Gasthaus & Pension - Hörselberg-Bote
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im Keller des Hauses befanden sich ja brennbare<br />
Flüssigkeiten und explosionsgefährliche Stoffe<br />
wie z.B. Phosphor, Äther, Benzin und Alkohol.<br />
Es wurde eine Vielfalt an Arzneien, auch in großen<br />
Mengen, in der Apotheke selbst angefertigt.<br />
Für Schmerz-, Migräne- oder Asthmapulver<br />
muss ten Pulverkapseln, also kleine Briefchen aus<br />
Papier, gefaltet werden. Unter anderem wurden<br />
Magenpulver, verschiedene Puder und Einrei-<br />
Apotheker Curt Fleischmann (1880-1965)<br />
führte bis 1960 die Neue Apotheke<br />
bungen angefertigt. Eine Arzneiform, die heute<br />
kaum noch hergestellt wird, (wegen Haltbarkeits-<br />
und Verkeimungsrisiken) waren die „echten“<br />
Pillen, deren Grundstoff HefeExtrakt war. Auf<br />
einem Pillenbrett wurde die Masse ausgerollt und<br />
dann die Pillen rolliert. Die Mitarbeiter füllten<br />
auch Natron in kleine Tütchen ab und boten diese<br />
zum Verkauf an. Lebertran wurde in Zwei-<br />
Liter-Flaschen angeliefert und musste in kleinere<br />
Flaschen umgefüllt werden. In großen Mengen<br />
wurden Hoffmann’s Tropfen (Spiritus aethereus)<br />
hergestellt.<br />
Sechs, zeitweise sieben Mitarbeiter beschäftigte<br />
Apotheker Fleischmann in den 40er Jahren, darunter<br />
auch einen angestellten Apotheker. Bei den<br />
damals vier Apotheken der Stadt Eisenach hatte<br />
die Neue Apotheke alle vier Wochen eine Woche<br />
lang rund um die Uhr Dienst.<br />
<strong>Hörselberg</strong>-<strong>Bote</strong> Nr. 83 / 2010<br />
62<br />
Als während des Krieges in Eisenach epidemieartig<br />
eine Durchfallerkrankung auftrat, stellte Apotheker<br />
Fleischmann bis tief in die Nacht Pulver<br />
her, welche von den Mitarbeitern abgepackt wurden.<br />
Die lange Warte schlange vor der Eingangstür<br />
riss nicht ab.<br />
Apotheker Fleischmann wurde in den 50er Jahren<br />
immer wieder von staatlichen Stellen gedrängt<br />
und genötigt, die Apotheke abzugeben. In der<br />
Poliklinik in der Werneburgstraße, ca. 100 Meter<br />
von der Neuen Apotheke entfernt, richtete man<br />
eine weitere Apotheke ein, wohl bewusst als Konkurrenz<br />
zur privaten Neuen Apotheke.<br />
Ständig neue Repressalien und die vom Staat<br />
versperrte Möglichkeit, seine Apotheke selbst in<br />
andere Hände zu übergeben, führten dazu, dass<br />
Curt Fleischmann im Alter von 79 Jahren zum 1.<br />
Januar 1960 die Neue Apotheke an den Staat abgetreten<br />
hat. Eine Ära ging zu Ende.<br />
NEUE APOTHEKE UNTER<br />
STAATLICHER VERWALTUNG<br />
Als staatliche Leiterin setzte man Apothekerin<br />
Margarete Weidner ein, die bis dahin für die<br />
Poliklinik-Apotheke verantwortlich war, ab 1963<br />
Armin Drescher. Die Einrichtung der Offizin von<br />
1910/11 aus schwarzem Holz wurde durch das<br />
funktionale, schlichte Mobiliar der Poliklinik-<br />
Apotheke ersetzt.<br />
Die Apotheke zählte zur damaligen Zeit etwa<br />
sechs Mitarbeiter. Im Laufe der Jahre stieg die<br />
Zahl der Mitarbeiter stetig an bis auf 13 am Ende<br />
der 80er Jahre.<br />
Seit 1973 wurden die Apotheken im Kreis Eisenach<br />
zentral von der aus Rats-Apotheke, zuletzt<br />
als „Pharmazeutisches Zentrum“, geleitet. Das<br />
brachte für jede Apotheke auch spezielle Aufgaben,<br />
so für die Neue Apotheke die Versorgung aller<br />
Zahnärzte des Kreises und bis 1978 die zentrale<br />
sterile Augentropfenherstellung, außerdem das<br />
Wälzen der sogenannten Katastrophenreservelager.<br />
Die Poliklinik und viele Arztpraxen wurden<br />
mit Sprechstundenbedarf versorgt, zwei Altersheime<br />
und mehrere andere Einrichtungen wurden<br />
ebenfalls mit Medikamenten beliefert.<br />
Bis Ende der 80er Jahre wurden im Apotheken-