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GESCHWISTER, ZWILLINGE

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KWG<br />

Ein Zwilling kommt selten allein<br />

Der Bereichsleiter<br />

Als vor drei Jahren vom HPZ Carina um ei ne<br />

Auf nah me von Fabian und Adrian in der Stif -<br />

tung Jupident angefragt wurde, war das in<br />

mehrerlei Hinsicht ungewöhnlich. Zu nächst<br />

kam die Anfrage schon über ein Jahr vor<br />

Schuleintritt der beiden Jungen, da schon<br />

im Kindergartenalter ein hoher Be darf an<br />

För derung gesehen wurde. Dann han delte<br />

es sich um eineiige Zwillinge, die nach<br />

An sicht der zuständigen Fachleute auf keinen<br />

Fall gemeinsam in einer Wohn gruppe<br />

le ben sollten. Die Erfahrung hatte ge zeigt,<br />

dass die beiden zwar eng mitei nan der verbunden<br />

waren, sich aber gleich zeitig ge gen -<br />

seitig in der Entwicklung blockier ten und<br />

der Kontakt zwischen den bei den äu ßerst<br />

gewalt tätig ausfallen kon nte.<br />

Zwei Wohngruppen<br />

Wir überprüften diese Sichtweise für uns<br />

noch einmal und kamen gemeinsam mit<br />

Die Mutter<br />

„Ich muss zugeben, ich habe mir zuerst sehr<br />

schwer getan mit der Entscheidung, dass<br />

Adri an und Fabian ins Jupident sollen. In<br />

mei nem Kopf waren viele Ängste: Dass die<br />

Kin der nicht mehr nachhause dürfen, dass<br />

es ih nen nicht gut gehen könnte, dass sie<br />

sich ,abge schoben’ fühlen könnten oder<br />

dass ich selbst die Trennung nicht aus halten<br />

würde. In Vor gesprächen mit Leuten<br />

von der Stiftung Jupident konnten die<br />

meis ten Befürchtungen ausgeräumt werden.<br />

Trotzdem war es ein rie siges Gefühlscha<br />

os, als ich die Jungs dann tatsächlich in<br />

den Wohn gruppen ,ab lie fer te’. Und noch in<br />

den Wochen darauf sind mir oft die Tränen<br />

ge kom men, wenn ich un ter der Woche mit<br />

ih rem kleinen Bruder allein zuhause war.<br />

„Sie brauchen es“<br />

Geschafft habe ich es nur, weil ich mir ganz<br />

fest ge sagt habe: ,Die Kinder brauchen<br />

das und es tut ihnen gut!’. Wenn ich heute<br />

Jupidu Seite 4<br />

der Mutter und dem betreuenden Familiendienst<br />

zum Schluss, die Kinder in zwei<br />

ne ben ei nander liegenden Wohngruppen<br />

zu be treuen. Kurioser Weise war dies nur<br />

möglich, indem Fabian in eine Wohn gruppe<br />

der Jugendwohlfahrt und Adrian in ei ne<br />

Re ha-Wohngruppe kam – also zwei verschie<br />

dene Maßnahmen für zwei, zu mindest<br />

äußerlich, mehr oder weniger „identi<br />

sche“ Kinder.<br />

Verbundenheit<br />

Von Anfang an war uns natürlich auch<br />

wich tig, dass die enge Verbundenheit der<br />

bei den nicht zerstört wird. In der Schu le<br />

wur den sie daher von Anfang an ge meinsam<br />

un ter richtet. Die bei den Wohn grup pen<br />

ste hen in engem Aus tausch, um ne ben der<br />

in di vi du ellen För derung der bei den auch<br />

re gel mäßige ge meinsame Zei ten zu ermög<br />

lichen, in der die Zwei un ter An lei tung<br />

nach gut einem Jahr zurückschaue, dann<br />

bin ich sehr froh, dass ich mich damals<br />

über win den konnte. Den Kindern geht es<br />

sehr gut, sie gehen gerne ins Jupident und<br />

sie kom men am Wochenende oder für längere<br />

Zei ten in den Ferien auch immer gerne<br />

wie der nach Hause. Am meisten freut mich<br />

aber, dass sie in so kurzer Zeit so viel an<br />

Ent wicklung nachgeholt haben. Ich mer ke<br />

das vor allem an der Sprache, die bei beiden<br />

viel verständlicher geworden ist. Sie<br />

haben einen viel friedlicheren Um gang mitei<br />

nander und man kann jetzt auch et was<br />

mit ihnen unternehmen oder sie irgend wohin<br />

mit nehmen. Ich kann ih nen jetzt auch<br />

mehr ver trauen und sie hö ren auf mich,<br />

wenn ich etwas von ihnen möch te.<br />

Verschieden<br />

Die beiden sind trotz aller Ähnlichkeiten<br />

sehr un terschiedlich. Adrian ist mehr der<br />

Ge müt liche und Tole ran tere der beiden –<br />

durch eine Be treu ungs per son den „do sierten“<br />

und gewalt freien Um gang mit ei nan der<br />

üben können. Das gan ze Kon zept scheint<br />

sich dank der Mit hilfe ei nes gro ßen, in terdis<br />

ziplinären Hel fer sys tems im mer mehr<br />

auf zu ge hen und wir sind zu ver sicht lich,<br />

dass die bei den früher oder spä ter ge meinsam<br />

in ei ner Wohn gruppe le ben können.<br />

An den Woch en en den zu hau se tun sie dies<br />

ohne hin bereits.<br />

In den folgenden Beiträgen geben die<br />

Mutter sowie die MitarbeiterInnen der Stiftung<br />

Jupident, der Heilpädagogischen<br />

Lan des schule und des Arbeits krei ses<br />

für So zial me dizin ihre unter schied lichen<br />

Pers pek tiven auf den „Fall“ Adrian und<br />

Fa bian wieder.<br />

Markus Müller,<br />

Bereichsleitung KWGjuwo<br />

er würde mich nie anrufen, freut sich aber<br />

immer sehr, wenn ich in der Gruppe an ru fe.<br />

Fabian versteht Dinge besser und schneller.<br />

Er ruft mich jeden Tag an und will un bedingt<br />

er zäh len, was er gerade in der Gruppe<br />

macht. Am Wochenende ist ihm sehr wichtig,<br />

dass er für bestimmte Zei ten von seinen<br />

Geschwistern in Ruhe ge lassen wird. Für die<br />

Zu kunft erhoffe ich mir, dass sie wei ter hin<br />

in dieser Geschwindigkeit auf ho len können.<br />

Wenn ich mir die beiden als Er wach se ne<br />

vorstelle, so habe ich die Hoff nung, dass<br />

sie vielleicht auch irgend wann in der Lage<br />

sein werden, arbeiten zu gehen und selbst<br />

für sich zu sorgen. Bis dahin ist es aber noch<br />

ein langer Weg. Wenn ich se he, was sie im<br />

letzten Jahr gelernt haben, dann bin ich<br />

zuversichtlich, dass sie es schaf fen werden.<br />

Ich bin sehr, sehr stolz auf meine Kinder“.<br />

Sandra Huber

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