Food-Sort<strong>im</strong>ent (SB-Warenhäuser sind Verbrauchermärkte mit<br />
mindestens 3.000 qm Verkaufsfläche).<br />
Unternehmungen, deren Kunden die Produkte anhand von<br />
Abbildungen in Katalogen, Prospekten, Anzeigen oder <strong>im</strong> Internet<br />
auswählen und bestellen können.<br />
Systematische Weiterentwicklung der Fachmärkte mit den<br />
Charakteristika der Verbrauchermärkte, d.h. auf großen Flächen<br />
werden umfangreiche Textilsort<strong>im</strong>ente überwiegend in<br />
Selbstbedienung angeboten.<br />
Fabrikverkäufe (Factory Outlets) des Großhandels und der<br />
Bekleidungshersteller sowie branchenfremde Anbieter textiler<br />
Sort<strong>im</strong>ente (Lebensmittelhandel, Drogerien etc.).<br />
(Quelle: In Anlehnung an Horstmann 1997, S. 21)<br />
Beispiel<br />
Schnitzler in<br />
Münster<br />
P&C; H&M;<br />
C&A<br />
Karstadt,<br />
Kaufhof<br />
Real, WalMart<br />
Otto, Quelle<br />
KiK, Takko<br />
Aldi, Tchibo<br />
Innerhalb des Bekleidungshandels werden die Textilien nochmals in verschiedene<br />
Sparten eingeteilt (Abbildung 4).<br />
Damen<br />
Herren<br />
Kinder<br />
Oberbekleidung<br />
Strumpf- und Miederware<br />
Freizeit-, Sport-, Outdoorbekleidung<br />
Leibwäsche<br />
Sonstige Bekleidungstextilien<br />
Accessoires<br />
Abbildung 4: Sparten des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s<br />
(Quelle: In Anlehnung an Altenhövel 1999, S. 7)
–19–<br />
Charakterisierende Attribute der Bekleidung sind produkt-exogene und -endogene<br />
Erwartungserscheinungen, die zu einem wiederholten Neubedarf führen (vgl. Alten-<br />
hövel 1999, S. 10 f.). Während die endogene Entwertung auf Abnutzung<br />
zurückzuführen ist, liegen die Ursachen der exogenen Entwertung in der Mode und<br />
der Saisonalität (vgl. ebenda). Als Besonderheit <strong>im</strong> Bekleidungshandel gilt die starke<br />
Standortbezogenheit der Sort<strong>im</strong>ente / Kleidungsstile, die eine <strong>Internationalisierung</strong><br />
per se erschwert. Demnach wird es <strong>im</strong>mer dann schwierig, wenn der „Ärmelfaktor“<br />
greift (vgl. Kreke 2006, Rusche 2006, Pütmann 2006).<br />
3.2 <strong>Internationalisierung</strong><br />
3.2.1 Antriebskräfte und Motive der <strong>Internationalisierung</strong><br />
Um das Streben bzw. die Notwendigkeit für den <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong> nach <strong>Internationalisierung</strong><br />
zu verstehen, sollen Faktoren aufgezeigt werden, die positiven<br />
Einfluss auf die Expansionsentscheidung ausüben. Dabei werden zum einen externe<br />
Antriebskräfte 2 und zum anderen individuelle Motive, 3 sich zu internationalisieren, unterschieden.<br />
Es ist anzumerken, dass nur selten ein einzelnes Motiv<br />
ausschlaggebend ist, sondern die Entscheidung aufgrund einer Vielzahl von Faktoren<br />
gefällt wird (vgl. Backes-Gellner/Huhn, 2000, S. 184). Ahlert, Wunderlich und<br />
Ziegler (2002, S. 3 f.) unterscheiden <strong>im</strong> Hinblick auf die reaktiven Motive kulturelle<br />
und kaufverhaltensrelevante, wettbewerbsbezogene, politisch-rechtliche sowie technische<br />
Faktoren. Dabei zielen kulturelle und kaufverhaltensrelevante Faktoren auf<br />
die Annahme ab, dass es zu einer Angleichung von Konsumgewohnheiten kommt,<br />
wodurch länderübergreifende homogene Zielgruppen entstehen (vgl. ebenda). 4 Im<br />
Bekleidungshandel kommt in diesem Bereich auch die zunehmende Marktsättigung<br />
2 Diese können auch als reaktive Motive bezeichnet werden (vgl. Ahlert/Woisetschläger, 2004a, S. 7).<br />
Unter reaktiver <strong>Internationalisierung</strong> versteht man die Beeinflussung der Unternehmensentscheidung<br />
zur internationalen Expansion durch Umweltfaktoren und Wettbewerber (vgl. ebenda).<br />
3 Ahlert und Woisetschläger (2004a) bezeichnen diese als proaktive Motive (vgl. ebenda).<br />
4 Diese werden auch cross culture groups genannt (vgl. Ahlert/Wunderlich/Ziegler, 2002, S. 4).
–20–<br />
und die Tendenz der Neukombination statt Neukauf der Bekleidung zum Tragen (vgl.<br />
Horstmann 1997, S. 28). Durch zunehmende internationale Marktdynamik steigt die<br />
Bedeutung von Zeit- und Kostenvorteilen, welches sich in den wettbewerbsbezoge-<br />
nen Faktoren widerspiegelt (vgl. Ahlert/Wunderlich/Ziegler 2002, S. 3 f.). Auch die<br />
zunehmende ausländische Konkurrenz spielt für eine <strong>Internationalisierung</strong>sentschei-<br />
dung eine Rolle (vgl. o. V. 2004). Unter politisch-rechtlichen Faktoren fasst man<br />
die zunehmende Liberalisierung des Handels sowie Deregulierungen <strong>im</strong> Telekom-<br />
munikationsbereich und auf den Kapitalmärkten zusammen. Gerade für international<br />
tätige Unternehmen von besonderer Bedeutung sind technologische Faktoren, die<br />
es durch eine verbesserte Informations- und Kommunikationstechnik einerseits mög-<br />
lich machen, die Kommunikations- und Logistikkosten zu senken, andererseits die<br />
Kontrolle der Auslandsaktivitäten erleichtern (vgl. Huszagh/Huszagh/McIntrye 1992,<br />
S. 17).<br />
Köhler (1991, S. 80) identifiziert als proaktive Motive der <strong>Internationalisierung</strong> die<br />
Erschließung neuer Märkte als wichtigstes Motiv. Ziele sind sowohl die Sicherung der<br />
vorhandenen Absatzmärkte (vgl. Backes-Gellner/Huhn 2000, S. 184) als auch die<br />
Partizipation am Wachstum ausländischer Märkte (vgl. Jungnickel et al. 1974, S.<br />
155). Koller, Raithel und Wagner (1998, S. 179) identifizieren des Weiteren auch die<br />
Sicherung des Gesamtabsatzes als dominierendes Motiv. Die Verbesserung des<br />
Images ggü. Kunden, ebenso wie der Zugang zu ausländischem Know-how, werden<br />
als relevant identifiziert, wenn auch von nachrangiger Bedeutung (vgl. Köhler 1991,<br />
S. 80). Ebenfalls wenig bedeutend sind die Auslastung hoch qualifizierten Personals<br />
und die Erwartung höherer Gewinne <strong>im</strong> Ausland (vgl. ebenda). Auch Kostensen-<br />
kungspotenziale spielen eine eher geringe Rolle für die <strong>Internationalisierung</strong>s-<br />
entscheidung (vgl. Koller/Raithel/Wagner 1998, S. 179). Abbildung 5 stellt zusam-<br />
menfassend die reaktiven und proaktiven Motive dar.
Reaktive Motive<br />
Kulturelle und kaufverhaltensbezogene<br />
Faktoren<br />
• homogene Bedürfnisse<br />
• cross culture groups<br />
• weltweit auftretende<br />
Nachfrager<br />
Politisch-rechtliche<br />
Faktoren<br />
• Entstehen einheitlicher<br />
Wirtschaftsräume<br />
• Deregulierung<br />
• Liberalisierung<br />
Wettbewerbsbezogene<br />
Faktoren<br />
• dynamischer Wettbewerb<br />
• zunehmende Bedeutung<br />
von Zeit- und Kostenvorteilen<br />
• synergetische Faktoren<br />
(Lieferanten, Kunden)<br />
Technologische Faktoren<br />
• verbesserte Informationsund<br />
Kommunikationstechnik<br />
• Logistik<br />
–21–<br />
<strong>Internationalisierung</strong><br />
Abbildung 5: Motive der <strong>Internationalisierung</strong><br />
Proaktive Motive<br />
Erschließung neuer Märkte<br />
Teilnahme am Wachstum<br />
ausländischer Märkte<br />
Sicherung vorhandener<br />
Absatzmärkte<br />
Sicherung des Gesamtabsatzes<br />
Kostensenkungspotenziale<br />
Imageverbesserung ggü.<br />
den Kunden<br />
Zugang zu ausländischem<br />
Know-how<br />
Auslastung hochqualifizierten<br />
Personals<br />
Erwartung höherer<br />
Gewinne<br />
(Quelle: In Anlehnung an Ahlert/Wunderlich/Ziegler, 2002, S. 4)<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Entscheidung zur Internationalisie-<br />
rung eine Vielzahl von Motiven zugrunde liegen. Der Schritt dazu sollte allerdings<br />
nicht als ein Ausweg aus den Hemmnissen des he<strong>im</strong>ischen Marktes gesehen wer-<br />
den oder vollzogen werden, wenn das he<strong>im</strong>ische Marktpotenzial ausgeschöpft ist<br />
(vgl. Alexander 1997, S. 318). <strong>Internationalisierung</strong> sollte in Betracht gezogen wer-<br />
den, wenn sich für den Einzelhändler reale Gewinnchancen bieten, verursacht durch<br />
produkt- oder betriebsbedingte Vorteile gegenüber lokalen Konkurrenten (vgl. eben-<br />
da).
–22–<br />
3.2.2 Theoretische Ansätze der <strong>Internationalisierung</strong><br />
In Anlehnung an Ahlert et. al. (2006, S. 28 ff.) existiert eine Vielzahl an Erklärungsansätzen<br />
für den <strong>Internationalisierung</strong>sprozess. Grundsätzlich können für den<br />
internationalen Bekleidungshandel die gleichen Grundlagen herangezogen werden<br />
wie für Dienstleistungen auch. Dennoch liefern nicht alle Ansätze eine Erklärung für<br />
die <strong>Internationalisierung</strong> der Bekleidungsbranche. Im vorliegenden Bericht soll vor allem<br />
auf die transaktionskostentheoretische Erklärung der <strong>Internationalisierung</strong> <strong>im</strong><br />
Rahmen vertikaler Kooperationen zurückgegriffen werden. Auf die Diskussion weiterer<br />
Ansätze soll hier verzichtet werden, weil bspw. Stufenmodelle (Johanson/Vahlne<br />
1977; Cavusgil 1980, Meissner/Gerber 1980) nicht den <strong>Internationalisierung</strong>sprozess<br />
von Bekleidungshändlern erläutern. Als alternativer Ansatz kann das ganzheitliche<br />
Modell von Dunning (1980) gesehen werden. Eine <strong>Internationalisierung</strong> wird dann<br />
vollzogen, wenn eine Unternehmung über einen spezifischen Wettbewerbsvorteil<br />
verfügt, der <strong>im</strong> Ausland genutzt werden kann (vgl. Dunning 1988, S. 2). Der daraus<br />
entstehende Vorteil durch Eigennutzung muss größer sein als der aus einem Verkauf<br />
entstehende Nutzen (vgl. ebenda). Dieser Ansatz hat sich jedoch in der Literatur bisher,<br />
wie alle ganzheitlichen Ansätze, nicht durchsetzen können (vgl. Ahlert et. al.<br />
2006, S. 30 f.).<br />
Ursprünglich geht die Transaktionskostentheorie auf Coase (1937) zurück. Im Rahmen<br />
der Übertragung auf den internationalen Bereich haben vor allem Buckley und<br />
Casson (1976) diese Entwicklung vorangetrieben (vgl. Kabst 2004, S. 19 f.). Hier<br />
sind zunächst einige Kritikpunkte anzumerken: Im Rahmen der <strong>Internationalisierung</strong><br />
kann zwar die grundsätzliche Wahl der Marktbearbeitungsform, jedoch nicht ihre<br />
Veränderung <strong>im</strong> Zeitablauf erklärt werden (vgl. bspw. Benito/Welch 1994, S. 9). 5<br />
Darüber hinaus bleiben auch verhaltenswissenschaftliche Komponenten unberücksichtigt.<br />
5<br />
Für weitere Kritikpunkte am transaktionskostentheoretischen Erklärungsmodell vgl. Kabst, 2004, S.<br />
21 ff.
–23–<br />
Im Rahmen der Transaktionskostenbetrachtung werden alternative Internationalisie-<br />
rungsformen auf ihre komparative Vorteilhaftigkeit anhand der D<strong>im</strong>ensionen<br />
Spezifität, Häufigkeit und Unsicherheit untersucht. Unter Spezifität <strong>im</strong> Bekleidungshandel<br />
kann vor allem das Moderisiko verstanden werden. Gemäß der<br />
Transaktionskostentheorie sind insofern bei Bekleidungsartikeln mit einem geringen<br />
Modegrad Transaktionen über marktliche Prozesse sinnvoll. Bei hochmodischen Artikeln<br />
ist mindestens eine kooperative Lösung, wenn nicht sogar eine vollständige<br />
Integration der Prozesse zu empfehlen. Von besonderer Bedeutung für eine <strong>Internationalisierung</strong><br />
ist auch die Transaktionsunsicherheit. Sie kann gemäß Ahlert (1994, S.<br />
36) in drei verschiedenen Formen auftreten: Zum einen kann die Unsicherheit bezüglich<br />
der Präferenzen der Verbraucher von Bekleidungsartikeln bestehen (pr<strong>im</strong>äre<br />
Unsicherheit) und zum anderen kann es dadurch zu Unsicherheit kommen, dass die<br />
Transaktionspartner zwar jeweils über Wissen verfügen, dieses aber aufgrund mangelnder<br />
Kommunikationsmöglichkeiten nicht ausgetauscht wird (sekundäre<br />
Unsicherheit). Ebenso möglich ist die bewusste Informationszurückhaltung oder Weitergabe<br />
falscher Informationen (tertiäre Unsicherheit). Die D<strong>im</strong>ension der Häufigkeit<br />
wird in der Besonderheit der Saisonalität widergespiegelt.<br />
Für die <strong>Internationalisierung</strong> gilt es, vor jedem Markteintritt den Kooperationsbedarf<br />
zu analysieren. Es muss determiniert werden, welche Fähigkeiten und Ressourcen<br />
das Unternehmen selbst besitzt und welche extern beschafft werden müssen. Allgemein<br />
kann festgestellt werden, dass Kooperationen <strong>im</strong>mer dann sinnvoll sind, wenn<br />
die dadurch erworbenen Fähigkeiten und Ressourcen den Unternehmungen Wettbewerbsvorteile<br />
verschaffen, die diese allein nicht verwirklichen könnten (vgl. Weiss<br />
1996, S. 72).<br />
Es gilt zu beachten, dass die Höhe der Transaktionskosten durch das internationale<br />
Moderisiko, resultierend aus den kulturellen Distanzen einzelner Ländermärkte, determiniert<br />
wird. Hohe Transaktionskosten, die aus sunk costs, Unsicherheit,<br />
Häufigkeit sowie eingeschränktem opportunistischen Verhalten der Marktteilnehmer
–24–<br />
entstehen können, fördern die Vorteilhaftigkeit einer Eigenlösung (Tochtergesell-<br />
schaft, eigene Ladenkette). Bei niedrigen Transaktionskosten ist es hingegen<br />
sinnvoll, eine vertragliche Markteintrittsstrategie, zum Beispiel in Form von Franchiseverträgen<br />
oder anderen Partnerkonzepten, zu wählen.<br />
3.2.3 Faktoren und Konfliktpotenziale der <strong>Internationalisierung</strong> <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong><br />
<strong>im</strong> Rahmen von Netzwerken<br />
Nach Backhaus, Büschken und Voeth (2003) ist der <strong>Internationalisierung</strong>serfolg eines<br />
Netzwerks abhängig von best<strong>im</strong>mten Faktoren: Das gegenseitige Vertrauen der Netzwerkpartner<br />
ist eine notwendige Voraussetzung für die Zusammenarbeit <strong>im</strong> Netzwerk<br />
und damit letztlich für den angestrebten <strong>Internationalisierung</strong>serfolg. 6 Als Beispiel dafür sei<br />
die „Ayrshire Knitwork Network Initiative“, die aufgrund mangelnden gegenseitigen Vertrauens<br />
der ehemaligen Konkurrenten die angestrebten Ziele nicht erreichen konnte,<br />
genannt (vgl. Backhaus/Büschken/Voeth, 2003, S. 186).<br />
Zudem ist für den <strong>Internationalisierung</strong>serfolg des textilen Netzwerkes ein stabiles Anreiz-<br />
Beitrags-Gleichgewicht notwendig, da ansonsten die Gefahr opportunistischer Aktivitäten<br />
steigt, was letztlich zum Zusammenbruch des Netzwerks führen kann.<br />
Dementsprechend muss das Verhältnis von Leistungen und Gegenleistungen ausgewogen<br />
sein, damit für die beteiligten Unternehmen langfristig ein Anreiz besteht, <strong>im</strong> Netzwerk<br />
zu kooperieren. So muss langfristig der Informationsgewinn der Bekleidungsindustrie<br />
durch die Weitergabe von Point-of-Sale-Daten des Bekleidungshandels dem Nutzen entsprechen,<br />
der dem Bekleidungshandel dadurch entsteht, dass Teile des Moderisikos mit<br />
übernommen werden. Schließlich ist die Existenz eines Promotors <strong>im</strong> Netzwerk (Systemkopf)<br />
erforderlich, der spezifische Aufgaben <strong>im</strong> Netzwerk übern<strong>im</strong>mt (vgl.<br />
Ahlert/Evanschitzky 2003, S. 44). Der Systemführer muss in der Lage sein, die beteiligten<br />
6 Vertrauen entsteht nach Ahlert (1994), wenn sich die Transaktionen der am Netzwerk beteiligten Akteure in<br />
nicht vorhersehbarer Häufigkeit wiederholen, so dass jeder Netzakteur mit Belohnungen oder Bestrafungen<br />
als Reaktion auf sein Verhalten rechnen kann und muss.
–25–<br />
Netzakteure auf Basis einer erstklassigen Technologie- und Marketing-Kompetenz bei der<br />
<strong>Internationalisierung</strong> zu leiten und zu lenken (vgl. Beck, 1998, S. 104).<br />
Klassische Problemfelder, die zu Konflikten innerhalb des textilen Netzwerks führen können,<br />
sind nach Ahlert (1994, S. 27 ff.) die Verteilung des gemeinsam erwirtschafteten<br />
Kooperationsgewinns (Verteilungsproblem), die Ausnutzung der Machtposition eines oder<br />
weniger am Netzwerk beteiligter Akteure (Beherrschungsproblem) und das gegenseitige<br />
Misstrauen aus Angst vor opportunistischem Verhalten der anderen Netzakteure (Misstrauensproblem).<br />
Besonders bei <strong>Internationalisierung</strong>sbestrebungen eines textilen<br />
Netzwerks ist die Vermeidung von Konflikten von Bedeutung. Zu Konflikten innerhalb textiler<br />
Netzwerke kommt es vor allem aufgrund des angesprochenen Beherrschungsproblems.<br />
Im Einzelhandel ist dieses Problem ganz besonders ausgeprägt, da der Erfolg<br />
einer Unternehmung entscheidend vom Personal abhängt. Vor allem <strong>im</strong> Ausland ist die<br />
Kontrolle und Einflussnahme auf die einzelnen Outlets besonders schwierig.<br />
Strategische Netzwerke der Bekleidungsbranche können allgemein danach unterschieden<br />
werden, von welcher Seite sie initiiert sind und welches Unternehmen dabei die Rolle des<br />
Systemführers übern<strong>im</strong>mt. Je nachdem, wer die Rolle des Systemkopfs übern<strong>im</strong>mt, unterscheidet<br />
man zwischen „Front-End-Driven-Konzepten“ (Ausgangspunkt: <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>)<br />
und „Back-End-Driven-Konzepten“ (Ausgangspunkt: Bekleidungsindustrie).<br />
Benetton ist prominentes Beispiel für die Back-End-Driven Company. Auf der anderen<br />
Seite sind H&M (Hennes & Mauritz) und P&C (Peek & Cloppenburg) beispielhaft für Unternehmen<br />
des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s, die die Netzwerkbildung von der Handelsseite<br />
her angegangen sind (vgl. o. V., 2006a). Je nachdem, wer die Führung des Netzwerks<br />
übern<strong>im</strong>mt und damit seine Machtstellung innerhalb des Netzwerks festigt, kann die anderen<br />
Beteiligten zur Übernahme von Leistungen verpflichten, die von diesen ohne die enge<br />
Bindung an das Netzwerk nicht übernommen werden würden. Konflikte entstehen bspw.<br />
dadurch, dass die beteiligten Akteure Produktivitätskapazitäten für den Systemführer aufbauen<br />
und freihalten, die dieser jedoch nicht ausnutzt, sondern mit der Produktion andere<br />
Netzakteure beauftragt, was zudem den Wettbewerb unter den Akteuren steigert.
–26–<br />
4 <strong>Internationalisierung</strong>sprozess als Phasenmodell<br />
4.1 Phasen des <strong>Internationalisierung</strong>sprozesses<br />
Mit Blick auf die Literatur lässt sich feststellen, dass es zwar viele Ansätze zur <strong>Internationalisierung</strong><br />
i. Allg. gibt, in Bezug auf eine konkrete Vorgehensweise 7 , d. h. die<br />
Entwicklung eines Phasenmodells, besteht jedoch noch erheblicher Forschungsbedarf.<br />
Während bspw. Ahlert und Woisetschläger (2004a, S. 37 ff.) den Prozess in drei<br />
Phasen unterteilen, gliedert Miller (1993, S. 91) zehn Einzelschritte auf, die in die<br />
Felder Beurteilung, Planung und Einführung zusammengefasst werden können. Im<br />
Rahmen dieses Berichtes wird eine Synthese aus beiden Ansätzen vorgestellt, so<br />
dass sich der <strong>Internationalisierung</strong>sprozess in vier Phasen teilt: Die Deciding, Preparing,<br />
Going und Being International Phase. In Abbildung 6 sind diese Phasen<br />
dargestellt. 8<br />
7<br />
Darunter wird die Entscheidung für eine <strong>Internationalisierung</strong>, die Planung und Durchführung sowie<br />
Kontrolle und Anpassung verstanden.<br />
8<br />
In diesem Zusammenhang wird vor allem der <strong>Internationalisierung</strong>sprozess <strong>im</strong> Rahmen eines vertikal<br />
integrierten Netzwerkes betrachtet.
–27–<br />
Deciding International Preparing International Going International Being International<br />
• <strong>Internationalisierung</strong><br />
sinnvoll?<br />
• ausreichende<br />
Ressourcen?<br />
• besteht Bedarf für<br />
das Produkt?<br />
• Wettbewerbsposition<br />
•…<br />
• Strategieanpassung<br />
• Anpassung der<br />
Systemzentrale<br />
• Länderauswahl<br />
•…<br />
Abbildung 6: Phasen der <strong>Internationalisierung</strong><br />
(Quelle: Eigene Darstellung)<br />
• Wahl des Eintrittszeitpunktes<br />
u. Eintrittsform<br />
• Auswahl Systemu.<br />
anderer<br />
Partner<br />
• vertragliche<br />
Bindung<br />
•…<br />
• Fortführung<br />
nationale/ internationale<br />
Tätigkeit<br />
• Erfolgskontrolle<br />
•Systemanpassungen<br />
• weitere Expansion<br />
•…<br />
Innerhalb der Deciding International Phase wird geprüft, ob das System mit seinen<br />
Produkten am internationalen Markt bestehen kann. Im Anschluss daran erfolgt die<br />
Phase des Preparing International, in der der Systemkopf sukzessive seine Res-<br />
sourcen erweitert (vgl. Ahlert/Woisetschläger, 2004a, S. 37) und die Vorgehensweise<br />
der <strong>Internationalisierung</strong> plant. Eine Umsetzung der Planung erfolgt in der Phase des<br />
Going International. Anzumerken ist, dass es keinen klaren Übergang zwischen<br />
diesen beiden Phasen gibt. Während ein Teil der Entscheidungen <strong>im</strong> Rahmen der<br />
Vorbereitung noch aussteht, können sich bereits andere Maßnahmen in der konkre-<br />
ten Umsetzung befinden. Schließlich wird während der Being International Phase<br />
zum einen die internationale Tätigkeit fortgeführt, zum anderen die Expansion voran-<br />
getrieben. Darüber hinaus erfolgt eine Erfolgskontrolle der bisherigen Tätigkeiten<br />
ebenso wie die Implementierung der evtl. notwendigen Anpassungen. Diese kann<br />
bspw. mit Hilfe einer speziell auf die <strong>Internationalisierung</strong> abgest<strong>im</strong>mten Balanced<br />
Scorecard (BSC) für den <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong> erfolgen. Anzumerken ist ab-<br />
Zeit
–28–<br />
schließend, dass die in den einzelnen Phasen identifizierten Aktivitäten nicht einer<br />
best<strong>im</strong>mten Reihenfolge unterliegen, sondern überwiegend parallel ablaufen sollten,<br />
um Zeit und damit auch Kosten zu sparen.<br />
4.2 Deciding International<br />
Innerhalb dieser Phase stellt sich für den Systemkopf erstmals die Frage nach einer<br />
möglichen <strong>Internationalisierung</strong>. Es muss betrachtet werden, ob das System über<br />
ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen verfügt, ob ausreichende Produktionskapazitäten<br />
zur Verfügung stehen, um den entsprechenden Auslandsmarkt<br />
mit den Produkten beliefern zu können bzw., ob diese innerhalb kurzer Zeit ausgebaut<br />
oder erweitert werden können. Von zentraler Bedeutung ist die internationale<br />
Kollektionsfähigkeit, d.h. das Ausmaß, in dem die Kollektion für Auslandsmärkte geeignet<br />
ist (vgl. Wißmeier 1999, S. 1155). Stärken-Schwächen-Analysen sowie<br />
Chancen-Risiken-Betrachtungen helfen, sich über die aktuellen Wettbewerbsvorteile,<br />
aber auch über mögliche interne Barrieren <strong>im</strong> Hinblick auf eine <strong>Internationalisierung</strong><br />
bewusst zu werden (vgl. IFAC 2006, S. 29, Miller 1993, S. 96). Darüber hinaus sollte<br />
eine Analyse der Wertschöpfungskette vollzogen werden, um zum einen Vorteile<br />
ggü. der Konkurrenz auszumachen, zum anderen, um Verbesserungspotenziale zu<br />
erkennen. Um in Zukunft auch <strong>im</strong> Ausland stets mit dem aktuellen Trend gehen zu<br />
können und entsprechende Produkte anbieten zu können, muss ein reibungsloser<br />
Ablauf über die gesamte textile Pipeline gewährleistet sein.<br />
4.3 Preparing International<br />
4.3.1 Systemanpassungen<br />
Nach einer positiven Entscheidung für eine internationale Expansion muss zum einen<br />
die genaue strategische Planung der Auslandstätigkeit erfolgen, aber auch das
–29–<br />
System selbst ist an die neuen Anforderungen anzupassen. 9 So sind zunächst die<br />
strategischen Pläne für die bisherige nationale Tätigkeit <strong>im</strong> Kontext der geplanten In-<br />
ternationalisierung zu überarbeiten (vgl. Miller 1993, S. 97). Diese dienen dazu, den<br />
Erfolg der he<strong>im</strong>ischen Tätigkeit, unter Beachtung möglicher neuer (ausländischer)<br />
Konkurrenten, zu sichern. Des Weiteren muss das Personal des Systemkopfes<br />
selbst an die zunehmenden Arbeitsanforderungen angepasst werden. Zusätzliche<br />
Schulungen, vor allem <strong>im</strong> Hinblick auf die zukünftige Kommunikation und die Zu-<br />
sammenarbeit mit dem (ausländischen) Shop-Personal vor Ort sind notwendig. In<br />
diesem Zusammenhang kommt einer Anpassung des EDV-Systems an die zukünftige<br />
internationale Tätigkeit große Bedeutung zu. Eine <strong>Internationalisierung</strong> ist darüber<br />
hinaus zwingend auch mit Kapitalbedarf verbunden, d.h. die finanziellen Ressourcen<br />
müssen innerhalb dieser Phase erweitert werden, um kurzfristig die Planungskosten<br />
zu decken, langfristig aber auch die gesamte Expansion finanzieren zu können.<br />
4.3.2 Länderauswahl<br />
Ziel des Auswahlprozesses ist es, ein Land zu finden, in das die bestehenden Wettbewerbsvorteile<br />
opt<strong>im</strong>al übertragen werden können (vgl. Vermeulen 2001, S. 30).<br />
Dieses kann mit Hilfe eines stufenweisen Vorgehens zur Marktselektion erfolgen (vgl.<br />
Wißmeier 1999, S. 1165). Dafür sollte zunächst die Entscheidung getroffen werden,<br />
ob in ein dem He<strong>im</strong>atland ähnliches Land, häufig mit geringer geografischer und kultureller<br />
Distanz (vgl. George 1997, S. 203), expandiert werden soll, oder ob die<br />
Auswahlentscheidung unabhängig von der Distanz erfolgt. 10 Der Vorteil einer geringen<br />
Distanz liegt u.a. darin, dass die Überwachung der nahe gelegenen Länder<br />
meist einfach zu realisieren und damit kostengünstiger ist (vgl. Fladmoe-<br />
Lindquist/Jacque 1995, S. 1239). Weiterhin lässt sich vermuten, dass sowohl aktuelle<br />
9<br />
Dabei sollte Raum für Flexibilität sein, um sich entstehenden Problemen aber auch Chancen schnell<br />
anpassen zu können (vgl. Welch/Welch 1996, S. 17).<br />
10<br />
Ziel des Selektionsprozesses ist vor allem die Reduktion des mit der <strong>Internationalisierung</strong> verbundenen<br />
Risikos (vgl. George 1997, S. 203).
–30–<br />
Modetrends als auch kulturelle Gegebenheiten denen des He<strong>im</strong>atlandes ähnlich<br />
sind. Gerade für den Bekleidungshandel können daher Länder mit geringen geogra-<br />
fischen Distanzen ein guter Startpunkt für eine internationale Expansion sein. Im<br />
Rahmen geführter Experteninterviews ordnet Boje (2006) europäische Länder in mo-<br />
disch-affine Cluster ein, anhand derer das Expansionsvorgehen geplant wurde. So<br />
werden alle deutschsprachigen und grenznahen Länder wie Österreich, Schweiz,<br />
Benelux und Polen als ein Cluster gesehen. Darüber hinaus werden Spanien, Portu-<br />
gal und Italien zusammen eingeordnet, wohingegen Frankreich eine Sonderstellung<br />
innehat. Auch die neuen EU-Staaten können in ein Cluster zusammengefasst werden.<br />
Zur weiteren Eingrenzung hinsichtlich der späteren Marktuntersuchung sollte entschieden<br />
werden, in welche Länder generell, bspw. wegen individueller Vorbehalte<br />
oder auch aus Gründen der politischen oder wirtschaftlichen Unsicherheit, nicht expandiert<br />
werden soll. Sinnvoll ist es weiterhin, einen Kriterienkatalog der<br />
Eigenschaften eines idealen Expansionslandes aufzustellen und dieses Idealbild mit<br />
den realen Gegebenheiten zu vergleichen. Abschließend müssen für die noch in<br />
Frage kommenden Länder genaue Analysen <strong>im</strong> Hinblick auf ökonomische und institutionelle<br />
bzw. regulatorische Faktoren des Landes erfolgen. Abbildung 7 gibt einen<br />
Überblick über die zu betrachtenden Faktoren. Abhängig von der individuellen Wichtigkeit<br />
der Eigenschaften wird jedes Unternehmen die verschiedenen Kriterien<br />
unterschiedlich gewichten (vgl. Veugelers 1991, S. 363 f.).
Ökonomische Kriterien<br />
Marktgröße, Wachstumsperspektiven<br />
• Bevölkerungszahl<br />
•BIP, BNE<br />
• Pro Kopf Einkommen / Konsum<br />
•Kaufkraft<br />
•Wachstumsraten<br />
Wettbewerbssituation<br />
• aktuelle Situation<br />
• zukünftige Markteintrittschancen<br />
• lokale Nachfragebedingungen<br />
Kostenfaktoren<br />
• Distributions-, Lohn-, Baukosten<br />
• Raummieten und Verfügbarkeit<br />
geeigneter Geschäftsräume<br />
•Steuern<br />
• Zölle, Subventionen, tarifäre und<br />
nicht tarifäre Handelshemmnisse<br />
Vorhandene Infrastruktur<br />
Stabilität des Finanzmarktes<br />
• Zins-, Inflations-, Wechselkursentwicklung<br />
Verfügbarkeit des Personals<br />
Räumliche Distanz zum He<strong>im</strong>atmarkt<br />
Abbildung 7: Kriterien der Marktselektion<br />
(Quelle: Eigene Darstellung)<br />
–31–<br />
Kriterien<br />
der<br />
Marktselektion<br />
Institutionelle Kriterien<br />
Politische Faktoren<br />
• politische Stabilität (wirtschafts-,<br />
innen-, außenpolitsich)<br />
• politisches Risiko<br />
• politische Einstellung ggü.<br />
ausländischen Investoren<br />
• staatliche Regulierungen<br />
• staatliche Initiativen<br />
Rechtliche Faktoren<br />
• Durchsetzbarkeit der Eigentumsund<br />
Schutzrechte<br />
• lokale Wettbewerbs-, Arbeits- und<br />
Umweltgesetzgebung<br />
• einschlägige Rechtsbedingungen<br />
für Bekleidung<br />
• Importbest<strong>im</strong>mungen<br />
Soziokulturelle Faktoren<br />
• Werte und Normen<br />
•Religion<br />
• Gepflogenheiten<br />
•Ästhetik<br />
• Bildungsniveau<br />
• soziale Institutionen<br />
• sprachliche Distanz zum<br />
He<strong>im</strong>atmarkt<br />
Nachdem eine Grobselektion der Länder nach den o. g. allgemeinen Kriterien durch-<br />
geführt wurde, müssen die noch in Frage kommenden Länder <strong>im</strong> Hinblick auf die<br />
Eignung für eine Expansion auch nach branchenspezifischen Kriterien segmentiert<br />
werden. Dabei spielt vor allem das Volumen des Bekleidungsmarktes und dessen<br />
erwartetes Wachstum eine entscheidende Rolle (vgl. Wißmeier 1999, S. 1164). Dar-<br />
über hinaus ist auch das Bekleidungsverhalten der Konsumenten <strong>im</strong> Hinblick auf den<br />
Stellenwert der Bekleidung, spezifische Farbpräferenzen und das allgemeine Trend-<br />
verhalten zu betrachten (vgl. ebenda). Mit Blick auf Porter (1999, S. 34) müssen die<br />
strukturellen Marktdeterminanten der Wettbewerbsintensität untersucht werden. Die-<br />
se bestehen aus den Wettbewerbern der Branche und den Rivalitäten untereinander,
–32–<br />
den Abnehmern und ihrer Verhandlungsmacht, den potenziellen neuen Konkurrenten<br />
und der Bedrohung durch deren Markteintritt, den Lieferanten und ihrer Verhandlungsmacht<br />
sowie den Ersatzprodukten (vgl. ebenda). So spielen in diesem<br />
Zusammenhang vor allem die Marktform und mögliche Markteintrittsbarrieren eine<br />
Rolle (vgl. Berndt/Fantapié Altobelli/Sander 2005, S. 35 ff.). Auf Basis dieser Untersuchungen<br />
erfolgt die Bildung einer Rangfolge der Länder hinsichtlich der<br />
Vorziehenswürdigkeit des Eintrittes, so dass abschließend ein best<strong>im</strong>mter Eintrittsmarkt<br />
für den Expansionsstart feststeht.<br />
Hier ist zu überprüfen, ob für den Bekleidungshändler in dem betrachteten Land ein<br />
langfristiger und gesicherter Bedarf besteht (vgl. Wirtschaftskammer Österreich<br />
2005, S. 19). Auch die Akzeptanz der Konsumenten <strong>im</strong> Hinblick auf einerseits die<br />
Marke selbst, andererseits auf den Stil der Bekleidung ist zu untersuchen. Dieses<br />
beantwortet die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, den betrachteten Markt zu erschließen<br />
(vgl. Herold 1992, S. 91). Daneben sind auch das Nachfrageverhalten und<br />
die Preisbereitschaft von Bedeutung (vgl. Berndt/Fantapié Altobelli/Sander 2005, S.<br />
35 ff.). Darüber hinaus muss untersucht werden, ob der <strong>im</strong> He<strong>im</strong>atland bestehende<br />
Wettbewerbsvorteil auf das Gastland übertragen werden kann (vgl. Wirtschaftskammer<br />
Österreich 2005, S. 19). Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang auch<br />
die Konkurrenzbetrachtung.<br />
Um diese möglich zu machen, muss zunächst der relevante Markt für das Produkt<br />
definiert werden, da dieser möglicherweise nicht dem für das He<strong>im</strong>atland definierten<br />
Markt entspricht. Dabei ist es sinnvoll, diesen aus Sicht der Kunden festzulegen, in<br />
Anlehnung an das Konzept der verwenderorientierten, subjektiven Austauschbarkeit<br />
(vgl. Dichtl/Andritzky/Schobert 1977, S. 290 ff.), da diese letztendlich über die Substituierbarkeit<br />
des Produktes entscheiden (vgl. Benkenstein 2002, S. 20). Nach<br />
Festlegung des relevanten Marktes kann anschließend eine Analyse der aktuellen<br />
und potenziellen (auch ausländischen) Konkurrenz erfolgen (vgl. Wirtschaftskammer<br />
Österreich 2005, S. 19). Dabei sind sowohl die Art, Anzahl und Größe der Konkur-
–33–<br />
renten, aber auch deren Marktanteile und das Leistungsprogramm zu betrachten<br />
(vgl. Berndt/Fantapié Altobelli/Sander 2005, S. 33 ff.). 11 Wird auch die lokale Produk-<br />
tion in Betracht gezogen, so ist die Marktmacht der Lieferanten zu untersuchen, da<br />
daraus erhebliche Kostensteigerungen bei Inputgütern resultieren können.<br />
Nach der Länderfestlegung erfolgt die Auswahl eines konkreten Standortes. Dabei<br />
sollte vor allem auf die Kundennähe und die Verkehrsanbindung geachtet werden<br />
(vgl. Köhler 1991, S. 116 f.). Eine Auswahl kann dabei nach den <strong>im</strong> Inland zugrunde<br />
gelegten Kriterien erfolgen. Abbildung 8 fasst die wesentlichsten Kriterien kurz zu-<br />
sammen.<br />
Faktoren der Standortsuche:<br />
• Konkrete Lage des Geschäftslokals (1a, 1b oder 1c-Lage)<br />
• Größe und Art der in Betracht gezogenen Geschäfts- und Lagerräume<br />
• Kosten des Betriebes des Geschäftslokals (Einrichtung, Miete, Unterhalt)<br />
• Erweiterungsmöglichkeiten<br />
• Verfügbare Fachkräfte / Personal<br />
• Prüfung der Wettbewerbssituation in einem best<strong>im</strong>mten Radius um den Standort herum<br />
• Vorgeschriebene Umweltschutzmaßnahmen<br />
• Konkrete Erfassung der Bevölkerungsstruktur<br />
• Kundennähe<br />
• Verkehrslage (z.B. Straßen, Öffentliche Verkehrsmittel, Fußgängerzone, Parkmöglichkeiten)<br />
• Zukünftige Entwicklung des Standortes<br />
Abbildung 8: Faktoren der Standortsuche<br />
(Quelle: Wessels/Schulz/Flohr 2003, S. 99 ff.)<br />
Zur Erleichterung der gesamten <strong>Internationalisierung</strong>, aber vor allem der Standort-<br />
und Länderwahl, kann eine <strong>Internationalisierung</strong> <strong>im</strong> Rahmen von deutschen Unter-<br />
nehmen, die <strong>im</strong> Ausland Shopping-Center, wie bspw. die ECE Projektmanagement<br />
GmbH & Co. KG errichten, vollzogen werden. Vorteil dieses Vorgehens ist die stabile<br />
Rechtssicherheit, da der Vertrag mit einem deutschen Unternehmen geschlossen<br />
11 Für eine ausführliche Erläuterung der D<strong>im</strong>ensionen einer Konkurrenzanalyse vgl. Baum/Coenen-<br />
berg/Günther 2004, S. 60 ff..
–34–<br />
wird, und somit deutsches Recht Anwendung findet (vgl. Interview Rusche 2006). Ein<br />
weiterer Vorteil ist die gesicherte gute Lage des Stores.<br />
4.3.3 Festlegung des Sort<strong>im</strong>ents<br />
Nach einer endgültigen Festlegung des Eintrittsmarktes muss das angebotene Sort<strong>im</strong>ent<br />
(die Produktpolitik) best<strong>im</strong>mt werden. Um den relativ langen Vorlaufzeiten der<br />
Produktion gerecht zu werden, ist diese Entscheidung schon vor dem eigentlichen<br />
Markteintritt zu treffen. In diesem Zusammenhang wirft sich die Frage nach Standardisierung<br />
und Differenzierung auf. Standardisierung bedeutet in diesem<br />
Zusammenhang, dass auf allen Märkten mit dem gleichen Leistungsprogramm gearbeitet<br />
wird (vgl. Backhaus/Büschken/Voeth 2003, S. 176). Dieses scheint gerade <strong>im</strong><br />
Hinblick auf die unterschiedlichen kulturellen Gewohnheiten und vorherrschenden<br />
Modetrends nur für Märkte geeignet zu sein, die dem He<strong>im</strong>atmarkt besonders ähnlich<br />
sind. Demgegenüber bedeutet Differenzierung die Erstellung eines völlig neuen<br />
Leistungsprogramms für die Bearbeitung eines Marktes. Aus Gründen der Komplexität<br />
scheint dieses kaum machbar. Auch wäre es schwierig, mit einem völlig anderen<br />
Leistungsprogramm den mit der Marke verbundenen Erwartungen gerecht zu werden.<br />
Eine Möglichkeit bietet dabei die Modularisierung, d.h. es werden best<strong>im</strong>mte<br />
Bekleidungsmodule erstellt, die entsprechend der modischen Einstellung des jeweilgen<br />
Landes eingesetzt werden können (vgl. H&M 2005, S. 22). Als Beispiel hierfür<br />
kann H&M dienen: vergleicht man das Bekleidungsangebot bspw. in Dänemark und<br />
Deutschland oder in Spanien und Deutschland, so stellt man fest, dass in den verschiedenen<br />
Ländern unterschiedliche Module entsprechend der Trendeinstellung des<br />
jeweiligen Landes zu finden sind, d. h. in Spanien und Dänemark sind eher die<br />
hochmodischen Elemente zu finden, während in Deutschland etwas konventionellere<br />
Bekleidung angeboten wird. Wie eine textile Filialkette ihr Sort<strong>im</strong>ent in Module unterteilen<br />
kann, zeigt folgende Abbildung.
Bedarfszusammenhang 1<br />
(z.B. modisch + aktueller Bedarf)<br />
Bedarfszusammenhang 2<br />
(z.B. hochwertig-aktueller Bedarf)<br />
Bedarfszusammenhang 3<br />
(z.B. hochwertig qualitativer Bedarf)<br />
Bedarfszusammenhang 4<br />
(z.B. qualitätsbewusster Bedarf)<br />
Bedarfszusammenhang 5<br />
(z.B. preisbetonter Bedarf)<br />
–35–<br />
Betriebstyp: Avantgardistisch-hochwertiges Textilgeschäft<br />
m² jew.<br />
1400 m²<br />
200 m²<br />
1600 m²<br />
Flächenbeanspruchung der Stufung<br />
100 200 300 400<br />
100 m²<br />
Modulkategorien<br />
Basis Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3<br />
∑ 100m²<br />
100 m²<br />
∑ 300m²<br />
∑ 300m²<br />
∑ 600m²<br />
∑ 1000m²<br />
Kompetenztiefe<br />
Fachkompetenz-Pflichtsort<strong>im</strong>ent<br />
+ freies (komplementäres)<br />
Randsort<strong>im</strong>ent (≈ 15%)<br />
= standortspezifisches<br />
Profilierungssort<strong>im</strong>ent<br />
m² jew.<br />
100<br />
100<br />
100<br />
Flächenbeanspruchung<br />
100<br />
der<br />
100<br />
Ermittlung des Flächenbedarfs am<br />
Beispiel (schraffierte Fläche)<br />
Abbildung 9: Modulares Sort<strong>im</strong>entskonzept als Profilierungsinstrument<br />
(Quelle: Heinemann 1989, S. 118)<br />
Wißmeier (1999, 1172 f.) stellt in diesem Zusammenhang die These auf, dass die<br />
Standardisierungsmöglichkeiten in Abhängigkeit vom Modegenre und der Tragege-<br />
legenheit variieren (Abbildung 10).<br />
Basismodule<br />
Kompetenzbreite
Modegenre<br />
hohes<br />
Genre<br />
gehobenes<br />
Genre<br />
mittleres<br />
Genre<br />
niedriges<br />
Genre<br />
–36–<br />
Tragegelegenheit<br />
Freizeit Geschäft Fest<br />
Standardisierung Differenzierung kritischer Bereich<br />
Abbildung 10: Standardisierung in Abhängigkeit vom Modegenre und der Tragegele-<br />
genheit<br />
(Quelle: Wißmeier 1999, S. 1173)<br />
Hohes Standardisierungspotenzial wird dabei <strong>im</strong> Bereich der gesamten Freizeitklei-<br />
dung und be<strong>im</strong> hohen und niedrigen Modegenre über alle Tragegelegenheiten<br />
gesehen. Ursachen liegen, so Wißmeier (1999, S. 1173) darin, dass Freizeitbeklei-<br />
dung kaum kulturellen Zwängen unterliegt. Der Bereich, in dem Differenzierung<br />
notwendig erscheint, ist vor allem das gehobene Genre der Geschäfts- und Festbe-<br />
kleidung. Dort determinieren kulturelle und länderspezifische Konventionen die<br />
Erscheinungsformen.<br />
Je nach Ausmaß der Differenzierung und Standardisierung lassen sich vier Grund-<br />
orientierungen der <strong>Internationalisierung</strong> unterscheiden, die auch für den<br />
Bekleidungshandel Anwendung finden können (Abbildung 11). Dabei wird zusätzlich
–37–<br />
berücksichtigt, inwieweit Integrationsvorteile realisiert werden, was insbesondere vor<br />
dem Hintergrund der aktuellen Vertikalisierungsdiskussion hohe Relevanz für den in-<br />
ternationalen Bekleidungshandel hat.<br />
Integrationsvorteil<br />
hoch<br />
niedrig<br />
3<br />
1<br />
III. Globales<br />
Markenmanagement<br />
• Benetton<br />
•Nike<br />
• Adidas / Reebok<br />
•Tom Tailor<br />
I. Internationales<br />
Markenmanagement<br />
• Karstadt / Quelle<br />
• Kaufhof AG<br />
• Steilmann<br />
• Barbour<br />
niedrig<br />
4<br />
2<br />
IV. Transnationales<br />
Markenmanagement<br />
•Amazon<br />
• ebay / google<br />
•Cisco<br />
• Sara Lee<br />
II. Multinationales<br />
Markenmanagement<br />
• Daun Group<br />
• Vendex<br />
• Douglas<br />
•H&M, Zara<br />
hoch<br />
Lokalisierungserfordernisse<br />
Abbildung 11: Grundtypen internationaler Organisationsformen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Meffert 1999, S. 395)
–38–<br />
Bei der Verfolgung einer internationalen Markenstrategie werden keine Anpassun-<br />
gen an landesspezifische Gegebenheiten vorgenommen, da das Hauptaugenmerk<br />
<strong>im</strong> he<strong>im</strong>ischen Markt liegt (vgl. Meffert/Bolz 1998, S. 25). Mit der individuellen Anpassung<br />
an landesspezifische Gegebenheiten, und damit der Verfolgung einer<br />
multinationalen Markenstrategie (vgl. Ahlert/Woisetschläger 2004a, S. 48), entstehen<br />
hohe Kosten, die u. U. für den Bekleidungshändler wegen knapper<br />
Finanzressourcen nicht tragbar sind. Auch mögliche Synergien, bspw. <strong>im</strong> Hinblick auf<br />
die internationale Kommunikation, können nicht genutzt werden (vgl. Ahlert/Wunderlich/Ziegler<br />
2002, S. 16). Im Gegensatz dazu führt eine totale<br />
Standardisierung, und somit die Verfolgung einer globalen Markenstrategie dazu,<br />
dass wesentliche Kundengruppen bspw. in Nischenmärkten übergangen werden<br />
(vgl. Meffert 2000, S. 876). Ein Vorteil dieser Strategie ist die Ausnutzung von Kosten-<br />
und Komplexitätsvorteilen (vgl. Aaker 2000, S. 307). Darüber hinaus kann sich<br />
die Einführung einer etablierten Marke, und damit das Ausnutzen des Goodwill-<br />
Potenzials dieser Marke, positiv auf den Unternehmenserfolg <strong>im</strong> Ausland auswirken<br />
(vgl. Ahlert/Wunderlich/Ziegler 2002, S. 15). Als Kompromiss zwischen den beiden<br />
Extremstrategien kann die transnationale Markenstrategie gesehen werden (vgl.<br />
Ahlert/Woisetschläger 2004a, S. 50), die der Devise folgt: „Soviel Standardisierung<br />
wie möglich, soviel Differenzierung wie nötig“ (Meffert 2000, S. 877). Der Grad der<br />
Standardisierung richtet sich nach dem Wettbewerbsverhalten der internationalen<br />
Märkte. Ziel ist es, die Kosten- und Nutzenvorteile einer Standardisierung zu erreichen<br />
und dennoch auf Landesspezifika einzugehen (vgl. ebenda).<br />
4.3.4 Operatives internationales Mode-Marketing<br />
Im Rahmen des Entscheidungsprozesses, unter Berücksichtigung der Eintrittsstrategie,<br />
sollte auch die Festlegung der Marketing-Instrumente und der anderen Elemente<br />
des Marketing-Mixes erfolgen (vgl. Wißmeier 1999, S. 1174 ff.). Für die internationale<br />
Kommunikationspolitik stellt sich die Frage nach der Übertragbarkeit des inländischen<br />
Konzeptes. Für die Standardisierung sprechen vor allem die Reduzierung der
–39–<br />
Planungs- und Entwicklungskosten sowie die Schaffung eines einheitlichen Produkt-<br />
und Firmen<strong>im</strong>ages in allen bearbeiteten Ländern. Andererseits trifft die standardisier-<br />
te Kommunikation häufig nicht den Geschmack der Konsumenten des Gastlandes<br />
bzw. wird nicht den landesspezifischen Besonderheiten gerecht (vgl. Back-<br />
haus/Büschken/Voeth 2003, S. 265). Auch soll möglicherweise <strong>im</strong> Ausland eine völlig<br />
andere Zielgruppe angesprochen werden als auf dem he<strong>im</strong>ischen Markt. Darüber<br />
hinaus können Unterschiede in der Medienlandschaft sowie unterschiedliche Images<br />
der Marke <strong>im</strong> Ausland gegen eine standardisierte Kommunikation sprechen (vgl. Alt-<br />
hans 1982, S. 161). Es besteht die Gefahr, dass bei einheitlicher Kommunikation<br />
best<strong>im</strong>mte Nischenmärkte gar nicht angesprochen werden (vgl. Meffert 2000, S.<br />
876). Zusammenfassend kann zur Übertragbarkeit der Kommunikationspolitik fest-<br />
gestellt werden, dass individuell abgewogen werden muss, in wie weit diese<br />
übertragbar ist. In Ländern mit ähnlicher Medienlandschaft und geringen kulturellen<br />
Distanzen kann eine eher standardisierte Kommunikation verwendet werden. Kultu-<br />
rell unterschiedliche Länder erfordern eine gesonderte Bearbeitung. Die<br />
Vorgehensweise ist jedoch abhängig von der zuvor getroffenen Entscheidung für ei-<br />
ne best<strong>im</strong>mte Markenstrategie.<br />
Im Rahmen der internationalen Preispolitik ist zu entscheiden, ob international ein-<br />
heitliche Preise gewählt werden sollen oder ob je nach Land, Kaufkraft und<br />
Wettbewerb differenziert werden soll (vgl. Wißmeier 1999, S. 1177). Zara bspw. greift<br />
auf eine ländermarktbasierte Preispolitik zurück: “The relative roles of price, for example,<br />
being a more competitive tool in Spain than in other western European<br />
countries“ (Dawson, 2001, S. 257). Beachtet werden muss in diesem Zusammenhang<br />
auch die eigene Kostenstruktur, d.h. die Logistikkosten, die bspw. durch den<br />
Transport der Bekleidung entstehen. Weiterhin wichtig ist die Festlegung der Lieferund<br />
Zahlungsbedingungen, die je nach Markteintrittsform variieren können. Abschließend<br />
ist <strong>im</strong> Rahmen von fremden Währungen das Risiko von<br />
Kursschwankungen mit einzubeziehen und ggf. durch geeignete Maßnahmen wie<br />
bspw. Hedging abzusichern (vgl. <strong>im</strong> Detail Dudenhöffer 2004, S. 20).
–40–<br />
Distributionspolitsche Entscheidungen <strong>im</strong> internationalen Umfeld bestehen einer-<br />
seits aus der Wahl der Absatzkanäle (vgl. Kapitel 4.4.2) und andererseits aus der<br />
Wahl der internationalen Distributionslogistik (vgl. Schneider 1995, S. 256 ff.). Diese<br />
umfasst die Bereiche des Lieferservices und der Lieferkosten. Gerade für den Be-<br />
kleidungshandel hat die Lieferzuverlässigkeit eine besondere Bedeutung. Wird die<br />
dem aktuellen Trend entsprechende Mode zu spät geliefert, so kann es zu Verlusten<br />
und evtl. hohen Retouren führen (vgl. Wißmeier 1999, S. 1177).<br />
4.4 Going International<br />
4.4.1 Eintrittszeitpunkt<br />
Im Hinblick auf den Markteintrittszeitpunkt stellt sich die Frage, ob es einen opt<strong>im</strong>alen<br />
Zeitpunkt für einen Markteintritt gibt. Die Wahl des geeigneten Zeitpunktes entschei-<br />
det nicht nur, inwieweit der Wettbewerbsvorteil ggü. Konkurrenten von Bedeutung ist,<br />
sondern beeinflusst auch die Kosten und Erlöse der <strong>Internationalisierung</strong> (vgl. Herold<br />
1992, S. 91). Ebenfalls von Bedeutung ist die Frage, ob eine sukzessive oder s<strong>im</strong>ultane<br />
Erschließung der Zielmärkte erfolgen sollte. Abbildung 12 stellt die Systematik<br />
der beiden Eintrittsalternativen dar.
Wasserfallstrategie<br />
Einstieg<br />
Land A<br />
–41–<br />
0 1 2<br />
3 4 5<br />
Sprinklerstrategie<br />
Land A<br />
Land B<br />
Land B<br />
Land C<br />
Einstieg<br />
Land C<br />
Land D<br />
Land D<br />
Land E<br />
Land E<br />
0 1<br />
Abbildung 12: T<strong>im</strong>ing-Alternativen des Markteintritts<br />
(Quelle: Backhaus/Büschken/Voeth 2003, S. 158 und 167)<br />
Jahre<br />
Jahre<br />
Im Rahmen einer Wasserfallstrategie erfolgt ein schrittweises Eintreten in Auslands-<br />
märkte, wobei anfänglich dem He<strong>im</strong>atmarkt ähnliche Märkte ausgewählt werden, um<br />
auf die dort erworbenen Erfahrungen zurückzugreifen (vgl. Backhaus/Büsch-<br />
ken/Voeth 2003, S. 158). Im Gegensatz dazu beinhaltet die Sprinklerstrategie das<br />
zeitgleiche Eintreten in verschiedene Auslandsmärkte, so dass die Markter-<br />
schließung innerhalb kurzer Zeit erfolgen kann (vgl. ebenda S. 167).<br />
Betrachtet man die Alternativen <strong>im</strong> Hinblick auf die Situation des Bekleidungs-<br />
händlers, so lässt sich feststellen, dass die Wasserfallstrategie, also die sukzessive<br />
Erschließung neuer Märkte, aus verschiedenen Gründen besser geeignet scheint.<br />
Zum einen wächst der Kapital- und Personalbedarf <strong>im</strong> Rahmen des sukzessiven<br />
Markteintritts langsamer an (vgl. Backhaus/Büschken/Voeth 2003, S. 159). Zum an-
–42–<br />
deren kann sich auf allen Stufen der textilen Pipeline besser auf die sukzessive Stei-<br />
gerung des Koordinationsaufwandes eingestellt werden (vgl. ebenda S. 162). Durch<br />
die Expansion in nur ein Land ist ein möglicher Verlust eher zu verkraften und ein<br />
Rückzug einfacher möglich (vgl. ebenda S. 159). 12 Dennoch sollten auch hier die<br />
Chancen und Risiken der beiden Alternativen untersucht werden, da die individuelle<br />
Situation ausschlaggebend ist (vgl. Ahlert/Woisetschläger 2004a, S. 43).<br />
4.4.2 Formen der <strong>Internationalisierung</strong> <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong><br />
S<strong>im</strong>ultan mit der Festlegung der Eintrittsstrategie muss auch die Planung des Markt-<br />
engagements erfolgen. So können Länder bspw. zunächst mit Hilfe von Flagship-<br />
Stores und Testgeschäften erschlossen werden, um Kenntnisse über lokale Kundenwünsche<br />
und Bedürfnisse zu bekommen. Im Anschluss können<br />
Markteintrittsformen mit größerem Ressourceneinsatz vor Ort gewählt werden, da<br />
man bereits über ausreichende Marktkenntnis verfügt und sich der Besonderheiten,<br />
aber auch der Risiken des Ländermarktes bewusst ist.<br />
Grundsätzlich können für den internationalen Bekleidungshandel die gleichen Grundformen<br />
der <strong>Internationalisierung</strong> angenommen werden wie bei Dienstleistungen <strong>im</strong><br />
Allg. (vgl. Meissner/Gerber 1980, S. 224). Allerdings findet <strong>im</strong> klassischen stationären<br />
Bekleidungshandel kein Export von Gütern statt, es sei denn, es handelt sich um<br />
globale Versandhandelsunternehmen mit international zentralisierter Logistik, die hier<br />
allerdings nicht betrachtet werden sollen. Für die verbleibenden Formen kann in internationale<br />
Marktbearbeitung mit und ohne Fremdbeteiligung unterschieden werden<br />
(Abbildung 13). Für die konkrete Planung der <strong>Internationalisierung</strong> ist jeweils eine<br />
Einzelfallprüfung für den entsprechenden Bekleidungshändler vorzunehmen.<br />
12 Für die weitere Diskussion der Vor- und Nachteile der T<strong>im</strong>ing-Strategien vgl. Backhaus/Büschken/Voeth<br />
2003, S. 158-168 sowie Ahlert/Woisetschläger 2004a, S. 42.
–43–<br />
Internationale Marktbearbeitung<br />
ohne Fremdbeteiligung mit Fremdbeteiligung<br />
• Tochtergesellschaft mit<br />
eigener Produktion und<br />
Vertrieb<br />
• eigene Ladenkette<br />
• Beteiligung<br />
• Joint Venture<br />
•Franchising<br />
• Partnerschaftskonzepte<br />
Abbildung 13: Formen der internationalen Marktbearbeitung für den Bekleidungsein-<br />
zelhandel<br />
(Quelle: In Anlehnung an Wißmeier 1999, S. 1169)<br />
4.4.2.1 Tochtergesellschaft<br />
Bei der Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft handelt es sich, durch ein direk-<br />
tes Kapitalinvestment und die vollständige Eigenkontrolle, um die intensivste Form<br />
des internationalen Engagements (vgl. Backhaus/Büschken/Voeth 2000, S. 138).<br />
Dabei kann diese entweder selbst aufgebaut oder durch Akquisition erworben wer-<br />
den (vgl. Link 1997, S. 97). Genutzt wird diese Form des internationalen Markteinritts<br />
vor allem, um tarifäre und nicht tarifäre Handelshemmnisse, wie sie häufig <strong>im</strong> Textil-<br />
bereich vorkommen, zu umgehen (vgl. Berndt/Fantapié Altobelli/Sander 2005, S.<br />
147). Darüber hinaus kann von <strong>im</strong> Vergleich niedrigeren Produktions- und Transport-<br />
kosten profitiert werden (vgl. Czinkota/Ronkainen 2004 S. 428 f.). Das Hauptmotiv<br />
wird dennoch in der vollen Steuerungs- und Kontrollfähigkeit der Tochtergesellschaft<br />
durch das Mutterunternehmen liegen (vgl. Zentes/Swoboda/Schramm-Klein 2006,<br />
S.281). Um diese zu erhalten, ist sowohl der personelle als auch der finanzielle Res-<br />
sourcenbedarf hoch (vgl. Ahlert/Wunderlich/Ziegler 2002, S. 11). Weiterhin nachteilig<br />
können rechtliche Beschränkungen sein, die die Gründung der Tochtergesellschaft<br />
erschweren oder ganz verhindern (vgl. ebenda). Ebenso ist eine restriktive Politik<br />
des Gastlandes <strong>im</strong> Hinblick auf die Rückführung der Gewinne der Tochtergesell-
–44–<br />
schaft an die Muttergesellschaft <strong>im</strong> He<strong>im</strong>atland zu beachten (vgl. Czinkota/Ronkainen<br />
2004, S. 429). Folglich kann diese Form der <strong>Internationalisierung</strong> für<br />
den Bekleidungshandel nur gewählt werden, wenn das Unternehmen über die ausreichenden<br />
Mittel verfügt und ausreichendes Marktpotenzial für die eigenen Produkte<br />
gesehen wird. Ein Rückzug aus dem entsprechenden Land wäre in diesem Fall mit<br />
besonders hohen Kapital- und auch Imageverlusten verbunden. Als Beispiel kann<br />
Hennes & Mauritz genommen werden, die ihren Eintritt in den deutschen Markt mit<br />
Hilfe der Gründung einer Tochtergesellschaft vollzogen haben (vgl. H&M 2006).<br />
4.4.2.2 Eigene Ladenkette<br />
Als weitere Möglichkeit der Markterschließung ohne Fremdbeteiligung steht die Eröffnung<br />
einer eigenen Ladenkette auf dem ausländischen Markt zur Verfügung. Die<br />
Expansion wird hier ausschließlich durch eigene Filialen vollzogen. Vorteilhaft ist in<br />
diesem Zusammenhang die vollständige Kontrolle über die internationalen Aktivitäten.<br />
Damit kann eine genaue Festlegung der Warenpräsentation erfolgen, so dass<br />
der einheitliche Markenauftritt <strong>im</strong> Gastland gesichert ist und das vorliegende Beherrschungsproblem<br />
verringert werden kann (vgl. Wißmeier 1999, S. 1170). Nachteilig ist<br />
jedoch der hohe Kapital- und Personalbedarf zur Steuerung, sowohl der Auslandstätigkeit<br />
als auch des gesamten Netzwerkes (ebenda). Darüber hinaus steigt die<br />
Komplexität des Auslandsengagements, aber auch der Kapitalbedarf mit zunehmender<br />
Zahl an eigenen Filialen. Es scheint daher sinnvoll, diese Form der<br />
<strong>Internationalisierung</strong> nur in Märkten mit „gleicher Sprache, gleichen oder ähnlichen<br />
rechtlichen Gegebenheiten, kurzen Distanzen, ähnlicher Kultur und ähnlichem Kundenverhalten“<br />
durchzuführen (Schulz/Wessels 2003, S. 683). Im Hinblick auf die<br />
<strong>Internationalisierung</strong> des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s von besonderer Bedeutung ist<br />
die Tatsache, dass durch den Verzicht auf ein lokales Management nicht sichergestellt<br />
werden kann, dass die Ware auch den lokalen Kundenbedürfnissen und<br />
Wünschen entspricht. Diese Form des Markteintrittes ist folglich am besten geeignet<br />
für einen ersten Markteintritt und Etablierung eines sog. Flagship-Stores. Hierbei
–45–<br />
werden in den wichtigsten Zentren des Landes eigene Shops eröffnet, um so lokale<br />
Marktkenntnis <strong>im</strong> Hinblick auf die Kundenwünsche zu bekommen. Für eine weitere<br />
Expansion wird es durch die erworbene Marktkenntnis möglich, auch auf andere Ein-<br />
trittsmodi zurückzugreifen. Weiterhin kann die Eröffnung vereinzelter eigener Shops<br />
zusätzlich zu anderen Eintrittsmodi in Kooperation (bspw. Franchising) in besonders<br />
profitablen Städten genutzt werden.<br />
Im Folgenden werden die in der Praxis vorzufindenden Konzepte vertikaler Koopera-<br />
tionen zwischen Bekleidungsherstellern und Bekleidungshändlern vorgestellt. Die<br />
Steigerung der Wertschöpfung in allen Bereichen der Kooperation führt zu einer Win-<br />
Win-Situation, d. h., dass sowohl der Händler als auch der Hersteller einen Mehrwert<br />
generieren (vgl. Endress 2001, S. 107). Davon profitiert auch der Endverbraucher, so<br />
dass von einer „Win-Win-Win-Situation“ gesprochen werden kann (Laurent 1996, S.<br />
140 f.).<br />
4.4.2.3 Beteiligung<br />
Als eine Möglichkeit des internationalen Markteintrittes steht eine Beteiligung zur<br />
Verfügung. Hierbei kauft das sich internationalisierende Unternehmen Anteile eines<br />
auf dem ausländischen Markt tätigen bestehenden Unternehmens (vgl. Link 1997, S.<br />
98). Dabei determiniert die Beteiligungsquote die Mitbest<strong>im</strong>mungsrechte an dem Un-<br />
ternehmen und dessen Aktivitäten auf dem ausländischen Markt. Die Marktkenntnis<br />
des lokalen Unternehmens ermöglicht es dem beteiligten Unternehmen, sich opt<strong>im</strong>al<br />
an die Bedürfnisse der Kunden in dem jeweiligen Gastland anzupassen. Gerade <strong>im</strong><br />
Hinblick auf die durchaus unterschiedlichen kulturbedingten Modeverständnisse in<br />
den verschiedenen Ländern ist darin ein Vorteil zu sehen. Nachteilig ist jedoch auch<br />
hier der hohe Kapitalbedarf. Weiterhin ist fraglich, in wie weit tatsächlich die Mitbest<strong>im</strong>mung<br />
und damit auch der Verkauf der eigenen Bekleidungstextilien und die<br />
Etablierung der eigenen Marke am internationalen Markt durchgesetzt werden kann.<br />
Eine ständige Kontrolle des ausländischen Unternehmens ist notwendig, um oppor-
–46–<br />
tunistisches Verhalten des Partners zu vermeiden, was zusätzlichen finanziellen und<br />
personellen Aufwand nach sich zieht.<br />
4.4.2.4 Joint Venture<br />
Ähnlich einer Beteiligung ist die Gründung eines Joint Ventures. Hierbei handelt es<br />
sich um ein Gemeinschaftsunternehmen, bestehend aus mindestens zwei rechtlich<br />
und wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen (vgl. Backhaus/Büschken/Voeth<br />
2003, S. 138). Die Partner bringen ihr Know-how und ihre Ressourcen ein und teilen<br />
sowohl Gewinne als auch Risiken (vgl. Czinkota/Ronkainen 2004, S. 430). Auch hier<br />
hängt die Macht des Unternehmens von der Beteiligungsquote ab. Besonderes<br />
Kennzeichen ist dabei, dass mindestens einer der Partner seinen Sitz <strong>im</strong> Ausland<br />
hat, so dass auch be<strong>im</strong> Joint Venture von den lokalen Marktkenntnissen des Partners<br />
profitiert werden kann (vgl. Berndt/Fantapié Altobelli/Sander 2005, S. 147).<br />
Durch die finanzielle Beteiligung des Partners sinkt das eigene Risiko des<br />
Markteintritts (vgl. Stahr 1979, S. 165). Problematisch ist allerdings, dass es aufgrund<br />
unterschiedlicher kultureller Hintergründe zu Unst<strong>im</strong>migkeiten zwischen den<br />
beiden Vertragspartnern kommen kann (vgl. Ahlert/Woisetschläger 2004a, S. 44 f.).<br />
Aus diesem Grund spielt auch die Kontrolle des Partners eine besondere Rolle.<br />
Gerade für kleine und mittlere Bekleidungshändler ist die Gründung eines Joint Ventures<br />
eine sinnvolle Form der <strong>Internationalisierung</strong>, da es die Möglichkeit bietet, <strong>im</strong><br />
Rahmen begrenzten Risikos den internationalen Markt kennen zu lernen und die eigene<br />
Marke mit Hilfe des lokalen Partners zu etablieren. Häufig können damit auch<br />
Märkte erschlossen werden, die gegenüber ausländischen Unternehmen eine besonders<br />
restriktive Politik verfolgen (vgl. Czinkota/Ronkainen 2004 S. 430). Neben<br />
dem Franchising ist der Markteintritt mit Hilfe der Gründung eines Joint Ventures die<br />
häufigste Markterschließungsform <strong>im</strong> Bekleidungshandel (vgl. Doherty 2000, S. 228).<br />
Beispielhaft kann an dieser Stelle der Zusammenschluss zwischen der spanischen<br />
Inditex-Gruppe und der Otto-Gruppe genannt werden (vgl. o. V. 2006b). Dieses Joint<br />
Venture hat die Eröffnung von Zara Stores in Deutschland zum Ziel (vgl. ebenda).
4.4.2.5 Franchising<br />
–47–<br />
Trotz der steigenden Bedeutung des Franchising, gerade <strong>im</strong> Bereich des Beklei-<br />
dungshandels 13 , hat sich in der Literatur bisher noch keine einheitliche<br />
Begriffsdefinition durchgesetzt (vgl. Kaub 1980, S. 22 ff.; Dieses 2004, S. 6; Borchert<br />
et al. 1999, S. 107). Im Folgenden konzentriert sich dieser Bericht auf das sog. Busi-<br />
ness Format Franchising, d.h. vollständige Geschäftskonzepte und nicht nur Waren<br />
sind Gegenstand der Vereinbarung. Im deutschsprachigen Raum definiert Kaub<br />
(1980) Franchising als ein vertikal-kooperativ organisiertes Absatzsystem rechtlich<br />
selbständiger Unternehmen, die auf Basis eines vertraglichen Dauerschuldverhält-<br />
nisses agieren (vgl. Skaupy, 1995, S. 6). Meurer (1997) fasst die Systemmerkmale<br />
des Franchising zur genaueren Abgrenzung in fünf Merkmalsklassen zusammen, die<br />
in Abbildung 14 grafisch dargestellt werden.<br />
Das Franchising kombiniert als hybride Form den zentralistisch effizienzorientiert ge-<br />
steuerten Systemhintergrund (Franchisegeber) mit dem Unternehmertum <strong>im</strong><br />
unmittelbaren Kundenkontakt vor Ort (Franchisenehmer) (vgl. Ahlert 2001, S. 20).<br />
Bei dieser vertikalen Kooperation zwischen Franchisegeber (FG) und rechtlich selb-<br />
ständig bleibenden Franchisenehmern, die durch langfristige Verträge geregelt ist,<br />
findet ein Austausch von tangiblen und intangiblen Ressourcen statt (vgl. Ahlert<br />
1981, S. 87). Zu nennen sind hier neben den Bekleidungswaren vor allem eine wett-<br />
bewerbsfähige Geschäftsidee, eine Betriebstypenmarke mit Profilierungspotenzial,<br />
ein Organisationskonzept und ein Absatzkonzept (vgl. Schlüter 2001, S. 21).<br />
13 Allein <strong>im</strong> letzten Jahr hat sich die Anzahl der Franchise-Stores in der Bekleidungswirtschaft fast<br />
verdoppelt. Vgl. o. V. 2005d, S. 49. Auch <strong>im</strong> Rahmen der durchgeführten Experteninterviews wurde<br />
deutlich, dass Franchising aktuell und in Zukunft eine bedeutende Rolle für die <strong>Internationalisierung</strong><br />
von Bekleidungseinzelhändlern spielen wird (vgl. Interviews Kreke 2006, Pütmann 2006, Rusche<br />
2006, Müller 2006, Boje 2006).
• arbeitsteilliges<br />
Leistungsprogramm<br />
• dauerhafte<br />
bilaterale<br />
Verpflichtungen/<br />
Rechte zur Erfüllung<br />
des<br />
Systemzwecks<br />
funktionale<br />
Merkmale<br />
• vertikales Absatzsystem<br />
• einheitlicher Marktauftritt<br />
Aufgabenverteilung<br />
<strong>im</strong><br />
System<br />
marketingbezogene<br />
Merkmale<br />
Marktauftritt des<br />
Systems<br />
–48–<br />
systembezogene<br />
Merkmale<br />
Systemcharakter<br />
des Franchising<br />
konstitutive<br />
Systemmerkmale<br />
des<br />
Franchisings<br />
• vertikale Organisationsstruktur<br />
• kooperative Beziehung mit hoher<br />
Interaktionsintensität<br />
Stellung der<br />
Systempartner<br />
Abbildung 14: Konstitutive Merkmale des Franchising<br />
konstituierendeVereinbarungen<br />
statusbezogene<br />
Merkmale<br />
vertragsbezogene<br />
Merkmale<br />
• dauerhaft bindenderschriftlicher<br />
Vertrag<br />
(Individualvertrag)<br />
• Dauerschuldverhältnis<br />
• rechtliche und finanzielle<br />
Selbständigkeit aller<br />
Systempartner<br />
• Systemführerschaft des<br />
FG<br />
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Meurer 1997, S. 9)<br />
Der Franchisegeber agiert dabei als professioneller Systemkopf, wobei das gesamte<br />
System einheitlich unter der Marke des Franchisegebers auftritt (Vgl. Lafontaine<br />
1992, S. 264 ff.; Hanrieder 1991, S. 9 f.; Nebel 2003, S. 213 ff.; Kubitschek 2001, S.<br />
672). Anders als in anderen Branchen verlangt der Franchisegeber <strong>im</strong> Rahmen des<br />
Bekleidungshandels oftmals keine oder nur eine geringe Eintrittsgebühr vom Fran-<br />
chisenehmer. 14 Die laufenden Gebühren unterscheiden sich ebenfalls zwischen den<br />
Franchisesystemen. Als Beispiel für die Markterschließung mit Hilfe des Franchising<br />
kann die spanische Bekleidungskette Mango genannt werden.<br />
14 Ausnahmen, wie z.B. Mango, verlangen 100.000 € Einstiegsgebühr. Vgl. o. V. 2005e, S. 22.
–49–<br />
Im Hinblick auf die <strong>Internationalisierung</strong> ist zwischen verschiedenen Formen des<br />
Auslandsfranchising zu unterscheiden. Für Franchisesysteme von Bedeutung sind<br />
neben indirektem und direktem Auslandsfranchising, Masterfranchiseverträge und<br />
Area-Development-Verträge oder die Akquisition von Vertriebsnetzen <strong>im</strong> Gastland<br />
(vgl. Ahlert/Woisetschläger, 2004b, S. 16). Wesentliche Entscheidungskriterien sind<br />
dabei die Fragen, in wie weit sich die Unternehmung sowohl finanziell als auch per-<br />
sonell auf dem entsprechenden Auslandmarkt einbringen kann und möchte.<br />
Besonders hervorzuheben ist das Masterfranchising als eine beliebte Form der <strong>Internationalisierung</strong><br />
<strong>im</strong> Handel. Hier gewährt der FG die Franchiserechte einem <strong>im</strong><br />
Gastland ansässigen, unabhängigen Unternehmer (vgl. Skaupy 1995, S. 217). Durch<br />
die Einbindung des Masterfranchisenehmers (MFN) wird gleichzeitig die finanzielle<br />
Basis des Franchisegebers gestärkt (vgl. Ahlert/Wunderlich/Ziegler 2002, S. 11). Der<br />
Masterfranchisenehmer arbeitet effektiv als Sub-Franchisegeber (vgl. Welch 1989, S.<br />
13) und hat den Auftrag, das Franchisesystem anhand der Vorgaben der Systemzentrale<br />
<strong>im</strong> Gastland aufzubauen, wobei Erfolg oder Scheitern des Systems in seiner<br />
Hand liegen (vgl. Davis 2006, S. 31). Daher kommt der Auswahl des MFN eine besondere<br />
Bedeutung zu (vgl. ebenda). Als Beispiel eines Masterfranchiseeinstiegs<br />
kann der Franchisevertrag der Inditex Gruppe mit Litauens größtem Modehändler<br />
Apranga zur Etablierung der Marke Zara gesehen werden (vgl. Inditex Homepage).<br />
Neben Inditex haben auch schon Marken wie Hugo Boss und Emporio Armani Franchiseverträge<br />
mit Apranga, die zur MG Baltiv Group gehören, abgeschlossen (vgl.<br />
CALCIS 2004). Tabelle 4 gibt einen kurzen Überblick über die verschiedenen Eintrittsmöglichkeiten<br />
<strong>im</strong> Rahmen des Auslandsfranchising und die jeweiligen Chancen<br />
und Risiken. 15<br />
15 Für eine ausführliche Diskussion der einzelnen Formen des Auslandsfranchising vgl. bspw. Ahlert/Wunderlich/Ziegler<br />
2002, S. 11 ff. sowie Ahlert/Woisetschläger 2004a, S. 41 ff.
Markteintrittsform<br />
Masterfranchising<br />
Area-Development-<br />
Vertäge<br />
Akquisition<br />
Beurteilung<br />
Direktes<br />
Auslandsfranchising<br />
Indirektes<br />
Auslandsfranchising<br />
Chancen<br />
–50–<br />
• kostengünstig<br />
• einfache Steuerung durch Informations-<br />
und Kommunikationstechnik<br />
• durch die Tochtergesellschaft wird<br />
Steuerung erleichtert<br />
• geeignet für größere Märkte<br />
• Entlastung der Franchisezentrale<br />
• Tempo der Expansion<br />
• geringer Kapitalbedarf / Aufstockung<br />
der finanziellen Basis<br />
• Nutzung des lokalen Know-hows<br />
des MFN<br />
• Tempo der Expansion<br />
• geringer Kapitalbedarf<br />
• Nutzung des lokalen Know-hows<br />
• Expansionsgeschwindigkeit<br />
• erschwerte Kommunikation<br />
• nur für ähnliche Märkte geeignet<br />
• bei hoher Anzahl von FN steigen die<br />
Kosten<br />
• hohe Anfangsinvestition<br />
• hohe laufende Kosten<br />
• rechtliche Probleme bei der Gründung<br />
• Auswahl des MFN<br />
• Macht des MFN / erschwerte Kontrollmöglichkeiten<br />
• Schulungsbedarf<br />
• ggf. Ausbildung eines zukünftigen<br />
Konkurrenten<br />
• Kapitalausstattung des Developers<br />
• Developer als potenzieller Konkurrent<br />
• Beendigung des Vertragsverhältnisses<br />
• Motivationsprobleme der Manager<br />
einzelner Franchisebetriebe<br />
• Kapitalbedarf<br />
• Kaufpreisfindung<br />
Risiken<br />
Tabelle 3: Chancen und Risiken alternativer Koordinationsformen <strong>im</strong> internationalen<br />
Franchising<br />
(Quelle: In Anlehnung an Ahlert/Wunderlich/Ziegler 2002, S. 13-14.)<br />
4.4.2.6 Partnerschaftskonzepte<br />
Betrachtet man nun die Partnerschaftskonzepte, so lassen sich diese durch den<br />
unterschiedlichen Grad der Einflussnahme des Herstellers auf die – <strong>im</strong> klassischen<br />
Sinne – eigentlichen Funktionen des Handels unterscheiden. Des Weiteren weisen<br />
die verschiedenen Formen auch eine unterschiedliche Größe hinsichtlich der ge-<br />
meinsam bewirtschafteten Fläche auf. Dies wird durch die folgende Abbildung<br />
verdeutlicht:
–51–<br />
Grad der Einflussnahme durch den Hersteller<br />
Concession<br />
hoch<br />
klein groß<br />
Corner Shop-in-Shop<br />
Depotsystem<br />
Vertragsfläche<br />
gering<br />
Abbildung 15: Überblick über textile Kooperationsformen<br />
Franchise-Store<br />
(Quelle: In Anlehnung an Langenhorst 2001, S. 58)<br />
Größe der<br />
Kooperationsfläche<br />
Im Gegensatz zum Franchising, bei dem sich die Kooperation meistens auf das ge-<br />
samte Geschäft bezieht, wird bei Partnerkonzepten nur ein Teil der Fläche in<br />
Zusammenarbeit mit dem Hersteller bewirtschaftet. 16 Dabei ist das Wort „Partner-<br />
konzept“ oder „vertikale Partnerschaft“ lediglich ein Synonym für Efficient Consumer<br />
16 Die Bezugsquoten liegen be<strong>im</strong> Franchising nicht <strong>im</strong>mer bei 100 %. Vgl. BTE 1995, S. 45, 47 und<br />
55; Borchert et al. 1999, S. 111.
–52–<br />
Response (ECR). 17 Eine klare und deutliche Abgrenzung zwischen den verschiede-<br />
nen Partnerkonzepten ist weder in der Theorie beschrieben noch wird sie in der<br />
Praxis durchgeführt. Darum sollen hier lediglich die grundlegenden Unterschei-<br />
dungsmerkmale genannt werden. Die Grenzen zwischen den beschriebenen Formen<br />
sind dabei fließend.<br />
Corner, Concession und Shop-in-Shop-Systeme<br />
Der Begriff des Shop-Systems wird in der Literatur sehr unterschiedlich interpretiert.<br />
Dies hat seine Ursache u. a. darin, dass zwischen Shops in Kooperation und selbständigen,<br />
d. h. durch den Hersteller betriebenen Shops unterschieden werden muss<br />
(vgl. Byszio 1995, S 13; Medla 1987, S. 81; Tietz 1983, S. 683). Eine Definition der in<br />
Kooperation betriebenen Shop-Konzepte stammt von Lerchenmüller (2003, S. 106),<br />
der von einer optischen Verdeutlichung separater Warenbereiche spricht. Jedoch<br />
zeichnet sich ein Shop-in-Shop System durch mehr aus: Auf der Fläche, die meist<br />
zwischen 40 und 100 qm umfasst, wird eine spezielle Marke präsentiert und verkauft<br />
(vgl BTE 2003, S. 28 f.). Dabei erfolgt keine Aufteilung der Artikel nach getrennten<br />
Abteilungen, sondern sie werden nach Bedarfsaspekten zusammengestellt und gemeinsam<br />
präsentiert (vgl. Flack/Wolf 1982, S. 266). Ziel ist es, das (positive) Image<br />
des Markenherstellers auf das Einzelhandelsgeschäft ausstrahlen zu lassen (vgl.<br />
Gühlert 1990, S. 127). Das Angebotskonzept des Herstellers wird dabei – <strong>im</strong> Sinne<br />
von Franchising – vom Händler übernommen (vgl. Berekoven 1995, S. 305). Die Ladenbau-Elemente<br />
werden von vielen Herstellern geliefert bzw. vorgegeben, wobei<br />
Beteiligungen an den Kosten auch von der Verhandlungsstärke der Abnehmer abhängen.<br />
Häufig findet jedoch eine hälftige Teilung statt (vgl. Langenhorst 2001, S.<br />
53). Ein Shop-System lässt sich – wie die nachfolgend beschriebenen Konzepte<br />
auch – durch Abverkaufsinformationen zu Markt- und Produktanalysen nutzen. Hierdurch<br />
wird Verbesserungspotenzial aufgedeckt, und die Flexibilität <strong>im</strong> Hinblick auf<br />
neue Trends lässt sich steigern (vgl. Hirmer 2002, S. 132). Corner, als ein Spezial-<br />
17 Zum grundlegenden Konzept des ECR vgl. KSA 1993.
–53–<br />
fall, unterscheiden sich von einem Shop-in-Shop lediglich durch die noch geringere<br />
Größe von max<strong>im</strong>al 40 qm (vgl. BTE 1997, S. 28; Langenhorst 2001, S. 56).<br />
Ein weiterer Spezialfall sind Concessions: In den 80er Jahren wurden die Begriffe<br />
Shop-in-Shop und Concession noch synonym verwendet (vgl. McGoldrick 1987, S.<br />
15 ff.). Im Gegensatz zu den bereits erläuterten Konzepten wird bei Concessions die<br />
Fläche gegen eine umsatzabhängige Gebühr an den Hersteller vermietet (vgl. Langenhorst<br />
2001, S. 56). Der Hersteller stellt das Mobiliar, übern<strong>im</strong>mt alle mit dem<br />
Merchandising verbundenen Funktionen und verkauft die Ware, häufig durch eigenes<br />
Personal, auf eigene Rechnung (vgl. Horstmann 1997, S. 167; BTE 2003, S. 109).<br />
Für den Bekleidungshandel bieten diese <strong>Internationalisierung</strong>sformen einige Vorteile:<br />
Auf der einen Seite kann der mit der <strong>Internationalisierung</strong> verbundene finanzielle<br />
Aufwand relativ gering gehalten werden, vor allem bei dem Markteintritt über Concessions.<br />
Auf der anderen Seite kann von der Marktkenntnis des Partners profitiert<br />
werden. Nachteilig ist jedoch, dass be<strong>im</strong> Shop-in-Shop System nicht überwacht werden<br />
kann, ob sich der Händler vor Ort tatsächlich an die Sortierungsvorgaben des<br />
ausländischen Herstellers / Händlers hält. Um das sicher zu stellen, müssen teure<br />
Überwachungssysteme installiert werden. Dieses Problem kann durch die Vergabe<br />
von Concessions verringert werden, da dort meist durch eigenes Personal verkauft<br />
wird. Dieses kann speziell geschult und leichter überwacht werden und führt so zu<br />
einer Verringerung des Beherrschungsproblems.<br />
Diese Form des Markteintritts kann genutzt werden, um die eigene Marke zunächst<br />
auf dem ausländischen Markt zu etablieren, um <strong>im</strong> Anschluss daran das betreffende<br />
Land mit Hilfe anderer Möglichkeiten, wie bspw. Franchising oder durch eigene<br />
Shops, weiter zu erschließen.<br />
Vertragsflächen<br />
Der Begriff der Vertragsfläche wird in der Literatur ebenfalls sehr unterschiedlich interpretiert.<br />
Während die meisten Autoren in der Vertragsfläche ein Synonym für<br />
Vertriebsallianz oder Flächenpartnerschaft sehen, soll die Vertragsfläche hier, wie in
–54–<br />
der Praxis auch, als spezifische Form der Kooperation verstanden werden (vgl. BTE<br />
2003, S. 15). Im Gegensatz zu Shop-Systemen kann der Händler vor Ort eigenstän-<br />
dig entscheiden wie er die in Kooperation bewirtschaftete Fläche optisch gestaltet<br />
(vgl. o. V. 2005 f, S. 56). Vorteilhaft ist der geringe Kapitalaufwand für den sich inter-<br />
nationalisierenden Händler. Von entscheidendem Nachteil ist jedoch die mangelnde<br />
Kontrolle über den eigenen Markenauftritt <strong>im</strong> Gastland. Der ortsansässige Händler<br />
hat aufgrund der vorhandenen besonders stark ausgeprägten Informationsasymme-<br />
trien viele Möglichkeiten zu opportunistischem Verhalten. Eine Überwachung ist nur<br />
mit hohem finanziellen und personellen Aufwand zu erreichen. Es ist daher fraglich,<br />
in wie weit sich diese Form des Markteintritts tatsächlich für eine <strong>Internationalisierung</strong><br />
eignet.<br />
Depot-Systeme<br />
Be<strong>im</strong> Depot-System handelt es sich nach Meinung einiger Autoren nicht um ein Flä-<br />
chenkonzept (vgl. BTE 2003, S. 109). 18 Es soll hier dennoch als Kooperationsform<br />
gesehen werden, da es auch die Elemente eines Partnerkonzeptes enthält. Bei ei-<br />
nem Depot-System handelt es sich um Kommissionsvertrieb. Bei diesem präsentiert<br />
der Händler die Ware in seinem Geschäft, der Hersteller erhält das Entgelt für seine<br />
Waren allerdings erst bei Verkauf der Produkte an den Endkunden. 19 Zudem ist der<br />
Hersteller verpflichtet, die Ware zurückzunehmen, wodurch das „Ladenhüterproblem“<br />
für den Händler entfällt (Tietz 1993, S. 273).<br />
Vorteilhaft ist auch hier der relativ geringe Kapitalaufwand für eine <strong>Internationalisierung</strong>.<br />
Nachteilig ist jedoch die Verlagerung des Verkaufsrisikos auf den Hersteller<br />
durch die Rücknahmepflicht nicht verkaufter Ware. Gleichzeitig kann das sich internationalisierende<br />
Unternehmen die Anstrengungen des ausländischen Händlers zum<br />
Verkauf seiner Waren nicht überprüfen. Abhängig davon verfügt er nicht über Kon-<br />
18<br />
Auch in der TW wird das Depotsystem nicht als eigenständiges Flächensystem in der Statistik der<br />
Vertriebsallianzen erwähnt. Vgl. o. V. 2005 f, S. 58 ff.<br />
19<br />
Die Ware verbleibt dabei bis zum Verkauf <strong>im</strong> Eigentum des Lieferanten. Vgl. Barth/Hartmann/<br />
Schröder 2002, S. 316; Medla 1987, S. 93.
–55–<br />
trollmöglichkeiten <strong>im</strong> Hinblick auf den eigenen Marktauftritt. Für den ortsansässigen<br />
Händler ergibt sich damit ein ungeheures Potenzial für opportunistisches Verhalten.<br />
Darüber hinaus scheint dieses System <strong>im</strong> Allg. nur für Basisartikel geeignet zu sein,<br />
da ein Kollektionswechsel bei hochmodischen oder modischen Kleidungsstücken in-<br />
nerhalb kurzer Zeit vollzogen werden muss. Das Moderisiko für den Hersteller würde<br />
erhöht und die ständige Rücknahme der mittlerweile nicht mehr dem Trend entspre-<br />
chenden Bekleidung könnte eine <strong>Internationalisierung</strong> unwirtschaftlich machen.<br />
Insgesamt ist folglich auch bei dieser Form der Markterschließung fraglich, in wie<br />
weit sie sich tatsächlich für die <strong>Internationalisierung</strong> des <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong>s<br />
eignet.<br />
Steuerungs- und<br />
Kontrollmöglichkeiten<br />
-<br />
+<br />
-<br />
Franchising<br />
Partnerschaftskonzepte<br />
Beteiligung<br />
Tochtergesellschaft<br />
Eigene Ladenkette<br />
Joint Venture<br />
Abbildung 16: Markteintrittsformen <strong>im</strong> <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong><br />
(Quelle: In Anlehnung an Dietl/van der Velden 2001, S. 197).<br />
+<br />
Ressourceneinsatz<br />
<strong>im</strong> Ausland<br />
Wie deutlich geworden ist, spielen bei der Entscheidung für eine best<strong>im</strong>mte Eintritts-<br />
form vor allem die D<strong>im</strong>ensionen Kontroll- und Steuerungsfähigkeit sowie
–56–<br />
Ressourcenbeanspruchung eine Rolle. Abbildung 16 spiegelt eine Einordnung der<br />
vorgestellten Eintrittsformen in diese D<strong>im</strong>ensionen wider und Tabelle 5 gibt einen<br />
kurzen zusammenfassenden Überblick über die jeweiligen Vor- und Nachteile dieser.<br />
Beurteilung<br />
Markteintrittsform<br />
Tochterunternehmen mit<br />
eigener Produktion und<br />
Vertrieb<br />
Eigene Ladenkette<br />
Beteiligung<br />
Joint Venture<br />
Franchising<br />
Partnerkonzepte<br />
• Nutzung der Marktkenntnis des lokalen<br />
Partners<br />
• Begrenzung des <strong>Internationalisierung</strong>srisikos<br />
• opt<strong>im</strong>ale Anpassung an landesspezifische<br />
Kundenbedürfnisse<br />
• Reduzierung des Risikos durch lokalen Partner<br />
• Nutzung der Marktkenntnis des lokalen Partners<br />
• Erschließung von Märkten mit besonders restriktiver<br />
Politik<br />
• kostengünstig<br />
• Tempo der Expansion<br />
• Begrenzung des Risikos<br />
Vorteil<br />
• vollständige Kontrolle der ausländischen Aktivitäten<br />
• Umgehung tarifärer u. nichttarifärer Handelshemmnisse<br />
• ggf. niedrige Produktionskosten<br />
• vollständige Kontrolle der ausländischen<br />
Aktivitäten<br />
• Flagship-Store: Sammlung von Erfahrungen<br />
<strong>im</strong> Hinblick auf Konsumentenwünsche zur<br />
späteren Expansion mit anderer Eintrittsform<br />
• geringer finanzieller Aufwand<br />
• Nutzung der Marktkenntnis des lokalen<br />
Händlers<br />
• Anpassung an landesspezifische<br />
Kundenbedürfnisse<br />
Tabelle 4: Alternative Markteintrittsformen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung)<br />
4.5 Being International<br />
Nachteil<br />
• hoher personeller und finanzieller<br />
Bedarf<br />
• restriktive Politik des Gastlandes<br />
• hoher Kapital- und Personalbedarf<br />
• Komplexität<br />
• geeignet nur für ähnliche Märkte<br />
(Recht, Sprache und Kultur)<br />
• Verzicht auf lokale Marktkenntnis<br />
• unklar, in wie weit die Mitbest<strong>im</strong>mung<br />
tatsächlich durchsetzbar ist<br />
• hoher Kapitalbedarf (wenn auch<br />
geringer als bei den o. g. Alternativen)<br />
• Überwachung des Partners verursacht<br />
zusätzlichen personellen und finanziellen<br />
Aufwand<br />
• Konfliktpotenzial zwischen den Parteien<br />
• Überwachung des Partners verursacht<br />
zusätzlichen personellen und<br />
finanziellen Aufwand<br />
• Ausbildung potenzieller Konkurrenten<br />
• ggf. hohe Kosten der Unterhaltung<br />
• Auswahl geeigneter Franchisenehmer<br />
• fraglich, in wie weit Einfluss auf<br />
Marken<strong>im</strong>age tatsächlich durchsetzbar<br />
• hohe Überwachungs- und<br />
Kontrollkosten<br />
4.5.1 Fortführung der nationalen und internationalen Tätigkeit<br />
Nach dem Eintritt und der Etablierung <strong>im</strong> ersten Gastland steht zunächst die Fortfüh-<br />
rung der nationalen und internationalen Tätigkeit <strong>im</strong> Vordergrund. Dabei muss das<br />
System fähig sein, auf unvorhergesehene Probleme und Veränderungen vor allem
–57–<br />
<strong>im</strong> Hinblick auf Modetrends des nationalen und internationalen Umfeldes schnell zu<br />
reagieren (vgl. Welch/Welch 1996, S. 17). Dieses erfordert ein hohes Maß an Flexibilität,<br />
aber auch an Koordination auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette. 20 Durch<br />
die Integration mehrerer Stufen der textilen Pipeline zu einem Netzwerk entstehen<br />
Spannungsfelder. Häufig liegen Informationsasymmetrien vor allem zwischen dem<br />
Händler <strong>im</strong> Gastland und dem inländischen vertikalen Netzwerk vor (vgl. Winkler<br />
1999, S. 235), deren Verringerung mit hohen Informations- und Überwachungskosten<br />
verbunden ist. Der Grad der Informationsasymmetrien variiert dabei mit den<br />
unterschiedlichen Markteintrittsformen. Weitere netzinterne Koordinationsprobleme<br />
sind vor allem Motivationsprobleme, aber auch die Auswahl ungeeigneter Netzpartner<br />
(vgl. ebenda.).<br />
Auch <strong>im</strong> Hinblick auf die externe Netzwerkumwelt können durch die Dynamik der<br />
Ländermärkte Probleme auftreten: Dabei kann es bspw. sowohl auf dem He<strong>im</strong>at- als<br />
auch auf dem ausländischen Markt zu Veränderungen der Wettbewerbssituation, der<br />
institutionellen Rahmenbedingungen und / oder des Nachfrageverhaltens kommen.<br />
Es müssen Möglichkeiten gefunden werden, die eigene Marktposition zu festigen<br />
und auszubauen (vgl. Backhaus/Büschken/Voeth 2003, S. 333 f.). Auch auf Veränderungen<br />
des Nachfrageverhaltens kann bspw. durch Produktdifferenzierungen und /<br />
oder Anpassungen der anderen Elemente des Marketing-Mix eingegangen werden<br />
(vgl. ebenda).<br />
4.5.2 Controlling der <strong>Internationalisierung</strong>: die <strong>Internationalisierung</strong>s-<br />
Scorecard<br />
Um den <strong>Internationalisierung</strong>sprozess erfolgreich vollziehen zu können, bedarf es<br />
aus der Sicht des Unternehmens eines ständigen Controlling des internationalen Engagements.<br />
Dieses kann bspw. mit Hilfe einer Balanced Scorecard vollzogen<br />
werden.<br />
20 „Koordination wird in diesem Zusammenhang als das Gestalten, Lenken und Entwickeln des strate-
–58–<br />
Die hier zugrunde gelegte BSC von Kaplan/Norton (1997) mit den vier vorgeschlage-<br />
nen Perspektiven (Finanz-, Prozess-, Potenzial- und Kundenperspektive) kann vom<br />
Grundsatz her auch für die <strong>Internationalisierung</strong> des Bekleidungshandels angewen-<br />
det werden.<br />
Zunächst soll jedoch allgemein eine BSC für den Textileinzelhandel erläutert werden,<br />
die <strong>im</strong> weiteren Verlauf an die Besonderheiten der <strong>Internationalisierung</strong> angepasst<br />
werden muss. Grundlegend ist zunächst eine Strategie festzulegen, anhand derer<br />
die D<strong>im</strong>ensionen der BSC ausgerichtet werden (vgl. Kaplan/Norton 1997, S. 11). Jede<br />
der Perspektiven wird durch strategiekonforme Kennzahlen verdichtet. Die<br />
Kennzahlen müssen mit den aus der Strategie des Unternehmens hergeleiteten Zielen<br />
in einem Ursache-Wirkungszusammenhang stehen, um die gesetzten Ziele auch<br />
tatsächlich erreichbar zu machen (vgl. Kaplan/Norton 1996, S. 82 ff.). Ein Vergleich<br />
der Ziel- mit den Istwerten der Kennzahlen dient den Führungskräften als Kontrollmöglichkeit<br />
und führt ggf. zu Korrekturen (vgl. ebenda S. 84 f.). Im Falle von<br />
Abweichungen müssen die Ursachen für selbige gefunden werden. So können bspw.<br />
schnelle Wechsel von Modetrends negativen Einfluss auf die Umsätze <strong>im</strong> Gastland<br />
haben. Daneben können jedoch auch bspw. Veränderungen der institutionellen<br />
Rahmenbedingungen Ursache für Abweichungen sein. Im Anschluss daran muss<br />
entschieden werden, ob diese durch Veränderungen bspw. des Marketing-Mix oder<br />
einen Wechsel der Koordinationsform beseitigt werden können. Im Falle einer Nichterfüllung<br />
der Ziele und damit einem operativen Verlust, muss auch die Möglichkeit<br />
eines Rückzuges aus dem Land in Betracht gezogen werden, auch wenn dabei nicht<br />
nur finanzielle, sondern auch Imageverluste zu verkraften wären.<br />
Betrachtet man bspw. die BSC bei der E. Breuninger GmbH & Co., so ist als Oberziel<br />
genannt, das kundenfreundlichste Einzelhandelsunternehmen in Deutschland zu<br />
werden. Als relevante Erfolgsfaktoren werden dabei die Kunden und der Markt, das<br />
Sort<strong>im</strong>ent und die Lieferanten, die Mitarbeiter, interne Prozesse und Ressourcen so-<br />
gischen Netzwerkes verstanden“ (Löser 2000, S. 192).
–59–<br />
wie die Finanzperspektive identifiziert. Jede der vier genannten Perspektiven kann<br />
mit Hilfe geeigneter Kennzahlen überwacht werden. Abbildung 14 zeigt die BSC bei<br />
der E. Breuninger GmbH & Co.<br />
Kunde / Markt<br />
Strategische Ziele Messgrößen<br />
Bedienungs- und<br />
Beratungsqualität<br />
Aktives Kundenmanagement<br />
Marktanteile gewinnen<br />
Qualität der Warenpräsentation<br />
Happy Customer Index<br />
Anteil Kundenkartenumsatz/<br />
GU<br />
Umsatz der Neukunden<br />
Kaufquote<br />
Durchschnittskauf<br />
Umsatz von Warengruppen<br />
Visual-Merchandising-<br />
Index<br />
Finanzperspektive<br />
Strategische Ziele Messgrößen<br />
Umsatzzielerreichung Umsatz<br />
Ergebnis Gewinn vor Steuern<br />
Deckungsbeitrag DB<br />
Interne Prozesse und Ressourcen<br />
Strategische Ziele Messgrößen<br />
Mitarbeiterzufriedenheit MZ-Index<br />
Multiplizierbarkeit der<br />
Shopkonzepte<br />
KundenfreundlichstesEinzelhandelsunternehmen<br />
in<br />
Deutschland<br />
Shopkonzept<strong>im</strong>pl.<br />
Ware / Lieferant<br />
Strategische Ziele Messgrößen<br />
Sort<strong>im</strong>entsqualität Sort<strong>im</strong>entsindex<br />
Aktualität Aktualitätsindex<br />
Eigenmarkenanteil Eigenmarkenanteil<br />
Abbildung 17: Balanced Scorecard bei der E. Breuninger GmbH & Co.<br />
(Quelle: Eigene Darstellung)<br />
Um dem Controlling der <strong>Internationalisierung</strong> des Bekleidungshandels gerecht zu<br />
werden, wird vorgeschlagen, ausgehend vom Ursprungsmodell von Kaplan/Norton<br />
(1997) die BSC zu erweitern. So ist die finanzielle Perspektive um eine ressourcen-<br />
orientierte Perspektive zu ergänzen. Gerade für eine erfolgreiche<br />
<strong>Internationalisierung</strong> müssen ausreichende Ressourcen, nicht nur in finanzieller Hin-<br />
sicht, vorhanden sein. D. h. hier ist die Frage zu beantworten, welche Ressourcen-<br />
und Finanzziele erreicht werden müssen, um die Strategie der <strong>Internationalisierung</strong>
–60–<br />
erfolgreich umzusetzen. Eine weitere Veränderung ist <strong>im</strong> Hinblick auf die interne Ge-<br />
schäftsprozess-Perspektive vorzunehmen. Diese wird zu einer Performance-<br />
Perspektive erweitert, in der auch die internationalen Kooperationspartner Berück-<br />
sichtigung finden. Die Innovationsperspektive wird um den Formataspekt<br />
ausgedehnt. Eine Ausweitung der Kundeperspektive um die Marktkomponente er-<br />
folgt, da <strong>im</strong> Hinblick auf eine <strong>Internationalisierung</strong> auch lokale Marktfaktoren<br />
entscheidend für den internationalen Erfolg sind.<br />
1.<br />
Kunden/<br />
Marktattraktivität<br />
• Generelle Marktindikatoren<br />
• Produkt-Marktindikatoren<br />
• Protektivindikatoren<br />
• Prox<strong>im</strong>itätsindikatoren<br />
• Markenorientierung<br />
•AIDA-Indikatoren<br />
2.<br />
Finanzen/<br />
Ressourcen<br />
• Kapitalressourcen<br />
• Humanressourcen<br />
• Store-Brand Ressourcen<br />
• Beschaffungsressourcen<br />
• Integrationsressourcen<br />
• Expansionsressourcen<br />
3.<br />
Messbare<br />
Indikatoren<br />
Innovation/<br />
Formate<br />
• Positionierung/ Targeting<br />
• Betriebstyp/ Formatierung<br />
• Standardisierungsgrad<br />
• Lebenszyklusstadium<br />
• Evolutionsfähigkeit<br />
• Multiplikationsfähigkeit<br />
4.<br />
Geschäftssystem/<br />
Performance/<br />
Kooperationspartner<br />
• Zentralität/ Steuerbarkeit<br />
• Vertikalisierungsgrad<br />
• Cycle-T<strong>im</strong>e/ Lead T<strong>im</strong>e<br />
• Lagerumschlag<br />
• Personalproduktivität<br />
• Expansionsrate/ -tempo<br />
Abbildung 18: Balanced Scorecard für den internationalen Bekleidungshandel<br />
(Quelle: In Anlehnung an Heinemann 2006, S. 124 ff.)<br />
Die hier vorgenommene Erweiterung der klassischen BSC stellt zunächst einen ers-<br />
ten Entwurf dar. Im Verlauf dieses Projektes sollen die einzelnen Indikatoren genauer<br />
herausgearbeitet werden.
–61–<br />
4.5.3 Kontrolle der internationalen Marktpartner<br />
Des Weiteren muss auch eine Kontrolle der internationalen Marktpartner erfolgen.<br />
Dabei variiert der Einsatz ausländischen Personals / ausländischer Partner <strong>im</strong> Ex-<br />
pansionsmarkt mit der gewählten Koordinationsform. Je höher dieser ist bzw. je<br />
geringer die Einflussmöglichkeiten <strong>im</strong> laufenden Geschäft durch den Systemkopf<br />
sind, desto mehr Bedeutung gewinnt das Problem der asymmetrischen Informations-<br />
verteilung. Für die Mitarbeiter <strong>im</strong> Expansionsland ergibt sich ein hohes Potenzial für<br />
opportunistisches Verhalten. Im Sinne der Prinzipal-Agenten-Theorie ergeben sich<br />
die klassischen Problemfelder (vgl. Picot/Dietl/Franck 2005, S. 74 ff.): Hidden Action<br />
bzw. Information ist ein Problem, das erst ex-post, d.h. <strong>im</strong> Verlauf der Prinzipal-<br />
Agenten-Beziehung, auftritt. Der Prinzipal (Systemkopf <strong>im</strong> Inland) kann dabei entweder<br />
die Handlungen des Agenten (bspw. ausländischer Kooperationspartner) nicht<br />
beobachten (Hidden Action) oder die Handlungen zwar beobachten, aber nicht beurteilen<br />
(Hidden Information). Letztendlich kann er nur das Ergebnis und nicht die<br />
dahinter stehenden Anstrengungen erkennen. Dadurch entsteht dem Agenten die<br />
Möglichkeit, seinen Informationsvorteil auszunutzen und den Prinzipal opportunistisch<br />
auszubeuten (Moral Hazard). Auch bei der sog. Hidden Intention handelt es<br />
sich um ein Problem, welches sich während der Vertragsbeziehung abspielt. So kann<br />
der Prinzipal das opportunistische Verhalten des Agenten zwar erkennen, jedoch<br />
nicht verhindern. Übertragen auf den Bekleidungshandel bedeutet dieses, dass der<br />
Hersteller zwar die Abverkaufszahlen aus dem Ausland erhält, jedoch die eigentlichen<br />
Verkaufsbemühungen, wie bspw. die Gestaltung der Warenpräsentation und<br />
die Beratungsqualität, nicht kontrollieren kann. Damit ist auch das Marken<strong>im</strong>age in<br />
Gefahr. Dennoch gibt es einige Instrumente, die genutzt werden können, um den<br />
ausländischen Händler zu überwachen. So kann es bspw. zum Einsatz von Mystery<br />
Shoppern kommen oder die Überwachung erfolgt durch die Einrichtung eines Außendienstes<br />
und dessen regelmäßige Besuche <strong>im</strong> Geschäft vor Ort (vgl. Tietz 1991,<br />
S. 413 ff.). Bei allen Überwachungsmaßnahmen muss jedoch der Nutzen die entstehenden<br />
Kosten überwiegen.
4.5.4 Expansion<br />
–62–<br />
Neben der Fortführung der nationalen und internationalen Tätigkeit und der Kontrolle<br />
dieser muss über die weitere Expansion nachgedacht werden. So kann zunächst die<br />
Markterschließung innerhalb des ersten Gastlandes vorangetrieben werden. In die-<br />
sem Zusammenhang ist es sinnvoll, erneut über die opt<strong>im</strong>ale Koordinationsform<br />
nachzudenken. Hat man den Zielmarkt bspw. zunächst mit Hilfe von Concessions erfolgreich<br />
erschlossen, so kann darüber nachgedacht werden, nun bspw. ein Joint<br />
Venture mit einem ausländischen Partner einzugehen und die Bekleidung in eigenen<br />
Shops zu vertreiben. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit, zusätzliche Länder zu<br />
erschließen. Hierfür wird erneut mit der Phase des Preparing International begonnen<br />
und ein neues Expansionsland ausgewählt. Im weiteren Verlauf der Markterschließung<br />
kann von Erfahrungen aus den anderen Expansionsländern profitiert<br />
werden, obwohl jedes Land seine besonderen Eigenschaften aufweist und somit genau<br />
analysiert werden muss. So kann bspw. die <strong>Internationalisierung</strong> nach dem<br />
Sammeln erster Erfahrungen in kulturell sehr ähnlichen Märkten, mit meist nur geringen<br />
geografischen Distanzen, auch auf internationale Märkte ausgedehnt werden,<br />
die sich von He<strong>im</strong>atmarkt wesentlich unterscheiden.
Fazit<br />
–63–<br />
Die Bedeutung der <strong>Internationalisierung</strong> für den <strong>Bekleidungseinzelhandel</strong> ist un-<br />
bestritten. Der vorliegende Projektbericht liefert die Grundlagen zur Struktur der<br />
Textil- und Bekleidungswirtschaft mit besonderem Fokus auf vertikale Kooperatio-<br />
nen. Im Rahmen des Phasenmodells der <strong>Internationalisierung</strong> wird die Komplexität<br />
des Planungs- und Umsetzungsproblems eines solchen Vorhabens deutlich. Den-<br />
noch bleiben viele Fragen unbeantwortet. So bleibt bspw. zu überprüfen, welches die<br />
opt<strong>im</strong>alen Expansionsländer sind und welche Bedingungen ein Vertikaler erfüllen<br />
muss, um sich erfolgreich zu internationalisieren. Grundlegend ist auch die Frage of-<br />
fen, welche Systeme überhaupt für eine <strong>Internationalisierung</strong> geeignet sind.<br />
Im Rahmen der folgenden Projektberichte <strong>im</strong> zuvor beschriebenen Handlungsfeld 3<br />
des Projektes IMADI.net, soll versucht werden diese noch offenen Fragen zu beantworten,<br />
um Unternehmungen mit Expansionswünschen ihre Entscheidungen zu<br />
erleichtern. Hierbei wird sich <strong>im</strong> Folgenden, in Form von Vertiefungsberichten, vor<br />
allem mit den spezifischen Besonderheiten der osteuropäischen Märkte beschäftigt.
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Herausgeber:<br />
FATM<br />
Marketinginstitut für Textilwirtschaft<br />
an der Universität Münster (FATM)<br />
Direktor: Univ.-Prof. Dr. Dieter Ahlert<br />
Fachbereich 4: Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät<br />
Fliednerstr. 21, D – 48149 Münster<br />
Tel.: ++49 (0) 251/ 83-22939<br />
Fax: ++49 (0) 251/ 83-31438<br />
In Kooperation mit:<br />
IMADI.net (Internationale Markenführung in Dienstleistungsnetzwerken)<br />
wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) <strong>im</strong> Rahmen des<br />
Forschungsvorhabens "Exportfähigkeit und <strong>Internationalisierung</strong> von Dienstleistungen"<br />
gefördert (Förderkennzeichen 01HQ0523) und vom Projektträger Deutsches Zentrum<br />
für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) betreut.<br />
Die Mitglieder des Projektteams danken für die großzügige Unterstützung<br />
ihrer Forschungs- und Transferarbeiten.<br />
Prof. Dr. Dieter Ahlert,<br />
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes.<br />
Distribution & Handel, Am Stadtgraben 13-15, 48143<br />
Münster<br />
Münster 2006, alle Rechte vorbehalten