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In Erwartung, Geheimnis und Traulichkeit stößt ein unwirscher<br />

Gesell: Knecht Rupprecht o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r „ale Jusuff”, und<br />

die Kin<strong>de</strong>rlein atmen auf, wenn sie ihre Geschenke haben<br />

und die Rute nicht allzusehr herumgetanzt ist.<br />

Den Kirchgang gilt es nicht zu versäumen. Hat er nicht<br />

schon mit Einbruch <strong>de</strong>r Dunkelheit stattgefun<strong>de</strong>n, rüstet<br />

sich die Hausgemeinschaft gegen Mitternacht zum Gang in<br />

die Christmette. Aus <strong>de</strong>n Bergen stapfen kleine Lichtlein zu<br />

Tal und das Kirchlein atmet einen eigenen Hauch und einen<br />

stillen Glanz. Ob es wohl auch solch ein Gang zur<br />

„Christnacht” war, <strong>de</strong>r Joseph Freiherr von Eichendorff aus<br />

Lubowitz in Oberschlesien veranlaßte, seine tiefempfun<strong>de</strong>nen<br />

Verse: „Markt und Straßen stehn verlassen...” zu<br />

schreiben?<br />

Was aber wäre die schlesische Weihnacht ohne die unzähligen<br />

alten Weihnachtsspiele? Sie tragen <strong>de</strong>n Namen<br />

keines Verfassers und niemand weiß, woher sie stammen<br />

und wann sie das erste Mal gespielt wur<strong>de</strong>n. Im Adventsspiel<br />

treten meist ein bis zwei Engel als Begleiter <strong>de</strong>s<br />

„Christkin<strong>de</strong>s” und <strong>de</strong>s „Rupprechtes” auf. Das „Christkin<strong>de</strong>lspiel”<br />

gibt die biblischen Vorgänge in einfacher, aber<br />

ausgesprochen dramatisierter Form wie<strong>de</strong>r. Im „Hero<strong>de</strong>s”<br />

o<strong>de</strong>r „Dreikönigs-Spiel” geht es um die Vorgänge, welche<br />

die Drei Weisen aus <strong>de</strong>m Morgenlan<strong>de</strong> betreffen.<br />

In <strong>de</strong>n schlesischen Weihnachtslie<strong>de</strong>rn nehmen allerdings<br />

die schlichten, armen und gläubigen Hirten bei weitem<br />

<strong>de</strong>n Vorrang vor <strong>de</strong>n prunken<strong>de</strong>n und mit reichen<br />

Geschenken bela<strong>de</strong>nen Drei Weisen aus <strong>de</strong>m Morgenlan<strong>de</strong><br />

ein. Es scheint fast so, als käme darin eine ganz bestimmte<br />

schlesische Haltung, ein Wesens- und Charakterzug <strong>de</strong>s um<br />

<strong>de</strong>n Segen <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> hart ringen<strong>de</strong>n Schlesiers zum Aus-<br />

Vielleicht haben wir sie ja nur nicht gefun<strong>de</strong>n, die<br />

Weihnachtsgeschichte, die sich 2011 ereignete, und die von<br />

2010, 2009 ... o<strong>de</strong>r ist es womöglich an<strong>de</strong>rs: daß vom<br />

Frie<strong>de</strong>n auf Er<strong>de</strong>n nur in Kriegs- und Notzeiten erzählt<br />

wer<strong>de</strong>n kann? Wir fan<strong>de</strong>n aber eine, die geschah zur<br />

Weihnacht 1945 ...<br />

...<br />

Der Krieg war zwar zu En<strong>de</strong>, aber wir wur<strong>de</strong>n immer<br />

noch heimatlos hin- und hergeschoben. Wir, das<br />

sind zwei Frauen und zwei Kin<strong>de</strong>r, Heimatvertriebene<br />

in Schlesien, die Männer noch nicht aus <strong>de</strong>m Krieg<br />

zurück, vermißt, verschollen o<strong>de</strong>r gefallen, wir wußten es<br />

nicht. Die zwei Jungen waren erst zehn und zwei Jahre alt<br />

und hatten die schlimme Flucht in <strong>de</strong>n Kriegswirren miterleben<br />

müssen.<br />

Im Dezember war es, als wir eine Bleibe in Rabishau im<br />

Isergebirge zugewiesen bekamen: <strong>de</strong>nn die Russen hatten<br />

alle Deutschen registriert und man mußte an <strong>de</strong>m Ort bleiben,<br />

wo man gera<strong>de</strong> war. Wir hatten endlich ein Dach über<br />

<strong>de</strong>m Kopf. Es war ein kleines leerstehen<strong>de</strong>s Haus, dürftig<br />

mit Möbeln ausgestattet, aber wenn man gar nichts hat, ist<br />

man mit <strong>de</strong>m Wenigen zufrie<strong>de</strong>n.<br />

ZurWeihnacht<br />

So schöne Weihnachten<br />

druck. An<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Weihnachtslie<strong>de</strong>r hingegen sind rechte<br />

Wiegengesänge, die von <strong>de</strong>r stillen, innigen Liebe zu <strong>de</strong>m<br />

kleinen Knäblein in <strong>de</strong>r Krippe sprechen.<br />

Sind dann erst einmal die Feiertage vorbei, an <strong>de</strong>nen mit<br />

<strong>de</strong>m Essen und Trinken nicht gespart wird und die recht<br />

ausgiebig zum Verwandten-Besuch benutzt wer<strong>de</strong>n, naht<br />

mit Silvester das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r weihnachtlichen Zeit. Freilich,<br />

in <strong>de</strong>n Schneegruben <strong>de</strong>s Riesengebirges bleibt die weiße<br />

Schnee<strong>de</strong>cke bis zum hohen Sommer und in <strong>de</strong>n Tälern fin<strong>de</strong>t<br />

sich noch um Ostern zwischen <strong>de</strong>n ersten Blumen ein<br />

Fleckchen Schnee. Wir Heimatlose, die wir diese Berge<br />

und Täler in ihrer altvertrauten Schönheit nur noch im<br />

Geiste schauen dürfen, wollen uns an <strong>de</strong>r weihnachtlichen<br />

Erinnerung neue Kraft und neuen Trost holen. Wollen hier<br />

in <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong> um <strong>de</strong>n strahlen<strong>de</strong>n Lichterbaum – zwar<br />

voneinan<strong>de</strong>r getrennt, aber doch in tausend Gedanken vereint<br />

– <strong>de</strong>r Heimat ge<strong>de</strong>nken und unser Band immer mehr<br />

festigen und stärken. Wollen die Hoffnung nicht verlieren<br />

und <strong>de</strong>n Glauben bewahren an Recht und Wahrheit. Und<br />

wollen in dieser Hoffnung und Gläubigkeit die Verse <strong>de</strong>s<br />

1636 zu Alt-Raudten bei Breslau geborenen Christian<br />

Knorr von Rosenroth sprechen:<br />

Morgenglanz <strong>de</strong>r Ewigkeit,<br />

Licht vom unerschöpften Lichte;<br />

Schick uns diese Morgenzeit,<br />

Deine Strahlen zu Gesichte.<br />

Und vertreib durch <strong>de</strong>ine Macht<br />

Unsere Nacht.<br />

Gefun<strong>de</strong>n in: Schlesisches Monatsblatt Jg. 1,1950; Abbildung<br />

S.182 aus: Schlesischer Gottesfreund, Dez. 1951 <br />

<br />

<br />

Zum Heizen gab es nichts und wir gingen in <strong>de</strong>n nahegelegenen<br />

Wald und sammelten Reisig. Wenn wir bei <strong>de</strong>n<br />

Russen arbeiten mußten, bekamen wir manchmal einen<br />

Eimer voll Kohlengrus, worüber wir sehr froh waren. Dann<br />

hielt die wärmen<strong>de</strong> Glut im Ofen etwas länger an. Holz aus<br />

<strong>de</strong>m Wald zu holen o<strong>de</strong>r Bäume zu fällen, war verboten<br />

und wur<strong>de</strong> streng bestraft. Für Weihnachten durften auch<br />

keine Tannenbäume geschlagen wer<strong>de</strong>n, somit sah es recht<br />

trostlos aus. Das Verbot galt aber nicht nur für die<br />

Flüchtlinge, auch die Einheimischen waren davon betroffen.<br />

So rückte Weihnachten immer näher und unser großer<br />

Junge stellte manche beschei<strong>de</strong>ne Frage nach einer Weihnachtsfeier,<br />

Tannenbaum und Christkind, <strong>de</strong>nn er hatte ja<br />

schon Weihnachten in guter Erinnerung. Der Kleine war<br />

vergnügt in all dieser Zeit und schnappte je<strong>de</strong>s Wort auf,<br />

um es nachzuplappern. So sprach er eben vom „Weihnbaum”<br />

o<strong>de</strong>r vom „Chiskin<strong>de</strong>l”, „Ichtabaum” kam auch mal<br />

vor, und wir mußten über die kleinen Plappergusche oft<br />

lachen. Wir hatten nichts, womit wir die Kin<strong>de</strong>r beschenken<br />

konnten. Zur Adventszeit waren wir froh und dankbar,<br />

als wir von guten Nachbarn einige Kerzenstummel und

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