Redebeitarg von Dr. Gisela Penteker - Yek Kom
Redebeitarg von Dr. Gisela Penteker - Yek Kom
Redebeitarg von Dr. Gisela Penteker - Yek Kom
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Konferenz: Kurden in Deutschland<br />
Yüksel Koç, Stellv. Vorsitzender der YEK-KOM<br />
Liebe Freundinnen und Freunde,<br />
Verehrte Damen und Herren,<br />
sehr geehrte Gäste,<br />
mit dieser Konferenz möchten wir die Situation der kurdischen<br />
MigrantInnen thematisieren, ihre Erwartungen<br />
erörtern und Perspektiven für die Zukunft erarbeiten und<br />
darstellen. Bevor ich auf die Situation der kurdischen<br />
Vereine und Organisationen komme, möchte ich kurz<br />
einige Anmerkungen machen:<br />
In Deutschland existiert seit 1965 ein Ausländergesetz,<br />
welches für alle Menschen gilt, die in Deutschland leben<br />
und nicht deutsche Staatsbürger sind. Seit dem 1. Januar<br />
2005 heißt die Neuregelung des Ausländerrechts<br />
Zuwanderungsgesetz. Durch diese Neubenennung hat sich<br />
die Bundesrepublik Deutschland erstmals als<br />
Zuwanderungsland bezeichnet. Ziel dabei war unter<br />
anderem, eine vereinfachte Anpassung der Zuwanderer zu<br />
ermöglichen und die Integration zu erleichtern. Das ist die<br />
offizielle Erklärung. In Wirklichkeit wurde das<br />
Ausländergesetz verschärft und der Aufenthalt für<br />
Flüchtlinge - ungeachtet dessen, ob sie als solche anerkannt<br />
sind oder nicht - erschwert. Was bedeutet das für über<br />
eine Million KurdInnen in Deutschland? Die Antwort, so<br />
tragisch sie auch ist: Es gibt schlichtweg kein<br />
Zuwanderungsgesetz für diese Menschen, stattdessen gibt<br />
es eine Politik der Kriminalisierung und Ausgrenzung.<br />
Die Menschen haben <strong>von</strong> Natur aus individuelle<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten. Man kann <strong>von</strong> einer<br />
Regierung natürlich nicht erwarten, dass sie für jeden<br />
Einzelnen ein eigenes Zuwanderungsgesetz gestaltet.<br />
Doch sollte man dies durchaus für die verschiedenen<br />
Ethnien und die verschiedenen Völker erwarten können.<br />
Denn jede einzelne Volksgruppe hat unterschiedliche<br />
Erwartungen und Bedürfnisse, die beachtet werden<br />
müssen. Wenn man diese Menschen erfolgreich integrieren<br />
möchte, ist es eine selbstverständliche<br />
Grundvoraussetzung, dass dabei Unterschiede<br />
Redebeitrag <strong>von</strong> Yüksel Koç<br />
einkalkuliert und Gemeinsamkeiten verbunden werden.<br />
Bei genauerer Betrachtung erkennen wir, dass genauso<br />
wie die KurdInnen auch zum Beispiel TamilInnen und<br />
andere staatenlose Völker, die ihre wahre Identität nicht<br />
nachweisen können, im Vergleich zu anderen<br />
Zuwanderern mit tiefgreifenderen Problemen zu kämpfen<br />
haben.<br />
Die KurdInnen zählen zu den ältesten Völkern der Welt. Sie<br />
sind mit ihrer reichen Geschichte und Kultur nach<br />
Deutschland gekommen und haben im Vergleich zu<br />
anderen Migrantengruppen tiefgreifendere, kompliziertere<br />
Probleme, die heute immer noch einer Lösung harren.<br />
Eines der grundlegenden Probleme der kurdischen<br />
Bevölkerung liegt darin, dass sie sich nicht richtig<br />
artikulieren können, sie daher <strong>von</strong> der Öffentlichkeit<br />
missverstanden werden und dieses<br />
<strong>Kom</strong>munikationsproblem die Basis für alle weiteren<br />
Probleme bildet.<br />
Die wirtschaftlichen, politischen und militärischen<br />
Interessen der Bundesrepublik und der Länder, die das<br />
kurdische Volk unterdrücken, sind neben den zusammen<br />
entwickelten strategischen und taktischen Beziehungen<br />
die Hauptgründe für die Probleme der Kurdinnen und<br />
Kurden in Deutschland. Für die Bundesrepublik wurde die<br />
kurdische Frage schon immer auf die eigenen Interessen<br />
begrenzt und als innenpolitisches bzw. Sicherheitsproblem<br />
betrachtet und der Öffentlichkeit als solches vermittelt.<br />
Die Folge da<strong>von</strong> ist eine Kriminalisierung, die dem kurdischen<br />
Volk weder eine Möglichkeit zur Selbstdarstellung,<br />
noch eine Artikulation auf politischer oder ziviler Ebene<br />
bietet. Die Bundesrepublik hat hier vieles nachzuholen<br />
und muss die Kurden mit ihrer Vielfalt, Kultur und Sprache,<br />
ihren Werten und Normen, die schlussendlich ihre<br />
Identität ausmachen, anerkennen.<br />
Zur Bildungssituation möchte ich folgendes sagen:<br />
Die kurdischen Schülerinnen und Schüler sind neben den<br />
generellen Migrantenproblemen zusätzlich mit speziellen<br />
Schwierigkeiten konfrontiert. So bekam ein Schüler der 10.<br />
Klasse wegen des Zeichnens <strong>von</strong> kurdischen Symbolen<br />
Probleme mit seinem Lehrer. Der zeigte ihn bei der Polizei<br />
an, woraufhin die Familie des Jungen eine Anzeige bekam<br />
und der Schüler die Schule verlassen musste. Kurdische<br />
Kinder sind durch solche und ähnliche Vorfälle in Schulen<br />
einer Diskriminierung und Stigmatisierung ausgesetzt. Das<br />
Bildungssystem in den einzelnen Bundesländern ist sehr<br />
unterschiedlich und stellt für kurdische Familien eine<br />
besondere Herausforderung dar. Anstatt ihre positiven<br />
Fähigkeiten, wie ihre multikulturelle Eigenschaft oder ihre<br />
Mehrsprachigkeit zu fördern, werden die Kinder in sogenannte<br />
Förderschulen geschickt. Dieser Umstand wird teilweise<br />
auch noch <strong>von</strong> ausländerfeindlich geprägten<br />
-23-