Redebeitarg von Dr. Gisela Penteker - Yek Kom
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Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Intellektuelle,<br />
Wissenschaftler und Gäste,<br />
ich möchte mich heute sehr bedanken, dass ich heute hier<br />
sein kann und zur kurdischen Identität, zu den Kurden und<br />
zu unserer Thematik sprechen kann. Ich freue mich sehr,<br />
dass ich auch über meine Arbeit berichten kann und<br />
erläutern, was die Kurden auch hier beschäftigt.<br />
Herr Präsident, ich möchte mich sehr<br />
für ihre freundlichen Worte und Ihre<br />
Gastfreundschaft besonders<br />
bedanken. Die Stadt, aus der ich<br />
komme, hat eine 7000 Jahre alte<br />
Vergangenheit. Sie ist eine wunderbare<br />
Stadt mit einem hohen kulturellen<br />
Wert. Die Mauer, die die Stadt<br />
umzingelt, wurde vor 1000 Jahren <strong>von</strong><br />
Juden, Moslems, Christen und Jeziden<br />
gebaut. Ich finde, dass eine kulturelle<br />
und sprachliche Vielfalt den<br />
Grundstein bilden für jede fortschrittliche<br />
Entwicklung. Leider ist es so,<br />
dass in dieser größten Stadt im Nahen<br />
Osten mit dieser einstigen großen<br />
Vielfalt in Bezug auf Sprache, Ethnien,<br />
Religionen und Identitäten, Menschen<br />
gezwungen wurden, diese Heimat zu<br />
verlassen. Verwurzelung ist leider das<br />
Osman Baydemir<br />
Ergebnis einer Politik, die dort das Land beherrscht. Es ist<br />
nicht lange her, da lebten vor 100 Jahren in Amed Juden,<br />
Süryanis, Kerdanis und Christen. Heute sind große Teile<br />
dieser Bevölkerung dort nicht mehr sesshaft, weil man sie<br />
vertrieben hat.<br />
Wenn wir heute die Frage stellen, wer vor diesem<br />
Hintergrund verloren hat, kann ich einfach nur sagen: Wir,<br />
die dort geblieben sind, wir haben verloren. Weil Vielfalt,<br />
Frieden und Fortschritt in dem Staat verschwunden sind<br />
und wir allein geblieben sind. Eines der ältesten Völker im<br />
Nahen Osten sind Kurden. Leider ist es so, dass aufgrund<br />
<strong>von</strong> Verleugnung und Vernichtung der kurdischen Identität<br />
das Volk seit Jahrhunderten Massakern und<br />
Unterdrückung ausgesetzt wurde. Und trotzdem:<br />
Das Volk lebt immer noch dort und ist ein Teil der Türkei.<br />
Sehr geehrter Herr Präsident, ich bin sehr glücklich, dass<br />
ich in Kreuzberg und Neu-Kölln unterwegs sein konnte und<br />
Menschen aus Kamislo, Avsin, Mahabad und Amed getroffen<br />
habe und dass die Grenzen, die dort befestigt wurden,<br />
hier in Europa aufgehoben sind. Hier gibt es keine Verbote<br />
und das macht mich wirklich sehr glücklich. Wir haben<br />
nicht so viel Erfahrung wie sie hier, aber ich stelle fest, dass<br />
Redebeitrag <strong>von</strong> Osman Baydemir<br />
Oberbürgermeister <strong>von</strong> Diyarbakir<br />
Konferenz: Kurden in Deutschland<br />
die Kurden auch in Europa ein Problem haben, nämlich,<br />
dass sie nicht mit ihrer eigenen Identität anerkannt werden,<br />
sondern je nach Staatsangehörigkeit als Araber,<br />
Perser oder Türken. Das bedeutet, dass auch hier ein<br />
Kurde nicht als Kurde existiert.<br />
Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Ich glaube an<br />
die Geschwisterlichkeit der Völker. Aber das darf nicht<br />
bedeuten, dass Kurden mit ihrer Sprache und Kultur in<br />
Vergessenheit geraten. Ich möchte,<br />
dass alle Völker friedlich zusammen<br />
leben.<br />
Wenn die Identität der Kurden<br />
anerkannt wird, dann wird auch eine<br />
psychische und physische Mauer<br />
gesprengt. Für eine friedliche Lösung<br />
soll das ein riesiger Schritt sein. Wenn<br />
diese Mauer gefallen ist, wird es<br />
Frieden geben, so wie beim Mauerfall<br />
<strong>von</strong> Berlin. Für die Psyche eines jeden<br />
Kurden, gleichgültig aus welchen<br />
Teilen Kurdistans er kommt, ist die<br />
Anerkennung der Identität<br />
lebenswichtig. Das sollte Europa wissen.<br />
Diese Hürde gar nicht erst<br />
aufzubauen, wäre die beste und wünschenswerte<br />
Methode.<br />
Ich glaube <strong>von</strong> Herzen, wenn in Deutschland, in Berlin die<br />
Kurden ihre Muttersprache sprechen können und kurdisch<br />
als Bildungssprache anerkannt wird, dass es<br />
Radiosendungen in kurdischer Sprache gibt,i dass bei<br />
Ämtern Leute eingestellt werden, die die kurdische<br />
Sprache beherrschen, dann kann ich mir vorstellen, dass<br />
sich die Kurden als Teil <strong>von</strong> Berlin oder Deutschland fühlen<br />
und dass sie sich integrieren werden. Ich glaube, dass<br />
eines der großen Probleme im 21. Jahrhundert die<br />
Migration ist.<br />
Wir müssen als Realität ins Auge fassen, dass emigrierende<br />
Menschen keine Rückkehr vorsehen, dass vielleicht<br />
ein Prozent <strong>von</strong> ihnen in ihre Länder zurückkehren<br />
oder vielleicht ein Tausendstel da<strong>von</strong>, und wenn das so ist,<br />
muss sich um das Problem grundsätzlich gekümmert werden.<br />
Bei uns in Amed haben wir in dieser Hinsicht reichliche<br />
Erfahrung. 60 <strong>von</strong> 100 Personen sind Binnenmigranten,<br />
d.h. wir haben ein Problem in der Stadt und das muss<br />
gelöst werden. Wir müssen dafür sorgen, dass diese<br />
Menschen ein Teil <strong>von</strong> Amed werden und das müssen wir<br />
schaffen. Wir haben eine Grundlage dafür geschaffen,<br />
dass diejenigen, die dort in der Migration sind, vor Ort<br />
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